Weniger Schnee Abschied vom weißen Winter (BR Bayrischer Rundfunk 02. 01. 2019)

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Weniger Schnee Abschied vom weißen Winter (BR Bayrischer Rundfunk 02. 01. 2019)
Weniger Schnee Abschied vom weißen
Winter (BR Bayrischer Rundfunk 02. 01.
2019)
Leise nieselt's, kein Schnee: Es ist wärmer geworden in Bayern - und das vor allem im Winter
und besonders in den Bergen. Schon jetzt gibt es messbar weniger Schnee. Werden unsere
Winter grün? Und was bedeutet das für die Skigebiete?

Stand: 02.01.2019 |Bildnachweis Quelle: https://www.br.de/klimawandel/schnee-
schneehoehen-berge-alpen-klimawandel-100.html

Wintersport 3.0: Warum wir uns an einen Winter ohne Schnee anpassen
müssen

Bayerns Bergwelt ist vom Klimawandel besonders betroffen, nicht nur, weil sie mitsamt ihren
Bewohnern besonders sensibel auf die Veränderungen reagiert. Der Klimawandel wirkt sich
Weniger Schnee Abschied vom weißen Winter (BR Bayrischer Rundfunk 02. 01. 2019)
dort auch stärker aus: Die Durchschnittstemperatur in den Alpen etwa steigt doppelt so
schnell wie im globalen Durchschnitt.

Schneebedeckung im Winter 2018/2019

Dabei betrifft die Erwärmung in Bayern nicht so sehr die Sommer, sondern vor allem die
Winter. Die Niederschläge nehmen zwar im Winter eher zu, aber höhere Temperaturen lassen
es häufiger nieseln als rieseln. Um bis zu 20 Prozent haben in Süddeutschland die
Winterniederschläge in den Jahren von 1931 bis 2015 zugenommen. In Bayern betrifft das
vor allem die Region Franken und Teile des Bayerischen Waldes.

Seit Jahrzehnten sinkt die Schneemenge, der Winter
schrumpft

Pisten-Panorama in einem schneearmen Dezember

Seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts nehmen auf der gesamten Nordhalbkugel
Schneefälle, die Ausmaße der Schneedecke und die Dauer der Schneesaison ab. Jedes
Jahrzehnt wird das Ausmaß der Schneedecke auf der Nordhalbkugel im Zeitraum März-April
um ein bis zwei Prozent kleiner, alle zehn Jahre wird die Schneesaison um mehr als fünf Tage
kürzer, stellt der jüngste Bericht des Weltklimarates fest. Und meint damit die Nordhalbkugel
als Ganzes. Je südlicher die Region, desto stärker fallen die Veränderungen aus:

Die KLIWA-Studie des Bayerischen Landesamts für Umwelt zeigt, dass sich in Bayern allein
von 1950 bis 1995 die Schneedeckendauer in niederen Lagen wie der Rhön um bis zu vierzig
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Prozent verkürzt hat, in mittleren Lagen um zehn bis zwanzig Prozent. Studien in den
Schweizer Alpen zeigen eine beständige Abnahme der Schneefälle seit den 1980er-Jahren,
insbesondere unter 1.300 Metern Höhe. Die Null-Grad-Grenze im Winter ist dagegen von
1960 bis 1990 um 300 Meter gestiegen - auf 900 Meter Höhe. Und dabei wird es wohl nicht
bleiben.

Ob der besonders schneereiche Winter im Jahr 2017/2018 ein Ausreißer bleibt, ist noch nicht
klar. Nach drei schneearmen Jahren hatte es in den Alpen stark geschneit, vor allem im
November bis Januar. Der Schnee blieb überraschend lang liegen, das lasse sich laut der
Auswertung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt vor allem durch die "relativ
lang anhaltenden niedrigen Temperaturen im Frühling" erklären. Der Januar war dennoch sehr
warm, in den tieferen Lagen fiel der Niederschlag darum als Regen. Oberhalb von 1.500
Metern war in den Alpen der schneereichste Winter seit 30 Jahren, stellte das Institut für
Schnee- und Lawinenforschung in der Schweiz fest. Unterhalb von 1.000 Metern fiel nur halb
so viel Schnee wie im Durchschnitt. Im extrem warmen April schmolz der Schnee dann
schneller als sonst ab.

