Wirtschaftsreport März 2019 - Firmendaten sind Gold wert - IHK-Siegen

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Wirtschaftsreport März 2019 - Firmendaten sind Gold wert - IHK-Siegen
Wirtschaftsreport
                      März 2019

            Titelthema:
            Firmendaten sind
            Gold wert
Wirtschaftsreport März 2019 - Firmendaten sind Gold wert - IHK-Siegen
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Wirtschaftsreport März 2019 - Firmendaten sind Gold wert - IHK-Siegen
Wirtschaftsreport        März 19          1

                                                  Editorial
                                                         Altmeiers Botschaft
Peter Altmeier ist seit gut einem Jahr Bundeswirtschaftsminister. Kürz­
lich legte er seine „Nationale Industriestrategie 2030“ vor. Sie soll dazu
beitragen, wirtschaftliche und technologische Kompetenz sowie Wettbe­
werbsfähigkeit zu sichern und die Industrie­Führerschaft auf nationaler,
europäischer und globaler Ebene wiederzuerlangen. Das mit dieser Bot­
schaft verbundene Signal ist sicher wichtig. Zweifel jedoch sind ange­
bracht, ob die von ihm angedeuteten Lösungsansätze zur Zielerreichung
geeignet sind.

Intensiv befasst sich der Minister mit der Frage, in welchen Fällen staat­
liche Aktivität ausnahmsweise gerechtfertigt oder gar notwendig sein
kann, um schwere Nachteile für die eigene Volkswirtschaft und das ge­
samtstaatliche Wohl zu vermeiden. „Je größer die volkswirtschaftliche
Bedeutung eines Vorgangs, desto größer muss der Spielraum des Staates
für aktive und aktivierende Gestaltung sein“, heißt es dort. Er will vor
allem die Industrie „stärken“ und „schützen“. Den Schutz will er dabei
offenbar insbesondere einigen Großkonzernen angedeihen lassen. Wir
exportieren seit Jahren mehr in alle Welt als wir von dort importieren.
2018 betrug unser Handelsbilanzüberschuss rund 227 Mrd. €. Es gehört
schon eine Portion Kreativität dazu, bei einer solchen „Großwetterlage“
den Eindruck zu erwecken, börsennotierte Konzerne gewissermaßen unter
Quarantäne stellen zu müssen. „Der langfristige Erfolg und das Überleben
solcher Unternehmen liegt im nationalen politischen und wirtschaftlichen
Interesse“, formuliert der Minister. Wer sich so ausdrückt, offenbart ein
bemerkenswertes ökonomisches Grundverständnis.

Nun ist dem Minister sicher bewusst, dass die kleinen und mittleren Unter­    ebenso zutreffend wie drastisch, man könne die Pferde nur zur Tränke
nehmen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden, dass in diesen Fir­      führen, saufen müssten sie schon selbst. Übersetzt auf die heutigen Ver­
men entscheidende Innovationen stattfinden, hier die allermeisten Men­        hältnisse: Mehr öffentliches Geld in unsere Schulen und Hochschulen,
schen Arbeit und Ausbildung finden, dass sie in den Regionen verwurzelt       mehr öffentliche Investitionen in den Asphalt und die Brücken, vor allem
sind und zu ihrer sozialen Verantwortung stehen. Dennoch versprüht sein       auch in die Kommunikationsinfrastruktur, eine grundlegende Renovie­
Strategiepapier den unseligen Geist, der weise Staat wisse besser als die     rung unseres Planungsrechts, damit schneller gebaut werden kann, und
Märkte, wohin die wirtschaftliche Reise gehen müsse. Wolkig wird for­         vielleicht noch wichtiger: weniger Bürokratie auf allen Ebenen. Das wäre
muliert, ein Aufholprozess müsse in den Bereichen herbei, in denen Wett­      allemal besser als Schutzzäune zu diskutieren, von denen wenige Konzerne
bewerber besser aufgestellt sind, etwa bei der Künstlichen Intelligenz oder   in ausgewählten Wirtschaftszweigen profitieren. Unternehmen brauchen
Biotechnologie. So bereitet der Minister politisch weitere Subventionen       in erster Linie freie Märkte. Und die vertragen sich üblicherweise nicht
vor, statt detailliert darzulegen, wie er die Unternehmenssteuern senken,     mit Mauern und Zäunen. !
eine sichere Energieversorgung bei gleichzeitigem Ausstieg aus Kernkraft
und Kohle sicherstellen oder den Soli endlich für alle beseitigen will.                  In diesem Sinne grüßt Sie herzlich
Der legendäre Ludwig Erhard betonte in den 50er und 60er Jahren un­
ermüdlich, die Politik müsse Ordnungsrahmen gestalten, damit sich wirt­
schaftliche Dynamik entfalten könne. Und Karl Schiller formulierte 1967                              Felix G. Hensel, Präsident
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2             März 19        Wirtschaftsreport

                           Inhaltsverzeichnis
                                                                                                                                                     Titelthema

                                                                                                                                                            4
                                                                                                                                            IT­Sicherheit
                                                                                                                                     Firmendaten sind Gold wert
                                                                                                                                 Digitale Firmendaten sind für Unterneh­
                                                                                                                                 men Gold wert. Doch leider haben auch
                                                                                                                                 Cyberkriminelle das erkannt, und Hacker
                                                                                                                                entwickeln immer raffiniertere Methoden,
                                                                                                                                um an diese Datenschätze zu gelangen ...

                                                                                                                                                   Titelseite:
                                                                                                                                             Foto Heiner Morgenthal

12          IHK­Jahresempfang
            „Die Ärmel                                           32          VDI­IHK­Oberstufenpreis
                                                                             Forschungsdrang und                                36          Berufskolleg 4.0
                                                                                                                                            Die Digitalisierung
            hochkrempeln!“                                                   Tiefblick                                                      kommt

Impressum
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ihrer beitragspflichtigen Mitgliedschaft ohne besonderes Be­     Hauptgeschäftsstelle,                                          Druck, Anzeigen und Verlag
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Erscheinungsweise: jeweils am 1. jedes Monats.                                                                                  Anzeigenannahme: Günter Chojetzki
Druckauflage: 22 400 Exemplare                                   Geschäftsstelle Olpe, Postfach 14 46, 57444 Olpe,              Telefon 0271 5940­338, Telefax 0271 5940­373
Quartal 4/2018                                                   In der Trift 11, 57462 Olpe                                    E­Mail: wirtschaftsreport@vorlaender.de
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innerbetrieblichen Bedarf gestattet. Für unverlangt eingesand­   Mitarbeiter dieser Ausgabe                                     Dieser Ausgabe liegt ein Prospekt der Fa. Gelber Blitz, Rolf
te Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen.           Marco Butz, Patrick Kohlberger, Franziska Menn,                Ehrengruber e.K., 57462 Olpe, bei.
Der WIRTSCHAFTSREPORT ist keine auf Erwerb ausgerichtete         Ann­Kristin Spies, Katja Sponholz, Frank Steinseifer,
Veröffentlichung.                                                Carmen Theis, Dr. Christine Tretow, Brigitte Wambsganß         Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste Nr. 58
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 » 4 Titelthema                                  20 | Nachrichten                                   » 64 Jubiläen/Bücher
 12 | Berichte                                   » 20 IHK­Konjunkturumfrage                         64 | Börsen
 » 12 „Die Ärmel hochkrempeln!“                  » 22 Facharbeiter­Prüfungen                        » 64 Recyclingbörse
 » 32 Forschungsdrang und Tiefblick              » 24 „Brückenteilzeit“                             » 65 Unternehmensnachfolgebörse
 » 36 Die Digitalisierung kommt                  » 55 Workshops „Digital Scouts“                    » 66 Handels­ und
 » 39 Die Kunststofftechniker,                   » 61 Zukunftsnetz Mobilität                             Genossenschaftsregister
      die alles im Griff haben                   » 62 Innovationsbudget                             78 | Kultur
 » 42 Rundum­sorglos­Paket                                                                          » 78 A45­Fotowettbewerb
      für die Kunden
                                                                                                    » 80 Veranstaltungskalender
 » 46 Die Zukunft im Blick
 » 50 Mit Leib und Seele

                                                 0/59#171 #31 /83*4* (*46,#-&1/8'      ! +-&8*99#'"*#1 /83*4 ./)145' ! $4)5&4/8' /83*4* +174"*2
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Wirtschaftsreport März 2019 - Firmendaten sind Gold wert - IHK-Siegen
4      März 19 Wirtschaftsreport

                                                      IT­Sicherheit

    Firmendaten sind
        Gold wert
  Digitale Firmendaten sind für Unternehmen Gold wert. Doch leider haben auch Cyberkriminelle das
erkannt, und Hacker entwickeln immer raffiniertere Methoden, um an diese Datenschätze zu gelangen.
 Die Angriffe gelten dabei längst nicht nur Energieversorgern, Automobilherstellern, Hotels und Kran­
kenhäusern. Auch kleine und mittelständische Betriebe werden zunehmend Opfer von Cyber­Attacken.
  Die Folgen können verheerend sein: Produktionsabläufe kommen zum Erliegen, Großaufträge gehen
   verloren, Patente, Konzeptionen und Kundendaten geraten in fremde Hände. Am Ende kostet der
     Hackerangriff somit nicht nur viel Geld, sondern er kann auch das Ende für das Unternehmen
   bedeuten. Doch um den Datendiebstahl zu verhindern, gibt es auch in unserer Region zahlreiche
                   Experten, die die Betriebe beim Thema IT­Sicherheit unterstützen.

