Zukunftschancen der Jugendlichen des Mittleren Ennstals unter Berücksichtigung sozialgeographischer Aspekte

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Zukunftschancen der Jugendlichen des Mittleren Ennstals unter Berücksichtigung sozialgeographischer Aspekte
Zukunftschancen der Jugendlichen des Mittleren Ennstals unter
       Berücksichtigung sozialgeographischer Aspekte

                               Diplomarbeit

          zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra
                          der Naturwissenschaften

                    an der Karl-Franzens-Universität Graz

                                vorgelegt von

                         Patricia Theresa PLANK

               am Institut für Geographie und Raumforschung

        Begutachter: Ao.Univ.-Prof. Mag.phil. Dr.rer.nat. Gerhard Lieb

                                 Graz, 2021
Zukunftschancen der Jugendlichen des Mittleren Ennstals unter Berücksichtigung sozialgeographischer Aspekte
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe
verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder
inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Graz,

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Zukunftschancen der Jugendlichen des Mittleren Ennstals unter Berücksichtigung sozialgeographischer Aspekte
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich bei all jenen bedanken, die durch fachliche oder persönliche
Unterstützung zum Gelingen dieser Diplomarbeit beigetragen haben. An erster Stelle gebührt
mein Dank Herrn Ao.Univ.-Prof. Mag.phil. Dr.rer.nat. Gerhard Lieb und Frau Mag. Dr.phil.
Maria-Elisabeth Pietsch, die der Betreuung dieser Arbeit zugestimmt, mich fachlich beraten
und unterstützt haben. Für die hilfreichen Tipps und die investierte Zeit möchte ich Ihnen
recht herzlich danken!

Ein besonderer Dank gilt auch meinen lieben Eltern Sonja und Franz, die mich nicht nur
finanziell, sondern vor allem moralisch unterstützen. Ich bin dankbar, dass ihr immer für mich
da seid, meine Entscheidungen stets respektiert, mir Denkanstöße gebt und mir das Gefühl
vermittelt, alles zu schaffen. Meiner lieben Sarah möchte ich danken, die nicht nur eine
beschützende Schwester ist, sondern auch für viele Jahre eine großartige Mitbewohnerin war
und mir immer mit Rat und Tat zur Seite steht.

Auch meinem Stefan möchte ich auf diesem Weg danken. Keine Worte können ausdrücken,
was du mir bedeutest. Danke für deine Unterstützung in den vergangenen Jahren, deine
Geduld, die vielen anregenden Gespräche und lustigen Momente. Du bist meine größte
Stütze.

Auch möchte ich Adam danken, der nicht nur ein toller Nachbar, sondern auch eine große
Hilfe bei der Fertigstellung dieser Arbeit war.

Zu guter Letzt möchte ich noch meinen liebsten Studienkolleginnen Anja und Andrea danken,
die in den letzten Jahren zu meinen engsten Vertrauten wurde. Danke für die vielen
Stunden, in denen wir gemeinsam gelernt, gelacht und uns ausgetauscht haben. Das wird mir
für immer in Erinnerung bleiben.

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Zukunftschancen der Jugendlichen des Mittleren Ennstals unter Berücksichtigung sozialgeographischer Aspekte
Zusammenfassung
Ziel der vorliegenden Diplomarbeit ist es, die Zukunftschancen von Jugendlichen des Mittleren
Ennstals zu beleuchten und Rückschlüsse und Erkenntnisse für den Geographie- und
Wirtschaftskundeunterricht zu gewinnen. Im ersten Teil dieser Arbeit wird zunächst das
Untersuchungsgebiet behandelt, seine geographische Abgrenzung dargelegt und durch
Charakteristiken wie die wirtschaftliche Einbettung vorgestellt. Auch wird auf die
Bevölkerungsentwicklung des Bezirks Liezen und die allgemeinen Eigenschaften des
peripheren Raums eingegangen respektive der Begriff der zentralen Peripherie beschrieben.

Im zweiten Teil der Arbeit folgen die Ausführungen über die Zukunftschancen von
Jugendlichen. Dies geschieht in Form einer allgemein theoretischen Einführung in die
Thematik sowie eines Einblicks in die Entwicklung der Jugendforschung. Einen wichtigen
Aspekt bilden dabei die Akteur_innen der Zukunftsgestaltung von Jugendlichen und welche
Einflüsse auf sie wirken. Das soziale Umfeld wie Eltern und Freunde, aber auch die Bildung
spielen eine wichtige Rolle in Bezug auf die Zukunftschancen der Jugendlichen. Mit dem
Aspekt der Bildungschance geht auch der Begriff der Bildungsungleichheit einher, welcher in
diesem Teil der Arbeit diskutiert wird. Auch wird ein Exkurs auf die Struktur des
österreichischen Schulsystems vorgenommen, welcher im Zuge der Erläuterungen um die
Bildungsexpansion für aufschlussreich angesehen wurde. Des Weiteren wird die räumliche
Umgebung und regionale Herkunft und deren Bedeutung im Zusammenhang mit
Zukunftschancen von Jugendlichen dargelegt.

Im Anschluss daran werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung präsentiert, die im
Rahmen dieser Arbeit vorgenommen wurde. Die 149 Proband_innen aus dem
Untersuchungsgebiet haben dabei mittels Fragebogen ihre Ansichten übermittelt. Dieser kann
dem Appendix dieser Arbeit entnommen werden. Durch Tabellen, Abbildungen und
schriftlichen Ausführungen werden diese präsentiert. Im letzten Kapitel der Arbeit werden die
wichtigsten Erkenntnisse nochmals dargelegt und den festgelegten Forschungsfragen
gegenübergestellt. Dabei wird besonders auf die Bedeutung der Bildungsinstitutionen und des
Unterrichtsfachs Geographie- und Wirtschaftskunde im Zusammenhang mit den
Zukunftschancen der Jugendlichen des Mittleren Ennstals eingegangen.

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Zukunftschancen der Jugendlichen des Mittleren Ennstals unter Berücksichtigung sozialgeographischer Aspekte
Abstract
The aim of this diploma thesis is to examine the future prospects of adolescents in the Middle
Enns Valley and to gain knowledge and to draw inferences from this study for the Geography
and Economics lessons. In the first part of this thesis, the survey area is introduced, and its
geographical distinction is declared and characteristics such as the economic embedding are
presented. Additionally, the population development of the district Liezen as well as the
general characteristics of the peripheral area are discussed, and the term of the central
periphery is described.

In the second part of the diploma thesis, the statements about the future prospects of young
people are shown. This is done by a general theoretical introduction to the topic as well as by
an insight into the development of youth research. Reference people and their influence form
an important aspect in terms of the adolescent’s future organisation. The social environment
as parents and friends, but even so education plays a major role in terms of the future
prospects of young people. The concept of educational inequality, which is discussed in this
part of the thesis, goes hand in hand with the aspect of educational opportunity. An excursion
is made about the structure of the Austrian school system, which was seen as informative in
the course of the explanations about the educational expansion. In addition, the geographical
environment, the regional origin and their importance in the context of the future prospects
of young people are shown.

Following this, the results of the empirical study, which was carried out in the context of this
diploma thesis, are presented. The 149 participants from the survey area have shown their
views and opinions through a questionnaire, which is attached in the appendix of this thesis.
These views are presented in tables, figures and written statements.

In the last chapter of this diploma thesis, the most important findings are presented once
more and compared to the stated and defined research questions. The focus is thereby on the
importance of the educational institutions and the subject Geography and Economics in
connection with the future prospects of adolescents of the Middle Enns Valley.

