2RÄDER 200JAHRE Unterrichtsmaterialien für Schulen - FREIHERR VON DRAIS UND DIE GESCHICHTE DES FAHRRADES - Technoseum
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2 RÄDER 200 JAHRE FREIHERR VON DRAIS UND DIE GESCHICHTE DES FAHRRADES Unterrichtsmaterialien für Schulen
BILDNACHWEIS • IMPRESSUM BILDNACHWEIS IMPRESSUM Archiv Dr. Friedmann, Mannheim: S. 5, 24 2 Räder – 200 Jahre Freiherr von Drais und die Geschichte des bpk: S. 54 Fahrrades Deutsches Fahrradmuseum, Bad Brückenau: S. 7 Unterrichtsmaterialien für Schulen Stadt Mannheim, Fotograf: Thomas Tröster: S. 19 Herausgegeben vom TECHNOSEUM Stadtgeschichtliches Museum, Leipzig: S. 61 Landesmuseum für Technik und Arbeit Schlossbergmuseum, Chemnitz: S. 65 in Mannheim Museumsstraße 1 TECHNOSEUM – Landesmuseum für Technik und 68165 Mannheim Arbeit in Mannheim, Bildarchiv: S. 10 www.technoseum.de Reproduktionen aus: Konzeption Allgemeine Illustrierte Zeitung 1897: S. 40 Linda Schmitt (Karl-von-Drais-Schule) Franke, Jutta: Illustrierte Fahrradgeschichte, Berlin Horst Steffens (TECHNOSEUM) 1987: Innentitel Nadine Strifler (Karl-von-Drais-Schule) Illustrierter Hauptkatalog für Deutschland-Fahr- Texte räder und Zubehörteile von August Stukenbrok. Thomas Kosche (TECHNOSEUM) Erstes u. grösstes Special-Fahrrad-Versandhaus Anke Neuhaus (TECHNOSEUM) Deutschland‘s, Einbeck 1901 (Reprint, Hildesheim- Linda Schmitt (Karl-von-Drais-Schule) Zürich-New York 2014): S. 57 u., 58 Horst Steffens (TECHNOSEUM) Nöll, Jürgen: Opel-Fahrräder. Fünf Jahrzehnte Nadine Strifler (Karl-von-Drais-Schule) Fahrradbau in Rüsselsheim, Bielefeld 2011: S. 8 o. Redaktion Rauck, Max J. B./Gerd Volke/Felix R. Paturi: Mit Antje Kaysers (TECHNOSEUM) dem Rad durch zwei Jahrhunderte. Das Fahrrad Thomas Kosche (TECHNOSEUM) und seine Geschichte, Aarau-Stuttgart 1979: S.47, 50, 57 Gestaltung Technisches Museum Wien (Hg.): Fahr!Rad – von Frank Ketterl (TECHNOSEUM) der Draisine zur Hightech-Maschine, Wien 2002: S. 48 Plakatgestaltung res d Design und Architektur, Köln Alle weiteren Abbildungen und Exponatfotografien: Lektorat TECHNOSEUM – Landesmuseum für Technik und Antje Kaysers (TECHNOSEUM) Arbeit in Mannheim, Fotograf: Klaus Luginsland Schlussredaktion Trotz sorgfältiger Recherche ist es nicht gelungen, Wof-Diether Burak alle Bildrechteinhaber ausfindig zu machen. Sie werden gebeten, sich mit dem Museum in Druck Verbindung zu setzen. NINO Druck, Neustadt / Weinstraße Mannheim, im August 2016 Zur Ausstellung erscheint ein Begleitband: 2 Räder – 200 Jahre. Freiherr von Drais und die Geschichte des Fahrrades [11. November 2016 – 25. Juni 2017, TECHNOSEUM, Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim], Mannheim 2016 ISBN 978-3-8062-3374-2 Fahrradabstellplatz vor Mannheimer Fußballstadion, 1936. Sehr wahrscheinlich entstand das Foto beim Spiel SV Waldhof Mannheim gegen Schalke 04, das am 11.04.1936 mit 1:1 endete. 50.000 Zuschauer wohnten dem Spiel bei!
2 RÄDER — 200 JAHRE FREIHERR VON DRAIS UND DIE GESCHICHTE DES FAHRRADES Unterrichtsmaterialien für Schulen Vorwort 2 Grußwort 3 Einführung in die Ausstellung 4 Lageplan der Ausstellung 12 Themen für den Unterricht in Museum und Schule 1. WAS IST EIN VERKEHRSSICHERES FAHRRAD? Fahrrad-Detektive ermitteln in der Großen Landesausstellung Grundschule Kl. 3/4 14 2. UNTERRICHTSEINHEIT: FAHRRAD UND TECHNIK Die (Weiter-) Entwicklung der Draisine zum heutigen Fahrrad Realschule /Gymnasium Kl. 5/6 20 3. ÜBERSETZUNG UND GESCHWINDIGKEIT Physik am Beispiel der Entwicklung des Fahrrades Realschule/Gymnasium Kl. 7- 10 35 4. UNTERRICHTSEINHEIT: DAS FAHRRAD IN DER GESELLSCHAFT Welche Bedeutung hatte die Erfindung für verschiedene Gesellschaftsschichten in der Zeit der Industriellen Revolution? Realschule/Gymnasium Kl. 7/ 8 43 Lösungsvorschläge 68 Literaturtipps 68 Bildnachweis 69 Impressum 69
VORWORT Auch zur Großen Landesausstellung „2 Räder – Mein großer Dank geht also an die Karl-von-Drais- 200 Jahre. Freiherr von Drais und die Geschichte Schule in Mannheim, deren Direktor, Herr Nuh des Fahrrades“ stellt das TECHNOSEUM hiermit Duran, es ermöglicht hat, dass Schule und Mu- wieder ein Schulheft vor. Es eröffnet den Lehre- seum so eng zusammenarbeiten konnten. Inhalt- rinnen und Lehrern der drei Bundesländer Baden- lich getragen haben die Arbeit seine Kolleginnen Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz die Linda Schmitt und Nadine Strifler, die neben ih- Möglichkeiten, „das Fahrrad“, seine Geschichte ren normalen Unterrichtsverpflichtungen Zeit und und seine Aktualität in ihren Unterricht einzubin- Mühe aufgewandt haben, sich gemeinsam mit den und diesen durch den Besuch einer großen der Projektgruppe am Museum in die Ausstellung Ausstellung in einem bewährten außerschuli- einzuarbeiten und daraus Unterrichtsvorschläge schen Lernort zu erweitern. Für den Kompetenz- zu entwickeln. Das ist bei der Beanspruchung erwerb, der zunehmend die bundesdeutschen durch den Schulalltag nicht selbstverständlich, Bildungspläne prägt, ist dieses „Herausgehen aus weshalb beiden ein ebenso großer Dank auszu- der Schule“ eine wesentliche Voraussetzung, um richten ist. die engen gesellschaftlichen Bezüge von schuli- scher Bildung mit historischer wie aktueller poli- Nun hoffe ich, dass Ihnen, liebe Lehrerinnen und tischer, sozialer, kultureller, technischer und wirt- Lehrer, dieses Schulheft viele Anregungen bie- schaftlicher Entwicklung erkennbar und erlebbar tet, um gemeinsam mit Ihren Schülerinnen und werden zu lassen. Schülern das TECHNOSEUM als Bildungs- und Erlebnisort aufzusuchen. Seit nunmehr zehn Jahren erstellen wir zu unseren großen Ausstellungen die sog. „Schulhefte“. Es ist bemerkenswert, dass am Beginn dieser Reihe Hartwig Lüdtke ebenfalls das Thema „Mobilität“ stand: „Aben- teuer Raumfahrt. Aufbruch ins Weltall“ war die Direktor erste, „Mannheim auf Achse. Mobilität im Wan- TECHNOSEUM del 1607 – 2007“ die zweite Ausstellung, zu der museumspädagogisch erarbeitete Unterrichtsvor- schläge herausgegeben und von den Lehrerinnen und Lehrern der allgemeinbildenden Schulen aufgegriffen wurden. Mit „2 Räder – 200 Jahre“ schließt sich nun ein Kreis, in dem das Angebot der „Schulhefte“ immer weiter entwickelt wurde. Neu ist in diesem Jahr, dass wir für das Schulheft eine Kooperation mit einer Schule eingegangen sind. Was lag näher, als zu „Freiherr von Drais und die Erfindung des Fahrrades” auf die Kompetenzen der Mannheimer Karl-von-Drais-Schule zurückzu- greifen? Diese Zusammenarbeit hat zur Folge, dass das Heft nicht ausschließlich auf einzelnen Stundenentwürfen basiert, sondern für die Klas- senstufen 5/6 und 7/8 mehrstündige Unterrichts- sequenzen entwickelt worden sind, die in ihrem Verlauf die Einbindung eines Museumsbesuchs vorsehen. Dadurch sind Ausstellung und Unterricht noch enger verzahnt worden, werden doch für die Arbeitsblätter stets Objekte, Exponate und Quel- len benutzt, die aus der Ausstellung stammen. So kann zu einem beliebigen Zeitpunkt während der mehrstündigen Unterrichtssequenzen ein Muse- umsbesuch variabel eingeplant werden. 2 TECHNOSEUM
