100 Jahre Studentenwerk Leipzig - Eine Zeitreise 1921 2021
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Inhaltsverzeichnis Vorwort Liebe Leser:innen, am 7. September 1921 gründeten engagierte Leipziger DAMALS & HEUTE Studierende den Wirtschaftsselbsthilfeverein Leipziger Studenten e.V., der den Studierenden wichtige soziale Die Leistungen des Studentenwerkes Leipzig – Unterstützungsleistungen bot. Sie hatten das gemein- same Ziel, in den schwierigen Jahren nach dem ersten in den Anfangsjahren und heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Weltkrieg andere Studierende mit dem Nötigsten zu unterstützen. Etwas später wurde auch der Name Stu- Das Studentenwerk Leipzig heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 dentenwerk zum ersten Mal genutzt, sodass wir nun im Jahr 2021 auf eine 100-jährige Geschichte zurückblicken. Gleichzeitig begeht das Studentenwerk Leipzig 2021 auch Wir sind stolz darauf, dass wir die Studierenden am CHRONIK DES STUDENTENWERKES LEIPZIG das 30-jährige Jubiläum seiner Wiedergründung. Nachdem Studienstandort Leipzig dank unserer engagierten Mit- die Studentenwerke in den Nachkriegsjahren als eigen- arbeiter:innenschaft, der Unterstützung des Freistaates Von den Anfängen in den 20er Jahren ständige Institutionen aufgelöst wurden und die soziale Sachsen, der Leipziger Studierendenschaft und Hoch- Versorgung von Studierenden in der DDR bei den ein- schulen sowie zahlreicher starker Partner mit unseren bis zum Ende des 2. Weltkriegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 zelnen Hochschulen angesiedelt war, wurde am 1.7.1991 sozialen Angeboten unterstützen können! das Studentenwerk Leipzig mit seinem hochschulüber- Mit diesem Heft laden wir Sie ein auf eine Zeitreise durch Die DDR-Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 greifenden sozialen Versorgungsauftrag für die Studie- 100 Jahre Studentenwerk Leipzig! renden am Studienstandort Leipzig wiedergegründet. Von der Wendezeit bis heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Heute stellt das Studentenwerk Leipzig als gemeinnützi- ge Anstalt öffentlichen Rechts mit rund 300 Beschäftig- ten die soziale Infrastruktur für die rund 39.000 Studie- Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 renden an acht Leipziger Hochschulen bereit. Mit einem vielfältigen Angebot der sozialen, wirtschaftlichen, ge- sundheitlichen und kulturellen Betreuung und Förderung Dr. Andrea Diekhof wird der Versorgungsauftrag gemäß Sächsischem Hoch- Geschäftsführerin des Studentenwerkes Leipzig schulfreiheitsgesetz erfüllt – damit ein erfolgreiches Stu- dium unabhängig von sozialer Herkunft und Einkommen gelingt und Chancengerechtigkeit gewährleistet wird. 5
DAMALS & HEUTE DAMALS & HEUTE Goethestraße in Leipzig: Wo früher das Hotel »Schwarzes Brett« s tand, befindet sich heute das Verwaltungs- gebäude des Studentenwerkes Leipzig. Die Leistungen des Studentenwerkes Leipzig – in den Anfangsjahren und heute Das Studentenwerk Leipzig gestern und heute – das 100-jährige Ju- biläum bietet die Gelegenheit, eine vergleichende Betrachtung anzu- stellen. Die Gründung des Vereins »Wirtschaftsselbsthilfe der Leipziger Studenten e.V.« 1921 in Leipzig hatte ein zentrales Ziel: die Lebensbe- dingungen der Studierenden nach dem 1. Weltkrieg zu verbessern. Der Wirtschaftsselbsthilfeverein gilt als die Vorgängerinstitution des heu- tigen Studentenwerkes Leipzig, ab 1929 nannte er sich auch so. In der Gründungszeit war die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum und Essen essenziell. Diese beiden Arbeitsbereiche haben nichts von ihrer Bedeutung für ein erfolgreiches Studium eingebüßt. Andere Angebo- te aus der Gründungszeit sind längst vergessen. Doch auch in der Ver- änderung zeigt sich eine Konstante: Damit Studieren gelingt, braucht es auch heute die ständige Anpassung an die Bedürfnisse der Studie- renden. Und damals wie heute sind studentische Mitbestimmung und das Solidarprinzip Grundsätze, die die Arbeit des Studentenwerkes Leipzig prägten und prägen. 7
DAMALS & HEUTE DAMALS & HEUTE Ursprung: Studentische Selbsthilfe sind. Das Studentenwerk Leipzig arbeitet im Wesent- Paritätische Mitbestimmung lichen nach dem Solidarprinzip: Alle beitragspflichtigen von Studierenden In den Jahren nach dem Ende des ersten Weltkriegs Studierenden in seinem Zuständigkeitsbereich zahlen herrschte unter Studierenden Mangel an Essen und ihren (Semester-)Beitrag zur Finanzierung der sozialen Die Gründung des Wirtschaftsselbsthilfevereins im Sep- Wohnraum. Auch die Finanzierung des Studiums stell- Infrastruktur am Studienstandort Leipzig und erhalten so tember 1921 erfolgte durch sieben Studierende; der erste te eine große Herausforderung dar. Nach ersten selbst- die grundsätzliche Möglichkeit, alle Leistungen des Stu- Vorsitzende des Vereins war ein Student. Auch die ver- organisierten Fürsorgeangeboten wurde in Leipzig am dentenwerkes in Anspruch zu nehmen. Die Solidarität schiedenen Abteilungen des Wirtschaftsselbsthilfevereins 7. September 1921 durch Studierende im Beisein von der gesamten Studierendenschaft mit unterstützungs- wurden anfangs hauptsächlich von Studierenden geleitet. Dozenten der Verein »Wirtschaftsselbsthilfe der Leip- bedürftigen Mitgliedern der Solidargemeinschaft steht ziger Studenten e.V.« gegründet. Ziel war es dabei, alle dabei im Vordergrund – nicht die Leistungsgerechtig- Auch heute prägt die paritätische Besetzung von Orga- vorhandenen Unterstützungsleis- keit im Einzelfall. nen und Ausschüssen die Arbeit des Studentenwerkes 7. September tungen zu bündeln und diese un- Leipzig. Studierende haben wesentliche Mitwirkungs- 1921 ter Betonung der Selbsthilfe aus- und Mitbestimmungsmöglichkeiten und setzen sich für zubauen. die Interessen ihrer Mitstudierenden ein: Im Verwaltungs- rat sind aktuell fünf der insgesamt zehn stimmberech- Innenansicht der Mensa academica in der Ritterstraße. Gespeist Zwar ist das heutige Studentenwerk Leipzig nicht mehr tigen Mitglieder Studierende. Auch den Verwaltungs- wurde anfangs an langen Tafeln, die ab 1925 durch kleinere Tische für sechs Personen ersetzt wurden. Für zusätzliches Ambiente studentisch geführt, sondern eine Anstalt öffentlichen ratsvorsitz hat derzeit ein Studierender inne. In den vom sorgten dann auch weiße Tischtücher, Blumen und Suppenteller statt einfacher Schüsseln. Rechts mit rund 300 Beschäftigten und