Siegen: Eine Stadt erfindet sich neu Der kurze Draht zum Kunden - 24 E.biz: Austausch per Mausklick - IHK-Siegen
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8/16 95. JAHRGANG A 4791 INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER SIEGEN WIRTSCHAFTSREPORT SIEGEN · OLPE · WITTGENSTEIN REPORT 2 50 24 zum Kunden per Mausklick Der kurze Draht E.biz: Austausch erfindet sich neu Siegen: Eine Stadt
2 30 40 Die IHK Siegen online: Liebe Leser, www.ihk-siegen.de Siegen ist an seinen neuen Ufern angekom- kulinarische Seite im Vordergrund und wie man spiel für den schwierigen und außergewöhnli- men. Die Sieg plätschert frei durch die In- die Hektik des Alltags vergessen kann. Ob chen Bau der Lennetalbrücke auf der A45 bei nenstadt, unterbrochen von kleinen Inseln. „english“, „medium“ oder „well done“ – ein saf- Hagen ein Bohrgerät von Soilmec zum Einsatz, Treppenstufen laden zum Ausruhen und Son- tiges Steak können Feinschmecker im Steak- zur Herstellung von Trägerbohlwänden. Zum nenbaden ein. Bäume setzen grüne Akzente. haus „Wilder Eber“ in Wenden-Altenhof in Schluss beschäftigt sich unsere Rubrik „Ebiz“ Eine neue Brücke überspannt die Wasserfläche gemütlicher Atmosphäre genießen. „Der eine ab Seite 50 mit Elektronischen Rechnungen, und auch dem Umfeld wurde eine Schönheits- oder andere kommt hier sogar in Urlaubsstim- denn sie werden kommen. Die Europäische kur verordnet. Das Regionale-Projekt des Lan- mung“, erzählt Geschäftsführer Eberhard Koch. Kommission hat dafür den Weg frei gemacht. des NRW „Siegen – zu neuen Ufern“ ist ein Das Steakhaus liegt fest in familiärer Hand, Mit der Richtlinie 2014/55/EU des Europäi- Meilenstein bei der Umsetzung zahlreicher denn Eberhard und Ulrike Koch ziehen gemein- schen Parlaments und des Rates über die elek- Maßnahmen, die die Stadt in den vergangenen sam mit ihren Kindern an einem Strang und tronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Jahren verändert haben. Lesen Sie unsere bewirten bis zu 140 Gäste im „alten Traditi- Aufträgen schafft die Kommission die Grund- Titelgeschichte „Siegen – eine Stadt erfindet onshaus“, das bereits 1905 erbaut wurde. Nicht lage für ein einheitliches, europäisches Rech- sich neu“ ab Seite 2. nur Fleischliebhaber kommen hier auf den Ge- nungsformat in der öffentlichen Verwaltung. Wo Umwelteinflüsse, Staub und Feuchtigkeit schmack, auch für Vegetarier ist gesorgt. Die Mitgliedsstaaten müssen sicherstellen, eine besonders anspruchsvolle Installations- Unser Firmenporträt ist auf Seite 40 zu finden. dass öffentliche Auftraggeber elektronische technik erfordern, ermöglicht die Gustav Hen- Die Bohrgeräte der Soilmec Deutschland GmbH Rechnungen empfangen und verarbeiten kön- sel GmbH & Co. KG aus Lennestadt mit inno- können bis zu 140 Tonnen schwer sein und nen. Dies gilt zwar zunächst nur für die öffent- vativen Lösungen eine sichere Energieverteilung. werden für den Spezialtiefbau benötigt. Im Be- liche Verwaltung, gleichwohl soll die Norm Ihre Produkte werden von Elektrohandwerkern, reich Spezialtiefbau versteht sich das Unter- auch für die Verwendung im Geschäftsverkehr Elektromontage- und Schaltanlagenbauunter- nehmen aus Olpe zusammen mit dem 100- zwischen Unternehmen geeignet sein, weiß nehmen verarbeitet – und das seit 85 Jahren. prozentigen Mutterkonzern Soilmec S.p.A. So heißt es auf Seite 24 „Energieverteilung: Cesena in Italien seit über 40 Jahren als Kom- Ihre Redaktion Der kurze Draht“. Ab Seite 30 steht dann die plett- und Systemanbieter. So kam zum Bei- REPORT In dieser Ausgabe August 2016 Titelgeschichte ab Seite 2 Berichte ab Seite 24 Nachrichten für die Praxis 52 Siegen: Eine Stadt erfindet sich neu Energieverteilung: Der kurze Draht 24 Auszeichnungen, Jubiläen Wenn aus Flüchtlingen Mitarbeiter und Geburtstage 55 werden 26 Aktuell ab Seite 9 Das Restaurant „Wilder Eber“ Börsen ab Seite 58 IHK-Konjunkturumfrage vorgelegt 9 tischt auf 30 Unternehmensnachfolgebörse 57 Energiedaten im Fokus 11 Beleuchtungstechnik: Ein Licht geht auf 42 Bücher 56 Verdienstkreuz für Klaus Th. Vetter 12 Kinder und Karriere 46 Handels- und Elektronische Rechnungen 50 Genossenschaftsregister 59 Wie komme ich in die Medien? 14 Marketing und IT 16 Wirtschaft in der Region 34 Kultur 70 Regierungspräsidentin zu Gast 19 Firmenporträt 40 Kommentiert – Notiert 72 Online ist für den Handel ein Muss 22 Soilmec Deutschland Impressum 72 REPORT 8/16 1
Siegen ist an seinen neuen Ufern angekommen. Die Sieg plätschert frei durch die Innenstadt, unterbrochen von klei- nen Inseln. Treppenstufen laden zum Ausruhen und Sonnen- baden ein. Bäume setzen grüne Akzente. Eine neue Brücke überspannt die Wasserfläche und auch dem Umfeld wurde eine Schönheitskur verordnet. Das Regionale-Projekt des Landes NRW „Siegen – zu neuen Ufern“ ist ein Meilenstein bei der Umsetzung zahlreicher Maßnahmen, die die Stadt in den vergangenen Jahren verändert haben.
