360 Vorsorge Governance - Willis Towers Watson
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360°Vorsorge Governance Verhältnis Pensionskasse – Arbeitgeber Governance im Anlagebereich IKS als Führungsinstrument Governance und Regulierung Governance in 1e-Stiftungen Überlegungen zum technischen Zinssatz Ausgabe 1 – 2020
360°Vorsorge Governance Inhalt Editorial...................................................................................................................................................................... 3 Am Puls......................................................................................................................................................................4 Wie Schweizer Pensionskassen und ihre Sponsoren interagieren – aus Sicht der Governance................................................................4 Investment-Governance................................................................................................................7 Das interne Kontrollsystem als effektives Führungsinstrument..................................................................................11 Recht & Regulierung............................................................................................................................... 14 Zunahme der Regulierungsdichte – Einschränkung der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit oder Gewinn an Sicherheit?................................................................................................................................................ 14 Governance nach Mass: Wie sehen gute Entscheidungsstrukturen für (Sammel-)Stiftungen aus?................. 18 1e-Stiftung und Governance ...............................................................................................21 Aktuarielles & Bilanzierung........................................................................................................... 23 FRP 4: Grundsätze für die Wahl des technischen Zinssatzes............................................................................................................ 23 News & Trends.............................................................................................................................................. 26 SLI Pension Benchmarking Report 2019............................................................. 26 Events.......................................................................................................................................................................27 Accounting Training Seminar.............................................................................................27
Editorial Editorial «… Wie konnte das passieren? Da hat die Governance versagt.» Diese oder ähnliche Aussagen sind die Regel, wenn in einer Pensionskasse et- was schiefläuft. Dabei wird heutzutage gerne das Schlagwort Governance verwendet, welches dann u. a. das interne Kontrollsystem, die Aufbau- und Ablauforganisation und die Entscheidungsprozesse einschliesst. Governance ist somit zunächst durchweg positiv, soll sie doch zu mehr Transparenz und Verlässlichkeit führen. Zu bedenken ist aber immer auch der Aufwand, den Governance mit sich bringt, insbesondere auch bei regulatorischen Vorgaben. Kosten-Nutzen-Abwägungen führen schnell zu dem Schluss, dass Governance angemessen sein und das Risikoprofil einer Pensionskasse berücksichtigen muss. Würden für alle die gleichen Anforderungen angesetzt werden, wären kleine Kassen mit einfachen Strukturen schnell überfordert und grosse, komplexere Kassen oder Sammelstiftungen nicht ausreichend strukturiert. In der vorliegenden Ausgabe von 360°Vorsorge nähern wir uns der Frage, wie eine gute und adäquate Governance für autonome Pensionskassen und Sammelstiftungen aussieht. Dabei wird es insbesondere um Aspekte des Geschäftsbetriebs und der Kapitalanlage gehen. Auch regulatorische Aspekte, welche zunehmend Governance-Themen verbindlich aus definieren, werden untersucht. Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre. Stephan Wildner Director of Retirement Services Switzerland 360°Vorsorge – Februar 2020 3
Am Puls Wie Schweizer Pensionskassen und ihre Sponsoren interagieren – aus Sicht der Governance Es ist wichtig, dass sowohl die Pensionskasse als auch aktion erforderlich oder empfohlen ist. Wenn beide Parteien ihre Sponsoren die eigenen Governance-Anforderungen in Bezug auf diese Punkte klare Verhältnisse schaffen und ordnungsgemäss erfüllen. Genauso wichtig ist es, eine eine offene und stetige Kommunikation pflegen, profitieren gemeinsame Auffassung über die geteilten Rollen und sie kontinuierlich und müssen nicht ad hoc Mehraufwand Verantwortungen zu pflegen, im Rahmen derer eine Inter- leisten, wenn es die Umstände erfordern (Abb. 1). Abb. 1: Aufgabenzuweisung Aufgabenzuweisung nach Position und Organisation Unternehmen Pensionskasse Buchhaltung / Stiftungsrat Verwaltung Anlage Finanzen Rechnungs HR PK PK ausschuss legung Ursprüngliche Leistungen und PK (oder neue) Plangestaltung Durchführung Vermögensanlage Monitoring Finanzierung Genehmigung Einfluss 4 willistowerswatson.ch
Am Puls Rollen und Verantwortung der Parteien Alternativ kann es regelmässige Informationssitzungen geben, bspw. nach jeder Stiftungsratssitzung. Diese Kommu- Die obenstehende Übersicht liefert eine Zusammenfassung nikation hilft, das gemeinsame Verständnis zu stärken, und der wichtigsten Rollen und Verantwortlichkeiten der Akteu- so können beide Seiten aus dem zusätzlichen Wissen Nutzen re eines Unternehmens und einer Pensionskasse. Hervorzu- ziehen. Die frühe Einbindung des HR-Departements in Kom- heben ist, dass die Einrichtung einer Pensionskasse (oder munikationspläne zu Pensionsfragen kann bspw. die Effizienz die Wahl der Sammelstiftung, welcher man beitreten kann), und Wirkung der Mitgliederkommunikation verbessern. ihre Ausgestaltung und ihre Leistungen in der Verantwor- tung des Unternehmens liegen. Das Unternehmen gibt die Verantwortung (und Macht) für die laufenden Entscheide Was kann schiefgehen? in Bezug auf die Sammelstiftung jedoch dann in grössten Typische Konfliktsituationen Teilen an den Stiftungsrat (oder die Vorsorgekommission) ab. Es gibt einige wenige typische Situationen, die zu Konflik- ten führen können (und zwar auch dann, wenn bewährte Bei den meisten laufenden Themen kann das Unterneh- Vorgehensweisen befolgt werden). Diese sind zum Beispiel: men (bestenfalls) Einfluss auf den Stiftungsrat nehmen. Dieser Einfluss kann potenziell über die vom Unternehmen Unternehmenstransaktionen / M&A-Aktivitäten ernannten Vertreter ausgeübt werden. Diese haben jedoch in ihrer Funktion als Stiftungsratsmitglieder in erster