DIE NEUE VEREINBARKEIT - BEYOND MAINSTREAM - Roland Berger
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BEYOND MAINSTREAM DIE NEUE VEREINBARKEIT Warum Deutschland einen Qualitätssprung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie braucht! NOVEMBER 2014
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT DIE GROSSEN 3 Vä·ter·ori·en·tie·rung 1 Die Unternehmen entdecken das steigende Interesse der Männer an der Vereinbarkeit – mit dem Wandel und attraktiven Angeboten tun sich viele in der Praxis bisher schwer. S. 9 In·di·vi·du·a·li·sie·rung 2 Vor allem junge Berufseinsteiger fordern, dass sich der Job in die Lebensplanung einfügen muss. Die Antwort der Personalmanager kann nur in noch mehr Flexibilisierung liegen. S. 15 Part·ner·schaft·lich·keit 3 Der Wunsch von Eltern, dass beide vollzeitnah arbeiten und sich die Familienarbeit fair teilen, geht bisher zu selten in Erfüllung. Ein Experte analysiert die Lage. S. 18 Die Zukunft der Vereinbar keit – das sagen andere! S. 10 2 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT Der lange Weg. Deutschlands Wirt- schaft ist in gut zehn Jahren sichtbar familienfreundlicher geworden. Unter- nehmen und Beschäftigte sind gut vorangekommen. Einen weiteren Schub braucht die Vereinbarkeit gleichwohl. Die familienfreundliche Unternehmenspolitik blickt auf A eine beeindruckende Erfolgsgeschichte zurück. Inner- SO TICKEN DIE BESCHÄFTIGTEN halb einer Dekade ist das vermeintlich persönliche Aussage: "Die Familienfreundlichkeit eines Unternehmens … Problem, wie Kinder und Karriere unter einen Hut zu [Zustimmung] bringen seien, zu einer großen und wichtigen gesell- schaftlichen Fragestellung geworden. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird inzwischen breit, intensiv und mit Leidenschaft diskutiert – vor allem aber: Es … bestimmt meine 75% Wahl des Arbeit- werden Lösungen gefunden und etabliert. gebers" 68% Familienfreundlichkeit ist in der deutschen Prioritä- tenskala weit nach oben gerückt – die Politik behandelt sie nun als Topthema, die Unternehmen machen sie inzwischen zur Chefsache auf Vorstands- oder Ge- schäftsführungsebene. Und was sich als wichtiger Er- 91% … ist mir mindestens so wichtig wie das folgsfaktor erweist: Sie tun es Hand in Hand. Für die Beschäftigten ist die Aufgeschlossenheit 74% Gehalt" eines Unternehmens für den alltäglichen Spagat, den Eltern zwischen Job und Familienarbeit leben, im Zeit- verlauf zu einem ganz zentralen Thema bei der Arbeitge- berwahl geworden. Die Familienfreundlichkeit der Firma … ist mir so wichtig, dass ich sogar das 75% bestimmt die Zufriedenheit im beruflichen Umfeld we- Unternehmen sentlich mit – und sie motiviert, den Job zu wechseln, wechseln würde" 60% wenn andere hier mehr bieten. A Ende der 1990er Jahre konnte Bundeskanzler Ger- hard Schröder die Familienpolitik noch als "Gedöns" ab- 25- bis 39-Jährige 40- bis 49-Jährige tun, ohne dass viel passierte. Eine ähnliche Äußerung Quellen: GFK; Roland Berger ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 3
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT B würde heute ganz sicher eine Welle der Empörung auslö- SO WIRKT DIE POLITIK sen, denn 71 Prozent der Eltern mit minderjährigen Kin- dern zählen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu Mehr neue Männer – Elterngeldbezug von Müttern und den wichtigsten politischen Aufgaben überhaupt. Vätern, deren Kinder im jeweiligen Jahr geboren wurden In der Politik hat sich die Familienfreundlichkeit von [%] Wirtschaft und Gesellschaft zu einem wichtigen Ziel ent- wickelt. Die Gesetzesreformen, Projekte, Programme und Modelle sind zahlreich. Zu den viel beachteten und alles in allem erfolgreichen Vorstößen gehören das 94,7 96,0 2007 eingeführte Elterngeld mit den sogenannten Väter- monaten und der seit August 2013 geltende Rechtsan- spruch auf einen Krippenplatz, der die Betreuungs- landschaft schon weit vor dem Stichtag positiv verän- dert hat. B Die Unternehmen haben sich bewegt und einen beeindruckenden Paradigmenwechsel vollzogen. Ihre Lern- und Aktionskurve ist hoch – wie der Zehnjahres- 15,4 29,3 vergleich zeigt. C Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung 2007 2012 kam in einer Umfrage 2003 noch zu dem ernüchtern- Väter Mütter den Ergebnis, dass eine vereinbarkeitsbewusste Per- Quelle: Destatis sonalpolitik von einer Minderheit der Unternehmen als strategisches Managementinstrument begriffen wird: Mehr Möglichkeiten für Eltern – Kinder in Kinder- Lediglich zehn Prozent der Befragten gaben an, dass tagesbetreuung [%] sie den Ausbau von familienfreundlichen Maßnahmen erwägen. Die Missachtung des Themas wird sich heute 92,2 93,0 93,4 93,6 kein Unternehmen mehr erlauben. So ist denn auch 90,7 91,6 89,0 der Anteil der Firmen, die ihrer Belegschaft keinerlei Angebote zur Vereinbarkeit unterbreiten, inzwischen vernachlässigbar klein. Andere dagegen engagieren sich weit über das Mindestmaß hinaus und setzen neue Standards. Der Flughafenbetreiber Fraport AG hat schon expe- rimentiert, als Familienfreundlichkeit noch gar nicht so hieß. Bereits Ende der 1980er Jahre startete das Un- 29,3 ternehmen die ersten flexiblen Arbeitszeitmodelle für 27,6 23,0 25,2 weibliche Mitarbeiter. Es war der Versuch, die hohen 20,2 15,5 17,6 Fehlzeiten zu senken, die ganz offensichtlich auf Eng- pässe in der Kinderbetreuung zurückgingen. Seitdem ist die Angebotspalette stetig gewachsen – von A wie Ad-hoc-Betreuung für Mitarbeiterkinder bis zwölf Jah- 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 re, über L wie Lebensarbeitszeitkonten bis V wie Väter- Unter 3 Jahren 3 Jahre bis Schulanfang netzwerk. Mit dieser Erfahrung im Rücken hat es Ge- Quelle: Destatis, jeweils zum Stichtag 1. März wicht, wenn ein Fraport-Personalmanager sagt: 4 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT C SO DENKEN UND HANDELN DIE UNTERNEHMEN NEUES BEWUSSTSEIN NEUE INSTRUMENTE Geschäftsführer und Personalverantwortliche, die der Unternehmen mit Maßnahmen zur Arbeitszeit- Familienfreundlichkeit einen hohen Stellenwert einräumen flexibilisierung und Telearbeit [%] [%] 96 96 89 86 82 80 81 81 77 72 55 47 2003 2006 2009 2012 2003 2006 2009 2012 Für das Unternehmen Für die Beschäftigten Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2013 Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2013 NEUER BEDARF Aussage: "Vereinbarkeitsangebote der Unternehmen werden künftig noch stärker von Vätern nachgefragt" – Einschätzungen von Personalverantwortlichen 38% Trifft voll und 46%Trifft zum Teil zu 16% ganz zu Trifft eher nicht oder gar nicht zu Quelle: BMFSFJ mit Bundesverband der Personalmanager (BPM), Umfrage unter 1.737 Personalverantwortlichen deutscher Unternehmen, Oktober 2014 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 5
