Zürcher Wirtschaftsmonitoring - Stellenmeldepflicht: Start ist geglückt September 2018 - Amt für Wirtschaft und Arbeit
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Kanton Zürich Volkswirtschaftsdirektion Amt für Wirtschaft und Arbeit Zürcher Wirtschaftsmonitoring Stellenmeldepflicht: Start ist geglückt September 2018
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 4 Spezialthema 4 Meldepflicht ist gut angelaufen Die neuen Vorgaben im Rekrutierungsprozess werden breit umgesetzt: Seit Einfüh- rung der Stellenmeldepflicht wurden den Regionalen Arbeits- vermittlungszentren markant mehr Stellen gemeldet 6 Der Start ist geglückt Edgar Spieler, Leiter Bereich Arbeitsmarkt beim Amt für Wirtschaft und Arbeit, und René Panholzer, Leiter des Zürcher Stellenmeldezentrums, über erste Erfolge und Herausforderungen der Meldepflicht 8 Berufsnomenklatur als Achillesferse der Stellen meldepflicht Die Kritik an der Stellenmeldepflicht konzent- riert sich auf die verwendeten Berufsbezeichnungen, die teilweise veraltet sind. Die Berufsnomenklatur wird nun über- arbeitet 10 «Wir sind richtig begeistert» Das Zürcher Stellen meldezentrum trägt zusammen mit den Kunden- und Per sonalberatenden der RAV dazu bei, dass die Meldepflicht zu einer Chance für viele Firmen geworden ist 11 Kanton Zürich 11 Industrie und Banken im Aufwind Die meisten Branchen der Zürcher Wirtschaft erholten sich in den letzten Quartalen, namentlich der Grosshandel und die Industrie. Auch im Bankensektor setzt sich die Erholung fort 15 Investitionsgüterindustrie im Hoch Die Erholung der Industrie schreitet voran und bestätigt, dass der Schock der verschiedenen Frankenaufwertungen überwunden ist. Aktuell wird der Aufschwung zunehmend durch die Binnen- nachfrage getragen, insbesondere bei den Investitionsgütern 17 Schweiz und Ausland 17 Weltwirtschaft verliert an Fahrt Die USA können in diesem Jahr wirtschaftlich zulegen, die europäische Konjunk- tur hat sich jedoch bereits in der ersten Jahreshälfte deutlich verlangsamt. Verschiedene Indikatoren deuten darauf hin, dass sich das Wachstum der globalen Wertschöpfung und des Welthandels leicht abgeschwächt hat 23 Wirtschaftsdaten & Prognosen arbeit.swiss Job-Room Informationsvorsprung für Stellensuchende Während dem Publikationsverbot von fünf Arbeitstagen haben registrierte Stellen suchende im geschützten Job-Room exklusiv Zugang zu meldepflichtigen Stellen 2 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018
Editorial Liebe Leserinnen Liebe Leser Seit knapp drei Monaten gilt für Berufsarten mit einer gesamtschweizerischen Arbeitslosenquote von mindestens acht Prozent die Stellenmelde- pflicht. Stellensuchende, die auf den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren angemeldet sind, haben einen Informationsvorsprung von fünf Arbeitstagen und ein erweitertes Jobangebot. Im Kanton Zürich haben wir für Arbeitgeber mit meldepflichtigen Berufen mit dem Stellenmeldezentrum eine zentrale Anlaufstelle eingerichtet, um den Meldeprozess möglichst dienstleistungsorientiert und schlank ab- zuwickeln. Die hohe Zahl gemeldeter Stellen und po- sitive Feedbacks von Arbeitgebern sind ermutigend und zeigen, dass die neuen Vorgaben breit umge- setzt werden. Lesen Sie mehr dazu ab Seite 4 in unserem Spezialthema. In diesem Spätsommer ist die Zürcher Wirtschaft gut unterwegs. Die meisten Branchen im Kanton Zürich erholen sich, namentlich die Industrie und der Ban- kensektor. Nachlassende Impulse aus Europa wirken jedoch bremsend für die kommenden Monate. Die Beschäftigungsaussichten haben sich etwas verbes- sert und die Zahl der Personen auf Arbeitssuche ist rückläufig. Dies zeigt, dass der Aufschwung allmäh- lich im Arbeitsmarkt ankommt. Bruno Sauter, Chef Amt für Wirtschaft und Arbeit Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018 3
Spezialthema Bericht Meldepflicht ist gut angelaufen Wenige Wochen nach Beginn der Stellenmeldepflicht zeigt sich, dass die neuen Vorgaben breit umgesetzt werden und die Zahl der neu gemeldeten Stellen die Erwartungen übertrifft. Kritik erfolgt vor allem an teilweise nicht mehr zeitgemässen Berufsdefinitionen, welche die Zuordnung meldepflich tiger Stellen erschweren. Seit knapp drei Monaten gilt bei der Besetzung offener Stellen führung von Berufs- und Arbeitgeberverbänden zahlreich for- die Meldepflicht für Berufsarten mit schweizweit mindestens muliert. Die Kritik konzentriert sich derzeit auf Bezeichnungen acht Prozent Arbeitslosigkeit. Für Arbeitgeber und die öffentli- für meldepflichtige Berufe, die teilweise veraltet und wenig che Arbeitsvermittlung sind die neuen Vorgaben im Rekrutie- detailliert sind. Die aktuelle Berufsnomenklatur ist denn auch rungsprozess mit zusätzlichem Aufwand verbunden und die als Schwachpunkt der Stellenmeldepflicht erkannt (vgl. S. 8). bisher freiwillige Zusammenarbeit wurde auf eine neue Basis Vieles hängt davon ab, wie gut die Zusammenarbeit zwischen gestellt. den Unternehmen und der öffentlichen Arbeitsvermittlung klappt und wie ernst der Vorrang für Stellensuchende genom- Auf der Ebene der Stellenmeldungen zeigt die neue Plicht be- men wird. Umso wichtiger ist es für alle Beteiligten, dass die reits Wirkung: Den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren neuen Abläufe möglichst schlank und dienstleistungsorien- (RAV) wurden seit Einführung der Meldepflicht markant mehr tiert umgesetzt werden. Im Kanton Zürich wurde für die neue Stellen gemeldet, allein im ersten Monat Juli erhöhte sich ihre Aufgabe das Stellenmeldezentrum als zentrale Anlaufstelle Zahl gesamtschweizerisch um knapp 80 Prozent auf insge- eingerichtet (S. 5 und 6). Erste Echos der Unternehmen zu samt gut 30 000, wovon 14 284 meldepflichtig waren. Im Au- Meldepflicht und Zusammenarbeit mit den RAV stimmen zu- gust erhöhten sich die gesamtschweizerischen Stellenmel- versichtlich (S. 10). Bei den Arbeitsmarktbehörden, die mit dungen auf 36 410, wovon 21 503 der Meldepflicht unterstellt den neuen verpflichtenden Abläufen genau beobachtet und waren. Im Kanton Zürich wurden im Juli und August 4700 mel- an ihren Dienstleistungen gemessen werden, ist vielerorts depflichtige und 2900 nicht meldepflichtige Stellen gemeldet. Aufbruchstimmung zu spüren: Das Bewusstsein ist vorhan- Auch die Zahl der Stellen, die nicht der Meldepflicht unterlie- den, dass sich der Mehraufwand lohnt, weil er einer wichtigen gen, erhöhte sich erfreulicherweise. Dies auch, weil Arbeitge- Sache dient – der möglichst guten Wirkung der Stellenmelde- ber teilweise verunsichert sind, ob eine Stelle tatsächlich der pflicht. Meldepflicht unterliegt. Bei Verstössen gegen die Meldepflicht droht eine Busse von bis zu 40 000 Franken. Irene Tschopp, Kommunikation AWA Für die Kontrolle der Einhaltung der Stellenmeldepflicht sind die Kantone zuständig, welche selber bestimmen können, welche Behörden die Überprüfung zweckmässigerweise durchführen. Der Kanton Zürich hat die Kontrollzuständigkeit Stellenmeldepflicht für 19 Berufsarten dem Bereich