ZITTAU FÜR DIE 3LÄNDERREGION - ZITTAU 3LÄNDERREGION BEWERBUNG UM DEN TITEL KULTURHAUPTSTADT EUROPAS 2025 - Zittau2025

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ZITTAU FÜR
                  DIE 3LÄNDERREGION

ZITTAU • 3LÄNDERREGION
BEWERBUNG UM DEN
TITEL KULTURHAUPTSTADT
EUROPAS 2025
ZITTAU FÜR DIE 3LÄNDERREGION - ZITTAU 3LÄNDERREGION BEWERBUNG UM DEN TITEL KULTURHAUPTSTADT EUROPAS 2025 - Zittau2025
ZITTAU 2025
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INHALT
  EINLEITUNG                                        2

1 BEITRAG ZUR LANGZEITSTRATEGIE                     12

2 KULTURELLE UND KÜNSTLERISCHE INHALTE              22

3 EUROPÄISCHE DIMENSION                             35

4 ERREICHUNG UND EINBINDUNG DER GESELLSCHAFT        41

5 VERWALTUNG                                        54

6 UMSETZUNGSFÄHIGKEIT                               70

  ANHANG                                            81

               = STORIES

               Das Story-Symbol kennzeichnet un-
               sere niedergeschriebenen Geschich-
               ten des alltäglichen Zusammenle-
               bens in der Dreiländerregion
               - nah und unverblümt.

               Die Fotos zeigen einen Teil
               der über 100 Teilnehmer der
               Bewerbungskampagne »Hei-
               matradar« mit ganz persönli-
               chen Botschaften und Wün-
               schen zur Kulturhauptstadt-
               bewerbung 2025.
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EINLEITUNG
ZITTAU FÜR DIE 3LÄNDERREGION - ZITTAU 3LÄNDERREGION BEWERBUNG UM DEN TITEL KULTURHAUPTSTADT EUROPAS 2025 - Zittau2025
Warum möchte Ihre Stadt am Wettbewerb um den Titel
„Kulturhauptstadt Europas“ teilnehmen?                                                                                    A

WEIL WIR EUROPA BRAUCHEN UND
WEIL EUROPA UNS BRAUCHT.
Unser heutiges Selbstverständnis von Freiheit und             all dem, was geschehen ist, liegt es in unserer ge-
einem Lebensumfeld ohne sichtbare Grenzen ist das             meinsamen Verantwortung, den kommenden Gene-
Ergebnis eines bewegten Jahrhunderts. Wir haben               rationen den Weg und den Wert eines respektvollen
uns die Köpfe eingeschlagen, uns gegenseitig umge-            und bereichernden Miteinanders in Europa aufzuzei-
bracht, unseren Freunden und Nachbarn schlimmes               gen.
Leid zugefügt, einander vertrieben und Grenzen ge-
zogen, wo keine Grenzen waren. Diesem wohl dun-               Seit der Festlegung der Grenzen 1945 zeichnen wir
kelsten Kapitel in der Geschichte der Dreiländerregi-         unsere Träume auf dünnes Papier, denn so kostbar
on um Zittau folgte ein schmerzhafter Prozess der             unser junges Miteinander ist, so fragil ist es auch. In
Wundheilung - ein Prozess, der noch immer andauert            Zeiten, in denen die Zukunft Europas für viele mehr
und uns noch lange begleiten wird. Und doch schau-            Sackgasse als Schnellstraße zu sein scheint, rufen
en wir nach vorn. In friedlicher Nachbarschaft und            wir in die Welt hinaus: Wir brauchen Europa. Jetzt!
im Wissen um die Energie gebündelter Kräfte setzen            Wir brauchen es, um weitergehen und unsere Ge-
die Menschen hier in der Grenzregion vorsichtig               schichte fortschreiben zu können. Wir wollen und
einen Fuß vor den anderen. Wir haben begonnen ein-            müssen uns weiterentwickeln.
ander kennenzulernen, einander zu verstehen. Mitt-
lerweile leben, lieben, lachen und streiten wir mitei-
nander. Die ersten Zeilen unserer neuen
gemeinsamen Geschichte sind geschrieben, zarte Li-
nien einer lebendigen Zukunft grob skizziert. Nach

                   EINE GUTE BERÜHRUNG

                  M         it dem einen Fuß in der Tschechi-
                            schen Republik und dem anderen
                   in Deutschland balanciert Emma in der
                   Mitte der Dreiländerbrücke. Voller Neu-
                   gier packt das barfüßige Mädchen die Hand
                   ihrer Urgroßmutter. Noch kurz zuvor hatte
                   sie die rüstige Dame samt Rollator auf die pol-
                   nische Seite gelockt. „Drei Länder, eine Berüh-
                   rung!“, ruft sie in den blauen Himmel, der wie sie
                   keine Grenzen kennt. Hand in Hand stehen sie da
                   und lachen sich an. 80 Jahre, die sie trennen. „Oma,
                   warum ist das hier so?“, fragt Emma. Fest umschließt
                   die alte Schlesierin die Finger ihrer Enkelin, presst die
                   Augen zusammen und beginnt zu berichten. Und es ist
                   wie immer, wenn Oma Helene erzählt - kein Geschichts-
                   buch der Welt vermag es ihr gleichzutun.

                                                                                                                    EINLEITUNG
                                                          3
                                                                                              Bid Book 1 • Zittau • 3Länderregion
ZITTAU FÜR DIE 3LÄNDERREGION - ZITTAU 3LÄNDERREGION BEWERBUNG UM DEN TITEL KULTURHAUPTSTADT EUROPAS 2025 - Zittau2025
GRANITSCHÄDEL

                                                „D         ie sollen sich lieber mal um die ganze Hundescheiße kümmern!“ Die
                                                           Faust knallt auf den Frühstückstisch. Stille. Dann poltert es erneut:
                                                 „So ein Quatsch! Von allen hirnrissigen Ideen, die hier zurzeit die Runde ma-
                                                  chen, ist das mit Abstand die dümmste! Was denen wieder einfällt. Die müs-
                                                   sen doch spinnen. Als ob wir keine anderen Probleme hätten als an irgend-
                                                    welchen       Wettbewerben        teilzunehmen?      Kitaplätze,     Straßen,
                                                     Grenzkriminalität! Wie wär’s damit?“ Wütend schaltet er das Radio aus.
                                                      „Herbert, du alter Granitschädel! Leg endlich deine Scheuklappen ab.
                                                       Denk doch mal an Laura. Oder an die Kozáks von nebenan. Unsere Zu-
                                                       kunft ist auch die Zukunft der anderen. Die, die nach uns kommen, sol-
                                                        len doch gerne hier sein. Das solltest du eigentlich genauso sehen.
                                                        Warum nicht mal was Verrücktes wagen. Ich halte das für `ne ziemlich
                                                         gute Idee. Klingt nach einer großen Chance für alle, die hier leben. Und
                                                        außerdem heißt es Kulturhauptstadt Europas 2025!“. Lächelnd deutet
                                                        Gerda auf ihr Ohr und sagt: „Dein Hörgerät, Bertl!“. Herbert schweigt.