GRUSSWORT „Neue Horizonte für Ihr Kind“ ist Leitsatz unse- Seitens der Karl-von-Drais-Schule freuen wir uns rer Karl-von-Drais-Schule Mannheim. Gleichzei- sehr, dass wir an der Großen Landesausstellung tig wollen wir mit unserer Namensgebung den „2 Räder – 200 Jahre. Freiherr von Drais und die innovativen Geist des Freiherrn Karl von Drais Geschichte des Fahrrades“ beteiligt sein dürfen. repräsentieren und uns durch den regionalen Für die fruchtbare Zusammenarbeit daher ein Bezug des Erfinders identifizieren: neue Hori- ganz besonderer Dank an die Museumsleitung, zonte für unsere junge Schule, das Kollegium, Herrn Prof. Dr. Lüdtke, die Projektleitung, Herrn die Schülerinnen und Schüler – neue Horizonte Dr. Kosche und Frau Gramlich, sowie an Herrn Dr. im Mitwirken an der Großen Landesausstellung Steffens! „2 Räder – 200 Jahre. Freiherr von Drais und die Geschichte des Fahrrades“. Das mit der Ausstel- Ein herzliches Dankeschön auch an Frau Linda lung einhergehende Jubiläumsjahr 2017 steht Schmitt und Frau Nadine Strifler für ihr intensives ganz im Sinne unseres Namensgebers, und so Mitarbeiten und Konzipieren dieses Schulhefts, freuen wir uns sehr, dazu unseren Beitrag leisten überhaupt ihren außerordentlich engagierten zu können. Einsatz zusätzlich zum Unterricht an der Karl-von- Drais-Schule Mannheim. Das Fahrrad ist heute ein sehr beliebtes Fortbe- wegungsmittel, das oftmals als selbstverständlich Allen Besucherinnen und Besuchern dieser Aus- erachtet, aber aufgrund des hohen alternativen stellung des TECHNOSEUM wünschen wir viel Verkehrsaufkommens an sich gar nicht mehr Freude und Neugier bei der Entdeckungsreise großartig wahrgenommen wird. Den Ursprung des Erfinders Freiherr Karl von Drais und darüber dieser Erfindung des Fahrrades hinterfragen wir hinaus beim Beschäftigen mit dem zugehörigen kaum. Und genau hier knüpft die Ausstellung an Schulheft – allen gemeinsam ein nachhaltiges Er- unsere Alltagswelt an. Als gleichnamige Schule leben im Unterricht wie auch im Museum! ist es uns ein Anliegen und zugleich auch eine Ehre, uns mit dem TECHNOSEUM und allen an der Ausstellung Beteiligten gemeinsam auf diese Nuh Duran Entdeckungsreise zu begeben. Schulleiter Während der Unterricht und überhaupt das pä- Karl-von-Drais-Schule Mannheim dagogische Zusammenwirken von Lehrern und Schülern hauptsächlich in den üblichen Lernräu- men der Schule stattfindet, bietet gerade der Lernort Museum die Möglichkeit, gemeinsam mit den Schülern auf eine historische Entdeckungsrei- se zu bestimmten Themen zu gehen. Dabei wer- den unter anderem Perspektivenwechsel, Empa- thie und kritisches Hinterfragen geschult. Das Museum ist für Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler als Lernort attraktiv, da der Unterricht außerhalb der gewohnten Lernum- gebung stattfindet und allein schon deshalb anspre- chend ist. Hier können Schülerinnen und Schüler Wirklichkeitsausschnitte realitätsnah betrachten, wodurch das Thema anschaulich und jedem Schüler der Zugang erleichtert wird. Auch später kann die Lehrkraft auf das beim Museumsbesuch Gesehene und Erlebte zurückgreifen. Das begleitende Schul- heft zur Ausstellung ist hierfür besonders hilfreich. Es dient als Vorschlag für den Unterricht und als Verknüpfung eines historischen Ereignisses bzw. ei- ner Erfindung mit greifbarem Aktualitätsbezug für Jedermann – insbesondere für die Schüler. TECHNOSEUM 3
EINFÜHRUNG IN DIE AUSSTELLUNG 2 RÄDER — 200 JAHRE FREIHERR VON DRAIS UND DIE GESCHICHTE DES FAHRRADES Das Fahrrad ist so genial wie in der Form optimal. Es zu fahren, ist energieeffizienter als jede andere Fortbewegungsmethode. Das Fahrrad ist die Antwort auf eine Viel- zahl von Problemen der Vergangenheit und Zukunft. Fahrradfahren ist CO -neutral ² und verbraucht keine fossilen Energieträger. Das Fahrrad umfährt den Innenstadtstau und kennt (fast) keine Parkplatzprobleme. Fahrradfahrten wirken Bewegungsman- gel entgegen und verhindern Fettleibigkeit. In einer alternden Gesellschaft erlauben Fahrräder mit flachem Durchstieg, Dreiräder oder batterieunterstützte Räder auch Menschen in hohem Alter oder mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit die Teilhabe an der individuellen Mobilität. Bei Stress und Reizüberflutung ersetzt eine längere Fahrradfahrt jedes teure Wellnessangebot. Das Fahrrad ist ein krisenfestes Verkehrsmittel wenig Folgeinvestitionen in Verschleißteile. Unter auch in Not- und Mangelzeiten, vorausgesetzt allen heute verbreiteten Verkehrsmitteln ist es das es gibt intakte Reifen und Schläuche oder Ersatz- einzige mit uneingeschränkter Zukunftsfähigkeit. lösungen. Es ist auch abseits der Wohlstandsre- gionen erschwinglich genug, um Verbreitung Diese Ausstellung anlässlich des 200. Jahrestages zu finden. Das Fahrrad lässt sich in Aufbau und der ersten Fahrt mit der Laufmaschine ist die Wür- Material modifizieren, in Details verbessern, aber digung einer bahnbrechenden Erfindung, die der schon vor rund 120 Jahren hat es seine gültige Freiherr Karl von Drais im Juni 1817 in Mannheim Grundform gefunden. Es ist technisch raffiniert, präsentierte. Dabei wird weitgehend chronolo- aber doch simpel genug, um mit ein wenig Sach- gisch in vier Präsentationszonen den Fragen nach- verstand gewartet und repariert werden zu kön- gegangen, wie die technische Entwicklung verlief nen. Bei guter Grundqualität und etwas Pflege und sich die Produktion vom Handwerksartikel ist es ausgesprochen dauerhaft und verlangt nur zum industriell gefertigten Massenprodukt wan- 4 TECHNOSEUM