Arbeitsbedingungen im Amt für Wirtschaft und Die Bundesversammlung entschied im Dezember 2016 die Umset- Arbeit und damit der für das Schwarzarbeitsgesetz zuständi- zung der sogenannten Masseneinwanderungsinitiative aus dem gen Vollzugsbehörde zugewiesen. Die Kontrollen sollen dienst- Jahr 2014 durch eine Anpassung des Ausländergesetzes. Damit in- leistungsorientiert, beratend und mit möglichst geringem ad- ländische Erwerbstätige bei der Besetzung neuer Stellen bevorzugt ministrativem Aufwand durchgeführt werden. Im ersten Jahr behandelt werden, wurde die Stellenmeldepflicht für Berufsarten mit stehen vor allem die Beratung und die Sensibilisierung der überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit festgelegt. Eine zeitlich betroffenen Arbeitgebenden im Vordergrund. gestaffelte Einführung dieser Meldepflicht soll helfen, die konkreten Prozesse und Abläufe einzuspielen und Erfahrungen zu sammeln, Evaluation der Meldepflicht nach einem Jahr bevor das Volumen meldepflichtiger Stellen erhöht wird. Die Frage nach der Wirkung der Meldepflicht auf den Arbeits- markt, die Arbeitslosigkeit und die Zuwanderung im weitesten Seit dem 1. Juli 2018 gilt die Meldepflicht für 19 Berufsarten mit ge- samtschweizerisch mindestens acht Prozent Arbeitslosigkeit, ab Sinne ist derzeit noch nicht möglich. Sie wird ein Jahr nach Januar 2020 sinkt dieser Schwellenwert auf fünf Prozent. Die aktuell der Einführung durch den Bund erfolgen. Weil in den ersten meldepflichtigen Berufsarten werden durch 263 detaillierte Berufs- Monaten mit Einführungs- und Lerneffekten zu rechnen ist bezeichnungen konkretisiert. und Stellenmeldungen saisonal schwanken, sollte für die Be- urteilung der Wirkung ein ganzes Jahr verstrichen sein. > Weitere Infos zur Stellenmeldepflicht: www.arbeit.swiss/stellenmeldepflicht Befürchtungen betreffend bürokratische Leerläufe bei der Ab- www.stellenmeldepflicht.zh.ch wicklung der Stellenmeldepflicht wurden im Vorfeld der Ein- 4 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018
Spezialthema Bericht Etappen der Stellenmeldepflicht Im Kanton Zürich koordiniert das Stellenmeldezentrum die Prozesse der Meldepflicht P U B L I K A T I O N S V E R B O T Arbeitstage 0 1 2 3 4 5 1 … 30 Arbeitgeber Meldung und Dossierprüfung Rückmeldung an SMZ Erfassen von offener Stelle arbeit.swiss Stellenmeldezentrum Dossierselektion und Dossiervorschläge an AG (SMZ) Bestätigung an AG Stelle im ge schützten Job-Room aufgeschaltet Regionale Arbeits Interner vermittlungszentren Suchprozess (RAV) Dossiers an SMZ Stellensuchende Direkte Bewerbung von Stellensuchenden aus CH RAV arbeit.swiss Job-Room Zentrale Anlaufstelle für Arbeitgeber mit meldepflichtigen Berufen Das Stellenmeldezentrum des Kantons Zürich (SMZ) steuert den gesamten Verlauf der Bearbeitung einer meldepflichtigen Stelle. Seit dem 1. Juli 2018 sind Arbeitgeber verpflichtet, offene Stellen Nach Eingang der Stellenmeldung erteilt das SMZ den 16 Re- in Berufsarten mit schweizweit mindestens 8 Prozent Arbeits gionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) des Kantons Zürich losigkeit der öffentlichen Arbeitsvermittlung zu melden. Arbeit- den Auftrag, passende Dossiers zu identifizieren und zu prü- geber können ihre Stelle online über das Portal arbeit.swiss, fen, welche Stellensuchenden die spezifischen Anforderungen telefonisch oder persönlich melden. Nach Eingang der Bestäti- erfüllen und ob sie verfügbar sind. Die RAV übermitteln dem gung der öffentlichen Arbeitsvermittlung über die korrekte Er- SMZ innerhalb eines Arbeitstages ihre Dossiervorschläge, aus fassung der Stelle beginnt das Publikationsverbot von fünf denen das SMZ die Endauswahl trifft und welche es dem Arbeit- Arbeitstagen. Während dieser Zeit ist diese Stelle im geschütz- geber nach spätestens drei Arbeitstagen übermittelt. Arbeitge- ten Job-Room exklusiv für registrierte Stellensuchende zugäng- ber sind verpflichtet, Rückmeldung zu den eingereichten Dos- lich. siers zu erstatten, und sind gebeten, dies innerhalb von dreissig Tagen zu tun. Um den Aufwand für Arbeitgeber gering zu halten, wurde im Kanton Zürich das Stellenmeldezentrum (SMZ) eingerichtet. Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018 5
Spezialthema Interview Der Start ist geglückt Mit Einführung der Stellenmeldepflicht übertraf die Zahl der gemeldeten Stellen schweizweit wie auch im Kanton Zürich die Erwartungen. Edgar Spieler, Leiter Bereich Arbeitsmarkt beim Amt für Wirtschaft und Arbeit, und René Panholzer, Leiter des Zürcher Stellenmeldezentrums, über erste Erfolge und Herausforderungen der Meldepflicht. Wie ist die bisherige Bilanz seit Sämtliche Arbeitgeber mit meldepflich seres Teams im Stellenmeldezentrum, der Einführung der Stellenmelde tigen Berufen haben dadurch einen kla- analog zur branchenorientierten Bera- pflicht? ren Ansprechpartner. Es gibt im Stellen- tung in den Regionalen Arbeitsvermitt- René Panholzer: Aus unserer Sicht ist die meldezentrum keinen Zielkonflikt für lungszentren. Einführung der Stellenmeldepflicht ge- die Situation, dass einerseits viele Stel- glückt. Die Zusammenarbeit mit Arbeit- len eintreffen und andererseits sich Mit welchen Fragen gelangen die gebern wie auch mit privaten Arbeitsver- viele Stellensuchende beim Regionalen Arbeitgeber ans Stellenmeldezent mittlern gestaltet sich sehr gut. Arbeitsvermittlungszentrum anmelden – rum und an die RAV? Wir wurden von der grossen Anzahl an eben weil das Stellenmeldezentrum René Panholzer: Die allerwichtigste Fra- Stellenmeldungen überrascht: Allein im ausschliesslich den Fokus auf die Bear- ge lautet: Ist meine Stelle meldepflichtig? ersten Monat Juli wurden über 2500 mel- beitung der meldepflichtigen Stellen Die im Stellenmeldetool hinterlegten depflichtige Stellen gemeldet, mehr als richtet. Berufsbezeichnungen sind nicht auf al- doppelt so viele wie erwartet. Positiv Eine weitere Zürcher Eigenheit ist der len Ebenen zeitgemäss. Hier beraten wir überrascht sind wir auch von der Tat zweistufige Prozess, den wir zur Quali- Arbeitgebende und leisten auch tech sache, dass 99 Prozent der Stellen elek tätssicherung eingeführt haben. Die nischen Support bei der Erfassung der tronisch über das Erfassungstool auf 16 Zürcher Regionalen Arbeitsvermitt- Stelle. arbeit.swiss gemeldet werden. Das re lungszentren treffen eine Vorauswahl duziert den Aufwand für alle Parteien. passender Kandidatinnen und Kandi Edgar Spieler: Die RAV haben im Rah- daten. Sie prüfen, welche Stellensuchen- men ihrer eingespielten Kundenkontakte Edgar Spieler: Wir haben auch mehr den die spezifischen Anforderungen ebenfalls eine wichtige Informationsauf- nicht meldepflichtige Stellen erhalten als erfüllen und ob sie verfügbar sind. Aus gabe rund um die Stellenmeldepflicht. bisher, über 1400 im Juli. Wir erklären dieser Kandidatenauswahl trifft das Stel- Die Fragen sind nicht immer eindeutig uns dies mit zwei Gründen: einerseits mit lenmeldezentrum die Endauswahl und beantwortbar. Zum Beispiel kann eine der