einem gesetz Verwaltungsrat eingesetzten Ausschüssen für Soziales, lichen Versorgungsauftrag, doch im Kern besteht die für Kultur und für das Semesterticket sind Studierende Für besonders bedürftige Studierende boten spenden- Aufgabe auch heute darin, den Studierenden eine so- der verschiedenen vom Studentenwerk betreuten Hoch- finanzierte »Freitische« kostenfreie Essensversorgung. ziale Infrastruktur bereitzustellen, die ein erfolgreiches schulen mindestens paritätisch vertreten. Studium unabhängig von sozialer Herkunft und Einkom- Heute ist die Versorgung der Studierenden mit preis- men ermöglicht und Chancengerechtigkeit gewährleistet. Ein warmes Essen pro Tag wertem und gesundem Essen in Hochschulnähe wei- terhin eine der Kernaufgaben des Studentenwerkes. Der Solidarprinzip Die Ernährungslage war in den Jahren nach dem 1. Welt- Speiseplan hat sich den Bedürfnissen der heutigen Stu- krieg schlecht. Der Schwerpunkt aller Bestrebungen dierenden angepasst und ermöglicht eine zeitgemäße Bereits vor 100 Jahren wurden die Leistungen des Wirt- lag darin, Studierenden mindestens ein warmes, preis- Ernährung, die auch Rücksicht auf Allergien und Unver- schaftsselbsthilfevereins solidarisch finanziert, jeder leis- wertes Essen pro Tag anzubieten. Herzstück des Wirt- träglichkeiten nimmt. Ging es vor 100 Jahren um die Lin- tete einen Beitrag, um besonders Hilfsbedürftige zu un- schaftsselbsthilfevereins war die »Mensa academica«. derung von Not und Hunger, haben die modernen Men- terstützen. Auch heute leisten alle Studierenden einen Die M ensapreise wurden subventioniert, sie wurden aus sen und Cafeterien heute weitaus mehr Funktionen: Sie wesentlichen Finanzierungsbeitrag und von den Unter- Studierende in der 20er Jahren: Otto Suhr (ganz rechts), später B erlins Studierendenbeiträgen, aber auch von der Universität, sind Aufenthaltsräume, Treffpunkte und Orte des Aus- stützungsangeboten profitieren diejenigen Studieren- Regierender Bürgermeister (1955 – 57), und seine Frau Susanne (2. v. r.) durch private Spenden und von staatlicher Seite gestützt. tauschs für alle Studierenden. – hier gemeinsam mit Freunden – studierten in Leipzig zu der Zeit, als den besonders, die in hohem Maß auf sie angewiesen der Wirtschaftsselbsthilfeverein gegründet wurde. 8 9
DAMALS & HEUTE DAMALS & HEUTE Ein Dach über dem Kopf Die Versorgung der Leipziger Studierenden mit bezahl- barem Wohnraum war 1920 eine der wichtigsten Auf- gaben. Das studentische Wohnungsamt vermittelte zu- nächst Zimmer in Privatwohnungen. Mit der Bereitstellung eines Flügels im Internat des Connewitzer Lehrersemi- nars wurden die einfachsten Bedürfnisse einer güns- tigen Unterkunft erfüllt. Damit war der erste Schritt in Richtung eines Studentenwohnheimes getan. Aber erst 1931 konnte der erste Neubau eines Studentenhauses mit Gemeinschafts- und Arbeitsräumen inklusive Ver- pflegungsangebot eröffnet werden. Heute bildet das Studentische Wohnen eine zentrale Säule Wo sich heute die Büros der Studentenwerks-Mitarbeiter:innen des Studentenwerkes Leipzig. In 15 Studentenwohnhei- befinden, wohnten und lernten einst Studierende im Wohnheim »Jenny Marx«, das zwischen 1963 und 1965 errichtet wurde und men können rund 5.300 Studierende modern, preiswert über 347 Plätze, zumeist in Doppelzimmern, verfügte. und hochschulnah wohnen. Ob Wohngemeinschaften oder Einzelapartments mit eigenen Küchen und Bädern ergänzt um Angebote wie Gemeinschafts-, Fitness- und Abendessen in der Mensa oder konnten auf Vermittlung Probenräume – für den Unterhalt sind große finanzielle an Mahlzeiten bei Leipziger Familien teilnehmen. Außer- Anstrengungen notwendig, die nicht nur über die Miete dem unterstützte eine Darlehenskasse Studierende in Not. der Studierenden bewältigt werden können, wenn die- se sozial verträglich sein soll. Das Studentenwerk Leipzig ist seit seiner Wiedergrün- dung im Jahr 1991 dafür zuständig, das BAföG an die Leip- Studieren gelingt nicht ohne Geld ziger Studierenden auszureichen. Über das Amt für Aus- Einfaches, aber behagliches Doppel- bildungsförderung erhalten aktuell rund 6.600 Leipziger zimmer, 1926. Um Wohnraum für Ein Studium war in den 1920er Jahren ohne gutsituier- Studierende eine Studienfinanzierung nach dem BAföG. Studierende zu schaffen, mussten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden. te Eltern nur schwer möglich. Die Lebenshaltungskosten In der Sozialberatung des Studentenwerkes finden Stu- Im Internat des Connewitzer Lehrer- seminars in der Elisenstraße 150 stiegen außerdem rasant. Ähnlich einer finanziellen Un- dierende auch mit finanziellen Problemen Hilfe. Studie- konnte ein Flügel zum »Wohnheim« terstützung wirkten da Mahlzeiten an Familien- oder Frei- rende, die unverschuldet in eine Notlage geraten sind, für 3 0 – 40 Studierende »umgenutzt« werden. Die Miete: 50 Mark monatlich – tischen: Finanziert von Kommunen oder Bürgern, erhiel- können auch heute noch durch die Vergabe zinsloser ohne Frühkaffee, aber mit Licht. Erst 1931 wurde der erste Neubau ten bedürftige Studierende ein kostenloses Mittag- oder Darlehen unterstützt werden. eines Leipziger Studentenwohnheims eröffnet (»Erich-Bethe-Haus«). 10
DAMALS & HEUTE DAMALS & HEUTE Kaffeehausmusiker, Tortenkellner, scher-Büro« (AKÜDO), das angehenden Akademikern Zigarettenverkäufer mit Sprachkenntnissen perfekt organisiert ermöglichte, etwas zu verdienen. Aufgrund der finanziellen Not nach dem ersten Welt- krieg waren viele Studierende darauf angewiesen zu ar- Bereits seit 1991 verfügt das wiedergegründete Stu- beiten. Die Vermittlung von Studentenjobs übernahm dentenwerk Leipzig über eine Jobvermittlung für Studie- das dem Wirtschaftsselbsthilfeverein angegliederte rende. Heute werden über ein Onlineportal neben Jobs Arbeitsvermittlungsamt. Typisch waren Tätigkeiten als in der Gastronomie, im Einzelhandel und Aushilfstätig- Tortenkellner, Zigarettenverkäufer, Kaffeehausmusiker, keiten in anderen Bereichen auch Jobs mit inhaltlichem Fahrstuhlführer und Plakatträger zur Messe, aber auch Bezug zum Studium vermittelt. Der Bedarf ist weiterhin »normale« Büro- und Bankjobs. Eine Leipziger Besonder- hoch – 60 Prozent der sächsischen Studierenden sind heit war das »Akademische Übersetzungs- und Dolmet- heute neben dem Studium erwerbstätig. »Durch Vermittlung des Sächsischen Roten Kreuzes ist uns wieder ein größerer Posten Zigaretten zur Ver- teilung an die Kommilitonen über- Seit Beginn war die Vermittlung von lassen worden. Die Zigaretten können Studentenjobs fester Bestandteil des im Hörsaal 7 täglich von 9 –11 Uhr Wirtschaftsselbsthilfevereins. Ab Mitte gegen Vorzeigen der Studentenkarte der 60er Jahre mussten Studierende abgeholt werden.« Auch dies war im R ahmen des FDJ-»Studentensom- zu Gründungszeiten eine Aufgabe mer«-Programms die arbeitstätige des Wirtschaftsselbsthilfevereins – Bevölkerung unterstützen – wie hier wenngleich eine seltene. bei Küchenarbeiten 1971 in der Mensa »Ernst-Beyer-Haus«. 13