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Inhaltsverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung ____________________________________________________________ 2

Danksagung _______________________________________________________________________ 3

Zusammenfassung _________________________________________________________________ 4

Abstract __________________________________________________________________________ 5

Inhaltsverzeichnis __________________________________________________________________ 6

Abbildungsverzeichnis ______________________________________________________________ 7

Tabellenverzeichnis ________________________________________________________________ 8

1 Einleitung _______________________________________________________________________ 9

2 Untersuchungsgebiet _____________________________________________________________ 10
  2.1 Peripherer Raum _____________________________________________________________________ 13
  2.2 Zentrale Peripherie ___________________________________________________________________ 15
  2.3 Demographischer Wandel in Österreich___________________________________________________ 17
     2.3.1 Wanderungsprozess ______________________________________________________________ 20
     2.3.2 „Push-“ und „Pull-“ Faktoren _______________________________________________________ 22
  2.4 Bevölkerungsentwicklung im Bezirk Liezen ________________________________________________ 25

3 Jugendliche und ihre Zukunft ______________________________________________________ 28
  3.1 Jugendforschung _____________________________________________________________________ 28
  3.2 Identitäre Zukunftsorientierung von Kindern und Jugendlichen ________________________________ 30
  3.3 Staat ______________________________________________________________________________ 34
  3.4 Soziales Umfeld ______________________________________________________________________ 36
     3.4.1 Eltern als Entscheidungskomponente ________________________________________________ 36
     3.4.2 Bildung als Zukunftschance ________________________________________________________ 43
     3.4.3 Bildungsungleichheit ______________________________________________________________ 45
     3.4.4 Exkurs Struktur des österreichischen Schulsystems______________________________________ 48
  3.5 Räumliche Umgebung_________________________________________________________________ 49

4 Empirische Untersuchung _________________________________________________________ 54

5 Conclusio ______________________________________________________________________ 76

6 Quellen ________________________________________________________________________ 84

7 Appendix ______________________________________________________________________ 91

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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Digitaler Atlas Steiermark, eigene Bearbeitung, 2020 __________________________________ 10
Abbildung 2: Digitaler Atlas Steiermark, eigene Bearbeitung, 2020 __________________________________ 11
Abbildung 3: Die zentrale Peripherie in Österreich, Lichtenberger 2002, S. 323 _________________________ 15
Abbildung 4: Bevölkerungsveränderung 2020 nach Gemeinden, Statistik Austria _______________________ 17
Abbildung 5: Wirkmechanismen sozialer Herkunft nach Schlick, 2011, S. 38____________________________ 46
Abbildung 6: Das österreichische Bildungssystem, Kinderwelt Österreich, 2020 _________________________ 49
Abbildung 7: Bildungsregionen Österreich, Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, 2019 52
Abbildung 8: Geschlechterverteilung der Proband_innen, eigene Erstellung, 2021_______________________ 56
Abbildung 9: Altersverteilung der Proband_innen, eigene Erstellung SPSS, 2021 ________________________ 56
Abbildung 10: Dauer des Schulwegs, eigene Erstellung SPSS, 2021 ___________________________________ 60
Abbildung 11: Bildungsangebote der Region, eigene Erstellung SPSS, 2021 ____________________________ 63
Abbildung 12: Ausbildung des Vaters, eigene Erstellung SPSS, 2021 __________________________________ 66
Abbildung 13: Ausbildung der Mutter, eigene Erstellung SPSS, 2021 __________________________________ 67

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Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Allgemeine Kennzahlen der Untersuchungsregion, Landesentwicklung Steiermark, 2021 _________ 12
Tabelle 2: Bevölkerungsstand am Jahresende Österreich 1961-2017, Statistik Austria 2017, eigene Bearbeitung.
________________________________________________________________________________________ 18
Tabelle 3: Push- und Pull-Faktoren nach Barwińska-Małajowicz 2014 ________________________________ 23
Tabelle 4: Geburtsort der Proband_innen, eigene Erstellung SPSS, 2021 _______________________________ 57
Tabelle 5: Wohnort der Teilnehmer_innen, eigene Erstellung SPSS, 2021 ______________________________ 57
Tabelle 6: Schule, eigene Erstellung SPSS, 2021 __________________________________________________ 58
Tabelle 7: Kreuztabelle der Variablen Schule und Wohnort, eigene Erstellung SPSS, 2021 _________________ 58
Tabelle 8: Kreuztabelle der Variablen Schule und Nähe zum Wohnort, eigene Erstellung SPSS, 2021 ________ 59
Tabelle 9: Gründe für die Schulwahl, eigene Erstellung SPSS, 2021 ___________________________________ 60
Tabelle 10: Bewältigung des Schulwegs, eigene Erstellung SPSS, 2021 ________________________________ 61
Tabelle 11: Ansprechpersonen der Proband_innen, eigene Erstellung SPSS, 2021 _______________________ 61
Tabelle 12: Zukünftige Ausbildungsbestrebungen der Proband_innen, eigene Erstellung SPSS, 2021 ________ 62
Tabelle 13: Ausreichendes Bildungsangebot der Region, Eigene Erstellung SPSS, 2021 ___________________ 62
Tabelle 14: Ausreichende Bildungsangebote nach Geschlecht, eigene Erstellung SPSS, 2021 _______________ 63
Tabelle 15: Verlassen der Region, eigene Erstellung SPSS, 2021 _____________________________________ 64
Tabelle 16: Rückkehr in die Region, eigene Erstellung SPSS, 2021 ____________________________________ 64
Tabelle 17: Ausschlaggebende Gründe für eine Rückkehr in die Region, eigene Erstellung SPSS, 2021 _______ 65
Tabelle 18: Vorstellung eines Studienbeginns nach Geschlecht, eigene Erstellung SPSS, 2021 ______________ 65
Tabelle 19: Ausbildungsgrad der Mutter, eigene Erstellung SPSS, 2021 _______________________________ 66
Tabelle 20: Ausbildungsgrad des Vaters, eigene Erstellung SPSS, 2021 ________________________________ 66
Tabelle 21: Kreuztabelle Mütter mit Studienabschluss und Proband_innen mit Studienbeginn, eigene Erstellung
SPSS, 2021 _______________________________________________________________________________ 67
Tabelle 22: Kreuztabelle Väter mit Studienabschluss und Proband_innen mit Studienbeginn, eigene Erstellung
SPSS, 2021 _______________________________________________________________________________ 67
Tabelle 23: Gründe für ein Studium, eigene Erstellung SPSS, 2021____________________________________ 68
Tabelle 24: Gründe für eine Lehre, eigene Erstellung SPSS, 2021 _____________________________________ 68
Tabelle 25: Ausbildungsinformationen im Rahmen des Unterrichts, eigene Erstellung SPSS, 2021 __________ 69
Tabelle 26: Formen des Informationserhalt über Ausbildungsmöglichkeiten im Rahmen des Unterrichts, eigene
Erstellung SPSS, 2021_______________________________________________________________________ 69
Tabelle 27: Schulspezifische Formen des Informationserhalt über Ausbildungsmöglichkeiten im Rahmen des
Unterrichts, eigene Erstellung SPSS, 2021 _______________________________________________________ 70
Tabelle 28: Regionale Ausbildungsinformationen im Rahmen des Geographieunterrichts, eigene Erstellung SPSS,
2021 ____________________________________________________________________________________ 70
Tabelle 29: Ausreichende regionale Ausbildungsinformationen im Rahmen des Geographieunterrichts, eigene
Erstellung SPSS, 2021_______________________________________________________________________ 71
Tabelle 30: Kreuztabelle zwischen einzelnen Schulen und ausreichender regionaler Ausbildungsinformation im
Rahmen des Geographieunterrichts, eigene Erstellung SPSS, 2021 ___________________________________ 71
Tabelle 31: Wirtschaftliche Lage der Region im Geographieunterricht, eigene Erstellung SPSS, 2021 ________ 72
Tabelle 32: Einschätzung der Zukunftschancen männlicher Probanden, eigene Erstellung SPSS, 2021 _______ 73
Tabelle 33: Einschätzung der Zukunftschancen weiblicher Probanden, eigene Erstellung SPSS, 2021 ________ 73
Tabelle 34: Gründe für Einschätzung der Zukunftschancen in der Region, eigene Erstellung SPSS, 2021 ______ 74
Tabelle 35: Wünsche für die Region, eigene Erstellung SPSS, 2021 ___________________________________ 75

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1 Einleitung
Der Fokus dieser Arbeit liegt auf den Zukunftschancen der Jugendlichen des Mittleren
Ennstals, inwieweit sie diese selbst einschätzen können und welchen Beitrag schulische
Institutionen zu dieser Selbsteinschätzung leisten. Im Zuge dessen wird auf ihre Schulbildung
eingegangen, insbesondere auf den Geographie- und Wirtschaftskundeunterricht und welche
Hilfestellung dieser bei der Einschätzung der Zukunftsmöglichkeiten bietet.