Die Bewerbung um den Titel Kulturhauptstadt Europas              ECoC –Prozess gibt uns die Chance allen zu zeigen, wie
2025 schenkt den Menschen im Dreiländereck Deutsch-              Europa im Alltag funktionieren kann. Wir sind dabei, Vi-
land-Tschechien-Polen einen gemeinsamen Zukunfts-                sionen zu entwerfen, die im kleinen wie im großen euro-
entwurf, denn wir wollen und können uns nicht alleine            päischen Kontext wirken können. Dabei auch immer im
denken. Wir sind eine Nahtstelle Europas. Europa ist             Blick - unsere Herausforderungen: Abwanderung, Leer-
unser Alltag geworden. Ob kulturell, politisch oder wirt-        stand, Strukturwandel. Diese Themen gehören genau-
schaftlich, alle Gegebenheiten verlangen von uns einen           so zu uns wie all das Gute, das wir haben.
Rundumblick. Zu dieser komplexen Sicht gehören unse-             Viele junge Menschen haben die Region in den letzten
re polnischen und tschechischen Nachbarn, genauso                Jahrzehnten verlassen, um woanders ihr Glück zu fin-
wie die bedeutsame Kultur der sorbischen Minderheit.             den. Ihr Fehlen macht sich bemerkbar – in der Wirt-
Die Vergangenheit lehrt uns, wie gut und lebensberei-            schaft und der Kulturszene, genauso wie im Bildungs-
chernd ein gelungenes Miteinander wirken kann. Mit               und Pflegebereich. Der Titel Kulturhauptstadt Europas
dem länderübergreifenden Oberlausitzer Sechsstädte-              bietet uns die Möglichkeit, Aufmerksamkeit und Neu-
bund, einem erfolgreichen Wirtschafts- und Handels-              gier zu entfachen – bei denen, die uns noch nicht ken-
schutzbündnis zwischen Sachsen und Böhmen, haben                 nen, aber auch bei all jenen, die vielleicht zu uns zurück-
uns die Gestalter der Region schon im Mittelalter be-            kehren wollen. Die im Prozess entstehende Energie
wiesen, dass es besser voran geht, wenn man trotz aller          bringt uns nicht nur voran, sondern auch wieder näher
Unterschiede Hand in Hand geht. Fast 500 Jahre lang              zueinander.
haben die „königlichen“ Städte Zittau, Görlitz, Baut-            Als ländlicher Raum fern ab großer Metropolzentren
zen, Kamenz, Löbau und Lauban, das heute polnische               heben wir unsere trinationale Fahne stellvertretend für
Lubań, gemeinsam eine nachhaltige regionale Entwick-             all die Regionen Europas, deren Alltagsrealität ähnlich
lung gefördert – für uns Inspiration für die gemeinsame          wie unsere von Leerstand und Strukturwandel betrof-
Zukunft nach altem Vorbild.                                      fen ist. Es gilt gemeinsam Wege zu finden, von Großin-
Heute droht Europa mehr und mehr auseinanderzudrif-              dustrie und Braunkohletagebau hin zu einer modernen
ten. In unseren drei Ländern sind europakritische oder           europäischen Kulturregion. Der ECoC-Prozess wird uns
gar europafeindliche Gruppierungen auf dem Weg in                dabei helfen, unsere Entwicklung zu beschleunigen.
die Instanzen. Ihre Ideologie speist sich teils aus natio-       Wir haben so viele Stärken und große Herausforderun-
nalistisch motivierten Gründen, teils aus Unverständnis          gen. Beides macht uns zu dem, was wir sind. Der Kultur-
über die komplizierten Prozesse, die Europa und die              hauptstadttitel ermöglicht es, Europa unsere
Europäische Union verbinden und lenken. Zur ihrem                365°LEBEN zu zeigen – mit allem, was dazu gehört.
Wahlerfolg verhelfen ihnen auch unerfüllte Erwartun-             365°LEBEN heißt, sich in alle Richtungen umschauen,
gen und enttäuschte Hoffnungen vieler Menschen. Das              seinen Kreis erweitern, einen Schritt weitergehen und
Gefühl und die deutliche Wahrnehmung, dass der länd-             das 365 Tage im Jahr. Das war hier lange nicht möglich.
liche Raum von der Urbanisierung marginalisiert wird             Deswegen wollen wir Kaleidoskop sein – immer in Be-
und dabei seine zukünftigen Leistungsträger – die Ju-            wegung, alle Farben in uns und nach außen tragen. Wir
gend – an die großen Städte verliert, verstärkt dies             geben Licht und Schatten Raum und erfinden uns
noch. Für eine aktive Region mit Zukunftschancen                 immer wieder neu. 365°LEBEN heißt, die Vielfalt unse-
brauchen wir die Mitwirkung aller Menschen. Um der               rer Kulturen zu begreifen. 365°LEBEN bedeutet, immer
anti-europäischen Tendenz zu begegnen, arbeiten wir              mutiger zu sein. 365°LEBEN heißt suchen, finden und
an einem Gegenentwurf, denn unsere Realität hier vor             gefunden werden.
Ort ist eine andere. Hier hält Europa zusammen. Der

EINLEITUNG
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Bid Book 1 • Zittau • 3Länderregion
ZITTAU FÜR DIE 3LÄNDERREGION - ZITTAU 3LÄNDERREGION BEWERBUNG UM DEN TITEL KULTURHAUPTSTADT EUROPAS 2025 - Zittau2025
27. MAI 2019
       IM HERZEN DAHEIM

       L
                                                                         Honza
            aura spürt ihr Herz. Sie hat Schiss. Vor 15 Jahren wollte
            sie einfach nur weg und hat die Dreiländerregion verlas-
       sen, um in Berlin zu studieren und Karriere zu machen. Wie
       froh sie damals war als die Zusage kam. Endlich raus aus der
       Provinz. Endlich leben ohne Grenzen. Alles immer und über-
       all verfügbar. Liebe, Geld, Jobs, Partys, Lifestyle, 24/7 ÖPNV
       - 100% Selbstverwirklichung. Es ist 2.00 Uhr. Hellwach starrt
       sie auf ihr Telefon. Nichts. Mensch, das muss doch irgend-
       wann mal ausgezählt sein, denkt sie. Unruhig steht sie auf,
       geht ans Fenster ihres kleinen Appartements und blickt auf
       die Platte gegenüber. Sie schließt die Augen und denkt an         74,2 %!!! Zittau hat JA gesagt.
                                                                                                                          02:33
       Daheim, das Gebirge, die Natur, das kleine Umgebindehaus
       ihrer Eltern und die gemütlichen Dorffeste im tschechischen
       Nachbarörtchen, die ihre kleine Tochter Emma so liebt.
       Sehnsucht. Whatsapp! Endlich. Sie rast zum Telefon, hält
       den Atem an und öffnet die Nachricht:

Hat Ihre Stadt die Absicht, die umliegenden Regionen mit
einzubeziehen? Warum?                                                                                                         B
SELBSTVERSTÄNDLICH, WEIL ES UNSER SELBSTVERSTÄNDNIS IST.

                 GEMEINSAME WEGE

                 K     lare Verhältnisse, erkennbare Trennung und
                       so wenig wie möglich Sichtkontakt zu den
                 tschechischen Nachbarn – das war sein Ziel, da-
                 mals, als er vor 30 Jahren seine Mauer baute. Gerda
                 war sauer. Herbert war früher immer offen. Und
                 dann sowas. Nach einiger Zeit konnte sie ihn dann
                 aber doch zu einem Besuch bei den Kozáks überre-
                 den. Sie kochten gemeinsam Knoblauchsuppe, tran-
                 ken tschechisches Bier und trotz Verständigungspro-
                 bleme gelang es ganz gut, das Miteinander. Das
                 musste sich auch Herbert eingestehen. Beflügelt vom
                 Genuss und der Freundlichkeit ihrer Nachbarn schau-
                 kelten Gerda und er nach Hause. „Und Bertl? War das
                 denn jetzt so schlimm?“, fragte sie und gab ihm einen ne-
                 ckischen Stoß. Er grinste. „Gerdi, wir nehmen den direkten
                 Weg. Querfeldein! Noch ist meine Mauer ja nicht fertig.
                 Aber pass auf wo du hintrittst, is arschdunkel hier!“. Plötz-
                 lich! Ein dumpfer Schlag beendet den nächtlichen Grenz-
                 gang. Stille…

                 Ein Kauz schrie. Den Bart voller Dreck erhob sich Herbert. Er wankte. Voller Wut trat er gegen den Mau-
                 erstein, der ihn zu Fall brachte. „So fühlen sich Grenzen an!“, rief Gerda, die sich lachend krümmte. „Das
                 Ding kommt weg! Sofort!“, brüllte Herbert. Aufgeschreckt von dem Getöse eilten die Kozáks herbei. Zu
                 viert räumten sie den Stein aus dem Weg. Noch in dieser Nacht schmiedeten sie Pläne für eine gemein-
                 same Wegbeleuchtung. An der Stelle, wo Herbert damals stolperte, befindet sich heute ein gemeinsa-
                 mer Grillplatz.