Linie Wunsch des Unternehmens, Kosten oder Risiken der eine treuhänderische Verantwortung gegenüber der Pen- Pensionskasse zu reduzieren (einschliesslich Kosten und sionskasse und ihren Mitgliedern, sodass die Einflussnah- Risiken im Rahmen von Cash-Transaktionen und/oder me des Unternehmens über sie nicht immer funktioniert. firmeneigener Rechnungslegung) Zudem erfordern nur wenige Entscheide des Stiftungs- Änderungen der Pensionskasse, welche die Rechnungs- rats eine formelle Genehmigung durch das Unternehmen. legungszahlen des Unternehmens nachteilig beeinflussen, Ein typisches und bedeutendes Beispiel für ein solches ohne dass dies beabsichtigt war Erfordernis ist, dass das Unternehmen Änderungen der Aktiver Ausschluss des Unternehmens durch die Pensions- Vorsorgepläne genehmigen muss, die zu einem Anstieg kasse aus den Diskussionen sowie der Zusammenarbeit der zukünftigen Beiträge des Unternehmens führen. mit der Pensionskasse Unzulässige Einflussnahme des Unternehmens auf den Governance-Organisation – bewährte Verfahren Stiftungsrat oder Dominanz des Unternehmens im Stif- Das Unternehmen und seine Pensionskasse sind untrenn- tungsrat bar miteinander verbunden, da sie in gewissem Masse ohne einander nicht existieren können: Einerseits hat die Schwierige Situationen kommen oft im Zusammenhang Pensionskasse ohne das Unternehmen keine Existenz- mit Unternehmenstransaktionen wie Fusionen, Übernah- grundlage (ausser als reine Rentnerkasse). Andererseits ist men, Spin-offs und Devestitionen vor. Als Folge solcher das Unternehmen gesetzlich verpflichtet, seine Angestell- Transaktionen kann es sein, dass die Mitgliederstruktur der ten bei einer Pensionskasse zu versichern. Aufgrund dieser Pensionskassen ungünstig ist (z. B. plötzliche Alterung des gegenseitigen Abhängigkeit ist ein partnerschaftliches und Versichertenbestandes oder Anstieg des Rentneranteils gemeinschaftliches Verhältnis im Interesse beider Parteien. an den Vorsorgeverpflichtungen). In solchen M&A-Situa- tionen können Vertreter des Unternehmens Kenntnis von Aufgrund der Schwierigkeit des Unternehmens, die Arbeit- zukünftigen Entwicklungen erlangen, welche eine negative gebervertreter für die Vertretung der Unternehmensinter- Auswirkung auf die Pensionskasse haben werden, was sie essen zu nutzen (was mit der rechtlichen Verantwortung, im dem ganzen Stiftungsrat jedoch zu diesem Zeitpunkt noch Interesse der Pensionskasse und der Versicherten zu han- nicht mitteilen können. In solchen Fällen ist es überaus deln, im Widerspruch stehen kann), wird empfohlen, andere wichtig, bewusst zwischen den verschiedenen Rollen, die bedeutende Unternehmensvertreter (die nicht im Stiftungs- eine Person möglicherweise einnehmen kann, zu unter- rat vertreten sind) in die Beziehung mit dem Stiftungsrat ein- scheiden und sie separat wahrzunehmen. Wenn zwischen zubinden. Wir stellen fest, dass immer mehr Pensionskassen dem Unternehmen und dem Stiftungsrat ein regelmässiger solche Arbeitgebervertreter als Gäste zu ihren Sitzungen Dialog stattfindet und Verständnis herrscht, kann dies be- einladen oder dass Unternehmen darum bitten, an diesen deuten, dass beide Seiten aus ihrer jeweiligen Perspektive Sitzungen vertreten zu sein, bspw. durch Vertreter aus dem gut auf solche Transaktionen vorbereitet sind. Finanz- oder HR-Departement. 360°Vorsorge – Februar 2020 5
Am Puls Die Pensionskasse kann auch aufgrund von statutarischen Deckungslücken zum Dealbreaker werden. Eine solche Kommunikation ist wichtig! Deckungslücke (als Folge einer Unternehmenstransaktion) kann zu Verhandlungen zwischen der Pensionskasse und Unabhängig von der Art der gewählten Pensions- dem Unternehmen führen, die potenzielle Mittelzuflüsse zur kasse ist es im Interesse aller Parteien, das bewährte Folge haben. Oft liegt es zwar auch im Interesse des Unter- Verfahren der offenen, gegenseitigen Kommunikation nehmens, für die eigenen Angestellten über eine kapitalstar- zwischen dem Unternehmen und der Pensionskasse ke und stabile Pensionskasse zu verfügen. Trotzdem können (und/oder der Vorsorgekommission) zu pflegen. die Meinungen über die einzuschiessenden Beträge stark variieren, je nachdem, welche Rolle und Perspektive man einnimmt. Der Stiftungsrat hat bei laufenden Entscheidun- gen über die Pensionskasse die Entscheidungsgewalt und kann sich bei ihrer Ausübung auf das Gesetz stützen. Wenn Adam Casey der Stiftungsrat jedoch in der Praxis das Unternehmen vor- Director sätzlich ausgrenzt und die Interessen des Unternehmens Fellow of Institute of Actuaries of Australia nicht respektiert, kann dies zu einem Konflikt mit dem Unter- adam.casey@willistowerswatson.com nehmen führen. Im schlimmsten Fall wird das Unternehmen +41 43 488 44 41 nach einer anderen Pensionskasse Ausschau halten. Wenn jedoch andererseits das Unternehmen den Stiftungs- rat unzulässig beeinflusst oder gar dominiert, sehen sich beide einem verstärkten Haftungsrisiko ausgesetzt: der Stiftungsrat, weil er seinen Pflichten nicht nachgekommen Samuel Neukomm Director ist, und das Unternehmen, weil es faktisch als Körperschaft Pensionsversicherungs-Experte SKPE der Pensionskasse handelte. samuel.neukomm@willistowerswatson.com +41 43 488 44 29 Kommentar Sammelstiftungen Beim Anschluss an eine Sammelstiftung statt an eine firmeneigene Pensionskasse ist die Interaktion zwischen Unternehmen und Pensionskasse im Allgemeinen einge- schränkter oder durch die Struktur der Sammelstiftung vor- definiert. Wenn das Unternehmen im Extremfall an eine voll versicherte Lösung angeschlossen ist, ist die sogenannte Vorsorgekommission nur für formelle jährliche Zustimmun- gen zuständig. Bei halbautonomen Sammelstiftungen, bei denen bestimmte Planrisiken (üblicherweise Investitions- und Langlebigkeitsrisiken) für die einzelnen Anschlüsse festgelegt werden, ist die Lage aber ähnlich wie für die oben beschriebenen firmeneigenen Pensionskassen. Bei einem Anschluss des Unternehmens an eine Sammel- stiftung ist ein Wechsel der Pensionskasse wahrschein- licher als bei einem Anschluss des Unternehmens an eine firmeneigene Pensionskasse. Wenn sich ein Unternehmen eine neue Pensionskasse sucht und sich für diese ent- scheidet, kann es wieder Teil des Entscheidungsprozes- ses werden (obgleich ein Wechsel bestimmten rechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Einwilligungen der Ange- stellten unterliegt). 6 willistowerswatson.ch