EINFÜHRUNG IN DIE AUSSTELLUNG delte, welche Bevölkerungsgruppen das Fahrrad Zukunft einnehmen wird. Angereichert wird dies nutzten, wie sich die Bedeutung zwischen exklu- durch interaktive Stationen, in denen es um die sivem Sportgerät und nützlichem Alltagsgegen- physikalischen Gesetze und technischen Voraus- stand mehrfach änderte, welches Image es heute setzungen geht, die die Funktion ermöglichen hat und welchen Stellenwert es in der aktuellen und wie man diese Funktionstüchtigkeit beim ei- Verkehrsplanung einnimmt und (vielleicht) in der genen Fahrzeug erhalten kann. KARL VON DRAIS – DER ZEIT VORAUS Zunächst widmet sich die Ausstellung den ersten trug der höchste Preis im Juni 1817 schon neun Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. Als Drais am Gulden und 30 Kreuzer. Ein „Weck“ zu einem 12. Juni des Jahres 1817 zur Jungfernfahrt auf- Kreuzer, zuvor mit einem Gewicht von sieben Loth brach, die ihn aus der ummauerten Stadt Mann- (ein Loth hatte ca. 16 Gramm) verkauft, wog nun heim ein Stück hinausführte über die gepflasterte nur noch 2,5 Loth. Vielleicht kam die Erfindung Chaussee Richtung Schwetzingen und von der er aber doch zu einem günstigen Zeitpunkt. Gab nach gut einer Stunde und rund 14 gefahrenen es nicht nun einen brauchbaren Ersatz für die im Kilometern wieder zu seinem Wohnhaus zurück- Unterhalt extrem teuer gewordenen oder gar ge- kehrte, fiel das in einen Moment, in der schlachteten Reitpferde? Die Jungfern- die allergrößte Zahl seiner Zeitge- fahrt war einer der Augenblicke, nossen ganz andere Sorgen in denen Geschichte beginnt. gehabt haben dürften. Hin- Nur kam dieser 50 Jahre zu ter ihnen lagen mehr als früh und womöglich fand 20 Jahre kriegerischer er im falschen Land statt. Auseinandersetzung Baden hinkte in der mit dem napoleoni- technisch-industriellen schen Frankreich, um- Entwicklung Jahrzehn- fangreiche territoriale te hinter England, der und politische Neu- Schweiz und Teilen gliederungen in ganz Frankreichs her. Es Europa und ein Vul- gab keinen wirksamen kanausbruch im fernen Schutz einer Erfindung Südostasien, von dem im Sinne eines Patents. sie keine Notiz nahmen, Die allermeisten Menschen der aber eine Katastrophe zur lebten am Rande des Exis- Folge haben sollte, die gerade im tenzminimums und brauchten an Augenblick der Drais’schen Ausfahrt eine teure Anschaffung wie die einer ihren Höhepunkt erreichte. Zwischen dem 10. Laufmaschine nicht einmal denken. Auch gab es und 15. April 1815 brach der auf der Insel Sumba- für sie ohnehin keine legalen Möglichkeiten, sich wa in Südostasien gelegene Vulkan Tambora aus, mehr als ein paar Kilometer von ihrem Geburtsort eine der größten nachweisbaren Vulkaneruptio- zu entfernen. Drais war ein Erfinder mit Ideen, für nen überhaupt. Asche und Gase verteilten sich in die es kaum einen Markt gab, mit Vermarktungs- der Atmosphäre und hatten erhebliche Auswir- einfällen wie einem Verkaufsprospekt, einem Li- kungen auf das Wetter in Nordamerika und Euro- zenzsystem und Rabattangeboten, für die die Zeit pa. 1816 gilt als Jahr ohne Sommer mit niedrigen nicht reif war, und er stieß auf mehr Widerstände Temperaturen, Hagelschlag, heftigen Regenfällen als Zustimmung bei seinen Mitmenschen. und Überschwemmungen. Die geringe Ernte und darauf folgende Spekulationsgeschäfte hatten dramatisch steigende Getreidepreise und Hun- Portrait Karl von Drais, 1820, gersnöte zur Folge. Kostete auf dem Mannheimer Künstler unbekannt. Wochenmarkt ein Malter (150 Liter) Hafer zur Zeit des Ausbruchs vier Gulden und 18 Kreuzer, so be- TECHNOSEUM 5
EINFÜHRUNG IN DIE AUSSTELLUNG Seine wichtigste Erfindung, die Laufmaschine, Idee in Deutschland keine weitere Verbreitung wird in diesem Teil der Ausstellung in einer gan- mehr fand und auch die Person des Erfinders in zen Anzahl von Originalen gezeigt, dazu gesellen Vergessenheit geriet. Es dauerte 60 Jahre, bis er sich Dokumente und zeitgenössische Exponate, die gebührende Anerkennung erfuhr. Sie kam, die von den Lebensumständen in den Jahren um als das Fahrrad technisch eine alltagstaugliche 1817 berichten. Drais baute die weitgehend aus Form gefunden hatte und die wirtschaftlichen Holz und wenigen eisernen Teilen bestehenden und sozialen Bedingungen den Durchbruch mög- Fahrzeuge nicht selber, sondern verkaufte Bau- lich machten. Die Anerkennung ging von seiner pläne, die von Handwerkern umgesetzt werden Geburts- und Sterbestadt Karlsruhe aus. Dann mussten. Ausstattung und Arbeit in einer solchen brauchte es noch einige Jahre, bis sie auch am Ort Wagnerei werden daher thematisiert. der Jungfernfahrt in Mannheim spürbar wurde. Die politischen und administrativen Widerstän- In einem Exkurs aus der Chronologie wird davon de gegen Drais und das Fahren auf Laufmaschi- berichtet. nen führten zu einer langen Zeitphase, in der die ZWISCHEN SPORTGERÄT UND MASSENVERKEHRSMITTEL Die zweite Ausstellungszone nimmt den für rund 40 Jahre gerissenen Faden in der Weiterentwick- lung der Laufmaschine wieder auf und führt in die 1860er Jahre. War es 1817 vielen Menschen ein Rätsel, wie man auf dem Gefährt des Freiherrn ba- lancieren könne, so fehlte es nun erst recht an der Vorstellung, sich mit vom Boden abgehobenen Füßen auf zwei Rädern fortbewegen zu können. Genau das war aber notwendig beim sogenann- ten Tretkurbelvelociped, dessen Ursprünge nicht restlos geklärt sind. 1867 baute es Pierre Michaux in Paris in Serie und die Präsentation auf der dor- tigen Weltausstellung im selben Jahr machte es einem internationalen Publikum bekannt, was es zu einem Verkaufserfolg werden ließ. Tatsächlich musste das Fahren mit dem Velociped erst einmal mit Ausdauer geübt werden. Dann traten auch Nachteile zu Tage: Das aus Eisen gefertigte und mit Holzrädern bestückte Fahrzeug war nicht nur schwer, sondern auch schwerfällig, die erzielbare Geschwindigkeit angesichts des geringen Abroll- umfangs des mit Pedalen angetriebenen Vorder- rades bescheiden. Es lag nahe, den Durchmesser zu vergrößern, um Abhilfe zu schaffen. In einem einige Jahre dauernden Evolutionsprozess wurden die Vorderräder immer größer, die Holzräder und Speichen durch solche aus Metall ersetzt und die Felgen mit Vollgummireifen bestückt. Das Hoch- Der Rennsport war von Beginn an Motor der rad wurde nicht erfunden, sondern war das Pro- Fahrradwerbung, Werbeschild um 1900. dukt einer Weiterentwicklung, die bald an Gren- zen stieß. Die beachtliche Sitzhöhe und die durch die Fahrerposition nahe der Vorderachse gegebe- 6 TECHNOSEUM
