Siegen: Eine Stadt erfindet sich neu Der kurze Draht zum Kunden - 24 E.biz: Austausch per Mausklick - IHK-Siegen

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Siegen: Eine Stadt erfindet sich neu Der kurze Draht zum Kunden - 24 E.biz: Austausch per Mausklick - IHK-Siegen
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                                                                                                                        A 4791

INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER SIEGEN   WIRTSCHAFTSREPORT SIEGEN · OLPE · WITTGENSTEIN                          REPORT

                                                                                     2

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                                           per Mausklick
                                                                   Der kurze Draht

                                           E.biz: Austausch
                                                                                         erfindet sich neu
                                                                                         Siegen: Eine Stadt
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                                                                                                     Die IHK Siegen online:
Liebe Leser,                                                                                         www.ihk-siegen.de

Siegen ist an seinen neuen Ufern angekom-          kulinarische Seite im Vordergrund und wie man     spiel für den schwierigen und außergewöhnli-
men. Die Sieg plätschert frei durch die In-        die Hektik des Alltags vergessen kann. Ob         chen Bau der Lennetalbrücke auf der A45 bei
nenstadt, unterbrochen von kleinen Inseln.         „english“, „medium“ oder „well done“ – ein saf-   Hagen ein Bohrgerät von Soilmec zum Einsatz,
Treppenstufen laden zum Ausruhen und Son-          tiges Steak können Feinschmecker im Steak-        zur Herstellung von Trägerbohlwänden. Zum
nenbaden ein. Bäume setzen grüne Akzente.          haus „Wilder Eber“ in Wenden-Altenhof in          Schluss beschäftigt sich unsere Rubrik „Ebiz“
Eine neue Brücke überspannt die Wasserfläche       gemütlicher Atmosphäre genießen. „Der eine        ab Seite 50 mit Elektronischen Rechnungen,
und auch dem Umfeld wurde eine Schönheits-         oder andere kommt hier sogar in Urlaubsstim-      denn sie werden kommen. Die Europäische
kur verordnet. Das Regionale-Projekt des Lan-      mung“, erzählt Geschäftsführer Eberhard Koch.     Kommission hat dafür den Weg frei gemacht.
des NRW „Siegen – zu neuen Ufern“ ist ein          Das Steakhaus liegt fest in familiärer Hand,      Mit der Richtlinie 2014/55/EU des Europäi-
Meilenstein bei der Umsetzung zahlreicher          denn Eberhard und Ulrike Koch ziehen gemein-      schen Parlaments und des Rates über die elek-
Maßnahmen, die die Stadt in den vergangenen        sam mit ihren Kindern an einem Strang und         tronische Rechnungsstellung bei öffentlichen
Jahren verändert haben. Lesen Sie unsere           bewirten bis zu 140 Gäste im „alten Traditi-      Aufträgen schafft die Kommission die Grund-
Titelgeschichte „Siegen – eine Stadt erfindet      onshaus“, das bereits 1905 erbaut wurde. Nicht    lage für ein einheitliches, europäisches Rech-
sich neu“ ab Seite 2.                              nur Fleischliebhaber kommen hier auf den Ge-      nungsformat in der öffentlichen Verwaltung.
Wo Umwelteinflüsse, Staub und Feuchtigkeit         schmack, auch für Vegetarier ist gesorgt.         Die Mitgliedsstaaten müssen sicherstellen,
eine besonders anspruchsvolle Installations-       Unser Firmenporträt ist auf Seite 40 zu finden.   dass öffentliche Auftraggeber elektronische
technik erfordern, ermöglicht die Gustav Hen-      Die Bohrgeräte der Soilmec Deutschland GmbH       Rechnungen empfangen und verarbeiten kön-
sel GmbH & Co. KG aus Lennestadt mit inno-         können bis zu 140 Tonnen schwer sein und          nen. Dies gilt zwar zunächst nur für die öffent-
vativen Lösungen eine sichere Energieverteilung.   werden für den Spezialtiefbau benötigt. Im Be-    liche Verwaltung, gleichwohl soll die Norm
Ihre Produkte werden von Elektrohandwerkern,       reich Spezialtiefbau versteht sich das Unter-     auch für die Verwendung im Geschäftsverkehr
Elektromontage- und Schaltanlagenbauunter-         nehmen aus Olpe zusammen mit dem 100-             zwischen Unternehmen geeignet sein, weiß
nehmen verarbeitet – und das seit 85 Jahren.       prozentigen Mutterkonzern Soilmec S.p.A.
So heißt es auf Seite 24 „Energieverteilung:       Cesena in Italien seit über 40 Jahren als Kom-    Ihre Redaktion
Der kurze Draht“. Ab Seite 30 steht dann die       plett- und Systemanbieter. So kam zum Bei-                            REPORT

In dieser Ausgabe                                                                                       August 2016
 Titelgeschichte               ab Seite 2           Berichte                   ab Seite 24            Nachrichten für die Praxis 52

Siegen: Eine Stadt erfindet sich neu               Energieverteilung: Der kurze Draht        24      Auszeichnungen, Jubiläen
                                                   Wenn aus Flüchtlingen Mitarbeiter                 und Geburtstage                            55
                                                   werden                                    26
 Aktuell                       ab Seite 9
                                                   Das Restaurant „Wilder Eber“                       Börsen                      ab Seite 58
IHK-Konjunkturumfrage vorgelegt             9      tischt auf                                30      Unternehmensnachfolgebörse                 57
Energiedaten im Fokus                      11      Beleuchtungstechnik:
                                                   Ein Licht geht auf                        42      Bücher                                     56
Verdienstkreuz für Klaus Th. Vetter        12      Kinder und Karriere                       46      Handels- und
                                                   Elektronische Rechnungen                  50      Genossenschaftsregister                    59
Wie komme ich in die Medien?               14
Marketing und IT                           16       Wirtschaft in der Region                34
                                                                                                      Kultur                                   70
Regierungspräsidentin zu Gast              19       Firmenporträt                           40       Kommentiert – Notiert                      72
Online ist für den Handel ein Muss         22      Soilmec Deutschland                               Impressum                                  72

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Siegen: Eine Stadt erfindet sich neu Der kurze Draht zum Kunden - 24 E.biz: Austausch per Mausklick - IHK-Siegen
Siegen ist an seinen neuen Ufern angekommen. Die Sieg
plätschert frei durch die Innenstadt, unterbrochen von klei-
nen Inseln. Treppenstufen laden zum Ausruhen und Sonnen-
baden ein. Bäume setzen grüne Akzente. Eine neue Brücke
überspannt die Wasserfläche und auch dem Umfeld wurde
eine Schönheitskur verordnet. Das Regionale-Projekt des
Landes NRW „Siegen – zu neuen Ufern“ ist ein Meilenstein
bei der Umsetzung zahlreicher Maßnahmen, die die Stadt in
den vergangenen Jahren verändert haben.
Siegen: Eine Stadt erfindet sich neu Der kurze Draht zum Kunden - 24 E.biz: Austausch per Mausklick - IHK-Siegen
Eine Stadt    SIEGEN

erfindet sich neu
Siegen: Eine Stadt erfindet sich neu Der kurze Draht zum Kunden - 24 E.biz: Austausch per Mausklick - IHK-Siegen
„Wir haben in Siegen eine Marktlücke für unser Konzept gesehen – und wir hatten die Option, dass die Innenstadt schöner wird“, erklärt
    Janik Kiesewetter vom Picknicker.