„Wir haben in Siegen eine Marktlücke für unser Konzept gesehen – und wir hatten die Option, dass die Innenstadt schöner wird“, erklärt Janik Kiesewetter vom Picknicker. D ie Botschaft „Siegen – zu neuen Ufern“ ist im Einzelhandel, in der Gastronomie und in der Wirtschaft angekommen. Die und Stühle unter Sonnenschirmen. Schlicht und frisch wirkt die gesamte Einrichtung – viel Weiß, viel helles Holz, dazwischen ein die Berufstätigen aus den Büros und Ge- schäften der Nachbarschaft. Zum Konzept gehört das „Duzen“ der Gäste dazu: „Das Bemühungen zur Verschönerung der Stadt paar gemütliche Sessel. Inhaber, Konzept akzeptieren auch die Bänker.“ Etwas traurig und zur Steigerung der Lebensqualität sind und Angebot sind ausgesprochen jung. Die sind die Jungunternehmer, weil ihr Wunsch, sichtbar: Restaurants, Cafés und Bistros mit beiden Unternehmensgründer Janik Kiese- auch eine Terrasse über dem Fluss zu be- attraktiver Außengastronomie haben das wetter, gelernter Einzelhandelskaufmann, kommen, nicht erfüllt wurde: „Wir hätten Flair der Stadt verändert. Die Terrassenplät- und Henning Oelmann, gelernter Koch, sind das auch finanziert.“ Zufrieden sind sie ze des „Cafés Extrablatt“ am Siegufer waren 25 beziehungsweise 35 Jahre alt. Unter- dennoch: „Wir haben Spaß. Und Siegen sogar zu Zeiten des stützt werden sie von braucht solche coolen Läden.“ heftigsten Baulärms Louis Kiesewetter (21), und angesichts des „Siegen hat auf jeden Student der Betriebs- Hans-Wilhelm Fuchs, Geschäftsmann und Bauzauns beim klein- sten Sonnenschein be- Fall gewonnen“ wirtschaft an der Uni- versität Siegen. „Wir langjähriger Vorsitzender des ehemaligen Informationsringes sowie des Einzelhan- setzt. Vor den Trendlo- haben in Siegen eine delsausschusses der IHK Siegen, beobachtet kalen „Naschwerk“ und „Bar/Celona“ oder Marktlücke für unser Konzept gesehen – die Entwicklung der Innenstadt seit vielen den Eiscafés und Cafés rund um den Bahn- und wir hatten die Option, dass die Innen- Jahren. Was er heute sieht, gefällt ihm: hofsvorplatz bleibt kaum ein Stuhl frei – stadt schöner wird“, erklärt Janik Kiesewet- „Siegen hat auf jeden Fall gewonnen.“ Für trotz des Busverkehrs. Wer durch die Bahn- ter. „Gastronomie an Gewässern ist meis- ihn begann die Erneuerung der Innenstadt hofstraße bummelt, geht auf frisch geleg- tens erfolgreich“, ergänzt sein Bruder mit dem Bau der „City-Galerie“. Hans-Wil- tem Pflaster und verweilt vielleicht am Louis. Die drei jungen Siegener haben ihr helm Fuchs fürchtete nach der Schließung zehn Meter langen Wasserspiel. ureigenes Konzept gemeinsam entwickelt. des Kaufhofs im Jahr 1994, dass nicht nur Henning Oelmann: „Uns gibt es nur hier. die Oberstadt, sondern das Oberzentrum Im neuen Stil präsentiert sich auch die Wir haben uns selbst erfunden.“ Er selbst insgesamt viel Kaufkraft verlieren würde. frühere Hauptverkehrsader der Stadt, die hat im Hilchenbacher „Siebelnhof“ gelernt Sein Fazit: „Wir brauchen eine Mall.“ 1995 Sandstraße. Breite, neu gepflasterte Bür- und unter anderem in St. Moritz sowie als habe der Investor, die ECE-Gruppe aus gersteige, davor Parkbuchten und neu ge- Küchenchef im Siegener „Restaurant Bar“ Hamburg, ihr Interesse am Standort Siegen pflanzte Bäume. Hier entsteht gerade eine Erfahrungen gesammelt. Alle drei waren signalisiert. Er selbst habe damals bei den neue Einkaufsmeile. Schicke Boutiquen mit sich einig: Sie wollten ein Fast-Food-Res- Geschäftsleuten für die Idee, eine Mall nach besonderen Mode-Akzenten laden zum taurant der „gesunden“ und nachhaltigen Siegen zu holen, geworben. Die 1998 er- Schaufensterbummel ein. Dazu moderne Art aufmachen. Das Credo: „Alles soll frisch öffnete „City-Galerie“ ist seiner Meinung Shops für frische Back- und Fleischwaren. sein.“ Ob Salatsaucen, Suppen, Brotaufstri- nach nicht die Ursache für die Probleme der Eines der neuen gastronomischen Angebote che oder der „Frozen Joghurt“ – alles wird Oberstadt in den vergangenen Jahren. Die heißt „Picknicker“ und liegt zwischen Sieg direkt zubereitet. Nach den ersten Monaten Familie Fuchs ist ein gutes Beispiel dafür, und Sandstraße. Vor dem Restaurant ein ziehen die „Picknicker“ eine positive Bilanz: dass sich beides ergänzen kann: Sie führte schmaler Streifen für die Außengastrono- „Wir haben schon Stammkunden.“ Die Gäs- das traditionsreiche Optik-Fachgeschäft in mie, dahinter - entlang des Siegufers am te sind gemischt. Studenten und Schüler – der Oberstadt, in das sie mehrfach kräftig Kunstweg - eine lange Bank sowie Tische oft mit Eltern und Großeltern –, aber auch investiert hat, weiter. Außerdem eröffnete 4 REPORT 8/16
Heinjochen Fuchs in der City-Galerie einen sieger Mues (CDU) konnte die Zweifler im zum bundesweit viel beachteten Museum Brillen-Shop. Mittlerweile hat er auch das Rat schließlich mit der Tatsache überzeugen, für Gegenwartskunst durch den Star-Archi- Stammgeschäft am Markt von seinem Vater dass eine Sanierung des Bauwerks teurer tekten Prof. Josef P. Kleihues. „Das war ein Steffen und dem Onkel Hans-Wilhelm werden würde als der Abriss und die Neuge- Quantensprung in Sachen Kultur“, lobt übernommen. Er hofft, dass die Oberstadt staltung des Siegufers. Steffen Mues beim durch die komplette Neugestaltung der Nach und nach setzte Blick zurück. Das Kölner Straße wieder attraktiver wird – und sich die Überzeugung HTS ist und bleibt „Apollo-Theater“, seit dass die Studenten, die in das Untere Schloss einziehen, diese neu beleben: „Für durch, dass man auch die Umgebung einbe- unverzichtbar den 50er Jahren ein Sehnsuchtsort der Sie- studentische Angebote ist die Kölner Straße ziehen müsse. Auch gener, und die Sanie- ideal.“ Überhaupt verspricht er sich durch die Industrie- und Handelskammer Siegen rung der Siegerlandhalle waren weitere die Erneuerung der Innenstadt nur positive forderte damals, „die Wirkung dieser Maß- Pluspunkte im kulturellen Stadtbild. Die Ci- Effekte für den Einzelhandel: „Je schöner nahmen“ auf die Innenstadt sorgfältig ab- ty-Galerie, das Sieg-Carré und der Umbau eine Stadt ist, desto lieber geht man dort- zustimmen. Dieser Bereich sei städtebaulich des Bahnhofvorplatzes zum Zentralen Om- hin. Und wer in Bummelstimmung ist, kauft einer der sensibelsten, weil er die wichtige nibusbahnhof veränderten das Bahnhofs- auch gerne.