Ziel ist es, anhand der Schülerbefragungen, eine sozialgeographische Untersuchung zu
erstellen und daraus Schlussfolgerungen für den Geographie- und Wirtschaftskundeunterricht
zu ziehen. Mit Hilfe der empirischen Umfragen soll ein Eindruck der Selbsteinschätzungen der
Jugendlichen gewonnen, indem ihre eigenen Einschätzungen miteinbezogen werden und
Schlussfolgerungen für den Geographieunterricht liefern.

Es ergeben sich für diese Arbeit folgende Forschungsfragen:

           • Wie schätzen die Jugendlichen des Mittleren Ennstals ihre persönlichen

              Zukunftschancen in der Region ein?
           • Welche Rolle spielen dabei die besuchten Bildungsinstitutionen?

           • Welche Rolle spielt der Geographieunterricht für diese Einschätzungen?

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2 Untersuchungsgebiet
Die sozialgeographischen Untersuchungen dieser Arbeit erstrecken sich über das gesamte
Gebiet des Mittleren Ennstals und auf kleine Bereiche des oberen Paltentals. Beim Mittleren
Ennstal handelt es sich um einen abschnittsweise breiten Talraum des Ennstals, der sich
zwischen dem Südfuß des Grimmings und dem Gesäuseeingang befindet. Es bildet ein
Teilgebiet des nordwestlich gelegenen politischen Bezirks Liezen, welcher zugleich den
größten Verwaltungsbezirk der Steiermark mit einer Fläche von rund 3318,7 km2 bildet – der
selbst definierte Untersuchungsraum erstreckt sich über 1133 km2, was circa 34,14 % der
Bezirksfläche entspricht. Der Landesentwicklung Steiermark zufolge umfasst das
Untersuchungsgebiet im Jahr 2020 eine Einwohnerzahl von 36987 Personen und weist somit
eine Bevölkerungsdichte von ca. 33 Einwohnern pro Quadratkilometer auf. Es liegt damit
deutlich unter dem österreichischen Durchschnitt, welcher bei 105 Einwohnern pro
Quadratkilometer liegt (Landesentwicklung Steiermark).

                   Abbildung 1: Digitaler Atlas Steiermark, eigene Bearbeitung, 2020

In Abbildung 1 ist der selbst definierte Untersuchungsraum dargestellt, welcher im Norden
durch das Bundesland Oberösterreich begrenzt ist. Die Marktgemeinde Admont liegt am
östlichen Rand des Untersuchungsgebiets und wird im Norden zum größten Teil von den
Gemeinden St. Gallen und Landl begrenzt. Südlich markieren die Gemeinde Gaishorn bzw. die
Bezirke Murau, Murtal und Leoben die Grenze. Im Anschluss an die westlich gelegenen

                                                 10
Gemeinden Stainach-Pürgg und Irdning-Donnersbachtal befinden sich die Gemeinden St.
Martin, Öblarn und Sölk.

Um möglichst viele unterschiedliche Schultypen bei den Untersuchungen behandeln zu
können, wurde das Gebiet der Recherchen auf das nördliche Paltental ausgeweitet. Dadurch
konnten auch die MS Rottenmann miteinbezogen werden, deren Einzugsgebiet zu einem
großen Teil aus dem Mittleren Ennstal stammt. Durch diese Schultypen wird sich eine umfang-
und aufschlussreichere Analyse der Zukunftschancen der Jugendlichen erhofft, welche die
Untersuchungsaspekte um weitere Erkenntnisse bereichern wird.

In dem Gebiet befinden sich insgesamt 11 Gemeinden, welche die Stadtgemeinden Liezen,
Rottenmann und Trieben, die Marktgemeinden Stainach-Pürgg, Irdning und Admont sowie die
Gemeinden Aigen i. E., Ardning, Lassing, Selzthal und Wörschach sind. Die folgende Abbildung
zeigt den gesamten Bezirk Liezen. Der rotmarkierte Bereich markiert die Gemeinden des
Untersuchungsgebiets.

                   Abbildung 2: Digitaler Atlas Steiermark, eigene Bearbeitung, 2020

Bezugnehmend auf die folgende Tabelle 1 zeigt sich, dass die flächenmäßig größte Gemeinde
im Untersuchungsgebiet Admont mit 300 km2 darstellt. Dahinter mit knapp 100 km2 weniger
liegt   die   Gemeinde     Rottenmann.       An    dritter    Stelle    liegt   die    im   Zuge   der

                                                  11
Gemeindestrukturreform zusammengelegte Gemeinde Irdning-Donnersbachtal. Die meisten
Einwohner des Untersuchungsgebiets weist die Gemeinde Liezen auf mit 8266 Einwohnern.
Dahinter liegt die Gemeinde Rottenmann mit 5160 Einwohnern. Die Gemeinden des
Untersuchungsgebiets gliedern sich im Detail in 3 Arten: Liezen, Trieben und Rottenmann als
Stadtgemeinden, Admont, Irdning-Donnersbachtal und Stainach-Pürgg als Marktgemeinden
und alle anderen als Gemeinden. Die höchste Bevölkerungsdichte weist die Gemeinde Selzthal
mit 92 (EW/km2) auf. Dahinter markiert die Stadtgemeinde Liezen (8266 EW/km2) den zweiten
Platz. Die Stadtgemeinde Rottenmann weist zu den anderen Stadtgemeinden eine
vergleichsweise niedrige Bevölkerungsdichte von 25 EW/km2 auf. Admont hat von allen
Gemeinden des Untersuchungsgebiets die niedrigste Bevölkerungsdichte (17 EW/km2). Dies
kann an den geomorphologischen Gegebenheiten des Gesäuses liegen, das zu einem großen
Teil nicht besiedelt ist.

      Tabelle 1: Allgemeine Kennzahlen der Untersuchungsregion, Landesentwicklung Steiermark, 2021

   Gemeindename             Wohnbevölkerung              Fläche (km2)          Bevölkerungsdichte
                                                                                     (EW/km2)
        Admont                     4974                      300,0                       17

       Aigen i. E.                 2682                       86,4                       31

        Ardning                    1212                       34,0                       36

        Irdning-                   4122                      199,6                       21
    Donnersbachtal

        Lassing                    1717                       37,2                       46

         Liezen                    8266                       92,1                       90

     Rottenmann                    5160                      205,5                       25
        Selzthal                   1530                       16,7                       92

    Stainach-Pürgg                 2820                       73,1                       39

        Trieben                    3364                       45,5                       74

      Wörschach                    1140                       42,9                       27

