50 JAHRE UNICEF MÜNCHEN - DIE GESCHICHTE DER ARBEITSGRUPPE
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50 JAHRE UNICEF MÜNCHEN DIE GESCHICHTE DER ARBEITSGRUPPE 1969-2019 Fünf Jahrzehnte ehrenamtliches Engagement für bedürftige Kinder: Spannende Geschichten und wichtige Stationen seit Bestehen der UNICEF-Arbeitsgruppe München. 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 1 09.09.20 14:46
HERAUSGEBER UNICEF Arbeitsgruppe München Neumarkterstr. 21, D-81673 München LEITUNG Ursula Auginski KONTAKT Telefon: 089-950 53 77 E-Mail: info@muenchen.unicef.de Internet: www.muenchen.unicef.de RECHERCHE, REDAKTION, LAYOUT Christa Manta TITELGRAFIK Irini Garavela BILDRECHERCHE, BILDRECHTE Melanie Bergzoll, Christa Manta KORREKTUREN Dennis Kalde SCHLUSSBEARBEITUNG, SUPPORT, CORPORATE DESIGN UNICEF Ursula Auginski, Gino Faglioni (Das Illustrat), Günter Kreß DRUCK GC Coenen Digitaldruck, München © UNICEF-Gruppe München URHEBERRECHT Die erstellten Inhalte und Werke auf diesen Seiten unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Die Vervielfältigung, Bear- beitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtes bedürfen der schriftli- chen Zustimmung des jeweiligen Autors bzw. Erstellers. Downloads und Kopien dieser Seite sind nach Rücksprache mit dem Herausgeber, den Autoren und Erstellern nur für den privaten, nicht kommerziellen Gebrauch gestattet. Soweit die Inhalte auf dieser Seite nicht vom Betreiber erstellt wurden, werden die Urheberrechte Dritter beachtet. Insbesondere werden Inhalte Dritter als solche gekennzeichnet. Sollten Sie trotzdem auf eine Urheberrechtsverletzung aufmerksam werden, bitten wir um einen entsprechenden Hinweis. Bei Bekanntwerden von Rechtsverletzungen werden wir derartige Inhalte umgehend entfernen. FOTONACHWEISE siehe S. 58 2 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 2 09.09.20 14:46
50 JAHRE ARBEITSGRUPPE MÜNCHEN INHALT inhalt 5 Grußwort der Schirmherrin 6 Vor wort der Herausgeberin 8 Vor wort aus Köln 10 Zu Recherche und Gestaltung der Jubiläumsschrift 11 Der Anfang – UNICEF im Nachkriegsdeutschland 12 70er Jahre – Im Namen der Grußkarte 16 Ehrenamtliche der ersten Stunde 17 80er Jahre – Mit dem UNICEF-Grußkartenstand ein kleines Unternehmen leiten 19 Informations- und Lobbyarbeit, eine Sauerkrautfabrik, ein UNICEF-Kind und eine besonders erfolgreiche Verbindung 21 Eine Weihnachtskarte mit Folgen 23 tz und UNICEF – 30 Jahre Partnerschaft 25 90er Jahre – Stadt, Schickeria und Schulen machen mit, verschmähte Geschenke kommen unter den Hammer, Kinderrechte allerorten 29 Der Herr der ungeliebten Schätze 35 00er Jahre – Promis schuften für UNICEF, das Internet hält Einzug und ein Kofferraum voll Geld 41 Gruppe in der Gruppe, Krise in Köln und Kinderrechte seit zwanzig Jahren 44 10er Jahre – Das Packen hat ein Ende, es wird musiziert, gepfiffen und professionalisiert 47 Besuch bei einem Fürsten 49 20er Jahre – UNICEF München heute 52 Die Teams der Münchner AG – so beschreiben sie sich selbst 3 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 3 09.09.20 14:46
© UNICEF Australia/2016/Antti Helin 50 Jahre für die Rechte der Kinder Die UNICEF-Arbeitsgruppe München setzt sich seit 1969 für die Kinder der Welt ein. UNICEF dankt allen Mitgliedern der Gruppe herzlich für ihr Engagement und gratuliert zu diesem Jubiläum. Köln 2019 Georg Graf Waldersee, Vorsitzender Christian Schneider, Geschäftsführer Ehrenurkunde von UNICEF Deutschland für die Arbeits- gruppe München zu ihrem 50-jährigen Bestehen. 4 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 4 09.09.20 14:46