Die Prognose: Es wird noch wärmer, vor allem im alpinen
Winter

Die Prognose bis 2100

In einem sind sich alle Klima-Prognosen einig: Die Temperaturen werden steigen. Wie stark,
fällt je nach Szenario unterschiedlich aus. Bis zur Mitte dieses Jahrhundert weichen die
Klimamodelle noch wenig voneinander ab: Um etwa 1,5 Grad wird bis 2050 die
Lufttemperatur im Jahresdurchschnitt steigen (im Vergleich zum langjährigen Mittel von
1961 bis 1990). Bis zum Jahr 2100 gibt es deutlich unterschiedliche Prognosen.
Zurückhaltende Modelle rechnen mit einem Temperaturanstieg von etwa zwei Grad bis zum
Ende dieses Jahrhunderts, pessimistischere Hochrechnungen kommen auf eine Erwärmung
um vier Grad und mehr. Dabei wird weiterhin die Erwärmung im Winter stärker ausfallen als
im Sommer. Und im Alpenraum durchschnittlich etwas höher. Das Bayerische Landesamt für
Umwelt geht davon aus, dass in den bayerischen Alpen die Temperatur bis 2100 um 4,5 bis 5
Grad steigen wird.

Weiße Winter ade
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In weiten Teilen Bayerns, besonders in tieferen Lagen, wird es dann seltener weiße Winter
geben, auch wenn zunehmende Starkniederschläge lokal durchaus zu kurzfristig hohen
Schneemengen führen können. Doch eine geschlossene Schneedecke über längere Zeit, das
wird zur Seltenheit werden. In höheren Lagen sieht es etwas besser aus. Das Schweizer
Institut für Schnee- und Lawinenforschung schätzt, dass die natürliche Schneedecke dennoch
bis Ende des Jahrhunderts um 70 Prozent abnehmen wird. Reicht das noch für den
Wintersport?

Wie schneesicher sind Bayerns Skigebiete?
Was heißt "schneesicher"?
Ein Skigebiet gilt als schneesicher, wenn an zumindest 100 Tagen einer Skisaison eine
Schneehöhe von 30 Zentimetern oder mehr auf mindestens der Hälfte der Pisten gegeben ist -
und das in wenigstens 7 von 10 Skisaisons.

Zwei Drittel der bayerischen Skigebiete im Alpenraum haben eine mittlere Höhe von
höchstens 1.200 Metern. Nur bei einem Drittel liegt mindestens die Hälfte der Pistenkilometer
darüber. Ohne künstliche Beschneiung galten daher schon 2007 nur noch etwa siebzig Prozent
dieser Skigebiete als schneesicher. 2013 waren es nur noch etwa fünfzig Prozent. Mit Hilfe
von Kunstschnee sind momentan jedoch noch alle Skigebiete in den bayerischen Alpen
schneesicher. Aber wohl nicht langfristig, je nachdem, wie schnell die Temperaturen steigen.
Denn nicht nur für Schneefall, auch für Kunstschnee müssen die Temperaturen tief genug
sein.

Bayerns Skigebiete: Schneesicher trotz Klimaerwärmung?
Weniger Schnee Abschied vom weißen Winter (BR Bayrischer Rundfunk 02. 01. 2019)
Infografik öffnen

+ 1° = nur noch 11 Skigebiete
Studie kurz gefasst

Skigebiete im Klimawandel Wie schneesicher sind Bayerns Pisten morgen?

Eine Studie im Auftrag des Deutschen Alpenvereins von 2013 errechnete: Steigt die
Jahresdurchschnittstemperatur nur um ein weiteres Grad im Vergleich zur mittleren
Temperatur von 1970 bis 2000, wird nur noch ein Viertel unserer alpinen Skigebiete auf
natürlichem Wege schneesicher sein: elf Skigebiete insgesamt. Mit künstlicher Beschneiung
bleiben aber immerhin noch 75 Prozent schneesicher.