D   ie Botschaft „Siegen – zu neuen Ufern“
    ist im Einzelhandel, in der Gastronomie
und in der Wirtschaft angekommen. Die
                                                und Stühle unter Sonnenschirmen. Schlicht
                                                und frisch wirkt die gesamte Einrichtung –
                                                viel Weiß, viel helles Holz, dazwischen ein
                                                                                                die Berufstätigen aus den Büros und Ge-
                                                                                                schäften der Nachbarschaft. Zum Konzept
                                                                                                gehört das „Duzen“ der Gäste dazu: „Das
Bemühungen zur Verschönerung der Stadt          paar gemütliche Sessel. Inhaber, Konzept        akzeptieren auch die Bänker.“ Etwas traurig
und zur Steigerung der Lebensqualität sind      und Angebot sind ausgesprochen jung. Die        sind die Jungunternehmer, weil ihr Wunsch,
sichtbar: Restaurants, Cafés und Bistros mit    beiden Unternehmensgründer Janik Kiese-         auch eine Terrasse über dem Fluss zu be-
attraktiver Außengastronomie haben das          wetter, gelernter Einzelhandelskaufmann,        kommen, nicht erfüllt wurde: „Wir hätten
Flair der Stadt verändert. Die Terrassenplät-   und Henning Oelmann, gelernter Koch, sind       das auch finanziert.“ Zufrieden sind sie
ze des „Cafés Extrablatt“ am Siegufer waren     25 beziehungsweise 35 Jahre alt. Unter-         dennoch: „Wir haben Spaß. Und Siegen
sogar zu Zeiten des                                                  stützt werden sie von      braucht solche coolen Läden.“
heftigsten Baulärms                                                  Louis Kiesewetter (21),
und angesichts des       „Siegen hat auf jeden                       Student der Betriebs-      Hans-Wilhelm Fuchs, Geschäftsmann und
Bauzauns beim klein-
sten Sonnenschein be-
                            Fall gewonnen“                           wirtschaft an der Uni-
                                                                     versität Siegen. „Wir
                                                                                                langjähriger Vorsitzender des ehemaligen
                                                                                                Informationsringes sowie des Einzelhan-
setzt. Vor den Trendlo-                                              haben in Siegen eine       delsausschusses der IHK Siegen, beobachtet
kalen „Naschwerk“ und „Bar/Celona“ oder         Marktlücke für unser Konzept gesehen –          die Entwicklung der Innenstadt seit vielen
den Eiscafés und Cafés rund um den Bahn-        und wir hatten die Option, dass die Innen-      Jahren. Was er heute sieht, gefällt ihm:
hofsvorplatz bleibt kaum ein Stuhl frei –       stadt schöner wird“, erklärt Janik Kiesewet-    „Siegen hat auf jeden Fall gewonnen.“ Für
trotz des Busverkehrs. Wer durch die Bahn-      ter. „Gastronomie an Gewässern ist meis-        ihn begann die Erneuerung der Innenstadt
hofstraße bummelt, geht auf frisch geleg-       tens erfolgreich“, ergänzt sein Bruder          mit dem Bau der „City-Galerie“. Hans-Wil-
tem Pflaster und verweilt vielleicht am         Louis. Die drei jungen Siegener haben ihr       helm Fuchs fürchtete nach der Schließung
zehn Meter langen Wasserspiel.                  ureigenes Konzept gemeinsam entwickelt.         des Kaufhofs im Jahr 1994, dass nicht nur
                                                Henning Oelmann: „Uns gibt es nur hier.         die Oberstadt, sondern das Oberzentrum
Im neuen Stil präsentiert sich auch die         Wir haben uns selbst erfunden.“ Er selbst       insgesamt viel Kaufkraft verlieren würde.
frühere Hauptverkehrsader der Stadt, die        hat im Hilchenbacher „Siebelnhof“ gelernt       Sein Fazit: „Wir brauchen eine Mall.“ 1995
Sandstraße. Breite, neu gepflasterte Bür-       und unter anderem in St. Moritz sowie als       habe der Investor, die ECE-Gruppe aus
gersteige, davor Parkbuchten und neu ge-        Küchenchef im Siegener „Restaurant Bar“         Hamburg, ihr Interesse am Standort Siegen
pflanzte Bäume. Hier entsteht gerade eine       Erfahrungen gesammelt. Alle drei waren          signalisiert. Er selbst habe damals bei den
neue Einkaufsmeile. Schicke Boutiquen mit       sich einig: Sie wollten ein Fast-Food-Res-      Geschäftsleuten für die Idee, eine Mall nach
besonderen Mode-Akzenten laden zum              taurant der „gesunden“ und nachhaltigen         Siegen zu holen, geworben. Die 1998 er-
Schaufensterbummel ein. Dazu moderne            Art aufmachen. Das Credo: „Alles soll frisch    öffnete „City-Galerie“ ist seiner Meinung
Shops für frische Back- und Fleischwaren.       sein.“ Ob Salatsaucen, Suppen, Brotaufstri-     nach nicht die Ursache für die Probleme der
Eines der neuen gastronomischen Angebote        che oder der „Frozen Joghurt“ – alles wird      Oberstadt in den vergangenen Jahren. Die
heißt „Picknicker“ und liegt zwischen Sieg      direkt zubereitet. Nach den ersten Monaten      Familie Fuchs ist ein gutes Beispiel dafür,
und Sandstraße. Vor dem Restaurant ein          ziehen die „Picknicker“ eine positive Bilanz:   dass sich beides ergänzen kann: Sie führte
schmaler Streifen für die Außengastrono-        „Wir haben schon Stammkunden.“ Die Gäs-         das traditionsreiche Optik-Fachgeschäft in
mie, dahinter - entlang des Siegufers am        te sind gemischt. Studenten und Schüler –       der Oberstadt, in das sie mehrfach kräftig
Kunstweg - eine lange Bank sowie Tische         oft mit Eltern und Großeltern –, aber auch      investiert hat, weiter. Außerdem eröffnete

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Siegen: Eine Stadt erfindet sich neu Der kurze Draht zum Kunden - 24 E.biz: Austausch per Mausklick - IHK-Siegen
Heinjochen Fuchs in der City-Galerie einen     sieger Mues (CDU) konnte die Zweifler im       zum bundesweit viel beachteten Museum
Brillen-Shop. Mittlerweile hat er auch das     Rat schließlich mit der Tatsache überzeugen,   für Gegenwartskunst durch den Star-Archi-
Stammgeschäft am Markt von seinem Vater        dass eine Sanierung des Bauwerks teurer        tekten Prof. Josef P. Kleihues. „Das war ein
Steffen und dem Onkel Hans-Wilhelm             werden würde als der Abriss und die Neuge-     Quantensprung in Sachen Kultur“, lobt
übernommen. Er hofft, dass die Oberstadt       staltung des Siegufers.                                             Steffen Mues beim
durch die komplette Neugestaltung der          Nach und nach setzte                                                Blick zurück. Das
Kölner Straße wieder attraktiver wird – und    sich die Überzeugung       HTS ist und bleibt                       „Apollo-Theater“, seit
dass die Studenten, die in das Untere
Schloss einziehen, diese neu beleben: „Für
                                               durch, dass man auch
                                               die Umgebung einbe-
                                                                           unverzichtbar                           den 50er Jahren ein
                                                                                                                   Sehnsuchtsort der Sie-
studentische Angebote ist die Kölner Straße    ziehen müsse. Auch                                                  gener, und die Sanie-
ideal.“ Überhaupt verspricht er sich durch     die Industrie- und Handelskammer Siegen        rung der Siegerlandhalle waren weitere
die Erneuerung der Innenstadt nur positive     forderte damals, „die Wirkung dieser Maß-      Pluspunkte im kulturellen Stadtbild. Die Ci-
Effekte für den Einzelhandel: „Je schöner      nahmen“ auf die Innenstadt sorgfältig ab-      ty-Galerie, das Sieg-Carré und der Umbau
eine Stadt ist, desto lieber geht man dort-    zustimmen. Dieser Bereich sei städtebaulich    des Bahnhofvorplatzes zum Zentralen Om-
hin. Und wer in Bummelstimmung ist, kauft      einer der sensibelsten, weil er die wichtige   nibusbahnhof veränderten das Bahnhofs-
auch gerne.“                                   Scharnierfunktion zwischen Ober- und Un-       viertel komplett und machten es zum Ein-
                                               terstadt bilde. Das „Regionale“-Programm       kaufsmagneten. Ein Hingucker ist die
Das „Lifting“ der Stadt fällt vor allem Leu-   des Landes NRW machte die Realisierung         sanierte Stadtmauer im Bereich des Kölner
ten auf, die lange nicht hier waren. Siegens   des „Zu neuen Ufern“-Projektes schließlich     Tors geworden – und auch die benachbarte
Bürgermeister Steffen Mues lädt abwech-        möglich: Rund 20 Millionen Euro wurden         Kölner Straße bekommt gerade eine Pflas-
selnd mit Stadtbaurat Michael Stojan und       investiert, davon trug die Stadt 3,5 Millio-   terkur. Nach der Verschönerung von Bahn-
einer Stadtführerin der Gesellschaft für       nen Euro.                                      hofstraße und Sandstraße sind jetzt der
Stadtmarketing (GSS) zu „Baustellen-                                                          künftige „Gebrüder-Busch-Boulevard“ und
führungen“ ein - 60 hat er bereits hinter      Für Steffen Mues begann die positive Ent-      die Fürst-Johann-Moritz-Straße an der
sich. Oft melden sich die Teilnehmer von       wicklung der Stadt allerdings bereits mit      Reihe. Im Gespräch ist auch eine dringend
Klassentreffen an. Seine Erfahrung: „Wer       der Sanierung der Siegener Altstadt sowie      notwendige neue Fassade für den „Herren-
Siegen 20 Jahre nicht gesehen hat, traut       der Verbannung des „Autoblechs“ vom Hof        garten“.
seinen Augen nicht.“ Dabei war der Weg         des Unteren Schlosses und dessen Umwand-
zu den neuen Ufern keineswegs einfach.         lung in einen Multifunktionsplatz. In der      Ein Großprojekt hat die Stadt optisch für
Lange Zeit war die „Siegplatte“ ein Politi-    Bürgerschaft habe sich damals bereits eine     alle Zeiten geteilt – die Hüttentalstraße.
kum. Hauptargument der Abrissgegner in         Aufbruch-Stimmung angedeutet: „Das Ge-         Das graue Band aus Beton, das sich zum
der Geschäftswelt und auch im Siegener         fühl der Siegener für ihre Stadt hatte sich    Teil als Hochstraße durch das Siegtal zieht,
Rat: der Verlust von 140 innerstädtischen      geändert.“ Projekt um Projekt krempelte        ist ein reiner Zweckbau, an dessen Anblick
Parkplätzen. Die Fraktion von Bündnis          man in den Jahren um die Jahrtausendwen-       sich auch heute noch mancher Ästhet nicht
90/Die Grünen versuchte lange Zeit ver-        de das Stadtbild um. Der Bürgermeister         gewöhnt hat. Für Bürgermeister Steffen
geblich, den Abriss im Rat durchzusetzen.      nennt unter anderem den Neubau Reich-          Mues ist die HTS jedoch „ein Glücksfall für
SPD-Bürgermeisterkandidat Detlev Rujans-       waldsecke mit dem Superkino „CineStar“         die Stadt“: „Sie ist nicht schön, aber un-
ki machte ihn zum Wahlkampfthema. Wahl-        und den Umbau des alten Fernmeldeamtes         verzichtbar.“ Ohne die Schnellstraße, die