                                                                                                                        EINLEITUNG
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ZITTAU FÜR DIE 3LÄNDERREGION - ZITTAU 3LÄNDERREGION BEWERBUNG UM DEN TITEL KULTURHAUPTSTADT EUROPAS 2025 - Zittau2025
ZIELONA GÓRA
                                                                                            (POLEN)

                                                        BAD MUSKAU
                                          WEISSWASSER
        HOYERSWERDA

KAMENZ
                        D                                         Landkreis Görlitz              Powiat
                                                                                                 Zgorzelec
                                                                                                                               BOLESŁAWIEC

                                                                                                                         PL
                                      BAUTZEN
    Landkreis Bautzen
                                                                   GÖRLITZ / ZGORZELEC

                                                     LÖBAU                                                    LUBAŃ

                                                                                      FRÝDLANT
                                                         ZITTAU
                                                                         BOGATYNIA                                                      JELENIA GÓRA
                                 VARNSDORF

                                                                         HRÁDEK NAD NISOU

                                                                  CZ
                                                                                         LIBEREC

                                        ČESKÁ LÍPA
                                                                                             Liberecký kraj

          VILLINGEN-SCHWENNINGEN                      PISTOIA
          (D / BADEN-WÜRTTEMBERG)                     (ITALIEN)

Neben den Städten des Oberlausitzer Sechststädtebundes und
                                                                                                                      OBERLAUSITZER
Liberec, als Zentren unserer Bewerbung, gehören weite Teile
                                                                                                                      SECHSSTÄDTEBUND + LIBEREC
der Euroregion Neisse-Nisa-Nysa zu unserer unmittelbaren Be-
werberregion. Derzeit nennen circa 1,5 Millionen Menschen die-
                                                                                                                      KLEINES DREIECK
ses Gebiet ihr Zuhause. Mit weiteren Partnerstädten aus Nah
und Fern planen wir oder bestehen bereits Themenachsen in
                                                                                                                      PARTNERSTÄDTE
den Bereichen: bildende und darstellende Kunst, Architektur
                                                                                                                      MIT THEMENACHSEN
und Industrie, Kulinarik, Handwerk, Musik, Natur und Land-
schaft, Geschichte, Digitalisierung, Vision und Soziokultur.

EINLEITUNG
                                                                             6
Bid Book 1 • Zittau • 3Länderregion
ZITTAU FÜR DIE 3LÄNDERREGION - ZITTAU 3LÄNDERREGION BEWERBUNG UM DEN TITEL KULTURHAUPTSTADT EUROPAS 2025 - Zittau2025
Erklären Sie kurz das Gesamtkulturprofil Ihrer Stadt.
                                                                                                                       C
         STOFF FÜR ERINNERUNGEN

        E     igentlich wollte Honza Kozák sein selbstgebautes Tor treffen.
              Stattdessen erwischte er Laura, die gerade im Garten nebenan
         spielte, mit einer solchen Wucht am Kopf, dass sie kurzer-
         hand in Ohnmacht fiel. Als sie die Augen öffnete, hatte sie
         einen Eisbeutel auf der Stirn und einen Freund fürs Leben.
         Aus dem Schicksalstreffer wurden zwei Herzen im Gleich-
         klang. Bis zu dem Tag, an dem Laura nach Berlin ging, um
         dort ihr Glück zu finden. Manchmal, auf Arbeit, wenn
         sie sich unbeobachtet fühlt, erweckt sie die gemeinsa-
         men Erinnerungen zum Leben und zeichnet kleine Co-
         mics. Oft trägt das Heimweh ihre Linien und immer
         dann, wenn die Sehnsucht zu groß wird, sendet sie
         Honza ein Foto ihrer kolorierten Tagträume. Sie
         haben so viel zusammen erlebt. Über 300 dieser klei-
         nen Momentaufnahmen füllen bereits Lauras Skiz-
         zenbuch: unzählige Konzert- und Theaterbesuche,
         Radwanderungen und durchzechte Festivalnächte,
         blaue Zehen beim Tanzkurs in sorbischen Trachten,
         staunende Gesichter vor architektonischen Meis-
         terstücken der Region, Ärger im Riesengebirge
         beim erfolglosen Versuch Skilaufen zu lernen, Trä-
         nen des Lachens bei der anschließenden Bierver-
         kostung im polnischen Lieblingsrestaurant.
         Laura weiß, sie wird noch lange zeichnen.

KULTURELLE DICHTE                                           VERNETZUNG AUF ALLEN EBENEN
Trotz der politischen und wirtschaftlichen Berg-und         Kultur ist für uns Standortfaktor und Motor zu-
Talfahrt der vergangenen Jahrzehnte verfügen Zit-           gleich. Als einer der wichtigsten Pulsgeber im Kreis-
tau und die Dreiländerregion über eine außerge-             lauf von Stadt-und Regionalentwicklung legt sie
wöhnlich dichte Kulturlandschaft, geprägt von Viel-         maßgeblich fest, in welche Richtung wir uns bewe-
falt und Internationalität. Die Lage an einem               gen. Im Wissen um die bereichernde Wirkung auf
jahrhundertealten Schnittpunkt europäischer Kul-            unsere individuelle und gemeinschaftliche kulturel-
tur und Geschichte macht die Stadt und die gesamte          le Lebenswelt nutzen wir die Lage im Dreiländereck.
Region zu einem kulturellen Schatz, dessen Potenzi-         Unser Ziel: ein attraktives Kulturangebot für alle.
al zwar schon lange erkannt und gepflegt, aber noch         Ganz egal, ob alteingesessen, Neuankömmling oder
nicht in vollem Umfang genutzt wird. Allein in Zittau       weitgereister Gast. Grenzüberschreitende Zusam-
finden sich unzählige Sparten in dem breiten Spekt-         menarbeit zwischen Kultureinrichtungen und den
rum an kulturellen Aktivitäten und Veranstaltungen          Kulturschaffenden selbst bildet dabei eine ebenso
wieder: Sport, Film und Theater, Musik und Kunst,           wichtige Grundlage wie das kulturelle Teamwork auf
Wissenschaft und Bildung, Handwerk und Technik,             regionaler Ebene. Langfristig angelegte Kooperatio-
aber auch Architektur, Wirtschaft und Geschichte.           nen mit dem Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesi-
Besonders stolz sind wir auf gelungene spartenüber-         en sollen eine gestärkte Innen-und Außenwahrneh-
greifende Projekte, die sich immer wieder gesell-           mung der Region hervorbringen.
schaftlichen Kernthemen widmen, so wie das Austel-
lungsprojekt „Phänomenal!-Fenomenální! – Pioniere
des Automobils an der Neiße“ oder das gerade ent-
stehende Projekt „entKOMMEN“ zu Flucht und Ver-
treibung.