“ Scharnierfunktion zwischen Ober- und Un- viertel komplett und machten es zum Ein- terstadt bilde. Das „Regionale“-Programm kaufsmagneten. Ein Hingucker ist die Das „Lifting“ der Stadt fällt vor allem Leu- des Landes NRW machte die Realisierung sanierte Stadtmauer im Bereich des Kölner ten auf, die lange nicht hier waren. Siegens des „Zu neuen Ufern“-Projektes schließlich Tors geworden – und auch die benachbarte Bürgermeister Steffen Mues lädt abwech- möglich: Rund 20 Millionen Euro wurden Kölner Straße bekommt gerade eine Pflas- selnd mit Stadtbaurat Michael Stojan und investiert, davon trug die Stadt 3,5 Millio- terkur. Nach der Verschönerung von Bahn- einer Stadtführerin der Gesellschaft für nen Euro. hofstraße und Sandstraße sind jetzt der Stadtmarketing (GSS) zu „Baustellen- künftige „Gebrüder-Busch-Boulevard“ und führungen“ ein - 60 hat er bereits hinter Für Steffen Mues begann die positive Ent- die Fürst-Johann-Moritz-Straße an der sich. Oft melden sich die Teilnehmer von wicklung der Stadt allerdings bereits mit Reihe. Im Gespräch ist auch eine dringend Klassentreffen an. Seine Erfahrung: „Wer der Sanierung der Siegener Altstadt sowie notwendige neue Fassade für den „Herren- Siegen 20 Jahre nicht gesehen hat, traut der Verbannung des „Autoblechs“ vom Hof garten“. seinen Augen nicht.“ Dabei war der Weg des Unteren Schlosses und dessen Umwand- zu den neuen Ufern keineswegs einfach. lung in einen Multifunktionsplatz. In der Ein Großprojekt hat die Stadt optisch für Lange Zeit war die „Siegplatte“ ein Politi- Bürgerschaft habe sich damals bereits eine alle Zeiten geteilt – die Hüttentalstraße. kum. Hauptargument der Abrissgegner in Aufbruch-Stimmung angedeutet: „Das Ge- Das graue Band aus Beton, das sich zum der Geschäftswelt und auch im Siegener fühl der Siegener für ihre Stadt hatte sich Teil als Hochstraße durch das Siegtal zieht, Rat: der Verlust von 140 innerstädtischen geändert.“ Projekt um Projekt krempelte ist ein reiner Zweckbau, an dessen Anblick Parkplätzen. Die Fraktion von Bündnis man in den Jahren um die Jahrtausendwen- sich auch heute noch mancher Ästhet nicht 90/Die Grünen versuchte lange Zeit ver- de das Stadtbild um. Der Bürgermeister gewöhnt hat. Für Bürgermeister Steffen geblich, den Abriss im Rat durchzusetzen. nennt unter anderem den Neubau Reich- Mues ist die HTS jedoch „ein Glücksfall für SPD-Bürgermeisterkandidat Detlev Rujans- waldsecke mit dem Superkino „CineStar“ die Stadt“: „Sie ist nicht schön, aber un- ki machte ihn zum Wahlkampfthema. Wahl- und den Umbau des alten Fernmeldeamtes verzichtbar.“ Ohne die Schnellstraße, die Hans-Wilhelm Fuchs (li.), Geschäftsmann und langjähriger Vorsitzender des ehemaligen Informationsringes sowie des IHK-Einzel- handelsausschusses, beobachtet die Entwicklung der Innenstadt seit vielen Jahren. Mit im Bild: Heinjochen Fuchs. REPORT 8/16 5
demnächst auch die südlichen Stadtteile und gleichartig wieder aufgebaut.“ Wer Jugendherberge entstehen. Dem Park am anbinden wird, hätte man den Lkw-Verkehr beim Gang von der Unter- in die Oberstadt Oberen Schloss sowie dem Bertramsplatz nicht aus der Innenstadt verbannen kön- bewusst die Gebäude entlang der Kölner und dem Weiß-Flickschen Grundstück nen. Die Verwandlung Siegens ist – so der Straße oder „Am Markt“ in Augenschein verordnen die Stadtplaner eine Auffri- Bürgermeister – „ein wichtiger weicher nimmt, kann dies nachvollziehen: Schmale schungskur. Grund: „Wir wollen Leute in Standortfaktor“, der auch der Wirtschaft Häuser, steile, schiefergedeckte Dächer mit die Stadt holen. Wir brauchen attraktive zugutekommt. Auch für Stadtbaurat Mi- Gauben sowie symmetrisch angelegte hohe Grünflächen.“ Dazu könnte eine Landes- chael Stojan, seit 2009 im Amt, ist die Auf- Fenster. Diese Qualität müsse erhalten gartenschau in Siegen beitragen. Eine enthaltsqualität für die Bewertung einer bleiben – und dafür soll die Gestaltungs- Machbarkeitsstudie ist bereits in Vorberei- Stadt „ein anerkannter Maßstab“: „Davon satzung sorgen. Aufdringliche Werbean- tung: „Wenn wir uns bewerben, haben wir haben wir in den letzten Jahren viel er- lagen, knallige Hausfassaden, Schmuddel- gute Chancen.“ reicht.“ Der gebürtige Bochumer, der früher ecken mit Mülleimer-Tristesse sollen künftig unter anderem in Potsdam tätig war, ging aus dem Stadtbild verschwinden. Dafür Doch nicht nur die Innenstadt, auch die mit einem Leitsatz an den Start: „Siegen – wollen die Stadtplaner mehr Grün und für Stadtteile haben die Stadtplaner im Visier. jeden Tag ein bisschen schöner.“ Dies funk- die Kinder mehr Spielmöglichkeiten hinein- Was in Eiserfeld nach jahrzehntelangen ver- tioniert seiner Meinung nur, wenn die Bür- holen. Jetzt schon hat geblichen Bemühungen ger mitziehen. Deshalb initiierte er 2010 die Stadt das Folgepro- jetzt als Kooperations- die Aktion „Stadtbildoffensive – gemein- gramm von „Siegen – Attraktivität des projekt von „Rundem sam für eine schöne Stadt“. In einer „Bür- gerwerkstatt“ wurden mit der Verwaltung zu neuen Ufern“ bean- tragt. Das Volumen be- Standorts ist wichtig Tisch“ und Stadtver- waltung gelungen ist, Vorschläge für eine schönere Stadt ent- trägt rund 23 Millionen soll auch den anderen wickelt. Auf dieser Grundlage verfassten die Euro – mehr als die „neue“ Innenstadt bis- Stadtteilen zugutekommen: eine Verbesse- Stadtplaner den „Gestaltungskompass Sie- her gekostet hat (70 Prozent davon sind rung des Ortsbildes und der Lebensqualität. gen – eine Orientierungshilfe für Neubau-, allerdings Zuschussmittel). Das Geld soll Unverzichtbar sei dabei das Engagement Sanierungs- und Umbaumaßnahmen“ und unter anderem in attraktive Grün-, Spiel- der Bürger – nach dem Motto „gemeinsam schließlich die verbindliche „Gestaltungs- und Erholungsräume investiert werden. Ein aktiv für eine schönere Stadt“. Mittlerweile und Erhaltungssatzung“. Sie umfasst „die Punkt ist die Sanierung der kompletten hätten unter anderem Eisern, Trupbach und örtlichen Bauvorschriften für die Siegener Stadtmauer. Michael Stojan: „Welche Groß- Feuersbach ihre Bereitschaft zur Mitarbeit Innenstadt“. stadt hat in Deutschland noch eine zwei Ki- signalisiert. „Die städtebauliche Attrakti- lometer lange intakte Stadtmauer?“ Ein wei- vität ist ein zentraler Faktor, um Menschen Im Zentrum steht für den Baudezernenten teres Lieblingsprojekt des Stadtbaurats ist in die Stadt zu holen und sie hier zu halten“, die Erkenntnis, dass die Innenstadt „eine die Umgestaltung des Siegbergs von der sagt Astrid Schneider, Geschäftsführerin hochwertige Substanz besitzt“. Michael „Himmelsleiter“ bis zum „Dicken Turm“. Hier der Siegener Gesellschaft für Stadtmarke- Stojan ist sogar überzeugt, dass Siegen un- wünscht er sich einen Wanderweg sowie ting (GSS). Diese habe immer wieder darauf ter den im Krieg besonders stark zerstörten „Abenteuerraum“ für Kinder und Jugendliche. hingewiesen, dass das Stadtbild sowohl von Städten Deutschlands eine herausragende der Bevölkerung als auch von Außenste- Stellung einnimmt: „Die Häuser wurden in Ein großer, attraktiver Spiel- und Naherho- henden negativ gesehen werde. Das habe den 50er Jahren in der Fläche harmonisch lungsbereich soll an der Stelle der früheren sich gründlich geändert: „2013/2014 wurde Ulf Lück, Chef der Werbeagentur „Conception“, wollte unbedingt am Standort Siegen bleiben. Bei der Suche nach einem Grundstück für das neue Agenturgebäude kam das Gewerbegebiet Martinshardt/Leimbachtal in die engere Wahl. 6 REPORT 8/16