Vorsicht der Arbeitgeber, die Melde- übermittelt die Dossiers an Arbeitgeber. Stelle aus einer Mischfunktion bestehen, pflicht nicht zu verletzen, andrerseits Dieser zweistufige Prozess ist match etwa wenn ein gesuchter Koch gleich auch mit der Wertschätzung einer guten entscheidend für die Qualität der Vor- zeitig Geschäftsführer ist. Der Beruf des Dienstleistung der öffentlichen Arbeits- schläge. Kochs ist meldepflichtig, der Geschäfts- vermittlung. Wir erhalten Feedbacks von führer hingegen nicht. Solche Grenzfälle Unternehmen, welche sagen: «Wenn ihr René Panholzer: Wir versuchen, die stellen auch uns immer wieder vor Her- uns so gute Kandidatinnen und Kandida- Prozesse wo immer möglich einfach zu ausforderungen. Arbeitgebende wollen ten vorschlagen könnt, haben wir auch gestalten. Zum Beispiel erhalten Arbeit- sich auch von unseren RAV beraten las- ein Interesse, euch unsere nicht melde- geber mit den Kandidatenvorschlägen sen über Pozesse und Abläufe der Mel- pflichtigen Stellen anzugeben.» auch gleich das Feedbackformular, so- depflicht, weil eine gewisse Verunsiche- dass sich ihre Rückmeldung, zu der sie rung vorhanden ist aufgrund möglicher Welches sind Zürcher Eigenheiten verpflichtet sind, unkompliziert gestaltet. Bussen. bei der Umsetzung der Stellenmel Weiter werden unsere Kandidatinnen depflicht? und Kandidaten per SMS informiert, Was kann man bereits zum Ar Edgar Spieler: Wir haben im Kanton Zü- wenn wir ihr Dossier einem Arbeitgeber beitslosenvorrang der angemelde rich mit dem Stellenmeldezentrum eine unterbreiten. Dadurch sind sie vorberei- ten Stellensuchenden sagen? zentrale Organisationseinheit aufgebaut, tet auf den Fall, dass sich der Arbeitge- Edgar Spieler: Unsere RAV stellen fest, die für die Prozesse der Meldepflicht und ber bei ihnen meldet. Bewährt hat sich dass bisher nur eine Minderheit der Stel- deren Umsetzung verantwortlich ist. auch die Spezialisierung auf Berufe un- lensuchenden den passwortgeschützten 6 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018
Spezialthema Interview Zugang im Job-Room nutzt. Die Regis trierung für das Login ist relativ kompli- ziert, vergleichbar mit Verfahren des E-Banking und entsprechenden Sicher- heits- und Datenschutzanforderungen. In den RAV beraten und unterstützen wir Stellensuchende bei diesem Prozess – schwerpunktmässig jene Personen mit meldepflichtigen Berufen. Aktuell stehen deshalb klar die Kandidatenvorschläge der öffentlichen Arbeitsvermittlung im Vordergrund und noch weniger der direkte und exklusive Zugang der Stellensuchenden zu meldepflichtigen Stellen. Welches sind zu klärende Fragen im Hinblick auf die zweite Etappe Edgar Spieler, Leiter Bereich Arbeitsmarkt beim Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich, und der Stellenmeldepflicht ab Januar René Panholzer, Leiter des Zürcher Stellenmeldezentrums, ziehen eine positive Bilanz zur Einführung der Stellenmeldepflicht. 2020, wenn der Schwellenwert der meldepflichtigen Berufe auf 5 Prozent Arbeitslosigkeit gesenkt wird? beim Handling der Rückmeldungen der Edgar Spieler: Auf Systemebene sind Arbeitgeber. Dies ist wichtig im Hinblick dies drei Aspekte: Erstens braucht es auf das Monitoring der Stellenmelde- eine Revision der Schweizerischen Be- pflicht, welches Hinweise zum Erfolg der rufsnomenklatur, auf der die Meldepflicht Stellenmeldepflicht geben wird. Der basiert. Dass die aktuelle Kategorisie- dritte Aspekt betrifft ein Matching-Tool, rung sowie Zuordnung der Berufstitel bei dem anhand der Berufsbezeichnun- überarbeitet werden muss, ist erkannt – gen und der gesuchten Fähigkeiten ein eine Arbeitsgruppe des Bundes nimmt automatisierter Abgleich mit den Dossi- diese Aufgabe gemeinsam mit den So ers der Stellensuchenden erfolgen kann. zialpartnern in Angriff. Dieser Punkt ist Ein solches Tool würde die Vorauswahl zentral, denn bei höherem Meldevolu- der Kandidatinnen und Kandidaten be- men ab 2020 würden entsprechende Un schleunigen. Vieles wird heute noch von klarheiten bei der Zuordnung der Stellen Hand erledigt, was über entsprechende der Akzeptanz und Wirkung der Melde- IT-Lösungen automatisiert und beschleu pflicht schaden. Zweitens brauchen wir nigt werden kann. bei der IT im Meldeprozess noch eine bessere Unterstützung und Führung un- Interview: serer internen Prozesse, beispielsweise Irene Tschopp, Kommunikation AWA Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018 7
Spezialthema Bericht Berufsnomenklatur als Achillesferse der Stellenmeldepflicht Die Kritik an der Stellenmeldepflicht konzentriert sich auf die verwendeten Berufsbezeichnungen, welche teilweise veraltet und zu wenig detailliert sind. Die Berufsnomenklatur wird deshalb überarbeitet, um spätestens auf die zweite Etappe der Stellenmeldepflicht Anfang 2020 mit tieferem Schwellenwert der Arbeitslosigkeit zur Verfügung zu stehen. Die Grundlage der meldepflichtigen Berufe ist die sogenannte Berufe wegen überholten Berufsbezeichnungen verfälscht Schweizerische Berufsnomenklatur (SBN) aus dem Jahr 2000. werden könnte. Sie enthält rund 22 000 Einzelberufe, die nach einer wirtschafts orientierten Struktur gruppiert sind (zum Beispiel Das Problem ist erkannt: Die aktuell verwendete Berufsno- Berufe des Bauhauptgewerbes, Berufe des Gesundheitswe- menklatur wird derzeit überarbeitet. Das Bundesamt für Statis- sens). tik und das Staatssekretariat für Wirtschaft haben vor den Sommerferien bei den Berufsverbänden deren Bedürfnisse Die verwendeten Berufsbezeichnungen entsprechen oft nicht abgeholt. Aktuell gebräuchliche Berufsbezeichnungen sollen mehr der heutigen Arbeitsrealität und sind teilweise zu wenig möglichst differenziert aufgenommen, veraltete und nicht detailliert. Dadurch ist für Arbeitgeber wie auch für Arbeits- mehr verwendete Bezeichnungen gestrichen und eine Klassi marktbehörden nicht immer sofort ersichtlich, ob eine neu zu fikation nach Qualifikationsniveaus ermöglicht werden. Neu besetzende Stelle meldepflichtig ist. Es besteht auch die soll die internationale Berufsklassifikation ISCO-08 als Basis Schwierigkeit der inhaltlichen Abgrenzung zwischen den Be- dienen und an die schweizerischen Verhältnisse angepasst rufsbezeichnungen. Ein «Callcenter-Agent» ist beispielsweise werden. meldepflichtig, der «Verkäufer per Telefon» nicht. Oder «Kuriere» sind meldepflichtig, «Chauffeure» hingegen nicht. Die verwen- Die revidierte Berufsnomenklatur soll auf spätestens viertes deten Kategorien sind in Bezug auf das gesuchte Qualifikati- Quartal 2019 verfügbar sein, damit die neue Liste meldepflich- onsniveau ausserdem wenig differenziert. tiger Berufe darauf basierend erstellt werden kann. Im Januar 2020 tritt die zweite Phase der Stellenmeldepflicht in Kraft mit Revision bis 2020 tieferem Schwellenwert von schweizweit mindestens fünf Pro- Die Kritik der Arbeitgeber fokussiert sich deshalb stark auf die zent Arbeitslosigkeit. Ab diesem Zeitpunkt wird das Volumen statistische Grundlage der Meldepflicht und die damit einher- meldepflichtiger