+ 2° = nur noch 4 Skigebiete
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zur Bildergalerie
Skitourismus im Klimawandel Das Land, wo die Schneekanonen blühn

Bei einer Erwärmung um zwei Grad, wie sie selbst die konservativsten Modelle bis zum Ende
des Jahrhunderts errechnen, gibt es nur noch vier Skigebiete in den bayerischen Alpen, die
ohne Kunstschnee noch schneesicher sind: die Zugspitze, Fellhorn, Nebelhorn und das
Skigebiet Grasgehren im Allgäu. In Garmisch-Partenkirchen können noch etwa zwanzig
Prozent der Pisten befahren werden, am Wendelstein ein Zehntel. An der Kampenwand, in
Brauneck, am Spitzingsee und im Sudelfeld geht ohne Kunstschnee gar nichts mehr.
Künstliche Beschneiung ist bei einem Plus von zwei Grad nur noch in Höhen über 1.500
Metern möglich, immerhin noch bei fast vierzig Prozent der bayerischen Skigebiete in den
Alpen.

+ 4° = nur noch 1 Skigebiet
 Studie zu Bayerns Skigebieten im Klimawandel Begrenzte
Schneesicherheit trotz künstlicher Beschneiung

Welche Skigebiete im bayerischen Alpenraum werden in Zukunft noch als schneesicher
gelten? Wieviel bringt künstliche Beschneiung? Studie von Robert Steiger (2013) im Auftrag
des Deutschen Alpenvereins und der Universität Innsbruck. [epic.awi.de - Studie zu Bayerns
Skigebieten im Klimawandel - Begrenzte Schneesicherheit trotz künstlicher Beschneiung ]

Steigt die Jahresdurchschnittstemperatur jedoch um vier Grad, wie es auch das Bayerische
Landesamt für Umwelt bis zum Jahr 2100 erwartet, bleibt ohne Kunstschnee nur ein einziges
Skigebiet übrig: die Zugspitze. Auf dem Nebelhorn haben immerhin noch 43 Prozent der
Pisten genügend Schnee. Selbst mit künstlicher Beschneiung verbleiben nur drei Skigebiete,
die noch als schneesicher gelten können: Zugspitze, Nebelhorn und Fellhorn. In Garmisch-
Partenkirchen könnten mit Kunstschnee dann immerhin noch gut ein Zehntel der Pisten
befahren werden.

Künstliche Beschneiung? Ja, aber wie lang?
Weniger Schnee Abschied vom weißen Winter (BR Bayrischer Rundfunk 02. 01. 2019)
Grüner Schnee Gibt es eine umweltfreundliche Beschneiung?

Studien mit ähnlichen Ergebnissen gibt es zu den höher gelegenen Skigebieten im
österreichischen Tirol und in der Schweiz, und auch sie kommen zum gleichen Schluss: Für
niedrig gelegene Skigebiete ist die Aufrüstung der Beschneiungstechnik keine Lösung, weil
die Erwärmung so schnell voranschreiten wird, dass die teuren Anlagen nicht einmal mehr
abgeschrieben werden können, bis auch künstliche Beschneiung dort keine Schneesicherheit
mehr bringt. In höher gelegenen Skigebieten lässt sich der Skibetrieb durch Kunstschnee
mittelfristig wohl noch erhalten. Wichtig dabei: Es muss genügend Wasser in den
Speicherteichen vorhanden sein. In der Rhön macht sich im Winter 2018 die Trockenheit der
vergangenen Monate schon bemerkbar, es ist zu wenig Wasser da für den Kunstschnee.

Kurzfristiger Jubel der Skiliftbetreiber
quer zur Studie

Traum in Weiß Weiter Skifahren trotz Klimawandel?