50 JAHRE ARBEITSGRUPPE MÜNCHEN ������������������������� GRUSSWORT Liebe UNICEF-Freundinnen und -Freunde, liebe UNICEF-Arbeitsgruppe München, zu allererst einmal herzlichen Glückwunsch zum 50-jährigen Bestehen der UNICEF- Arbeits- gruppe München! Seit 50 Jahren haben tausende ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz wichtige Arbeit geleistet: sie setzen sich unentgeltlich für die notleidenden Kinder dieser Welt ein, ver- wenden ihre Freizeit dazu zu informieren und Spenden zu sammeln. Dafür meinen herzlichen Dank und meine ausdrückliche Hochachtung – ganz persönlich, aber auch im Namen der vielen Kinder, denen Sie alle zusammen durch Ihr Engagement geholfen haben, ihr Leben ein Stück weit zu verbessern. Ich darf diesen Dank auch als Schirmherrin für UNICEF München überbringen. Die Übernahme dieser Aufgabe ist mir eine Ehre, die ich traditionsgemäß als Gattin des Münchner Oberbürgermeisters sehr gerne übernommen habe. Ich danke Ihnen sehr für das Vertrauen! Petra Reiter, Schirmherrin UNICEF München 5 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 5 09.09.20 14:46
VORWORT Liebe Engagierte in der UNICEF-Gruppe München und Oberbayern, liebe Freunde und Förderer, 2019 ist das Jahr dreier großer UNICEF-Jubiläen: Die legendäre UNICEF-Grußkarte wird 70 Jahre alt, die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen feiert am 20. November ihr 30-jähriges Bestehen und nicht zuletzt darf die UNICEF-Arbeitsgruppe München auf 50 Jahre ehrenamtli- ches Engagement zurückblicken. UNICEF – das Internationale Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen – immer im weitweiten Einsatz für Kinder in Kriegs- und Krisenregionen, für Kinder auf der Flucht, für hungrige, kranke oder elternlose Kinder. Immer engagiert, um global Gesundheit, Unversehrtheit, Wohlergehen und Chancengleichheit zu etablieren: Dieser NGO zollte ich schon immer meinen höchsten Respekt. Seit April 2019 bin ich die Leiterin der UNICEF-Arbeitsgruppe München und Oberbayern und ich fühle mich glücklich und sehr geehrt, die Gruppe bei ihrem Engagement für die Kinder dieser Welt unterstützen zu dürfen. Aktuell sind bei uns rund einhundert regelmäßig tätige Ehrenamt- liche in sieben Teams aktiv. Außerdem zählen zu unserer Gemeinschaft die lokalen Teams in Prien, Trostberg und Rosenheim. In der Vorweihnachtszeit engagieren sich zusätzlich circa 450 Grußkartenverkäuferinnen und –verkäufer in München und Oberbayern bis nach Garmisch-Par- tenkirchen für UNICEF. Aber es sind nicht die Zahlen, die beeindrucken, es sind die Menschen. So viele verschiedene Persönlichkeiten aller Altersgruppen engagieren sich mit ihren spezifischen Kenntnissen und Fähigkeiten, mit bewundernswerter Energie und Zuverlässigkeit im Hier und Jetzt für den guten Zweck – und mit zahlreichen Aktionsplänen gestaltet sie bereits das Morgen. Stets mit dem Fokus auf das Wesentliche, auf unseren Auftrag als UNICEF-Engagierte: nämlich auf die Not der Kinder dieser Welt, die es zu tilgen oder wenigstens zu lindern gilt. Denn leider werden die Her- ausforderungen nicht weniger, allen Kindern die gleichen Chancen für ein sicheres, gesundes und behütetes Leben zu ermöglichen, für optimale Selbstentfaltung und Beteiligung in allen Lebensbereichen zu sorgen. Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen, die diese Ziele in 54 Artikel gefasst hat, ist dabei die Basis und der Auftrag unserer täglichen Kinderschutz- und Kinderrechtearbeit. Könnte man die ehrenamtlichen Stunden zählen, die in den letzten fünf Jahrzehnten bis heute in unserer Arbeitsgruppe zusammengekommen sind, ich glaube, wir lägen im Millionenbereich. Doch von sich selbst mögen unsere Ehrenamtlichen angesichts der stets großen globalen Auf- gaben überhaupt nicht sprechen. Mit ihnen möchte ich anhand dieses Büchleins dennoch einen Blick auf das bisher Erreichte werfen: Wie waren die Anfänge, welche Menschen verbergen sich 6 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 6 09.09.20 14:46
50 JAHRE ARBEITSGRUPPE MÜNCHEN Vorwort der Herausgeberin hinter dieser großartigen Leistung, die UNICEF-Arbeitsgruppe München und Oberbayern über fünf Jahrzehnte bis heute zu prägen und zu entwickeln? Immer wieder wurden die Weichen für die Zukunft neu gestellt, so wie wir uns auch heute stets in einem Prozess befinden, bei dem wir uns für die UNICEF-Arbeit immer wieder neu justieren. Bestimmt sind einigen von Ihnen noch etliche Namen ehemaliger UNICEF-Engagierter im Gedächtnis. Doch unser Nachwuchs kennt viele Vorgängerinnen und Vorgänger nicht mehr, die jedoch die Wurzeln für die Gegenwart und die Zukunft unserer Arbeitsgruppe bilden. Um die bisherige Freiwilligen-Arbeit zu würdigen, aber auch um ein Zeitdokument für alle Interessierten und alle zukünftigen UNICEF-Engagierten liefern zu können, wurden das Archiv durchforstet und Gespräche mit Zeitzeugen geführt. Bitte haben Sie Verständnis, wenn diese Schrift Lücken enthält. Nicht alles konnte in den letzten 50 Jahren festgehalten werden. Was wir noch wissen und in Erfahrung bringen konnten, wurde aber nun zusammengetragen. Freuen Sie sich also auf viele inspirierende und spannende „Münchner G’schichten“ über die Entwicklung der UNICEF-Gruppe München und Oberbayern. Mögen uns die zahllosen gemein- nützigen Leistungen unserer Ehemaligen ein zusätzlicher Ansporn sein. Mit großem, tief empfundenem Dank und höchstem Respekt für alle früheren, jetzigen und künftigen Ehrenamt- lichen, für alle Freunde und Förderer, bin ich Ihre Ursula Auginski, Leiterin UNICEF-Arbeitsgruppe München und Oberbayern 7 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 7 09.09.20 14:46
VORWORT AUS KÖLN Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Münchner Ehrenamtliche, „das Wenige, das du tun kannst, ist viel“, sagt ein Sprichwort. Das ist ein schöner Leitgedanke für ehrenamtliches Engagement. Denn er bedeutet: Jede Aktion, jeder persönliche Einsatz macht einen Unterschied. Sie, die Ehrenamtlichen, bewegen etwas. Besonders dann, wenn dieser Leitgedanke mit solcher Beständigkeit gelebt wird: Vor 50 Jahren hat sich die UNICEF-Arbeitsgruppe in München gegründet. Seither haben viele Engagierte hier in der Region etwas für unsere gemeinsame Sache, das Wohl der Kinder, bewegt. Und Sie alle, liebe ehrenamtliche Unterstützerinnen und Unterstützer aus München und Ober- bayern, führen die Tradition fort, sich mit Herz und Seele für die Kinder dieser Welt einzusetzen. Dabei schaffen Sie vor allem eins: Kinder und ihre Rechte