Stellen merklich steigen – Unklarheiten bei gehenden Schwierigkeiten bei der Zuordnung ihrer offenen der Zuordnung der Stellen sollten dann möglichst behoben Stellen. Die von der Meldepflicht stark betroffenen Branchen sein. Bauhauptgewerbe, Gastronomie und Hotellerie äussern gar Befürchtungen, dass die gemessene Arbeitslosenquote ihrer Irene Tschopp, Kommunikation AWA Meldepflichtige Berufsarten Offene Stellen in den folgenden Berufsarten sind vom 1. Juli 2018 • Etagen-, Wäscherei- und Economatpersonal bis 31. Dezember 2019 meldepflichtig: • Küchenpersonal • Hauswirtschaftliche Betriebsleiter/innen • Landwirtschaftliche Gehilfen/Gehilfinnen • Schauspieler/-innen • Sonstige Berufe der Uhrenindustrie • Arbeitskräfte mit nicht bestimmbarer manueller Berufstätigkeit • Magaziner/-innen, Lageristen/Lageristinnen • Sonstige be- und verarbeitende Berufe Die meldepflichtigen Berufsarten werden durch detaillierte • Betonbauer/-innen, Zementierer/-innen (Bau): Berufsbezeichnungen konkretisiert. Das Staatssekretariat für Bauhauptgewerbe Wirtschaft führt sie in der Rubrik «Check-Up» unter • Sonstige Berufe des Bauhauptgewerbes www.arbeit.swiss/stellenmeldepflicht auf. • Verputzer/-innen, Stuckateure/Stuckateurinnen • Isolierer/-innen • PR-Fachleute • Marketingfachleute • Ausläufer/-innen und Kuriere/Kurierinnen • Teleoperateure/-operatricen und Telefonisten/Telefonistinnen • Empfangspersonal und Portiers • Servicepersonal 8 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018
Spezialthema Bericht Informationsvorsprung für Stellensuchende Stellensuchenden, die auf den Regionalen Arbeitsvermittlungs- Stellensuchende profitieren ebenfalls von einer Ausnahme zentren (RAV) angemeldet sind, bietet die Stellenmeldepflicht regelung der Meldepflicht: Besetzen Arbeitgeber ihre offenen einen Informationsvorsprung von fünf Arbeitstagen und erhöht Stellen mit registrierten Stellensuchenden, entfällt die Stellen so ihre Chancen auf eine Anstellung. Neu werden auch Stellen meldepflicht, da ihr Zweck bereits erfüllt ist. Im Kanton Zürich gemeldet, die vorher gar nie ausgeschrieben wurden. Die bei konnten in den ersten beiden Monaten der Meldepflicht 152 den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) registrierten Stellensuchende auf offene meldepflichtige Stellen vermittelt Stellensuchenden profitieren dadurch von einem erweiterten werden. Nicht enthalten in dieser Zahl sind noch nicht abge- Jobangebot. schlossene Anstellungsprozesse – diese erstrecken sich teilweise über mehrere Wochen. Die RAV beraten ihre Stellensuchenden im Hinblick auf die Registrierung für den geschützten Job-Room. Auf dem Online- Portal für Stellensuchende werden die meldepflichtigen Stellen während der Sperrfrist exklusiv den bei den RAV registrierten Stellensuchenden zur Verfügung gestellt. Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018 9
Spezialthema Bericht «Wir sind richtig begeistert» Die positiven Feedbacks von Arbeitgebern, die schlanke Prozesse, persön liche Beratung und sehr gute Kandidatenvorschläge hervorheben, bestätigen die vorausschauende Planung, mit der das Amt für Wirtschaft und Arbeit die Umsetzung der Stellenmeldepflicht angepackt hat. Das Zürcher Stellen meldezentrum trägt zusammen mit den Kunden- und Personalberatenden der RAV dazu bei, dass die Meldepflicht zu einer Chance für viele Firmen geworden ist. Der Kanton Zürich hat sein Vorhaben erfolgreich verwirklicht. bringen. Dieses «Matching» gelingt so gut, dass Arbeitgeber Der Inländervorrang wird schlank und dienstleistungsorientiert sehr zufrieden reagieren und teilweise überrascht von der umgesetzt – zur Zufriedenheit der Arbeitgeber, die die Stellen- Qualität der Kandidatenvorschläge sind. Diese stammen von meldepflicht mehrheitlich als Chance wahrnehmen, rasch und den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren, wo Personalbera- einfach zu gutem Personal zu kommen. Entgegen den terinnen und -berater die betrieblichen Erfordernisse wie auch schweizweit in politischen Debatten, Medienberichten und die spezifischen «Skills» der Stellensuchenden kennen und von vereinzelten Wirtschaftsvertretern geäusserten Befürch- dem Stellenmeldezentrum eine präzise Vorselektion geeigneter tungen läuft die Bearbeitung der meldepflichtigen Stellen in Kandidaten liefern. «Wir sind ehrlich gesagt richtig begeistert, Zürich wie ein gut geöltes Räderwerk. wie gut dieser Prozess funktioniert», lautet das Feedback eines Firmenvertreters. Aufwand für Arbeitgeber gering gehalten Dies ist zum einen der frühen Informationsoffensive des Amts Viele Arbeitgeber haben neben meldepflichtigen Stellen auch für Wirtschaft und Arbeit zu verdanken. Die Klärung der bei Ar- eine grosse Zahl nicht meldepflichtiger Stellen gemeldet – dies beitgebern anstehenden Fragen wurde bereits Monate vor teilweise in Kenntnis der reibungslosen Rekrutierungsverfah- dem Anlaufen der Meldepflicht begonnen: an Informationsan- ren, die ihnen die professionelle Personalvermittlung der RAV lässen, die in Zusammenarbeit mit Branchenverbänden durch- schon seit Jahren bietet, und teilweise aus der Vorsicht her- geführt wurden, und in den Gesprächen der Kundenberaten- aus, die Meldepflicht nicht verletzen zu wollen. Arbeitgeber, den in den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) mit welche die Zusammenarbeit mit den RAV bisher nicht kannten, Unternehmen. In allen Zürcher Regionen laufen weiterhin In- sind deshalb positiv überrascht oder sogar regelrecht begeis- formationsveranstaltungen der RAV, zugeschnitten auf regio- tert. Auch die nicht meldepflichtigen Stellen sind ein wichtiges nal ansässige Firmen. Angebot von Arbeitsplätzen für die Stellensuchenden im Kan- ton Zürich und werden von den Kundenberatenden in den RAV Zum anderen hält das kantonale Stellenmeldezentrum den Auf- gleichermassen sorgfältig einem «Matching» mit stets aktuell wand der Betriebe, die Stellen melden, nicht nur gering, es bie- gehaltenen aussagekräftigen Kandidatendossiers unterzogen. tet Arbeitgebern flexible Beratung im gesamten Verlauf der Be- arbeitung einer meldepflichtigen Stelle. Der Kundenkontakt ist Gut durchdachter Rundumservice direkt und persönlich, knifflige Fragen der Arbeitgeber zu Be- Es sind nicht nur diese Qualität und der geringe Aufwand für rufsbezeichnungen, vorgeschriebenen Fristen oder Rückmel- Arbeitgeber, die sich der Kanton Zürich für die Bearbeitung der deprozessen werden rasch und unbürokratisch beantwortet. meldepflichtigen Stellen vorgenommen hatte und seit dem Wie sehr die Arbeitgeber diesen Service schätzen, bezeugen 1. Juli unter Beweis stellt. Mit Vermittlungs-Know-how, Bran- zahlreiche Feedbacks, die aus verschiedensten Branchen- chenwissen, strukturierten Prozessen und der gut abgestimm- bzw. Berufsfeldern bei den Beraterteams eintreffen. «Ich bin ten Zusammenarbeit zwischen dem Stellenmeldezentrum und sehr froh, dass uns in den ersten Wochen so kooperative und den RAV werden die Suchprozesse sowohl der Betriebe als freundliche