Die Sanierung der Siegerlandhalle war ein weiterer Pluspunkt im kulturellen Stadtbild. Siegen einer von 100 ausgezeichneten Or- del. Durch den enorm gestiegenen Erleb- mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Sie- ten im ‚Land der Ideen‘ und holte hier nischarakter und die neue Aufenthaltsqua- gen erschien uns die Option immer reiz- zusätzlich den Publikumspreis. Und 2015 lität in der Innenstadt könne sich der örtli- voller, zumal wir als Agentur mit vielen gewann die Stadt im renommierten Wett- che Einzelhandel behaupten. Industriekunden die Nähe zur Industrie bewerb ,Westfalensprung‘ des Landschafts- schätzen.“ Eigentlich seien Dienstleister in verbandes Westfalen-Lippe.“ Astrid Schnei- Dass auch Gewerbegebiete dem Stadtbild dem neuen Gewerbegebiet nicht vorgese- der: „Siegen ist durch das Projekt ,Zu neuen guttun können, zeigen die eindrucksvollen hen gewesen, erinnert sich Ulf Lück. „Aber Ufern‘ zum Begriff geworden.“ Nun sei es Gebäude, die zum Beispiel im Bereich der durch unser innovatives und repräsentati- die zentrale Aufgabe der GSS, „die schöne Oberen Leimbachstraße entstanden sind. ves Gebäudekonzept, das nicht zuletzt auch Innenstadt zu bespielen“. Das passiert zum Sie tragen zweifellos zu einer attraktiven einem attraktiven Stadtbild dient, konnten Beispiel am ersten Septemberwochenende Eingangssituation bei – wie die Neubauten wir den Stadtrat überzeugen.“ Der Agen- beim Stadtfest: „ Dann werden die neu ge- von „Hees Bürowelt“ oder „Conception“. Ulf turchef ist überzeugt, dass die Attraktivität stalteten Räume in Szene gesetzt.“ Die Ver- Lück, Chef der Werbeagentur „Conception“, eines Standorts für ein Unternehmen enorm änderungen vor allem in der Innenstadt wollte unbedingt am Standort Siegen blei- wichtig ist: „Zum Beispiel für die Mitarbei- waren nach Überzeugung der GSS-Ge- ben. Bei der Suche nach einem Grundstück tergewinnung.“ Allerdings würden auch schäftsführerin vor allem für den Einzel- für das neue Agenturgebäude kam das Ge- Faktoren wie kulturelle Angebote, Freizeit- handel dringend notwendig – als Rezept werbegebiet Martinshardt/Leimbachtal in möglichkeiten, Immobilienpreise sowie Ar- gegen den stetig wachsenden Online-Han- die engere Wahl: „Durch die guten Gespräche beitsmarkt und Infrastruktur zählen. bw Immer gerne besucht: Das Museum für Gegenwartskunst – entstanden aus dem alten Fernmeldeamt und umgebaut durch den Star- Architekten Prof. Josef P. Kleihues. REPORT 8/16 7
Hildegard Schröteler-von Brandt: „Es hat sich viel getan“ In Siegen hat sich viel getan. Im Gespräch barkeit des Flusses sehr zu begünstigen. gagement immer wieder neu an die Chan- mit dem WIRTSCHAFTSREPORT warf Prof. In der kommenden schönen Jahreszeit cen erinnert hat, die ein Abriss der Sieg- Dr.-Ing. Hildegard Schröteler-von Brandt, werden wir hier sicherlich eine ganz neue platte eröffnet. Das Thema ist so langsam Lehrstuhl für Städtebau im Department Stadt-Benutzung erleben. in das öffentliche Bewusstsein gerückt; Architektur der Universität Siegen, einen ein aus meiner Sicht großer Verdienst des Blick auf die Krönchenstadt und schildert Gibt es etwas, was Sie sich anders ge- hiesigen Architekturfachbereiches und der ihre Sicht der Dinge. wünscht hätten? Kollegen. Die Tatsache, dass durch die Ich hätte mir die Fußgängerbrücke anders historisch wohl einmalige Situation einer Wie gefällt Ihnen die „neue” Siegener gewünscht und lieber den preisgekrönten Finanzierung im Rahmen der REGIONA- Innenstadt? Entwurf umgesetzt gesehen, der viel ele- LEN 2013 Südwestfalen das Projekt „Sie- Ich denke, Sie beziehen Ihre Frage auf ganter und mit deutlicherer Leichtigkeit gen zu neuen Ufern“ auch umgesetzt den Bereich „Siegen zu neuen Ufern“. Ich eine Überspannung der Sieg ohne den werden konnte, baute sicherlich auf all finde die Lösung sehr gut gelungen und mittleren Pfeiler vorsah. den positiven Überlegungen im Vorfeld glaube, dass die Innenstadt hierdurch an auf. Attraktivität gewinnen wird. Insbesondere Wie hat die Universität zur Bewusst- wenn nun auch noch die Aufwertung der seinsbildung für ein schöneres Siegen Ist die Umgestaltung der Stadt ein entsprechenden Randnutzungen wie im beigetragen? Thema für die Lehre? Bereich des Herrengartens erfolgen würde. Die Universität Siegen hat vor allem durch Die Umgestaltung und Attraktivitätsstei- meinen Kollegen Prof. Bernd Borghoff jah- gerung der Stadt Siegen durch architek- Was ist in Ihren Augen besonders gut relang immer wieder die Gestaltungschan- tonische und städtebauliche Projekte ist gelungen? cen durch den Abriss der Siegplatte in der ein Thema, welches das Department Ar- Besonders überzeugen mich die klare bau- Stadtöffentlichkeit, den politischen Gremi- chitektur immer wieder aufgreift. Nahezu liche Fassung der Uferkante und die Mög- en oder dem Gestaltungsbeirat vorgetragen durchgängig werden für die Bearbeitung lichkeit, über die Sitzstufen die Nähe zum und im Rahmen vieler Studienprojekte Ent- der Bachelor- und Masterarbeiten lokale Wasser herzustellen und damit die Erleb- würfe aufgezeigt. Ich denke, dass dieses En- Themen herausgegeben; zusätzlich natür- lich auch viele andere Themenstellungen aus der Region Südwestfalen. Was könnte in naher Zukunft das gesamte Stadtbild attraktiver machen? Zum einen glaube ich, dass das Thema „Uni in die Stadt“ und die mögliche Wei- terentwicklung von Universitätsstandor- ten in der Kernstadt eine große Chance für die Stadtentwicklung darstellt, wenn diese zudem genutzt wird, um insgesamt die städtebauliche Qualität zu steigern. Zum anderen kann ich mir vorstellen, dass wir uns in der Stadt mehr den Ortskernen zuwenden sollten, um hier Identifikati- onspunkte und örtliche Besonderheiten weiterzuentwickeln und die städtebauli- che Qualität zu verbessern: Das reicht von der Leerstandvermeidung, der Grün- und Freiraumgestaltung bis zur baulichen Ausgestaltung der Ortskerne und deren Weiterentwicklung. Dies ist nicht im Sinne einer Historisierung, sondern einer zeit- gemäßen Weiterentwicklung zu verste- hen, bei der qualitätsvolle Meilensteine für die alten Ortskerne herausgearbeitet werden. Eine neue Brücke überspannt die Wasserfläche der Sieg und auch dem Umfeld wurde eine Schönheitskur verordnet. REPORT 8/16