                                                  12
2.1 Peripherer Raum

Mit dem Begriff ‚Peripherie’ assoziiert man häufig Abgeschiedenheit, Entfernung und Distanz
zu einem größeren Zentrum. Unter dem Begriff ,peripher‘ ist die Randlage außerhalb eines
Zentrums gemeint. Diese Randlage beschränkt sich jedoch nicht nur innerhalb einer Region,
sondern kann auch innerhalb von Städten, Kontinenten und global auftreten – je nach
Bezugsgröße und Betrachtungsweise. So wird beispielsweise auch vom Europäischen Zentrum
und vice versa von einer europäischen Peripherie gesprochen, zu der oftmals Portugal und
Griechenland gezählt werden. Im Konnex der Zentrum-Peripherie-Beziehung kommt die
distanzielle Betrachtungsweise der Räume am häufigsten zur Anwendung, da sie
„quantifizierbar, linear meßbar und damit – zumindest auf den ersten Blick – auch leichter
faßbar“ ist (Heintel 1999, S. 257). Zentren und Peripherien kommen auf Makro-, Meso- und
Mikroebene vor. Der globale, weltsystemische Kontext wird meist in der Makroebene
eingebettet und zwischen Peripherie, Semiperipherie und Zentrum unterteilt. Bündnisse von
ähnlich ökonomisch orientierten Staaten, wie zum Beispiel die Europäische Union, werden der
Mesoebene zugeordnet. Die Mikroebene wird durch Disparitäten innerhalb von
Bundesländern, Orten etc. verkörpert, wobei Stadtränder beispielsweise als klassische
periphere Räume genannt werden können. Periphere Räume sind nicht räumlich fixierbar und
somit nicht an einem Standort gebunden. Heintel veranschaulicht dies anhand des Beispiels
der Textilindustrie, die von Randlagen der westlichen Industrieländer und Osteuropas Schritt
für Schritt ausgelagert wurde und sich heutzutage vor allem in asiatischen Ländern
wiederfindet. Somit unterliegen Peripherien einer Fluktuation und können sich aufgrund
wirtschaftspolitischer Veränderungen und Entscheidungen standortunabhängig verlagern.
Solche Verhältnisveränderungen von Zentrum und Peripherie können nicht nur auf globaler,
sondern auch auf nationaler und regionaler Ebene stattfinden. Zentrum und Peripherie
unterliegen einer Hierarchisierung räumlicher Ordnung was bedeutet, dass auch periphere
Räume regionale Zentren aufweisen können. Damit kann die Festlegung von Zentrum und
Peripherie nicht als absolut angesehen werden, sondern „ist als eine relative Abgrenzung
aufzufassen.“ (Heintel 1999, S. 257f)

Unter Peripherie wird ein ländlicher, großstadtferner Raum verstanden, dessen
wirtschaftliche und soziale Situation unter der Entfernung zu einem aktiven Zentrum leidet.
Geographische Phänomene äußern sich im Kernbereich eines Raumes auf eine andere Art und

                                            13
Weise als im peripheren Raum. Diese peripheren Räume unterliegen oftmals einer größeren
sozialen und wirtschaftlichen Benachteiligung in ihrer Entwicklung. (Leser 2001, S. 612)

Die Beziehung bzw. das Zusammenspiel von Zentrum und Peripherie spielt eine große Rolle,
da das Zentrum oftmals mit Rohstoffen aus der peripheren Umgebung versorgt wird und der
umliegenden Bevölkerung Dienstleistungen und Güter anbietet. Zwischen Zentrum und
Peripherie gibt es nicht nur räumliche Verflechtungen, sondern auch politische und
ökonomische Abhängigkeiten wie Entscheidungsbefugnisse, Güter, Kapital und Arbeitskräfte.
In der Vergangenheit, aber auch heutzutage führte der Trend zur maximalen wirtschaftlichen
Effizienz zur Erhöhung der Disparitäten zwischen Peripherien und Zentren. Die schlechtere
Erreichbarkeit und somit schwierige Zugangsmöglichkeiten und die hohe Entfernung von
Absatzmärkten sind kein attraktiver Ansiedelungsfaktor für Unternehmen. Diese bevorzugen
Zentralräume mit einer gut entwickelten Infrastruktur, einer hohen Bevölkerungsdichte und
einer räumlichen Konzentration von Nachfrage, wodurch es zu einer Dekonzentration in
ländlichen peripheren Räumen kommt. (Weber 1979, S. 1)

Typische Merkmale ländlicher Peripherieräume sind neben der großen Entfernung zu
Agglomerationsräumen eine schlechte Anbindung an das überregionale Verkehrsnetz, eine
niedrige Bevölkerungsdichte, unterdurchschnittliche wirtschaftliche Produktivität, ein
geringes Pro-Kopf-Einkommen, niedriges Niveau der Erwerbs- und Beschäftigungschancen,
ein hoher Auspendleranteil über größere Distanzen, Abwanderung, Überalterung,
mangelhaftes Dienstleistungsangebot sowie Abhängigkeit von externen politischen und
wirtschaftlichen Entscheidungen. (Pieschl 2008, S. 55) Die ländlichen Regionen mit großer
Zentrumsferne sind trotz Gegenmaßnahmen vor allem von einer fortschreitenden
Ausdünnung betroffen. Laut Heintel (2004) liegt das vor allem am Zusammenbruch alter
Industriezweige und Krisen im Baugewerbe, was eine hohe Arbeitslosenrate und einen
Mangel an qualifizierten Arbeitsplätzen mit sich bringt. (Heintel 2004, S. 30)

Peripherie und Zentrum stehen miteinander in enger Verbindung und sind ein in sich
geschlossenes räumliches System. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die
Herausforderung, nicht die absolute Positionierung der betrachteten Regionen im
Gesamtsystem zu sehen, sondern ihre Verbindungsintensität zueinander. So können sich auch

                                              14
innerhalb von peripheren Kleinregionen Zentrum-Peripherie-Abhängigkeiten bilden (Jülg
2001, S.9).

2.2 Zentrale Peripherie

In der östlichen Hälfte Österreichs liegt laut Lichtenberger (2002) ein durch den öffentlichen
Verkehr schlecht erreichbares, nahezu unbesiedeltes Gebiet. Dieser Binnenraum wird von der
Autorin als ,zentrale Peripherie‘ bezeichnet. Folgende Abbildung zeigt, dass es sich dabei um
ein, in der Obersteiermark befindliches, Gebiet handelt, welches teilweise den
Untersuchungsraum dieser Arbeit miteinbezieht. Die folgende Abbildung beruht auf der
kürzesten Entfernung (Luftlinienentfernung) aller Gemeinden zum nächstgelegenen
Grenzabschnitt und es ist ersichtlich, dass sich im geographischen Zentrum Österreichs kein
Agglomerationsraum befindet, sondern ein nahezu unbesiedeltes Areal. Das Modell der
„zentralen Peripherie“ bedeutet somit, dass das Zentrum jener Ort ist, der die schlechteste
Erreichbarkeit aufweist. (Lichtenberger 2002, S. 323).

              Abbildung 3: Die zentrale Peripherie in Österreich, Lichtenberger 2002, S. 323

Das Untersuchungsgebiet weist eine Vielzahl dieser oben genannten peripheren Merkmale
auf. So liegt es in weiter Entfernung zu einem großen Zentrum, wie beispielsweise zu einer
nächstgelegenen Landeshauptstadt (100 km - 150 km) und weist eine Einwohnerdichte von
weniger als 150 EW/km2 auf, was laut OECD (Organisation for Economic Cooperation and
                                                   15
Development) ein Indiz für einen ländlichen Raum ist. Ein weiteres Merkmal eines peripheren
Raumes stellt die erschwerte Erreichbarkeit dessen dar und somit wird eine solche Region
immer wieder vor neue infrastrukturelle Probleme gestellt. Häufig werden aufgrund des
unzufrieden stellenden Kosten-Leistungsverhältnisses Infrastruktureinrichtungen rückgebaut
und in zentraleren, dicht besiedelten Gebieten eingesetzt. So wurde beispielsweise 2009 der
Personenverkehr am Bahnhof Admont eingestellt, wodurch viele Schüler_innen auf
kompliziertere Alternativen des öffentlichen Verkehrs umsteigen mussten, um den Weg zur
Bildungsstätte zu bewältigen. Aber nicht nur die Lernenden sind davon betroffen, generell
wird die ländliche Bevölkerung durch solche Einsparungen in ihren Entfaltungsmöglichkeiten
eingeschränkt und kann fortan nur noch beschränkt am kulturellen und politischen Leben
teilnehmen. (Machold und Tamme 2005, S. 23f.) Da in den meisten Dörfern und Gemeinden
nur eine bedingte Auswahl und Anzahl an Arbeitsplätzen vorhanden ist, trägt die
Verkehrsinfrastruktur im ländlichen Raum eine besondere Bedeutung zur notwendigen
Distanzüberwindung      bei.    Auch     verschiedene      Versorgungseinrichtungen       und
Einkaufsmöglichkeiten sind in vielen Gemeinden des Untersuchungsgebiets nicht vorhanden
und müssen in anderen Orten aufgesucht werden. Es zeigt sich, dass es seit 1977 zu einer
Verschlechterung des öffentlichen Verkehrsangebots gekommen ist, wovon vor allem
ländliche, strukturschwache Regionen betroffen sind, obwohl diese bereits zuvor zu einem
geringen Anteil am öffentlichen Verkehr teilnahmen. Am stärksten betroffen sind neben den
Schüler_innen vor allem ältere und beeinträchtigte Mitmenschen, Arbeitslose oder
Alleinerziehende, die kein Fahrzeug besitzen und somit aus vielen externen Angeboten
ausgeschlossen werden. (Henkel 1999, S. 299)