Am Puls Investment-Governance Ein zu guter Deal, um wahr zu sein? Sie wissen genau, was sie gut können und – was ebenso wichtig ist – was sie weniger gut können. Was würden Sie denken, wenn Ihnen jemand eine kosten- günstige Investition anbieten würde, die die Performance Mit diesen Schritten können sie selbstbewusst Strategien Ihres Fonds mit wenig Risiko um bis zu 1 Prozent pro Jahr beschliessen, die mehr Raffinesse und Geduld erfordern. erhöhen könnte? Zu gut, um wahr zu sein? Was wäre, wenn man Ihnen sagen würde, dass die führenden Anleger der Umgekehrt neigen Anleger, die nicht in diese guten Go- Welt alle die gleiche Investition getätigt haben und dass die vernanceattribute investieren, zu Inkonsistenz. Ihre Ziele Kapazität für weitere Anleger fast unbeschränkt ist? Haben verändern sich laufend. Sie übersehen Warnsignale. Sie wir Ihr Interesse geweckt? Dann lesen Sie weiter. Die besten suchen häufig den Erfolg, indem sie vergangenen Renditen institutionellen Anleger der Welt zeichnen sich alle durch ein nachjagen. Wenn es hart auf hart kommt, verlieren sie oft Merkmal aus: Sie legen alle viel Wert auf ihre Governance. die Nerven und verfallen in Schuldzuweisung. Was ist Governance? Verfügen Sie über Mechanismen, die sicherstellen, dass Ihre Organisation Wert Für diese versierten Anleger umfasst Governance alle Per- schafft statt vernichtet? sonen und Prozesse, die eine Organisation für das Erreichen ihres Ziels einsetzt. Wenn es so einfach ist, warum wenden es dann nicht alle an? Es ist keine Kostenfrage: Die finanziellen Kosten für die Neu- Kaum zu glauben! ausrichtung der Governance sind relativ gering im Verhältnis Die Anleger nehmen immer öfter eine Stellungnahme zur zu anderen Entscheiden, die Pensionskassen routinemässig Governance in ihre Investment Beliefs auf, wie: treffen. Es gibt vielfältige Gründe, die sich aber oft auf die Angst vor Veränderungen, kombiniert mit der Überschätzung Für den Erfolg sind eine hochstehende Governance der bestehenden Governance, reduzieren lassen. sowie Entscheidungsfindung massgebend. Gut kann mehrere Formen annehmen Trotz Anerkennung des Stellenwerts von Governance Ein nützlicher Ansatz ist die Auseinandersetzung mit dem erhält das Thema oft wenig weitere Aufmerksamkeit. Governancebudget Ihrer Organisation. Entweder lenkt Ihre Governancekapazität die Ausgestaltung Ihrer Anlagen – oder Wie wollen Sie zeigen, dass Ihnen Governance umgekehrt. Wenn Ihr Budget tief ist, müssen Sie entweder wichtig ist? über eine einfache Strategie verfügen oder sie an jemanden auslagern, der ein höheres Governancebudget bieten kann. Einfluss der Qualität der Governance auf die Rendite Investieren ist eine hart umkämpfte Tätigkeit, und die cleversten Anleger profitieren von den Schwächen ihrer Passt Ihr Governancebudget zu Ihrer Strategie? Konkurrenten. Ihr Verlust ist mein Gewinn. Aber wenn das Ein guter Governanceansatz mit 12 Faktoren so ist, wie gewinnen dann die Sieger? Die folgende Tabelle fasst die Merkmale zusammen, die Willis Towers Watson bei der Governancequalität einer Or- Sie stellen Spitzenentscheidungsträger ein und geben ganisation berücksichtigt. 25 oder mehr uneingeschränkte ihnen die Möglichkeit, ihr volles Potenzial auszuschöpfen. «Jas» bedeuten, dass die Governance ziemlich fit ist. 15 oder Bei ihrer Entscheidungsfindung sind sie sehr diszipliniert. weniger weisen darauf hin, dass Sie von ausführlichen Arbei- Sie führen konsistente und kohärente Abläufe für die Ent- ten an der Effizienz der Governance profitieren würden. scheidungsfindung ein, die den menschlichen Schwächen entgegenwirken. Sie lernen laufend dazu und streben nach Verbesserung in dem, was sie tun. 360°Vorsorge – Februar 2020 7
Am Puls Die 12-Faktoren Checkliste 1. Klarer Auftrag: Verfügen Sie über einen klaren organisato- 7. Anlageteam: Sind Sie für ein hochqualifiziertes, aus- rischen Plan? Wird er von einem entsprechenden Business- reichend grosses Anlageteam attraktiv? Verfügt dieses plan unterstützt? Stehen die wichtigen Akteure dahinter? über klar definierte Verantwortungen und ist es auf Ihre organisatorischen Ziele ausgerichtet? 2. Effektive Zeitnutzung: Wird mit Klarheit delegiert? Kon- zentriert sich der Anlageausschuss auf strategische Ent- 8. Kompetenzen Stiftungsrat: Verfügt Ihr Stiftungsrat über scheide und überlässt die operativen dem Management? Mitglieder mit fundiertem Hintergrund im Finanzwesen Beherrschen strategische Fragen (wie die Governance) oder in der Vermögensanlage, die das Managementden- die Tagesordnung? ken effizient hinterfragen und leiten können? Besteht eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Stiftungsrat und 3. Leadership: Können sich die Führungskräfte der Orga- Management? nisation effizient auf die verschiedenen Fertigkeiten und Stile in der Organisation konzentrieren? Haben sie guten 9. Vergütung: Können Sie ein Mitarbeiter-Wertversprechen Kontakt mit den Akteuren? Üben sie ihre Rolle mit Leiden- bieten, das die höchstqualifizierten Personen anzieht? schaft und Tatkraft aus? Verfügen Sie über eine erfolgsorientierte Leistungsver- gütung? Wird sie aufgeschoben, um nachhaltige Perfor- 4. Beliefs: Verfügen Sie über ausgereifte Investment Beliefs? mance zu belohnen? Sind der Anlageausschuss und das Management darauf ausgerichtet? Werden die Beliefs bei der Entscheidungs- 10. Wettbewerbspositionierung: Kennen Sie die Wettbe- findung mit einbezogen? werbsstärken und -schwächen Ihrer Organisation? Ist Ihre Strategie darauf ausgerichtet? Können Sie über die 5. Risikomanagement: Verfügen Sie über eine klare Stel- Qualität Ihres Anlageteams und Anlagemodells Mehr- lungnahme zur Risikobereitschaft? Verfügen Sie über wert schaffen? einen strukturierten Prozess für die Zuteilung auf ver- schiedene Risikofaktoren in Ihrem Portfolio? 11. In Echtzeit ausführen: Können Sie, wenn erforderlich, Entscheide in Echtzeit treffen? Können Sie das Beste 6. Managerselektion: Verfügen Sie über klare Richtlinien aus dem Zeithorizont machen, der Ihrer Organisation für die Einstellung und Entlassung von Vermögensver- zur Verfügung steht? waltern? Wird dabei der Fokus mehr vorausschauend auf organisatorische Elemente als auf vergangene Perfor- 12. Lernfähigkeit: Verfügen Sie über eine Organisations- mance gelegt? kultur, die danach strebt, sich laufend zu verbessern? Verfügen Sie über Abläufe, um aus vergangenen Ent- scheiden zu lernen? Netzwerken Sie mit Fachkollegen, um zu erfahren, wie sie vorgehen? Einige konkrete Beobachtungen Hier besteht die Herausforderung klar darin, die Governan- zu Schweizer PK-Anlagepraktiken cestruktur zu finden, die zum Hauptziel passt, das in der Lieferung der geforderten Rendite zum niedrigsten Risiko Beispiel 1 – Ein effizientes Portfolio erfordert Monitoring besteht. Behalten Sie unter Berücksichtigung der Kenntnis- Die meisten Anlageausschüsse Schweizer Pensionskas- se und Fertigkeiten der für die Investition verantwortlichen sen treffen sich vierteljährlich, was für ein einfaches, meist Personen möglichst viel intern und suchen Sie zusätzliche passives Portfolio ausreicht. Je komplexer dieses jedoch Unterstützung für Aufgaben, die besondere Fertigkeiten ist, bspw. mit aktivem Management in weniger liquiden Be- von ausserhalb der Organisation erfordern (Abb. 2). reichen, umso mehr steigt der Kontrollbedarf, der rasch die verfügbaren Ressourcen übersteigen kann. Die folgende Grafik veranschaulicht diesen Punkt durch den Vergleich eines «kostenorientierten» (Low Governance) mit einem «effizienzorientierten» (High Governance) Portfolio (Abb. 1). 8 willistowerswatson.ch