DAMALS & HEUTE DAMALS & HEUTE Gesundheitsförderung Heute ist die medizinische Versorgung der Studieren- den Aufgabe des staatlichen Gesundheitssystems. Bei Den Mangelerscheinungen und Krankheitsbildern der der gesundheitlichen Förderung Studierender stehen im 20er Jahre angepasst, lag das Augenmerk anfangs vor Studentenwerk Leipzig heute, neben der ausgewogenen allem auf der Bekämpfung von Tuberkulose und Unter- Ernährung in den Mensen und Cafeterien, Beratungs- ernährung. Es gab eigene Ärzte für Studierende, Kuren angebote im Vordergrund. In der Sozialberatung gibt es wurden verordnet, spezielle Mittagstische für Kranke und Hilfe bei persönlichen, familiären oder finanziellen Pro- Unterernährte, Liege- und Ruheräume für erschöpfte Stu- blemen. Die Psychosoziale Beratung wiederum ist Anlauf- dierende wurden angeboten. stelle bei Studienschwierigkeiten, psychischen Belastun- gen und in persönlichen Konfliktsituationen. Eine eingeschworene Gemeinschaft: Die Mensa-Helferschaft bestand aus rund 80 ehrenamtlich arbeitenden Studierenden, die den Mensabetrieb am Laufen hielten. Es wurde bedient und abgeräumt, sogar Lebensmittel auf dem Land organisiert. Arbeitsbesprechung im Studentenclub. Die Clubs waren größtenteils in den Studenten- wohnheimen untergebracht; fünf von ihnen befinden sich auch heute noch in Wohnhei- men des Studentenwerkes. Studierende der Uni- Theaterstücke für Kartoffeln Die Kulturarbeit des Studentenwerkes Leipzig wird heu- versität Leipzig in Sellin /Ostsee, 1920er te über finanzielle Förderung für Studierende organi- Jahre. Das dem Wirt- Not macht erfinderisch: Als zu Beginn der 1920er Jahre siert, die sich neben dem Studium in eigenen kulturellen schaftsselbsthilfe- verein angegliederte die Lebensmittel für den Mensabetrieb knapp waren, zog Projekten ausprobieren und kreativ sein können. Das Stu- Amt für Gesundheits- pflege v ermittelte die Helferschaft, das waren ehrenamtlich in der Mensa dentenwerk Leipzig stellt zudem fünf Studentenclubs auch Kuraufenthalte arbeitende Studierende, aufs Land hinaus, um Lebens- Räume in Studentenwohnheimen zur Verfügung, da- an Studierende. Die Gesundheitsversorgung mittelspenden einzutreiben. Die Studierenden bedankten mit diese als Orte studentischen Lebens dienen können. war ein wesentlicher Baustein der damaligen sich mit Theateraufführungen und Singspielen – für dar- Fürsorgearbeit, die gebotene Kunst konnte das Grundbedürfnis nach Nah- vor allem den kranken, kriegsgeprägten Studie- rung befriedigt werden. renden zugute kam. 14 15
DAMALS & HEUTE DAMALS & HEUTE Studieren mit Kindern Unterstützung für beeinträchtigte Studierende In den 1920er Jahren bis zur Nachkriegszeit hat sich das Aufgabenfeld, Studierende mit Kind zu unterstüt- In den Jahren nach dem ersten Weltkrieg existierte nur zen, kaum gestellt. ein kleines Wohnheim für kriegsversehrte Studenten in Leipzig. Menschen mit einer Beeinträchtigung konnten In der DDR wurde wegen der allgemeinen Förderung im Normalfall nicht studieren. von Geburten auch Augenmerk auf die spezielle Förde- rung von Studentinnen mit Kind gelegt, für sie wurden Mit der Wiedergründung des Studentenwerkes Leipzig Kinderbetreuungsplätze und Unterkünfte in Wohnhei- wurde die Aufgabe, Studierende in besonderen Lebens- men bereitgehalten. Nach der Wiedervereinigung brach lagen zu unterstützen, zum wichtigen Bestandteil der Ar- die Geburtenrate zwar zunächst ein, dennoch gab es in beit. So wurden barrierefreie Wohnplätze geschaffen. Das Leipzig weiterhin Studierende mit Kind. 1995 eröffnete Sachgebiet Soziale Dienste wurde im Jahr 1995 aufge- das Studentenwerk Leipzig deshalb seinen Kinderladen baut, gleichzeitig startete auch eine eigene Psychologi- auf dem Campus Augustusplatz, der studierenden El- sche Beratung. Seit 2012 wird die Psychosoziale Bera- tern die Möglichkeit bot, an Vorlesungen teilzunehmen. tung für Studierende vom Studentenwerk in Kooperation Ab 1996 betreibt das Studentenwerk die Kindertages- mit der Universität Leipzig durchgeführt, die Beratungs- stätte Villa Unifratz, hier sind auch stelle befindet sich seit 2014 zusammen mit der Sozial- 286 Wohnplätze für Studierende un- tergebracht, deren Anzahl in den beratung im neu eröffneten Center für Social Services. Bereits seit 1996 ist die Sozialberatung Anlaufstelle für Kinder- Folgejahren weiter erhöht wird. internationale Studierende, Studierende mit Beeinträchti- betreuungs- Daneben stellt das Studenten- gung und für Studierende mit Kind. Im Fall von Studieren- werk Studierenden heute zwei den mit einer Beeinträchtigung bedeutet Unterstützung plätze weitere Kindertagesstätten zur nicht nur Beratung, sondern auch Begleitung im Alltag Verfügung, die durch einen Kooperationspartner betrie- und die ständige Verbesserung des barrierefreien Zu- ben werden. Ein besonderer Begegnungsort für studieren- gangs zu den Angeboten des Studentenwerkes Leipzig. de Eltern ist seit 2019 das Studentische Familienzentrum. Sozialberatung speziell für studierende Eltern, finan- zielle Hilfen und kostenloses Mensaessen für Kinder von Studierenden bis 12 Jahre runden das Angebot ab. Bereits zu DDR-Zeiten normal: Studierende Eltern bewohnten mit ihren Kindern ein Zimmer im Studentenwohn- heim. 16