Aktuell IHK-Konjunkturumfrage Nachlassende wirtschaftliche Dynamik „Über alle Unternehmen hinweg tiver wird der zurückliegende Export werden sowohl die aktuelle Ge- in die EU und nach Nordamerika schäftslage als auch die Erwartun- eingeschätzt. Hier erhof-fen sich die gen für die kommenden Monate Betriebe auch künftig gute Export- ungünstiger eingestuft als zu Jah- chancen. Im geringeren Maße gilt resbeginn. Der Konjunkturklimain- das ebenso für den Iran. dex fällt von 117 auf 112 Punkte. Das ist zwar keine Katastrophe. Fast jeder dritte Industriebetrieb Auch vollzieht sich der Rückgang beschreibt seine Lage als gut, 17 von hohem Niveau aus. Dennoch Prozent als schlecht. Knapp jeder fühlt sich eine beschwingte Kon- Zweite ist zu über 85 Prozent aus- junktur anders an.“ Mit diesen Wor- gelastet. Die Auftragseingänge wer- ten fasste IHK-Präsident Felix G. den zwar besser eingestuft als zum Hensel die Ergebnisse der aktuellen Jahresanfang, allerdings gibt es Konjunkturumfrage der Siegener In- weiter relativ viele Firmen mit fal- dustrie- und Handelskammer zu- lenden Tendenzen. Die regionalen sammen, an der sich rund 250 Un- Industrieumsätze in den beiden „Über alle Unternehmen hinweg werden sowohl die aktuelle Kreisen gingen bis April 2016 ge- ternehmen aus Industrie, Handel Geschäftslage als auch die Erwartungen für die kommenden genüber dem Vorjahreszeitraum um und Dienstleistungen beteiligten. Monate ungünstiger eingestuft als zu Jahresbeginn. 5,5 Prozent zurück. Vor allem die Dabei verfestigen sich die gespalte- Branchen nahe an Eisen und Stahl nen Einschätzungen der wirtschaftlichen schen übrig. Das gilt insbesondere für den verzeichneten Einbußen. Die Geschäfte der Lage zusehends. Den Unternehmen in Olpe Siegener Kernraum mit seinen Schwerge- Automobilzulieferer laufen deutlich besser. und Wittgenstein geht es verhältnismäßig wichten nahe an Eisen und Stahl, so Felix Unter dem Strich blickt die gesamte Indu- gut, insbesondere die Industrieunterneh- G. Hensel: „Die Industrieumsätze in Olpe strie der Region vorsichtiger nach vorne als men im Kernraum des Siegerlandes sehen bewegen sich ziemlich exakt auf Vorjahres- zu Jahresbeginn: Nur 17 Prozent der Firmen sich derzeit jedoch erheblichen Turbulenzen niveau, in Siegen-Wittgenstein sind sie in erwarten Steigerungen, genauso viele be- ausgesetzt, ergänzt IHK-Hauptgeschäfts- den ersten vier Monaten des Jahres 2016 fürchten Rückgänge. Immerhin zwei Drittel führer Klaus Gräbener: „Überkapazitäten um 9,3 Prozent gefallen. Dies bietet wahr- sehen einen stabilen Verlauf. Mehr als die auf den Stahlmärkten, die kriegerischen lich keinen Grund zum Jubeln. Das spüren Hälfte der Bauunternehmen meldet eine Auseinandersetzungen im Nahen Osten, ein auch die produktionsnahen Großhändler in gute Lage. Zwei Drittel sind zu über 85 Pro- nach wie vor zu niedriger Ölpreis, Fachkräf- der Region. Besser sieht es jedoch beim zent ausgelastet. Der regionale Bauumsatz teengpässe und die Digitalisierung. An Her- Bau, im Einzelhandel und bei den Dienstlei- im ersten Quartal 2016 ist gegenüber dem ausforderungen mangelt es der heimischen stungen aus.“ guten Vorjahresergebnis noch einmal um Wirtschaft derzeit wahrlich nicht. Und jetzt Positive Konjunkturimpulse gehen derzeit ein Prozent gestiegen. Im gewerblichen auch noch der Brexit. Da macht ein leichter eher vom Konsum und der Binnennachfrage Hochbau gab es ein Plus von 12,3 Prozent. Tritt auf die Euphoriebremse durchaus aus als vom Export. Nach wie vor niedrige Wegen des milden Winters kam es zu vielen Sinn.“ Öl- und Benzinpreise, die Preisstabilität so- Vorzieheffekten. Auf weitere Zuwächse set- Über alle Branchen hinweg erwarte die IHK wie die historisch niedrigen Zinsen wirken zen daher nur noch elf Prozent der Baube- zwar in den kommenden Monaten nach wie zudem stimulierend. Sorgen bereiten den triebe, ebenso viele erwarten einen ungün- vor eine robuste wirtschaftliche Lage. Da- Firmen nach wie vor die geopolitischen Kri- stigeren Verlauf. Drei Viertel bauen auf bei sei jedoch zu beachten, dass sich die sen und die insgesamt schwächelnde Welt- anhaltend gute Geschäfte. Über ein Drittel rückläufigen Erwartungen im Kreis Olpe wirtschaft. Die Brexit-Entscheidung inten- der Einzelhändler schätzt die Lage als gut auf deutlich höherem Niveau vollzögen als siviert die gegebenen Unsicherheiten noch. ein, nur neun Prozent als schlecht. Der in Siegen-Wittgenstein. Im industriellen Klaus Gräbener: „Gefragt nach den Aus- Großteil der Betriebe meldet saisonübliche Kernraum des Siegerlandes rechne man landsregionen mit fallenden Exporttenden- bis kauffreudige Kundennachfrage. Fast ein kurzfristig nicht mit einer durchgreifenden zen, nennen 64 Prozent der Betriebe vor al- Drittel registriert zwar Kaufzurückhaltung, Verbesserung, sondern gehe bestenfalls von lem Russland und Ukraine, gefolgt vom das ist aber deutlich weniger als in den vor- einer „Seitwärtsbewegung“ aus. Knapp ein Nahen Osten mit 32 Prozent. Das für viele angegangenen Umfragen. Der Konsum wird Drittel aller Unternehmen geben derzeit ei- unserer Industriebetriebe wichtige Russ- weiter durch hohe Beschäftigung, steigen- ne gute Lage an, vor einem halben Jahr wa- landgeschäft ist durch die politischen de Löhne, niedrige Öl- und Benzinpreise ren es noch 38 Prozent. 13 Prozent schät- Spannungen, die dortige Rezession und den und geringe Zinsen angekurbelt. Fast ein zen ihre Situation als schlecht ein. Fast ein schwachen Rubel in diesem Jahr weiter ein- Viertel der Einzelhandelsbetriebe setzt auf Fünftel der Betriebe erwartet künftig Stei- gebrochen.“ Differenzierter ist die Situation Zuwächse, nur zwölf Prozent fürchten Ein- gerungen. Anfang des Jahres sagten das 26 auf den chinesischen Märkten zu beurtei- bußen. 23 Prozent der Großhändler ver- Prozent. 14 Prozent blicken skeptisch nach len, betont IHK-Referatsleiter Stephan Jä- zeichnen eine gute Lage. Das sagte vor vorne. In der Industrie werden zwar insge- ger: „Die Hälfte der nach China exportie- sechs Monaten noch fast die Hälfte der samt passable Auslastungen registriert. renden Firmen wuchs dort zwar in den Branche. Vor allem die vielen produktions- Aber nicht überall. Unter dem Strich lassen vergangenen Jahren, aber mehr als ein Vier- nahen Betriebe spüren die gestiegene Vor- die regionalen Industrieumsätze zu wün- tel meldet auch Einbußen.“ Im Saldo posi- sicht in der Industrie. REPORT 8/16 9
Aktuell Route 57 Als eines von drei NRW-Projekten nachträglich in vordringlichen Bedarf führer Klaus Gräbener. Wie wichtig eine gute Erreichbarkeit über die Straße für Fachkräfte ist, verdeutlichte Claudia Bikar, Bikar Metalle GmbH: „Unsere Landschaft ist attraktiv, aber nur, wenn sie gleichzeitig gut erreichbar ist! Für die Gewinnung von Fachkräften ist man- gelnde Erreichbarkeit fast ein K.o.-Kriterium!“ Fast 400 Beschäftigte zähle das Unterneh- men. Die Hälfte arbeite inzwischen an einem Standort außerhalb Nordrhein-Westfalens. „Hätten wir diese Verkehrsprobleme nicht, könnten diese Mitarbeiter auch hier arbei- ten!“ Etwa 550 Mitarbeiter beschäftigt die Erndtebrücker Eisenwerk GmbH & Co. KG an Der ehemalige NRW-Verkehrsminister Oli- ihrem Stammsitz, den etwa 100.000 Tonnen ver Wittke MdB ist zuversichtlich für die Stahl in Form von Rohren verlassen. „Im ab- „Betriebe werden Wittgenstein verlassen, Route 57. gelaufenen Geschäftsjahr mussten wir bereits wenn sich nichts ändert“, so Dirk Pöppel von die Produktion von 20.000 Tonnen nach Cux- derBSWBerleburgerSchaumstoffwerkGmbH. Es sind wohl nur sehr wenige Verkehrsprojek- haven auslagern. Die schlechten verkehrli- te, für die eine Chance besteht, auf politi- chen Rahmenbedingungen, insbesondere für Hüfte erhalten haben und anschließend über schem Wege nachträglich in den vordringli- Schwertransporte, haben hierbei eine Rolle zwei Stunden Fahrt nach Bad Berleburg auf chen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes gespielt.