Am Puls Abb. 1: Vergleich von zwei Portfolios mit den gleichen erforderlichen Renditen Diversifizierung innerhalb der Segmente Aktien, Kredit und Alternativen 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Low Governance Portfolio 35 % 5 % 20 % 5 % 5 % 30 % Kostenorientiert passiv – – – High Governance Portfolio 15 % 5 % 5 % 10 % 10 % 10 % 10 % 20 % 10 % 5 % Effizienzorientiert Smart passiv aktiv illiquid n Aktien Schweiz und Industrieländer Beta n Aktien Schwellenländer n Börsennotierte Infrastrukturtitel Beide Portfolios zielen auf die glei- n Obligationen Schweiz chen erforderlichen Renditen ab. n Obligationen Welt Hohe Governance Portfolio er- n High Yield, Emerging Debt fordert grössere Anstrengungen, aber das Risiko ist um ~ 40 % n Loans, Direct Lending, ABS, verbrieft reduziert. n Immobilien n Alternative Beta n Infrastruktur Quelle: WTW GAM Model, 30.9.2019. Abb. 2: Willis Towers Watson’s Auswertung Governance Verglichen mit einem Referenzportfolio kann Governance entweder Mehrwert oder Entwertung bewirken, je nach anfänglichem Risikobudget. AAA Global best practice AA Starke Governance A BBB Rendite Starke Governance BB B CCC CC Schwache Governance C Risikobudget Mehrwert Referenzportfolio Entwertung 360°Vorsorge – Februar 2020 9
Am Puls Beispiel 2 – Gründe, einen Vermögensverwalter Abb. 3: Wie lange wird Underperformance toleriert, zu ersetzen bis nach einem Ersatz gesucht wird? Pensionskassen reagieren oft zu heftig und entlassen Ver- 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % mögensverwalter für schlechte kurzfristige Performance. Dies ist jedoch oft die falsche Entscheidung (Abb. 3). 1 Jahr 40 % Häufig wird ein Vermögensverwalter nur aufgrund von enttäuschender (und oft kurzfristiger) vergangener Perfor- 2 Jahre mance ersetzt. Allerdings ist die vergangene Performance 49 % ein schlechter Gradmesser für zukünftige Renditen. Deshalb ist es wichtig, dass die Gründe für eine Underperformance 3 Jahre analysiert werden, und zwar mit Blick auf die Abläufe und 11 % Personen, damit eine gut begründete Einschätzung des zu- künftigen Renditepotenzials vorgenommen werden kann. Quelle: Erhebung Financial Times/State Street Global Advisors, Oktober 2016. Beispiel 3 – Dinge richtig machen – oder die richtigen Dinge tun? Gerne können wir Pensionskassen bei der Wahl der richti- gen Themen und deren Planung für 2020 unterstützen, in- Abb. 4: Low vs. High Governance dem wir eine kostenlose Businessplanvorlage bereitstellen. Selbstverständlich ist ein effizienteres Sitzungsmanagement 5% nicht die einzige Zutat für den Governance-Erfolg, aber es ist für die meisten Pensionskassen der beste und einfachs- te Startpunkt. 25 % Low 50 % Governance Jérôme Franconville Head Investment Services (Schweiz) jerome.franconville@willistowerswatson.com +41 21 321 68 04 20 % 18 % Michael Valentine Investment Consultant 34 % michael.valentine@willistowerswatson.com +41 43 488 44 10 High Governance 22 % 26 % n Obligationen n Aktien n Immobilien n Andere Anlagen 10 willistowerswatson.ch
Am Puls Das interne Kontrollsystem als effektives Führungsinstrument In der Verordnung über die berufliche Alters‑, Hinterlas- Risiken erkennen und bewerten senen‑ und Invalidenvorsorge (BVV 2) wird unter anderem Bei einem Risikofrüherkennungssystem steht, wie der Name festgehalten, dass die Revisionsstelle bei der Prüfung der es schon vermuten lässt, die frühzeitige Identifizierung von Organisation und Geschäftsführung der Vorsorgeeinrich- Risiken und deren Ursachen im Vordergrund. Denn erst mit tung auch bestätigt, dass eine der Grösse und Komplexität dem Wissen über die möglichen Ursachen eines Risikos angemessene interne Kontrolle existiert. Nähere Definitio- können Massnahmen ergriffen werden, um die möglichen nen, wie diese interne Kontrolle auszugestalten ist, liefert Gefahren zu reduzieren oder die Folgen aus den erkannten die Gesetzgebung nicht. In der Praxis ist die Nutzung eines Risiken beherrschbar zu machen. Welche Risiken Sie im sogenannten internen Kontrollsystems (IKS) die geläufigste Rahmen Ihres internen Kontrollsystems kontrollieren sollten Umsetzung einer solchen internen Kontrolle. Doch was be- und wie diese einzuordnen sind, kann pauschal nicht beant- deutet das genau? wortet werden. Wirft man allerdings einen Blick auf unser Nachbarland Deutschland, ergeben sich aus den aufsichts- Sinn und Zweck des internen Kontrollsystems rechtlichen Mindestanforderungen an das Risikomanage- Das interne Kontrollsystem in der beruflichen Vorsorge ist ment (MaRisk VA) folgende Risikokategorien: ein Risikofrüherkennungssystem. Es soll den Stiftungsrat bei der Erreichung der operativen Ziele sowie bei der Einhaltung Versicherungstechnische Risiken von Gesetzen und Richtlinien als auch generell im Risiko- Konzentrationsrisiken management unterstützen. Oftmals variieren die Interpreta- Kapitalanlagenrisiken tionen und Umsetzungen hierzu aufgrund der mangelnden Strategische Risiken Konkretisierung in der Gesetzgebung. So kann es schnell passieren, dass man bei der Erstellung eines solchen Instru- Operationelle Risiken ments überfordert ist oder dass bereits bestehende Kontroll- Reputationsrisiken systeme nicht weiter aktualisiert werden. Eine Orientierung an bestehenden Systemen ist sinnvoll, Das kann dazu führen, dass gewisse Faktoren unkontrolliert aber nur begrenzt hilfreich. Die Risikokontrolle an sich ist und entsprechende Risiken unerkannt bleiben oder bereits sehr individuell. Deshalb empfehlen wir, bei der Erstellung implementierte Kontrollen in der Zwischenzeit hinfällig ge- des IKS sämtliche Prozesse zu durchleuchten und diese auf worden sind, aber dennoch jedes Jahr wieder durchgeführt ihre jeweiligen Risiken zu analysieren. Dieses Vorgehen sollte werden. Solche Fehlerquellen mindern den Mehrwert dieses danach regelmässig wiederholt werden, damit Ihr Kontroll- Instruments. Schafft man es, diese zu beheben, führt das zur system sich mit der Vorsorgeeinrichtung mitentwickelt und Ersparnis von Kosten und Zeit einerseits sowie zu einer effek- so möglichst aktuell bleibt. tiven Kontrolle von Risiken andererseits. Mit diesem Artikel möchten wir Ihnen wichtige Kernelemente eines internen Sind die potenziellen Risiken erst einmal bekannt, ist es Kontrollsystems aufzeigen, damit Sie die zuvor beschriebe- vorteilhaft, diese hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlich- nen Problemstellungen vermeiden und das IKS als effektives keiten einerseits und möglichen Auswirkungen andererseits Hilfsmittel und Führungsinstrument nutzen können. zu bewerten. Dadurch erkennt man, welche Risiken stärker kontrolliert werden müssen und welche weniger. So können die verfügbaren Kontrollressourcen optimal eingesetzt wer- den. Typischerweise erfolgt eine solche Beurteilung mit Hilfe einer Risikomatrix. Auch hier ist die regelmässige Wiederho- lung des Vorganges empfehlenswert, um effektive Kontrollen zu ermöglichen und die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass überflüssige Kontrollen erfolgen (Abb. 1). 360°Vorsorge – Februar 2020 11