DAMALS & HEUTE DAMALS & HEUTE Internationale Studierende in den 7 0er Jahren in Leipzig. Bereits in den 1920er Jahren besuchten internationale Studie- rende die Universität Leipzig, heute liegt der Anteil internationaler Studie- render an den Leipziger Hochschulen bei 12 Prozent. Studierende aus aller Welt Vom Strümpfe stopfen zum zu Gast in Leipzig Semesterticket Bereits in den zwanziger Jahren kamen ausländische Stu- Heute ermöglicht es das Studentenwerk, defekte Reifen in dierende zum Studium nach Deutschland. Da das Studium einer Radselbsthilfewerkstatt zu flicken, in den Anfangs- generell zu bezahlen war, ist davon auszugehen, dass die- jahren der Wirtschaftsselbsthilfe gab es eine Flickstube se Studierenden eher wohlhabend waren. Die Wichtigkeit für Kleidung. Diese und andere Angebote wie Frisierstu- des Ausländerstudiums für den internationalen Ruf der ben, Wanderamt, Kleider- oder Bettwäscheverleihamt ge- deutschen Universität und des Deutschen Reiches ins- hören der Vergangenheit an. Die preiswerte Mobilität für gesamt führte seit 1927 auch an der Universität Leipzig Studierende ist auch heute noch wichtig. Bereits in den zur Gründung einer selbstständigen »akademischen Aus- 20er Jahren konnten Studierende auf Antrag beim Ver- landsstelle« zur Beratung und Förderung ausländischer günstigungsamt des Wirtschaftshilfevereins verbilligte Studierender. Das Leipziger Übersetzungs- und Dolmet- Wochenkarten für die Leipziger Straßenbahn erhalten. scherbüro für Studierende (AKÜDO) war in dieser Zeit ei- ne wichtige Adresse, um mit deutschen und internatio- Das Studentenwerk heute unterstützt die Leipziger Stu- nalen Studierenden in Kontakt zu kommen. dierenden seit 25 Jahren in ihrer Mobilität – im Auftrag der Studierendenschaft ist es erst Vertragspartner der Leip- Heute liegt der Anteil internationaler Studierender an ziger Verkehrsbetriebe, später des Mitteldeutschen Ver- den Leipziger Hochschulen bei rund 12, in den Studen- kehrsverbundes (MDV), und sorgt für die Bereitstellung tenwohnheimen aber bei fast 37 des Semestertickets. Seit 1996 existiert das Semester- 12 % Prozent – was die Bedeutung der ticket in verschiedenen Nutzungsmodellen und ermög- Unterbringungsangebote des Stu- licht den Studierenden aller Leipziger Hochschulen heu- internationale dentenwerkes Leipzig für diese te, sämtliche Verkehrsmittel in Leipzig und im gesamten Studierende Studierendengruppe aufzeigt. MDV-Gebiet zu nutzen. Aus dem vom Studentenwerk Über 80 Nationalitäten sind in verwalteten Mobilitätsfonds werden zudem drei Fahr- den Wohnheimen vertreten. Das Studentenwerk bietet radselbsthilfewerkstätten unterstützt. Info- und Freizeitveranstaltungen in den Wohnheimen an, hält aber auch Beratungsangebote bereit, die ein er- folgreiches Studium unterstützen. 19
DAMALS & HEUTE DAMALS & HEUTE Vielfältige Quellen der Finanzierung se zur Erhaltung und Modernisierung dieser Infrastruk- des Studentenwerkes tur. So wurden nach der Wiedergründung vor 30 Jahren mit Hilfe staatlicher Zuschussprogramme in den 90er Ursprünglich war die Inanspruchnahme von Unterstüt- Jahren vor allem die Studentenwohnheime des Studen- zungsleistungen der Wirtschaftsselbsthilfe an die Zah- tenwerkes Leipzig und ab dem Jahr 2000 schrittwei- lung eines Vereinsbeitrages gekoppelt. Später wurde se auch die Mensen und Cafeterien grundhaft saniert aus dem Semesterbeitrag, den die Studierenden an die bzw. neu gebaut. Auch aktuell fließen jährliche Investi- Hochschule entrichteten, ein kleiner Anteil für die Finan- tionszuschüsse des Freistaates Sachsen in die Moder- zierung der Wirtschaftsselbsthilfe genutzt. Darüber hi- nisierung von Mensen, Cafeterien und seit 2019 auch naus brachten viele Studierende ihre eigene Arbeitsleis- wieder in die Sanierung von Studentenwohnheimen. tung ein. Die Universität stellte kostenlos Räumlichkeiten 25 Jahre nach der Kernsanierung der Studentenwohnhei- zur Verfügung, das sächsische Volksbildungsministerium me steht aktuell wieder ein erhöhter Modernisierungsbe- unterstützte finanziell und auch die Stadt Leipzig leiste- darf bei den haustechnischen Anlagen an. Die staatlichen te einen Finanzierungsbeitrag. Hinzu kamen insbeson- Investitionszuschüsse sind dabei eine wesentliche Vor- dere in den Anfangsjahren großzügige Sach- und Geld- aussetzung zur Erhaltung von sozial verträglichen Miet- spenden aus der Stadtbevölkerung und aus aller Welt. preisen in den Studentenwohnheimen. Heute finanziert sich das Studentenwerk Leipzig im We- sentlichen aus den Umsätzen in den Studentenwohnhei- men sowie Mensen und Cafeterien (rund 66 Prozent), aus den Semesterbeiträgen der Studierenden (rund 17 Pro- zent), aus dem Kostenersatz des Freistaates Sachsen für das Amt für Ausbildungsförderung (rund 6 Prozent) so- wie aus den Zuweisungen des Freistaates Sachsen zum laufenden Betrieb der Verpfle- 66 % gungseinrichtungen und der So- zialen Dienste (rund 11 Prozent). Umsätze in Mensen & Hinzu kommen die Gebäude und Das Wohnheim Philipp-Rosenthal- Cafeterien Einrichtungen, die der Freistaat Straße; es befindet sich in unmittelbarer Sachsen dem Studentenwerk Quittung über den bezahlten Mitglieds- Nähe zu den Fakultäten für Physik beitrag in Höhe von 5 Reichsmark an die und Chemie sowie zum Medizincampus. Leipzig für die Bereitstellung der sozialen Infrastruk- Wirtschaftsselbsthilfe im Jahr 1935. Im Erdgeschoss wurde 2020 die Mensaria am Botanischen Garten nach tur überlässt sowie die staatlichen Investitionszuschüs- einer umfassenden Sanierung wieder- eröffnet. 20
DAMALS & HEUTE DAMALS & HEUTE Die Mensa am Medizincampus wurde 2019 nach umfassender Sanierung wiedereröffnet; sie befindet sich auf dem Medizincampus in einem multi- funktionalen Lern- und Kompetenz- zentrum, das neben der Mensa auch die Bibliothek Medizin / Naturwissen- schaften sowie die LernKlinik der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig beherbergt. Studierende organisierten Mensabetrieb In den 1920er Jahren war die Mensa academica das Herz- stück des Wirtschaftsselbsthilfevereins. Besonders he- rauszuheben ist das große Engagement von Studieren- den, die für einen reibungslosen Mensabetrieb sorgten. Zu Beginn waren es 80, später rund 100 Studierende, die als so genannte »Helferschaft« die Mensa am Laufen hiel- ten – sie bedienten, räumten ab, organisierten den Ab- lauf und beschafften Lebensmittel. Auch die Arbeit in den einzelnen Ämtern des Vereins wurde von Studierenden geleistet. Mit ihrem ehrenamtlichen Engagement trugen Fleißige Helferinnen bei einer Veranstaltung in die Studierenden wesentlich zur Erfolgsgeschichte des der Mensa, fotografiert von Kurt Mothes, einem Studierenden, der die e hrenamtlich arbeitende Wirtschaftsselbsthilfevereins bei. Mensa-Helferschaft aufbaute und leitete (s. S. 28). Heute ist das Studentenwerk Leipzig als Anstalt öffent- lichen Rechts ein nach kaufmännischen Regeln arbeiten- des Wirtschaftsunternehmen mit sozialem Auftrag, in dem über 300 fest angestellte Mitarbeiter:innen 300 tätig sind; diese werden nur noch Beschäftigte zu einem kleinen Teil von studen- tischen Aushilfen unterstützt. Ehrenamtliche Mitarbeit von Studierenden gibt es aber auch heute: Studierende engagieren sich im Verwaltungsrat des Studentenwer- kes Leipzig und in den von ihm eingesetzten Ausschüs- sen, als Wohnheimsprecher:innen, als Tutor:innen oder als Buddys für internationale Studierende. Studierende unterstützen uns auch heute noch: Während ein kleiner Teil als studentische Aushilfe in den Mensen mitarbeitet, engagieren sich andere Studierende ehrenamtlich im Kultur-, Sozial- oder Semesterticketausschuss. 23