  Hans-Wilhelm Fuchs (li.), Geschäftsmann und langjähriger Vorsitzender des ehemaligen Informationsringes sowie des IHK-Einzel-
  handelsausschusses, beobachtet die Entwicklung der Innenstadt seit vielen Jahren. Mit im Bild: Heinjochen Fuchs.

                   REPORT   8/16                                                                                                        5
Siegen: Eine Stadt erfindet sich neu Der kurze Draht zum Kunden - 24 E.biz: Austausch per Mausklick - IHK-Siegen
demnächst auch die südlichen Stadtteile        und gleichartig wieder aufgebaut.“ Wer         Jugendherberge entstehen. Dem Park am
anbinden wird, hätte man den Lkw-Verkehr       beim Gang von der Unter- in die Oberstadt      Oberen Schloss sowie dem Bertramsplatz
nicht aus der Innenstadt verbannen kön-        bewusst die Gebäude entlang der Kölner         und dem Weiß-Flickschen Grundstück
nen. Die Verwandlung Siegens ist – so der      Straße oder „Am Markt“ in Augenschein          verordnen die Stadtplaner eine Auffri-
Bürgermeister – „ein wichtiger weicher         nimmt, kann dies nachvollziehen: Schmale       schungskur. Grund: „Wir wollen Leute in
Standortfaktor“, der auch der Wirtschaft       Häuser, steile, schiefergedeckte Dächer mit    die Stadt holen. Wir brauchen attraktive
zugutekommt. Auch für Stadtbaurat Mi-          Gauben sowie symmetrisch angelegte hohe        Grünflächen.“ Dazu könnte eine Landes-
chael Stojan, seit 2009 im Amt, ist die Auf-   Fenster. Diese Qualität müsse erhalten         gartenschau in Siegen beitragen. Eine
enthaltsqualität für die Bewertung einer       bleiben – und dafür soll die Gestaltungs-      Machbarkeitsstudie ist bereits in Vorberei-
Stadt „ein anerkannter Maßstab“: „Davon        satzung sorgen. Aufdringliche Werbean-         tung: „Wenn wir uns bewerben, haben wir
haben wir in den letzten Jahren viel er-       lagen, knallige Hausfassaden, Schmuddel-       gute Chancen.“
reicht.“ Der gebürtige Bochumer, der früher    ecken mit Mülleimer-Tristesse sollen künftig
unter anderem in Potsdam tätig war, ging       aus dem Stadtbild verschwinden. Dafür          Doch nicht nur die Innenstadt, auch die
mit einem Leitsatz an den Start: „Siegen –     wollen die Stadtplaner mehr Grün und für       Stadtteile haben die Stadtplaner im Visier.
jeden Tag ein bisschen schöner.“ Dies funk-    die Kinder mehr Spielmöglichkeiten hinein-     Was in Eiserfeld nach jahrzehntelangen ver-
tioniert seiner Meinung nur, wenn die Bür-     holen. Jetzt schon hat                                                geblichen Bemühungen
ger mitziehen. Deshalb initiierte er 2010      die Stadt das Folgepro-                                               jetzt als Kooperations-
die Aktion „Stadtbildoffensive – gemein-       gramm von „Siegen –        Attraktivität des                          projekt von „Rundem
sam für eine schöne Stadt“. In einer „Bür-
gerwerkstatt“ wurden mit der Verwaltung
                                               zu neuen Ufern“ bean-
                                               tragt. Das Volumen be-
                                                                        Standorts ist wichtig                        Tisch“ und Stadtver-
                                                                                                                     waltung gelungen ist,
Vorschläge für eine schönere Stadt ent-        trägt rund 23 Millionen                                               soll auch den anderen
wickelt. Auf dieser Grundlage verfassten die   Euro – mehr als die „neue“ Innenstadt bis-     Stadtteilen zugutekommen: eine Verbesse-
Stadtplaner den „Gestaltungskompass Sie-       her gekostet hat (70 Prozent davon sind        rung des Ortsbildes und der Lebensqualität.
gen – eine Orientierungshilfe für Neubau-,     allerdings Zuschussmittel). Das Geld soll      Unverzichtbar sei dabei das Engagement
Sanierungs- und Umbaumaßnahmen“ und            unter anderem in attraktive Grün-, Spiel-      der Bürger – nach dem Motto „gemeinsam
schließlich die verbindliche „Gestaltungs-     und Erholungsräume investiert werden. Ein      aktiv für eine schönere Stadt“. Mittlerweile
und Erhaltungssatzung“. Sie umfasst „die       Punkt ist die Sanierung der kompletten         hätten unter anderem Eisern, Trupbach und
örtlichen Bauvorschriften für die Siegener     Stadtmauer. Michael Stojan: „Welche Groß-      Feuersbach ihre Bereitschaft zur Mitarbeit
Innenstadt“.                                   stadt hat in Deutschland noch eine zwei Ki-    signalisiert. „Die städtebauliche Attrakti-
                                               lometer lange intakte Stadtmauer?“ Ein wei-    vität ist ein zentraler Faktor, um Menschen
Im Zentrum steht für den Baudezernenten        teres Lieblingsprojekt des Stadtbaurats ist    in die Stadt zu holen und sie hier zu halten“,
die Erkenntnis, dass die Innenstadt „eine      die Umgestaltung des Siegbergs von der         sagt Astrid Schneider, Geschäftsführerin
hochwertige Substanz besitzt“. Michael         „Himmelsleiter“ bis zum „Dicken Turm“. Hier    der Siegener Gesellschaft für Stadtmarke-
Stojan ist sogar überzeugt, dass Siegen un-    wünscht er sich einen Wanderweg sowie          ting (GSS). Diese habe immer wieder darauf
ter den im Krieg besonders stark zerstörten    „Abenteuerraum“ für Kinder und Jugendliche.    hingewiesen, dass das Stadtbild sowohl von
Städten Deutschlands eine herausragende                                                       der Bevölkerung als auch von Außenste-
Stellung einnimmt: „Die Häuser wurden in       Ein großer, attraktiver Spiel- und Naherho-    henden negativ gesehen werde. Das habe
den 50er Jahren in der Fläche harmonisch       lungsbereich soll an der Stelle der früheren   sich gründlich geändert: „2013/2014 wurde

Ulf Lück, Chef der Werbeagentur „Conception“, wollte unbedingt am Standort Siegen bleiben. Bei der Suche nach einem Grundstück für
das neue Agenturgebäude kam das Gewerbegebiet Martinshardt/Leimbachtal in die engere Wahl.

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Siegen: Eine Stadt erfindet sich neu Der kurze Draht zum Kunden - 24 E.biz: Austausch per Mausklick - IHK-Siegen
Die Sanierung der Siegerlandhalle war ein
weiterer Pluspunkt im kulturellen Stadtbild.