                                                                                                                 EINLEITUNG
                                                        7
                                                                                           Bid Book 1 • Zittau • 3Länderregion
ZITTAU FÜR DIE 3LÄNDERREGION - ZITTAU 3LÄNDERREGION BEWERBUNG UM DEN TITEL KULTURHAUPTSTADT EUROPAS 2025 - Zittau2025
KIRCHEN UND RELIGIONSGE-                                     KULTUR & FREIRÄUME
MEINSCHAFTEN                                                 Zittau bietet Raum zur kreativen Selbstverwirkli-
                                                             chung. Warum? Weil wir ihn reichlich haben und be-
Toleranz gegenüber unterschiedlichen Religionsge-            reitwillig zur Verfügung stellen. Unterstützt durch
meinschaften hat in der Oberlausitz eine lange Tradi-        Bürgerschaft und Stadtverwaltung entdecken
tion und eine spannende Entwicklungsgeschichte.              immer mehr Kunst-und Kulturschaffende das Entfal-
Die Herrnhuter Brüdergemeinde und Klöster wie das            tungspotenzial im ländlichen Raum für sich. Sie
Ostritzer St. Marienthal haben die Region genauso            schöpfen vor allem aus den vielfältigen Inspirations-
geprägt wie die äußert früh erfolgreiche Reformati-          quellen, die ihnen der tägliche grenzübergreifende
on in Zittau. In dem bis heute bestehenden Neben-            Dialog und die kulturelle Vielfalt bieten. In den noch
und Miteinander zeigt sich das besondere Maß an              nutzbaren verbliebenen Spuren der einst pulsieren-
Offenheit und die große Bereitschaft voneinander             den Industriekultur materialisieren sich potentielle
zu lernen. Zugleich erfahren nicht mehr genutzte             Freiräume für Künstler und Querdenker. Hier stehen
Kirchen in Zittau eine kulturelle Nachnutzung als            alle Türen offen – sofern es noch welche gibt.
Präsentationsorte unserer größten Schätze – das
große Zittauer Fastentuch und die Zittauer Epita-
phien. Diese besondere Kombination von Kirche und
Kultur macht Menschen neugierig, auch jene, die
sich bisher weder mit dem einen noch dem anderen             BILDUNG & FORSCHUNG
auseinandergesetzt haben. So eröffnen sich neue
Wege der Annäherung für beide Seiten.                        Im Bereich der Bildung zeigt sich unser europäisches
                                                             Selbstverständnis besonders deutlich. So gibt es
                                                             mehrsprachige Schulen und Kindergärten, die den
                                                             Jüngsten von Kindesbeinen an die Chance auf einen
                                                             erweiterten Sprachhorizont eröffnen. Gemeinsam
VEREINE & SOZIOKULTUR                                        lernen Schüler aus allen drei Ländern die Sprachen
                                                             ihrer Nachbarn –Tschechisch, Polnisch und Deutsch.
Zittauer*innen haben sich schon immer gern und lei-          Auch als Hochschulstandort pflegt Zittau eine lang-
denschaftlich engagiert. Aus diesem Grund verfügt            jährige Tradition der grenzüberschreitenden Zusam-
die Stadt im Verhältnis zu anderen Orten von glei-           menarbeit. Universitäre Partnerschaften mit inter-
cher Größe über eine ungewöhnlich hohe Vereins-              nationalen Spitzeneinrichtungen in Polen und
dichte. Unterschiedlichste Lebensbereiche spiegeln           Tschechien spielen eine bedeutende Rolle hinsicht-
sich in Form von unzähligen Vereinen und Initiativen         lich der in-und externen Ausrichtung der Institutio-
und den von ihnen organisierten Großveranstaltun-            nen und ihrer Fachrichtungen. Der Studiengang Kul-
gen wider. Um sie in ihrem Fortbestehen zu unter-            tur und Management vermittelt dabei seine Inhalte
stützen, werden sie speziell gefördert. Die langjähri-       stets im unmittelbar europäischen Kontext. Lebens-
ge Tradition des bürgerschaftlichen Engagements              praktische Grenzüberschreitung in verschiedensten
und das Bedürfnis kulturelle Lücken zu schließen,            Forschungsgebieten ist auch das Credo des hier an-
ließ das Vereinsleben zu einem wichtigen Bestand-            sässigen Internationalen Hochschulinstituts- hier
teil unseres kulturellen Selbstverständnisses wer-           studieren Menschen aus über 30 Nationen.
den. Das kann man sogar spüren, denn vor allem
Sport ist bei uns tief verankert. Grenzübergreifend
bewegt er die Menschen der Region innerhalb der
Vereine, aber auch zu vielen großen und kleinen
Sportevents. Auch in den Bereichen Kirche und Um-            WIRTSCHAFT
weltschutz sind wir seit Jahrzehnten breit aufge-
stellt. Welch geballte Energie und Kraft sich aus all        Auch die Wirtschaft nutzt in ihren Prozessen die Vor-
dem ergeben kann, zeigt eindrucksvoll unsere jüngs-          teile der trinationalen Nachbarschaft. Austausch,
te Vergangenheit: 1989 leistete eine gut organisierte        Wissenstransfer und wechselseitig gut funktionie-
Opposition einen entscheidenden Beitrag zur Fried-           rende Beziehungen stehen dabei genauso im Fokus
lichen Revolution. Unser stark vernetztes und trina-         wie das gemeinsame Angehen des Strukturwandels
tional wirkendes Zentrum für Soziokultur bildet              oder einfach das Nutzen der Marktvorteile einer
eine weitere, sehr bedeutende Nuance in unserem              Grenzregion. Alle drei Seiten kämpfen mit den glei-
kulturellen Farbkreis. Gleichzeitig markiert es den          chen Herausforderungen, die der Ausstieg aus der
kreativen Gegenpol zu den urbanen Institutionen              Braunkohle mit sich bringt. Auch hier erfüllt die Wis-
traditioneller Hochkultur (Theater, Museum, etc.).           senschaft eine wichtige Brückenfunktion, in dem sie
                                                             Forschung und regionale Unternehmen miteinander
                                                             verbindet– oft auch über Ländergrenzen hinweg.

EINLEITUNG
                                                         8
Bid Book 1 • Zittau • 3Länderregion
IM GROSSEN WIE IM KLEINEN
Es bleibt zu betonen: Wir können uns nicht alleine                                           macht. Die kulturelle Dichte unseres Bewerbungsge-
denken. Wollen wir auch gar nicht. Denn die Vielfalt                                         biets zeigt sich besonders in unserer Festivalland-
der Vielen, unsere Geschichte und der gelebte euro-                                          schaft (siehe Anhang). Doch stellt sie nur einen
päische Alltag mit all seinen Licht-und Schattensei-                                         Bruchteil dessen dar, was die gesamte Dreiländerre-
ten sind das, was unser Leben hier so spannend                                               gion zu bieten hat:

                                        D
                                                                             Landkreis Görlitz

            KAMENZ
                                                                                                                            Powiat
                                                                                                                            Zgorzelec

                                                                                                                                                           PL
                              Landkreis Bautzen

                                            BAUTZEN
                                                                                                 GÖRLITZ / ZGORZELEC
                                                                                                                                           LUBAŃ
                                                                        LÖBAU

                                                                               ZITTAU

                                                                                         CZ
                                                                                                                 LIBEREC

                                                                                                                                Liberecký kraj

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    Veranstaltungsorte/Eventhallen/Bühnen
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    Soziokulturelle   "!829/2:*.'*(%..%!;%,'(%,!
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                                   Zentren                                      26       22            3           15
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    Musik (Musikschulen,                  Orchester, …)
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                            (Volkshochschulen, Hochschulen, …)
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    Landschaftsparks/Tiergärten/Zoos/…
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D                             Erklären Sie das Programmkonzept, das Sie umsetzen würden,
                              wenn die Stadt zur „Kulturhauptstadt Europas 2025“ ernannt wird.