                  Text: Frank Steinseifer   |   Fotos: Heiner Morgenthal (6), Adobe Stock (1), Carsten Schmale (1)
Wirtschaftsreport März 2019 - Firmendaten sind Gold wert - IHK-Siegen
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                                                                                                               Wirtschaftsreport März 19                   5

    „Es gibt zwei Arten von Unternehmen: Die einen sind gehackt
    worden, die anderen wissen es nur noch nicht.“ So antworten
    IT­Experten auf die Frage, wie gut deutsche Firmen vor Cyber­
    kriminalität geschützt sind. Die Bedrohungslage für die Be­
    triebe ist hoch. Unabhängig von Größe, Struktur oder Branche
    kann jedes Unternehmen von einem Hackerangriff betroffen
    sein.

    Deutschland ist ein bevorzugtes Ziel von Cyberkriminellen und
    Hackern. Die Zahl der Opfer und die Summe der Schäden wach­
    sen stetig. Das Bundeskriminalamt spricht von fast 86.000
    Fällen, die 2017 offiziell bundesweit dokumentiert wurden. Die
    Dunkelziffer ist weit höher einzuschätzen. Der Digitalverband
    Bitkom beziffert den finanziellen Schaden für die deutsche
    Wirtschaft durch Cyberkriminalität auf 55 Mrd. € pro Jahr. Im
    Schnitt verursacht Cyberkriminalität bei Unternehmen mit
    weniger als 100 Mitarbeitern Kosten von knapp 22.000 €.
    Das ermittelte Hiscox, Spezialversicherer für IT­Haftpflicht­
    versicherungen, in seinem „Cyber Readiness Report 2017“.
    Beinahe jeder zweite Mittelständler in Deutschland hat Daten­
    klau, Geheimnisverrat oder Spionage schon erlebt, wie das
    Max­Planck­Institut für ausländisches und internationales
                                                                                                                                        Thomas Paar weiß,
    Strafrecht gemeinsam mit dem Fraunhofer­Institut für System­
                                                                                                                                        dass ein Cyberangriff
    und Innovationsforschung und der Polizei herausgefunden hat.     sichern und die Computer wieder zu entschlüsseln. Etwa einen
                                                                                                                                        jedes Unternehmen
    Dabei haben Cyberkriminelle auch den Wirtschaftsstandort         Monat hat es gedauert, bis alle Systeme wieder funktionstüch­
                                                                                                                                        treffen kann – egal,
    NRW im Fokus. Vor zwei Jahren wurde beispielsweise das Lukas­    tig waren. Insgesamt hat der Angriff das Krankenhaus rund
                                                                                                                                        ob Klein- oder Groß-
    Krankenhaus in Neuss Ziel eines Hackerangriffs. Viele techni­    1 Mio. € gekostet. Beim letzten IT­Sicherheitstag NRW in Wup­
                                                                                                                                        unternehmen.
    sche Geräte waren anschließend nicht mehr verfügbar, und         pertal bezifferte Burkhard Freier, Leiter des Verfassungsschut­
    die IT­Abteilung arbeitete Tag und Nacht durch, um Daten zu      zes NRW, den jährlich durch Cyberkriminalität entstehenden
                                                                     wirtschaftlichen Schaden Nordrhein­Westfalens auf etwa 10
                                                                     bis 12 Mrd. €. Demnach ist jedes zweite hier ansässige Unter­
                                                                     nehmen bereits ins Visier von Hackern geraten. Vorbei sind
                                                                     allerdings die Zeiten, in denen die Täter versuchten, mittels
                                                                     stümperhafter Rundmails mit gefälschten Briefköpfen und
                                                                     zahlreichen Rechtschreibfehlern an Kontodaten, Kontakte und
                                                                     Passwörter zu gelangen. Inzwischen haben sie sich zu „IT­Ex­
                                                                     perten“ entwickelt, die ein großes Repertoire an Methoden be­
                                                                     herrschen: ausgeklügelte Phishing­Mails, digitale Erpressungen
                                                                     mit Lösegeldforderungen durch Ransomware, Daten­ und Pass­
                                                                     wortdiebstahl, Infiltrieren der Unternehmens­IT durch Viren,
                                                                     Trojaner, Würmer und Spy­Software, flächendeckende wahl­
                                                                     lose Massenangriffe mit Schadprogrammen nach dem Zufalls­
                                                                     prinzip oder gezieltes Ausspähen einzelner Unternehmen mit­
                                                                     hilfe von Social Engineering. Dabei werden arglose Benutzer
                                                                     ganz persönlich dazu bewegt, vertrauliche Daten an den An­
                                                                     greifer zu senden. Gefährlich ist derzeit eine ganz besondere
                                                                     Betrugsmasche namens „CEO Fraud“, bei der Firmen unter
                                                                     Verwendung falscher Identitäten zur Überweisung von Geld
                                                                     manipuliert werden. Das ist quasi der „Enkeltrick de luxe“, denn
                                                                     hier geben sich die Betrüger als Chefs aus und fordern ein zah­
                                                                     lungsberechtigtes Mitglied des Unternehmens per E­Mail zu
                                                                     einer dringenden Zahlung einer höheren Summe ins Ausland
                                                                     auf. Zum Teil führen die Angreifer dabei die klassische Wirt­
                                                                     schaftsspionage durch, bei der sie oftmals unbemerkt Daten
                                                                     über Produktionsabläufe, Zukunftsprojekte, Zulieferer oder aber
                                                                     das Warensortiment samt Preisgestaltung hacken. Andere ver­
                                                                     schlüsseln Daten und Netzwerkzugänge nur, um anschließend
                                                                     „Lösegeld“ zu erpressen.
Wirtschaftsreport März 2019 - Firmendaten sind Gold wert - IHK-Siegen
6           März 19 Wirtschaftsreport

Bundesweit betreut
    die Paar-IT GmbH
mit einem Team von
zehn IT-Spezialisten
        350 Kunden.