Neben dem mangelnden Anschluss an den öffentlichen Verkehr ist auch die demographische
Entwicklung ein wichtiger Aspekt für die Entwicklung eines Gebietes, da sich daraus Schlüsse
für Problemlagen, Potentiale und Aussagen zur Standortqualität ziehen lassen. Eine positive
Bevölkerungsentwicklung ist beispielsweise ein eindeutiges Indiz einer dynamischen Region
(Gans und Schmitz-Veltin 2006, S.49ff). Im gesamten Bezirk Liezen schwanken die
Einwohnerzahlen in den letzten 7 Jahren nur sehr gering, wobei der langfristige Trend zu einer
Abnahme neigt. In Österreich wird die Bevölkerungszahl bis 2030 wachsen, jedoch wird eine
Abnahme vor allem in ländlichen Gebieten erwartet (Statistik Austria 2021).

                                             16
Die generellen Erreichbarkeitsverhältnisse sind im gesamten Bezirk Liezen innerregional
aufgrund der West-Ost-Erstreckung und der langen Seitentäler eher ungünstig. Der
Untersuchungsraum profitiert jedoch vom Schnittpunkt der innerösterreichischen
Hauptverbindungen Linz-Graz und Salzburg-Graz (A9, Ennstalstraße, Gesäusestraße,
Bahnknoten Selzthal) und ist in seiner Lage innerhalb des Bezirks gut aufgestellt.

In der folgenden Abbildung 4 zeigt sich ein ausgeprägter Bevölkerungsrückgang in
inneralpinen peripheren Gebieten und ein Bevölkerungszuwachs vor allem im Umland der
Landeshauptstädte, was insbesondere auf den positiven Wanderungssaldo zurückzuführen
ist.

               Abbildung 4: Bevölkerungsveränderung 2020 nach Gemeinden, Statistik Austria

2.3 Demographischer Wandel in Österreich

Dem demographischen Wandel liegen vor allem vier Trends zugrunde:

           •    Alterung
           •    Schrumpfung
           •    Heterogenisierung
           •    Singularisierung

                                                   17
Die Bevölkerungsstruktur Österreichs ist geprägt von niedrigen Geburtenraten, was zu einem
Rückgang der jungen Altersgruppen und zu einem Anstieg des durchschnittlichen
Bevölkerungsalters führt. Dieses lag am 01.01.2021 bei durchschnittlich 43,1 Jahren. Dieser
Alterung der österreichischen Population wirkt jedoch die anhaltende Zuwanderung junger
Erwachsener entgegen, wobei die demographische Alterung nicht gleichmäßig über das ganze
Land verteilt ist. Die Gesamtfertilitätsrate je Frau lag 2020 bei 1,44 Kindern, was „deutlich
unter dem Bestandserhaltungsniveau“ liegt. (Statistik Austria) Auch die steigende
Lebenserwartung der Österreicher_innen spielt diesbezüglich eine große Rolle, welche sich in
den letzten 10 Jahren bei Frauen um 1,1 und bei Männern um 2 Jahre erhöhte. Tabelle 1 zeigt
die Alterung der österreichischen Bevölkerung und lässt erkennen, dass der Anteil der über
60-jährigen Mitmenschen seit dem Jahr 1951 deutlich zugenommen und jener der 0- bis 14-
jährigen abgenommen hat.

Tabelle 2: Bevölkerungsstand am Jahresende Österreich 1961-2017, Statistik Austria 2017, eigene Bearbeitung.

      Jahr         Bevölkerung insgesamt            0 bis 14 Jahre in %       60 Jahre und älter in %

      1961                 7.107.904                        22,6                         18,6

      1971                 7.521.933                        24,3                         20,2

      1981                 7.584.094                        19,8                         19,3

      1991                 7.798.899                        17,6                          20

      2001                 8.032.926                        16,9                         20,9
      2011                 8.401.940                        14,7                         23,3

      2021                 8.932.664                        14,4                         24,6

Mit der Alterung und den niedrigen Geburtenraten hängt die Schrumpfung eng zusammen,
da selbst die Zuwanderung den Bevölkerungsschwund in manchen Regionen nicht ausgleichen
kann. Infolgedessen kommt es zu einem verschärften Wettbewerb um qualifizierte
Arbeitskräfte und jungen Familien. Schrumpfende Regionen müssen aus diesem Grund den
Fokus verstärkt auf attraktivere Wohn- und Arbeitsbedingungen legen. Vor allem in
peripheren Regionen „gehen die Einwohnerzahlen besonders schnell zurück“, wohingegen
Städte davon am wenigsten betroffen sind. (Franz 2005)

                                                    18
Laut Gartner und Hametner beschränkt sich dieser Rückgang vor allem auf ländliche Gebiete,
wovon in Österreich insbesondere die Obersteiermark, Oberkärnten und das nördliche Wald-
und Weinviertel betroffen sind. (Gartner und Hametner 2017)

Abgeschwächt werden die ersten beiden Komponenten des demographischen Wandels durch
die Heterogenisierung, da die Zuwanderung aus dem Ausland meist aus jüngeren Menschen
besteht und somit die ansässige Bevölkerung verjüngt. Werden einzelne Regionen getrennt
voneinander betrachtet, so lässt sich feststellen, dass die einzelnen Komponenten des
demographischen Wandels regional unterschiedlich stark auftreten. Statistik Austria hielt für
das Jahr 2021 ein positives Wanderungssaldo von rund 40064 Personen in Österreich fest,
wobei das Bundesland Wien das Hauptziel internationaler Zuwanderung war. Auch die
Steiermark verzeichnete hohe Wanderungsgewinne, jedoch konzentrieren sich diese vor
allem auf die Landeshauptstadt Graz und sein Umland. Auch die Binnenwanderung, also der
Wohnsitzwechsel innerhalb eines Staates, spielt eine Rolle. Dies bedeutet häufig, dass
„Gewinne einer Region nur auf Kosten von anderen Regionen möglich sind“ (Korcz und
Schlömer 2008, S. 157). Diese genannten Kosten tragen häufig ländliche, periphere Gebiete,
da vor allem junge Menschen in strukturstarke Zentralräume abwandern (Statistik Austria)

Mit der Singularisierung ist grundsätzlich der Trend zu einem Leben ohne Partner_in in Ein-
Personen-Haushalten und daraus resultierenden Folgen für die Gesellschaft gemeint. In
diesem Zusammenhang ist oftmals von der Benachteiligung im Alter und dem sozialen
Kontaktverlust älterer Menschen die Rede. (Schnurr 2011, S. 9) Aber nicht nur der Anteil der
Ein-Personen-Haushalte nimmt zu, sondern auch jener der Zwei-Personen-Haushalte. Die
Anzahl der Mehr-Generationen-Haushalte hingegen nimmt immer weiter ab. Alleinleben darf
keinesfalls mit Isolation und Vereinsamung gleichgesetzt werden, denn auch ältere
Singlehaushalte   können    ein   reichhaltiges   Kontaktnetz   haben.    Trotzdem    zeigen
Untersuchungen, dass Isolation und Vereinsamung am häufigsten dort auftreten. Bei älteren
Menschen ist die Singularisierung oftmals erzwungen beispielsweise durch Verwitwung,
wohingegen jüngere alleinlebende Personen dies oftmals freiwillig als ihren (zeitweisen)
Lebensstil gewählt haben. (Naegele 1993, S.31) In Österreich lebten im Jahr 1971 rund 188000
Männer allein. Bis zum Jahr 2017 hat sich diese Zahl mehr als verdreifacht (639000). Ebenso
bei den Frauen stieg dieser Wert um mehr als das Doppelte. (Statistik Austria)