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT Ein Schlaglicht auf die Vereinbarkeit über alle Le- bensphasen hinweg zu realisieren. … die Fraport AG! Nur mal eine Problemstellung he- rausgegriffen: Wie schafft es eine Führungskraft für ein großes Team Familienfreundlichkeit ganz konkret. von 500 Personen, den Überblick Vier Fragen an CHRISTIAN MEYER, über 500 Lebenslagen zu behal- stellvertretender Leiter des Bereichs ten? Unsere Personalreferenten Diversity und Soziales agieren daher schon länger als per- sönliche Berater im festen Tandem mit den Führungskräften. Wir fra- Sie sind als Unternehmen schon Pflichten und der Verantwortung, gen uns aber, was noch nötig ist für vor Jahren eingestiegen, die Ver die dazugehört. Sie wollen sich in flexibles und familienfreundliches einbarkeit von Beruf und Familie der Familie engagieren und brau- Management. Neue Informations- zu verbessern – und zeigen weiter chen dafür zunehmend Freiräume, und Kommunikationskanäle? Neue viel Engagement. Was motiviert die sie auch einfordern. Wir sehen, Ansätze und neue Spielräume für Sie? CHRISTIAN MEYER: Unsere Be dass immer mehr Männer Elternzeit die Zusammensetzung der Teams? schäftigten und ihre Wünsche. Die beantragen. Und sie fragen uns Wir werden in nächster Zeit an in- Ansprüche von Frauen und Männern auch immer häufiger nach konkre- telligenten Lösungen basteln. an uns als Arbeitgeber sind über die ten Tipps zur Balance von Familie Jahre deutlich gestiegen. Jüngere und Beruf. AUSZUG DER FAMILIENFREUND Beschäftigte können sich in Zukunft LICHEN ANGEBOTE BEI FRAPORT aussuchen, wo sie arbeiten. Eine Warum zahlt sich Familienfreund Servicestelle Familienberatung gute Bezahlung allein reicht da nicht lichkeit auch für das Unterneh K inderkrippe und Ad-hoc-Betreuung für mehr. Es geht auch darum, als at- men aus? Weil es messbare Effekte Mitarbeiterkinder im Alter zwischen ein traktiver Arbeitgeber zu punkten. gibt, etwa den Rückgang der Fehl und zwölf Jahren, von 6 bis 22 Uhr an Wenn die Beschäftigten Flexibilität zeitenquoten. Wir denken das The- 365 Tagen im Jahr verlangen, muss das Unternehmen ma allerdings aus einer anderen Diverse Arbeitszeitmodelle: Gleitzeit, diese auch bieten. Wir gehen davon Richtung: Wie würde es aussehen, Teilzeit, Altersteilzeit, flexible Schicht- aus, dass zwischen 35 und 50 Pro- wenn wir all unsere familienfreund- pläne, Telearbeit, Jobsharing, Arbeits- zeittauschbörse, Einzeldienstpläne, zent unserer Belegschaft in den lichen Angebote nicht hätten? Wir Wunschdienstpläne im Schichtdienst, nächsten Jahren Zeit für die Kinder- stünden deutlich schlechter da, Arbeitszeitmodelle für Führungskräfte, erziehung oder Pflege braucht. weil unsere Beschäftigten weniger Jahres- und Lebensarbeitszeitkonto, Zeitwertpapier motiviert wären, weniger Qualität Welche Entwicklung beim Thema liefern würden – und wir einige von Weiterbildungen und Wiedereinstiegs- angebote für Beschäftigte in Elternzeit Vereinbarkeit überrascht Sie am den Besten ziehen lassen müss- meisten? Ganz klar – die Entwick- ten, weil wir denen nicht modern Väternetzwerk: ab 2015 in Kooperation mit der Väter gGmbH, Beratung, Infor- lung der Väter. Ich hätte vor zehn und flexibel genug wären. mation, Austausch und Schulungen für Jahren nicht gedacht, dass sie sich Väter zu allen Aspekten des Familien- so stark in das Thema Familie ein- Was steht bei Ihnen als nächstes lebens bringen wollen. Heute nehmen großes Thema auf der Agenda Fa Männer immer öfter ganz bewusst milienfreundlichkeit? Ich sehe als ihre Rolle als Vater war, mit allen nächste große Herausforderung, 6 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT Familienfreundlichkeit sei immer eine Win-win-Situa- lichen es dem Unternehmen, in Schwächephasen über tion für die Beschäftigten und das Unternehmen. flexible Kapazitäten "atmen" zu können. So haben die Der Druck der Beschäftigten ist sicher ein wesent- Unternehmen durchweg positive Erfahrungen mit fami- licher Faktor, der die Unternehmen für eine intelligente lienfreundlichen Angeboten gemacht und dazu verläss- betriebliche Familienpolitik sensibilisiert und zu ent- liche Routinen entwickelt – die auch nach der Krise sprechenden Angeboten und Aktionen geführt hat. Die beibehalten wurden. Personalverantwortlichen haben inzwischen registriert, dass die Ankündigung von Angestellten, für mehr Fami- 3. DIE BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE lienfreundlichkeit den Arbeitgeber zu wechseln, durch- RATIONALITÄT SETZT SICH DURCH aus ernst gemeint ist. Gut ein Viertel der berufstätigen Verschiedene Studien haben aufgezeigt, dass Investiti- Eltern hat deshalb mindestens schon einmal eine neue onen in Vereinbarkeitsangebote nachweisbare quanti- Stelle angenommen. tative und qualitative Effekte haben – weil sie Fehlzei- Die Bereitschaft der Unternehmen zu handeln, ist ten und Mitarbeiterfluktuation reduzieren, die Per- darüber hinaus durch weitere Entwicklungen gestärkt sonalmarketingkosten senken und insgesamt Zufrie- worden. Vier Trends sind wesentlich. denheit und Motivation am Arbeitsplatz erhöhen. Errechnet wurde unter anderem eine Produktivitäts- 1. DER DEMOGRAFISCHE WANDEL steigerung pro Erwerbstätigenstunde um mehr als WIRD IMMER SPÜRBARER 1,5 Prozent. Noch größere Signalwirkung auf die Hand- Durch die schrumpfende und alternde Erwerbsbevöl- lungsbereitschaft vieler Firmen dürften die Aussagen kerung verschärft sich seit einigen Jahren der Wettbe- von Vorreiter-Unternehmen haben, die in Umfragen, werb um qualifizierte Fachkräfte. Demografisch be- Interviews und Zertifizierungsverfahren festgehalten dingt verliert Deutschland aktuell pro Jahr 250.000 bis sind. Sie berichten durchgehend von deutlichen Vor- 300.000 potenzielle Erwerbspersonen. Prognosen ge- teilen im Wettbewerb um qualifiziertes Personal und hen davon aus, dass der strukturelle Mangel an Ar- einer deutlichen Steigerung der Arbeitsqualität. beitskräften im Jahr 2030 bei etwa 5,5 Millionen Men- schen liegen wird. Selbst eine hohe Zuwanderung wird 4. DER SCHULTERSCHLUSS VON POLITIK diese Lücke nicht