                                            ZUSAMMENKOMMEN

                                              D    ie ganze Familie hockte damals wie gebannt vorm Fernseher.
                                                   „Und das auf meine alten Tage! Endlich nicht mehr im letzten
                                               Zipfel.“ Gerda wird die Freude in der Stimme ihrer Mutter Helene
                                                nie vergessen, als diese vor 15 Jahren die Live-Übertragung zur
                                                 EU-Osterweiterung vom Sofa aus mitverfolgte. Drei politische
                                                  Systeme und unzählige kleine wie große Auf-und Zusammen-
                                                   brüche füllen die Erinnerungen der betagten Dame. Gerda ist
                                                    sich sicher, voller Überzeugung und mit Tränen in den Augen
                                                      hätte ihre Mutter damals am liebsten selbst die Europaflag-
                                                       ge am Mast emporgezogen. Für den diesjährigen 1. Mai hat
                                                        sich Helene ein großes Familientreffen gewünscht. Alle
                                                         sollen zusammenkommen und gemeinsam mit ihr noch
                                                          einmal zum Dreiländerpunkt spazieren. „Man weiß ja
                                                          nie, wie lang die alte Schachtel noch macht! – Absagen
                                                           werden nicht akzeptiert!“, hieß es liebevoll in der hand-
                                                            geschriebenen Einladung.

Die unmittelbare Berührung der Länder und das dar-                Unser Programmkonzept für das Jahr 2025 besteht
aus folgende Miteinander der Kulturen macht uns                   darin, jeden Monat ein Gastland zu uns einzuladen
aus. Diese zwei Komponenten bilden die Grundlage                  sich zu präsentieren und gemeinsam einen themati-
für die Programmgestaltung der kommenden Jahre.                   schen Fokuspunkt zu setzen. Neben unseren neun
Darin sehen wir die Chance einer Zukunftsvision für               Nachbarländern und Deutschland selbst, möchten
die Menschen der Region, die die Selbstwahrneh-                   wir Slowenien als zweites ECoC-Austragungsland
mung als Europäer*innen zum Ziel hat. Unser Zusam-                und Georgien als EU-Beitrittskandidat bei uns begrü-
menleben begreifen wir dabei als Bereicherung und                 ßen und für sie Bühne und Zuhause zugleich sein.
Herausforderung zugleich. Jeden Tag aufs Neue er-
öffnet der Alltag in der Dreiländerregion einen Rund-
umblick und jeden Tag aufs Neue stellen wir fest, es
lohnt sich, auch wenn es nicht immer einfach ist. Der
ECoC–Prozess ist unsere Möglichkeit, einen ent-
scheidenden Schritt weiterzugehen und größer zu
denken: Im Jahr 2025 wollen wir nicht nur 365°LEBEN,
sondern auch 365°EUROPA mit allen Sinnen spüren
und vermitteln.

EINLEITUNG
                                                             10
Bid Book 1 • Zittau • 3Länderregion
Vier Überschriften sollen dabei der Orientierung dienen:

ERINNERN, ERLERNEN, ERLEBEN, ERSCHAFFEN.

            ERINNERN                                                      ERLERNEN

  Dabei meint ERINNERN, den Blick auf die jüngere Ge-           ERLERNEN bedeutet von und mit unseren Nachbarn
  schichte der Dreiländerregion zu werfen. Den unver-           kulturelle und sprachliche Vielfalt als Bereicherung
  stellten Blick auf Flucht und Vertreibung und die Fol-        zu verstehen und nicht als Bedrohung. Es bedeutet
  gen des Zweiten Weltkriegs. Den geschichtlichen               neugierige Begegnung mit Neuem und Unbekanntem.
  Abgleich mit anderen europäischen Regionen, die               Begegnung, die Lust macht auf Vielfalt. Begegnung,
  Ähnliches erlitten haben, und die grenzüberschrei-            die Menschen mitnimmt, die anders sind. Es bedeutet
  tende gesellschaftliche Aufarbeitung der Erinnerun-           aktive Auseinandersetzung mit den aktuellen euro-
  gen unter Teilhabe möglichst vieler.                          päischen Themen, mit Chancen und Problemen.

            ERLEBEN                                                        ERSCHAFFEN

  ERLEBEN heißt den Alltag in der Kulturhauptstadt-             ERSCHAFFEN soll durch die Verknüpfung von ver-
  region mit den unterschiedlichsten Gruppen aktiv zu           schiedenen künstlerischen Ausdrucksformen den
  gestalten. Heißt sich mit den regionalen und globa-           Raum für Ideenentwicklung öffnen. Soll Lösungsan-
  len Wünschen und Anforderungen auseinanderzuset-              sätze für aktuelle europäische und internationale
  zen und sie ins Verhältnis zu setzen. Heißt gemeinsa-         Herausforderungen aufzeigen. Soll die Steuerung der
  me Erlebnisse zu planen, zu realisieren, ihre                 Ressourcen für die Weiterentwicklung verschiedens-
  unmittelbare Wirkung zu spüren und ihre Nachhal-              ter Bereiche und Sektoren ermöglichen und uns
  tigkeit zu erfahren, um daraus wieder neue Erinne-            letztendlich in die Lage versetzen, unsere gemeinsa-
  rungen hervorzubringen.                                       me europäische Zukunft auf Basis der Geschichte zu
                                                                gestalten. Hierzu bedarf es der Ermutigung. Ideen
                                                                müssen zugelassen, ihnen muss Raum gegeben wer-
                                                                den. Raum, den wir hier haben.

                                                                                                                     EINLEITUNG
                                                           11
                                                                                               Bid Book 1 • Zittau • 3Länderregion
1   BEITRAG
    ZUR LANGZEIT-
    STRATEGIE
Beschreiben Sie die Kulturstrategie, die in Ihrer Stadt zum Zeitpunkt
der Bewerbung besteht, einschließlich der Pläne für die Fortführung
kultureller Aktivitäten über das Veranstaltungsjahr hinaus.
                                                                                                                       1A

1B                  Beschreiben Sie die Pläne der Stadt zur Steigerung der
                    Leistungsfähigkeit des Kultur- und Kreativbereichs, auch durch die
                    Entwicklung langfristiger Verzahnungen zwischen diesen Sektoren
                    und den Sektoren Wirtschaft und Soziales in Ihrer Stadt.

GRANITSCHÄDEL II

„H         erbert! Jetzt reicht’s!“, zischt Gerda von der ande-
           ren Seite des Bettes. „Hör endlich auf, dich über
Dinge aufzuregen, mit denen du dich noch gar nicht richtig
beschäftigt hast! Das ist nicht gut fürs Herz!“ Doch Herbert
will sich einfach nicht beruhigen. Seit dem Radiobeitrag zur
Kulturhauptstadtbewerbung am Freitagmorgen und der
Stammtischrunde am Abend flucht er wie ein Rohrspatz.
„Mensch Gerdi, na guck dich doch mal um, hier is doch nix. Ver-
fallene Häuser, bröckelnde Gehwege. Tote Hose. Die ganzen jun-
gen Leute hauen ab. Wenn ich da bloß an unsere Laura denke,
zurück bleiben nur wir Alten. Und keiner hat’n Plan wie’s weiter-
geht. Frag meine Jungs vom Stammtisch, die sehn‘ das genauso!“
Gerda knipst das Licht an, richtet sich auf und hebt energisch den
Zeigefinger: „Ich werfe das Handtuch erst, wenn ich trocken bin! Das
sind deine Worte, mein liebes Bertl. Ein bisschen mehr Zuversicht
also! Und jetzt sag ich dir noch was: Bei der Kulturhauptstadtbewer-
bung geht es doch eben genau darum, einen Plan für die Zukunft zu
entwickeln und da stehn auch die ganzen großen und kleinen Wehweh-
chen auf dem Zettel. Anstatt euch also gegenseitig die Frustkugel am
Stammtisch hin und her zuschieben, könntet ihr euch lieber darüber Ge-
danken machen, wie es hier mal aussehen könnte! Punkt.“ Herbert schweigt.