“, berichtete Logistikleiter Ingo Roth. sich nehmen müssen.“ Gleiches gelte für die gehoben zu werden. Dies ist Voraussetzung Erst vor Kurzem hatte das Unternehmen den Angehörigen, die einen Besuch abstatten dafür, dass sie in absehbarer Zeit tatsächlich neuen Produktionsstandort in Cuxhaven in möchten. Derzeit seien rund 800 Mitarbeiter verwirklicht werden. Die nordrhein-west-fä- Betrieb genommen. Eckehard Hof, Geschäfts- an den Standorten in Wittgenstein beschäf- lischen Vertreter der CDU im Bundesverkehrs- führer der Berge Bau GmbH & Co. KG, hob die tigt. Viele interessierte Fachkräfte erteilten ausschuss hätten sich auf drei Projekte ver- Folgen der langen Anfahrtswege nach Siegen inzwischen Absagen wegen der Verkehrsan- ständigt, für deren Aufnahme in den hervor: „Dadurch entstehen vergleichsweise bindung, so Sucherlan. Auch die Auswirkun- vordringlichen Bedarf sie kämpfen wollen, hohe Kosten, die uns im Wettbewerb deutlich gen auf die Umwelt wurden thematisiert: Ei- betonte Oliver Wittke: „Die Route 57 gehört benachteiligen!“ Man sei stolz darauf, mit gene Berechnungen hätten gezeigt, dass die dazu!“. Der Bundestagsabgeordnete und ehe- vielen Zulieferern und anderen Betrieben aus Verwirklichung der Route 57 Jahr für Jahr zur malige NRW-Verkehrsminister war der Einla- der Region zusammenzuarbeiten, unterstrich erheblichen Verringerung des CO2-Ausstoßes dung der IHK Siegen zu einem verkehrspoli- Ralph Helsper von der SMS Group GmbH. und zur Einsparung von mehreren hundert tischen Gespräch mit Unternehmern, Auch diese Partner litten unter der miserablen tausend Litern Treibstoff beitragen würde, so Betriebsräten, dem DGB und den heimischen Verkehrsverbindung, die Produktionsprozesse Dirk Pöppel: „Anders ausgedrückt: Die ökolo- Abgeordneten nach Wittgenstein bei der nachhaltig behindere und den Mitarbeitern gische Verweigerungshaltung einiger Weni- BSW Berleburger Schaumstoffwerk GmbH das Leben schwer mache: „Wir wollen, dass ger führt zu deutlichen Belastungen der Um- (BSW) gefolgt. Vor Ort vermittelte Wittke Zu- unsere Kinder und Enkel hier noch leben und welt!“ versicht: Er halte es für „gut machbar“, dass arbeiten können!“ Nachdem man die Planungen für die Weiter- die Ortsumgehungskette, die ja im bestehen- Rund 80 LKW verlassen tagtäglich das Berle- führung der A4 und die Ferndorf-Eder-Lahn- den Bundesverkehrswegeplan enthalten ist, burger Ejot-Logistikzentrum“, berichtete Straße aufgegeben hätte, werde trotz der er- am Ende auch in dessen Fortschreibung wie- Winfried Schwarz, Geschäftsführer der Ejot schlagenden Zahl an Argumenten von der berücksichtigt werde, auch wenn der Ent- GmbH & Co. KG. „Etwa die Hälfte von ihnen interessierter Seite versucht, die dringend wurf bislang etwas anderes sage. Die mehr befährt anschließend die B62/B508 und wür- notwendige Ortsumgehungskette zu verhin- als 30 anwesenden Arbeitgeber- und Arbeit- de daher von der Route 57 profitieren.“ dern, so der Tenor. Die Region habe sich mit nehmervertreter machten deutlich, wie un- Außerdem brauche das Unternehmen Fach- Blick auf den Bundesverkehrswegeplan auf zufrieden sie sind: Wittgenstein werde „ver- kräfte auch aus dem Siegerland, aber für die eine wesentliche Forderung konzentriert und kehrspolitisch abgehängt“. Bad Berleburg sei meisten sei der Fahrweg einfach zu weit. hierfür eine „Koalition der Vernunft“ gebildet. die landesweit am weitesten von der Auto- „Täglich zwei Stunden Fahrzeit zusätzlich zur „Damit ist der Boden bereitet, in Berlin eine bahn entfernt liegende Stadt. „Wenn sich an Arbeitszeit, das verschlechtert die Lebens- Verständigung zu erreichen“, so Klaus Gräbe- der Verkehrsanbindung nichts ändert, werden qualität so sehr, dass sich viele überlegen, ob ner. Wittke ließ keinen Zweifel: „Hier muss Betriebe Wittgenstein ganz oder teilweise sie das in Kauf nehmen sollen“, ergänzte Ejot- politisch nachgebessert werden. Wittgen- verlassen. Die Unternehmen suchen Erweite- Betriebsratsvorsitzender Klaus-Dieter Zissel. stein braucht eine leistungsfähige Anbindung rungsoptionen außerhalb der Region“, unter- Gravierende Probleme ergeben sich nicht nur an die Autobahn. Das hat auch die Bevölke- strich Gastgeber Dirk Pöppel, geschäfts- für Industrie und Beschäftigte, sondern etwa rung verdient, die in den Ortslagen lebt und führender Gesellschafter von BSW. auch für die Wittgensteiner Krankenhäuser. tagtäglich den erheblichen Belastungen aus- „Kein zukünftiges Drohszenario, sondern eine Ute Sucherlan, Vorsitzende des Betriebsrates gesetzt ist!“ Allerdings müsse anschließend Entwicklung, die bereits seit einigen Jahren der Helios Kliniken GmbH: „Für Patienten ist auch das Land dabei helfen, dass zügig ge- stattfindet“, erläuterte IHK-Hauptgeschäfts- es abschreckend, wenn sie in Köln eine neue plant wird. 10 REPORT 8/16
Aktuell Effizienz Energiedaten im Fokus der Unternehmer Wer die Energieeffizienz im eigenen Un- ternehmen verbessern will, muss wissen, wie es um die eigenen Energieverbräuche und -verluste steht. Dieser Tenor bildete den roten Faden einer IHK-Infoveranstal- tung, die gemeinsam mit der Effizienz- Agentur NRW unter dem Titel „Energie- daten im Fokus – erfolgreich messen, erfassen, auswerten und steuern“ durch- geführt wurde. In diesem Zusammenhang stellte Dr. Gerhard Saller (Saller GmbH) die Strategien zur Erhöhung der Energieeffi- zienz vor, um dann auf die rechtlichen An- forderungen an die Energiedatenerfassung einzugehen. Dr. Hartmut Klein (Econius GmbH) stellte anschließend die Vorteile Die Energiedaten standen im Fokus einer Infoveranstaltung bei der IHK Siegen. einer strukturierten messtechnischen Er- fassung der Energiepfade im Betrieb vor. müssen daher auch nutzstiftend sein“, anderem faire Preise selbst berechnet wer- Hierbei verwies er auf die Forderungen aus ergänzte Dr. Tobias Schwartz (Qosit AG). den „Diese Online-Anwendung kann der- Gesetzen, Normen und Anspruchsgruppen, „Schließlich gilt: Was ich messen kann, zeit kostenfrei auf www.energysim.de ge- Erwartungen der Betriebe, häufig anzu- kann ich auch optimieren.“ Ein Tool, um die nutzt werden“, so Hoffmann. Abschließend treffende Randbedingungen und Auswege Preistransparenz bei den Energiepreisen zu berichtete Heiko Stötzel, Leiter Umwelt- aus dem Dilemma „ein hochkomplexes erlangen, stellte Dr. Alexander Hoffmann /Arbeitsschutz & Gebäudemanagement, Energiecontrolling“ aufstellen zu müssen. (Statmath GmbH) vor. Mit dem Energie- aus der Praxis vom Energiemanagement- „Die Daten, die eingesammelt werden, beratungstool „Energysim“ können unter system der Firma Ejot.