DAMALS & HEUTE DAMALS & HEUTE Ehemaliges Studentenwohnheim »Jenny Marx« in der Goethestraße 6. Seit 1995 ist das Gebäude der Verwaltungssitz des Studentenwerkes Leipzig und der Universität Leipzig. Zusammenarbeit mit den Hochschulen In der DDR hatte sich jede Hochschule selbst um die soziale Unterstützung ihrer Studierenden zu kümmern. Die Ursprünge des heutigen Studentenwerkes Leipzig liegen an der Universität Leipzig, die Fürsorgearbeit wur- Erst nach der Wende vor 30 Jahren – am 1. Juli 1991 – de getragen von Mitgliedern der Universität, von Studie- wird das Studentenwerk Leipzig als hochschulübergrei- renden und Professoren. Mit der Gründung des Wirt- fende Institution wiedergegründet. Zum Stichtag 1. Juli schaftsselbsthilfevereins im September 1921 wurde der wurden alle entsprechenden Sozial- und Wirtschaftsein- Vorläufer des heutigen Studentenwerkes als eigenstän- richtungen der Hochschulen (7 Mensen, 28 Cafeterien, 56 dige Institution geschaffen; dieser blieb mit der Fürsorge- Wohnheime und Wohnungen) mit rund 500 Beschäftig- arbeit der Universität eng verbunden. Die Universität ten aus den Hochschulen herausgelöst und ins wieder- stellte verschiedene Räumlichkeiten für die sozialen Un- gegründete Studentenwerk überführt. Das Studenten- terstützungsleistungen des Vereins zur Verfügung. Auch werk Leipzig nahm seine selbstständige wirtschaftliche die zentrale Anlaufstelle des Wirtschaftsselbsthilfevereins Tätigkeit als Anstalt öffentlichen Rechts unter Rechts- mit all seinen Unterabteilungen war in einem Gebäude- aufsicht und im BAföG-Amt auch unter Fachaufsicht des komplex der Universität angesiedelt. Über mehrere Jah- Freistaates Sachsen wieder auf. Die Zahl der zu betreu- re wurde von der Universität der Bau eines neuen Stu- enden Studierenden betrug 18.859. dentenwohnheims energisch vorangetrieben, das 1931 eröffnete und dessen Betrieb in die Hände des Wirt- Heute betreut das Studentenwerk Leipzig mit rund 300 schaftsselbsthilfevereins gegeben wurde. Beschäftigten die rund 39.000 Studierenden von acht Leipziger Hochschulen. Ab dem Sommersemester 1926 stieß die Handelshoch- schule Leipzig (HHL) dazu. Der Wirtschaftsselbsthilfe- Mit den Leipziger Hochschulen und Studierendenver- verein fungierte nun als Wirtschaftskörper beider Stu- tretungen arbeitet das Studentenwerk Leipzig partner- dierendenschaften. Im Vorstand wie im Verwaltungs- schaftlich und auf Augenhöhe zusammen. Vertreter:in- ausschuss saß je ein HHL-Vertreter. Die Handelshoch- nen dieser Hochschulen werden als Mitglieder in den schüler konnten sich ehrenamtlich in den Selbsthilfe- Verwaltungsrat und die Ausschüsse des Studentenwer- einrichtungen engagieren. Finanziell beteiligte sich die kes Leipzig entsandt, um eine bedarfsgerechte Versor- HHL im Verhältnis zur Nutzung der Vereinsleistungen gung abzusichern. durch ihre Studierendenschaft, die ebenfalls Mitglieds- beiträge an die Wirtschaftsselbsthilfe zahlte. Die heutige Leistungspalette des Studentenwerkes Leip- zig stellt mit einem vielfältigen Angebot die Erfüllung des Nach Ende des zweiten Weltkrieges wurde das Studenten- sozialen Versorgungs- und Förderungsauftrages gemäß werk auf Befehl des Militärkommandanten von Leipzig in die Sächsischem Hochschulfreiheitsgesetz für die Leipziger treuhänderische Betreuung der Universität übergeleitet. Studierenden sicher – »Damit Studieren in Leipzig gelingt«. 24
DAMALS & HEUTE DAMALS & HEUTE Das Studentenwerk Was wir bieten: Leipzig heute Hochschulnahe gesunde und preiswerte Versorgung in 10 Mensen und Cafeterien Unsere rund 300 Beschäftigten betreuen 39.000 Studierende an 8 Hochschulen: bezahlbares Wohnen in 15 Studentenwohnheimen Universität Leipzig Studienfinanzierung nach dem BAföG Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Soziale Dienste & Beratung Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« Leipzig Sozialberatung Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig Psychosoziale Beratung HHL Leipzig Graduate School of Management Rechtsberatung Hochschule für Telekommunikation Leipzig s tudentische Nebenjobvermittlung Berufsakademie Sachsen – Staatliche Studienakademie Leipzig Beratung und Unterstützung beeinträchtigter iba Leipzig – Internationale Berufsakademie Studierender Beratung und Unterstützung internationaler Studierender eratung und Unterstützung von Studierenden B mit Kind Kinderbetreuung Kulturförderung MDV-Semesterticket und Fahrradselbsthilfewerkstätten 26 27
CHRONIK DES STUDENTENWERKES LEIPZIG CHRONIK DES STUDENTENWERKES LEIPZIG »Arbeitsbe- sprechung der Wirtschafts- 1921 Von den Anfängen in den körper« im November 1921 in Dresden, Am 19.2. wird in Tübingen der Ver- um die Erlanger Beschlüsse um- 20er Jahren bis zum Ende band der Selbsthilfeeinrichtungen, zusetzen, also die »Wirtschaftshilfe der Deutschen in deutschen Hochschulstäd- Studentenschaft e.V.