                       „Auch hier in der Region sind wir von Industriespionage be­       mit gesundem Menschenverstand vorzugehen. Übersetzt könn­
                       troffen“, sagt Thomas Paar, Geschäftsführer der PAAR IT GmbH      te das auch heißen: „Erst denken, dann klicken.“ Vorsicht ist
                       in Siegen. Der Ansprechpartner für IT­Beratung und ­Lösungen      weiterhin auch bei E­Mail­Anhängen geboten. Zudem sollten
                       für Kunden unterschiedlichster Branchen und Unternehmens­         Virenscanner und Firewalls installiert und immer auf dem neu­
                       größen weiß, wie wichtig IT­Sicherheit im Unternehmen ist. „Zu    esten Stand sein. „So wird permanent kontrolliert, welche Daten
                       unseren Kunden gehören unter anderem Weltmarktführer und          und Mails ein­ und ausgehen.“
                       Hidden Champions. Allen ist klar, dass Produktionsprozesse
                       andernorts vielleicht günstiger ausgeführt und deshalb auch       Laut Thomas Paar müsse am Anfang der Strategiekette zur
                       verlagert werden könnten. Aber das Know­how soll hier in der      IT­Sicherheit eines Unternehmens stets die Risikobewertung
                       Region bleiben und natürlich nicht abfließen. Voraussetzung       stehen. Dabei solle man sich folgende Fragen stellen: Welche
                       dafür sind ein möglichst hoher Schutz sowie die Verfügbarkeit     Daten habe ich? Welche Folgen hätte deren Verlust? Wie hoch
                       der Daten.“ Längst haben Cyberkriminelle nicht nur die „Big       wäre der Schaden bei nur einem Tag Systemausfall? „Erst wenn
                       Player“, sondern auch die Mittelständler als Erpressungsziel      ich die Konsequenzen eines Datenverlustes überblicke, kann
                       ausgemacht. Während in DAX­Unternehmen ganze Abteilungen          ich geeignete Maßnahmen zur Sicherung meiner IT einleiten.
                       mit großem personellen, technischen und finanziellen Aufwand      So bedeutet ein einziger Tag Datenverlust bei einem Buch­
                       einen maximalen Schutz vor Angriffen sicherstellen sollen, wird   haltungsbüro mit 25 Mitarbeitern zum Beispiel bereits um­
                       das Sicherheitsthema bei einem kleinen Metallverarbeiter mit      gerechnet 25 Manntage.“ Paar rät Unternehmen in puncto
                       zehn Beschäftigten, bei der Zahnarztpraxis oder beim Autohaus     Datensicherheit vor allem zu einer wichtigen Maßnahme:
                       manchmal doch eher nachrangig behandelt. Geringes Budget          „Backups machen!“ Am besten solle man diese über eigene
                       für vermeintlich verzichtbare und „zu teure“ IT­Sicherheit, ein   Server und Festplatten erstellen, die im Idealfall mobil und
                       laxer Umgang mit Passwörtern und Zugangsrechten für Mit­          außerhalb des Büros gelagert werden. „Natürlich gibt es keine
                       arbeiter sowie ein mangelhaftes Bewusstsein für die Folgen des    hundertprozentige Sicherheit. Aber wenn es mich als Unter­
                       Verlusts von Firmen­, Kunden­ und Produktionsdaten – hier         nehmer trotz aller Schutzmaßnahmen doch mal erwischen
                       kommen Angreifer mit Phishing­Mails oder Ransomware schnell       sollte, kann ich mit einer funktionsfähigen und aktuellen Da­
                       ans Ziel. „Eines muss den Unternehmen klar sein: Ein Cyberan­     tensicherung viel gelassener auf einen Angriff reagieren.“
                       griff kann jedem passieren – ganz egal, ob Klein­ oder Groß­      Während das Bundeskriminalamt rät, der Erpressung nicht
                       unternehmen. Denn neben Angriffen auf große Firmen haben          nachzugeben und sie auf jeden Fall zu melden, sieht die Praxis
                       wir auch Fälle, bei denen Hacker kleine Steuer­ und Lohnbüros,    oft anders aus. „Ich kenne allein elf Fälle, in denen heimische
                       Rechtsanwaltskanzleien und Arztpraxen hier in der Region an­      Unternehmen das Lösegeld gezahlt haben. Die Erpresser haben
                       gegriffen haben“, berichtet Thomas Paar, der mit einem Team       die Höhe dabei genau kalkuliert und auf die Zahlungsfähigkeit
                       von zehn IT­Spezialisten in den Bereichen IT­Security, Netz­      des Unternehmens abgestimmt. Meistens müssen dann Beträ­
                       werklösungen, Serverspeicher und Client­Management bundes­        ge bis zu knapp unter 10.000 € auf irgendein Konto in der
                       weit 350 Kunden betreut. Um eine möglichst hohe IT­Sicherheit     Ukraine gezahlt werden“, verrät Thomas Paar. Denn laut Geld­
                       zu gewährleisten, gibt Thomas Paar den simplen Ratschlag, stets   wäschegesetz sind Bargeld­Transaktionen in den oder aus dem
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Wirtschaftsreport März 19                    7

EU­Wirtschaftsraum bis zur Grenze von 9.999 € nicht melde­         nen, hat Martin Heiland erst kürzlich wieder beim Besuch der
pflichtig. Gibt ein Unternehmen dem Erpresser nach und zahlt       „BlackHat Europe“, einer Sicherheitskonferenz in London, er­
es das Lösegeld, ist das aber noch lange keine Garantie dafür,     fahren. „Dort haben IT­Spezialisten gezeigt, dass sie von Lon­
dass die verschlüsselten Dateien und Server wieder freige­         don aus eine U­Bahn­Tür in Shanghai während der Fahrt hät­
schaltet werden. „Im schlimmsten Fall sind die Daten und auch      ten öffnen können. Dieser Eingriff wäre möglich gewesen, weil
das Geld weg!“ Gezahltes Lösegeld, dazu der Image­ und Ver­        die Steuerung über ein komplett offenes und ungeschütztes
trauensverlust bei den Kunden – das würde so mancher Betrieb       System lief.“ Künftig werden die im Netz angemeldeten Robo­
nicht überleben, sagt Paar. Viele heimische Unternehmen wür­       ter und Maschinensteuerungen sowie das „Internet der Dinge“
den leider erst durch Schaden klug. „Wer IT­Sicherheit nicht       (kurz IdD) das große Einfallstor für Cyberangriffe sein. Das IdD
ernst nimmt und sie nicht zur Chefsache erklärt, ist früher oder   beschreibt, dass Alltagsgegenstände über das Internet gesteu­
später weg vom Markt!“ Damit der Worst Case gar nicht erst         ert und auch miteinander vernetzt sind: die ferngesteuerte
eintrifft, bieten IT­Sicherheitsberater wie PAAR IT einige Prä­    Kaffeemaschine, der intelligente Kühlschrank, die im Netz an­
ventionsstrategien an: IT­Security Check, Zugangsmanage­           gemeldete Personenwaage oder die online gesteuerte und sich
ment, Daten­ und E­Mail­Verschlüsselung, Endgeräteschutz           selbst regulierende Heizungsanlage. „Da stellt sich dann die
sowie intelligente Backup­ und Recovery­Lösungen. Tritt der        Frage, wo die erzeugten Daten hinterlegt sind, wer darauf
Ernstfall durch einen Cyberangriff wider Erwarten doch ein, ist    zugreifen darf und ob Hersteller solcher intelligenten Indus­
Zeit der wichtigste Faktor. So gehört der exakt festgelegte        trie­ und Haushaltsgeräte Sicherheitsupdates bereitstellen.
Notfallplan zwingend zu einer kompletten IT­Sicherheitsstra­       Hier arbeiten wir derzeit an einer App, einer Art Fernsteuerung
tegie. Thomas Paar: „Dieser Plan liegt natürlich nicht auf einem   für das eigene Netzwerk, mit der Zugriffsrechte im Internet
Rechner. Die zuständigen Mitarbeiter kennen dann den Ordner        zentral vergeben werden können. Damit wird die Sicherheit
im Regal mit den Anweisungen: Was sind die ersten Hand­            aller im Netz angemeldeten Geräte erhöht, unabhängig davon,
griffe? Wen rufe ich an? Woher bekomme ich einen Server?           ob der Hersteller das vorsieht oder nicht. Solche Lösungen         Für Martin Heiland

Wo sind die Backups?“ Dann muss alles sehr schnell gehen, um       existieren bereits heute für den professionellen Einsatz, aller­   sind Sicherheit und

den Schaden zu begrenzen.                                          dings sind sie häufig zu kompliziert und aufwändig für den         Datenschutz von

                                                                   Einsatz im Haushalt oder in kleinen Unternehmen“, erklärt der      enormer Bedeutung.