Siegen einer von 100 ausgezeichneten Or-       del. Durch den enorm gestiegenen Erleb-         mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Sie-
ten im ‚Land der Ideen‘ und holte hier         nischarakter und die neue Aufenthaltsqua-       gen erschien uns die Option immer reiz-
zusätzlich den Publikumspreis. Und 2015        lität in der Innenstadt könne sich der örtli-   voller, zumal wir als Agentur mit vielen
gewann die Stadt im renommierten Wett-         che Einzelhandel behaupten.                     Industriekunden die Nähe zur Industrie
bewerb ,Westfalensprung‘ des Landschafts-                                                      schätzen.“ Eigentlich seien Dienstleister in
verbandes Westfalen-Lippe.“ Astrid Schnei-     Dass auch Gewerbegebiete dem Stadtbild          dem neuen Gewerbegebiet nicht vorgese-
der: „Siegen ist durch das Projekt ,Zu neuen   guttun können, zeigen die eindrucksvollen       hen gewesen, erinnert sich Ulf Lück. „Aber
Ufern‘ zum Begriff geworden.“ Nun sei es       Gebäude, die zum Beispiel im Bereich der        durch unser innovatives und repräsentati-
die zentrale Aufgabe der GSS, „die schöne      Oberen Leimbachstraße entstanden sind.          ves Gebäudekonzept, das nicht zuletzt auch
Innenstadt zu bespielen“. Das passiert zum     Sie tragen zweifellos zu einer attraktiven      einem attraktiven Stadtbild dient, konnten
Beispiel am ersten Septemberwochenende         Eingangssituation bei – wie die Neubauten       wir den Stadtrat überzeugen.“ Der Agen-
beim Stadtfest: „ Dann werden die neu ge-      von „Hees Bürowelt“ oder „Conception“. Ulf      turchef ist überzeugt, dass die Attraktivität
stalteten Räume in Szene gesetzt.“ Die Ver-    Lück, Chef der Werbeagentur „Conception“,       eines Standorts für ein Unternehmen enorm
änderungen vor allem in der Innenstadt         wollte unbedingt am Standort Siegen blei-       wichtig ist: „Zum Beispiel für die Mitarbei-
waren nach Überzeugung der GSS-Ge-             ben. Bei der Suche nach einem Grundstück        tergewinnung.“ Allerdings würden auch
schäftsführerin vor allem für den Einzel-      für das neue Agenturgebäude kam das Ge-         Faktoren wie kulturelle Angebote, Freizeit-
handel dringend notwendig – als Rezept         werbegebiet Martinshardt/Leimbachtal in         möglichkeiten, Immobilienpreise sowie Ar-
gegen den stetig wachsenden Online-Han-        die engere Wahl: „Durch die guten Gespräche     beitsmarkt und Infrastruktur zählen.       bw

Immer gerne besucht: Das Museum für Gegenwartskunst – entstanden aus dem alten Fernmeldeamt und umgebaut durch den Star-
Architekten Prof. Josef P. Kleihues.

                   REPORT   8/16                                                                                                          7
Siegen: Eine Stadt erfindet sich neu Der kurze Draht zum Kunden - 24 E.biz: Austausch per Mausklick - IHK-Siegen
Hildegard Schröteler-von Brandt:
„Es hat sich viel getan“
In Siegen hat sich viel getan. Im Gespräch   barkeit des Flusses sehr zu begünstigen.       gagement immer wieder neu an die Chan-
mit dem WIRTSCHAFTSREPORT warf Prof.         In der kommenden schönen Jahreszeit            cen erinnert hat, die ein Abriss der Sieg-
Dr.-Ing. Hildegard Schröteler-von Brandt,    werden wir hier sicherlich eine ganz neue      platte eröffnet. Das Thema ist so langsam
Lehrstuhl für Städtebau im Department        Stadt-Benutzung erleben.                       in das öffentliche Bewusstsein gerückt;
Architektur der Universität Siegen, einen                                                   ein aus meiner Sicht großer Verdienst des
Blick auf die Krönchenstadt und schildert    Gibt es etwas, was Sie sich anders ge-         hiesigen Architekturfachbereiches und der
ihre Sicht der Dinge.                        wünscht hätten?                                Kollegen. Die Tatsache, dass durch die
                                             Ich hätte mir die Fußgängerbrücke anders       historisch wohl einmalige Situation einer
Wie gefällt Ihnen die „neue” Siegener        gewünscht und lieber den preisgekrönten        Finanzierung im Rahmen der REGIONA-
Innenstadt?                                  Entwurf umgesetzt gesehen, der viel ele-       LEN 2013 Südwestfalen das Projekt „Sie-
Ich denke, Sie beziehen Ihre Frage auf       ganter und mit deutlicherer Leichtigkeit       gen zu neuen Ufern“ auch umgesetzt
den Bereich „Siegen zu neuen Ufern“. Ich     eine Überspannung der Sieg ohne den            werden konnte, baute sicherlich auf all
finde die Lösung sehr gut gelungen und       mittleren Pfeiler vorsah.                      den positiven Überlegungen im Vorfeld
glaube, dass die Innenstadt hierdurch an                                                    auf.
Attraktivität gewinnen wird. Insbesondere    Wie hat die Universität zur Bewusst-
wenn nun auch noch die Aufwertung der        seinsbildung für ein schöneres Siegen          Ist die Umgestaltung der Stadt ein
entsprechenden Randnutzungen wie im          beigetragen?                                   Thema für die Lehre?
Bereich des Herrengartens erfolgen würde.    Die Universität Siegen hat vor allem durch     Die Umgestaltung und Attraktivitätsstei-
                                             meinen Kollegen Prof. Bernd Borghoff jah-      gerung der Stadt Siegen durch architek-
Was ist in Ihren Augen besonders gut         relang immer wieder die Gestaltungschan-       tonische und städtebauliche Projekte ist
gelungen?                                    cen durch den Abriss der Siegplatte in der     ein Thema, welches das Department Ar-
Besonders überzeugen mich die klare bau-     Stadtöffentlichkeit, den politischen Gremi-    chitektur immer wieder aufgreift. Nahezu
liche Fassung der Uferkante und die Mög-     en oder dem Gestaltungsbeirat vorgetragen      durchgängig werden für die Bearbeitung
lichkeit, über die Sitzstufen die Nähe zum   und im Rahmen vieler Studienprojekte Ent-      der Bachelor- und Masterarbeiten lokale
Wasser herzustellen und damit die Erleb-     würfe aufgezeigt. Ich denke, dass dieses En-   Themen herausgegeben; zusätzlich natür-
                                                                                            lich auch viele andere Themenstellungen
                                                                                            aus der Region Südwestfalen.

                                                                                            Was könnte in naher Zukunft das
                                                                                            gesamte Stadtbild attraktiver machen?
                                                                                            Zum einen glaube ich, dass das Thema
                                                                                            „Uni in die Stadt“ und die mögliche Wei-
                                                                                            terentwicklung von Universitätsstandor-
                                                                                            ten in der Kernstadt eine große Chance
                                                                                            für die Stadtentwicklung darstellt, wenn
                                                                                            diese zudem genutzt wird, um insgesamt
                                                                                            die städtebauliche Qualität zu steigern.
                                                                                            Zum anderen kann ich mir vorstellen, dass
                                                                                            wir uns in der Stadt mehr den Ortskernen
                                                                                            zuwenden sollten, um hier Identifikati-
                                                                                            onspunkte und örtliche Besonderheiten
                                                                                            weiterzuentwickeln und die städtebauli-
                                                                                            che Qualität zu verbessern: Das reicht von
                                                                                            der Leerstandvermeidung, der Grün- und
                                                                                            Freiraumgestaltung bis zur baulichen
                                                                                            Ausgestaltung der Ortskerne und deren
                                                                                            Weiterentwicklung. Dies ist nicht im Sinne
                                                                                            einer Historisierung, sondern einer zeit-
                                                                                            gemäßen Weiterentwicklung zu verste-
                                                                                            hen, bei der qualitätsvolle Meilensteine
                                                                                            für die alten Ortskerne herausgearbeitet
                                                                                            werden.

                                                                    Eine neue Brücke überspannt die Wasserfläche der Sieg und auch
                                                                    dem Umfeld wurde eine Schönheitskur verordnet.