Unterstützung bei Fragen und Unklarheiten gebo- auch der Stellensuchenden beschleunigt. Dienstleistungen ten wurde», schreibt ein Firmenvertreter. Hinzu kommt, dass wie zum Beispiel einfach zu handhabende Formulare für die das Meldeverfahren über die Plattform www.arbeit.swiss des vorgeschriebenen Rückmeldungen der Arbeitgeber zu Kandi- Staatsekretariats für Wirtschaft nahezu problemlos funktioniert, datenvorschlägen runden den Service in Zürich ab. Die Bilanz wie Rückmeldungen vieler Unternehmen bestätigen. der ersten 100 Tage der Stellenmeldepflicht fällt hier deshalb – zwar mit typisch zürcherischem Stolz formuliert, aber von den Qualität der Kandidatenvorschläge sehr geschätzt Feedbacks der Arbeitgeber belegt – sehr gut aus. Die Mitarbeitenden des Stellenmeldezentrums sind Vermitt- lungsexperten und besitzen mehrheitlich Arbeitserfahrung in Lucie Hribal, Kommunikation AWA den Berufsarten, die der Stellenmeldepflicht unterliegen. Sie kennen die Anforderungen der Betriebe und können deshalb Stellenbeschriebe mit passgenauen Kandidaten zusammen- 10 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018
Kanton Zürich Industrie und Banken im Aufwind Der Zürcher Wirtschaftsmotor brummt in moderatem Tempo weiter. Die Er holung ist breit abgestützt, beschleunigt sich in den Herbstmonaten aller dings nicht weiter. Insbesondere die Industrie läuft auf Hochtouren, wobei die Anpassung der Verkaufspreise hier eine zentrale Rolle spielte. Nach wie vor sind die Banken bezüglich der aktuellen Geschäftslage sehr optimistisch. Nachlassende Impulse aus Europa begrenzen das weitere Wachstum aller dings. Zunehmend positiv entwickelt sich auch der Zürcher Arbeitsmarkt. Die Beschäftigungsaussichten haben sich etwas verbessert und die Zahl der Personen auf Arbeitssuche ist weiterhin rückläufig. Die Weltwirtschaft erholte sich in den USA, der EU und Asien scheinen unter dem starken Franken und den laufenden in den letzten Jahren ziemlich synchron, was die Exportwirt- Strukturveränderungen am stärksten gelitten zu haben. Sie schaft in der Schweiz und im Kanton Zürich zunehmend be- vermelden erst seit Anfang 2018 eine «gute Geschäftslage». lebte. Begünstigt durch diese steigende ausländische Nach- Die beiden Indikatoren notieren aber noch nicht sehr hoch im frage und den wieder schwächeren Frankenkurs gegenüber Vergleich zu den übrigen Branchenindikatoren der KOF-Um- dem Euro und dem US-Dollar, erholten sich die meisten Bran- fragen. chen im Kanton Zürich in den letzten Quartalen. Namentlich im Grosshandel und in der Industrie verbesserte sich die Ge- Die Branche Verschiedene Dienstleistungen und das Bauge- schäftslage der Zürcher Unternehmen seit Sommer 2017 werbe erfreuen sich dagegen schon seit mehreren Jahren ei- stark. Im Sommer 2018 ist die Geschäftslage in diesen beiden ner guten Geschäftslage. Sie hat sich allerdings gegenüber Branchen eindeutig «gut», wie in Grafik 1 ersichtlich ist. Ge- dem Frühjahr leicht verschlechtert. Das ist daran ersichtlich, genüber dem Frühjahr 2018 kam es im Grosshandel nicht zu dass das Zentrum ihres Kreises in Grafik 1 unterhalb der Mit- einer weiteren Verbesserung. Dabei dürfte es sich allerdings tellinie liegt. Im Baugewerbe ist nach der Ausweitung der Tä- nur um einen kleinen Marschhalt handeln. Die Industrie blieb tigkeit in den letzten zehn Jahren natürlicherweise nicht mehr auf dem Wachstumspfad, was ab Seite 15 noch detaillierter das gleiche Wachstumspotenzial vorhanden. Die geringere ausgeführt wird. Das Gastgewerbe und der Detailhandel Zuwanderung dürfte ebenfalls zur schwächeren 1 Industrie und Banken im Aufwind Wertschöpfungsanteile und aktuelle Geschäftslage im Kanton Zürich Verbesserung zur Vorperiode Verbesserung zur Vorperiode 30 Veränderung der Geschäftslage gegenüber der Vorperiode Banken 20 10 Industrie Gastgewerbe Grosshandel Die Grösse der Kreise steht proportional für den 0 jeweiligen Anteil der Wertschöpfung einer Bran- schlechte Geschäftslage Detailhandel gute Geschäftslage che an der gesamten Wertschöpfung im Kanton. Baugewerbe Die Industrie nimmt dabei einen höheren Anteil als der Detailhandel ein, aber einen kleineren als die Verschiedenen Dienstleistungen. Die Banken –10 Versch. Dienstleistungen und der Grosshandel sind ebenfalls bedeutende Branchen, gemessen am Anteil ihrer Wertschöp- fung, während das Gastgewerbe und auch das Verschlechterung zur Vorperiode Baugewerbe ein deutlich geringeres Gewicht auf- Verschlechterung zur Vorperiode –30 0 30 60 90 weisen. Aktuelle Geschäftslage Quellen: BAK Economics (Wertschöpfungsanteil), KOF, ETH Zürich (Aktuelle Geschäftslage im Kanton Zürich) Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018 11
Kanton Zürich Dynamik im Bau beigetragen haben. Die Branche Verschiede- Die negativen Kurzfristzinsen in Europa dürften allerdings wei- ne Dienstleistungen umfasst unterschiedliche Teilbereiche, terhin eine Herausforderung darstellen. Zumindest haben sich welche mehrheitlich zur guten Geschäftslage beitragen. Dazu die langfristigen Renditen von Regierungsanleihen von ihren gehören die Bereiche Verkehr, Information und Kommunika Tiefstständen der letzten Jahre etwas erholt. Auch der Erfolg tion, das Grundstücks- und Wohnungswesen sowie das Ge- im Kommissionsgeschäft der Zürcher Banken erholte sich in sundheits- und Sozialwesen. Lediglich im Bereich Kunst, Un- den letzten Quartalen sehr deutlich. Das Betriebseinkommen terhaltung und Erholung ist die Geschäftslage in den meisten ist eindeutig im zunehmenden Bereich. Lediglich der Erfolg im Betrieben noch schlecht. Handelsgeschäft ist in den letzten drei Monaten leicht zurück- gegangen. Erholung im Bankensektor setzt sich fort Die Banken bilden die einzige Branche, welche eine eindeutige Konjunkturverbesserung kommt allmählich Verbesserung ihrer Geschäftslage in den letzten Monaten ver- im Arbeitsmarkt an zeichnen konnte. Zum einen erklärt die Zunahme der Nachfra- Für die Herbstmonate ist keine weitere Beschleunigung der ge der Firmenkunden diese Verbesserung teilweise, wie in Konjunktur im Kanton Zürich in Sichtweite. Die grosse Mehr- Grafik 2 ersichtlich. Die Nachfrage der Privatkunden nach heit der KOF-Branchenindikatoren deutet auf ein anhaltendes, Bankdienstleistungen erfuhr hingegen im Frühjahr eine leichte aber unverändertes Wirtschaftswachstum im Kanton Zürich Korrektur. Sie nimmt aber weiterhin kräftig zu. bis Ende 2018 hin. Die Unternehmen erwarten in fast allen Branchen eine gute Geschäftslage bis Ende Jahr, sogar im Eine zweite Erklärung für die Stimmungsverbesserung bei den Detailhandel. Dies ist daran ersichtlich, dass alle Kreise in Gra- Banken dürfte die Zunahme des Finanzerfolgs liefern. Seit Mit- fik 4 rechts der senkrechten Mittellinie liegen. Die besten Er- te 2017 stiegen fast alle Erfolgsindikatoren in der Zürcher wartungen zur Geschäftslage zeigen weiterhin die Industrieun- Bankbranche deutlich an. Am stärksten nahm der Erfolg im ternehmen, gefolgt von den Banken. Diese Erwartungen haben Zinsgeschäft seit