„Sicherheit ist kein Zustand, sondern ein ständiger Prozess“,      Sicherheitsexperte von Open­XChance. Viele Unternehmen             Doch viele Unter-

betont Martin Heiland, Security Officer des Software­Herstel­      würden auch die Sicherheitslücken von netzwerkgesteuerten          nehmen würden das

lers und IT­Dienstleisters Open­Xchange GmbH in Olpe. Die                                                                             Thema Sicherheit

Firma ist mit 275 Mitarbeitern sowie internationalen Nieder­                                                                          noch unterschätzen.

lassungen in Sydney, Helsinki, Tokio, Paris, Madrid, Turin und
den USA ein „Big Player“ der IT­Branche. In einem Teil des
gesamten weltweiten E­Mail­Verkehrs liegt die Marktab­
deckung der Software des Unternehmens aus dem Sauerland
bei 75 %. „Sicherheit und Datenschutz sind für uns von enor­
mer Bedeutung. Alle Daten inklusive unserer europäischen
Kunden liegen auf Servern in Deutschland“, erklärt Heiland. Er
schätzt, dass Open­Xchange rund 1 Mio. € pro Jahr für die
IT­Sicherheit im eigenen Unternehmen und den Schutz von
Kundendaten investiert. Die Maßnahmen dienen dabei der Ab­
wehr von Cyberangriffen, sicherer Hardware sowie der inter­
nen und externen Schulung der Mitarbeiter. Dazu gehören
auch Penetrationstests, kurz „Pentests“ – in Auftrag gegebene
Hackerangriffe zum Aufspüren von Sicherheitslücken. Hierzu
nutzt Open­Xchange auch das Know­how von IT­Spezialisten
und „legalen Hackern“ der weltweit größten Cyber­Securi­
ty­Plattform HackerOne. Der Clou: Bei Erfolg bekommen die
„legalen Hacker“ ein „Kopfgeld“ gezahlt. Dieses Netzwerk mit
etwa 200.000 Forschern hat nach eigenen Angaben bisher
72.000 Schwachstellen in über 1000 Kundenprogrammen be­
hoben und dafür 31 Mio. $ bekommen. Open­Xchange hat in
den vergangenen zwei Jahren für das Aufdecken von etwa 150
Sicherheitslücken Prämien in Höhe von 70.000 € gezahlt. Hei­
land: „Das ist sehr wenig Geld für einen so breit aufgestellten
Pentest.“ Zusätzlich werden zielgerichtete Sicherheitstests von
dafür beauftragten Unternehmen geplant und ausgeführt. Dies
soll nicht nur die IT­Sicherheit prüfen, sondern auch die Wider­
standsfähigkeit der Organisation gegenüber Ausspähversu­
chen. Wie weit Hacker in bestehende Systeme eingreifen kön­
Wirtschaftsreport März 2019 - Firmendaten sind Gold wert - IHK-Siegen
8   März 19 Wirtschaftsreport

               Vor Cyberangriffen schützen
               Interview mit Roger Schmidt (IHK Siegen Ansprech-
               partner IT-Sicherheit und Leiter des Arbeitskreises re-
               gionaler IT-Leiter)

               Wirtschaftsreport: Herr Schmidt, Cyberkriminalität ist
               längst auch bei uns in der Region angekommen. Ist Ihnen
               ein Fall bekannt, bei dem ein regionales Unternehmen Op­
               fer eines Angriffs wurde?

               Roger Schmidt: Ja. Und das war kein kleiner Betrieb,
               sondern einer der Großen. Das Unternehmen ist Opfer
               einer besonderen Betrugsmasche im Zahlungsverkehr, im
               sogenannten Payment Diversion Fraud, geworden. Cyber­
               kriminelle haben die Kommunikation zu einem Lieferan­
               ten ausgespäht und in einem entscheidenden Moment
               den Geldbetrag auf ein Konto der Betrüger umgeleitet. Die
               Angreifer haben sich als Mitglieder der Geschäftsführung
               ausgegeben und baten Mitarbeiter, die im Unternehmen
               Zahlungen veranlassen können, per E­Mail darum, eine
               dringende Überweisung in einer geheimen und vertrau­
               lichen Angelegenheit auszuführen. Das haben diese dann
               auch getan, und schon war der Schaden da.

               Wirtschaftsreport: Unter anderem gehören auch Phi­
               shing­Mails zum Standard­Repertoire der Cyberkriminel­
               len. War dieses Unternehmen auch davon betroffen?

               Schmidt: Ja, auch dieses Einfallstor haben die Betrüger
               genutzt. Es wurden gefälschte Nachrichten an Mitarbeiter
               des Unternehmens verschickt, die dann auf fingierte Links    IT­Technik modernisiert, die Hard­ und Software samt der
               und Webseiten gelockt wurden. So wollten die Täter an        Infrastruktur aufgerüstet sowie eine Cyber­Risk­Versiche­
               persönliche Daten gelangen. Zudem haben die Hacker mit       rung abgeschlossen. Darüber hinaus hat es einen Arbeits­
               Ransomware alle Dateien auf den Rechnern und im Netz­        kreis „Unternehmenssicherheit und Cybercrime“ ins Leben
               werk verschlüsselt. Zur Entschlüsselung der Dateien haben    gerufen, um Erfahrungen mit anderen Unternehmen aus­
               sie dann die Zahlung eines Lösegeldes gefordert. Das Geld    zutauschen.
               musste in Form einer Kryptowährung überwiesen werden.
               Der Gesamtschaden für das Unternehmen war enorm: Löse­       Wirtschaftsreport: Auch im Arbeitskreis regionaler
               geldzahlung, Datenverlust, Reset bzw. Neu­Installation       IT­Leiter werden Vorsichtsmaßnahmen zum Thema Cy­
               von Hardware, Ausfallzeiten und temporäre Beeinträch­        berkriminalität ja sicherlich besprochen. Können Sie den
               tigung der Lieferanten­ und Kundenbeziehung.                 Unternehmen Ratschläge gegen Cyber­Angriffe und Si­
                                                                            cherheitslücken geben?
               Wirtschaftsreport: Welche Konsequenzen hat das ge­
                                                                            Schmidt: Es gibt zwar unterschiedliche Bedrohungs­
               schädigte Unternehmen nun gezogen, um vor Cyberan­
                                                                            szenarien, aber es lassen sich durchaus grundlegende
               griffen künftig besser geschützt zu sein?
                                                                            Tipps geben. Zunächst sollten Software­Updates regel­
               Schmidt: An erster Stelle führt das Unternehmen regel­       mäßig durchgeführt und aktualisiert werden. Zudem sind
               mäßige Sensibilisierungen der Mitarbeiter sowie Schulun­     E­Mail­Anhänge immer skeptisch zu betrachten und nicht
               gen und Weiterbildungsmaßnahmen der IT­Fachabteilung         sofort zu öffnen. Generell sollten Nachrichten stets auf
               zu den Themen Cybercrime und IT­Sicherheit durch. Zu­        Plausibilität, Kontext und inhaltliche Formulierung ge­
               dem wurden IT­Sicherheitsrichtlinien und ein Regelwerk       prüft werden. Bei geringsten Zweifeln sind eine Rückfrage
               zur Nutzung von betrieblicher EDV aufgestellt. Mitarbeiter   und eine Überprüfung über einen separaten Kanal, zum
               und Führungskräfte erhalten je nach Bedrohungslage ge­       Beispiel per Telefon, dringend notwendig. Des Weiteren
               zielte Informationen und Hinweise. Darüber hinaus wer­       ist die Installation von standardisierten Verfahren und
               den erkannte und auch vermutete Angriffe sofort den Er­      Prozessen wichtig, damit Abweichungen sofort erkannt
               mittlungsbehörden gemeldet. Das Unternehmen hat seine        werden.
Wirtschaftsreport März 19                    9

Maschinen unterschätzen. „Rund 250.000 Maschinen sind
weltweit im Internet angemeldet, deren Daten praktisch für
jeden unbeabsichtigt auslesbar sind. Das stellt ein echtes
Sicherheits­ und Datenproblem dar. Bei vielen Firmen fehlt noch
das Bewusstsein, dass die soeben für viel Geld neu gekaufte
CNC­Fräsmaschine bereits im Netz angemeldet ist und somit
eine Gefahrenquelle darstellen kann.“ Zu den über das Netz ge­
steuerten Maschinen gehören zunehmend auch Operationsge­
räte in der Medizin. Bei einem Cyberangriff müssten Patienten
im schlimmsten Fall sogar um Leib und Leben fürchten.