Aktuell Auszeichnung UKUS Verdienstkreuz 1. Klasse für Klaus Th. Vetter Digitale Marktführerschaft IHK-Ehrenpräsident Klaus Th. Vetter wurde Den Begriff „Digitalisierung“ und dessen kürzlich eine besondere Ehrung zuteil: Im Relevanz für kleine und mittelständische Auftrag des Bundespräsidenten bekam er Unternehmen (KMU) greifbar machen – so aus den Händen von Ministerpräsidentin lautete das Ziel der dritten UKUS-Veran- Hannelore Kraft in einer Feierstunde in Düs- staltung in diesem Jahr, zu der die IHK Sie- seldorf das Verdienstkreuz 1. Klasse des Ver- gen und das Siegener Mittelstandsinstitut dienstordens der Bundesrepublik Deutsch- (SMI) der Universität Siegen eingeladen land verliehen. Grund genug für die IHK, im hatten. Die Relevanz des Begriffs „Digitali- Rahmen eines kleinen Empfangs die Lei- sierung“ sei für viele Unternehmen oft nur stungen von Klaus Th. Vetter zu würdigen. schwer einzuschätzen, betonte Walter IHK-Präsident Felix G. Hensel betonte in sei- Schäfer vom Lehrstuhl für Wirtschaftsin- ner Ansprache, dass sich Klaus Vetter als er- formatik der Universität Siegen. Sein Vor- folgreicher Unternehmer, sympathischer trag „Digitalisierung – Eine Herausforde- Botschafter der heimischen Wirtschaft und rung für KMU“ unterstrich die Bedeutung vielfältig engagierter Bürger für die Region des Begriffes für KMU und legte dar, wie mehr als verdient gemacht habe: „Es ist diese bei der Einführung digitaler Prozesse nicht möglich, dieses Lebenswerk tatsäch- vorgehen können. „Der Begriff ‚Digitali- lich in diesem kleinen Rahmen umfassend sierung‘ gewinnt für die mittelständisch zu würdigen.“ Landrat Andreas Müller dank- Hannelore Kraft überreichte Klaus Th. Vetter geprägte Wirtschaft enorm an Bedeutung, te Vetter insbesondere für seine leiden- das Verdienstkreuz 1. Klasse. jedoch ist die Situation für KMU im schaftliche Unterstützung von Kunst, Sport, Gegensatz zu größeren Unternehmen eine Kultur, beruflicher Bildung und sozialem En- Instrument, die Wirtschaft in der Region völlig andere“, stellte Schäfer heraus. Vor gagement im gesamten Kreisgebiet. aktiv mit zu gestalten. dem Hintergrund sich wandelnder Anfor- Klaus Th. Vetter war von 2008 bis 2014 Prä- Klaus Th. Vetter brachte sich über Jahr- derungen durch veränderte Kommunikati- sident der IHK Siegen. Er gehörte 20 Jahre zehnte hinweg in weiteren gesellschaft- onsstrukturen seien KMU gezwungen, ihre lang (1994 – 2014) der Vollversammlung lichen Feldern ein, etwa als Unterneh- Prozesse und Produkte zu standardisieren, an und engagierte sich insbesondere für die menspate für Existenzgründer oder als um flexibel auf Kundenwünsche reagieren Ausbildung junger Menschen. Vetter gehör- Gründungs- und Vorstandsmitglied des zu können, denn „der Kunde verlangt Vari- te zu den Gründungsmitgliedern und zum Initiativkreises Apollo-Theater Siegen. Dar- anz.“ Eine Umfrage des Branchenverbands Gründungsvorstand des Berufsbildungs- über hinaus beteiligt er sich an der Ortsver- Bitkom ergab, dass sich Unternehmen von zentrums (bbz) der IHK Siegen, seit 2008 ist schönerung seines Geburtsortes Siegen-Ei- Industrie 4.0 neben einer Erhöhung der Ka- er dort erneut im Vorstand tätig. Auch für serfeld, bei der „Bürgerstiftung Wilnsdorf“ pazitätsauslastung eine schnellere Umset- das „Haus der Berufsvorbereitung“ setzte und bei weiteren sozialen Einrichtungen im zung von Kundenwünschen erhoffen, eben- er sich intensiv ein. Zudem brachte er sei- Kreis Siegen. In ihrer Laudatio für Vetter so spielen Kostensenkungen in der nen Sachverstand in zahlreichen Ausschüs- hob Ministerpräsidentin Hannelore Kraft Produktion und beim Personal eine Rolle. sen der IHK und über 20 Jahre als ehren- insbesondere die Südwestfalen-Initiative Interessant sei es laut Schäfer, dass nur we- amtlicher Handelsrichter am Landgericht hervor, die Klaus Vetter mitgestaltet hat. nige Unternehmer (14 Prozent) im Zuge von Siegen ein. Ehrenamt war und ist für ihn O-Ton: „Sie, Herr Vetter, haben mir die Be- Industrie 4.0 neue Geschäftsmodelle ent- Ehrensache und zugleich das wesentliche deutung Südwestfalens nähergebracht!“ wickeln wollen und viele nicht bereit seien, viel Geld auszugeben. „Digitale Marktfüh- rerschaft gibt es nicht zum Spartarif“, so Schäfer. Wer auch zukünftig erfolgreich sein wolle, müsse in die Digitalisierung in- vestieren – allerdings in sukzessiver Art und Weise. Als Ziel der Digitalisierung in KMU nannte Schäfer die Schaffung von Wert- schöpfungsnetzwerken durch verschiedene Maßnahmen. Abschließender Ratschlag an KMU: Produktion in Teilschritten digitali- sieren und funktionales Wissen, das sich in diesen Unternehmen oftmals auf wenige einzelne Personen konzentriert, sichern. Außerdem müsse darüber nachgedacht werden, wie die Menschen im Unterneh- men „mitgenommen werden können“, um sich das neue Konzept anzueignen. Die Vor- träge der Referenten stehen unter www. Der Verdienstorden wird an Bürger für politische, karitative, wirtschaftlich-soziale und geistige uni-siegen.de/smi/aktuelles zum Download Leistungen sowie für alle besonderen Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland verliehen. bereit. 12 REPORT 8/16
Aktuell Innovationsbudget Gymnasium Lennestadt setzt auf Minilabor-Sets Um den Schülern die Themen „Technik“ präsentieren die Gruppe diese im und „Wirtschaft“ näherzubringen, er- Plenum. Während der Projektarbeit hielt das Gymnasium Lennestadt eine gibt es verschiedene Arbeitsphasen: In finanzielle Unterstützung aus dem In- den Experimentierphasen stellen die novationsbudget der IHK Siegen. Das Schüler Gold- und Silber-Nanopartikel Geld investierte die Lennestädter mit Hilfe eines Minilabors her und prü- Schule in verschiedene Materialien für fen anschließend die Größe der erhal- das Projekt „Zwerge aus dem Mittel- tenen Partikel mittels verschiedener alter“ des Biologie-Chemie-Differen- Methoden. In den Theoriephasen wer- zierungskurses in der neunten Klasse. den verschiedene Fragestellungen wie So wurden zum Beispiel Minilabore „Woraus bestehen Nanopartikel?“, und ein UV-VIS-Spektralphotometer „Welche Chancen und Risiken sind mit angeschafft. In den Projektphasen er- ihrem Einsatz verbunden?