                                             19
2.3.1 Wanderungsprozess

Im Zusammenhang mit der Bevölkerungsentwicklung eines Landes stellt sich immer auch die
Frage, warum Menschen überhaupt zu- bzw. abwandern. Die Migration ist neben dem
teilweise erheblichen Kostenfaktor auch ein Bruch mit dem bekannten sozialen Umfeld und
geht mit einer Neuorientierung im Alltag einher. Da sich Geburten und Sterbefälle in
Österreich weitgehend ausgleichen, wird die Bevölkerungsentwicklung seit Anfang der
1970er-Jahre    fast   ausschließlich   durch        Wanderungsbewegungen   bestimmt.    Die
Wanderungsstatistik in Österreich gibt es seit 1996 und hält alle Wanderungsbewegungen der
Gemeinden mit dem Ausland sowie mit anderen Gemeinden statistisch fest. Seit die
Wanderungsstatistik 2002 auf den An- und Abmeldungen der ZMR beruhen, können auch alle
Wohnsitzwechsel innerhalb von Gemeinden statistisch erfasst werden. Im Jahr 2017 konnten
801.624 Binnenwanderungen gezählt werden und damit 15.515 weniger als im Jahr davor. Bei
mehr als der Hälfte aller Binnenwanderungen handelt es sich um Umzüge innerhalb der
Gemeinde und nur bei ca. 15 % aller Binnenwanderungen in Österreich findet ein Wechsel des
Bundeslandes statt. Die Wanderungsgewinne konzentrieren sich vor allem auf die
strukturstarken Ballungszentren Österreichs und periphere Regionen müssen allgemeine
Wanderverluste hinnehmen. Vor allem die jüngeren Bevölkerungsmitglieder zwischen 18 und
26 Jahren verlassen immer öfter die ländliche Heimat, weil sie sich in der Stadt bessere
Bildungsmöglichkeiten und ein größeres Arbeitsangebot erhoffen. (Statistik Austria 2020)

Aus dem Lateinischen kommend meint ‚migare’ bzw. ‚migratio’ lediglich Wandern oder
Wegziehen und ist somit keine zeitgenössische Erscheinungsform. Die Migration hat es in
jeder historischen Epoche gegeben und sie wirkt sich „noch heute auf die Strukturen Europas
und weltweit“ aus. (Aigner 2017, S. 1) Hoffmann-Nowotny stützt sich bei seinem
Erklärungsversuch unter anderem auf die Definition von R. Heberle. Dieser meint, dass mit
Migration ein Wohnortwechsel gemeint ist wobei es keine Rolle spielt, ob dieser unfreiwillig
oder freiwillig stattfindet. Das Umziehen innerhalb einer Gemeinde zählt laut Heberle genauso
wenig zur Wanderung wie das Reisen, weil dabei von vornherein eine Rückkehr zum alten
Wohnort beabsichtigt wird. Im Gegensatz dazu sucht sich der Wandernde einen neuen
Wohnsitz, ohne Intention jemals zurückzukehren. Anders als für Heberle zählt für E. Lee der
Umzug in die Wohnung nebenan genauso zur Migration wie der Umzug von einem Kontinent
auf den anderen, da für ihn die Distanz keine Rolle spielt. Für W. Petersen zählt eine

                                                20
Ortsveränderung erst dann als Migration, wenn die kulturellen Systeme, aus denen man
kommt und in die man zieht, sich unterscheiden. Es zeigt sich also, dass eine allgemeingültige
Definition schwierig zu finden ist. Hoffmann-Nowotny stellt fest, dass allen Aussagen zur
Migration, so unterschiedlich sie auch sein mögen, eine Gemeinsamkeit zu Grunde liegt und
benennt dies als „Bewegung von Einzelpersonen oder im Raum". (Hoffmann-Nowotny 1970,
S. 51ff) Laut Statistik Austria wird zwischen der internationalen und der nationalen
Wanderung (auch Binnenwanderung) und den sogenannten Binnenumzügen unterschieden.

Laut Aigner (2017) gilt es zwischen der Migration auf freiwilliger Basis, wie das
Zusammenführen von getrennten Familien oder die Arbeitsmigration, und der unfreiwilligen,
zum Beispiel durch Flucht, Asyl und illegale Migration zu unterscheiden. (Aigner 2017, S. 1)
Fiel die internationale Migration früher vor allem auf Männer, so nahm die Wanderung von
Frauen, vor allem in den letzten 20 Jahren, zu und heute ist die Hälfte aller Migrant_innen
weiblich. Als Ursache dafür ist vorrangig die steigende Nachfrage für Haus-und Pflegearbeiten
zu nennen. Damit einhergehend entwickelten sich diese Frauen zu den Familienernährern,
während die Familien selbst oftmals im Auswanderungsland zurückbleiben. (Ebda, S. 150)

Ein Wichtiger Faktor in diesem Zusammenhang stellt, wie bereits oben kurz erwähnt, das
Arbeitsangebot, sowohl im Einwanderungs- als auch im Auswanderungsland, dar. Die
Nachfrage nach Arbeitskräften kann aus verschiedenen Gründen wie zum Beispiel durch
Wachstumsprozesse oder geringen Bevölkerungswachstum steigen und Unternehmen
versuchen      solche   Engpässe   zu   überwinden.   Ohne     Zuwanderung     könnten    die
Wachstumsmöglichkeiten der Unternehmen nicht ausgeschöpft werden. Infolgedessen
müssten einzelne Wirtschaftszweige schrumpfen, wenn eine zu geringe Anzahl an
Arbeitskräften zu relativ niedrigen Löhnen gefunden werden können. Um solche
unerwünschten Veränderungen in der Volkswirtschaft eines Landes zu vermeiden, fragen die
Unternehmen nach ausländischen Arbeitskräften, was von der Politik toleriert wird. (Siebert
1993, S. 10)

Auch Veränderungen im Auswanderungsland und eine besser erhoffte Lage im
Einwanderungsland kann eine Ursache für Wanderung sein. Niedrige Einkommen und hohe
Arbeitslosigkeit stehen oftmals einer besseren Situation im Ausland gegenüber, was viele
Menschen zur Migration bewegt. Auch das Zurückbleiben des Auswanderungslandes bei

                                             21
wirtschaftlichen Prozessen, wie zum Beispiel bei technologischen Entwicklungen, kann eine
negative Wanderungsbilanz zur Folge haben. Eine Sonderform sind die Krisenwanderungen,
bei denen eine unerwartete, plötzliche Veränderung im Auswanderungsland passiert und
Menschen aufgrund der grundlegenden wirtschaftlichen Situationsänderung das Land
verlassen müssen. (Ebda.)