Um die IT­Sicherheit in Unternehmen und den Schutz vor
Cyber­Attacken zu gewährleisten, rät Christian Weiß von der
connect SYSTEMHAUS AG zu einer möglichst lückenlosen Stra­
tegie. „Die Themen Brandschutz, Unfallschutz und Sicherheits­
technik sind im Unternehmen selbstverständlich. Aber wie sieht
es mit der Datensicherheit aus? Darüber machen sich immer
noch zu wenige Unternehmer ernsthaft Gedanken. Doch wenn
man bedenkt, dass der Schaden und der Imageverlust durch
eine Daten­Verschlüsselung und Erpressung so groß sind, dass
mehr als die Hälfte der betroffenen kleinen und mittleren Be­
triebe in den nächsten zwei Jahren daran kaputtgeht, ist diese
Haltung fatal.“ Der Prokurist des IT­Management­Anbieters                                                                           Bei Open-Xchange
aus Siegen­Geisweid empfiehlt den Unternehmern daher ein          jeden Mitarbeiter. Diese Überwachung trägt einer anderen oft      werden zielgerich-
bedarfsgerechtes Paket an Maßnahmen: Firewall, Virenschutz        unterschätzten Sicherheitslücke Rechnung: So beruht ein gro­      tete Sicherheitstests
für PC, Server und Smartphones sowie ein ständiges Monito­        ßer Teil der Cyber­Attacken immer noch auf internen Angriffen     für Unternehmen
ring, verbunden mit der Überwachung der Systemzugriffe. Da­       aus dem Unternehmen. Meist stammen die Attacken von frus­         geplant und
zu kommen Backup­Lösungen mit der regelmäßigen Überprü­           trierten oder unbedarften Mitarbeitern, die entweder aus          anschließend aus-
fung, ob diese Sicherung denn auch tatsächlich funktioniert       Unwissenheit handeln oder sich zur Spionage und Sabotage          geführt.
(Stichwort: Restore), Mail­Security sowie ein Patch­Manage­       instrumentalisieren lassen. Daher ist ein ebenso wichtiger
ment, das die Sicherheitslücken mittels Software­Updates be­      Sicherheitsbaustein die stetige Sensibilisierung und Schulung
hebt. Große Bedeutung haben auch die Netzwerk­Segmentie­          der Mitarbeiter im Unternehmen. Schließlich ist der Mensch
rung, die Authentifizierung und die Rechtevergabe speziell für    neben der technischen Infrastruktur ein wesentlicher Faktor für

                                                                                                                                    Christian Weiß sieht
                                                                                                                                    den Menschen neben
                                                                                                                                    der technischen
                                                                                                                                    Infrastruktur als
                                                                                                                                    wesentlichen Faktor
                                                                                                                                    für die IT-Sicherheit.
10          März 19 Wirtschaftsreport

     Gemeinsam ent-
 wickelt die connect
SYSTEMHAUS AG ein
   bedarfsgerechtes
 Maßnahmen-Paket
  für jeden Kunden.

                       die IT­Sicherheit. Vielfach ist es unbedachtes Handeln, das den   tian Weiß unterstreicht: „Die beste IT nützt nichts, wenn die
                       Erfolg einer Cyber­Attacke erst möglich macht. Und genau zu       Mitarbeiter fahrlässig handeln, weil sie nicht wissen, wie sie
                       diesem Aspekt geben alle drei IT­Experten denselben Rat: Fin­     die Gefahren abwehren können.“ !
                       ger weg von USB­Sticks und von WORD­Dokumenten, die im
                       Quellcode bereits die Schadsoftware enthalten können. Chris­      Diesen Bericht finden Sie auch unter www.ihk­siegen.de, Seiten­ID 2834.

                          Wissenswerte Infolinks
                           www.allianz-fuer-cybersicherheit.de                           www.informationisbeautiful.net
                           Wissenswertes zu aktuellen Bedrohungen, Veranstal­            Industrieübergreifende Sammlung weltweit relevanter
                           tungen und Meldestellen                                       Zwischenfälle, bei denen personenbezogene Daten
                           www.bitcom.org                                                entwendet wurden
                           Informationen zu Datenschutz und Sicherheit in                www.initiative-s.de
                           Unternehmen                                                   Möglichkeit zur Prüfung von Internetseiten auf Schad­
                           www.botfrei.de                                                programme und andere bösartige Veränderungen
                           Schadprogramm­Scanner zur Prüfung des Sicherheits­
                                                                                         www.it-sicherheit-in-der-wirtschaft.de
                           standes sowie zur Aktualität eines Browsers und der
                                                                                         Informationen zu Beratungsstellen und Hilfsangeboten,
                           Plug­ins
                                                                                         Webseiten­Check und IT­Sicherheitscheck zur Lage im
                           www.bsi.bund.de                                               Unternehmen
                           Informationen über Cyber­Sicherheit und die aktuelle
                                                                                         www.sicherheitstest.bsi.de
                           Lage
                                                                                         Hier kann überprüft werden, ob eine E­Mail­Adresse
                           www.datensicherheit.de                                        von Identitätsdiebstahl betroffen ist und womöglich
                           Online­Portal für Fragen der Datensicherheit im pri­          zu kriminellen Aktivitäten genutzt wird.
                           vaten, beruflichen, geschäftlichen und behördlichen
                           Umfeld                                                        www.teletrust.de
                                                                                         Online­Portal des Bundesverbandes IT­Sicherheit e.V.
                           www.im.nrw
                                                                                         mit insgesamt 335 Mitgliedern
                           Webseite des Innenministeriums NRW: Unterstützung
                           für Unternehmen beim Sabotageschutz, beim Ge­                 www.wirtschaftsschutz.info
                           heimschutz und bei der Spionageabwehr; kostenfreie            Publikationen, Leitfäden und Empfehlungen zahlrei­
                           Beratungen und Vorträge                                       cher Institutionen
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MITARBEITER GEWINNEN, BINDEN UND
WIRTSCHAFTLICHE VORTEILE SICHERN
                                                                                                      Unternehmen Anreize geschaffen worden, so
 Umdenken, bevor es zu spät ist
                                                                                                      dass für Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine
                                                                                                      echte Win-win Situation entsteht.
Die Arbeitslosenzahlen in Deutschland er-
reichen historische Tiefstwerte und der Wett-                                                         Eine betriebliche Altersvorsorge verur-
bewerb um qualifizierte Mitarbeiter ist in vol-                                                       sacht, je nach Gestaltungsform, wenig Auf-
lem Gange. In diesem dynamischen Umfeld                                                               wand in der Verwaltung und muss (eben-
gilt es, die besten Kräfte für das eigene Unter-                                                      falls je nach Gestaltungsform) nicht in der
nehmen zu begeistern und vor allem: diese                                                             Unternehmensbilanz ausgewiesen werden.
langfristig an das Unternehmen zu binden.             „Wie schaffe ich ein
                                                       Wir-Gefühl?“                                    Gruppenverträge mit Sonder-
Die Zeiten, in denen sich für eine ausgeschrie-
                                                                                                       konditionen
bene Stelle die Bewerbungsmappen türmten
oder der E-Mail Ordner überlief, sind vorbei.
Ganz gleich, ob Gastronomie, Handwerk,             Arbeitgeber positionieren und die langfris-        Wenn Sie sich entscheiden, eine betriebliche
Industrie, Einzelhandel oder Dienstleistung        tige Bindung an Ihr Unternehmen stärken.           Altersvorsorge anzubieten, informieren Sie
– fast alle Unternehmen klagen über Mitarbei-      Gleichzeitig sichern Sie wirtschaftliche Vor-      sich über die Möglichkeiten eines Gruppen-
termangel. Lehrstellen bleiben unbesetzt und       teile – für Ihre Mitarbeiter UND Ihr Unter-        vertrages. Häufig sind hier Sonderkonditio-
auch die Suche nach Fach- und Führungskräf-        nehmen.                                            nen möglich. Um die für Ihr Unternehmen
ten ist eine besondere Herausforderung.                                                               und Ihre Mitarbeiter beste Lösung der be-
                                                   Mit einer betrieblichen Altersvorsorge, die im     trieblichen Altersvorsorge zu finden, wenden
Die Gewinnung von qualifizierten und mo-           Rahmen einer Entgeltumwandlung durch-              Sie sich an einen erfahrenen und kompeten-
tivierten Mitarbeitern wird zum entschei-          geführt wird, profitieren Ihre Mitarbeiter von     ten Finanzpartner, der bewährte Produkte
denden Erfolgsfaktor für Unternehmen aller         Steuerersparnissen und geringeren Sozialabga-      anbietet und Ihr Unternehmen langfristig be-
Branchen und Größenordnungen. Employer             ben. Gleichzeitig senken Sie die Lohnneben-        gleiten kann. Als regional verwurzelte Finanz-
Branding Maßnahmen wie Präsenz an Schu-            kosten für Ihr Unternehmen. Sie selbst kön-        partner von mittelständischen Unternehmen
len und Hochschulen, die Teilnahme an Aus-         nen entscheiden, welchen Durchführungsweg          kennen die Volksbanken Raiffeisenbanken
bildungsmessen oder Praktika und duale Aus-        der betrieblichen Altersvorsorge Sie wählen.       die Bedürfnisse, Sorgen und Wünsche der
bildungen gehören zur modernen Klaviatur           Zur Auswahl stehen die Direktversicherung,         Menschen, die in den Regionen leben und
des Recruitings. Neben der Gewinnung der           Pensionskasse, Pensionsfonds, Unterstüt-           auch die der regional ansässigen Firmen. Bei
zukünftigen Mitarbeiter ist die langfristige       zungskasse oder die Pensionszusage. Dabei          den Firmenkundenberatern Ihrer Volksbank
Bindung ans Unternehmen die nächste und            kann die betriebliche Altersvorsorge auf ver-      Raiffeisenbanken vor Ort sind Sie in guten
vielleicht noch größere Herausforderung.           schiedene Weisen finanziert werden, durch          Händen.
                                                   Ihren Arbeitnehmer, durch Sie als Arbeitgeber
                                                   oder als Mischfinanzierung. Da seit 2002 jeder
 Mitarbeiterbindung durch
                                                   Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch
 betriebliche Altersvorsorge (bAV)
                                                   auf eine betriebliche Altersvorsorge durch
                                                   Entgeltumwandlung hat, kommen Sie somit
In Zeiten sinkender Renten denken die meis-        Ihrer gesetzlichen Pflicht als Arbeitgeber nach.
ten Arbeitnehmer über eine zusätzliche Absi-       Mit der Reform der betrieblichen Altersvor-
cherung für das Alter nach. Hier können Sie        sorge zum 1. Januar 2018 (Betriebsrenten-
sich mit einer betrieblichen Altersvorsorge        stärkungsgesetz) sind durch den Gesetzgeber
für Ihre Mitarbeiter nicht nur als attraktiver     vor allem für kleinere und mittelständische