Mitte 2017 und auch in den letzten Quartalen sich seit Frühjahr sogar noch leicht verbessert. Damit dürften zu, wie in Grafik 3 dargestellt. Die in den USA in den letzten diese beiden Branchen ihre jüngsten Erfolgsgeschichten fort- Jahren erfolgte Zinswende, welche sich in den letzten Quarta- schreiben. len beschleunigt hatte, könnte die Geschäftsmöglichkeiten in diesem Bereich verbessert haben. Auch das Gastgewerbe und der Detailhandel laufen gut. Die Unternehmen in diesen Branchen erwarten aber vorerst mehr- 2 Firmenkunden fragen mehr Bankdienstleistungen in Zürich nach Nachfrage nach Bankdienstleistungen in den letzten drei Monaten, saisonbereinigt Zunahme 80 60 40 20 0 Zinswende in den USA: Seit Ende 2015 hat die Zentralbank Fed die Leitzinsen stetig erhöht. In –20 den letzten Quartalen kam es zu einer gewissen Beschleunigung des Anstiegs des dreimona- Privatkunden Firmenkunden tigen Interbank-Zinses. Zwischen Ende 2017 und Mitte 2018 stieg er von 1.3 % auf 2.3 % an. –40 Die 10-jährigen Regierungsanleihen nahmen in Abnahme dieser Zeit von 2.4 % auf 2.9 % zu. 2014 2015 2016 2017 2018 Qellen: KOF, ETH Zürich (KOF-Umfragen im Bankensektor, Kanton Zürich) 12 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018
Kanton Zürich heitlich keine Ausweitung ihrer Geschäftstätigkeit bis Ende Herbstmonaten eine Erhöhung der Beschäftigung planen, in 2018, wie an der Position ihres Kreises nahe der waagrechten fast allen Branchen in der Mehrheit sind. Auch in der Industrie, Mittellinie ersichtlich ist. Die Verschiedenen Dienstleistungen welche in den letzten Jahren eine starke Reduktion erfahren laufen weiterhin gut, ohne sich weiter zu beschleunigen. Beim hatte, ist eine kleine Erhöhung der Belegschaft geplant. Von Baugewerbe wird zwar wieder eine leichte Verbesserung der dieser Zunahme der Beschäftigung im Kanton Zürich dürften Geschäftslage für die nächsten Monate erwartet, wie die Posi- neben Zürcher Arbeitnehmern auch Personen aus den Nach- tion des Kreises deutlich oberhalb der waagrechten Mittellinie barkantonen und aus dem Ausland profitieren. Auch wenn anzeigt. Im Kanton Zürich sind noch zahlreiche grosse Bau- nicht nur Zürcher Arbeitnehmer von diesem Wachstum profitie- projekte geplant, die vorübergehend die Bauproduktion wie- ren, so dürfte das Ungleichgewicht zwischen Arbeitsangebot der ansteigen lassen werden. Dazu gehören unter anderem die und Arbeitsnachfrage im Kanton Zürich weiter verringert wer- 4. Teilergänzung der Zürcher S-Bahn, die Limmattalbahn, der den. Die Arbeitslosenquote im Kanton Zürich sank im Frühjahr Ersatz- und Neubau am Kantonsspital Winterthur, The Circle 2018 vor allem auch aufgrund statistischer Sonderfaktoren be- am Flughafen Zürich und auch der Neubau des Zürcher Polizei- schleunigt und beträgt im August 2018 noch 2.4 % nach 3.4 % und Justizzentrums. Gegenwärtig liegt der Kreis des Bausek- im August des Vorjahres. Die Zahl der Stellensuchenden ist von tors allerdings sehr nahe an der senkrechten Mittellinie. Das diesen Sonderfaktoren nicht beeinflusst und ist ebenfalls rück- bedeutet, dass die Bauunternehmen mit einer guten Geschäfts- läufig seit Anfang 2017. Die Quote der Stellensuchenden im lage nur in einer geringen Überzahl gegenüber den Unterneh- Kanton Zürich sank von 4.2 % auf 3.8 % zwischen August 2017 men mit einer schlechten Geschäftslage sind. Dies bestätigt, und August 2018 und bestätigt damit die leicht rückläufige Ten- dass der Bausektor zwar nicht einbricht, seine Rolle als Kon- denz der Arbeitslosigkeit. junkturlokomotive aber an die Industrie und den Bankensektor abgegeben hat. Das Wirtschaftswachstum im Kanton Zürich dürfte im Jahr 2018 deutlich über 2.5 % ausfallen. Die Dynamik dürfte sich danach aber nicht weiter Dank der spürbaren Aufschwungsdynamik ist schon für viele steigern. Durch das kräftige Wachstum im ersten Unternehmen der Moment gekommen, ihre Belegschaft der Halbjahr 2018 wird die Prognose vom Juni 2018 somit nach oben revidiert. Aufgrund statistischer besseren Auftragslage anzupassen. Im zweiten Quartal 2018 Sondereffekte im Zusammenhang mit der Verbu- lag die Beschäftigung im Kanton Zürich rund 2 % höher als chung der FIFA-Lizenzgebühren im Kanton Zürich noch im Vorjahresquartal. Dieses Wachstum dürfte anhalten. wird das ausgewiesene BIP-Wachstum in diesem Jahr die tatsächliche Wirtschaftsdynamik aller- In Grafik 5 ist ersichtlich, dass die Unternehmen, welche in den dings überzeichnen und im Jahr 2019 unterschät- zen. Im Durchschnitt der Jahre 2018 und 2019 dürfte die Zürcher Wirtschaft jährlich gut 2 % zunehmen und damit stärker wachsen als noch 2017. 3 Finanzerfolg der Banken auf Erholungskurs Erfolgsindikatoren im Bankgeschäft, letzte drei Monate, saisonbereinigt 80 Zunahme 60 40 20 0 –20 –40 Erfolg Zinsgeschäft –60 Erfolg Kommissionsgeschäfte Erfolg Handelsgeschäft Abnahme Betriebseinkommen Erfolg ist definiert als die Differenz von Ertrag und Aufwand in einem bestimmten Bereich. –80 2014 2015 2016 2017 2018 Quellen: KOF, ETH Zürich (KOF-Umfragen im Bankensektor, Kanton Zürich) Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018 13
Kanton Zürich 4 Keine Wachstumsbeschleunigung in Sicht Wertschöpfungsanteile und erwartete Geschäftslage im Kanton Zürich Veränderung der erwarteten Geschäftslage gegenüber der Vorperiode Veränderung zur Vorperiode 20 Baugewerbe Gastgewerbe Industrie 0 Verschlechterung Banken Verbesserung Detailhandel Versch. Dienstleistungen –20 Grosshandel Die Grösse der Kreise steht proportional für den Veränderung zur Vorperiode jeweiligen Anteil der Wertschöpfung einer Bran- che an der gesamten Wertschöpfung im Kanton. –20 0 20 40 60 Erwartete Geschäftslage Quellen: BAK Economics (Wertschöpfungsanteil), KOF, ETH Zürich (Erwartete Geschäftslage im Kanton Zürich) 5 Ausweitung der Beschäftigung in den meisten Branchen geplant Beschäftigungserwartungen der Unternehmen für nächste drei Monate, saisonbereinigt Zunahme 20 10 0 –10 –20 Industrie Bau Gastgewerbe Grosshandel –30 Verschiedene Dienstleistungen Banken Abnahme –40 2015 2016 2017 2018 Quelle: KOF Konjunkturforschungsstelle Die grösste Unsicherheit hinsichtlich dieser konjunkturellen handelspolitischen Streitigkeiten könnten das Weltwirtschafts- Einschätzung geht von den weltweiten handelspolitischen wachstum schwächen und damit auch die Wirtschaftsaussich- Konflikten zwischen den USA und verschiedenen Ländern des ten im Kanton Zürich verschlechtern. Nahen Ostens, Russland und China aus. Aber auch die politi- sche Situation in Italien und das allgemein hohe Verschul- Dr. Aniela Wirz, Leiterin Fachstelle Volkswirtschaft dungsniveau bergen Risiken für die wirtschaftliche Stabilität, wie auf Seite 17 ausgeführt ist. Vor allem die Auswirkungen der 14 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018