Die Stadt Zittau befindet sich derzeit in einem Kul-          Experteninterviews und Fokusgruppengespräche
turstrategieprozess, der weit über das Jahr 2025 hin-         mit insgesamt etwa 165 Akteuren aus den Bereichen
ausblickt und die gesamte Region des Dreiländer-              Verwaltung, Kultur, Kreativwirtschaft, Ehrenamt
ecks Deutschland – Tschechien – Polen und den                 und Regionalentwicklung geführt. Die Gespräche
Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien mit einbe-             waren leitfadengestützt und bezogen Fragen zur lo-
zieht. Grundlagen der Kulturstrategie sind die im             kalen, regionalen, überregionalen Identität ebenso
Mai 2019 verabschiedeten kulturpolitischen Leitli-            mit ein wie Fragen zur europäischen, grenzüber-
nien der Stadt Zittau sowie die „Leitlinien der Kultu-        schreitenden Zusammenarbeit, zur konkreten
rellen Entwicklung“ des Kulturraums Oberlau-                  (infra-)strukturellen Situation des kulturellen Schaf-
sitz-Niederschlesien aus dem Jahr 2013.                       fens in der Region wie auch zu den Zukunftsstrate-
Auf Basis dieser Leitlinien wird in Zusammenarbeit            gien einzelner Einrichtungen und Initiativen. Neben
mit den kulturellen Akteuren aus Zittau und der Re-           einer Bestandsaufnahme sollten so Themenfelder
gion ein Strategiepapier erarbeitet, das auf eine zu-         herausgearbeitet werden, die aus historischer, sozia-
kunftsfähige, nachhaltige und langfristige Stärkung           ler aber auch zeitgenössischer Perspektive profilbil-
der kulturellen Infrastruktur in der gesamten Region          dend für Zittau und die Region wirken und so den
ausgerichtet ist und Schwerpunkte und Potentiale              Zusammenhalt und das Selbstbewusstsein der Bür-
für eine Revitalisierung der Region durch Kultur              gerinnen und Bürger stärken können, hin zu einer zu-
identifiziert sowie Handlungsfelder benennt und               kunftsfähigen und zukunftsweisenden Bevölke-
konkrete Maßnahmen vorschlägt.                                rung, die Europa aktiv mit gestaltet.
Bei der Erstellung der Kulturstrategie werden wir             Aus den folgenden profilprägenden Themeneberei-
durch ein externes Beratungsunternehmen beglei-               chen ergeben sich unsere zukünftigen Ziele und wei-
tet. In einer ersten Stufe wurden im Juli 2019 über 68        tere Schritte:

                                                                                            1 BEITRAG ZUR LANGZEITSTRATEGIE
                                                         13
                                                                                              Bid Book 1 • Zittau • 3Länderregion
GRENZERFAHRUNG • GRENZÜBERSCHREITUNG• GRENZVERSCHIEBUNG

                                      HEUTE                                        PERSPEKTIVE 2025+

               Die Region dient durch ihre vielfältigen histori-    Die Erfahrungen mit Grenzüberschreitungen und
               schen Erfahrungen mit den Themen Grenzver-           –verschiebungen gilt es, als Stärke herauszuarbei-
               schiebungen und Grenzüberschreitungen als Mo-        ten, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit
               dell für Europa. Immer wieder ist es gelungen und    zu vitalisieren und die vorhandenen Potentiale
               gelingt es, Brücken zu bauen – über Grenzen, in      aufgrund der Grenzlage in konkreten Projekten
               die Vergangenheit, in die Zukunft und innerhalb      und Initiativen zu nutzen.
               der Gesellschaft.

               EUROPÄISCHE DIMENSION

                                      HEUTE                                        PERSPEKTIVE 2025+

               Die Dreiländerregion kann als „Europa unter der      Die Kulturakteure im Dreiländereck werden er-
               Lupe“ bezeichnet werden. Hier verbinden sich die     tüchtigt, die historisch angelegte europäische Di-
               Historie als Handelsregion, eine bis ins 14. Jahr-   mension noch stärker in konkrete Projekte und
               hundert zurückweisende lange Tradition der in-       Netzwerke zu übersetzen und bestehende Projek-
               ternationalen Vernetzung über Grenzen hinweg         te und Netzwerke zu festigen. Dazu gehört, sich
               und die Erfahrung im Zusammenleben und dem           langfristig in europäischen Kultur- und Städte-
               Austausch mit einer Minderheit (sorbisches Volk)     netzwerken zu engagieren, regelmäßig an euro-
               mit der Einbindung in europäische Netzwerke und      päischen Kooperationen teilzunehmen (z.B. Euro-
               Projekte. Bereits jetzt gibt es eine Vielzahl an     pe for Citizens, Interreg CENTRAL EUROPE 2020),
               grenzüberschreitenden Kooperationen weit über        Fortbildungen und Bildungsveranstaltungen zu
               den kulturellen Bereich hinaus.                      organisieren, Kontakte mit den bestehenden
                                                                    Netzwerken über den Sechststädtebund und das
                                                                    Kleine Dreieck hinaus zu knüpfen und zu intensi-
                                                                    vieren.

               LANDSCHAFTSKULTUR & INDUSTRIEKULTUR IM EINKLANG MIT KREATIVWIRTSCHAFT

                                      HEUTE                                        PERSPEKTIVE 2025+

               Die besondere Natur- und Kulturlandschaft der        Diese Kulturlandschaft gilt es, im Zuge des aktuel-
               Dreiländerregion ist geprägt durch eine traditi-     len Strukturwandels zu interpretieren, Strategien
               onsreiche, breit gefächerte Industriekultur (Tex-    für neue Sinnzusammenhänge zu entwickeln und
               tilindustrie, Glasherstellung, Holzbau, Stahlbau,    moderne kreativwirtschaftliche Nutzungskonzep-
               Braunkohleabbau wie auch traditionelles Mühlen-      te zu entwerfen, um so ein eigenständiges und zu-
               wesen oder Brauereiwesen), die sich im Einklang      kunftsweisendes Konzept für den Umgang mit
               mit den geologischen Voraussetzungen entwi-          Strukturwandelprozessen im ländlichen Raum
               ckelt und ausgebildet haben.                         vorzulegen, das modellhaft für Europa sein kann.

               ZUSAMMENSPIEL WISSENSCHAFT • TECHNOLOGIE • KULTUR • WIRTSCHAFT

                                      HEUTE                                        PERSPEKTIVE 2025+

               Die Dreiländerregion ist als Hochschulstandort       Der Kulturhauptstadtprozess wirkt als Katalysa-
               wie auch als Industrieregion eng verknüpft mit       tor für das Zusammenwachsen von Kreativwirt-
               den Themen Forschung und Entwicklung. Es gibt        schaft, Technologie, Forschung und Industrie. Der
               erste Projekte auf der Schnittstelle zwischen Wis-   aktuelle Strukturwandel hin zu erneuerbaren
               senschaft und Kreativwirtschaft und in der Zu-       Energien, energie-autarken Arbeits-, Wohn- und
               sammenarbeit zwischen Forschungsinstituten           Lebenswelten öffnet hier weite Chancenfelder.
               und Universitäten.