           Was ist Entgeltumwandlung:
           Bei der Entgeltumwandlung zahlt der Arbeitnehmer Teile seines Bruttogehaltes
           in einen Vertrag der betrieblichen Altersvorsorge. 2019 werden Beiträge bis zu
           268 Euro im Monat staatlich gefördert: Auf Beiträge bis zu dieser Höhe zahlen
           die Sparer keine Sozialabgaben. Steuerfrei sind bis zu 536 Euro monatlich.
12   März 19 Wirtschaftsreport

                                 IHK­JAHRESEMPFANG

       „Die Ärmel
     hochkrempeln!“
Sich im technologischen Wettbewerb behaupten und gemeinsam für ein starkes Europa einstehen –
 diesen Leitgedanken rückte Sigmar Gabriel in den Fokus. Der Sozialdemokrat sprach als Festredner
beim Jahresempfang der IHK Siegen. Vor rund 1600 Gästen in der Siegerlandhalle bezog er Stellung
                   zur Situation Deutschlands und Europas im Weltgeschehen.

                    Text: Patrick Kohlberger   |   Fotos: Heiner Morgenthal (26), Carsten Schmale (14)
14   März 19 Wirtschaftsreport

                                                       Felix G. Hensel

                           Den Standort
                           weiter stärken
        »    „Mauern beseitigen keine Probleme. Sie schaffen allenfalls zu­
             sätzliche“, kommentierte Felix G. Hensel beim Jahresempfang
             der Industrie­ und Handelskammer Siegen. Der IHK­Präsident
             appellierte an die rund 1600 Besucher in der Siegerlandhalle,
                                                                               anstatt auf Zusammenarbeit zu setzen. Nach vielen Jahrzehn­
                                                                               ten des konstruktiven Miteinanders herrsche nun ein mehr als
                                                                               angespanntes Klima im internationalen Dialog.

             am 26. Mai zur Urne zu schreiten und sich an der Europawahl       Die heimische Wirtschaft habe großes Interesse daran, dass
             zu beteiligen. Schließlich sei es für die politische und ökono­   Brüssel und Straßburg weiterhin Fixpunkte eines friedlichen
             mische Zukunft Deutschlands, vor allem aber die des gesamten      und freien Europas seien: „Je mehr wir es schaffen, die gemein­
             Kontinents, enorm wichtig, die Gestaltungskraft der EU zu         schaftliche Idee zu stärken, desto eher kann sich die Kommis­
             fördern. Sie sei ein beeindruckendes Erfolgsmodell – jedoch       sion auch auf das Wesentliche konzentrieren. Etwa auf die
             eines, das populistische und nationalistische Tendenzen der­      Eliminierung der mehr als 6000 Sonderregulierungen im Um­
             zeit sukzessive aushöhlten. Die zähen Verhandlungen über den      satzsteuerrecht der Mitgliedsstaaten.“ Gelänge es wenigstens,
             bevorstehenden Brexit etwa hälfen niemandem und schadeten         diese zu vereinheitlichen, sei ein finanzpolitischer Schritt ers­
             beiden Seiten, kritisierte Hensel. Als mindestens ebenso gra­     ter Kategorie erreicht.
             vierend stufte er das Verhalten der Entscheidungsträger in
             Italien und Ungarn ein. Sie alle huldigten der Abschottung,       Neben der aus seiner Sicht nachdenklich stimmenden Entwick­
                                                                               lung der innereuropäischen Beziehungen thematisierte Hensel
                                                                               vor allem die Herausforderungen, denen sich die Bundesrepublik
                                                                               derzeit und in den nächsten Jahren gegenüber sieht. Auch hier
                                                                               wusste er von einigen Schieflagen zu berichten. Sein besonderes
                                                                               Augenmerk galt dabei der Energiepolitik, deren Ausrichtung
                                                                               schwerwiegende Fragen aufwerfe und bei tiefgehender Analyse
                                                                               bisweilen nur noch Kopfschütteln auslöse: „Deutschland ist das
                                                                               einzige Land, das meint, gleichzeitig aus der Atomkraft und aus
                                                                               der Kohle als Energieträger aussteigen zu können.“ Zurzeit trü­
                                                                               gen Atomenergie sowie Braun­ und Steinkohlekraftwerke mehr
                                                                               als 50 % der tatsächlichen Stromerzeugung des Landes. „Wenn
                                                                               man die Vorschläge der Kohlekommission umsetzt, verzichten
                                                                               wir schon ab 2023 auf 40 % dieser Erzeugungskapazität“,
                                                                               mahnte Hensel. Das sei ein überaus ambitioniertes Vorhaben –
                                                                               zumal Wind und Sonne den Verlust keinesfalls eins zu eins zu
                                                                               kompensieren imstande seien.

                                                                               Zwar schreite der Ausbau der Erneuerbaren durchaus voran.
                                                                               „Dass wir es aber mit Einrichtungen von Photovoltaik­ und
                                                                               Windenergieanlagen zu tun haben, die jede Nacht keine Son­
                                                                               nenenergie und bei Windstille keinen Strom erzeugen, ist
                                                                               nicht wirklich überraschend.“ Sie lieferten momentan etwa
                                                                               35 % des Stroms in Deutschland. Jedoch sei eben nicht die
                                                                               Durchschnittsbetrachtung entscheidend, sondern vielmehr
                                                                               die Aufgabe, das gesamte Land zu jeder Sekunde ausreichend
                                                                               mit Strom zu versorgen. Hensel schlug in diesem Zusammen­
                                                                               hang den anwesenden Abgeordneten vor, eine parlamentarische
                                                                               Anfrage an die NRW­Landesregierung und die Bundesregie­
                                                                               rung zu stellen – um herauszufinden, wie eine Grundlast­
                                                                               sicherung wirtschaftlicher Energieversorgung nach dem Jahr
                                                                               2022 konkret aussehen kann. Der angepeilte Ausstieg aus der
                                                                               Kohleverstromung jedenfalls, fasste er zusammen, schaffe zu­
                                                                               sätzliche Risiken für die deutsche Volkswirtschaft, verminde­
                                                                               re drastisch die Versorgungssicherheit und verschärfe letztlich
Wirtschaftsreport März 19   15

die Standortnachteile für Deutschlands stromintensive Indus­
trie.