Am Puls Abb. 1: Risikomatrix 100 % 90 % 80 % 70 % Eintrittswahrscheinlichkeit 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% gering akzeptabel kritisch katastrophal Schadensausmass n Hoher Kontrollaufwand n Mittlerer Kontrollaufwand n Geringer Kontrollaufwand Kontrollmechanismen: Definieren Sie die Periodizität der jeweiligen Massnahmen Periodizität und Zuständigkeiten definieren und führen Sie auf den implementierten Kontrollhilfen das Datum der zuletzt erfolgten Kontrolle auf. Dies vereinfacht Neben Risikobeschreibung und -bewertung sollte auch die Selbstkontrolle. Letztlich sollte zu jedem Risiko und des- festgehalten werden, welche Massnahmen gegen diese sen Massnahme(n) unbedingt auch eine dafür zuständige Risiken getroffen oder wie diese kontrolliert werden. Oft- Person definiert werden. Je konkreter, desto besser. mals wird hierbei auf Protokolle und Sitzungen verwiesen, was die Kontrolle erschwert, weil die einzelnen Komponen- ten zusammengesucht werden müssen. Es bietet sich an, Gefahrentabelle als zentrales Element die Massnahmen mittels Listen, Grafiken oder Ähnlichem Führt man nun die zuvor erwähnten Elemente in einer Über- direkt in das Kontrollsystem zu integrieren. Dadurch sind sicht zusammen, ergibt sich eine Gefahrentabelle für die sämtliche Informationen zentral einsehbar. Eine Bewertung Vorsorgeeinrichtung. Es ist auf einen Blick zu erkennen, wel- der vorgesehenen Massnahme, ähnlich wie beim Risiko, che Risiken bestehen, wie sich diese auf die Vorsorgeein- kann optional ebenfalls geführt werden. richtung auswirken können, welche Massnahmen getroffen werden und wie oft diese von welcher Person durchzuführen sind. Ein mögliches Beispiel einer solchen Gefahrentabelle anhand der Kontrolle von Zeichnungsberechtigungen könnte wie folgt aussehen (Abb. 2). 12 willistowerswatson.ch
Am Puls Abb. 2: Gefahrentabelle Kontroll Ziel der Beurteilung des Mass- Kontroll letzte Zuständigkeit gegenstand Kontrolle Risikos nahme frequenz Kontrolle Zeichnungsbe- Verhinderung Mittleres Liste «Zeich- Geschäfts Jährlich 16.10.2019 rechtigungen bei von ungültigen Risikomass nungsberechti- führung Handelsregister Verträgen gungen» führen und Banken Machtmiss- Stichproben bei Kollektive Zeich- brauch durch unterzeichneten nungsberechti- eine Einzelper- Dokumenten gungen son verhindern Fazit Virginie Morand Die hier aufgeführten Elemente sind als Orientie- Aktuar SAV Associate rungshilfe zu verstehen und bilden keine abschlies- sende Aufzählung. Versuchen Sie Ihr IKS kritisch zu virginie.morand@willistowerswatson.com +41 21 321 68 17 betrachten und es als Arbeitsinstrument zu verste- hen. Es soll so ausgestaltet werden, dass ein konkre- ter Mehrwert daraus entsteht. Ein gutes, passendes IKS kann über die Einhaltung einer regulatorischen Vorschrift hinaus als effektives Kontroll- und Füh- rungsinstrument eingesetzt werden. Klare Defini- tionen und regelmässige Kontrollen sind essenziell. Nico Fiore Pension Fund Management Bei Unsicherheiten lohnt es sich, den Austausch mit einem unabhängigen Anbieter zu suchen. Wir stehen nico.fiore@willistowerswatson.com +41 43 488 44 06 sehr gerne zur Verfügung und unterstützen Sie bei der Erstellung oder Überarbeitung Ihres internen Kontrollsystems. Das Wichtigste in Kürze Das IKS ist als Arbeitsinstrument zu verstehen und soll so ausgestaltet werden, dass ein konkreter Mehrwert daraus entsteht. Es soll den Stiftungsrat bei der Erreichung der operativen Ziele sowie bei der Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien als auch generell im Risikomanagement unterstützen. Betrachten Sie Ihr IKS kritisch und versuchen Sie, es so aktuell und individuell wie möglich zu halten. So stellen Sie sicher, dass Ihr IKS einen wichtigen Beitrag in der Governance leistet. 360°Vorsorge – Februar 2020 13
Recht & Regulierung Zunahme der Regulierungsdichte – Ein- schränkung der unternehmerischen Gestal- tungsfreiheit oder Gewinn an Sicherheit? Die Regulierungsdichte hat in den letzten Jahren im Vor- Freiheit belassen werden, welche insbesondere auch sorgebereich massiv zugenommen. Dies einerseits durch erforderlich ist, um sich erfolgreich und individuell an ver- immer häufigere und detailliertere Rechtserlasse im Umfeld änderte Umstände anpassen zu können. Diese Spielräume der Vorsorgeeinrichtungen selber und andererseits auch wurden bisher in einem unternehmerischen Sinne rege für in anderen Rechtsbereichen mit starken Auswirkungen auf situationsgerechte und ökonomisch sinnvolle Lösungen ge- die berufliche Vorsorge. Einige neue Regulierungsschritte nutzt. Davon haben häufig Arbeitgeber und Versicherte glei- haben jedoch auch die Flexibilität der Vorsorgeeinrichtun- chermassen profitiert. Die Vorsorgeeinrichtungen können gen erhöht. dabei die Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf ihre Situation bezogen mit dem Erlass massgeschneiderter Reglemente berücksichtigen. (Historischer) Grundgehalt der Regulierung im Vorsorgebereich In anderen Systemen in Europa liegt eine höhere Konzent- Das System der beruflichen Vorsorge basiert historisch eher ration der Vorsorgeeinrichtungen vor. Einhergehend damit auf Prinzipien und Grundsätzen (Regelung im OR, Prinzipien liegt auch eine höhere Professionalisierung und Regulierung der Angemessenheit, Kollektivität, Gleichbehandlung und der beruflichen Vorsorge vor. So sieht das EU-Recht bspw. Planmässigkeit sowie Versicherungsprinzip) als auf Detail- unabhängige Schlüsselfunktionen im Governance-Bereich regelungen. vor, nämlich eine Risikomanagementfunktion, eine interne Revisionsfunktion und eine versicherungsmathematische Dieses grundsätzlich prinzipienbasierte System lässt somit Funktion (siehe dazu: Schilter/Heiniger, in: Schweizer Perso- traditionell sowohl Gestaltungs- und Ermessensspielräume nalvorsorge 07-2019, S. 102). für die Vorsorgeeinrichtungen zu als auch für die Rechts- anwendung seitens der Behörden und Gerichte. Somit kann den einzelnen Vorsorgeeinrichtungen die unternehmerische 14 willistowerswatson.ch