                                                                                                                          REPORT   8/16
Aktuell

IHK-Konjunkturumfrage
Nachlassende wirtschaftliche Dynamik
„Über alle Unternehmen hinweg                                                                        tiver wird der zurückliegende Export
werden sowohl die aktuelle Ge-                                                                       in die EU und nach Nordamerika
schäftslage als auch die Erwartun-                                                                   eingeschätzt. Hier erhof-fen sich die
gen für die kommenden Monate                                                                         Betriebe auch künftig gute Export-
ungünstiger eingestuft als zu Jah-                                                                   chancen. Im geringeren Maße gilt
resbeginn. Der Konjunkturklimain-                                                                    das ebenso für den Iran.
dex fällt von 117 auf 112 Punkte.
Das ist zwar keine Katastrophe.                                                                      Fast jeder dritte Industriebetrieb
Auch vollzieht sich der Rückgang                                                                     beschreibt seine Lage als gut, 17
von hohem Niveau aus. Dennoch                                                                        Prozent als schlecht. Knapp jeder
fühlt sich eine beschwingte Kon-                                                                     Zweite ist zu über 85 Prozent aus-
junktur anders an.“ Mit diesen Wor-                                                                  gelastet. Die Auftragseingänge wer-
ten fasste IHK-Präsident Felix G.                                                                    den zwar besser eingestuft als zum
Hensel die Ergebnisse der aktuellen                                                                  Jahresanfang, allerdings gibt es
Konjunkturumfrage der Siegener In-                                                                   weiter relativ viele Firmen mit fal-
dustrie- und Handelskammer zu-                                                                       lenden Tendenzen. Die regionalen
sammen, an der sich rund 250 Un-                                                                     Industrieumsätze in den beiden
                                        „Über alle Unternehmen hinweg werden sowohl die aktuelle Kreisen gingen bis April 2016 ge-
ternehmen aus Industrie, Handel         Geschäftslage als auch die Erwartungen für die kommenden genüber dem Vorjahreszeitraum um
und Dienstleistungen beteiligten.       Monate ungünstiger eingestuft als zu Jahresbeginn.           5,5 Prozent zurück. Vor allem die
Dabei verfestigen sich die gespalte-                                                                 Branchen nahe an Eisen und Stahl
nen Einschätzungen der wirtschaftlichen schen übrig. Das gilt insbesondere für den verzeichneten Einbußen. Die Geschäfte der
Lage zusehends. Den Unternehmen in Olpe Siegener Kernraum mit seinen Schwerge- Automobilzulieferer laufen deutlich besser.
und Wittgenstein geht es verhältnismäßig wichten nahe an Eisen und Stahl, so Felix Unter dem Strich blickt die gesamte Indu-
gut, insbesondere die Industrieunterneh- G. Hensel: „Die Industrieumsätze in Olpe strie der Region vorsichtiger nach vorne als
men im Kernraum des Siegerlandes sehen bewegen sich ziemlich exakt auf Vorjahres- zu Jahresbeginn: Nur 17 Prozent der Firmen
sich derzeit jedoch erheblichen Turbulenzen niveau, in Siegen-Wittgenstein sind sie in erwarten Steigerungen, genauso viele be-
ausgesetzt, ergänzt IHK-Hauptgeschäfts- den ersten vier Monaten des Jahres 2016 fürchten Rückgänge. Immerhin zwei Drittel
führer Klaus Gräbener: „Überkapazitäten um 9,3 Prozent gefallen. Dies bietet wahr- sehen einen stabilen Verlauf. Mehr als die
auf den Stahlmärkten, die kriegerischen lich keinen Grund zum Jubeln. Das spüren Hälfte der Bauunternehmen meldet eine
Auseinandersetzungen im Nahen Osten, ein auch die produktionsnahen Großhändler in gute Lage. Zwei Drittel sind zu über 85 Pro-
nach wie vor zu niedriger Ölpreis, Fachkräf- der Region. Besser sieht es jedoch beim zent ausgelastet. Der regionale Bauumsatz
teengpässe und die Digitalisierung. An Her- Bau, im Einzelhandel und bei den Dienstlei- im ersten Quartal 2016 ist gegenüber dem
ausforderungen mangelt es der heimischen stungen aus.“                                        guten Vorjahresergebnis noch einmal um
Wirtschaft derzeit wahrlich nicht. Und jetzt Positive Konjunkturimpulse gehen derzeit ein Prozent gestiegen. Im gewerblichen
auch noch der Brexit. Da macht ein leichter eher vom Konsum und der Binnennachfrage Hochbau gab es ein Plus von 12,3 Prozent.
Tritt auf die Euphoriebremse durchaus aus als vom Export. Nach wie vor niedrige Wegen des milden Winters kam es zu vielen
Sinn.“                                          Öl- und Benzinpreise, die Preisstabilität so- Vorzieheffekten. Auf weitere Zuwächse set-
Über alle Branchen hinweg erwarte die IHK wie die historisch niedrigen Zinsen wirken zen daher nur noch elf Prozent der Baube-
zwar in den kommenden Monaten nach wie zudem stimulierend. Sorgen bereiten den triebe, ebenso viele erwarten einen ungün-
vor eine robuste wirtschaftliche Lage. Da- Firmen nach wie vor die geopolitischen Kri- stigeren Verlauf. Drei Viertel bauen auf
bei sei jedoch zu beachten, dass sich die sen und die insgesamt schwächelnde Welt- anhaltend gute Geschäfte. Über ein Drittel
rückläufigen Erwartungen im Kreis Olpe wirtschaft. Die Brexit-Entscheidung inten- der Einzelhändler schätzt die Lage als gut
auf deutlich höherem Niveau vollzögen als siviert die gegebenen Unsicherheiten noch. ein, nur neun Prozent als schlecht. Der
in Siegen-Wittgenstein. Im industriellen Klaus Gräbener: „Gefragt nach den Aus- Großteil der Betriebe meldet saisonübliche
Kernraum des Siegerlandes rechne man landsregionen mit fallenden Exporttenden- bis kauffreudige Kundennachfrage. Fast ein
kurzfristig nicht mit einer durchgreifenden zen, nennen 64 Prozent der Betriebe vor al- Drittel registriert zwar Kaufzurückhaltung,
Verbesserung, sondern gehe bestenfalls von lem Russland und Ukraine, gefolgt vom das ist aber deutlich weniger als in den vor-
einer „Seitwärtsbewegung“ aus. Knapp ein Nahen Osten mit 32 Prozent. Das für viele angegangenen Umfragen. Der Konsum wird
Drittel aller Unternehmen geben derzeit ei- unserer Industriebetriebe wichtige Russ- weiter durch hohe Beschäftigung, steigen-
ne gute Lage an, vor einem halben Jahr wa- landgeschäft ist durch die politischen de Löhne, niedrige Öl- und Benzinpreise
ren es noch 38 Prozent. 13 Prozent schät- Spannungen, die dortige Rezession und den und geringe Zinsen angekurbelt. Fast ein
zen ihre Situation als schlecht ein. Fast ein schwachen Rubel in diesem Jahr weiter ein- Viertel der Einzelhandelsbetriebe setzt auf
Fünftel der Betriebe erwartet künftig Stei- gebrochen.“ Differenzierter ist die Situation Zuwächse, nur zwölf Prozent fürchten Ein-
gerungen. Anfang des Jahres sagten das 26 auf den chinesischen Märkten zu beurtei- bußen. 23 Prozent der Großhändler ver-
Prozent. 14 Prozent blicken skeptisch nach len, betont IHK-Referatsleiter Stephan Jä- zeichnen eine gute Lage. Das sagte vor
vorne. In der Industrie werden zwar insge- ger: „Die Hälfte der nach China exportie- sechs Monaten noch fast die Hälfte der
samt passable Auslastungen registriert. renden Firmen wuchs dort zwar in den Branche. Vor allem die vielen produktions-
Aber nicht überall. Unter dem Strich lassen vergangenen Jahren, aber mehr als ein Vier- nahen Betriebe spüren die gestiegene Vor-
die regionalen Industrieumsätze zu wün- tel meldet auch Einbußen.“ Im Saldo posi- sicht in der Industrie.