Klare Worte fand Hensel auch zur Diesel­Debatte: „Unser Um­
gang mit diesem Thema ist irrwitzig. Es wird Zeit, dass in
Deutschland nicht nur über die Einhaltung von Grenzwerten,
sondern auch über deren Sinn diskutiert wird.“ Diesbezüglich
wies er auch auf das Positionspapier hin, das ein Zusammen­
schluss von mehr als 100 Pneumologen kürzlich veröffentlicht
hatte. Das Dokument zweifelt die Gesundheitsgefährdung
durch Stickoxid an und fordert eine Überprüfung der festge­
legten Grenzwerte. Freilich müsse das langfristige Ziel darin
bestehen, von herkömmlichen Verbrennungsmotoren Abschied
zu nehmen, unterstrich der IHK­Präsident. Jedoch sei es zu­
nächst zwingend erforderlich, etwaige alternative Technolo­
gien in Ruhe zu überprüfen. Reine Elektrofahrzeuge seien nur
eine von vielen Optionen. Er halte in der Frage der zukünftigen
CO2­sparenden Mobilität einen technologieoffenen Ansatz für
unentbehrlich. Diesel­Antriebe seien – sofern effizienter und
schadstoffminimiert – weiterhin ein wichtiger Eckpfeiler.

Erheblich positiver geriet der Rückblick auf die letztjährige
ökonomische und gesellschaftspolitische Entwicklung im
Kammerbezirk. Hier konnte Hensel mit beachtlichen Zahlen
aufwarten. Die Umsätze des verarbeitenden Gewerbes belau­
fen sich auf mehr als 17 Mrd. €. Sie liegen rund 3 % über dem
Wert des Vorjahres. Abermals ist das Wachstum der heimi­
schen Industrie höher als im NRW­Durchschnitt. Zum Jahres­
wechsel waren 175.000 Personen in den Kreisen Siegen­Witt­
genstein und Olpe sozialversicherungspflichtig beschäftigt
– ein neuer Höchststand. Zudem sank die Arbeitslosenquote
auf knapp mehr als 4 %. Jedoch seien seit wenigen Monaten
sinkende Auftragseingänge und ein sich verlangsamendes
Wachstum zu verzeichnen. Die weiteren Erwartungen der Fir­
men fielen demnach etwas verhaltener aus. Insgesamt aber sei
die Lage weiterhin gut.

Sichtlich zufrieden zeigte sich Hensel auch mit der derzeitigen
Situation der Bildungslandschaft. Er würdigte die Universität
Siegen als „enorm wichtigen Entwicklungs­ und Impulsmotor“
für den gesamten Wirtschaftsstandort. Ein Beispiel dafür sei
das Mittelstand 4.0­Kompetenzzentrum, dessen Verantwort­
liche inzwischen Kontakte zu etwa 350 Unternehmen aus der
Region pflegten. 25 weitere Projekte befänden sich derzeit in
der betriebsinternen Umsetzung. Stolz ist der IHK­Präsident
auch auf das erarbeitete Konzept für die „Internationale Schu­
le“ in Olpe. Mehr als 3,4 Mio. € habe die Wirtschaft für die
Realisierung dieses Vorhabens eingeworben. „Entstanden ist
ein Leuchtturm, der weit über den Kreis ausstrahlen wird.“ Nun
sei zu hoffen, dass die Regierung in Düsseldorf die Modell­
schule auch angemessen unterstützt: „Wenn ein solch ge­
meinschaftlich getragenes Projekt keine Förderung vom Land
verdient, was denn sonst?“ Damit der industriestarke Wirt­
schaftsraum Siegen­Wittgenstein/Olpe auch in den kommen­
den Jahren konkurrenzfähig und attraktiv bleiben kann, seien
aber nicht nur Investitionen ins Bildungswesen nötig, sondern
auch rein logistische Weichenstellungen. Der heimische Stand­
ort sei auf ausreichend Gewerbeflächen angewiesen, konsta­
16   März 19 Wirtschaftsreport

                                 tierte Hensel: „Gerade einmal 1,5 % der Gesamtfläche unseres
                                 Kammerbezirks werden gewerblich­industriell genutzt. Lan­
                                 desweit sind es 2,2 % ­ und das, obwohl Südwestfalen doppelt
                                 so industriestark ist wie das Ruhrgebiet.“ Naturschutzrechtli­
                                 che Restriktionen und die topografischen Gegebenheiten er­
                                 schwerten jedoch die Suche nach geeigneten Flächen.

                                 In diesem Punkt forderte Hensel, die einzelnen Regionen des
                                 Landes NRW nicht mit flächendeckend einheitlichen Vorgaben
                                 zu behandeln. Schließlich sei beispielsweise der Waldanteil im
                                 Kammerbezirk weitaus höher als in vielen anderen Gebieten
                                 des Bundeslandes. „Da wäre es doch sinnvoll, ökologische Aus­
                                 gleiche in Form von Aufforstungen dort vorzunehmen, wo
                                 Bäume Mangelware sind – statt zwingend am Ort des Ein­
                                 griffs.“ Den Rahmen für neue Flächen in Siegen­Wittgenstein
                                 und Olpe liefere der Regionalplan, der zurzeit eine Neuauf­
                                 stellung durchlaufe. Die IHK habe in enger Kooperation mit den
                                 Kommunen ein Planungsbüro beauftragt, den Flächenbedarf
                                 zu ermitteln. Für den Kreis Olpe ergebe sich ein Bedarf von 190
                                 ha, für Siegen­Wittgenstein liege der Bedarf bei 314 ha. „Der
                                 Handlungsdruck ist also offenkundig“, bekräftigte Hensel.

                                 Einer schwierigen Gesamtkonstellation sehe sich auch der hie­
                                 sige Einzelhandel ausgesetzt. Allein in den vergangenen zehn
                                 Jahren habe der Kammerbezirk 900 Handelsfirmen verloren –
                                 ein Minus von circa 15 %. Umso mehr ermutigte der IHK­Prä­
                                 sident alle Werbegemeinschaften sowie die 18 Städte und
                                 Gemeinden, den im November vorgestellten Zentrumsmonitor
                                 zu nutzen. Er zeige anhand detaillierter Daten konkrete Ver­
                                 besserungspotenziale auf und diene als optimale Grundlage,
                                 um neue Initiativen voranzutreiben.

                                 Luft nach oben sieht Hensel auch in puncto Infrastruktur. Zwar
                                 liefen die planerischen Arbeiten an der Route 57 ins Wittgens­
                                 teiner Land unvermindert weiter. Bei der Südumgehung Kreuz­
                                 tal jedoch erzeugten Einzelinteressen immer wieder erhebliche
                                 Verzögerungen. Einen wiederum sehr positiven Zwischenstand
                                 gebe es von der A45 zu vermelden. Der Landesbetrieb Straßen­
                                 bau, der einen durchgehend sechsspurigen Ausbau initiiere
                                 und alle Großbrücken neu errichte, befinde sich hervorragend
                                 im Zeitplan.
Wirtschaftsreport März 19   17