EINFÜHRUNG IN DIE AUSSTELLUNG Der Radfahrer-Verein Ehingen 1895: Noch sind Hoch- und Niederrad vereint. ne Kopflastigkeit führten zu schweren Stürzen. Die entscheidenden Schritte der Evolution des Auf der Suche nach Abhilfe, die vor allem in Eng- Tretkurbelvelocipeds zum Niederrad mit Luftbe- land vorangetrieben wurde, entwickelte sich ein reifung sind in der Ausstellung mit signifikanten Konzept, das unter der Bezeichnung Sicher- Objekten vertreten: Eine Gruppe aus mehre- heitsniederrad den Weg für die bis heu- ren Zweirädern und einem Dreirad aus te gültige Grundform des Fahrrades den letzten beiden Jahrzehnten des ebnete: Zwei gleich große Räder, 19. Jahrhunderts verdeutlicht die Antrieb mit Kette und Überset- Verwandtschaft mit dem ersten zung auf das Hinterrad sowie der Automobil, in einer Inszenierung von einem Rohrdreieck gebildete zur fabrikmäßigen Fahrradpro- sogenannte Diamantrahmen. Als duktion werden die Fertigungs- Komponenten kamen Kugella- methoden im Unterschied zur ger, nahtlos gezogene Rohre und vorangegangenen handwerklichen dünne, zugbelastbare Drähte für die Herstellung thematisiert. Speichen zum Einsatz, und es wurde sel- ber zu einem Produkt industrieller Massenfer- Der beschriebene Entwicklungsverlauf be- tigung. Zudem fußte das erste Automobil, der Pa- deutete keinesfalls, dass das Fahrrad damit zu tent-Motorwagen von Carl Benz, ganz wesentlich einem allseits verbreiteten Alltagsgegenstand auf der Technologie des Fahrrades. Und auch mit geworden wäre. Es war ein teures Freizeit- und einer entscheidenden Innovation für das gesam- Sportgerät vornehmlich junger Männer aus der te Straßenverkehrswesen ging es dem Automobil Mittel- und Oberschicht. Mit dem Übergang zum voran: Die Pneumatik, der luftgefüllte Gummi- Niederrad wurde das Fahrradfahren auch für reifen, kam in großen Stückzahlen zunächst bei Frauen aus diesen Kreisen interessant, der Nut- Fahrrädern zum Einsatz und verbesserte die mög- zung stand allerdings die Bekleidung aus langen liche Fahrgeschwindigkeit und den Fahrkomfort Röcken, Unterröcken und Schnürmiedern entge- markant. gen. Die Frauen, die es trotzdem wagten, durften sich auf Widerstand von allen Seiten einstellen Abzeichen und Anstecker waren für – von Ärzten, Pfarrern, Ehemännern und nicht Vereinsmitglieder Ehrensache. TECHNOSEUM 7
EINFÜHRUNG IN DIE AUSSTELLUNG Schneller als ein Pferd: Joseph Fischer gewinnt 1893 auf einem Opelrad das 4000 m-Rennen gegen ein Trabergespann in München. zuletzt von den Geschlechtsgenossinnen, die nicht Fahrrad fuhren. Diejenigen, die sich darüber hinwegsetzten und dazu womöglich Hosenröcke oder gar Hosen trugen, erfreuten sich aber wie die männlichen Fahrer an der sportlichen Betäti- gung und der Erweiterung des Aktionsradius, die sicherlich auch neue persönliche Freiheiten nach sich zog. Die Hersteller reagierten und brachten Damenräder ohne Rahmenquerstange auf den Markt, die auch mit Röcken gefahren werden konnten. Die Gegner und Freunde des Radfah- rens fochten derweil ihre Scharmützel in Texten oder Karikaturen aus und formten die noch heute gültigen Stereotypen: Radler als Sportbegeisterte, Gesundheitsbewusste, Freizeithelden, Angeber oder Rowdys. Die Tauglichkeit des Fahrrades für den militärischen Einsatz wurde ebenfalls intensiv diskutiert; es entstanden für verschiedene Trup- pengattungen Varianten, von denen sich keine dauerhaft durchsetzen konnte. In den ersten Jah- ren des 20. Jahrhunderts verbilligten sich Fahrrä- der in Deutschland durch den hohen Ausstoß der Fabriken und eine Überschwemmung des Mark- tes mit amerikanischen Importen. In kurzer Zeit entwickelte es sich zum auch für Arbeiterinnen und Arbeiter erschwinglichen Fahrzeug und in Wahrscheinlich ein Werbeplakat für Litfaß- den Folgejahren zu einem Massenverkehrsmittel. Säulen um 1900: „All Heil!” war Gruß und Die wohlhabenderen Schichten wendeten sich Parole der bürgerlichen Radfahrervereine. dem Motorrad oder dem Automobil zu. Eng ver- 8 TECHNOSEUM
EINFÜHRUNG IN DIE AUSSTELLUNG bunden mit der Entwicklung des Fahrrades vom sellschaftlichen Auswirkungen ablesen lassen, be- exklusiven Sportvehikel zum alltäglichen Ver- stimmen das Bild in diesem Teil der Ausstellung. kehrsmittel ist auch die Entwicklung einschlägiger Der Kampf von Frauen um die Akzeptanz ihrer (Sport-)Vereine. Auch dabei begann es mit bür- Fahrradbegeisterung und die Entwicklung der gerlichen Gruppierungen, die sich unter dem Slo- Radfahrvereinigungen werden thematisch damit gan „All Heil“ in den 1880er Jahren gründeten. verknüpft. Die angedeutete Steilkurve einer Renn- Die gewerkschaftlich-sozialdemokratische Ar- bahn illustriert mit zeitgenössischen Rennmaschi- beitersportbewegung formierte sich später zum nen die Bedeutung des Sports. Dem Fahrrad als Bund „Solidarität“, der bis zur Machtergreifung Massenverkehrsmittel in den Zwischenkriegsjah- der Nationalsozialisten eine wichtige gesellschaft- ren und die Tauglichkeit in Kriegs- und Mangel- liche Rolle spielte. Bereits mit dem Tretkurbelvelo- zeiten mit allem Einfallsreichtum in der Beschaf- ciped kam das Fahrrad im sportlichen Wettkampf fung von Ersatzmaterialien für Reifen und andere zum Einsatz. Radsport war Disziplin der ersten notwendige Komponenten in den letzten Jahren modernen Olympischen Spiele 1896. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs und den Nachkriegsmo- des 19. Jahrhunderts erfreuten sich Rennen auf naten ist eine weitere Szene gewidmet. Ergänzt der Straße und auf speziellen Rundbahnen ausge- wird der Ausstellungsbereich durch interaktive sprochen hoher Popularität, die bis heute anhält. Elemente, die begreifbar machen sollen, welche Damen- und Herrenfahrräder aus den entschei- physikalischen Gesetzmäßigkeiten das Fahren auf denden Entwicklungsjahren ab 1890, an denen einem Fahrrad ermöglichen und wie verschiedene sich alle technischen Innovationen und alle ge- Baukomponenten funktionieren. VOM MOBILITÄTSGARANTEN ZUM AUTOZUBEHÖR Die Zeit zwischen dem Ende des Zweiten Welt- kriegs bis in die Mitte der 1970er Jahre steht im Fokus der dritten Ausstellungszone. Während des Krieges hatten sich die Fahrräder als unent- behrliche Verkehrs- und Transportmittel in einem von Mangel und Restriktion beherrschten Umfeld erwiesen. Die Fahrradproduktion war allerdings rückläufig und schließlich ganz zum Erliegen ge- kommen. Die Räder, die nach Bombennächten und Konfiszierungen noch existierten, konnten nur mit Glück und Geschick funktionstüchtig ge- halten werden und waren stets gefährdet, in die Hände von Dieben zu fallen. In den ersten Mona- ten nach Kriegsende war der Fahrradeinsatz regle- mentiert, es bedurfte spezieller Genehmigungen und Fahrradkarten, um legal unterwegs zu sein. Die Fertigung erholte sich unter der Regie der Be- satzungsmächte in Westdeutschland erstaunlich schnell, bereits 1948 war wieder das Vorkriegs- niveau erreicht, vieles davon ging allerdings in den Export. Bis zur Währungsreform gab es für die deutsche Bevölkerung Räder nur auf Bezugs- schein. Mit der Einführung der Deutschen Mark endete die Bewirtschaftung und der Nachholbe- darf war gewaltig. 1949 stieg die Produktionszahl Für Wanderfahrten in die Ferne: das Bosch- auf über eine Million Einheiten, schon im Jahr da- Fahrtenbuch aus den 1950er Jahren. rauf wurde mit 1,4 Million der Höchststand er- TECHNOSEUM 9