Pünktlich zu Beginn der Skisaison 2014/15 feierte der Verband Deutscher Seilbahnen eine
seinerseits in Auftrag gegebene Studie, laut der auch in dreißig Jahren Skifahren in
Deutschland noch möglich ist. Fokus der Studie ist die Frage, ob es auch zukünftig noch
genügend Tage geben wird, die sich zur Produktion von Kunstschnee eignen.

Dabei stellt die Studie fest, dass in den vergangenen zwanzig Jahren die Zahl der Tage, an
denen künstliche Beschneiung überhaupt möglich ist, im Vergleich zu den zwanzig Jahren
Weniger Schnee Abschied vom weißen Winter (BR Bayrischer Rundfunk 02. 01. 2019)
davor im Mittel schon um ein Zehntel zurückgegangen ist. Und dass solche
"Beschneiungstage" bis 2050 vermutlich weiter zurückgehen werden, am meisten in den
Monaten November, März und April. Aber auch in der Kernzeit von Dezember bis Februar
sinkt die Zahl der Tage für Kunstschnee voraussichtlich um ein Viertel und mehr. Damit
verbleiben aber laut der Studie genügend Beschneiungstage, um bis 2050 mit dem
Skitourismus weiterzumachen.

Teurer Kunstschnee

                                              zum Video mit Informationen
Grüner Schnee Gibt es eine umweltfreundliche Beschneiung?

Allerdings zu einem hohen Preis, davor warnen Forscher und Umweltschützer. Nicht nur für
die Betreiber der Anlagen. Energie- und Wasserverbrauch für den Kunstschnee werden enorm
sein, denn auch die Menge an Kunstschnee, die für Schneesicherheit produziert werden muss,
wird sich vervielfachen.
Langfristig ändert aber auch künstliche Beschneiung nichts daran: Im nächsten Jahrhundert
wird es in Bayern außer auf der Zugspitze wohl keine Skigebiete mehr geben.

Schneemangel wird auch im Sommer spürbar
Schnee ist aber nicht nur die Grundlage für Skifahrer, er ist auch wichtig für den
Wasserhaushalt in Bayern. Denn der Schnee in den Alpen reguliert den Wasserabfluss: Die
hohen Niederschlagsmengen im Winter treffen erst verzögert im Tal ein, zum Teil mit der
Schneeschmelze im Frühjahr. Aber der Abfluss verteilt sich sogar über mehrere Monate, mit
einer Abfluss-Spitze im Juni. Intakte Gletscher speichern die Niederschläge sogar dauerhaft.
Fällt in den kommenden Jahren immer mehr Niederschlag in Form von Regen und nicht mehr
als Schnee, wird dieser natürliche Schutz vor Hochwasser immer geringer. Treffen im
Frühjahr die häufiger werdenden Starkniederschläge mit der Schneeschmelze zusammen,
kommt es in den Bergen zu mehr Lawinen und Murenabgängen, im Tal zu mehr
Überschwemmungen.

In einigen Tälern wird es dann für die Menschen, die dort leben, ungemütlicher. Sie müssen
mehr als bisher mit widersprüchlichen Extremen zurechtzukommen, zum Beispiel mit
Wasserknappheit im Sommer und gleichzeitig mit reißenden Bergbächen, die die Dörfer
überfluten.

      Rhön ohne Wasser: Kein Kunstschnee auf der Wasserkuppe: Regionalnachrichten aus
       Mainfranken, 03.12.2018, Bayern 1
Weniger Schnee Abschied vom weißen Winter (BR Bayrischer Rundfunk 02. 01. 2019)
   quer: Schnee von gestern? Grüntenlifte bangen um Zukunft. 30.11.2017, 20:15 Uhr,
    BR Fernsehen
   Faszination Wissen: Grüner Schnee - Gibt es eine umweltfreundliche Beschneiung?
    03.03.2017, 16:00 Uhr, ARD-alpha
   Bergsturz: Die Alpen im Umbruch. 03.02.2016, 14:15 Uhr, ARD-alpha
   Schnee von morgen. 30.11.2015, 22:30 Uhr, BR Fernsehen
Weniger Schnee Abschied vom weißen Winter (BR Bayrischer Rundfunk 02. 01. 2019)
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