2.3.2 „Push-“ und „Pull-“ Faktoren

Die Migrationsforschung fand ihre Anfänge in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, obwohl
die Migration auch schon früher bekannt war. Han (2016) schließt sich dabei der Auffassung
Aigners an, indem er meint, dass die Migration schon bei der Jäger- und Sammlerkultur, den
Nomadenwanderungen und im Zuge der Kriegszüge gegeben habe und somit kein
neuzeitliches Phänomen, sondern „ein fester Bestandteil der Kulturgeschichte der Menschheit
ist“ (Han 2016, S. 37). Der Grund warum das Thema der Migration erst so spät in der Forschung
Fuß fasste ist der, dass sich die empirische Natur- und Sozialwissenschaft erst in dieser Zeit
etablierte. Die beiden ersten nennenswerten Forschungsarbeiten dazu lieferte Ernest G.
Ravenstein mit der Theorie, dass der Wunsch der Menschen nach einer verbesserten
Lebenssituation den entscheidenden Migrationsgrund darstellt. Dazu sammelte und
dokumentierte er Bevölkerungsdaten zu Migrationsbewegungen in Ländern Europas und
Nordamerikas (Ebda.). Stark dem Gravitationsmodell der Physik ähnelnd, erklärten die von
ihm aufgestellten Gesetze einen Zusammenhang zwischen der geographischen Entfernung
und der Migrationshäufigkeit. Die Migrationsfälle würden mit zunehmender Entfernung
abnehmen, was sich aus steigenden Umzugs-, Mobilitäts-, Eingewöhnungs- und sozialen
Kosten bei der Umstellung im Aufnahmeland erklären lässt. Mit steigender Entfernung
nehmen auch die allgemeinen Informationen über die Zielregion ab, wodurch Migrant_innen
zu eher nähergelegenen Zielorten tendieren. Aus heutiger Sicht wird zu dieser Annahme eher
Abstand genommen, da heute vermehrt politische und gesetzliche Einschränkungen in den
Aufnahmeländern die Migrationshäufigkeit bestimmen und weniger die geographische
Entfernung. Auch wurde mit der heutigen Technik und dem allgemeinen Zugang zum Internet
die Informationsbeschaffung über die Zielregion deutlich vereinfacht. (Ebda, S. 12)
Zusammenfassend führen Barwińska-Małajowicz und David folgende Push- und Pull-Faktoren
an. (Barwińska-Małajowicz und David 2014, S. 5)

                                             22
Tabelle 3: Push- und Pull-Faktoren nach Barwińska-Małajowicz 2014

Push-Faktoren                                        Pull-Faktoren
   •   Niedriger Lebensstandard                          •   Hoher Lebensstandard
   •   Geringe Wachstumsraten                            •   Geringe Arbeitslosigkeit
   •   Kaum Einkommen                                    •   Geburtenrückgang, schrumpfende
   •   Armut                                                 Bevölkerung, Überalterung
   •   Hohe Arbeitslosigkeit, insb. Unter                •   Gute soziale Sicherungssysteme
       Jugendlichen                                      •   Hohe Qualität des Gesundheits- und
   •   Rasches Bevölkerungswachstum                          Schulsystems
   •   Überbevölkerung                                   •   Wirtschaftsförderprogramme
   •   Hohe Lohn(neben)kosten                            •   Geringe Besteuerung
   •   Fehlende oder geringe soziale                     •   Gute Wohnmöglichkeiten, niedrige
       Sicherung                                             Mieten für gute Wohnungen
   •   Niedrige Qualität des Gesundheits-                •   Hohe Umweltqualität
       und Schulsystems                                  •   Gute Infrastruktur
   •   Hohe Steuern und Abgaben                          •   Gute Verdienstmöglichkeiten, viele
   •   Geringe Umweltqualität                                Jobangebote, insb. Gute
   •   Schlechte oder fehlende Infrastruktur                 Beschäftigungsmöglichkeiten für
                                                             Zuwanderer
                                                         •   Zuwanderungspolitik, die Zuwanderer
                                                             anzieht
                                                         •   Anerkennung der Einwanderer als
                                                             Innovationspotenzial
                                                         •   Gut agierende Netzwerke von
                                                             Ausländern

Die Vorstellung von einer Zweiteilung in Push- und Pull-Faktoren der Wanderungsmotive von
Menschen     gewann      an    Bedeutung       und     wurde     ab    den    1960er-Jahren   durch
Regressionsanalysen mathematisch in Relation gesetzt. Man erhoffte sich dadurch
herauszufinden, „welche Migrationen in welcher Konstellation zu erwarten waren“ (Hillmann
2016, S.54). Die Push-Faktoren (Abstoßungsfaktoren) fassen alle jene Umstände des
Auswanderungsortes zusammen, welche die Menschen zum Abwandern bewegen. Diese
                                                  23
können Verfolgungen aus politischer und religiöser Motivation, (Bürger)Kriege, wirtschaftliche
Krisen, Natur- und Umweltkatastrophen ec. sein. Im Gegensatz dazu stehen die Pull-Faktoren
(Anziehungsfaktoren). Darunter fasst man die Bedingungen eines Aufnahmelandes
zusammen, welche die Menschen zum Einwandern motivieren. Diese wären beispielsweise
„politische Stabilität, demokratische Sozialstruktur, religiöse Glaubensfreiheit, wirtschaftliche
Prosperität und bessere Ausbildungs- und Verdienstmöglichkeiten.“ (Han 2010, S. 12ff)

Aufbauend auf Ravensteins Ansätze entwickelte Everett Lee das Push-Pull-Modell. Bei diesem
wurden viele persönliche Faktoren der Migrant_innen berücksichtigt, die sich je nach
Lebensabschnitt verändern können. Als zentraler Faktor sowohl für Anziehung als auch
Abstoßung gilt die Situation am Arbeitsmarkt, die in der Heimatregion unbefriedigend und in
der Zielregion vielversprechend ist. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung im Herkunftsland
werden mit oftmals einer besseren Einkommenssituation und einem größeren
Arbeitsplatzangebot in der Einwanderungsregion verglichen und Vor- und Nachteile
abgewogen. (Treibel 2011, S. 40)

Diese Pull- und Push-Faktoren können jedoch nicht pauschal angewendet, sondern müssen
auf den konkreten Einzelfall abgestimmt werden, da die Entscheidungen von Migrant_innen
eher aus sozialen und emotionalen Beweggründen und weniger aus dem rational Logischen
heraus getroffen werden. „Für die Migranten können [...] emotionale Sicherheit und soziale
Einbindung wichtiger sein als der ökonomische Vorteil“. (Han 2010, S. 13ff)

Durch die zunehmend besseren Kommunikations-, Transport- und Informationsmöglichkeiten
weltweit, steigt auch deren Bedeutung im Zusammenhang mit Migrationsentscheidungen.
Selbst Menschen in den entlegensten Regionen der Welt haben dadurch vermehrten Zugang
zu Informationen. Durch moderne Kommunikation bietet sich die Möglichkeit, direkten
Kontakt mit emigrierten Verwandten, Freunden und Bekannten aufzunehmen und
Informationen auszutauschen. Auch durch preiswerte und moderne Transportmöglichkeiten
können selbst Menschen aus ärmlichen Verhältnissen weitere Strecken zurücklegen. Um das
Wandern von Menschen zu erklären, reicht es also nicht aus, nur die ökonomischen Faktoren
wie Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung zu betrachten. Vielmehr spielen die persönlichen
Beziehungen zu gewanderten Bekannten und Verwandten eine der größten Rollen. Nach
neueren Erkenntnissen in der Migrationsforschung ist die Bedeutung des Beziehungs-

                                               24
Netzwerks so groß, dass andere Faktoren dagegen ‚verblassen’. Migrationsforscher gehen in
dieser Annahme so weit, dass sie im Umkehrschluss bei jenen nicht-wandernden Menschen
eine schwache soziale Bindung im Verwandtschaftsnetzwerk diskutieren. (Treibel 2011, S. 42)

Die Entscheidung die Heimatregion oder das Heimatland zu verlassen, hängt von vielen
Faktoren zusammen. Fest steht, dass die Zielregion sehr stark von dort bestehenden sozialen
Kontakten abhängt und die Entscheidung zu wandern niemals nur rational getroffen wird. Es
sind weniger die tatsächlichen Faktoren am Ab- und Einwanderungsland ausschlaggebend als
mehr das Zusammenspiel aller Faktoren, die eine Wanderung auslösen. (Treibel 2011, S. 42)