Kanton Zürich Investitionsgüterindustrie im Hoch Die Erholung der Industrie schrei Die internationalen Handelsdispute haben wieder zu stärkeren Preiszugeständnissen tet stetig voran. Sie bestätigt da die aktuelle Geschäftslage der Industrieun- bereit waren als jene bei den Vorleistungs- mit die Überwindung des Schocks ternehmen in Zürich bisher nicht beein- gütern. Die Ertragslage bei den Investiti- der verschiedenen Frankenauf trächtigt. Die Geschäftslage läuft immer onsgütern vermochte dies in den letzten wertungen seit Ausbruch der besser, wie Grafik 1 und 4 zeigen. Der Be- Quartalen noch besser zu verkraften als Finanz- und Wirtschaftskrise von stellungseingang nahm seit Mitte 2017 zu, jene bei den Vorleistungsgütern. Bei den 2008. Die Erholung ist nach Güter befeuert durch die Erholung in den USA Konsumgütern haben die Unternehmen branchen sehr unterschiedlich. und der EU. Der Indikator der Verkaufsprei- dagegen schon seit 2017 die Preise wieder Nachdem die Auslandsnachfrage se hat zugenommen, wobei er immer noch anheben können. Das ging zwar mit einer anfänglich bestimmend war, wird auf eine weitere Abnahme der Preise hin- weniger guten Auftragsperformance, aber der Aufschwung nun zunehmend deutet. Die Ertragslage ist seit Ende 2017 dafür einer besseren Ertragslage einher, durch die Binnennachfrage ge deutlich besser und für die Herbstmonate wie aus den Umfragedaten ersichtlich ist. tragen, insbesondere die Investi wird eine weitere Ausweitung der Produkti- Der Preissetzungsspielraum und die Er- tionsnachfrage. Allmählich dürften on erwartet. Diese Resultate der KOF-Un- tragslage stehen mit der Ausrichtung auf nun auch in der Industrie neue ternehmensbefragungen im Kanton Zürich internationale Märkte in einem engen Zu- Beschäftigungsimpulse spürbar sind in Grafik 6 dargestellt. sammenhang. So konnten nur Unterneh- werden. men mit einem Exportanteil von 0 bis 33 % Unterschiedliche Spielräume für eine Verbesserung ihrer Ertragslage in den die Preispolitik letzten Quartalen vermelden. Die stärker Die Auftragslage verläuft nach Güterarten auf den Aussenhandel ausgerichteten Un- sehr unterschiedlich, wie in Grafik 7 ersicht- ternehmen mussten eine weitere Ver- lich. Bei den Vorleistungsgütern scheint der schlechterung ihrer finanziellen Situation in Höhepunkt Anfang 2018 überschritten Kauf nehmen. worden zu sein. Die Investitionsgüterindus- trie dagegen kann seit Mitte 2017 anhal- Diese stärkere Auftragsdynamik bei den In- tend zunehmende Bestellungseingänge vestitionsgütern steht im Einklang mit der und auch wieder zunehmende Erträge ver- Erholung der Geschäftslage bei den Her- melden. Ein genauerer Blick auf die Preis- stellern von elektrischen und elektroni- verläufe zeigt, dass die Unternehmen bei schen Geräten und Einrichtungen. den Investitionsgütern seit Anfang 2018 6 Erholung in der Industrie bestätigt sich Geschäftsindikatoren in der Industrie, Kanton Zürich (saisonbereinigt und geglättet) Höher / Verbesserung 40 20 Elektrische und elektronische Geräte im Aufwind 0 Bei den einzelnen Teilbranchen der Industrie läuft gegenwärtig die Herstellung von elektrischen und elektronischen Geräten und Einrichtungen am besten. Die Unternehmen dieser Teilbranche –20 meldeten in den letzten Monaten eine starke Ver- besserung ihrer Geschäftslage und insbesondere eine deutlich verbesserte Einschätzung ihres Auftragsbestandes. In den Branchen Papier, –40 Druck und Verlagswesen geht es ebenfalls sicht- Ertragslage (letzte 3 Monate) Erwartete Produktion (nächste 3 Monate) bar aufwärts. Auch hier hat sich die Auftragslage Verkaufspreise (letzte 3 Monate) in den letzten Quartalen deutlich verbessert. Die –60 Bestellungseingang (Vorjahresveränderung) Teilbranchen Maschinen und Fahrzeuge sowie Niedriger / Verschlechterung Chemie und Pharma haben schon kleine Auf- schwungsphasen hinter sich und expandieren 2014 2015 2016 2017 2018 nun etwas langsamer. Dasselbe gilt für den Textil- und Bekleidungssektor, wo die Geschäftslage Quelle: KOF Konjunkturforschungsstelle vorerst stagniert. Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018 15
Kanton Zürich 7 Investitionsgüter im Aufwind Bestellungseingang, letzte drei Monate, nach Güterart (saisonbereinigt und geglättet) Verbesserung 40 20 0 –20 Vorleistungsgüter Investitionsgüter Konsumgüter –40 Verschlechterung 2014 2015 2016 2017 2018 Quelle: KOF Konjunkturforschungsstelle 8 Unterschiedliche Strategie bei den Verkaufspreisen Verkaufspreise, letzte drei Monate, saisonbereinigt und geglättet 10 Verbesserung 0 –10 –20 –30 –40 –50 –60 Vorleistungsgüter Investitionsgüter Konsumgüter Verschlechterung –70 2016 2017 2018 Quelle: KOF Konjunkturforschungsstelle Auf jeden Fall scheint im Moment eher die gen bezüglich des künftigen Bestellungs- der Kapazitäten zu bewältigen. Damit dürf- Binnennachfrage beziehungsweise die In- eingangs in der Industrie jüngst etwas ge- te der Aufschwung der Industrie der Kon- vestitionskonjunktur der Industrie im Kan- trübt. Die Industrieproduktion dürfte sumnachfrage wieder neue Impulse verlei- ton Zürich weitere Wachstumsimpulse zu aufgrund des noch bestehenden Auftrags- hen. Der Konjunkturzyklus mündet so verleihen. Von der internationalen Nachfra- volumens weiterhin zunehmen, allerdings langsam in eine reifere Phase. ge kann in den kommenden Quartalen kei- ohne sich weiter zu beschleunigen. Der Vor- ne zunehmende Dynamik erwartet werden, produkteinkauf nimmt ebenfalls deutlich Dr. Aniela Wirz, siehe dazu die Ausführungen auf Seite 17. weniger stark zu. Hingegen wird eine Aus- Leiterin Fachstelle Volkswirtschaft Dies und möglicherweise auch die ver- weitung der Beschäftigung in den Zürcher stärkte Kriegsrhetorik in internationalen Unternehmen für die kommenden Monate Handelsgesprächen haben die Erwartun- erwartet, um die zunehmende Auslastung 16 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018
Schweiz und Ausland Weltwirtschaft verliert an Fahrt Die Weltwirtschaft setzt ihren Wachstumskurs weiter fort. Während die USA in diesem Jahr wirtschaftlich zulegen können, hat sich die europäische Konjunktur bereits in der ersten Jahreshälfte deutlich verlangsamt. Dies führt dazu, dass die Aussenhandelsimpulse in Zürich und der Schweiz schwächer ausfallen. In der Schweiz verliert das Wirtschaftswachstum nach kräftigen Zuwächsen im ersten Halbjahr 2018 ab Herbst vermutlich eben falls zunehmend an Dynamik. Es dürfte sich aber im Jahr 2019 nur leicht verlangsamen. Die Weltwirtschaft verliert etwas an Fahrt. Verschiedene vorlaufen- welche für den Zürcher Aussenhandel sehr bedeutend sind. Ande- de Indikatoren deuten darauf hin, dass sich das Wachstum der glo- re Länder, beispielsweise Indien, sind für den Kanton Zürich als balen Wertschöpfung und des Welthandels leicht abgeschwächt Handelspartner weniger bedeutend. Hier dürfte sich das BIP- hat. Die Verlangsamung wird sich im zweiten Halbjahr 2018 ver- Wachstum jedoch auch im kommenden Jahr auf hohem Niveau mutlich fortsetzen. Die Auslandsnachfrage nach Gütern und fortsetzen. Daraus resultieren bereits ab diesem Jahr für den Kan- Dienstleistungen aus dem Kanton Zürich wird zwar vermutlich wei- ton Zürich zwar weiterhin positive, aber zunehmend schwächere ter