                   REPORT   8/16                                                                                                        9
Aktuell

Route 57
Als eines von drei NRW-Projekten nachträglich in vordringlichen Bedarf
                                                 führer Klaus Gräbener. Wie wichtig eine gute
                                                 Erreichbarkeit über die Straße für Fachkräfte
                                                 ist, verdeutlichte Claudia Bikar, Bikar Metalle
                                                 GmbH: „Unsere Landschaft ist attraktiv, aber
                                                 nur, wenn sie gleichzeitig gut erreichbar ist!
                                                 Für die Gewinnung von Fachkräften ist man-
                                                 gelnde Erreichbarkeit fast ein K.o.-Kriterium!“
                                                 Fast 400 Beschäftigte zähle das Unterneh-
                                                 men. Die Hälfte arbeite inzwischen an einem
                                                 Standort außerhalb Nordrhein-Westfalens.
                                                 „Hätten wir diese Verkehrsprobleme nicht,
                                                 könnten diese Mitarbeiter auch hier arbei-
                                                 ten!“ Etwa 550 Mitarbeiter beschäftigt die
                                                 Erndtebrücker Eisenwerk GmbH & Co. KG an
Der ehemalige NRW-Verkehrsminister Oli-          ihrem Stammsitz, den etwa 100.000 Tonnen
ver Wittke MdB ist zuversichtlich für die        Stahl in Form von Rohren verlassen. „Im ab-        „Betriebe werden Wittgenstein verlassen,
Route 57.                                        gelaufenen Geschäftsjahr mussten wir bereits       wenn sich nichts ändert“, so Dirk Pöppel von
                                                 die Produktion von 20.000 Tonnen nach Cux-         derBSWBerleburgerSchaumstoffwerkGmbH.
Es sind wohl nur sehr wenige Verkehrsprojek-     haven auslagern. Die schlechten verkehrli-
te, für die eine Chance besteht, auf politi-     chen Rahmenbedingungen, insbesondere für           Hüfte erhalten haben und anschließend über
schem Wege nachträglich in den vordringli-       Schwertransporte, haben hierbei eine Rolle         zwei Stunden Fahrt nach Bad Berleburg auf
chen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes         gespielt.“, berichtete Logistikleiter Ingo Roth.   sich nehmen müssen.“ Gleiches gelte für die
gehoben zu werden. Dies ist Voraussetzung        Erst vor Kurzem hatte das Unternehmen den          Angehörigen, die einen Besuch abstatten
dafür, dass sie in absehbarer Zeit tatsächlich   neuen Produktionsstandort in Cuxhaven in           möchten. Derzeit seien rund 800 Mitarbeiter
verwirklicht werden. Die nordrhein-west-fä-      Betrieb genommen. Eckehard Hof, Geschäfts-         an den Standorten in Wittgenstein beschäf-
lischen Vertreter der CDU im Bundesverkehrs-     führer der Berge Bau GmbH & Co. KG, hob die        tigt. Viele interessierte Fachkräfte erteilten
ausschuss hätten sich auf drei Projekte ver-     Folgen der langen Anfahrtswege nach Siegen         inzwischen Absagen wegen der Verkehrsan-
ständigt, für deren Aufnahme in den              hervor: „Dadurch entstehen vergleichsweise         bindung, so Sucherlan. Auch die Auswirkun-
vordringlichen Bedarf sie kämpfen wollen,        hohe Kosten, die uns im Wettbewerb deutlich        gen auf die Umwelt wurden thematisiert: Ei-
betonte Oliver Wittke: „Die Route 57 gehört      benachteiligen!“ Man sei stolz darauf, mit         gene Berechnungen hätten gezeigt, dass die
dazu!“. Der Bundestagsabgeordnete und ehe-       vielen Zulieferern und anderen Betrieben aus       Verwirklichung der Route 57 Jahr für Jahr zur
malige NRW-Verkehrsminister war der Einla-       der Region zusammenzuarbeiten, unterstrich         erheblichen Verringerung des CO2-Ausstoßes
dung der IHK Siegen zu einem verkehrspoli-       Ralph Helsper von der SMS Group GmbH.              und zur Einsparung von mehreren hundert
tischen Gespräch mit Unternehmern,               Auch diese Partner litten unter der miserablen     tausend Litern Treibstoff beitragen würde, so
Betriebsräten, dem DGB und den heimischen        Verkehrsverbindung, die Produktionsprozesse        Dirk Pöppel: „Anders ausgedrückt: Die ökolo-
Abgeordneten nach Wittgenstein bei der           nachhaltig behindere und den Mitarbeitern          gische Verweigerungshaltung einiger Weni-
BSW Berleburger Schaumstoffwerk GmbH             das Leben schwer mache: „Wir wollen, dass          ger führt zu deutlichen Belastungen der Um-
(BSW) gefolgt. Vor Ort vermittelte Wittke Zu-    unsere Kinder und Enkel hier noch leben und        welt!“
versicht: Er halte es für „gut machbar“, dass    arbeiten können!“
                                                                                                    Nachdem man die Planungen für die Weiter-
die Ortsumgehungskette, die ja im bestehen-      Rund 80 LKW verlassen tagtäglich das Berle-        führung der A4 und die Ferndorf-Eder-Lahn-
den Bundesverkehrswegeplan enthalten ist,        burger Ejot-Logistikzentrum“, berichtete           Straße aufgegeben hätte, werde trotz der er-
am Ende auch in dessen Fortschreibung wie-       Winfried Schwarz, Geschäftsführer der Ejot         schlagenden Zahl an Argumenten von
der berücksichtigt werde, auch wenn der Ent-     GmbH & Co. KG. „Etwa die Hälfte von ihnen          interessierter Seite versucht, die dringend
wurf bislang etwas anderes sage. Die mehr        befährt anschließend die B62/B508 und wür-         notwendige Ortsumgehungskette zu verhin-
als 30 anwesenden Arbeitgeber- und Arbeit-       de daher von der Route 57 profitieren.“            dern, so der Tenor. Die Region habe sich mit
nehmervertreter machten deutlich, wie un-        Außerdem brauche das Unternehmen Fach-             Blick auf den Bundesverkehrswegeplan auf
zufrieden sie sind: Wittgenstein werde „ver-     kräfte auch aus dem Siegerland, aber für die       eine wesentliche Forderung konzentriert und
kehrspolitisch abgehängt“. Bad Berleburg sei     meisten sei der Fahrweg einfach zu weit.           hierfür eine „Koalition der Vernunft“ gebildet.
die landesweit am weitesten von der Auto-        „Täglich zwei Stunden Fahrzeit zusätzlich zur      „Damit ist der Boden bereitet, in Berlin eine
bahn entfernt liegende Stadt. „Wenn sich an      Arbeitszeit, das verschlechtert die Lebens-        Verständigung zu erreichen“, so Klaus Gräbe-
der Verkehrsanbindung nichts ändert, werden      qualität so sehr, dass sich viele überlegen, ob    ner. Wittke ließ keinen Zweifel: „Hier muss
Betriebe Wittgenstein ganz oder teilweise        sie das in Kauf nehmen sollen“, ergänzte Ejot-     politisch nachgebessert werden. Wittgen-
verlassen. Die Unternehmen suchen Erweite-       Betriebsratsvorsitzender Klaus-Dieter Zissel.      stein braucht eine leistungsfähige Anbindung
rungsoptionen außerhalb der Region“, unter-      Gravierende Probleme ergeben sich nicht nur        an die Autobahn. Das hat auch die Bevölke-
strich Gastgeber Dirk Pöppel, geschäfts-         für Industrie und Beschäftigte, sondern etwa       rung verdient, die in den Ortslagen lebt und
führender Gesellschafter von BSW.                auch für die Wittgensteiner Krankenhäuser.         tagtäglich den erheblichen Belastungen aus-
„Kein zukünftiges Drohszenario, sondern eine     Ute Sucherlan, Vorsitzende des Betriebsrates       gesetzt ist!“ Allerdings müsse anschließend
Entwicklung, die bereits seit einigen Jahren     der Helios Kliniken GmbH: „Für Patienten ist       auch das Land dabei helfen, dass zügig ge-
stattfindet“, erläuterte IHK-Hauptgeschäfts-     es abschreckend, wenn sie in Köln eine neue        plant wird.