« mit Sitz in ten Wirtschafts- Dresden gegründet. selbsthilfen zu des 2. Weltkriegs gründen. Mit dabei aus Leipzig: In Leipzig findet am 7.9. die Grün- Der Student dungsversammlung des Vereins Kurt Mothes als Leiter der Mensa- »Wirtschaftsselbsthilfe der Leipzi- Helferschaft ger Studenten« statt; er ist die Vor- (oberste Reihe, 7. v. l.). gängerinstitution des Studenten- werkes Leipzig. Bereits vorhandene 1919 –1920 Fürsorgeangebote sollen in der Wirtschaftsselbsthilfe besser ge- Studierende und Dozenten haben bündelt und weiter ausgebaut an mehreren Orten in Deutschland werden, um die studentische Not die ersten sogenannten Studenten- zu lindern. Im Vorstand des Vereins Im Wohnheim in Connewitz: hilfen als private Selbsthilfeeinrich- ist die Studierendenschaft paritä- »Die Universität verleiht Matratzen. Studierende und Mitarbeiter:innen tungen ins Leben gerufen. der Universität Leipzig, unter ihnen tisch vertreten; der erste Vereins- Ein Platz kostet 50 Mark monatlich – der erste Fürsorgedirektor Alfred Körte vorsitzende ist der Student Rudolf ohne Frühkaffee, aber mit Licht. Zu- (sitzend, 3. von rechts). Auch der Allgemeine Studenten Thieme. sätzlich buchbar sind ein Frühstück ausschuss (AStA) an der Universi- und ein Mittagessen. Die Klaviere tät Leipzig macht in seiner Verfas- Die Mitarbeiterschaft setzt sich dürfen benutzt werden. ... Das Heim sung die studentische Wohlfahrt v. a. aus ehrenamtlich tätigen Stu- 1922 dient »minderbemittelten Studenten«. zu seinem wichtigsten Ziel. Anfang dierenden zusammen. Der Sitz des (Akademische Nachrichen 16/1922, Nach dem der 20er Jahre sind rund 5.000 Stu- Vereins befindet sich in der Das Amt für studentische Fürsorge S. 68) dierende an der Universität Leipzig Ritterstraße 14. an der Universität und die Wirt- 1. Weltkrieg eingeschrieben. schaftsselbsthilfe bilden jetzt zu- Beispielhafter Speiseplan Die Wirtschaftsselbsthilfe sammen den zentralen Wirtschafts- »Montag, Weichkäse mit Salzkartof- Der studentische Alltag ist von Schwierige Bedingungen »Angestellte existieren im allgemei- körper für Studierende. Vielfältigste feln; Dienstag, Heringssalat & gem. Kriegsfolgen geprägt, die Ernäh- »In keiner Schicht ... leben die jungen nen Sinne bei uns nicht. Es ist eine Fürsorgeaktivitäten werden organi- Tee; Mittwoch, Teigwaren mit Kartof- rungssituation ist katastrophal, Leute von etwa 18 bis 25 Jahren so Arbeitsgemeinschaft, die unter Auf- siert, dazu gehören die preiswerte feln; Donnerstag, Kartoffelmus mit es herrscht Wohnungsnot. Zwei schlecht, kämpfen so schwer, wie ein opferung der persönlichen Freiheit Speisung in der Mensa Academica, Sauerkraut; Freitag, Wurst mit Kar- Drittel der Studenten haben sehr großer Teil unserer Studenten.« an jedem Tage das Geforderte leis- die Vermittlung von Wohnraum, toffelsalat & gem. Tee; Sonnabend, finanzielle P robleme, viele sind (Alfred Körte, Direktor der studen- ten will.« Angebote zur finanziellen Unter- Teigwaren oder Heringssalat« in schlechter gesundheitlicher tischen Fürsorge, in: Akademische (Akademische Nachrichten 9/1923, stützung und für kranke Studieren- (Universitätsarchiv Leipzig, Bestand Studenten im Wohnheim Connewitz, Verfassung. Nachrichten 1/1922, S. 3) S. 56) de u. v. a. m. Rektorat, Sign. Rep. III/IV # 124; 22.) 1929 28 29
CHRONIK DES STUDENTENWERKES LEIPZIG CHRONIK DES STUDENTENWERKES LEIPZIG Blick auf das Gebäude Handels- hochschule in der Ritterstraße 8 –10. Igenihit, ut estrumqua- si denit ventis alia corepu- dia corepe rest, quaerio- rum alitatem Kurt Mothes Auch die fleißige Mensa-Helferschaft 1926 Dem Engagement von Kurt Mothes braucht einmal eine Pause. ist es zu verdanken, dass viele Leip- Zunächst ist die Wirtschaftsselbst- ziger Studierende in den Anfangs hilfe nur für die Studierenden der jahren des Wirtschaftsselbsthilfe- Universität tätig, jetzt tritt die Han- vereins ein warmes Mittag- oder 1923 delshochschule dem Verein bei, Abendessen in der Mensa erhielten. Der Student Erich Kästner der fungiert nun als Wirtschafts Mothes hatte sich im April 1921 Aufgrund der Inflation verfünffacht »Sehr bald konnte ich mir für das körper beider Studierendenschaften. Zimmer und Außenansicht gerade selbst erst für sein Studium sich die Zahl der bedürftigen Stu- monatliche Stipendium knapp eine des »Erich-Bethe-Hauses« an der Universität Leipzig immatri- dierenden. Schachtel Zigaretten kaufen. Ich Bei den studentischen kuliert, als er sich schon an der stu- wurde Werkstudent, das heißt, ich Abteilungsleitern dentischen Fürsorge beteiligte. Er 25 verschiedene Abteilungen bieten arbeitete in einem Büro, bekam als »... führt die Tätigkeit zu einer direk- baute maßgeblich die so genann- Fürsorgeleistungen an, u. a. gibt es Lohn am Ende der Woche eine ganze ten Schädigung im Studium, das ha- te Mensa-Helferschaft auf: Leipziger eine Darlehenskasse, eine Arbeits- Aktenmappe voll Geld und musste be ich selbst gefühlt, aber doch kann Studierende, die ehrenamtlich den vermittlung, das Akademische rennen, wenn ich mir dafür was zu ich nicht darum trauern, denn ich ha- 1931 Mensabetrieb organisierten. Zu ih- Dolmetscher- und Übersetzungs- essen kaufen wollte. An der Straßen be demgegenüber einen ungeheu- ren Aufgaben gehörte es neben der büro, verschiedene Verleihangebote, ecke war mein Geld schon weniger ren Reichtum gewonnen. Nicht nur Am 10. Mai wird das Erich-Bethe- Essensausgabe, die anderen Mensa- Angebote für kranke Studierende wert als eben noch an der Kasse. Es Freude an der Zusammenarbeit mit Haus eingeweiht – der erste gäste am Tisch zu bedienen und das und es werden Privatzimmer und gab Milliarden-, ja sogar Billionen- Gleichgesinnten, sondern auch Orga- Wohnheimneubau für Studenten Geschirr abzuräumen. Im Laufe der Zimmer in Wohnheimen vermittelt. markscheine. Zum Schluss reichten nisationsarbeit wurde mir in großem mit 50 Plätzen. Es bietet neben der Jahre wuchs die Helferschaft auf rund sie kaum für eine Straßenbahnfahrt. Maßstabe geboten. Eine große Sache Unterkunft auch Gemeinschafts- 100 ehrenamtlich arbeitende Studie- Weil die Spenden für die Mensa zu- Erich Kästner (1899-1974), der be- rühmte in Dresden geborene Schrift Das war 1923. Studiert wurde nachts. zu organisieren ist nicht jedem schon 1929 und Arbeitsräume sowie Verpfle- rende an. Besonderes Engagement rückgehen, bemüht sich die soge- steller, kam 1919 nach Leipzig, um ... Während der Messe, ich machte während der Studienzeit geboten, gung an. Planung und Finanzierung Geschichte, Philosophie, Germanistik zeigte Mothes, als die Helferschaft nannte Helferschaft – Studieren- und Theaterwissenschaft zu studieren. mein Examen in Leipzig, hängten wir man gewinnt dadurch viel für später Der Verband der Selbsthilfeein- hatten Jahre in Anspruch genom- aufs Land zog, um Lebensmittel de, die unentgeltlich in der Mensa 1925 promovierte er in Leipzig. Sein uns Plakate um und verdienten uns und ist in der Lage schon jetzt seine richtungen, die »Wirtschaftshilfe men. Studium finanzierte er durch Gelegen- spenden für die Mensa einzutreiben. arbeiten – jetzt um Lebensmittel heitsjobs, u.a. arbeitete er für verschie- als wandelnde Plakatsäulen ein paar Fähigkeiten in dieser Richtung hin zu der Deutschen Studentenschaft Im Gegenzug bedankte man sich mit aus dem Leipziger Umland. Dafür dene Redaktionen, aber auch als Adres- Mark hinzu.« bestätigen.« e.V.« wird in »Deutsches Studenten- Am 15. November 1931 wird mit senschreiber beim Leipziger Messeamt einem Kulturprogramm in Form von bedankt sie sich mit Theaterauffüh- (Erich Kästner, Die chinesische Mauer, (Universitätsarchiv Leipzig, Sign. werk« umbenannt. Die Wirtschafts- einem Festakt in der Universitäts- und als Hilfsbuchhalter bei der Städti- Theaterstücken und Gesang bei den rungen und Bauernlehrkursen bei schen Baugesellschaft. aus: Der tägliche Kram © Atrium Ver- Phil. Fak. E 34,Studentenwerksakte, selbsthilfe in Leipzig nennt sich aula das zehnjährige Bestehen des Bauern. den spendenden Landwirten. lag AG, Zürich 1948 und T. Kästner) Blatt 5f.) ab jetzt Studentenwerk Leipzig. Leipziger Studentenwerkes gefeiert. 30 31