schließen können. Unternehmen UND SOZIALPARTNERN WIRKT müssen Eltern Perspektiven bieten, damit diese nach In enger Abstimmung und mit konzertierten Aktionen der Geburt des Kindes problemlos wieder einsteigen haben Politik, Gewerkschaften und Arbeitgeberver- können – und am besten möglichst schnell. bände die Botschaft an die Unternehmerschaft ver- stärkt: Wer nicht familienfreundlich wird, verliert. Mit 2. FAMILIENFREUNDLICHKEIT ZEIGT IHR bundesweiten Unternehmensprogrammen, Wettbe- POTENZIAL IM AUF UND AB DER KONJUNKTUR werben (u.a. Familienfreundlichstes Unternehmen Auf die Wirtschaftskrise 2008 haben die deutschen Deutschlands) und Zertifizierungsangeboten (u.a. au- Unternehmen so vorausschauend wie selten zuvor in dit berufundfamilie) wurden die relevanten Themen Abschwungphasen reagiert – statt Fachkräfte zu ent- und Handlungsfelder inhaltlich vorangetrieben. Auf lassen (die dann beim womöglich schnell einsetzen- regionaler Ebene ist der Ball aufgenommen worden den Konjunkturaufschwung fehlen), haben sie die Be- und wird in Projekten und Programmen weiterge- legschaften durch maximale Ausnutzung aller spielt. So sind in lokalen Netzwerken für Familien Flexibilisierungsmöglichkeiten weitgehend an Bord ge- mehr als 5.000 Unternehmen an Projekten für eine halten. Es zeigte sich, dass Familienfreundlichkeit bessere Vereinbarkeit beteiligt. mehr Beweglichkeit bedeutet. Angebote wie Vier-Ta- ge-Woche, Arbeitszeitkonto oder Jobsharing ermög- ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 7
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT D MÜTTER EROBERN DEN ARBEITSMARKT ERWERBSTÄTIGE FRAUEN MIT MINDERJÄHRIGEN KINDERN IN DEUTSCHLAND [%] 66,8 2013 66,4 2012 65,5 2011 64,5 2010 63,5 2009 62,4 2008 62,0 2007 60,6 2006 60,4 2005 59,2 2004 Quellen: BMFSFJ (2007-2012); Destatis (2013) 8 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT Ein erstes Zwischenfazit nach rund zehn Jahren breit Drittens: Fast die Hälfte der Bevölkerung hat für die angelegter Vereinbarkeitsoffensive fällt in der großen eigene Familie weiterhin den Eindruck, dass sich Be- Linie durchweg positiv aus, weil Deutschland eine ruf und Familie nicht gut vereinbaren lassen. Die Vä- nachhaltige Wende eingeleitet hat. Viele Unternehmen ter sind hier noch ein bisschen skeptischer als die sind mit Mut und Engagement vorangegangen, das Mütter. Vereinbarkeitsthema anzupacken, was auch etliche zö- Die Befunde schmälern nicht die erreichten Erfolge gernde und skeptische Firmenlenker mitgenommen bei der Vereinbarkeit. Sie deuten allerdings darauf hin, hat. Die Lücke zwischen den Lebenswünschen und dass die Debatte um Familienfreundlichkeit künftig -entwürfen vieler Menschen und den jahrzehntelang noch breiter geführt und vor allem noch stärker den gültigen gesellschaftlichen Leitbildern, die auch Orien- notwendigen Wandel aufgreifen muss. Es stellen sich tierungsmaßstab für die Wirtschaft waren, ist erheblich damit neue Qualitäts- und Kulturfragen. Das Vorgehen kleiner geworden. von Wirtschaft und Politik war richtig, in Deutschlands Die Erwerbsquoten sind ein relevanter und taugli- Aufholjahren ein breites Spektrum an konkreten und cher Bewertungsmaßstab für die Erfolge bei der Ver- umsetzbaren Lösungen und Modellen zu entwickeln einbarkeit. Der Anteil erwerbstätiger Mütter mit min- und zu etablieren. Und es war auch richtig, zunächst an derjährigen Kindern ist im Zeitverlauf kontinuierlich den Wiedereinstieg junger Mütter in den Beruf zu den- gestiegen – auf fast 67 Prozent im Jahr 2013. D ken. Doch jetzt kommt es darauf an, die Vereinbarkeit Jedoch haben sich nicht alle Hoffnungen erfüllt, die auf ein neues Niveau zu heben. sich mit einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Genau das drückt der Titel dieser Publikation aus: Familie verbinden. Widersprüche bleiben. Hindernisse Mit einer NEUEN Vereinbarkeit – und dazu gehört auch sind offenbar struktureller Natur – und damit nur müh- eine NEUE Vereinbarkeitskultur – soll Deutschland um sam wegzuräumen. Zu einer umfassenden Analyse ge- einen bereits existierenden guten Kern ein rundherum hören auch folgende Befunde. modernes, familien- und lebensphasenorientiertes Erstens: Obwohl die Zahl der berufstätigen Mütter in Umfeld etablieren. Diese spannende Phase der Neu- Deutschland signifikant gewachsen ist, arbeitet fast die ausrichtung beginnt gerade, wie auch Statements aus Hälfte in Teilzeit – mit durchschnittlich 16,9 Stunden pro Wirtschaft und Wissenschaft nahelegen. E Woche. In kaum einem anderen EU-Land sind die Ar- beitszeiten und der Anteil von Müttern mit Vollzeitjobs so gering. Der Wunsch vieler Mütter in Deutschland, einige Wochenstunden mehr zu arbeiten, erfüllt sich oft nicht. 1 Zweitens: Die Väterorientierung der Unternehmen steht noch am Anfang – bei den Adressaten kommt noch zu wenig an. Obwohl Väter ihre Arbeitszeiten nach der Geburt des Kindes gerne reduzieren wür- den, arbeiten sie de facto mehr als vorher. Zugleich machen Forscher die Beobachtung, dass sich auch in Partnerschaften, die eigentlich eine Gleichberechti- gung angestrebt und vereinbart hatten, die Rollenver- teilung mit dem ersten Kind häufig verändert. Ein Grund dafür ist offenbar, dass Teilzeitwünsche von Männern im Job weniger akzeptiert sind und sie des- halb in die klassische Aufgabenteilung und in tradier- te Muster zurückfallen. ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 9
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT E ZUR ZUKUNFT DER VEREINBARKEIT STIMMEN UND STIMMUNGEN "Die neue Arbeitskultur "WORK-LIFE-BALANCE HALTE ICH FÜR EINEN GEFÄHRLICHEN muss auch Männern ver- BEGRIFF. DIE MENSCHEN WERDEN mitteln: Es ist okay, wenn SICH IMMER MAL WIEDER FÜR ihr euch um eure Kinder UNBALANCE ENTSCHEIDEN: MAL MEHR FÜR DEN JOB, MAL MEHR kümmert, ihr könnt den- FÜR DIE FAMILIE – JE NACHDEM, noch Karriere machen." WIE DAS LEBEN SPIELT." Prof. Jutta Allmendinger, Präsidentin, Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) "Wir brauchen in den Unternehmen einen Kulturwandel weg von der reinen Präsenz- kultur zur Vertrauenskultur." Kathrin Menges, Personalvorstand, Henkel "UNSERE ARBEITSWELT WIRD SICH IN ZUKUNFT WENIGER AN STATUS ODER PRÄSENZ ORIENTIEREN. DAS SETZT VOR ALLEM EFFIZIENTE KOMMUNIKA- TIONSTECHNOLOGIE VORAUS, VERLANGT ABER AUCH EINE NEUE ART VON FÜHRUNG." Dirk Barnard, Personalgeschäftsführer, Vodafone Deutschland 10 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT "Machen wir die Gesellschaft fit "EIN KULTURWANDEL für die On-off-Biografie! Einen GELINGT NUR, WENN Lebenslauf also, in dem Phasen FÜHRUNGSKRÄFTE FLE der Erwerbsarbeit immer wieder mit Phasen der Familienarbeit XIBILITÄT UND FAMILIEN abwechseln können, von der FREUNDLICHKEIT VOR- Gesellschaft getragen und den LEBEN UND DADURCH ZU Unternehmen gefördert." VORBILDERN WERDEN." Susanne Garsoffky und Britta Sembach, Dr. Reinhard Uppenkamp, Vorstandsvorsitzender, Buchautorinnen von "Die Alles ist möglich-Lüge" Berlin-Chemie "LEBENSQUALITÄT HAT EINEN HÖHEREN STELLEN- WERT IN UNSERER GESELLSCHAFT BEKOMMEN. UNTERNEHMEN TUN GUT DARAN, DIESE TAT- SACHE ZU BERÜCKSICHTIGEN UND DEN MITAR- BEITERN AUCH EIN SOUVERÄNES ZEIT- UND SELBSTMANAGEMENT ZU ERMÖGLICHEN." Dr. Frank Heinricht, Vorstandsvorsitzender, SCHOTT "Wir brauchen mehr Möglichkeiten "Die Arbeitswelt verändert für Väter und Mütter, die nach inten sich zum Glück, es ist nicht siven Familienjahren ihre Prioritäten neu ordnen und noch mal durch- mehr wichtig, die Anwesen- starten wollen. Wenn es mehr heitszeit zu checken, son- Möglichkeiten für die über Vierzig dern die Zeit durch die An- jährigen gäbe, wären die jungen Berufstätigen weniger überfordert wesenden spannend und und gestresst." erfolgreich zu gestalten." Elisabeth Niejahr, Wirtschaftsjournalistin, Die Zeit Gitta Blatt, Head of People, Spielesoftwareunternehmen Wooga ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 11
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT Die neue Vereinbarkeit. Die Mega- trends Digitalisierung und Individuali- sierung schaffen mehr Möglichkeiten. Unternehmen müssen mit Flexibilität bei Zeit und Ort, für Lebenslagen und Lebensstile antworten – und eine entsprechende Kultur leben. Für die familienfreundliche Unternehmenspolitik kün- Wunsch und Wirklichkeit bei der Vereinbarkeit klaf- digt sich eine Zeitenwende an. Einzelne Beobachtun- fen auseinander. Und die Beschäftigten entwickeln gen fügen sich immer klarer zu einem Gesamtbild: Die Druck. Vor allem die gut ausgebildeten und qualifi- Vereinbarkeit wird bei aller Notwendigkeit, Verbesse- zierten Kräfte wählen inzwischen den Arbeitgeber – rungen im Detail zu erzielen, zugleich auch auf ein hö- nicht umgekehrt. Eine gelungene Vereinbarkeit ist ei- heres Niveau springen müssen. ner der wichtigsten Ansprüche an einen Arbeitgeber. Trotz aller erreichten Erfolge hin zu einer familien- Folglich ist die Wirtschaft gefordert. Und die meisten freundlichen Arbeitswelt bleibt bei den Angestellten in Unternehmen wissen um die Schwächen, wie eine Deutschland eine gewisse Unzufriedenheit. Viele stel- aktuelle Panelumfrage von Roland Berger und der len fest, dass der Rahmen gut ist, die gelebte Kultur Zeitungsgruppe WELT unter Wirtschaftsführern in aber in vielen Bereichen hinterherhinkt. Ein Großteil der Deutschland zeigt: 79 Prozent der Befragten glauben, Mütter schafft zum Beispiel nach der Geburt eine frühe- dass die Unternehmen auf die wachsenden Ansprü- re Berufsrückkehr – sie geraten dann aber in die soge- che der Beschäftigten nach einer besseren, umfas- nannte Teilzeitfalle und kämpfen gegen mangelnde Auf- senden Vereinbarkeit von Beruflichem und Privatem stiegsmöglichkeiten. Die Väter hingegen wollen in der noch nicht gut vorbereitet sind. F Mehrheit (60 Prozent) kürzer arbeiten – die meisten tun Die neue Vereinbarkeit fordert die Unternehmen in es aber nicht, weil passende vollzeitnahe Teilzeitange- ihrer Personalpolitik, Unternehmens- und Führungskul- bote fehlen oder sie befürchten, als "Hausmann" in der tur heraus. Die zwei aktuellen Treiber der Entwicklung Karriere-Rushhour zwischen 25 und 40 Jahren ein hin zu umfassend vereinbarkeitsbewussten Arbeitsmo- Stück nach hinten durchgereicht zu werden. dellen – Digitalisierung und Individualisierung – sind im Hinzu kommt: Männer und Frauen registrieren, Folgenden genauer zu analysieren. Daran schließt sich dass trotz aller Bekenntnisse zur Flexibilität im eigenen an, die Handlungserfordernisse für die Unternehmen Unternehmen oft weiterhin die Präsenzkultur mit Ar- zu konkretisieren. beitszeiten von 9 bis 17 Uhr gelebt wird. 12 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT F 1. Megatrend Digitalisierung – Der FÜR EINE BESSERE VEREINBARKEIT radikale Umbau der Arbeitswelt IST NOCH EINIGES ZU TUN! Frage: "Sind Unternehmen auf Mitarbeiterwünsche nach Die Durchdringung und Vernetzung von Wirtschaft und noch mehr Flexibilität und besserer Vereinbarkeit von Job Gesellschaft mithilfe von Informations- und Kommuni- und Privatem gut vorbereitet oder nicht so gut?" kationstechnologien dürfte auf das Zusammenleben in Deutschland so radikal einwirken wie einst die erste industrielle Revolution. Damals war es die Dampfkraft, 79% welche die Spezialisierung und Mechanisierung der Unternehmen auf eine neue Stufe hob. Heute sind es digitale Informationen und deren Aufbereitung, Aus- tausch, Speicherung und Verarbeitung. Dadurch wan- deln sich Produktionsweisen und Arbeitsprozesse radi- kal. Nach Dienstleistungsunternehmen erfasst die Digitalisierung inzwischen auch mehr und mehr die In- dustrie ("Industrie 4.0"). Für die Beschäftigten entsteht dadurch die Chan- ce, räumlich und zeitlich flexibel wie nie zuvor zu arbei- ten. Bisher dürfte allerdings erst ein Bruchteil des Po- tenzials abgerufen sein. Am Beispiel des mobilen Arbeitens wird dies offensichtlich. Selbst in digitalaffi nen Branchen nutzen maximal 15 Prozent der Be- schäftigten dieses flexible Arbeitsplatzmodell. G Das wesentliche Hindernis für die Verbreitung des Modells sind Studien zufolge die Unternehmen: 80 Prozent argumentieren, dass die Anwesenheit des Beschäftigten unabdingbar sei. Das mag sicher für Ar- beitsplätze mit schlecht automatisierbaren Tätigkeiten oder personenbezogenen Dienstleistungen (Handwerk, Einzelhandel, Haushalts-, Erziehungs- und Bildungsberu- fe) gelten. Der (schon jetzt teilweise fragwürdige) Arbeit- 14% geberwunsch nach Anwesenheit wird aber in vielen an- deren Bereichen nicht zu halten sein. Beschäftigte sehen die mit dem technischen Fortschritt möglichen neuen Freiheiten und werden deshalb neue flexible Arbeitsplatz- und Arbeitszeitmodelle einfordern. Unternehmen kom- men nicht umhin, Gewohnheiten und ihre bisherige Ar- beitsplatzkultur zu überwinden, wenn sie qualifizierte Unternehmen Unternehmen Angestellte halten und an sich binden wollen. sind gut vorbereitet sind nicht so gut vorbereitet Die flexible Gestaltung von Arbeitsprozessen und -formen in der digitalisierten Wirtschaftswelt steht am Quelle: Leaders Parliament – Panelumfrage von Roland Berger und der Anfang. Weitere Sprünge nach vorn zeichnen sich ab. WELT unter deutschen Führungskräften, Befragung Ende Oktober 2014 mit 159 Teilnehmern; Rest zu 100% = "unentschieden, weiß nicht" Arbeit wandelt sich zunehmend von einem starren, ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 13