10                                                                                                                                   REPORT   8/16
Aktuell

Effizienz
Energiedaten im Fokus der Unternehmer
Wer die Energieeffizienz im eigenen Un-
ternehmen verbessern will, muss wissen,
wie es um die eigenen Energieverbräuche
und -verluste steht. Dieser Tenor bildete
den roten Faden einer IHK-Infoveranstal-
tung, die gemeinsam mit der Effizienz-
Agentur NRW unter dem Titel „Energie-
daten im Fokus – erfolgreich messen,
erfassen, auswerten und steuern“ durch-
geführt wurde. In diesem Zusammenhang
stellte Dr. Gerhard Saller (Saller GmbH) die
Strategien zur Erhöhung der Energieeffi-
zienz vor, um dann auf die rechtlichen An-
forderungen an die Energiedatenerfassung
einzugehen. Dr. Hartmut Klein (Econius
GmbH) stellte anschließend die Vorteile        Die Energiedaten standen im Fokus einer Infoveranstaltung bei der IHK Siegen.
einer strukturierten messtechnischen Er-
fassung der Energiepfade im Betrieb vor.       müssen daher auch nutzstiftend sein“,         anderem faire Preise selbst berechnet wer-
Hierbei verwies er auf die Forderungen aus     ergänzte Dr. Tobias Schwartz (Qosit AG).      den „Diese Online-Anwendung kann der-
Gesetzen, Normen und Anspruchsgruppen,         „Schließlich gilt: Was ich messen kann,       zeit kostenfrei auf www.energysim.de ge-
Erwartungen der Betriebe, häufig anzu-         kann ich auch optimieren.“ Ein Tool, um die   nutzt werden“, so Hoffmann. Abschließend
treffende Randbedingungen und Auswege          Preistransparenz bei den Energiepreisen zu    berichtete Heiko Stötzel, Leiter Umwelt-
aus dem Dilemma „ein hochkomplexes             erlangen, stellte Dr. Alexander Hoffmann      /Arbeitsschutz & Gebäudemanagement,
Energiecontrolling“ aufstellen zu müssen.      (Statmath GmbH) vor. Mit dem Energie-         aus der Praxis vom Energiemanagement-
„Die Daten, die eingesammelt werden,           beratungstool „Energysim“ können unter        system der Firma Ejot.
Aktuell

Auszeichnung                                                                                        UKUS
Verdienstkreuz 1. Klasse für Klaus Th. Vetter                                                       Digitale Marktführerschaft
IHK-Ehrenpräsident Klaus Th. Vetter wurde                                                           Den Begriff „Digitalisierung“ und dessen
kürzlich eine besondere Ehrung zuteil: Im                                                           Relevanz für kleine und mittelständische
Auftrag des Bundespräsidenten bekam er                                                              Unternehmen (KMU) greifbar machen – so
aus den Händen von Ministerpräsidentin                                                              lautete das Ziel der dritten UKUS-Veran-
Hannelore Kraft in einer Feierstunde in Düs-                                                        staltung in diesem Jahr, zu der die IHK Sie-
seldorf das Verdienstkreuz 1. Klasse des Ver-                                                       gen und das Siegener Mittelstandsinstitut
dienstordens der Bundesrepublik Deutsch-                                                            (SMI) der Universität Siegen eingeladen
land verliehen. Grund genug für die IHK, im                                                         hatten. Die Relevanz des Begriffs „Digitali-
Rahmen eines kleinen Empfangs die Lei-                                                              sierung“ sei für viele Unternehmen oft nur
stungen von Klaus Th. Vetter zu würdigen.                                                           schwer einzuschätzen, betonte Walter
IHK-Präsident Felix G. Hensel betonte in sei-                                                       Schäfer vom Lehrstuhl für Wirtschaftsin-
ner Ansprache, dass sich Klaus Vetter als er-                                                       formatik der Universität Siegen. Sein Vor-
folgreicher Unternehmer, sympathischer                                                              trag „Digitalisierung – Eine Herausforde-
Botschafter der heimischen Wirtschaft und                                                           rung für KMU“ unterstrich die Bedeutung
vielfältig engagierter Bürger für die Region                                                        des Begriffes für KMU und legte dar, wie
mehr als verdient gemacht habe: „Es ist                                                             diese bei der Einführung digitaler Prozesse
nicht möglich, dieses Lebenswerk tatsäch-                                                           vorgehen können. „Der Begriff ‚Digitali-
lich in diesem kleinen Rahmen umfassend                                                             sierung‘ gewinnt für die mittelständisch
zu würdigen.“ Landrat Andreas Müller dank-        Hannelore Kraft überreichte Klaus Th. Vetter      geprägte Wirtschaft enorm an Bedeutung,
te Vetter insbesondere für seine leiden-          das Verdienstkreuz 1. Klasse.                     jedoch ist die Situation für KMU im
schaftliche Unterstützung von Kunst, Sport,                                                         Gegensatz zu größeren Unternehmen eine
Kultur, beruflicher Bildung und sozialem En-      Instrument, die Wirtschaft in der Region          völlig andere“, stellte Schäfer heraus. Vor
gagement im gesamten Kreisgebiet.                 aktiv mit zu gestalten.                           dem Hintergrund sich wandelnder Anfor-
Klaus Th. Vetter war von 2008 bis 2014 Prä-       Klaus Th. Vetter brachte sich über Jahr-          derungen durch veränderte Kommunikati-
sident der IHK Siegen. Er gehörte 20 Jahre        zehnte hinweg in weiteren gesellschaft-           onsstrukturen seien KMU gezwungen, ihre
lang (1994 – 2014) der Vollversammlung            lichen Feldern ein, etwa als Unterneh-            Prozesse und Produkte zu standardisieren,
an und engagierte sich insbesondere für die       menspate für Existenzgründer oder als             um flexibel auf Kundenwünsche reagieren
Ausbildung junger Menschen. Vetter gehör-         Gründungs- und Vorstandsmitglied des              zu können, denn „der Kunde verlangt Vari-
te zu den Gründungsmitgliedern und zum            Initiativkreises Apollo-Theater Siegen. Dar-      anz.“ Eine Umfrage des Branchenverbands
Gründungsvorstand des Berufsbildungs-             über hinaus beteiligt er sich an der Ortsver-     Bitkom ergab, dass sich Unternehmen von
zentrums (bbz) der IHK Siegen, seit 2008 ist      schönerung seines Geburtsortes Siegen-Ei-         Industrie 4.0 neben einer Erhöhung der Ka-
er dort erneut im Vorstand tätig. Auch für        serfeld, bei der „Bürgerstiftung Wilnsdorf“       pazitätsauslastung eine schnellere Umset-
das „Haus der Berufsvorbereitung“ setzte          und bei weiteren sozialen Einrichtungen im        zung von Kundenwünschen erhoffen, eben-
er sich intensiv ein. Zudem brachte er sei-       Kreis Siegen. In ihrer Laudatio für Vetter        so spielen Kostensenkungen in der
nen Sachverstand in zahlreichen Ausschüs-         hob Ministerpräsidentin Hannelore Kraft           Produktion und beim Personal eine Rolle.
sen der IHK und über 20 Jahre als ehren-          insbesondere die Südwestfalen-Initiative          Interessant sei es laut Schäfer, dass nur we-
amtlicher Handelsrichter am Landgericht           hervor, die Klaus Vetter mitgestaltet hat.        nige Unternehmer (14 Prozent) im Zuge von
Siegen ein. Ehrenamt war und ist für ihn          O-Ton: „Sie, Herr Vetter, haben mir die Be-       Industrie 4.0 neue Geschäftsmodelle ent-
Ehrensache und zugleich das wesentliche           deutung Südwestfalens nähergebracht!“             wickeln wollen und viele nicht bereit seien,
                                                                                                    viel Geld auszugeben. „Digitale Marktfüh-
                                                                                                    rerschaft gibt es nicht zum Spartarif“, so
                                                                                                    Schäfer. Wer auch zukünftig erfolgreich
                                                                                                    sein wolle, müsse in die Digitalisierung in-
                                                                                                    vestieren – allerdings in sukzessiver Art und
                                                                                                    Weise. Als Ziel der Digitalisierung in KMU
                                                                                                    nannte Schäfer die Schaffung von Wert-
                                                                                                    schöpfungsnetzwerken durch verschiedene
                                                                                                    Maßnahmen. Abschließender Ratschlag an
                                                                                                    KMU: Produktion in Teilschritten digitali-
                                                                                                    sieren und funktionales Wissen, das sich in
                                                                                                    diesen Unternehmen oftmals auf wenige
                                                                                                    einzelne Personen konzentriert, sichern.
                                                                                                    Außerdem müsse darüber nachgedacht
                                                                                                    werden, wie die Menschen im Unterneh-
                                                                                                    men „mitgenommen werden können“, um
                                                                                                    sich das neue Konzept anzueignen. Die Vor-
                                                                                                    träge der Referenten stehen unter www.
Der Verdienstorden wird an Bürger für politische, karitative, wirtschaftlich-soziale und geistige   uni-siegen.de/smi/aktuelles zum Download
Leistungen sowie für alle besonderen Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland verliehen.        bereit.