2.4 Bevölkerungsentwicklung im Bezirk Liezen

Um ein besseres Verständnis für den Bezirk Liezen und für das Untersuchungsgebiet zu
bekommen, wird im Folgenden näher auf Einwohnerzahlen und die Zu- und
Abwanderungsdaten der Region eingegangen. Im Bezirk Liezen leben nach dem Stand der
Statistik Austria vom 1.1.2021, 79.592 Personen und somit ca. 6,4 % der Landesbevölkerung.
Mit einer Bevölkerungsdichte von 24 EW/km2 ist Liezen steiermarkweit der am dünnsten
besiedelte Bezirk nach Murau (20 EW/km2). Die meisten Menschen der Region leben in der
gleichnamigen Bezirkshauptstadt (8266 Einwohner_innen, Stand 2019) sowie in den anderen
industriell geprägten Städten Rottenmann und Trieben. Weitere Siedlungsschwerpunkte im
Bezirk bilden die Städte Schladming und Bad Aussee. (Wibis Steiermark 2021, S. 2)

Bis zum Jahr 2001 war Liezen eine demographische Wachstumsregion und auch in den letzten
Jahren ist ein leichter Bevölkerungszugang von jährlich +0,1 % zu beobachten. Dies ist vor
allem auf eine negative Geburten-Sterbe-Bilanz und auf eine positive Wanderbilanz
zurückzuführen. Mittelfristig wird der Bezirk jedoch an Einwohner_innen verlieren und ein
Bevölkerungsrückgang von circa 3,7 % wird erwartet. Grundsätzlich leben im Bezirk mehr
Frauen als Männer und das Durchschnittsalter liegt bei 45,1 Jahren (Stand 2018), wobei dieses
in den letzten vier Dekaden eine Erhöhung um 9,9 Jahre aufweist. (Ebda.)

Werden die Bevölkerungsveränderungen der Jahre 2006 bis 2016 im Untersuchungsgebiet
genauer betrachtet, so lässt sich erkennen, dass in diesem Zeitraum 10 von 11 Gemeinden
einen Bevölkerungsrückgang erfuhren. Lediglich in der Gemeinde Aigen gab es ein Plus von
4,2 %. Die Gemeinden Selzthal (-11,4 %), Trieben (-8,2 %) und Rottenmann (-6,6 %)

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verzeichnen den höchsten Bevölkerungsrückgang. Die durchschnittliche Bevölkerung aller 11
Gemeinden sank von 2006 bis 2016 um 3,8 %. (Statistik Austria)

Wirtschaftsstruktur des Bezirks Liezen

Der Bezirk Liezen lässt sich wirtschaftlich in drei Teilräume gliedern: Das touristisch geprägte
Gebiet   um      Schladming,   zusammen      mit   dem     steirischen   Salzkammergut,     das
Wirtschaftszentrum Liezen mit dem Paltental, in denen der industriell-gewerbliche Sektor
überwiegt und das vorwiegend ländlich strukturierte untere Ennstal mit dem Gesäuse. Im
Untersuchungsgebiet sind zumindest teilweise alle dieser drei Teilräume vertreten. Dabei
bilden Liezen, Rottenmann und Trieben den Industrie-und Gewerbeteil und vertreten mit den
Gemeinden Admont und Ardning den Natur-, Kultur- und Sportbereich des Bezirks. Der
touristische Teil wird nach dieser Einteilung durch die Gemeinden Wörschach, Aigen,
Stainach-Pürgg und Irdning-Donnersbachtal repräsentiert. (Wibis Steiermark 2021, S. 2ff)

Die Industrialisierung zeigte in den 1880er-Jahren auch im Bezirk Liezen punktuell Wirkung
und der Aufschwung erfolgte vor allem im Salz- und Magnesitabbau. Doch es folgte ein
struktureller Wandel und kapitalintensivere, effizientere Arbeitsmethoden ersetzten die
arbeitsintensive Produktion. Durch die Bedeutung Liezens als Verkehrsknotenpunkt wurden
bereits früh die Grundlagen für touristische Aktivitäten geschaffen und so erlebte der Bezirk
bereits im 19. Jahrhundert seine erste Fremdenverkehrs-Blüte und ist bis heute geprägt von
seiner Bedeutung im Tourismusbereich. (Wibis Steiermark 2018, S. 1)

Der Slogan „Von der Regionalität zur Globalität – von der Globalität zur Regionalität“ steht
zusammenfassend für das Leitbild und die wirtschaftlichen Ziele des Regionalmanagements
des Bezirks Liezen aus dem Jahr 2014. Der größte Bezirk Österreichs hat sich in Hinblick auf
Wirtschaft und Bildung einige Ziele gesetzt und betont in seinem schriftlichen Leitbild unter
anderem die Setzung teilräumlicher Schwerpunkte. Dazu gehöre der Ausbau des B2B-
Netzwerkes zwischen den einzelnen Unternehmen und eine Verbesserung der
Rahmenbedingungen, um attraktivere Standorte zu schaffen. Das Regionalmanagement
Liezen erhofft sich dadurch eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und eine damit
einhergehende Erhöhung der Wirtschaftskraft im Bezirk. (Regionalmanagement Bezirk Liezen
2014, S. 12ff)

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Kleinst- und Kleinbetriebe prägen die Betriebsstruktur des Bezirks Liezen, Mittel- und
Großbetriebe sind hingegen nur schwach vertreten. Die wichtigsten Großbetriebe sind unter
anderem die AHT Cooling Systems GmbH in Rottenmann, die MACO Produktions GmbH in
Trieben   und    die   Maschinenfabrik     Liezen   und    Gießerei    GesmbH.     Mit   einem
Bruttoregionalprodukt je Einwohner von 36300 € belegt die NUTS 3-Region Liezen im Jahr
2016 den 18. Rang österreichweit und markiert somit das Mittelfeld. Im Bezirk wurden 5006
aktive    Unternehmen      verzeichnet,    welche     insgesamt       26402   unselbstständige
Arbeitnehmer_innen beschäftigten. (Statistik Austria 2018)

Der Bezirk Liezen ist von der Tourismusbranche geprägt. Nicht überraschend ist es deshalb,
dass die Beschäftigungen im Jahr 2020 deutlich zurückgingen, was nicht zuletzt an der COVID-
19- Pandemie liegt. Unter den steirischen Regionen wurde in diesem Bezirk der deutlichste
Beschäftigungsrückgang (-3,9 %) in diesem Jahr vermerkt. Rund die Hälfte des Rückgangs der
Beschäftigungen ist dem Tourismusbereich zuzuschreiben. Die Arbeitslosigkeit stieg in der
Region im Jahr 2020 um +51,6 % auf 2737 (+932) Personen und markiert somit den stärksten
Anstieg aller Regionen der Steiermark. Die Arbeitslosenquote des Bezirks lag mit ca. 8 % unter
der gesamtsteirischen Quote. Frauen waren in diesem Jahr stärker von der Arbeitslosigkeit
betroffen als Männer. Anders als in vielen anderen Bezirken des Landes, in denen der Anteil
der Langzeitarbeitslosen seit 2016 stark anstieg, blieb dieser im Bezirk relativ unverändert bei
niedrigen 5,2 %. Reisebeschränkungen und Betriebsschließungen aufgrund der Pandemie
lösten einen Beschäftigungsrückgang von 15,0 % im Vergleich zum Vorjahr im Bereich
Beherbergung und Gastronomie aus. Auch die saisonale Arbeitslosenquote ist, trotz hohem
Beschäftigungsanteil in der Tourismusbranche, relativ gering, was auf die ausgewogenen
Besucherzahlen sowohl im Winter als auch im Sommer zurückzuführen ist. Eine Ausnahme
bildet das Jahr 2020, da „[d]ie höchste Arbeitslosenquote des Jahres 2020 mit 13,0 % im April
zu beobachten [war], die niedrigste im September mit 4,8 %“. (Wibis Steiermark 2018, S. 3ff)

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