1 BEITRAG ZUR LANGZEITSTRATEGIE
                                                               14
Bid Book 1 • Zittau • 3Länderregion
ZIVILGESELLSCHAFTLICHES ENGAGEMENT

                      HEUTE                                            PERSPEKTIVE 2025+

Das zivilgesellschaftliche Engagement in der Re-       Die Bereitschaft der Bürgerschaft, sich in gesell-
gion ist stark ausgeprägt, das zeigte sich nicht zu-   schaftliche Prozesse einzubringen, soll verstärkt
letzt in der hohen Beteiligung der Bevölkerung am      auch in Teilhabeprojekten im Kulturbereich Aus-
Bürgerentscheid sowie dem vorangegangenen Ju-          druck finden. Hier gilt es insbesondere Menschen
niorentscheid zur Kulturhauptstadtbewerbung            zu aktivieren, die bisher nur wenig oder keine Be-
und in dem umfangreichen Engagement von Pri-           rührung mit der kulturellen Entwicklung der Regi-
vatpersonen im Zuge der Vorbereitungen des Kul-        on hatten. Dabei soll vor allem auf die jungen Bür-
turhauptstadtprozesses. Auch die Bürgerinitiati-       ger*innen der Region ein besonderes Augenmerk
ven und Aktionen als sichtbares und                    gelegt werden.
wahrnehmbares Gegengewicht zu europakriti-
schen Strömungen legen dafür Zeugnis ab (z.B.
Friedensfest Ostritz).

ERFAHRUNGEN MIT NEUANFÄNGEN UND HISTORISCHEN BRÜCHEN

                      HEUTE                                            PERSPEKTIVE 2025+

Mindestens seit 1945 mussten die Menschen in           Diese Erfahrungen gilt es, in ein stärkeres positives
der Dreiländerregion viele historische Brüche und      Denken umzuwidmen. Noch herrschen mancher-
gesellschaftliche Neuanfänge verarbeiten. Begrif-      orts Ängste vor; nicht verarbeitete Enttäuschun-
fe wie der derzeitige Strukturwandel und die zu-       gen und Verlusterfahrungen sind spürbar. Gäste
rückliegende politische Wende beschreiben Erleb-       hingegen attestieren der Region einen bemerkens-
nisse, die die Menschen prägen und für die sie in      wert furchtlosen Umgang mit diesen Transforma-
allen Lebensbereichen immer wieder neue Bewäl-         tionsprozessen abseits der Metropolregionen. Ge-
tigungsstrategien entwickeln.                          rade im Kulturbereich steckt das Potential, die
                                                       gestalterische Wirkung von Transformationspro-
                                                       zessen zu beschreiben und zu verstärken.

MIGRATIONSGESCHICHTE • FLUCHT • VERTREIBUNG

                      HEUTE                                            PERSPEKTIVE 2025+

Die Geschichte der Dreiländerregion ist geprägt        Wie viele andere Schwerpunkte, die unser Profil
von den Themen Migration, Flucht und Vertrei-          prägen, ist auch das Thema Migration ein europäi-
bung. Das gilt in besonderem Maße für die Ge-          sches und globales. In der Dreiländerregion ver-
schichte des 20. Jahrhunderts, geht historisch         dichten und überlagern sich die Auswirkungen
aber sehr viel weiter zurück. Bereits die frühe        dieser Migrationsgeschichte mit all ihren Projek-
Siedlungsgeschichte der Lausitz ist geprägt von        tionen, Verlusterfahrungen, Traumata und Be-
Migrationsbewegungen und der Überlagerung              wahrungsreflexen. In der gezielten Aufarbeitung
von Kulturen und Identitäten. Sichtbar wird dies       dieser Erfahrungen, nicht zuletzt im künstle-
wohl am deutlichsten am sorbischen Volk, das           risch-kulturellen Ausdruck, liegt eine große Chan-
seine Identität als Minderheit in der Lausitz bis      ce, gemeinsam Bewältigungsstrategien und be-
heute bewahrt hat.                                     wusste Gesten der Versöhnung mit erlebter
Durch den Braunkohletagebau und die damit ver-         Geschichte zu entwickeln und einzuüben.
bundenen Umsiedelungen ganzer Dörfer bekom-
men das Thema Migration und das Ringen um
Identität in dieser Region noch eine zusätzliche
Komponente.

                                                                                        1 BEITRAG ZUR LANGZEITSTRATEGIE
                                                  15
                                                                                          Bid Book 1 • Zittau • 3Länderregion
UNSERE ZIELE DER KULTURSTRATEGIE
Der bestehende kulturelle Kompass wird im Zuge des Kulturstrategieprozesses kritisch in den Blick genom-
men und einer Feinjustierung in Richtung Zukunft unterzogen. Neue Wirkungsräume sollen erschlossen, Be-
dingungen geschaffen und somit eine dauerhafte Steigerung der Leistungsfähigkeit des Kultur-und Kreativ-
bereichs erreicht werden. Weitere Etappenziele auf dem Weg dorthin:

• Stärkung der Vielfalt kultureller Angebote &                          • Stärkung und Weiterentwicklung kultureller
  Imageverbesserung                                                       Bildung
                                                                          


• Stärkung und Verbesserung der Außen –und                              • Aktivierung & Förderung des Wirtschafts-,
  Innenwahrnehmung                                                        Bildungs-, Industrie(-kultur) und Sozialbereiches
                                                                          sowie stärkere Vernetzung mit dem Kulturbereich
• Revitalisierung des ländlichen Raums durch Kunst                        der gesamten Region
  & kreative Nutzung des Leerstandes
                                                                        • Entwicklung von Strategien und Maßnahmen zur
• Förderung und Entwicklung kultureller Teilhabe                          flächendeckenden Begleitung der Digitalisierung
  für alle
                                                                        • Erschließen neuer, auch nicht kulturaffiner, Publika
• Förderung der gemeinsamen Kulturlandschaft                              für kulturelle Angebote, auch über Ländergrenzen
  D-PL-CZ & Vernetzung regionaler Kreativ- und                            hinweg (= „Audience Development“)
  Kulturschaffender

                                      RAUM FÜR TRÄUME

                                      P     ing!!! „Ach, Honza!“, seufzt Laura leise. Ping!!! Sie schaut auf ihr Telefon. Honza hat 3
                                            Fotos gesendet, steht da. Wiedermal. Wie oft hat sie ihm schon gesagt, er soll ihr
                                       während der Arbeitszeit keine Bilder schicken. Aber er kann es einfach nicht lassen. Er
                                       weiß genau, wie sehr sich Laura danach sehnt, nach Hause zurückzukehren. Noch fehlt
                                        ihr der Mut. Sie träumt doch von einem Leben mit Kunst. Um sie zu locken, sendet Honza
                                         ihr immer wieder Bilder von leerstehenden Villen und verlassenen Fabrikhallen. Ping!!!

                                               Honza

                                               „Lauri!!! …sieh‘s dir wenigstens mal an! so viel Platz…unglaublich….so
                                               schön….stell dir das doch mal vor….wär sogar noch Platz für mein
                                               kleines Café!“…
                                                                                                                     15:18

                                                   Laura
                                                   …ach Honza, das wär echt zu schööön ..…und selbst Emma könnte sich
                                                   dort austoben.……
                                                   Ich kenn so viele Künstler hier in Berlin, die haben echt kein Bock mehr
                                                   auf die Hektik und Enge der Großstadt….immer, wenn ich denen deine
                                                   Bilder zeige, kriegn die fast’n Schock….OMG
                                                   …wer weiß, mit bisschen Glück, kann ich ja bald wieder zurückkomm….
                                                   gerade tut sich ja was Zuhause……nur Papa muss das noch schnallen….
                                                   ich telefonier heut noch mit ihm….
                                                   #zittau2025 #futureforartists
                                                                                                                         16:01