Recht & Regulierung Abb. 1: Zunehmende Regulierungsdichte Regel- statt grundsatzbasierte Überwachung BVG- Reform* Struktur- FIDLEG/ reform FINIG BVG, BVV2 FZG, DSG Anpas- 1e-Plan- (Einkaufs Revision beschränkung) sungen BVV2 Teilliquidation 400 ZGB, BVG, FZG, 1. BVG Revision Revision Scheidungsrecht BVV2 (Ehescheidung, Anzahl Artikel Anlagevorschriften) ATSG BVV 1 BVV 2 FZG WEF BVG ZGB OR OR 100 5 2 1955 1972 1985 1986/87 1995 2000 2003 2005 2009 2010 2017 2020 Jahr * In Vernehmlassung. Überblick über die wichtigen Um derartige Missbrauchsfälle zu verhindern und Sicherheit Regulierungsschritte zu schaffen, haben im letzten Jahrzehnt einige Reformen zu einer stärkeren Regulierung geführt. Es ist dabei stets abzu- In den letzten Jahren wurden immer mehr und immer wägen zwischen den Kosten und dem Nutzen der einzelnen detailliertere Gesetze, Verordnungen und Regulierungen im Regulierungen für das Rechtssystem. So hat insbesondere Bereich der beruflichen Vorsorge erlassen. Einerseits wurde die Strukturreform ab 2011 die Bestimmungen betreffend in letzter Zeit durch grössere Regulierungsvorhaben wie die Governance und Transparenz im BVG verschärft und zu Strukturreform als 2. BVG-Revision und durch Regulierungs- einer Stärkung der Aufsicht und Kontrolle über die Vorsor- schritte im Bereich Finanzmarkt und Datenschutz Sicherheit geeinrichtungen geführt. Es sollen insbesondere Interes- durch neue detaillierte Regelungen geschaffen – und den- senkonflikte vermieden und die Verantwortlichkeiten klar noch ist mit der Reform der beruflichen Vorsorge, die Ende geregelt werden. Dabei ist eine Annäherung an andere, 2019 in die Vernehmlassung geschickt worden ist, bereits stärker regulierte Rechtsbereiche wie die Regulierung der die dritte, grössere BVG-Reform im Gange – andererseits Aktiengesellschaft und die Regulierung von Banken zu be- sind durch neue Regulierungsschritte wie die Einführung obachten. So konnten griffigere Governance-Bestimmungen der neuen Gesetzgebung zu den sog. «1e-Plänen» 2017 die für einen sehr bedeutenden und kapitalintensiven Rechtsbe- unternehmerische Gestaltungsfreiheit und Flexibilisierung reich – es werden insgesamt ca. CHF 1’000 Mia. an Gutha- auch erhöht worden. ben von Versicherten verwaltet – geschaffen werden. Fälle wie «First Swiss Pension Fund», wo unter der Ägide des Stiftungsrats Vorsorgegelder in der Höhe von CHF 34 Millio- nen unrechtmässig verwendet worden sind, haben gezeigt, dass die Governance- und Risikokontrollbestimmungen teilweise verbessert werden sollten, aber auch die Rechts- anwendung und -durchsetzung bestehender Vorschriften verbessert werden können. 360°Vorsorge – Februar 2020 15
Recht & Regulierung Auch die kürzlich in starkem Ausmass zunehmende Regu- lierung in anderen Rechtsbereichen wirkt sich aus. So ist im Fazit: Auswirkungen der zunehmenden Bereich der Finanzdienstleistungen allgemein eine Tendenz Regulierungsdichte zu einer einheitlichen Regulierung für alle Anbieter («same level playfield») zu beobachten. Die neuen Gesetze im Be- Es sollte bloss reguliert werden, wo nötig zur Ge- reich der Finanzmarktregulierung (FIDLEG und FINIG mit währleistung der Sicherheit, aber so wenig ein- Inkrafttreten per 1. Januar 2020) lösen u. a. umfassende schränkend wie möglich. In letzter Zeit werden neue Bewilligungs-, Verhaltens- und Informationspflichten jedoch immer detailliertere und umfassendere für Vermögensverwalter und Anlageberater aus. Auch im Regulierungen (oft aufgrund eines Fehlverhaltens Datenschutzbereich sind umfassende Anpassungen im einzelner oder einiger weniger Akteure) erlassen. Gange. Das sich noch im parlamentarischen Beratungs- Dabei wird der Ermessensspielraum aller Vorsor- prozess befindende neue Datenschutzgesetz soll sektor- geeinrichtungen, der Aufsichtsbehörden und von übergreifend die Mitbestimmungsrechte der betroffenen Gerichten insbesondere im Governance-Bereich Personen stärken und Transparenz schaffen. Diese beiden stärker eingeschränkt. Neben der dadurch ver- Gesetzgebungsvorhaben sind dabei sehr umfassend im mehrt eingeschränkten unternehmerischen Gestal- Detaillierungsgrad und angelehnt an ähnliche, neuere Regu- tungsfreiheit wird andererseits (hoffentlich) auch lierungen in der Europäischen Union (nämlich MiFiD II und die Sicherheit erhöht, indem klare Regelungen EU-Datenschutz-Grundverordnung). geschaffen werden. In anderen Bereichen der beruflichen Vorsorge, d. h. ins- Verglichen mit anderen Rechtsgebieten wie bspw. besondere im Finanzierungs- und Leistungsbereich, hat der der Finanzmarktregulierung und auch verglichen Gesetzgeber jedoch bewusst und mit steigender Tendenz mit der Situation in den umliegenden europäischen auf die Eigenverantwortung der Vorsorgeeinrichtungen Ländern besteht allerdings nach wie vor ein relativ und eine Flexibilisierung gesetzt sowie einen höheren Ge- grosser Gestaltungsspielraum. Für Vorsorgeeinrich- staltungsspielraum geschaffen. 2017 wurde nämlich durch tungen bedeutet dies, dass immer noch erhebliche eine Gesetzesrevision die Einführung von «1e-Plänen» für Freiräume bestehen, die im Sinne der Versicherten diejenigen Pensionskassen erleichtert, welche den Ver auch aktiv eingesetzt werden sollten. So können sicherten die Wahl ihrer eigenen Anlagestrategie für Lohn- die einzelnen Vorsorgeeinrichtungen nach wie vor anteile über CHF 127’980 ermöglichen wollen. massgeschneiderte Reglementsbestimmungen um- setzen und den Versicherten viele Wahlmöglichkei- Gerade durch die aktive Wahl der Parameter der einzelnen ten (wie Beitragshöhe, Umwandlungssätze, Risiko- Vorsorgepläne wie Anlagestrategie, Umwandlungssätze, versicherung, Anlagestrategien, Weiterversicherung Beitragssätze, Rentenalter oder Rücktrittsregeln können ab Alter 58 u. a.) offerieren. die einzelnen Vorsorgeeinrichtungen für ihre Situation und ihren Bestand passende, individuelle Lösungen finden. Die Es stellt sich weiter die Frage, ob die zunehmende Tendenz der aktiven Einflussnahme von Vorsorgeeinrich- Regulierungsdichte das Ende des Schweizer Miliz- tungen und Firmen zur Verbesserung der Vorsorgelösun- systems einläutet. Insbesondere werden kleinere gen ist dabei eher steigend. Es kann gleichzeitig das Risiko Vorsorgeeinrichtungen in gewissen Bereichen minimiert als auch die Performance verbessert werden. (Finanzmarktregulierung, Datenschutz) vermehrt auf professionelle Beratungsdienstleistungen angewie- sen sein, um sämtliche regulatorische Anforderun- gen nach wie vor einhalten zu können. Die zuneh- mende Regulierung ist damit ein weiterer Faktor, der zu einer Verteuerung und letzten Endes auch zu einer stärkeren Konzentration und Professiona lisierung des Schweizer Vorsorgesystems führt. Dies bedeutet unseres Erachtens aber noch nicht das Ende des Milizsystems. 16 willistowerswatson.ch