CHRONIK DES STUDENTENWERKES LEIPZIG CHRONIK DES STUDENTENWERKES LEIPZIG Der Beginn eines dunk- len Kapitels: Löschung des Wirtschaftsselbst- hilfevereins – bzw. ab 1929 umbenannt in Studentenwerk Leipzig – aus dem Vereinsregister. Die Soziale Studienhilfe übernahm im September 1949 die ehemalige Bier- und Speisewirtschaft »Naumann- Bräu«, die als Mensa wiedereröffnet 1933 Kriegsschäden am Augusteum, wurde. Zu DDR-Zeiten diente die »Kalinin«-Mensa auch als FDJ-Jugend- Mai 1944 clubhaus mit Konzerten, Vorträgen und Am 1. Mai 1933 wird an der Uni 1947 Tanz. versität der AStA aufgelöst. Der Verein Wirtschaftsselbsthilfe wird Am 17.12. wird das Gesetz zur Er- zerschlagen. Die Fürsorgeeinrich- richtung einer Sozialen Studienhilfe tungen werden dem »Führer der Eine Studentin absolviert in Sachsen als Anstalt des öffentli- Leipziger Studentenschaft« direkt ihren »Kriegsdienst« in einer chen Rechts erlassen. Sie soll Men- Zigarettenfabrik, 1941. unterstellt. sa, Wohnheime, Hilfsbücherei und andere soziale Einrichtungen über- Hochschulen sollen 1938 nehmen und die Stipendienverga- Führerschulen werden 1946 be organisieren. Neben der Essen- »Wer Not leidet, erhält einen ganzen Die Überführung aller regionalen versorgung ist die Organisation von 1932 oder halben Freitisch. Voraussetzung Studentenwerke in Deutschland Am 18. Januar wird die Genehmi- Wohnraum besonders wichtig. ist dafür allerdings, dass er wissen- ins Reichsstudentenwerk wird gung der Sowjetischen Militärver- Immer wieder haben Mitglieder des schaftlich und charakterlich hochwer- per Gesetz vom 6. Juli 1938 um- waltung zur Wiederaufnahme des Neue Zielrichtung Nationalsozialistischen Deutschen tig ist. Wer diese Bedingungen nicht gesetzt. Die regionalen Studenten- 2. Weltkrieg Lehrbetriebs durch die Universität Die Soziale Studienhilfe »... ist keine 1948 Studentenbundes (NSDStB) ver- erfüllt und folglich von der Unterstüt- werke werden gleichgeschaltet und veröffentlicht. Wohlfahrtseinrichtung, sondern sucht, die Arbeit der Wirtschafts- zung ausscheidet, soll auch ruhig die ihrer Autonomie beraubt. Förde- Viele Studierende müssen kriegs- 1945 muss ihre Maßnahmen treffen, um Am 21.5. konstituiert sich die Kreis- selbsthilfe zu stören – zum Beispiel Universität verlassen; denn unsere rung und Unterstützung Studieren- unterstützende Arbeit leisten oder Ein Amt »Mensa und Beschaffung« die Aktivierung und Erneuerung des stelle Leipzig der Sozialen Studien- durch den Vorwurf angeblicher Hochschulen sollen in Zukunft wieder der wird jetzt nach politischen und werden zum Kriegsdienst ein Pläne zur Fortführung der Arbeit wird eingerichtet. Es gibt drei gesamten gesellschaftlichen Lebens, hilfe, das Studentenwerk wird for- finanzieller Unregelmäßigkeiten. Führerschulen sein, und dafür sind rassenideologischen Gesichtspunk- berufen. In den Luftangriffen des Studentenwerkes werden Mensen: Grassistraße, Amtsgericht, von dem die Hochschule nur ein Teil mell aufgelöst. Zukünftig müssen Jetzt verschärft sich die Lage, denn die besten Kräfte gerade gut genug.« ten betrieben. Das Studentenwerk auf Leipzig werden viele Hoch direkt nach Kriegsende in Angriff Tierklinik und verschiedene ist, zu ermöglichen.« die einzelnen Hochschulen die so- bei der AStA-Wahl hat der NSDStB (Leipziger Hochschulzeitung 1/20, Leipzig wird aus dem Vereinsregis- schulgebäude zerstört . Der Lehr genommen, ein paritätisch besetzter kleinere Küchen. Täglich werden Universitätsarchiv Leipzig, Bestand ziale Betreuung der Studierenden die Mehrheit errungen. 4. Mai 1934, S. 2) ter gelöscht. betrieb kommt zum Erliegen. Beirat wird eingesetzt. 1.850 Essen gekocht. Studentenrat, Sign. StR 01, Bl. 24) übernehmen. 32 33
CHRONIK DES STUDENTENWERKES LEIPZIG CHRONIK DES STUDENTENWERKES LEIPZIG Die DDR-Zeit Die Zentralmensa wurde 1973 eröffnet und bot neben den Speisesälen für Studierende auch zwei Betriebsrestau- rants für die Bediensteten und eine Mokka-Milch-Eisbar. Zu Messezeiten war Foyer und Rezeption im ehemaligen auf dem Campus das Pressezentrum Studentenwohnheim »Jenny Marx« angesiedelt und Messegäste wurden dort (heute Goethestraße 6), das während ebenfalls versorgt. der Leipziger Messe auch als Unterkunft für auswärtige und internationale Gäste fungierte. Blick in die Studentenwohnheim Straße des Töpfe der Mensa Studentenwohnheime in der 18. Oktober (hier um 1971), erbaut »Naumannbräu« DDR Ende der 60er Jahre in achtgeschossiger Schlaf- und Arbeitsraum ... 1968 »Also waren die Studentenheime Plattenbauweise. Der Internatstyp dieser Art wurde wegen seiner versetzt Teil des von der SED gesteuerten angeordneten Häuser als »Kurbelwelle« bezeichnet. Wohnheime werden jetzt nur noch politischideologischen Erziehungs- in Plattenbauweise errichtet. Im programms, was bis zu peniblen ... sowie ein Gemeinschaftswaschraum im Januar beginnt der Bau der Studen- Belegungsplänen gehen konnte, Rückblick auf den Speiseplan: Studentenwohnheim Nürnberger Straße. Das Haus wurde Mitte der 50er Jahre erbaut; tenwohnheime in der Straße des um Studenten, deren christliches Es werden im Vergleich zur Gegen- der Südflügel jedoch nie fertiggestellt. 