immer wieder ins Blickfeld der Men- schen zu rücken. Wir wissen, dass Sie mit großem Interesse die Situation der Kinder weltweit verfolgen, dass Sie viel Leidenschaft und vor allem wertvolle Zeit investieren, um ihnen zu helfen. Das ist in Zeiten wie diesen – angesichts all der Krisen, Kriege und Konflikte, in denen unzählige Kinder in Notsituationen geraten – wichtiger denn je. Angefangen hat alles vor 50 Jahren mit der Grußkarte, die Sie bis heute erfolgreich verkaufen, ob bei Ludwig Beck, bei Karstadt, auf dem Tollwood, in Seniorenheimen oder Kantinen. Seitdem sind viele Aktivitäten Ihres Engagements für UNICEF hinzu gekommen: Sie sammeln Spenden im Rahmen von Benefiz-Aktionen, leisten Informationsarbeit und tragen die Botschaften unserer aktuellen Kampagnen in die Öffentlichkeit. So haben Sie in Ihrem Jubiläumsjahr 2019 unter anderem das „Theater der 10.000“ auf die Straße gebracht, den erfolgreichsten UNICEF-Schüler- lauf begleitet, ein Campaigning-Team gegründet und Jugendlichen ermöglicht, beim Kids Take- over im Rathaus mit dem Oberbürgermeister ins Gespräch zu kommen. Diese Entwicklung des Engagements und der Themen wird mit den gesellschaftlichen Verände- rungen und dem Fortschreiten der Digitalisierung weitergehen. So unvorstellbar vor 50 Jahren das Internet war, so selbstverständlich gibt es heute in München ein Medienteam, das die Soci- al-Media-Kanäle der Arbeitsgruppe bespielt und darüber viele Menschen in der Stadt erreicht. Die Vielfältigkeit Ihres Engagements spiegelt sich in der Gruppe wider: von jung bis alt, von- Schülerinnen und Schülern über Studierende und Berufstätige bis hin zu Rentnerinnen und Rentnern, vom regelmäßigen Einsatz bis zur punktuellen Unterstützung bei Projekten. 8 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 8 09.09.20 14:46
50 JAHRE ARBEITSGRUPPE MÜNCHEN Vorwort der Geschäftsstelle Köln Es ist eine besondere Stärke von UNICEF, dass wir nicht nur weltweit Hilfe leisten, sondern auch überall auf der Welt auf viele Unterstützerinnen und Unterstützer ba uen können. Wir sind eine Organisation zum Mitmachen – gerade hier in Deutsch- land. Jede und jeder kann ein Teil davon sein und etwas tun. Durch Ihren Einsatz tragen Sie dazu bei, dass wir eine immer größere, äußerst aktive Gemeinschaft werden. Ihr Engagement und Ihre Hingabe sind maßgeblich für den großen Rückhalt von UNICEF in der deutschen Bevölkerung. Und das bereits seit einem halben Jahrhun- dert. Das verdient großen Respekt! Dafür danken wir Ihnen von ganzem Herzen. Auf die nächsten 50 Jahre! Ihr Christian Schneider und Ihre Klaudia Werth, Geschäftsleitung UNICEF Deutschland 9 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 9 09.09.20 14:46
HINTERGRUND: ZU RECHERCHE UND GESTALTUNG Mit zwei Berichten aus alten UNICEF-Jahr- büchern startete ich die Recherche zur 50-jährigen Geschichte der UNICEF Arbeits- gruppe München und merkte schnell, dass detektivische Fähigkeiten gefragt sein würden. Zwei Überschwemmungen im Büro der Arbeitsgruppe und die Notwendigkeit, sich räumlich zu verkleinern, hatten über die Jahre hinweg dazu geführt, dass nur wenig historisches Material erhalten blieb. Auch die UNICEF Zentrale in Köln kann aus Platz- gründen nur wenige Archivdaten aufbe- wahren. Vor allem für die Zeit vor der Digi- talisierung standen kaum Informationen zur Verfügung. Also machte ich