zunehmen, dies allerdings in geringerem Tempo. Aussenhandelsimpulse. Zürcher Aussenhandel: Auslandsnachfrage bleibt positiv Die etwas langsamere Gangart der Weltwirtschaft zeigt sich auch Werden die wichtigsten Volkswirtschaften der Welt nach ihrer Be- auf Branchenebene. Weltweit hat sich die Stimmung in den meis- deutung für den Kanton Zürich als Handelspartner gewichtet, so ten Branchen leicht getrübt. Sie bleibt zwar weiterhin positiv und zeigt sich, dass sich die Weltwirtschaft aus Zürcher Sicht in diesem die Unternehmen erwarten gemäss den international aggregierten und im nächsten Jahr stärker abschwächen dürfte, als dies in der Einkaufsmanagerindices weltweit ein weiteres Wachstum. Dieses Weltwirtschaft effektiv der Fall ist (Grafik 1). Die blaue Linie liegt in dürfte aber in den kommenden Monaten geringer ausfallen als der Grafik dementsprechend unter der grauen Linie. Ursache dafür noch im ersten Halbjahr 2018. ist das schwächere BIP-Wachstum in einzelnen Ländern in Europa, 1 Zunehmend langsamere Gangart der Weltwirtschaft aus Zürcher Sicht Weltwirtschaft (grau) und gewichtet nach Bedeutung der Handelspartner für den Kanton Zürich (blau) Weltwirtschaft Anhaltend hohes Wachstum in einzelnen 3.0 Schwellenländern, insbesondere Indien Wachstum zum Vorjahr in % Synchroner Aufschwung der Weltwirtschaft 2.5 Verlangsamung in den USA und Europa, insbesondere Osteuropa Weltwirtschaft aus Zürcher Sicht 2.0 Zur Berechnung des Wachstums der Weltwirt- schaft aus Zürcher Sicht werden die Wachstums- Abkühlung in den USA beiträge der Länder entsprechend der Bedeu- und den Schwellenländern tung, welche sie für den Zürcher Aussenhandel haben, gewichtet. Dabei werden die 31 wichtigs- ten Handelspartner des Kantons Zürich berück- 1.5 sichtigt. Daraus ergibt sich ein Wachstum der weltweiten Wertschöpfung aus der Sicht des 2016 2018 2020 2022 Kantons Zürich. Jahr Quellen: IWF (Prognose), Schweizerische Nationalbank (Dienstleistungshandel), eidg. Zollverwaltung (Warenhandel), BAK Economics (Branchenanteile ZH) Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018 17
Schweiz und Ausland In Grafik 2 sind die neun wichtigsten Exportbranchen des Kantons lassen, so blieb die Inflationsdynamik auch im Sommer weiterhin Zürich aufgeführt. Für die meisten Branchen erwarteten die welt- bescheiden bei etwa 1 %. Der höhere Ölpreis war der wichtigste weit tätigen Einkaufsmanager im Sommer (Juni/Juli) im Vergleich Grund für das höhere Preiswachstum. Er ist denn auch ein wichti- zum gesamten ersten Halbjahr 2018 ein schwächeres Wachstum. ger Grund dafür, dass sich das Wachstum der Konsumentenpreise Die Punkte liegen deshalb unterhalb der horizontalen 0-Linie. Eine in den kommenden Monaten in ähnlicher Höhe fortsetzen dürfte. Ausnahme bilden einzig die Finanz- und die Beratungsdienstleis- tungen. Hier dürfte sich das Wachstum noch verstärken. Die sekto- Die Entwicklung der Reallöhne bleibt in der gesamten Eurozone ralen Einkaufsmanagerindices deuten aber gleichzeitig darauf hin, nicht zuletzt aufgrund der anziehenden Preise weiterhin bescheiden. dass sich in allen neun Branchen das Wachstum der Wertschöp- Eine Ausnahme bildet vor allem Deutschland, welches spürbar stei- fung weiter fortsetzen wird. Sie liegen deshalb alle auf der rechten gende Reallöhne verzeichnen dürfte in diesem Jahr. Im zweiten Seite der vertikalen 0-Linie. Halbjahr 2018 wird die Arbeitslosigkeit in den Ländern der Eurozone vermutlich saisonbereinigt weiter sinken und so die Konsumnachfra- Eurozone: langsamere Gangart setzt sich fort ge stützen. Im Juli 2018 lag die Arbeitslosenquote bei 8.2 %. In der Eurozone verlangsamte sich das Wachstum des Bruttoin- landprodukts (BIP) im ersten Halbjahr 2018 deutlich. Es sank auf In der Eurozone zeigten sich bis zur Mitte des Jahres die Folgen 1.6 %, nachdem es im vorhergehenden Halbjahr bei 2.8 % gelegen des stärkeren Euros. Er hatte sich zwischen April 2017 und Januar hatte. Diese Verlangsamung ist wesentlich auf die tieferen BIP- 2018 vor allem gegenüber dem US-Dollar deutlich aufgewertet. Wachstumsraten in Frankreich zurückzuführen. Dafür verantwort- Dies schwächte die Wettbewerbsposition vor allem der Industrie- lich waren hier aber auch Sonderfaktoren (Wetter, Streiks), welcheunternehmen der Eurozone. Seit März 2018 verringerte sich – ver- die Verlangsamung überzeichnen. Allerdings zeigte sich auch in mutlich auch als Folge davon – der Leistungsbilanzüberschuss der Deutschland, Italien und Spanien eine geringfügige Abschwächung Eurozone, was sich dämpfend auf das BIP-Wachstum ausgewirkt gegenüber dem zweiten Halbjahr 2017. hat. Der Euro hat sich allerdings gegenüber dem US-Dollar wieder leicht abgewertet, wodurch dieser dämpfende Einfluss zunehmend Die Konsumentenpreise stiegen im Sommer deutlich an, im August an Bedeutung verliert. Die bessere Wettbewerbsposition dürfte da- um 2 % im Vergleich zum Vorjahr. Werden die Preise für Nahrungs- mit positiv auf den Aussenhandel einwirken, allerdings bei einer mittel, Alkohol, Tabak und insbesondere Energie allerdings wegge- insgesamt nachlassenden Aussenhandelsnachfrage. 2 Anhaltendes, aber schwächeres Wachstum in den Zürcher Exportbranchen Konjunkturaussichten in den wichtigsten Zürcher Exportbranchen und Anteil an den jeweiligen Exporteinnahmen Finanzdienste 2 Grafik 2 bildet drei Dimensionen ab: die Bedeu- Veränderung Einkaufsmanagerindex zum ersten Halbjahr 2018 tung einer Branche für den Zürcher Aussenhandel Beratungsdienste anhand der Punktgrösse, die Höhe des aktuellen Einkaufsmanagerindex (Juni/Juli) in der jeweiligen 1 Branche auf globaler Ebene und die Differenz des aktuellen Einkaufsmanagerindex zum ersten Halbjahr 2018. Wenn sich ein Punkt über der grauen horizontalen Null-Linie befindet, hat sich 0 der Einkaufsmanagerindex in dieser Branche Präzisionsinstrumente gegenüber dem ersten Halbjahr 2018 verbessert. Tourismus Die Einschätzung der Branche zur eigenen Ent- Transportdienste wicklung ist somit weltweit optimistischer ge −1 worden. Sofern ein Punkt rechts der vertikalen Maschinen, Apparate, Elektronik Informatik und Telekommunikation Null-Linie liegt, deutet der internationale Ein- kaufsmanagerindex auf ein Wachstum in der Branche hin. Sofern folglich eine Mehrheit der Punkte oben rechts in der Grafik liegt, deutet dies −2 in den wichtigsten Exportbranchen des Kantons auf globaler Ebene auf ein Wachstum hin, das Versicherungsdienste gegenüber der Vorperiode stärker geworden ist. Liegen die Punkte hingegen unten links in der −3 Grafik, dann zeigt sich, dass die Entwicklung in Chemisch−pharmazeutische Industrie den Branchen noch stärker rückläufig ist. 0 2 4 6 8 Sektoraler Einkaufsmanagerindex − Abweichung vom neutralen Wert 50 Quellen: Schweizerische Nationalbank (Dienstleistungshandel), eidg. Zollverwaltung (Warenhandel), Markit Economics (Einkaufs managerindices), BAK Economics (Branchenanteile ZH) 18 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018
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