18. Oktober . In dem riesigen Bekenntnis bekannt geworden war wart viel mehr Eintöpfe gekocht, viel Nach der Sanierung und Modernisierung des Plattenbaukomplex kommen bis zu oder vermutet wurde tunlichst daran Hülsenfrüchte und Innereien werden Wohnheims durch das Studentenwerk 2.800 Bewohner unter. Weil jedem zu hindern, im Studentenheim verarbeitet. Gerichte mit Schweine- 1973 Leipzig im Jahr 2004 wurde das einstige »Bauprojekt vollendet«. auswärtigen Studierenden ein zusammen zu wohnen. Doch auch bauch in unterschiedlichen Zuberei- 1956 Wohnheimplatz zusteht, werden dies ist wiederum nicht die volle tungsvarianten oder Thüringer Topf- Wohnheime oftmals überbelegt. Wahrheit. Denn unbestreitbar ist Als Bestandteil des neuen Uni braten, ein Innereienragout, werden Die Universität, die jetzt »Karl- Die meisten Wohnheime in Altbau- ebenfalls, dass die DDR an ihren versitätsgebäudekomplexes am angeboten und gern gegessen. Es Marx-Universität« heißt, verfügt 1965 ten werden jetzt aufgegeben. Hochschulorten für die Studenten Karl-Marx-Platz (heute Augustus gibt auch Fleischloses wie Verlorene inzwischen über neun Internate Heimplätze in einer für bundesdeut- platz) wird die Zentralmensa Eier oder verschiedene süße Speisen, mit rund 1.080 Plätzen in Altbauten. Das neu gebaute Studentenwohn- Im Mai bestätigt das Politbüro des sche Vorstellungen unvorstellbar eröffnet: Die größte Leipziger Men- ein bewusst eingesetztes vegetari- 1956 kommt das neu errichtete heim »Jenny Marx« mitten im ZK der SED den Bebauungsplan großen Zahl zur Verfügung stellte.« sa verfügt auf zwei Etagen über sches oder veganes Angebot ist aber Studentenwohnheim in der Zentrum in der Goethestraße 6 des Leipziger Karl-Marx-Platzes (Hans Joachim Meyer, Sächsischer 1.250 Tischplätze und über ver- nicht üblich. Der Zentralmensa war sogar eine Nürnberger Straße dazu, dort wird eröffnet – hier hat das Studen- einschließlich des Abrisses der Staatsminister für Wissenschaft und schiedene Speisesäle und Restau- (Gerald Hoffmann, Mitarbeiter eigene Fleischerei angegliedert, was sie im Speiseplan in Bezug auf die ziehen Medizinstudenten ein, heute tenwerk Leipzig seit Ende 1995 Paulinerkirche und aller noch vor- Kunst, in »10 Jahre Studentenwerk rants, darunter eine Mokka-Milch- des Studentenwerkes Leipzig im »Versorgung mit Fleisch« in eine etwas gehört es zum Studentenwerk. seinen Sitz. handenen Universitätsgebäude. Leipzig«, Leipzig 2001) bar und eine »Rektoren-Klause«. Interview mit T. Prüwer, 2021) bessere Lage versetzte. 34 35
CHRONIK DES STUDENTENWERKES LEIPZIG CHRONIK DES STUDENTENWERKES LEIPZIG Von der Wendezeit bis heute Christiane Claus war die erste Geschäfts- führerin des Studentenwerkes Leipzig; hier 1996 mit dem damaligen Sächsischen Wissenschaftsminister Prof. Hans-Joachim Meyer bei der Wiedereröffnung des Studen- tenwohnheims Straße des 18. Oktober nach Sanierung. Das Wohnheim Tarostraße und eins der Zimmer vor der Sanierung. Das Wohnheim wurde 1991 – nur kurz nach der Wiedergründung des Studentenwerkes am 1. Juli – als erstes saniert und bildete damit den Auftakt für die in den Folge- jahren durchgeführten Sanierungen und Modernisierungen 1989 aller Wohnheime des Studentenwerkes. Die Mehrfachbelegung eines Wohn- heimzimmers mit zwei bis sechs Betten 1991 seine selbstständige wirtschaftliche Erste Informationsgespräche zur Ein neues Studentenwerk wird sowie die damit verbundene Nutzung Tätigkeit auf, Sitz ist das Universi- von Gemeinschaftswaschräumen und Einrichtung von Strukturen ver- aufgebaut Das Studentenwerk Leipzig wird tätshochhaus am Augustusplatz. -küchen war während der DDR-Zeit gleichbar mit denen der alten »Über Nacht sollten soziale Einrich- üblich. Mit den Sanierungen zu Beginn am 1. Juli wiedergegründet. Noch Die Zahl der zu betreuenden Stu- Bundesländer finden bereits im tungen entstehen, von denen Gesetz- der 90er Jahre passte man sich mit einer vor der Studentenwerksgründung dierenden beträgt 18.859, die Zahl Dezember statt. In Leipzig gibt es 1990 geber, Beteiligte und Nutzer nur einfachen Doppelbelegung der Wohn- heimzimmer den damaligen Wünschen ist das BAföG am 1.1. auch für die der Beschäftigten, die aus den ein- Probleme nach der zu diesem Zeitpunkt die Studien vage Vorstellungen hinsichtlich der Studierenden an. neuen Bundesländer in Kraft getre- zelnen Hochschulen kommen, liegt Neugründung beitet sich in diesem Feld (...) sehr einrichtungen Karl-Marx-Universität, Eine am 18. September vom Funktionalität und Größe hatten.« ten. Erste Geschäftsführerin wird bei über 500. »Die Studenten brauchten Verbesse- bald eine Führungsposition, und Technische Hochschule, Handels- Ministerrat der DDR erlassene »Es war spannend, Sachen auszu- Christiane Claus. rungen, sie hausten in einem nicht im- dies nicht allein wegen guter Voraus- hochschule, Deutsche Hochschule Verordnung sieht die Errichtung probieren und im Zweifel eben zu Die erste Wohnheimsanierung mer mitteleuropäischem Standard an- setzungen im Baubestand: Ohne für Körperkultur, Pädagogische von Studentenwerken in den korrigieren. Wenn etwas machbar Zum Stichtag am 1.7. werden die startet in der Tarostraße ; in den gepassten, zum Lernen und Arbeiten tüchtige Leute geht nichts. (…) Die Hochschule, Hochschule für Grafik neuen Bundesländern vor. Auf schien, haben wir es einfach gemacht. jeweiligen Sozial- und Wirtschafts- Folgejahren saniert das Studenten ungeeigneten Wohnheimumfeld. (…) Fortschritte waren mit Händen zu und Buchkunst, Hochschule für dieser Grundlage werden im Zuge Es gehörte Mut zum Risiko dazu.« einrichtungen der Hochschulen mit werk mithilfe von staatlichen Geld war in diesen ersten Jahren nicht greifen.« Musik, Theaterhochschule und der Wiedervereinigung in den fünf (Christiane Claus, erste Geschäfts- den dazugehörigen Beschäftigten Projektzuschüssen zunächst das Problem und so begann ein an- (Harald Noeske, von 1990 bis 2000 Institut für Literatur. Alle hatten ei- neuen Bundesländern zwölf führerin des Studentenwerkes in ins Studentenwerk überführt, dazu schwerpunktmäßig die Studenten- derer Wettbewerb: Wer ist der Erste Referatsleiter im Sächsischen gene Abteilungen, die die Fürsorge- Studentenwerke entsprechend »10 Jahre Studentenwerk Leipzig«, gehören 7 Mensen, 28 Cafeterien, wohnheime. Für die Zentralmensa mit der Präsentation spruchreifer Sa- Staatsministerium für Wissenschaft aufgaben (Wohnen, Mensabetrieb) den Studentenwerken in den alten Leipzig 2001 und im Interview mit 56 Wohnheime und Wohnhäuser. wird als ersteInvestition eine Spül- nierungsprojekte, wer ist der Beste in und Kunst, in »10 Jahre Studenten- für ihre Studierenden organisierten. Bundesländern eingerichtet. T. Prüwer, 2021) Das Studentenwerk nimmt damit anlage für 1 Million DM angeschafft. der Investitionsplanung. Leipzig erar- werk Leipzig«, Leipzig 2001) 36 37
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