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT G MOBILES ARBEITEN ZIEHT NUR LANGSAM KREISE BESCHÄFTIGTE, DIE HOME-OFFICE-ANGEBOTE NUTZEN (IN PROZENT ALLER BESCHÄFTIGTEN) 15% 12% Kreativ- wirtschaft Informations- und Kommunikations- technologie Medien Technische Dienstleister 5% 5% Quelle: BMWi, Monitoring-Report "Digitalisierung und neue Arbeitswelten", 2013 14 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT strukturierenden Element mit Präsenzpflicht zu einer freundlichere Schichtmodelle mit "Wunscharbeits- frei gestaltbaren Option, die im hohen Maß selbstbe- zeiten" zu entwickeln. stimmt sein kann und neue Freiheiten bietet. Auch die Zahl der Projektmitarbeiter und Crowdsourcees (exter- 2. Megatrend Individualisierung – Die 2 ne Fachkräfte, die im Unternehmensauftrag an speziel- radikale Neudefinition des Privaten len Aufgaben zum Beispiel innerhalb der Innovations- oder Produktionsprozesse beteiligt sind) wird zunehmen. Die allgemeinen Wohlfahrtssteigerungen in den ver- Denn diese Beschäftigungsmöglichkeiten sind für Men- gangenen Jahrzehnten führen dazu, dass Menschen schen in bestimmten Lebenslagen und mit bestimmten über mehr Ressourcen und mehr Optionen für individu- Lebensstilen attraktiv. elles Handeln verfügen. Sie lösen sich dadurch von Gleichzeitig entstehen neue Arbeitskonzepte wie den restriktiven Verhaltensregeln der zentralen Ge- etwa Smart Working Centers in Südkorea oder den meinschaften (zum Beispiel Kirche, "Klasse" oder Zu- Niederlanden, in denen Beschäftigte wohnortnah kurz- gehörigkeit zu einer Region) und sind in der Lage, ihr oder längerfristig ihren Tätigkeiten nachgehen. Ferner Leben in hoher Autonomie zu gestalten, Entscheidun- kommen innovative Bürokonzepte wie sogenannte gen in eigener Verantwortung zu fällen. Hierdurch Co-Working-Zentren auf, die flexibles, virtuelles Arbei- wachsen die Freiheiten der Lebensführung. Gerade die ten nach dem Motto "Your office is where you are" er- Generation der jungen Erwachsenen zwischen 18 und lauben und letztlich neuartige Formen von Infrastruk- 30 wählt meist ganz konsequent den Weg, so zu sein turen für Leben und Arbeiten entstehen lassen. und so zu handeln, wie sie es selbst will. Mit der Digitalisierung sind auch Herausforderun- Die kontinuierliche Individualisierung wirkt sich gen verbunden. Flexible Arbeitsformen bergen die Ge- auch und gerade im beruflichen Kontext aus. An die fahr einer zunehmenden Entgrenzung von Familien- Stelle von lebenslanger, teilweise über Generationen und Arbeitswelt. Für eine bessere Vereinbarkeit und hinweg bestehender Treue zu einem Arbeitgeber treten höhere Lebensqualität sind beispielsweise verbindli- schnelllebige Erwerbsbiografien. che (und limitierte) Erreichbarkeits- oder Antwortzeiten Der jahrzehntelang als Vorbild dienende linear auf- hilfreich, wie sie einige deutsche Unternehmen schon steigende Karrierepfad ist nun immer häufiger von Er- eingeführt haben. Umgekehrt kann die Digitalisierung werbsunterbrechungen gekennzeichnet: Weil die Be- auch mehr Planbarkeit und Effizienz bringen, die einer deutung selbstbestimmter und unverplanter Zeit verbesserten Vereinbarkeit zuträglich sind. Durch zunimmt – gerade Eltern empfinden die Zeitnot als das (voll-)automatisierte Abläufe werden beispielsweise größte Problem im Alltag. Die Menschen wollen mehr Maschinen(um-)rüstzeiten geringer und kalkulierbarer. Zeit für sich, um sich weiterzuqualifizieren, um die Be- Und neue Online-Programme und -Tools zur Schicht- treuung und Pflege von Eltern und Angehörigen zu planung ermöglichen eine bessere Umsetzung von übernehmen oder um den eigenen Interessen und Lei- "Wunscharbeitszeiten". denschaften nachzugehen. Und: Nicht allen Beschäftigtengruppen steht die Für die Unternehmen kommt bei der Ausrichtung neue mobile Arbeitswelt offen. Menschen, die bei- ihrer Personalpolitik erschwerend hinzu, dass in den Or- spielsweise anspruchsvollen, schlecht automatisier- ganisationen durch verlängerte Lebensarbeitszeiten so- baren manuellen Tätigkeiten nachgehen, werden wie verkürzte Schul- und Ausbildungszeiten inzwischen von den Vorteilen mobiler Arbeitsplätze selten oder drei höchst unterschiedlich sozialisierte Generationen gar nicht profitieren. Was nicht heißt, dass Unterneh- aufeinandertreffen: Babyboomer, Generation X und Ge- men für sie keine neue Vereinbarkeitskultur mit neu- neration Y. H Letztere, die Neueinsteiger, bestimmen en Lösungen schaffen können. Ein Weg liegt bei- immer stärker, wie sich Flexibilität beruflich und privat spielsweise darin, für Väter und Mütter familien- buchstabiert. Unter ihnen befinden sich zunehmend ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 15
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT H DIE 3-GENERATIONEN-FIRMA DREIMAL ANDERE ANSPRÜCHE UNTER EINEM DACH … BABYBOOMER GENERATION X GENERATION Y 1955-1965 1965-1980 1980-2000 > Optimismus, Antrieb und > Leistung mit Freude an der > Leistung, Sinn und Spaß im starker Wille Arbeit (Arbeits-)Leben > Teamgeist, Beteiligung und > Vielfalt ("Diversity") und > Selbstbewusstsein Konsens, Beziehungsma- globales Denken > Orientierungslosigkeit und nagement > Informelle und antiautori- Sprunghaftigkeit > Persönliche Erfüllung und täre Haltung > Sicherheit und Stabilität: aber Wachstum, Egozentrik > Eigenverantwortung und nicht um jeden Preis > Gesundheit, Wohlbefinden Selbstvertrauen > Flexibilität in Raum und Zeit und Jugendlichkeit > Unabhängigkeit und > Stetige Entwicklung und klare > Prozess- statt Ergebnisori- Individualismus Kommunikation entierung > Affinität zu Technologie und > Umgang mit Technologie und > Partizipative Führung Kreativität Netzwerken selbstverständlich > Kooperative Führung > Delegative Führung … ABER GENERATION Y BESTIMMT MEHR UND MEHR, WO ES LANGGEHT 95% 88% "Job muss mit der 71% "Job muss auch zur Familie vereinbar sein" 64% "Wünsche mir mehr Zeit für Familie, Lebenssituation passen" "Fange nicht bei Lebenspartner