mich auf eine spannende Spurensuche. Auch im Staatsarchiv München gibt es Schätze aus 50 Jahren UNICEF Arbeitsgruppe München. Ich sprach mit zahlreichen Ehrenamtlichen, Engagierte, die nicht zu Wort gekommen sind durchforstete Ordner mit Protokollen, Abrech- und etwas Spannendes zu berichten gehabt nungen und alten Bildern, die mir meine hätten; gibt es viele kleinere und größere Gesprächspartnerinnen freundlich zur Ver- Geschichten, die nicht erzählt wurden; tolle fügung stellten, verbrachte Nachmittage im Veranstaltungen, die nicht oder nur knapp Zeitungsarchiv der Bayerischen Staatsbiblio- Erwähnung finden. Vielleicht erinnert sich thek sowie im Archiv der Stadt München. Und auch die eine oder der andere anders, als in so fügten sich kleinere und größere Infor- diesem Büchlein berichtet. Bei allen, die ich mationsschnipsel wie ein Puzzle zusammen sprechen konnte und die mir geholfen haben, und ergaben schließlich ein – für mich – stim- die Geschichten aus 50 Jahren Arbeitsgruppe miges Gesamtbild. Besonders freute ich mich, München zusammenzutragen, möchte ich mithilfe ehemaliger Nachbarn Angelika Kos- mich sehr herzlich bedanken. All jene, die sakowski, die Tochter von Appolonia Kossa- unerwähnt bleiben oder trotz ihres hohen kowski, Gründerin der UNICEF-AG München Engagements nur kurz zu Wort kommen, ausfindig zu machen. Was mich im Gespräch möchte ich um Nachsicht bitten. Auch bei der mit ihr, aber auch in den Erzählungen vieler Gestaltung des Layouts musste ich Abstriche anderer Ehemaligen sehr beeindruckt hat, ist, machen und konnte viele der Fotos, die mir wie außerordentlich engagiert und mit wie zur Verfügung gestellt wurden, aus Daten- viel Kreativität und Beharrlichkeit sich viele schutzgründen nicht verwenden. Doch das soll Münchnerinnen und die Lesefreude nicht schmälern. Münchner in den vergangenen fünf Ich wünsche allen UNICEF-Ehrenamtlichen und Jahrzehnten für UNICEF-Freundinnen und Freunden viel Freude bedürftige Kinder beim Schmökern und Erinnern an 50 schöne aus aller Welt ein- und sehr erfolgreiche Jahre UNICEF-Engage- gebracht haben. ment in München! Sehr wahrschein- Christa Manta, Medien-Team der UNICEF AG lich gibt es da München. draußen aber auch 10 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 10 09.09.20 14:46
50 JAHRE ARBEITSGRUPPE MÜNCHEN Der Anfang DER ANFANG – UNICEF IM NACHKRIEGSDEUTSCHLAND Angesichts der prekären humanitären Situa- 1949 – EIN KLEINES MÄDCHEN SCHREIBT tion der Kinder nach dem Zweiten Weltkrieg EINE GRUSSKARTE – UND UNICEF- wird am GESCHICHTE 11. Dezember 1946 der „United Nations Inter- national Children‘s Emergency Fund“, kurz Im Jahr 1949 schickt die siebenjährige Jitka UNICEF, von der Vollversammlung der Ver- Samkova aus Rudolf in Böhmen UNICEF als einten Nationen ins Leben gerufen. Ziel der Dank für die Hilfe, die ihr vom Krieg zerstörtes Internationalen Hilfsorganisation ist es, Dorf von UNICEF erhalten hat, ein Bild. Den für Kinder auf der ganzen Welt medizinische UNICEF-Mitarbeitern gefällt dieses so gut, Versorgung, gesunde Ernährung, sauberes dass sie es als Motiv für eine Weihnachtskarte Wasser und Bildung zu gewährleisten sowie auswählen und 1000 Stück in alle Welt verschi- Kinder vor Gewalt und Ausbeutung zu cken – die UNICEF-Grußkarte wird geboren. In schützen. Von Berlin aus steuert UNICEF in den nächsten Jahrzehnten wird