1 BEITRAG ZUR LANGZEITSTRATEGIE
                                                                   16
Bid Book 1 • Zittau • 3Länderregion
365° AUSRICHTUNG
Vielversprechende Ansätze zur Steigerung der Leistungsfähigkeit des Kultur- und Kreativbereichs sehen wir
in Projektentwicklungsprozessen, die aus verschiedenen Kombinationen unserer profilprägenden Themen-
felder hervorgehen. Erste Überlegungen:

  Euroregionaler Kulturstammtisch                                Ausbau von Coworking Spaces &
  • Auseinandersetzung mit regionalem Erbe/Geschich-             Entwicklung einer aktiven Start-up-Szene
    te/Traditionen/Literatur                                     • Nutzung von Synergien zwischen Kunst & Kultur,
  • Vernetzungsinstrument zwischen Kultur/Wirtschaft               Tourismus, Wirtschaft, Bildung, Forschung & Inno-
    und sozialem Bereich                                           vation

  Jährliche Euroregionale Kulturkonferenz und regel-             Nachnutzung von Industriebrachen/Leerstand &
  mäßige Konferenz europäischer Mittelzentren                    Nutzung der historischen Bausubstanz
  • Vernetzung, Koordination und gemeinsame inhalt-              • Entwicklung von Ideen für Kunst im öffentlichen
    liche Planung                                                  Raum

  Trinationaler Kulturkalender/Trinationales Kultur-
  magazin
  • Vernetzung, Information, Teilhabe, kulturelle Bildung

                                                                 Netzwerk der Dreiländerregionen Europas
                                                                 • Aufbau eines Netzwerks von Dreiländerregionen,
                                                                   deren Lebensrealität der unseren ähnelt
                                                                 • Kreative Auseinandersetzung und langfristiger
  Etablierung eines trinationalen Mikrofinzanzfonds                Austausch hinsichtlich gegebener Schicksalsparal-
  für Start-ups und Jungunternehmer                                lelen und dem Umgang mit diesen
  • Erleichterung der Ansiedlung junger Menschen mit
    kreativen Ideen

  Bildung als „Rohstoff“
  • Beförderung der städtischen Entwicklung durch die
    hier ansässigen Hochschul– und Forschungseinrich-
    tungen
  • Halten der Studierenden durch attraktive Arbeits-
    felder, auch im grenzüberschreitenden Raum und
    durch die aktive Unterstützung beim Weg in die
    Selbstständigkeit                                            Lost Places/Urban Gardening
                                                                 • die Nachnutzung und Gestaltung von städtischen
  Auslobung eines Kreativ– Unternehmerpreises für                  und regionalen Lost Places wird mit Hilfe von bür-
  die Oberlausitz und die Dreiländerregion                         gerschaftlichem Engagement zunehmend die
  • Anreiz zum kreativ-wirtschaftlichen Schaffen 		                Stadt-/Regionalentwicklung bereichern
    und Wertschätzung kreativer Leistungen                       • Förderung der Wahrnehmung der eigenen Stadt/Re-
                                                                   gion (Bsp.: regionale Gartenkultur) und ihrer kreati-
                                                                   ven Entfaltungsmöglichkeiten durch praktisches
                                                                   Mitwirken

      GRENZERFAHRUNG • GRENZÜBERSCHREITUNG• GRENZVERSCHIEBUNG
      EUROPÄISCHE DIMENSION
      LANDSCHAFTSKULTUR & INDUSTRIEKULTUR IM EINKLANG MIT KREATIVWIRTSCHAFT
      ZUSAMMENSPIEL WISSENSCHAFT • TECHNOLOGIE • KULTUR • WIRTSCHAFT
      ZIVILGESELLSCHAFTLICHES ENGAGEMENT
      ERFAHRUNGEN MIT NEUANFÄNGEN UND HISTORISCHES BRÜCHEN
      MIGRATIONSGESCHICHTE • FLUCHT • VERTREIBUNG

                                                                                               1 BEITRAG ZUR LANGZEITSTRATEGIE
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1C                            Wie ist die Aktion „Kulturhauptstadt Europas“
                              in diese Strategie eingebunden?

Für die Kulturstrategie ist die Bewerbung zur „Kul-            bewirkt. Die Kulturstrategie der Stadt Zittau ist ein-
turhauptstadt Europas 2025“ Meilenstein und Kata-              gebettet in eine übergeordnete „Kulturstrategie
lysator zugleich. Wir sind motiviert in der Rolle des          Lausitz 2025“.
Gastgebers, Europa sichtbare Erfolge und Verände-              Im Sinne des langfristigen und nachhaltigen Aus-
rungsprozesse anhand unserer eigenen kulturellen               baus der europäischen Dimension wird die Kultur-
Entwicklung zu präsentieren. Insofern wird das Jahr            strategie der Stadt und der Dreiländerregion auch in
2025 mit dem Kulturhauptstadtjahr eine hervorge-               andere Strategien der Euroregionen eingepflegt.
hobene Rolle bei der Formulierung und insbesondere             Diese werden im Moment entwickelt und sollen den
Terminierung von Zwischenzielen spielen. Zudem be-             Zeitraum bis 2030 abdecken. Bereits jetzt sind viele
wirkt allein der Bewerbungsprozess und die damit               Kulturaktivitäten über die INTERREG-Programme fi-
verbundenen Überlegungen, Reflektionen und Maß-                nanziert. Jedoch stellt sich mit jeder neuen Förder-
nahmen eine stärkere öffentliche Wahrnehmung                   periode die Finanzierungsfrage erneut. Äußerst sinn-
von Kultur und fördern das Bewusstsein für die gro-            volle und erfolgreiche Projekte wie das trinationale
ßen Regionalentwicklungspotentiale.                            Theaterfestival „J-O-Š“ und das Jugendbegegnungs-
Gleichzeitig hat die Bewerbung um den Titel „Kultur-           projekt „Lanterna Futuri“ in Zittau oder der Erinne-
hauptstadt Europas 2025“ aber auch Katalysator-                rungsort „Meeting Point Music Messiaen“ in Görlitz/
Wirkung auf die Leitbildentwicklung der gesamten               Zgorzelec stehen regelmäßig vor der Existenzfrage.
Region Lausitz, die sich nach Brandenburg über den             Für kluge Konzepte dieser Art brauchen wir langfris-
Spreewald bis hin zu den Toren Berlins erstreckt. Be-          tige Sicherheit. Der Kulturhauptstadttitel wird un-
reits jetzt haben die Prozesse in der Dreiländerregi-          sere Bewegung deutlich beschleunigen, uns mit
on eine stärkere Priorisierung der Potentiale von              Kraft, Aufmerksamkeit, Motivation und Mitteln aus-
Kultur als Wirkungsmoment für den Strukturwandel               statten, die uns helfen unsere Ziele zu erreichen.

1D                            Welche wären Ihrer Meinung nach die langfristigen kulturellen,
                              sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf Ihre Stadt
                              (einschließlich der Stadtentwicklung), sollte ihr der Titel
                              „Kulturhauptstadt Europas“ verliehen werden?

Sollte Zittau gemeinsam der umliegenden Dreilän-               allererster Linie bedeutet das, dass die Wahrneh-
derregion der Titel „Kulturhauptstadt Europas 2025“            mung von Kultur als Motor für Wandel und Transfor-
zugesprochen werden, rechnen wir mit positiven                 mation geschärft und neue Handlungsfelder gemein-
Auswirkungen auf alle wichtigen Lebensbereiche.                sam mit und durch alle Bevölkerungsschichten
Darüber hinaus würde die auf Nachhaltigkeit ausge-             erschlossen werden können. Ziel für uns ist es, mit
legte Kulturstrategie einen noch höheren Stellen-              Schwung aus uns selbst heraus dauerhaft zu wachsen.
wert für den gesamten Wirkungsraum erlangen. In

1 BEITRAG ZUR LANGZEITSTRATEGIE
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