oder einem Unternehmen Freunde" an, das keine Vereinbarkeit bietet" Quellen: Deutsche Gesellschaft für Personalwesen; Institut für Beschäftigung und Employability; Xing Forsa Umfrage 2014: Wünsche deutscher Berufstätiger 16 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT weniger "24/7"-Leistungsbereite, sondern viele Vertreter I einer "Generation Relax", denen ein erfülltes Privatleben AUF DEM WEG ZU FIFT Y-FIFT Y als Voraussetzung für gute Leistung gilt. Frage: "Wie schnell wird sich die Partnerschaftlichkeit Die "Jungen" sind es auch, die das Ideal einer part- zwischen Mann und Frau in Beruf und Familie als das am nerschaftlichen Arbeitsteilung in der Gesellschaft in- häufigsten gelebte Modell durchsetzen?" tensiv vorantreiben. Das Modell einer fairen Aufteilung der Familien- und Jobzeiten findet immer mehr Anhän- ger. 60 Prozent der jungen Eltern wünschen, dass bei- 56% de Partner im gleichen Umfang erwerbstätig sind und sich gemeinsam um Haushalt und Familie kümmern. Allerdings können nur 14 Prozent von ihnen eine solche Aufteilung auch realisieren – aus finanziellen Gründen, aus Mangel an beruflichen Möglichkeiten, teils auch, weil der Mut fehlt, tatsächlich so zu handeln. Nach Einschätzung der Wirtschaftsführer in der Pa- nel-Umfrage von Roland Berger und der WELT werden die Wünsche der Eltern nach partnerschaftlicher Le- bensweise weiter wachsen – und schließlich auch die 36% Unternehmen motivieren, entsprechende Angebote zu unterbreiten. Mehr als jeder dritte Topmanager rechnet damit, dass das Modell der Partnerschaftlichkeit in fünf bis zehn Jahren der neue Standard ist. I Der So- ziologe Carsten Wippermann sieht für die Unterneh- men den Schlüssel zum Erfolg darin, dass sie schon jetzt mit Willen und Ernsthaftigkeit eine väterfreund- liche Personalpolitik fördern. 3. Die neue Vereinbarkeit – und der Wandel in den Unternehmen Die Art zu leben und zu arbeiten ändert sich. Digitali- sierung und Individualisierung treiben diese Entwick- lung voran. Das bedingt unmittelbar auch steigende Ansprüche an die Vereinbarkeit von Beruflichem und Privatem. Diese wird immer weniger als Zusatzangebot betrachtet, sondern zunehmend als zentrales Element für das gesamte eigene Arbeitsleben begriffen – an- ders ausgedrückt: als Selbstverständlichkeit und un- Es dauert noch Es dauert länger ternehmerische Bringschuld. 5 bis 10 Jahre als 10 Jahre Auf die Unternehmen kommt somit in den nächs- ten Jahren die Aufgabe zu, Antworten auf die Zeiten- wende bei der Vereinbarkeit zu finden – drei sind zen- Quelle: Leaders Parliament – Panelumfrage von Roland Berger und der WELT unter deutschen Führungskräften, Befragung Ende Oktober 2014 tral und zielführend. mit 159 Teilnehmern; Rest zu 100% = "unentschieden, weiß nicht" ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 17
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT 3 "Die eingeschlif- fene Alltagskultur Foto/ Illustration überwinden" Der Soziologe CARSTEN WIPPERMANN sagt, wie Unternehmen partnerschaftliche Vereinbarkeit fördern können Warum findet das Modell der lie, fokussiert sich auf den Job und erscheint, es grundsätzlich bei die- Partnerschaftlichkeit als faire hat deutlich mehr Chancen auf Kar- ser Rollenteilung zu belassen – ob- Aufteilung der Familien- und Job riere als seine Partnerin mit dersel- wohl das beide Partner eigentlich zeiten zwischen Mann und Frau ben Qualifikation. nicht wollten. in Deutschland noch so wenig Nachahmer? CARSTEN WIPPER- Welche Konsequenzen ergeben Wie aufgeschlossen ist die deut MANN: Weil alte Muster schwer zu sich daraus? Solche Entscheidun- sche Gesellschaft inzwischen für knacken sind und weil Anreizstruk- gen haben Spätfolgen für den wei- partnerschaftliche Modelle? Es turen die Risiken und Chancen im teren Lebenslauf von beiden. Auch gibt noch immer sehr wirksame ge- Lebenslauf für Frauen und Männer wenn die Frau früher oder später sellschaftliche Vorstellungen von ei- sehr ungleich verteilen. Selbst bei beruflich wieder einsteigt, dann ner guten Mutter, kraftvolle normati- Paaren, die gleichberechtigt ge- meist in Teilzeit: Die Einkommens- ve Erwartungsmuster, die an Mütter startet sind und eine gleiche beruf- schere zwischen Frauen und Män- herangetragen werden und die sie liche Qualifikation haben, beobach nern geht immer weiter auseinan- erheblich unter Druck setzen. Eine ten wir bei der Geburt eines Kindes der. In den weiteren Entwicklungen Frau gilt weiterhin als "Rabenmutter", eine gravierende Retraditionalisie- im Lebenslauf gibt es nur wenige wenn sie schnell nach der Geburt rung der Rollenverteilung: In den al äußere Anreize, diese Retraditiona- wieder arbeiten geht. Einen "Raben- lermeisten Fällen reduziert die Frau lisierung wieder zurückzufahren. Im vater" gibt es in dieser Phase nicht – ganz oder teilweise ihre Erwerbstä- Gegenteil: Die aktuellen Anreiz- das wird erst ein Thema, wenn die tigkeit und übernimmt die prakti- strukturen mit Ehegattensplitting, erwachsenen Kinder zurückblicken. sche Versorgung und Erziehung des Entgeltungleichheit und beitrags- Wir stellen fest, dass Männer, die ein Kindes. Der Mann übernimmt die freier Krankenmitversicherung sind partnerschaftliches Modell verfolgen, Rolle des Haupternährers der Fami- so, dass es ökonomisch rational im Wettbewerb mit Männern mit 18 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT teiltraditioneller Rollenteilung klare Mehr Partnerschaftlichkeit zu er dieren und zu bewerten. Und auch Nachteile haben. Hier müssen gesell- reichen, braucht also eine bes die Kommunikation im Unterneh- schaftlich – in der Familienpolitik, Fi- sere Unternehmenskultur? Ganz men spielt eine wichtige Rolle – gute nanzpolitik, im Sozialversicherungs- eindeutig, aber es wird dauern, die Vorbilder müssen bekannt werden. bereich und in der Wirtschaft – die eingeschliffene Alltagskultur in den bestehenden Anreize überprüft und Unternehmen zu ändern. Eine ganz Wie stark wird der Druck der Gene einige so neu gesetzt werden, dass entscheidende Rolle spielen neben ration Y, also der nach 1980 Gebo sich Väter nicht zwischen Karriere der Geschäftsleitung auch die un- renen, auf die Unternehmen sein, und Familie entscheiden müssen. mittelbaren Vorgesetzten. Ihre Füh- mehr Flexibilität für verschiedene rungsqualität entscheidet vor allem Lebensphasen anzubieten? Sehr Sind die Unternehmen mit schuld darüber, für welchen Weg sich die groß. Die jungen Talente suchen