12                                                                                                                                 REPORT   8/16
Aktuell

Innovationsbudget
Gymnasium Lennestadt setzt auf Minilabor-Sets
Um den Schülern die Themen „Technik“                                                         präsentieren die Gruppe diese im
und „Wirtschaft“ näherzubringen, er-                                                         Plenum. Während der Projektarbeit
hielt das Gymnasium Lennestadt eine                                                          gibt es verschiedene Arbeitsphasen: In
finanzielle Unterstützung aus dem In-                                                        den Experimentierphasen stellen die
novationsbudget der IHK Siegen. Das                                                          Schüler Gold- und Silber-Nanopartikel
Geld investierte die Lennestädter                                                            mit Hilfe eines Minilabors her und prü-
Schule in verschiedene Materialien für                                                       fen anschließend die Größe der erhal-
das Projekt „Zwerge aus dem Mittel-                                                          tenen Partikel mittels verschiedener
alter“ des Biologie-Chemie-Differen-                                                         Methoden. In den Theoriephasen wer-
zierungskurses in der neunten Klasse.                                                        den verschiedene Fragestellungen wie
So wurden zum Beispiel Minilabore                                                            „Woraus bestehen Nanopartikel?“,
und ein UV-VIS-Spektralphotometer                                                            „Welche Chancen und Risiken sind mit
angeschafft. In den Projektphasen er-                                                        ihrem Einsatz verbunden?“ oder „Wel-
arbeiten sich die Schüler mit Hilfe                                                          che neuen Einsatzgebiete sind denk-
eines Minilabors Einblicke in die Mög-                                                       bar?“ behandelt. Biologie- und Che-
lichkeiten und Risiken der Nanotech-                                                         mielehrerin Renate Droste ist vom
nologie, eine Schlüsseltechnologie des                                                       Projekt überzeugt: „Es bietet höchst
21. Jahrhunderts. Gearbeitet wird da-                                                        aktuelle Bezüge zur Nanotechnologie
bei in Kleingruppen, die als For-                                                            und die Schüler lernen die Handha-
schungsabteilungen einer (fiktiven)                                                          bung von Geräten im Minimaßstab, die
Firma aufgefordert sind, metallische                                                         auch an Unis und Forschungslaboren
Nanopartikel aus der Produktpalette                                                          der Industrie verwendet werden. Darü-
dieser Firma herzustellen und innova-                                                        ber hinaus sind das Minilabor und das
tive Vorschläge für mögliche Ersatz-     Eine Schülerin experimentiert mit einem der neuen   Spektrometer auch im regulären Un-
produkte zu machen. Anschließend         Minilabor-Sets.                                     terricht vielseitig verwendbar.“
Aktuell

Multimediale Informationsflut
Sylvia Rohleder: Wie komme ich trotzdem in die Medien?
72 Stunden Videomaterial werden pro Mi-                                                         konsequent im Blick behalten und ihre An-
nute ins Internet gestellt, 40.000 Fotos auf                                                    sprechpartner genau kontaktieren.“ Einfa-
Instagram hochgeladen und 280.000                                                               che Kontrollfragen wie: „Wer ist meine Ziel-
Tweeds pro Minute auf Twitter „gezwit-                                                          gruppe und in welchen (sozialen) Medien
schert“. Redaktionen und Journalisten er-                                                       ist diese überhaupt unterwegs?“ helfen da-
sticken täglich in einer unendlichen Flut                                                       bei leicht weiter. Neben der richtigen The-
aus Themenangeboten, Nachrichtenmel-                                                            men-Aufbereitung ist natürlich auch die
dungen, Informationen, Bildern und Pres-                                                        Medien-Identifikation – also spricht man
se-Einladungen. „Da landet eine Pressemit-                                                      Radio, Zeitung oder Fernsehen an – sowie
teilung über ein Firmenjubiläum oder eine                                                       die Setzung von Schwerpunkten besonders
Messeteilnahme schnell ungelesen im Pa-                                                         wichtig. „Außerdem sollte sich jeder Unter-
pierkorb“, weiß Sylvia Rohleder aus der täg-                                                    nehmer bewusst sein, dass Presse- und Öf-
lichen Praxis. Die gebürtige Wilnsdorferin                                                      fentlichkeitsarbeit kein automatisches Ver-
ist „Chefin vom Dienst“ beim RTL-Mittags-                                                       triebstool zur Absatzsteigerung ist, sondern
magazin „Punkt 12“. Ihr Thema beim Me-                                                          ein Kommunikationsmittel zum Aufbau von
dienseminar in der IHK Siegen: „Multime-                                                        Image, Vertrauen und Kundenbindung. Es
diale Informationsflut: Wie komme ich                                                           muss in Betrieben dafür klare Zuständig-
trotzdem in die Medien?“ Rund 70 Besucher                                                       keiten für die Presse- und Öffentlichkeits-
folgten gespannt Rohleders Ausführungen.       Referentin Sylvia Rohleder widmete sich          arbeit geben. Das Thema kann nicht mal
„Nichts ist unmöglich: Mit einer guten Vor-    beim IHK-Medienseminar der „Multimedia-          eben noch nebenher mitgemacht werden“,
bereitung und keinem PR-Schnellschuss“,        len Informationsflut“.                           meint die RTL-Fachfrau. Und: „Weniger ist
so die RTL-Fachfrau. Wie diese Vorberei-                                                        manchmal mehr. Zielgerichtet und mit kon-
tung aussehen kann, welche Dinge für Jour-     des IHK-Medienseminares. „Medienarbeit           tinuierlicher Betreuung wird aus der Pres-
nalisten interessant sind und welche Rolle     ist Selektion, und Sie sind nur einer von vie-   se- und Öffentlichkeitsarbeit etwas Ein-
dabei auch die neuen Medien (Social Me-        len“, ging Sylvia Rohleder ins Detail. „Des-     heitliches und eine vernünftige, langfristige
dia) spielen, erläuterte Rohleder im Rahmen    halb müssen Unternehmen ihre Zielgruppe          PR ist gesichert.“

Kassenführung und Kassenprüfung
Mit Digitalisierung gegen Steuerhinterziehung
Die Kassensysteme in den Einzelhandelsge- Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei und effizienteren Überblick verschaffe,
schäften sind vielfältig. Sie reichen vom Bargeschäften, nach der elektronische Re- richte diese bei Betriebsprüfungen verstärkt
normalen Desktop-PC über mechanische gistrierkassen um- oder aufgerüstet (hät- den Fokus auf vorhandene (elektronische)
Kassen bis zur klassischen Geldkassette. „Da ten) werden müssen, um den Anforderun- Kassensysteme, so Goede. Nach den Erfah-
aber Papierbelege umständlich sind und gen des Bundesfinanzministeriums zu rungen der Finanzbeamten könnten mit
die Digitalisierung ohnehin voranschreitet, genügen. Und jetzt laufe die Frist „plötz- Hilfe moderner Registrierkassen leicht Um-
möchte auch die Finanzverwaltung nur lich“ aus und zwinge viele Händler zum sätze verkürzt und Steuern hinterzogen
noch digitale Daten erhalten“, erklärte Handeln. Da die Digitalisierung der Finanz- werden. Demnach hat der Fiskus allein im
Christian Goede. Der Diplom-Jurist von der verwaltung einen häufigeren, schnelleren Jahr 2014 bei knapp 200.000 Geschäften
Datev eG zeigte in der IHK Sie-                                                                    rund 17 Milliarden Euro an
gen auf, welche Anforderungen                                                                      Nachzahlungen eingefordert.
an die Kassenführung und Kas-                                                                      „Der Schwerpunkt der Prüfun-
senprüfung nach GoBD (Grund-                                                                       gen gilt der Ordnungsmäßigkeit
sätze zur ordnungsmäßigen                                                                          der Buchführung“, sagte Goede.
Führung und Aufbewahrung von                                                                       „Aufbewahrungspflichtig sind
Büchern, Aufzeichnungen und                                                                        für die Dauer von zehn Jahren
Unterlagen in elektronischer                                                                       nach GoBD neben Unterlagen in
Form sowie zum Datenzugriff)                                                                       Papierform auch alle Unterlagen
gestellt werden und für wen die                                                                    in Form von Daten, Datensätzen
Frist 31. Dezember 2016 zur                                                                        und elektronischen Dokumen-
Umstellung auf digitale Systeme                                                                    ten, die darlegen, dass die Ord-
gilt. „Festgelegt wurde die Über-                                                                  nungsvorschriften umgesetzt
gangsfrist im Grunde bereits im                                                                    und deren Einhaltung über-
Jahr 1996“, berichtete Goede.                                                                      wacht wurde.“ Bereits kleinste
Seinerzeit sei die jedoch für alle                                                                 Aufbewahrungsfehler, auch von
Betroffenen so weit weg gewe-                                                                      Bedienungsanleitungen oder
sen, dass sie in Vergessenheit Trotz aller Digitalisierung besteht keine Pflicht zur Nutzung einer Programmierungen könnten er-
geraten sei. Ergänzt wurde sie elektronischen Registrierkasse. Offene Ladenkassen können nach hebliche Folgen zum Beispiel in
2010 um eine Vorschrift zur wie vor weiterverwendet werden.                                        Form von Zuschätzungen haben.

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