EINFÜHRUNG IN DIE AUSSTELLUNG weil der Gatte das Fahrzeug in Beschlag nahm. Das Fahrrad erlebte einen Imageverlust, der lan- ge nachwirkte. Zahlreiche Hersteller mussten auf andere Produkte ausweichen oder verschwanden vom Markt. Das noch bestehende Angebot kon- zentrierte sich auf Kinder- und Jugendfahrräder. Neue Verkaufserfolge brachten mehr oder we- niger als Autozubehör gedachte Klappfahrräder oder die „Bonanza“-Räder für Jugendliche. Ein Wandel in der Einstellung zum Fahrrad setzte nach der Ölpreiskrise 1973 ein: Gesundheits- und Umweltbewusstsein wuchsen, Freizeitgestaltung mit dem Rad wurde wieder populär. Mit Transporträdern und Rädern mit Hilfsmotoren startet die Präsentation in diesem Bereich. Das Mobiliar eines Fahrradfachgeschäftes bildet eine markante Rauminszenierung und bietet Platz für verschiedene Fahrräder, Zubehör und vielfältige Werbeartikel aus den 1950er und frühen 60er Jahren. Der Bedeutungsverlust des Fahrrades ge- genüber dem Auto steht im Fokus der Präsenta- tion eines Damenfahrrades in Begleitung eines Früh übt sich: Seit den 1960er Jahren waren Kinderrades und eines Tretrollers, eine klassische Kinder und Jugendliche die Hauptzielgruppe Anordnung der Familienfahrt zum nächsten Le- der Fahrradindustrie. bensmittelgeschäft, und in der Inszenierung eines Mittelklasse-PKW inmitten eines kleinen reicht. Anfang der 1950er Jahre machte dann das Schwarms von Klapp- und Jugendrädern. Den Motorrad dem Fahrrad die Position streitig. 1953 Abschluss bildet ein Sonderbereich: Von Anfang waren rund zwei Millionen Krafträder in der BRD an waren Fahrräder Objekte, die die technische zugelassen. Doch auch dieser Boom hielt nicht Fantasie anregten. Zahllos waren die Versuche, an. Mit steigenden Einkommen nahm die Zahl der neue Antriebe zu etablieren, eine aerodynami- PKW zu, wer immer es sich leisten konnte, stieg schere Sitzposition zu finden oder das Design auf vier Räder um. Wer noch auf das Fahrrad an- ganz grundsätzlich zu ändern. Eine Auswahl sol- gewiesen war, hatte den Zug der Zeit verpasst, cher Versuchsräder, Unikate wie Serienprodukte, war noch zu jung zum Autofahren oder musste dokumentiert ein Bemühen, das nie dauerhaften als Hausfrau die täglichen Wege damit erledigen, wirtschaftlichen Erfolg nach sich zog. FAHRRADRENAISSANCE In den 1980er Jahren ließen zwei Entwicklungen als Spaß- und Sportgerät. Mehr Freizeit und das den Stellenwert des Fahrrades wieder steigen: Bestreben nach körperlicher Fitness bescherte zu- Zum einen das Bewusstsein um ökologische Zu- nächst den Rennrädern steigende Beliebtheit; zu sammenhänge und die Endlichkeit der fossilen Beginn der 80er Jahre kam dann mit dem Moun- Brennstoffe, zum anderen der stetig zunehmende tainbike eine neue Variante auf, die bis heute im innerstädtische Autoverkehr mit allen Folgen wie Straßenbild eine maßgebliche Rolle spielt. Wie in Luftverschmutzung und verstopften Straßen. Das den Anfangszeiten ist das Fahrrad modisches Ac- veranlasste vor allem jüngere und an ökologischen cessoire, Ausdrucksmittel der eigenen Identität und Fragen interessierte Menschen zumindest für kür- des Lebensstils. Beliebt sind Retroräder, minimalis- zere Strecken auf das Rad zu setzen. Fahrradfahren tische, durch ihr Design bestechende Fixies und wurde auch zum Ausdruck einer Weltanschauung. Singlespeeds oder aus hochwertigen Komponen- Zum anderen erlebte das Fahrrad eine Renaissance ten und recycelten Rahmen zusammengesetzte 10 TECHNOSEUM
EINFÜHRUNG IN DIE AUSSTELLUNG Singlespeeds und Fixies stehen heute für ein avantgardistisches, minimalistisches Design. Sonderanfertigungen. Diese Räder kommen nicht aus der Großserienproduktion, sondern werden von Kleinunternehmen und Werkstätten aus der alternativen Szene angeboten. Aktuell steht das Fahrrad im Fokus von Planern und Ökologen bei der Suche nach Lösungen für Probleme des fah- renden und ruhenden Verkehrs in den Ballungs- räumen und der Luftverschmutzung. Weltweit ist es sowohl ein Vehikel wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung in Regionen abseits des Wohlstandes wie zum Beispiel in Teilen Afrikas, eine Übergangs- lösung wie in den Städten Chinas, wo bei steigen- dem Wohlstand das Fahrrad ebenfalls durch das Auto ersetzt wird als auch ein prestigeträchtiges Technikspielzeug der Hipster in den Großstädten Europas und der USA. In Fahrradmanufakturen wie Basement Bikes in Signifikante Räder des Freizeit- und Sportsektors Mannheim, werden Fahrräder nach Kunden- aus den 1970er und 80er Jahren erzählen in die- wünschen repariert oder auch gebaut. sem Teil der Ausstellung von der Entwicklung. In den Mittelpunkt der Präsentation rückt aber die Inszenierung einer alternativen Fahrradwerkstatt, Durch alle vier Ausstellungzonen ziehen sich zu- die gleichzeitig ein Ort des Verkaufens, Reparie- dem noch drei fortlaufende Erzählstränge. In rens und Kommunizierens ist und in der der Wer- „Fahrraderfahrung“ geht es um zeitgenössische degang vom lädierten Gebrauchtrahmen zum Schilderungen von Ereignissen und Erlebnissen schicken Objekt des modernen Lebensstils verfolgt rund um das Rad. Ein weiterer Strang widmet werden kann. Die Werkstatt bietet auch Platz für sich den Geboten, Verboten und behördlichen eine interaktive Zone, in der Besucher einiges über Auflagen, die das Fahrrad seit 200 Jahren beglei- die Pflege von Fahrrädern, kleinere Einstellarbeiten ten. Und schließlich geht es unter der Überschrift und Reparaturen lernen können. Abschließend „Feindbilder“ um die Konflikte zwischen Radfah- geht es um aktuelle und zukünftige Ausrichtungen rern und deren Gegnern, die sich in Texten, Kari- der Verkehrsplanung in fahrradgerechten Städten katuren, Leserbriefen und anderen Verlautbarun- wie Kopenhagen und in solchen, die diesen Ent- gen äußern. wicklungstand gerne erreichen möchten. TECHNOSEUM 11
LAGEPLAN DER AUSSTELLUNG EINGANG ZONE A 1817 – 1860 Scout Station 3 ZONE D 1970 – 2017 AUSGANG Aktions Fläche 12 TECHNOSEUM
ZONE B 1860 – 1945 Scout Station 1 Scout Station 2 ZONE C 1945 – 1970 2 RÄDER – 200 JAHRE Interaktives Besucherangebot Freiherr von Drais und die Geschichte des Fahrrades Scout-Stationen 1 und 2: Fahrradphysik Zone A • Versuch Kreiselkräfte Karl von Drais – Der Zeit voraus • Versuch Nachlauf • Versuch Übersetzung und Geschwindigkeit Zone B • Fahrradlampen in Funktion: Kerzen-, Öl-, Zwischen Sportgerät und Massenverkehrsmittel Karbid- und elektrische Beleuchtung Zone C Scout-Station 3: Vom Mobilitätsgaranten zum Autozubehör Pflege und Wartung eines Fahrrades • Fahrradbremsen: Typen und Funktion Zone D • Einstell- und Wechselarbeiten Bremse und Kette Fahrradrenaissance • Reifendruck, Reifenflicken und Reifenwechsel • Schmierung TECHNOSEUM 13