daran, dass der mentale Wechsel Männer entscheiden, wenn sie Vater sich Arbeitgeber, mit denen sie so schleppend vorangeht? Ja, weil geworden sind. Einer guten Füh ganzheitlich zufrieden sind. Sie ver- viele auf dem Papier zwar auch of- rungskraft gelingt es, den Mitarbei- langen Freiräume und können mit fen für engagierte Väter sind, tat- ter gerade nicht in den Interessen- Brüchen in ihrem Lebenslauf umge- sächlich aber wenig Unterstützung konflikt – Job oder Familie – zu hen, denn sie sind Unsicherheit und bieten. Sie lassen zu, dass Män- jagen. Vereinbarkeit sollte nie ein Ungewissheit gewohnt. Für sie ist nern eine längere Reduzierung der berufliches Risiko sein – weder für wichtiger, dass eine berufliche Auf- Arbeitszeit nach der Geburt weiter- Frauen noch für Männer. Es hängt gabe Sinn macht und sie einen kla- hin als Schwäche ausgelegt wird. manchmal an so einfachen Dingen, ren Nutzen für sich darin sehen – Und dass Teilzeitkräfte generell an wie zum Beispiel der Handlungs- dann identifizieren sie sich voll und Kompetenz, Einfluss und Verant- maxime, wichtige Besprechungen ganz damit. Allerdings gilt diese wortung verlieren. Es ist ein Fluch, nicht zu den Tagesrandzeiten, son- Entscheidung nur bis auf Weiteres. dass deutsche Unternehmen so dern zu den Kernarbeitszeiten an- Denn auch Zeit für Familie und eige- stark an der Präsenz- und Verfüg- zusetzen, damit wirklich alle teil- ne Bedürfnisse wird immer wichti- barkeitskultur hängen: Wer am nehmen können. ger. Ein Unternehmen, das sich in längsten im Büro ist, leistet am seiner ganzen Kultur diesen neuen meisten für die Firma – so das in Und was zeichnet partnerschaft Erfordernisse anpasst, hat die beste Deutschland noch immer weit ver lich orientierte Unternehmen noch Chance, die jungen Leute dauerhaft breitete Vorurteil. Die meisten Un aus? Dass sie auch die Infrastruktur an sich zu binden. ternehmen in Deutschland unter nicht außer Acht lassen. Der Auf- stützen nicht aktiv, dass junge Väter und Ausbau haushaltsnaher Dienst- ihre Stelle von 100 Prozent auf 80 leistungen, wie zum Beispiel Putz- Prof. Dr. Carsten Wippermann ist reduzieren können – ohne dass dies oder Bügelservices oder Gartenhilfe, Geschäftsführer des DELTA-Insti- für diese mit "Verlust" von Kom kann die Vereinbarkeit beim Wie tuts für Sozial- und Ökologiefor- petenz und Verantwortung verbun- dereinstieg in den Beruf ebenfalls schung und lehrt Soziologie an der den ist. Das gilt in gleichem Maße erleichtern. Zeit ist ein knappes Gut. Katholischen Stiftungsfachhoch- mit Blick auf Frauen. Und es fehlt Das Bedürfnis der Mitarbeiter nach schule München/Benediktbeuern noch immer das Recht auf Rückkehr Unterstützung ist groß, weil es für auf den vorherigen Stellenumfang in sie unglaublich zeitaufwendig ist, möglichst derselben Position. solche Angebote zu suchen, zu son- ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 19
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT ANTWORT 1: UNTERSCHIEDLICHE entfällt oder sich verkürzt, gewinnen sie eine neue LEBENSPHASEN UND LEBENSSTILE DER Zeitsouveränität. Kurz und knapp lässt sich die He- BESCHÄFTIGTEN VERSTEHEN rausforderung für die Unternehmen so skizzieren: Sie Vereinbarkeit muss künftig breiter gedacht werden, um müssen künftig Mut und Offenheit für neue Konzepte die Unter schiedlichkeit der Lebensent wür fe und Modelle einer digitalen Arbeitswelt zeigen – und widerzuspiegeln – dies gilt auch für die Personalpolitik sie müssen diese neuen Lösungen aktiv an die Men- der Unternehmen. Es geht dabei nicht um das x-te schen im Betrieb herantragen sowie den Einzelnen bei neue Arbeitszeitmodell, sondern um die Anerkennung der Umsetzung unterstützen. von Individualität, um das Akzeptieren von Lebenspha- sen und -stilen. Die Instrumente (flexible Arbeitsbedin- ANTWORT 3: DEN KULTURELLEN RAHMEN gungen, Serviceangebote u.a.) sind bekannt und viel- FÜR FLEXIBILITÄT ENTWICKELN fach vorhanden. Jetzt geht es darum, sie für die Breite Mobile Arbeitsstrukturen zu etablieren, reduziert sich der Belegschaft zugänglich und selbstverständlich nicht darauf, technische Lösungen zu finden und ent- nutzbar zu machen. sprechende Infrastrukturen bereitzustellen. Eine Gute Unternehmenspolitik nimmt künftig nicht nur neue Vereinbarkeit muss im Unternehmen auch ge- die Väter stärker in den Blick, die in den vergangenen lebt werden. Wenn die Beschäftigten das Gefühl ha- Jahren eher wenig Aufmerksamkeit der Personalverant- ben, dass Teilzeitmodelle, das Arbeiten von zu Hause wortlichen erfahren haben. Sie muss beispielsweise oder virtuelle Teamarbeit zu einer schlechteren Beur- auch an junge "Relaxte", ehrenamtlich Engagierte, ext- teilung des Vorgesetzten führen, die Karrieremöglich- rem Leistungsorientierte, mittlere Jahrgänge mit pflege- keiten einschränken oder auch nur die Skepsis der bedürftigen Eltern denken – und natürlich weiterhin an Kollegen nach sich ziehen, werden sie die Angebote jüngere und ältere Mütter. Erforderlich ist also ein neues ausschlagen. Verständnis von individualisierter Personal- und Füh- Das Unternehmen muss eine Kultur schaffen, wel- rungspolitik im Unternehmen – mit der Bereitschaft, auf che neue, flexible Arbeitsweisen unterstützt und för- die unterschiedlichen Lebensphasen und -stile der An- dert. Dazu muss sich auch das Verständnis von gestellten einzugehen. Führung ändern. In der Vergangenheit erforderte prä- senzorientiertes Arbeiten eine Führungsweise des An- ANTWORT 2: FLEXIBLE ARBEITSSTRUKTUREN leitens und des engmaschigen Abgleichs von Ergebnis- AUSPROBIEREN UND ETABLIEREN sen. Ein umfassend flexibles Arbeitsumfeld verlangt Die Digitalisierung eröffnet Möglichkeiten, ganz neue Führung auf Distanz. Dessen Kernelemente sind klare Wege bei der Arbeitszeit- und Arbeitsplatzflexibilität zu Regeln, regelmäßige Kommunikation und ein hohes gehen. Während viele Unternehmen längst begonnen Maß an Vertrauen. haben, ihre Geschäftsmodelle den digitalen Erforder- nissen anzupassen, hinkt die Modernisierung nach in- nen, bei der Organisation und den Strukturen, oftmals deutlich hinterher. Die Arbeitsmodelle sind vielfach immer noch standardisiert und "analog", was sich in einem bis heute weit verbreiteten Wunsch der Ge- schäftsleitungen und Führungskräfte nach Präsenz der Beschäftigten ausdrückt. Diese sind gedanklich meist schon weiter. Sie schätzen mobiles Arbeiten – von zu Hause aus oder einem anderen Ort als dem Büro. Wenn das Pendeln 