Recht & Regulierung Ausblick Es ist zu erwarten, dass die zunehmende Konzentration, Professionalisierung und Orientierung an EU-Recht auch im Schweizer Vorsorgerecht eher zu einer weiteren Verschärfung von Governance-Bestimmungen führen wird. Es könnten in Anlehnung an die EU-rechtliche Entwicklung neue professionelle Funktionen wie eine eigenständige Risikomanagementfunktion geschaffen werden. Solche Anforderungen würden mit Sicherheit weitere Pensions- kassen zur Aufgabe zwingen und in Sammelstiftungen treiben. Auf der anderen Seite ist, insbesondere auch im Hinblick auf das aktuelle Umfeld, zu erwarten, dass die bereits be- stehenden unternehmerischen Gestaltungsräume künftig noch besser genutzt werden, insbesondere auch von Sammelstiftungen. Ein Unternehmen kann bereits heute die berufliche Vorsorge im Rahmen der Rekrutierung von Mitarbeitern besser vermarkten und mit einer guten Lösung punkten. Oder es können für die Mitarbeiter attraktivere Einkaufsmöglich- keiten geschaffen werden, um die berufliche Vorsorge optimaler aufzubauen sowie im Rahmen der zulässigen Spielräume steuerliche Vorteile zu ermöglichen. Dies würde über eine Wahl einer entsprechenden Vorsorgelösung umgesetzt – beziehungsweise auf der Ebene der Vorsorgeeinrichtung, indem der Stiftungsrat die Strategie und massgeschneiderte Konzepte detaillierter definiert (vgl. Art. 51a BVG). Die Gesetzgebung im Bereich der beruflichen Vorsorge soll auch künftig weiter flexibilisiert werden. So sollen bspw. im Rahmen der anstehenden EL-Reform Massnahmen eingeführt werden, damit ältere Arbeitslose ab Alter 58 – bzw. bereits ab Alter 55, falls reglementarisch vorgesehen – verlangen können, die Vorsorgeversicherung weiterzu- führen, wenn der Arbeitgeber kündigt. Christian Heiniger Pensionsversicherungs-Experte SKPE christian.heiniger@willistowerswatson.com +41 43 488 44 04 Patric Füglistaller lic. iur., Legal Consultant Retirement patric.fueglistaller@willistowerswatson.com +41 43 488 44 57 360°Vorsorge – Februar 2020 17
Recht & Regulierung Governance nach Mass: Wie sehen gute Entscheidungsstrukturen für (Sammel-)Stiftungen aus? Agency-Theorie als Ausgangslage Agent-Konflikte und demzufolge auf Governance-Anforde- rungen: Kleine, autonome Kassen mit einem Vermögen von Die Governance-Diskussion in Pensionskassen hat ihren Ur- deutlich unter CHF 1 Mrd. weisen ein anderes Risikoprofil auf sprung in der sog. Agency-Theorie. Immer dort, wo Vertreter als eine große Pensionskasse oder gar eine Sammelstiftung. (Agenten) Geschäfte von anderen (Prinzipalen) besorgen, besteht ein potenzieller Interessenkonflikt (Prinzipal-Agent- Bei der Governance ist daher der Grundsatz der Propor- Konflikt). Typischerweise sehen sich einzelne Versicherte tionalität zu beachten. Governance erhöht die Transparenz (Prinzipale) Pensionskassen (Agenten) gegenüber, die aus und ist oft mit einer Dokumentation und Öffentlichkeit ver- deren Sicht über Informationsvorteile verfügen und langlau- bunden, was zu erheblichem Aufwand führen kann. Würden fende, komplexe Produkte anbieten (Abb. 1). nun gleiche Governance-Anforderungen für sehr kleine und sehr große Pensionskassen formuliert, würden diese erstere Um solche Konflikte zu lösen, gibt es neben externen überfordern und letztere unterfordern. Ansätzen (Verbraucherschutzregelungen, Aufsicht) auch Maßnahmen der Pensionskassen selbst, um das Vertrauen der Versicherten zu stärken. Die Governance zählt hierzu, Besonderheiten einer Sammelstiftung selbst wenn sie mitunter auch durch Aufsichtsbehörden Sammelstiftungen weisen gegenüber einer klassischen fir- oder Revisionsstellen eingefordert wird. Mit einer guten meneigenen Vorsorgeeinrichtung gewisse Unterschiede auf. Governance kann mithin ein klassisches Prinzipal-Agent- Sie haben insbesondere unterschiedliche Geschäftsmodelle Problem abgeschwächt werden. und strukturell oft zusätzliche Organisationsebenen. Dies kann zu unterschiedlichen Prinzipal-Agent-Konflikten und Eine gute Governance, verstanden als Steuerungs- und dazu führen, dass die Interessen der Destinatäre (Prinzipale) Führungsstrukturen, muss sicherstellen, dass Entscheidun- nicht immer bestmöglich gewahrt werden. Zudem funktio- gen im Sinne der Versicherten getroffen und als Nebenbe- niert und agiert eine Sammelstiftung mit einer Vielzahl von dingung die Interessen des Plan-Sponsors gewahrt werden. verschiedenen angeschlossenen Arbeitgebern eigenständig. Offensichtlich haben die Größe und die Komplexität der Pensionskasse erheblichen Einfluss auf mögliche Prinzipal- Abb. 1: Agency-Theorie beauftragt Prinzipal Agent (Nutzenmaximierung) Vertrag (Nutzenmaximierung) Informations asymmetrie leistet 18 willistowerswatson.ch
Recht & Regulierung Anders als bei einer autonomen (Firmen-)Pensionskas- Kernelemente einer guten Governance se ist der Arbeitgeber typischerweise weniger engagiert Governance wird verstanden als Gesamtheit der auf das oder eingebunden. Die Interessen der Verwaltung und der nachhaltige Stiftungsinteresse ausgerichteten Grundsätze, Destinatäre können deshalb stärker divergieren. Gerade die unter Wahrung von Entscheidungsfähigkeit und Effi- bei komplexeren, mehrstufigen Organisationsstrukturen zienz Transparenz und ein ausgewogenes Verhältnis von besteht dieses Risiko. Die Destinatäre sind in den Führungs- Führung und Kontrolle anstreben. Die Kernelemente sind gremien mitunter nicht vertreten, und die Informationsasym- daher (Abb. 2): metrie verschärft sich. Prinzipal-Agent-Konflikte sind daher in solchen Konstellationen akzentuiert. Insgesamt nimmt die eine klare Organisations- und Führungsstruktur: Fest- Bedeutung von Sammelstiftungen im gesamten Vorsorge- legung von Gremien, klare Regelung der jeweiligen system zu, was die Relevanz, dieser Thematik betont: Zuständigkeiten, Kompetenzen und Verantwortlichkei- ten, konsequente Trennung von operativen und Über- In den letzten Jahren ist die Anzahl an autonomen Pen- wachungsfunktionen, ausgerichtet an den Risiken der sionskassen zurückgegangen, während sich Anzahl und Pensionskasse; Grösse der Sammelstiftungen erhöht haben. Heute sind bereits rund 70 Prozent der Vorsorgeversicherten in einer geeignete Governance-Mechanismen, wie bspw. risiko- Sammel- oder Gemeinschaftsstiftung versichert. Der basierte interne Kontrollen und Massnahmen (IKS), um Trend ist zunehmend. die Einhaltung von Führungs- und operativen Prozessen im Hinblick auf die definierten