1. WAS IST EIN VERKEHRSSICHERES FAHRRAD? Fahrrad-Detektive ermitteln in der Großen Landesausstellung Grundschule Kl. 3/4 Lehrplanbezüge Inhalt – worum geht’s? Baden-Württemberg: In der Beschäftigung mit den fünf Prototypen der Fahr- Fächerverbund Mensch, Natur und Kultur, Kompeten- radentwicklung lernen die SuS durch Beobachtungen zen und Inhalte 8 und 9 und Schlussfolgerungen „eine wichtige technische Er- „Erfinderinnen, Erfinder, Tüftlerinnen, Tüftler“ und „deren Be- findung nach(zu)vollziehen, in ihrer Bedeutung für die deutung für das Leben der Kinder heute“; „eine wichtige techni- Menschen (zu) erfassen und in einen geschichtlichen sche Erfindung nachvollziehen, in ihrer Bedeutung für die Men- Zusammenhang ein(zu)ordnen“(Bildungsplan Grund- schen erfassen und in einen geschichtlichen Zusammenhang schule Baden-Württemberg, Kl. 4, S.107). Sie verfolgen einordnen“; „exemplarisch technische Funktions- und Hand- die Entwicklung „vom Laufen zum Fahren“, die durch lungszusammenhänge verstehen und erklären“; „Kenntnisse die Tretkurbel als technische Neuerung erreicht wird, sie und Fertigkeiten als Radfahrerinnen und Radfahrer in der Ver- entdecken „das Steigern von Geschwindigkeit“ durch kehrsrealität sachgerecht umsetzen“; „das Fahrrad als umwelt- die Vergrößerung des Umfangs eines Antriebsrades, sie freundliches Fortbewegungsmittel und als technisches Objekt, lernen, dass eine technische Neuerung sich nur durch- sachgemäße Reparatur, Wartung und Pflege“. setzen kann, wenn sie durch viele einfach nutzbar wird Hessen: (vom Hochrad zum Niederrad) und diese Nutzung dabei Fächerübergreifendes Lernen Sachunterricht und Sport auch sicherer wird (Kraftübertragung nicht mehr auf das „Fahrzeuge mit Kettenantrieb untersuchen“; „lenkbare und zu steuernde Rad, sondern durch Kette auf das Hinter- nicht lenkbare Fahrzeuge untersuchen“; „Verkehrserziehung“; rad). Trotzdem ist es von hier bis zu einem nach heutigen „Arbeit, Technik, Verkehrserziehung“; „Rollen – Gleiten – Fah- Maßstäben „verkehrssicheren“ Fahrrad noch ein weiter ren“. Weg, den sie durch die gesamte Ausstellung bis zum Trekking-Bike nachvollziehen können. Dabei bemerken Rheinland-Pfalz: sie, dass der Ursprung des heutigen Fahrrades, die Lauf- Sachunterricht mit den Erfahrungsbereichen und Per- maschine des Freiherrn von Drais, auch nach 200 Jahren spektiven „Natur“, „Gesellschaft“, „Technik“, „Raum“ immer noch der Beginn ihrer eigenen Fahrradkarriere ist. und „Zeit“ Einfach genial! „Zusammenhänge, Folgen und Abhängigkeiten zwischen Erfin- dungen und unserer Lebensgestaltung erkennen, reflektieren und bewerten“; „Auswirkungen von Erfindungen in ihrer Zeit erken- Methodisch – didaktische Anmerkungen nen, reflektieren und würdigen“; „Gebautes und Gestaltetes im zeitlichen Kontext sehen und reflektieren“; „Konsequenzen techni- Die Nutzung der fünf Arbeitsblätter kann, je nach ver- scher Entwicklungen sehen und bewerten“; „Erfindungen kennen fügbarer Zeit, sowohl individuell als auch durch Arbeits- lernen und deren Auswirkungen auf gegenwärtige und zukünftige gruppen erfolgen. Bei Gruppenarbeit können zwei oder Generationen einschätzen“. vier Gruppen gebildet werden. Bei zwei Gruppen bildet die Draisine den gemeinsamen Ausgangspunkt, dann beschäftigt sich eine Gruppe mit In der Ausstellung dem Michaux- und dem Hochrad, während die zweite Gruppe das Niederrad und das Trekking-Bike bearbeitet. Zahlreiche Fahrräder aus Vergangenheit und Gegenwart Bei vier Gruppen bildet das Trekking-Bike den gemein- können die Schülerinnen und Schüler (SuS) in der Ausstel- samen Schlusspunkt, nachdem jede Gruppe ein Rad von lung im TECHNOSEUM sehen. Doch nur die wenigsten der Draisine bis zum Niederrad analysiert hat. Nach der von ihnen sind verkehrssicher! Ihre Aufgabe ist es nun, Erkundungsphase in der Ausstellung präsentieren die mit Hilfe der Arbeitsblätter die wichtigsten Fahrräder aus Gruppen ihre Ergebnisse auf der interaktiven Fläche ne- 200 Jahren Fahrrad-Geschichte zu identifizieren und ihre ben der Sonderausstellung. Hier können auch einzelne Verkehrssicherheit zu überprüfen. Die fünf ausgewählten technische Prinzipien an funktionsfähigen Nachbauten Fahrräder sind „Leitexponate“ in den Ausstellungszonen demonstriert werden. A, B und D. Der Schwerpunkt „Das verkehrssichere Fahr- Damit Sie bei einem selbständigen Klassen- oder Grup- rad“ folgt den Empfehlungen der Deutschen Verkehrs- penbesuch gute Arbeitsbedingungen vorfinden, ist eine wacht und des Gesamtverbandes Deutscher Versicherer rechtzeitige Anmeldung bei der Museumspädagogik für die Radfahrerausbildung in der 3. und 4. Klasse. notwendig: Tel. 0621/4298-839 oder paedagogik@ technoseum.de 14 TECHNOSEUM
1. WAS IST EIN VERKEHRSSICHERES FAHRRAD? Arbeitsblatt 1 Die Laufmaschine, auch Draisine genannt. Bearbeite die folgenden Aufgaben! 1 Wer hat die Laufmaschine erfunden, wann und wo? Wer? Wann? Wo? 2 Das alles braucht Dein Fahrrad heute, damit Du es im Straßenverkehr benutzen kannst. Kreuze an, was davon die Draisine besitzt: Vorderrad-Bremse Dynamo oder Akku oder Batterie Hinterrad-Bremse Rückstrahler an Speichen und Pedalen Klingel Reflektoren vorne und hinten Vorderlicht / Scheinwerfer Rücklicht und roter Rückstrahler 3 Darfst Du mit der Draisine am Straßenverkehr teilnehmen? Ja Nein 4 Wird ein solches Fahrzeug heute noch hergestellt? Ja Nein 5 Warum wurde die Draisine nicht Fahrrad genannt? TECHNOSEUM 15
1. WAS IST EIN VERKEHRSSICHERES FAHRRAD? Arbeitsblatt 2 Das Tretkurbelrad, auch „Michaux-Rad“ genannt Bearbeite die folgenden Aufgaben! 1 Wer hat das Tretkurbelrad erfunden und wann? Wer? Wann? 2 Nenne zwei Unterschiede zur Draisine: 3 Das alles braucht Dein Fahrrad heute, damit Du es im Straßenverkehr benutzen kannst. Kreuze an, was davon das „Michaux-Rad“ besitzt: Vorderrad-Bremse Dynamo oder Akku oder Batterie Hinterrad-Bremse Rückstrahler an Speichen und Pedalen Klingel Reflektoren vorne und hinten Vorderlicht / Scheinwerfer Rücklicht und roter Rückstrahler 4 Darfst Du mit dem Michaux-Rad am Straßenverkehr teilnehmen? Ja Nein 5 Wird ein solches Fahrrad heute noch hergestellt? Ja Nein 6 Schau Dir die Räder und Reifen genau an. Warum wurde dieses Fahrrad der „Knochenschüttler“ (auf Englisch „Boneshaker“) genannt? 16 TECHNOSEUM