20 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT Praxistest. Um den Qualitätssprung zu schaffen, müssen die Unternehmen vor allem ihre Personalpolitik und Führungs- kultur auf den Prüfstand stellen. Eine Checkliste setzt erste Impulse, wo und wie sie eine bessere Vereinbarkeit er- reichen können. Die neue Vereinbarkeit steht für ein betriebliches Um- wird. Der von Roland Berger entwickelte Ansatz eines feld, das es allen Beschäftigten ermöglicht, ihre Leis- Vereinbarkeitschecks zielt darauf, dass jedes Unter- tungen zu entfalten, und das über alle Lebensphasen nehmen daraus erste Impulse und Ideen für das weite- Optionen für eine nachhaltige Beschäftigungsfähigkeit re Vorgehen ableiten kann. Es werden sechs Leitfragen sicherstellt. Für die deutschen Unternehmen liegt darin an die bisherige betriebliche Personalpolitik und die eine Herausforderung, weil sie in der Regel dieses Ni- Unternehmensführung gestellt. J veau noch nicht erreicht haben. Mit dem Sprung bei Da die Vorteile und die grundlegenden Handlungs- der Vereinbarkeitsqualität und -kultur verbindet sich für felder und Mechanismen bekannt sind, wird der nächs- sie eine große Chance, gute Fachkräfte zu gewinnen te Schritt für Unternehmen keine unerfüllbare Aufgabe und an sich binden zu können. sein. Das Siegel "Made in Germany" mit der Qualitäts- Eine vereinbarkeitsbewusste Unternehmens- plakette "Neue Vereinbarkeit umgesetzt" wird die Zu- politik war nie eine Einbahnstraße – und sie wird es kunftsfähigkeit des Standorts Deutschland stärken. auch künftig nicht sein. Die Flexibilisierung von Arbeits- Wer das vorhandene Fachkräftepotenzial bestmöglich platz und Arbeitszeit führt – das zeigen alle Studien – nutzt, hat den entscheidenden Hebel für eine hohe In- zu einer höheren Zufriedenheit, mehr Produktivität und novationsfähigkeit des eigenen Unternehmens selbst Kreativität der Angestellten. Zugleich ermöglicht sie in der Hand. Auch wenn sich die Konjunkturaussichten eine effiziente Nutzung der Unternehmensressourcen für Deutschland in den nächsten Monaten eintrüben (Büroraum, Infrastruktur u.a.). sollten: Es gibt keinen günstigeren Zeitpunkt, sich Es gibt kein allgemeingültiges Umsetzungskonzept, rechtzeitig und umfassend als attraktiver, vereinbar- keinen Königsweg zu einer lebensphasenorientierten keitsbewusster Arbeitgeber zu positionieren. Wer jetzt Arbeitsorganisation. Jedes Unternehmen muss eine handelt, wird sich Vorteile für die Zeit sichern, in wel- individuelle Strategie entwickeln, die den Besonder- cher der Wettbewerb um qualifizierte Beschäftigte heiten seiner Mitarbeiterschaft, seiner Branche, seines noch einmal deutlich anzieht. Marktumfelds und seiner Wettbewerbsposition gerecht ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 21
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT J DIE NEUE VEREINBARKEIT – DER REALITÄTSCHECK DEN HANDLUNGSBEDARF EINES UNTERNEHMENS MIT SECHS LEITFRAGEN ERMIT TELN 1. LEITFRAGE Sind die Auswirkungen der Digitalisierung, Individualisierung und Demo- grafie auf das Unternehmen, z.B. in Szenarien, heruntergebrochen – und finden sie in Personalentwicklungsplänen Berücksichtigung? 2. LEITFRAGE Hat die Personalabteilung alle relevanten Informationen über Vereinbar- keitsanforderungen und -wünsche der Beschäftigten – und hat sie Instru- mente etabliert, um Veränderungen im Zeitablauf zu erfahren? 3. LEITFRAGE Sind die bereits bestehenden Flexibilitätsinstrumente schon darauf geprüft worden, ob und wie sie zu den unterschiedlichen Lebensphasen und -stilen der Belegschaft passen – und welche Pläne existieren zur Anpassung einzelner Modelle? 4. LEITFRAGE Ist die Arbeitsorganisation bereits ganzheitlich analysiert worden – und welcher Anpassungsbedarf bei Prozessen und Strukturen wurde dabei ermittelt? 5. LEITFRAGE Sind die Führungskräfte mit den neuen Anforderungen an Vereinbarkeit und Flexibilität vertraut und sich ihrer neuen Verantwortung bewusst – und gibt es einen kontinuierlichen Diskussionsprozess darüber, wie die Unter- schiedlichkeit der Belegschaft am besten zu managen ist? 6. LEITFRAGE Gibt es eine offene und zielgruppengerechte Kommunikation über Verein- barkeit und Flexibilität im Unternehmen – und existieren Kanäle für Vorschläge und konstruktives Feedback von den Beschäftigten? Quelle: Roland Berger 22 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT DIE NEUE VEREINBARKEIT ÜBER UNS Roland Berger Strategy Consultants Roland Berger Strategy Consultants, 1967 gegründet, ist die einzige der weltweit führenden Unternehmens- beratungen mit deutscher Herkunft und europäischen Wurzeln. Mit rund 2.400 Mitarbeitern in 36 Ländern ist das Unternehmen in allen global wichtigen Märkten erfolgreich aktiv. Die 50 Büros von Roland Berger befinden sich an zentralen Wirtschaftsstandorten weltweit. Das Beratungsunternehmen ist eine unabhängige Partner- schaft im ausschließlichen Eigentum von rund 220 Partnern. WWW.ROLANDBERGER.COM Weiterführende Lektüre Tablet-Version HIER GEHT'S ZU UNSERER KOSTENLOSEN THINK ACT-APP Um die digitalen Ausgaben unserer Publikationen zu erhalten, geben Sie "Roland Berger" im iTunes App Store oder bei Google Play ein. THINK ACT THINK ACT THINK ACT KONJUNKTUR-UPDATE UNTERNEHMEN LERNEN INDUSTRIE 4.0 – DIE 9/2014 FÜR DEUTSCH ONLINE – CORPORATE NEUE INDUSTRIELLE LAND UND EUROPA LEARNING IM UMBRUCH REVOLUTION Vor dem Hintergrund Der Online-Bildungsmarkt Die sinkende Wettbewerbs- steigender politischer wächst rasant, denn dank fähigkeit der produzierenden Spannungen (u.a. Ukraine- der technologischen Ent- Unternehmen in Europa, Konflikt) geben unsere Experten einen Ausblick auf wicklungen der vergange- nen Jahre werden Online- insbesondere durch neue Marktteilnehmer in Asien, Links & Likes die Entwicklung der deut- Bildungsangebote immer bedroht das europäische schen und europäischen flexibler handhabbar und Modell. Die Digitalisierung BESTELLEN UND Wirtschaft. Jüngste Publi- leichter verfügbar. Die der Industrie bietet jetzt HERUNTERLADEN kation in der Reihe unserer Studie analysiert das die Chance, verlorenes www.think-act.com regelmäßigen Konjunktur- erhebliche Potenzial des Terrain zurückzugewinnen reports. E-Learning für Unternehmen. (Publikation nur in Englisch INFORMIERT BLEIBEN verfügbar). www.twitter.com/RolandBerger LIKEN UND TEILEN www.facebook.com/ RolandBergerStrategy Consultants WWW.THINK - ACT.COM 23
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