Ziele sicherzustellen, an- Aufgrund der Grösse gewisser Sammelstiftungen besteht gepasst an die Grösse und Komplexität der Vorsorgeein- im Falle eines Ausfalls ein erhebliches Schadenspotenzial. richtung, sowie die Implementierung von Verhaltens- und Solche Einrichtungen sind systemrelevant und gewisser- Interessenkonflikts-Regelungen und einer angemesse- massen «too big to fail». nen Berichterstattung zwischen den einzelnen Führungs- Es stellt sich daher die Frage, ob die Sammelstiftungen gremien; einer strengeren Regulierung zu unterstellen sind. Die Transparenz und Offenlegung: Informations- und Rechen- Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) schaftspflichten gegenüber Destinatären, Arbeitgebern, plant, in naher Zukunft eine Weisung zu Risikoverteilung und Aufsicht, Revision, PK-Experte, wobei die Informationen Governance in Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen klar, angemessen und zeitnah erfolgen sollen. zu erlassen. Die Massnahmen sind auf das Interesse der Destinatäre Es ist offensichtlich, dass die Governance gerade einer auszurichten, wobei die Interessen weiterer Stakeholder Sammel- oder Gemeinschaftseinrichtung ein wesentlicher wie z. B. Arbeitgeber ebenfalls zu berücksichtigen sind. Faktor in der Führung und Kontrolle darstellt. Mit einer Sie sollen zudem angemessen und effizient sein, also die guten Governance kann ein wichtiger Beitrag geleistet Entscheidungsfähigkeit aufrechterhalten, wirksam und mit werden, um die Prinzipal-Agent-Konflikte zu kontrollieren angemessenem Aufwand und Kosten verbunden sein. und die Interessen der Destinatäre zu schützen. Kontrolle und Sanktionierung ergänzen die Governance-Massnah- men in der Durchführung, ohne sie bleiben die Vorschrif- ten zahnlos. Mitunter braucht es bei Sammeleinrichtungen Abb. 2: Kernelemente einer Pension Fund Governance besondere Massnahmen, um umfassende Organisations- und Kontrollstrukturen und eine ausreichende Transpa- Reglemente, PK-Experte renz sicherzustellen. Statuten Organi Den von der OAK BV in ihrem Weisungsentwurf vom 31. Okto- sation und Transparenz ber 2018 eingeschlagenen Weg erachten wir jedoch nicht als Führungs und Offen struktur legung zielführend. Davon abgesehen, dass fraglich ist, ob der OAK BV für die geplante Regelung überhaupt eine Regelungs- Interesse der Governance- kompetenz zukommt, erachten wir die geplanten Vorgaben Destinatäre Instrumente mindestens teilweise als überschiessend, zu detailliert und und Arbeit in die gesetzlich geregelten Verantwortlichkeiten eingreifend geber (vgl. dazu unsere Stellungnahme vom 14. Januar 2019 im Rahmen der Anhörung zum Weisungsentwurf). Aufsicht Revision 360°Vorsorge – Februar 2020 19
Recht & Regulierung One size does not fit all Unser Lösungsansatz bei (Sammel-)Stiftungen Governance-Themen gibt es in allen Prinzipal-Agent-Situa- Das Thema «Governance» könnte bei (Sammel-)Stiftungen tionen. In verschiedenen Bereichen gibt es dazu besondere zielführend wie folgt angegangen werden: Regulierungen, einerseits im Sinne einer Selbstregulierung, andererseits auch im Sinne von aufsichtsrechtlichen Vor- Vorgabe, dass Organisations- und Führungsstruktur, schriften. Zuständigkeiten, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten auf allen Ebenen reglementarisch festzulegen sind. Ins- Beispiele einer funktionierenden Selbstregulierung sind besondere auch, auf welcher Ebene welche Entscheidun- etwa die Richtlinie Corporate Governance der Schweizer gen getroffen und welche Risiken getragen werden. Börse für börsenkotierte Gesellschaften sowie der swiss Auferlegung von zusätzlichen Reporting-Pflichten, z. B. code of best practise for corporate governance des Ver- im Rahmen eines Governance-Berichts im Anhang der bandes der Schweizer Unternehmen Economiesuisse, der Jahresrechnung, in welchem das oberste Organ die Ein- auch vom Schweizer Pensionskassenverband ASIP mit- haltung gewisser gesetzlicher und reglementarischer getragen wird. Sie folgen einem «comply or explain»-An- Vorschriften bestätigt oder Abweichungen davon offen- satz, d. h., Abweichungen von den Empfehlungen müssen legt, erläutert und begründet («comply or explain»). Das erläutert und begründet werden. Aufsichtsrechtlich ist das oberste Organ wäre, wie für die Jahresrechnung, für Rundschreiben 2017/1 «Corporate Governance – Banken» den Governance-Bericht verantwortlich, wobei es sich der FINMA zu erwähnen, welches die Anforderungen an bei der Erstellung des Berichts auf Hilfspersonen oder die Corporate Governance, das Risikomanagement, das Sachverständige abstützen könnte, bspw. Geschäftsfüh- interne Kontrollsystem und die interne Revision bei Banken rer, Investment Controller, PK-Experte oder Berater. Die regelt. Im Bereich von Vorsorgeeinrichtungen sind die Revisionsstelle und die Aufsichtsbehörde könnten den «OECD Guidelines For Pension Fund Governance» von be- Governance-Bericht im Rahmen der jährlichen Bericht- sonderem Interesse, die IORP-II-Richtlinie der EU, welche erstattung prüfen und falls erforderlich Massnahmen ebenfalls Governance-Bestimmungen enthält, und in der einleiten. Schweiz die ASIP-Charta und Fachrichtlinien, welche für Mitglieder des ASIP gelten. Grundsätzlich sind solche zusätzlichen Pflichten vom Ge- setzgeber anzuordnen, der in Abwägung von Kosten und Diese Regularien zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Nutzen auch definieren müsste, welche Vorsorgeeinrichtun- einzelnen Institutionen Raum lassen, auf ihre Situation gen diesen Pflichten unterstehen sollen, und angemessene zugeschnittene Lösungen zu implementieren. Unterschied- Massgeblichkeitsschwellen festlegen könnte. Wenn die liche Konstellationen rufen nach Differenzierung. Regulie- (Sammel-)Einrichtungen gute Governance-Standards selbst rung sollte daher möglichst immer prinzipienbasiert sein umsetzen oder eine Selbstregulierung der Branche erfolgen und keine detaillierten Anwendungsvorschriften enthalten. würde, könnten überschiessende regulatorische Vorgaben Auf diese Weise bleibt Raum für Lösungen im Einzelfall, die mitunter vermieden werden. den unterschiedlichen Konstellationen, Geschäftsmodellen und den damit verbundenen Risiken angepasst sind und die Alternativ oder zusätzlich könnte der Gesetzgeber auch im Laufe der Zeit auch an geänderte Umstände angepasst erwägen, Sammeleinrichtungen zu verpflichten, vom PK- werden können. Experten oder der Revisionsstelle gewisse zusätzliche Prüfungen durchführen und Bestätigungen / Empfehlungen abgeben zu lassen. In diesem Zusammenhang wären auch die erforderliche Häufigkeit und Tiefe dieser Prüfungen und Bestätigungen festzulegen. 20 willistowerswatson.ch
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