“ oder „Wel- arbeiten sich die Schüler mit Hilfe che neuen Einsatzgebiete sind denk- eines Minilabors Einblicke in die Mög- bar?“ behandelt. Biologie- und Che- lichkeiten und Risiken der Nanotech- mielehrerin Renate Droste ist vom nologie, eine Schlüsseltechnologie des Projekt überzeugt: „Es bietet höchst 21. Jahrhunderts. Gearbeitet wird da- aktuelle Bezüge zur Nanotechnologie bei in Kleingruppen, die als For- und die Schüler lernen die Handha- schungsabteilungen einer (fiktiven) bung von Geräten im Minimaßstab, die Firma aufgefordert sind, metallische auch an Unis und Forschungslaboren Nanopartikel aus der Produktpalette der Industrie verwendet werden. Darü- dieser Firma herzustellen und innova- ber hinaus sind das Minilabor und das tive Vorschläge für mögliche Ersatz- Eine Schülerin experimentiert mit einem der neuen Spektrometer auch im regulären Un- produkte zu machen. Anschließend Minilabor-Sets. terricht vielseitig verwendbar.“
Aktuell Multimediale Informationsflut Sylvia Rohleder: Wie komme ich trotzdem in die Medien? 72 Stunden Videomaterial werden pro Mi- konsequent im Blick behalten und ihre An- nute ins Internet gestellt, 40.000 Fotos auf sprechpartner genau kontaktieren.“ Einfa- Instagram hochgeladen und 280.000 che Kontrollfragen wie: „Wer ist meine Ziel- Tweeds pro Minute auf Twitter „gezwit- gruppe und in welchen (sozialen) Medien schert“. Redaktionen und Journalisten er- ist diese überhaupt unterwegs?“ helfen da- sticken täglich in einer unendlichen Flut bei leicht weiter. Neben der richtigen The- aus Themenangeboten, Nachrichtenmel- men-Aufbereitung ist natürlich auch die dungen, Informationen, Bildern und Pres- Medien-Identifikation – also spricht man se-Einladungen. „Da landet eine Pressemit- Radio, Zeitung oder Fernsehen an – sowie teilung über ein Firmenjubiläum oder eine die Setzung von Schwerpunkten besonders Messeteilnahme schnell ungelesen im Pa- wichtig. „Außerdem sollte sich jeder Unter- pierkorb“, weiß Sylvia Rohleder aus der täg- nehmer bewusst sein, dass Presse- und Öf- lichen Praxis. Die gebürtige Wilnsdorferin fentlichkeitsarbeit kein automatisches Ver- ist „Chefin vom Dienst“ beim RTL-Mittags- triebstool zur Absatzsteigerung ist, sondern magazin „Punkt 12“. Ihr Thema beim Me- ein Kommunikationsmittel zum Aufbau von dienseminar in der IHK Siegen: „Multime- Image, Vertrauen und Kundenbindung. Es diale Informationsflut: Wie komme ich muss in Betrieben dafür klare Zuständig- trotzdem in die Medien?“ Rund 70 Besucher keiten für die Presse- und Öffentlichkeits- folgten gespannt Rohleders Ausführungen. Referentin Sylvia Rohleder widmete sich arbeit geben. Das Thema kann nicht mal „Nichts ist unmöglich: Mit einer guten Vor- beim IHK-Medienseminar der „Multimedia- eben noch nebenher mitgemacht werden“, bereitung und keinem PR-Schnellschuss“, len Informationsflut“. meint die RTL-Fachfrau. Und: „Weniger ist so die RTL-Fachfrau. Wie diese Vorberei- manchmal mehr. Zielgerichtet und mit kon- tung aussehen kann, welche Dinge für Jour- des IHK-Medienseminares. „Medienarbeit tinuierlicher Betreuung wird aus der Pres- nalisten interessant sind und welche Rolle ist Selektion, und Sie sind nur einer von vie- se- und Öffentlichkeitsarbeit etwas Ein- dabei auch die neuen Medien (Social Me- len“, ging Sylvia Rohleder ins Detail. „Des- heitliches und eine vernünftige, langfristige dia) spielen, erläuterte Rohleder im Rahmen halb müssen Unternehmen ihre Zielgruppe PR ist gesichert.“ Kassenführung und Kassenprüfung Mit Digitalisierung gegen Steuerhinterziehung Die Kassensysteme in den Einzelhandelsge- Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei und effizienteren Überblick verschaffe, schäften sind vielfältig. Sie reichen vom Bargeschäften, nach der elektronische Re- richte diese bei Betriebsprüfungen verstärkt normalen Desktop-PC über mechanische gistrierkassen um- oder aufgerüstet (hät- den Fokus auf vorhandene (elektronische) Kassen bis zur klassischen Geldkassette. „Da ten) werden müssen, um den Anforderun- Kassensysteme, so Goede. Nach den Erfah- aber Papierbelege umständlich sind und gen des Bundesfinanzministeriums zu rungen der Finanzbeamten könnten mit die Digitalisierung ohnehin voranschreitet, genügen. Und jetzt laufe die Frist „plötz- Hilfe moderner Registrierkassen leicht Um- möchte auch die Finanzverwaltung nur lich“ aus und zwinge viele Händler zum sätze verkürzt und Steuern hinterzogen noch digitale Daten erhalten“, erklärte Handeln. Da die Digitalisierung der Finanz- werden. Demnach hat der Fiskus allein im Christian Goede. Der Diplom-Jurist von der verwaltung einen häufigeren, schnelleren Jahr 2014 bei knapp 200.000 Geschäften Datev eG zeigte in der IHK Sie- rund 17 Milliarden Euro an gen auf, welche Anforderungen Nachzahlungen eingefordert. an die Kassenführung und Kas- „Der Schwerpunkt der Prüfun- senprüfung nach GoBD (Grund- gen gilt der Ordnungsmäßigkeit sätze zur ordnungsmäßigen der Buchführung“, sagte Goede. Führung und Aufbewahrung von „Aufbewahrungspflichtig sind Büchern, Aufzeichnungen und für die Dauer von zehn Jahren Unterlagen in elektronischer nach GoBD neben Unterlagen in Form sowie zum Datenzugriff) Papierform auch alle Unterlagen gestellt werden und für wen die in Form von Daten, Datensätzen Frist 31. Dezember 2016 zur und elektronischen Dokumen- Umstellung auf digitale Systeme ten, die darlegen, dass die Ord- gilt. „Festgelegt wurde die Über- nungsvorschriften umgesetzt gangsfrist im Grunde bereits im und deren Einhaltung über- Jahr 1996“, berichtete Goede. wacht wurde.“ Bereits kleinste Seinerzeit sei die jedoch für alle Aufbewahrungsfehler, auch von Betroffenen so weit weg gewe- Bedienungsanleitungen oder sen, dass sie in Vergessenheit Trotz aller Digitalisierung besteht keine Pflicht zur Nutzung einer Programmierungen könnten er- geraten sei. Ergänzt wurde sie elektronischen Registrierkasse. Offene Ladenkassen können nach hebliche Folgen zum Beispiel in 2010 um eine Vorschrift zur wie vor weiterverwendet werden. Form von Zuschätzungen haben. 14 REPORT 8/16
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