    Sigmar Gabriel

    „Wie souverän ist Europa noch?“

»   Er zählt seit Jahrzehnten zu den prägendsten Akteuren des
    politischen Geschehens in Deutschland. Nachdem er ab 1999
    das Amt des Ministerpräsidenten Niedersachsens bekleidet
    hatte, setzte Sigmar Gabriel in der Folge wesentliche Akzente
                                                                        Die Gründe für die seit Jahren bundesweit positive ökonomi­
                                                                        sche Entwicklung erkennt der Sozialdemokrat längst nicht nur
                                                                        in der Potenz der größten börsennotierten Konzerne. Das wah­
                                                                        re Rückgrat der heimischen Wirtschaft bildeten die vielen mit­
    in der Bundesregierung – zunächst im Umweltressort, später          telständischen Betriebe, die oftmals international agierten,
    als Minister für Wirtschaft und Energie sowie als Chef des          familiengeführt seien und tausende Beschäftigte in ihren Rei­
    Auswärtigen Amtes. Acht Jahre lang hatte er zudem den Vor­          hen hätten. Sie alle leisteten unentbehrliche Arbeit. Seine aus­
    sitz der SPD inne. IHK­Präsident Felix G. Hensel würdigte den       drückliche Wertschätzung ließ Gabriel in diesem Kontext den
    Festredner des Jahresempfangs als einen der letzten wahren          Industrie­ und Handelskammern zukommen, da diese die enor­
    „Vollblutpolitiker“ der Bundesrepublik. In der 2018 neu for­        me Bedeutung einer qualitativ hochwertigen dualen Ausbil­
    mierten Großen Koalition hat der 59­Jährige keinen Posten           dung täglich mit Leben füllten. Vor dem Hintergrund des de­
    mehr übernommen – zum Bedauern vieler Mitstreiter unter­            mografischen Wandels und des steigenden Fachkräftebedarfs
    schiedlichster parteilicher Couleur. Sie alle schätzen sein Fach­   sei es absolut unerlässlich, qualifiziertes Personal selbst aus­
    wissen, seine Besonnenheit und seine bemerkenswert offenen          zubilden und gezielt zu fördern. In den Kreisen Siegen­Witt­
    Analysen.                                                           genstein und Olpe geschehe dies auf einem besonders guten
                                                                        Niveau. Der heimische IHK­Bezirk zeichne sich, etwa verglichen
    Den Zuhörern in Siegen offenbarte Gabriel einen umfassenden         mit Metropolregionen wie dem Ruhrgebiet, durch eine enorm
    Eindruck seiner persönlichen Sicht auf ökonomische, politische      hohe Industriedichte aus.
    und gesellschaftliche Fragen der Gegenwart. Ehrlich, kritisch,
    nachdenklich und doch voller Zuversicht im Hinblick auf den         Die Wirtschaftskraft Deutschlands auch in Zukunft zu bewah­
    Umgang mit den größten Herausforderungen der nächsten               ren, sieht der erfahrene Politiker als eine der bedeutendsten
    Jahre: „Ich weiß sehr wohl, dass wir in unserem Land viele          Aufgaben an. Bezüglich der Energiewende etwa warnte Gab­
    Probleme haben. Aber es ist trotzdem das beste Deutschland,         riel davor, in Aktionismus zu verfallen und sich allzu sehr an
    das wir je hatten. Und wir haben alles, was wir brauchen, um        fixen Jahreszahlen und festgelegten statistischen Zielvorgaben
    den kommenden Generationen den Weg zu bereiten.“ Gerade             festzuhalten: „Es muss unser oberstes Anliegen sein, ambitio­
    in Zeiten weltweit vernehmbarer autokratischer Tendenzen sei        nierten Klimaschutz zu betreiben und dabei gleichzeitig den
    es wichtig, sich als liberale Demokratie zu behaupten, die wirt­    ökonomischen Erfolg im Auge zu behalten. Wenn uns Deut­
    schaftliche Leistungsfähigkeit zu erhalten und die eigenen          schen das nicht gelingt, wird uns auch in der Welt keiner fol­
    Werte zu schützen.                                                  gen.“ Es sei richtig, die steigende Relevanz erneuerbarer Ener­
18   März 19 Wirtschaftsreport

                                                                           gien auch in politisches Handeln umzumünzen. Gleichwohl sei
                                                                           jedoch zu bedenken, dass der Ausbau stocke. „Die gesteckten
                                                                           Ziele sind sehr sportlich, denn vermutlich geht das alles nicht
                                                                           so schnell wie erhofft. Wir müssen konstant leistungsfähig
                                                                           bleiben. Es kann ja nicht sein, dass wir irgendwann den Strom
                                                                           selbst teuer importieren müssen“, mahnte der frühere Umwelt­
                                                                           minister. Auch zur Diesel­Problematik bezog Gabriel Position.
                                                                           Es sei erschreckend, „mit welcher Lust wir einen wesentlichen
                                                                           Pfeiler unseres Wohlstands in Grund und Boden rammen“, kon­
                                                                           statierte er.

                                                                           Schwerwiegende Veränderungen des gesamtwirtschaftlichen
                                                                           Gefüges prognostiziert Gabriel beim Blick auf die Konsequen­
                                                                           zen der immer weiter voranschreitenden Digitalisierung. Er
                                                                           fordert, die Zeichen der Zeit zu erkennen und in diesem Punkt
                                                                           bei zukünftigen Entscheidungen die richtigen Prioritäten zu
                                                                           setzen. Bis 2025 will die Bundesregierung rund 3 Mrd. € in die
                                                                           Förderung der Künstlichen Intelligenz investieren. Was zu­
                                                                           nächst wie ein warmer Geldregen anmuten mag, bezeichnet
                                                                           der SPD­Politiker als eine allenfalls „homöopathische Dosis“.
                                                                           Um den Anschluss zu wahren und im internationalen Wett­
                                                                           bewerb erfolgreich zu bleiben, seien weit höhere Ausgaben in
                                                                           diesem Bereich vonnöten. Dies gelte auch für den Ausbau des
                                                                           schnellen Internets – „und zwar nicht nur in den Ballungs­
                                                                           zentren, sondern vor allem auch in den ländlichen Regionen,
                                                                           in denen so viele unserer starken Mittelständler beheimatet
                                                                           sind.“ Dass in erster Linie Gewerbegebiete, Schulen und Uni­
                                                                           versitäten Berücksichtigung finden sollten, liege ohnehin auf
                                                                           der Hand.

                                                                           Darüber hinaus, betonte Gabriel, sei es für die Zukunft der
                                                                           Bundesrepublik bedeutend, ein ganz grundlegendes Umdenken
                                                                           zu erzeugen: „Wir in Deutschland waren immer darauf aus­

             Jahrgangsbeste Auszubildende 2018
             Ehrung durch Sigmar Gabriel und Felix G. Hensel
             Beim Jahresempfang der IHK Siegen wurden die leistungs­       Olpe. Jannik Lübke aus Attendorn wurde als bester gewerb­
             stärksten Auszubildenden des Prüfungsjahrgangs 2018 ge­       lich­technischer Auszubildender im Kreis Olpe ausgezeich­
             ehrt. IHK­Präsident Felix G. Hensel und der ehemalige Bun­    net. Er erlernte den Ausbildungsberuf Industriemechaniker
             desaußenminister Sigmar Gabriel zeichneten die jungen         und erreichte ein Gesamtergebnis von 97 %. Lübke wurde von
             Leute aus, die unter dem großen Beifall der anwesenden 1600   der Kirchhoff Automotive Deutschland GmbH in Attendorn
             Gäste aus ihren Händen Weiterbildungsgutscheine im Wert       ausgebildet und besuchte das Berufskolleg des Kreises Olpe
             von 500 Euro, Urkunden und Pokale erhielten. Bester kauf­     in Attendorn. Die beste Abschlussprüfung in gewerb­
             männischer Prüfling aus dem Kreis Siegen­Wittgenstein ist     lich­technischen Berufen im Kreis Siegen­Wittgenstein er­
             Leon Hoffmann aus Siegen. Er hat im Ausbildungsberuf Kauf­    reichte Peter Jung aus Breidenbach. Der Maschinen­ und
             mann im Groß­ und Außenhandel die Abschlussprüfung mit        Anlagenführer erzielte in seiner Prüfung 96 %, nachdem er
             einem Gesamtergebnis von 98 % abgelegt. Hoffmanns Aus­        zuvor seine Ausbildung bei der EJOT GmbH & Co. KG in Bad
             bildungsbetrieb war die Heinrich Engert GmbH & Co. KG in      Berleburg durchlief. Er besuchte das Berufskolleg Wittgen­
             Kreuztal. Er besuchte das Berufskolleg Wirtschaft und Ver­    stein in Bad Berleburg. Darüber hinaus wurde Anna Muczins­
             waltung in Siegen. Der leider verhinderte Jannik Brückmann    ki aus Netphen als leistungsfähigste Bankkauffrau in ganz
             aus Troisdorf legte im Ausbildungsberuf Kaufmann im Einzel­   Deutschland ausgezeichnet. Von rund 11.100 Prüfungsteil­
             handel die beste Abschlussprüfung aller kaufmännischen        nehmern im gesamten Bundesgebiet erzielte sie mit 98 % das
             Auszubildenden im Kreis Olpe ab. Er erreichte im Gesamter­    beste Ergebnis. Ihr Ausbildungsbetrieb war die Volksbank in
             gebnis 98 %. Sein Ausbildungsbetrieb war die HIT GmbH &       Südwestfalen eG in Siegen. Sie besuchte das Berufskolleg
             Co. KG in Wenden. Er besuchte das Berufskolleg des Kreises    Wirtschaft und Verwaltung in Siegen.
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