1. WAS IST EIN VERKEHRSSICHERES FAHRRAD? Arbeitsblatt 3 Das Hochrad Bearbeite die folgenden Aufgaben! 1 Plötzlich ist das Vorderrad riesengroß und das Hinterrad klein. Warum? 2 Das alles braucht Dein Fahrrad heute, damit Du es im Straßenverkehr benutzen kannst. Kreuze an, was davon das Hochrad besitzt: Vorderrad-Bremse Dynamo oder Akku oder Batterie Hinterrad-Bremse Rückstrahler an Speichen und Pedalen Klingel Reflektoren vorne und hinten Vorderlicht / Scheinwerfer Rücklicht und roter Rückstrahler 3 Darfst Du mit dem Hochrad am Straßenverkehr teilnehmen? Ja Nein 4 Wird ein solches Fahrrad heute noch hergestellt? Ja Nein 5 Warum war dieses Fahrrad so gefährlich? TECHNOSEUM 17
1. WAS IST EIN VERKEHRSSICHERES FAHRRAD? Arbeitsblatt 4 Das Sicherheitsniederrad Bearbeite die folgenden Aufgaben! 1 Welches Rad wird hier mit Pedalen angetrieben und warum? 2 Das alles braucht Dein Fahrrad heute, damit Du es im Straßenverkehr benutzen kannst. Kreuze an, was davon das Sicherheitsniederrad besitzt: Vorderrad-Bremse Dynamo oder Akku oder Batterie Hinterrad-Bremse Rückstrahler an Speichen und Pedalen Klingel Reflektoren vorne und hinten Vorderlicht / Scheinwerfer Rücklicht und roter Rückstrahler 3 Darfst Du mit diesem Rad am Straßenverkehr teilnehmen? Ja Nein 4 Wird ein solches Fahrrad heute noch hergestellt? Ja Nein 5 Warum wird das Niederrad als „sicher“ bezeichnet? 6 Fahrradfahrer sollen im Hellen wie im Dunkeln gesehen werden. Deshalb ist Beleuchtung so wichtig. Über welches Licht verfügt das Sicherheitsniederrad? (Du kannst auch einen TECHNOscout an der Scout-Station 1 bzw. 2 fragen!) 18 TECHNOSEUM
1. WAS IST EIN VERKEHRSSICHERES FAHRRAD? Arbeitsblatt 5 Das „Trekking-Bike“ Eine Weltreise mit dem Fahrrad: Am 02. April 2016 starteten Steffi und Andi ihre 40.000 km-Tour am Mannheimer Wasserturm. Bearbeite die folgenden Aufgaben! 1 Was ist ein „Trekking-Bike“? ein Geländerad ein Reisefahrrad ein Straßenfahrrad ein Lastenträger (drei Antworten von vier sind richtig) 2 Das alles braucht Dein Fahrrad heute, damit Du es im Straßenverkehr benutzen kannst. Kreuze an, was davon das „Trekking-Bike“ besitzt: Vorderrad-Bremse Dynamo oder Akku oder Batterie Hinterrad-Bremse Rückstrahler an Speichen und Pedalen Klingel Reflektoren vorne und hinten Vorderlicht / Scheinwerfer Rücklicht und roter Rückstrahler 3 Darfst Du mit diesem Rad am Straßenverkehr teilnehmen? Ja Nein 4 Worauf musst Du achten, wenn Du den Gepäckträger am Vorderrad schwer belädst? Du kannst Dich nach vorne überschlagen Das Fahrrad kippt leicht um Die Lenkung geht schwerer Das Fahrrad wird stabiler (zwei Antworten von vier sind richtig) TECHNOSEUM 19
2. UNTERRICHTSEINHEIT: FAHRRAD UND TECHNIK Die (Weiter-) Entwicklung der Draisine zum heutigen Fahrrad Realschule/Gymnasium Kl. 5/6 Lehrplanbezüge In der Ausstellung Baden-Württemberg: Die Aufgabenstellungen verteilen sich über die gesamte Gymnasium Ausstellung: In der ersten Ausstellungszone dreht sich Annäherung an die historische Zeit, Spurensuche in der eige- alles um den Erfinder, Karl von Drais, und seine Erfin- nen Lebenswelt; sich selbst sowie Gegenstände als Teil der dung, die „Laufmaschine“. In diesem Bereich können Geschichte begreifen; sie kennen den Begriff der historischen das Fahndungsplakat zur Person sowie der Steckbrief zur Zeit. Draisine erarbeitet werden. In der zweiten Zone tauchen Realschule nun erstmals „Fahrräder“ auf, also Maschinen mit Tret- Erkunden und Untersuchen historischer Zeugnisse aus dem kurbelantrieb und dann mit Kettenantrieb. Hier ist der näheren Heimatraum, Interesse an Gegenständen, Fragestel- Ort, an denen die Schülerinnen und Schüler (SuS) die lungen und Arbeitsweisen des Faches Geschichte entdecken. technologischen Neuerungen verfolgen können, die aus Werkrealschule einem „Laufrad“ ein wirkliches „Fahrrad“ gemacht ha- Beispiele für die Entwicklung von Technik kennen, diese mit ben. Die Beschäftigung mit den drei Exponaten, nämlich Beispielen und Erfahrungen in der eigenen Lebenswelt ver- knüpfen. dem Vélocipède, dem Hochrad und dem Sicherheitsnie- derrad, erlaubt mit sinnlicher Wahrnehmung dieser tech- Hessen: nischen Entwicklungen die Ausfertigung der Steckbriefe Realschule für diese Objekte. Die Rennräder verteilen sich auf die Auf der Suche nach Spuren der Vergangenheit: „Auch Tech- Ausstellungszonen C und D. Auch hier kann eine Weiter- nik hat Geschichte. Auswirkungen technischer Veränderun- entwicklung beobachtet werden, wenngleich das für die gen auf das Leben von Menschen an einem Beispiel.“ detaillierte Beschreibung mittels Steckbrief ausgewählte Gymnasium G9 Rennrad in den 1980er Jahren, also in Zone D zu finden Einführung in das Fach Geschichte; Die zeitliche Dimension ist. Im Unterschied zu den Arbeitsblättern für Klasse 4 der Geschichte; Geschichte als Prozess. wird für Klasse 5/6 eine breiter gefächerte Einbettung der Objekte in ihre jeweilige Zeit, die sozialen Milieus und die Rheinland-Pfalz: jeweils entwickelte Technik gefordert. Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen „Einblicke in Verkehrsmöglichkeiten: Verkehrsmittel – Ver- kehrswege”. Inhalt – worum geht’s? Fächerübergreifender Unterricht: 6. Erfahrungsfeld „Lebens- raum und Verkehr“. Das Fahrrad ist für die SuS der heutigen Zeit das erste „Verkehrsmittel“, mit dem sie in Berührung kommen. Bereits in der Schule wird der Umgang mit dem Fahrrad im Straßenverkehr gefördert. Somit nimmt das Fahrrad für die SuS bereits in frühen Jahren eine bestimmte Rol- le im Alltag und in der Freizeit ein. Aber woher kommt eigentlich das Fahrrad? Welche Entstehungsgeschichte steckt dahinter und vor allem: Wer hat’s erfunden? Hat- te das Fahrrad – so wie wir es heute kennen – bereits in der Vergangenheit seine Funktion und Form? Gab es damals schon einen Sattel? In dieser Unterrichtseinheit lernen die SuS unterschiedli- che Formen des Fahrrades kennen und erschließen durch Betrachten unterschiedlicher Bilder, wie sich die Form des Fahrrades bis heute entwickelt hat und die techni- schen Eigenschaften im Laufe der Zeit weiterentwickelt wurden. Die SuS erkennen, dass es für diese Weiterent- wicklung bestimmte Gründe und Faktoren gab. 20 TECHNOSEUM
2. FAHRRAD UND TECHNIK Stundenziele Diese Fragen sollen in einer Gruppenarbeit erforscht werden. Durch die intensive Beschäftigung mit Hilfe Die Schülerinnen und Schüler ... von Bildquellen aus unterschiedlichen Zeiten bzw. un- • können die Entwicklung der Draisine zum Fahrrad terschiedlichen Phasen der Erfindung wird jede Gruppe nachvollziehen; zu einer Expertengruppe für ein spezielles Rad. Dadurch • kennen die Gründe für die Weiterentwicklung der setzen sich die SuS nicht nur mit unterschiedlichen Ar- Draisine; ten von Fahrrädern auseinander, sondern sie erkennen • verstehen, warum in der Geschichte Weiterent- auch die verschiedenen Einsatzorte, -möglichkeiten wicklungen von Erfindungen notwendig sind; und einhergehende Funktionen von Rädern. Die SuS • führen mit Hilfe ihrer Kenntnisse aus der Gruppen- verstehen deshalb, warum der technische Fortschritt arbeit einen „Markt der Spezialisten“ durch, auf notwendig war (z.B. damit es leichter geht, man weni- dem sie die unterschiedlichen Räder miteinander ger Kraft benötigt, es sicherer wird usw.). vergleichen; • vollziehen durch die Unterrichtseinheit die Entwick- Anschließend bereiten die jeweiligen Expertengruppen lung der Draisine zum heutigen Fahrrad nach und den „Markt der Spezialisten“ vor. Jede Gruppe erstellt lernen zusätzliche Weiterentwicklungen der Draisine einen Steckbrief für ihr Rad. Zudem wird ein „Exper- kennen; te“ ernannt, der das Rad auf dem Markt vertritt und • erlangen ein Gefühl für die Zeit sowie für die ab- anpreist. Der Text dazu wird von der Gruppe selbst er- strakten Begriffe „Vergangenheit“ und „Gegen- arbeitet. Durch die Fixierung des Erarbeiteten und die wart“ und stellen diese kontrastiv gegenüber; kreative Umsetzung sichern die SuS ihr Wissen und • kennen die Person Karl von Drais. wenden eine für den Geschichtsunterricht typische Methode an. Bei der Durchführung des Marktes lernen die SuS wei- Methodisch – didaktische Anmerkungen tere Räder kennen und können diese miteinander ver- gleichen. Mit Hilfe dieser Unterrichtseinheit lernen die SuS nicht nur die Person Karl von Drais und seine Erfindung, die Der Durchführung des Marktes sollte sich eine Diskus- Draisine kennen, sie beschäftigen sich auch mit der Fra- sion oder Besprechung im Plenum anschließen, um ge, warum Weiterentwicklungen einer Erfindung not- einen Austausch der Präsentationen anzuregen sowie wendig und sinnvoll sind. die didaktische Klammer zum Einstieg und den Leit- fragen zu schließen. Hierbei werden der Fortschritt Ein Mind-Map als gemeinsamer Stundeneinstieg und die Entwicklung unterschiedlicher Räder erkannt knüpft an Alltagserfahrungen der SuS an und dient der und nachvollzogen. Vor- und Nachteile der jeweiligen Aktivierung des Vorwissens. Die Lehrkraft sammelt die Räder werden diskutiert und kritisch betrachtet. Die SuS-Beiträge auf einer Folie – es ist wichtig, dass diese Leitfragen: Warum hat sich die Erfindung eigentlich Folie zum Ende der Unterrichtseinheit erneut aufge- weiterentwickelt? Welche Vorteile bringen die Weiter- legt wird. Somit wird der empathische Zugang der SuS entwicklungen? können nun mit Hilfe des Erarbeiteten geschärft, indem sie ihren Lernprozess nachvollziehen und Gelernten beantwortet werden. und widerspiegeln. Eine Entwicklung des angelernten Wissens im Laufe dieser Unterrichtseinheit ist am Ende Möglich wäre an dieser Stelle auch ein Ausblick in die zu reflektieren. Die SuS lernen, mit Hilfe von Verglei- Zukunft: chen zwischen der originalen Draisine im 19. Jahrhun- dert und dem modernen Fahrrad von heute sowohl die • Welche Weiterentwicklungen erwarten die Unterschiede, als auch die Gemeinsamkeiten der Fort- SuS in der Zukunft? bewegungsmittel kennen. Dies geschieht anhand der • Wird sich das Fahrrad auch in Zukunft als Bildquellen, kann aber auch aus dem Gedächtnis und Verkehrs- oder Sportmittel durchsetzen? somit dem eigenen Vorwissen besprochen werden. Die Antworten werden dabei schriftlich fixiert, zum Beispiel mit Hilfe einer Tabelle an der Tafel. Daran anschließend werden die Leitfragen der Unter- richtseinheit behandelt: • Warum hat sich die Erfindung eigentlich weiterentwickelt? • Welche Vorteile bringen die Weiterentwicklungen? TECHNOSEUM 21
2. FAHRRAD UND TECHNIK Tabellarische Übersicht Einstieg Std Vergleich Draisine / Rad heute Unterschiede beschreiben 1 (mit Hilfe von Exponaten oder Gemeinsamkeiten beschreiben Bildquellen) Wer ist Karl von Drais? Warum wurde die Erfindung Zur Vorbereitung der Erarbeitungs- eigentlich weiterentwickelt? phase eignet sich die Erstellung eines Welche Vorteile bringt die Steckbriefes zu Karl von Drais anhand Weiterentwicklung? des Arbeitsblattes – hier die Möglich- keit eines „Wanted Posters“. Erarbeitung Gruppenarbeit Die Schülerinnen und Schüler ... Fahrräder aus unterschiedlichen kennen unterschiedliche Arten Zeiten bzw. unterschiedlichen von Fahrrädern; Stadien der Erfindung kennen unterschiedliche Einsatzorte / Funktionen von Ziel: Jede Gruppe ist Spezialist für ein Rädern; bestimmtes „Rad“. verstehen, warum techn. Fortschritt notwendig war (z.B. Die erste Stunde eignet sich besonders damit es leichter geht, man braucht für einen Museumsbesuch. weniger Kraft, weniger Reibung, Sicherheitsaspekt...). Ergebnis- Std Vorbereitung für „Markt der Sicherung des Gelernten sicherung 2 Spezialisten“ Umsetzung / Kreativ werden Jede Gruppe erstellt einen Sich in die jeweilige Zeit hinein Steckbrief für ihr Rad. versetzen. Jede Gruppe ernennt einen „Spezialisten“, der das Fahrrad auf dem Markt vertritt und anpreist. Der Text dazu muss erarbeitet werden! (Werbetext mit Vorteilen etc.). Präsentation Std Durchführung Vergleichen mit anderen Rädern; 3 „Markt der Spezialisten“ Transfer Diskussion der Besucher des Fortschritt und Entwicklung Marktes: unterschiedlicher Räder erkennen Welches Rad ist das beste? und nachvollziehen; Zukunftsausblick? Vorteile und Nachteile erkennen. Feedback 22 TECHNOSEUM
2. FAHRRAD UND TECHNIK Arbeitsblatt 1/1 Dieser Kupferstich von 1817 zeigt einen unbekannten Mann auf einer Laufmaschine ohne höhenverstellbaren Sitz. Wer war Karl von Drais? Karl von Drais, der mit vollständigem Na- Er erfand unter anderem die erste Tas- men Karl Friedrich Christian Ludwig Frei- tenschreibmaschine für 25 Buchstaben herr Drais von Sauerbronn hieß, wurde am (1821), doch seine bedeutendste Erfin- 29. April 1785 in Karlsruhe geboren. Dort dung war die Draisine. Diese Laufmaschi- starb er auch am 10. Dezember 1851. ne gilt als der Vorreiter unseres heutigen Als Sohn eines Adligen genoss er sei- Fahrrades. ne Ausbildung und sein Studium an der Karl von Drais war auch überzeugter De- Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg, mokrat und legte 1849 seinen Adelstitel bevor er als Forstbeamter arbeitete. 1811 ab, um seine politische Überzeugung aus- wurde er vom Forstdienst freigestellt und zudrücken. Jedoch sah er sich gezwun- widmete sich von da an der Erfindertätig- gen, diesen Titel einige Monate später keit. wieder anzunehmen. Arbeitsauftrag: Nenne die wichtigsten Informationen über Karl von Drais und gestalte anschließend den Steckbrief mit den wichtigsten Ereignissen aus seinem Leben. TECHNOSEUM 23
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