sie sich zum den Nachkriegsjahren auch die Versorgung Verkaufsschlager entwickeln und im Herzen deutscher Kinder mit Lebensmitteln, Kleidung des ehrenamtlichen UNICEF-Engagements und Medikamenten. Zwischen 1946 und 1950 stehen. stellt UNICEF Rohstoffe für 350.000 Paar Schuhe, 500.000 Paar Strümpfe, 200.000 Win- 1953 – IN DEUTSCHLAND GRÜNDEN SICH termäntel, 100.000 Wäschegarnituren, 45.000 ERSTE UNICEF-ARBEITSGRUPPEN Pullover und 25.000 Trainingsanzüge für Kinder im zerstörten Nachkriegsdeutschland zur Ver- In Kiel, Karlsruhe und in Bonn rufen Bür- fügung. Zudem 500 Tonnen Lebertran und gerinnen und Bürger im Januar 1953 aus 9.000 Kilo Vollmilchpulver. Dankbarkeit für die Hilfe der internationalen Gemeinschaft lokale, ehrenamtliche UNICEF- Gruppen ins Leben, um Spendengelder zu sammeln und über die Arbeit der Kinderhilfs- organisation zu informieren. Im Juni 1953 wird auch das Deutsche Komitee für UNICEF e.V., die Ländervertretung der UNICEF in Deutsch- land, mit Geschäftsstelle in Köln gegründet. Im gleichen Jahr wird UNICEF den Sonder- organisationen der Vereinten Nationen zuge- ordnet. 11 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 11 09.09.20 14:46
IM NAMEN DER GRUSSKARTE Eisner, helfen mit, Grußkarten zu verpacken 70ER und zu verschicken. Weil manche Kunden nicht zehn Karten des gleichen Motivs kaufen wollen, packen die Damen die 10-er Päckchen in 5-er Sets um, verschweißen sie neu, hek- tographieren die Adressdaten auf die Kuverts. Der Opa bringt die Pakete zur Post. Bis zu drei Mal täglich steuert er die kleine Filiale in Bogenhausen an, bei trockenem Wetter mit JAHRE dem Fahrrad, bei Schnee mit dem Schlitten. 20.000 D-Mark kommen so im ersten Jahr zusammen. KREATIV, GESCHÄFTSTÜCHTIG UND UNERMÜDLICH BAUT LONI KOSSAKOWSKI „DEN LADEN“ AUS Seit dem Jahr 1963 verkauft der Münchner Kreisjugendring Stadt, eine Arbeitsgemein- Loni Kossakowski erweist sich als überaus schaft aus Jugendverbänden und -organi- kreativ und geschäftstüchtig. Sie baut den sationen, UNICEF-Grußkarten. 1969 erfährt Grußkartenverkauf in München aus, spricht Apollonia Kossakowski, genannt Loni, aus mit großen Firmen wie MAN oder Knorr München-Bogenhausen über einen Lehrer- Bremse und erhält von diesen große Bestel- kollegen ihres Mannes von dem Engagement lungen: Weihnachtskarten für Unternehmens- und beschließt, mitzuhelfen. Zu diesem Zeit- kunden und Geschäftspartner. Und Frau Kos- punkt setzen sich bereits deutschlandweit sakowski kann im Jahr 1972 das Kaufhaus Ehrenamtliche in 33 deutschen Städten in Karstadt Oberpollinger in der Neuhauser lokalen UNICEF-Gruppen dafür ein, das Leben Straße und im Jahr 1973 das Kaufhaus Ludwig von in Not geratenen Kindern auf der ganzen Beck am Rathauseck gewinnen, Verkaufs- Welt zu verbessern. Sie verkaufen Grußkarten, und Lagerfläche für UNICEF-Stände freizu- sammeln Spendengelder, leisten Informations- geben. Weitere Kaufhäuser wie der Karstadt und Lobbyarbeit. 1969 – APOLLONIA KOSSAKOWSKI RUFT DIE ARBEITSGRUPPE MÜNCHEN INS LEBEN Loni Kossakowskis Engagement, zunächst ein Familienprojekt, läutet im Jahr 1969 die Geburtsstunde der UNICEF-Gruppe München ein. Alles beginnt mit einer Adresskartei an Grußkarteninteressenten, die Frau Kossa- kowski vom Kreisjugendring erhält. Aus dem Keller ihres Wohnhauses in der Soldauer- straße in München-Bogenhausen stellt sie fortan Grußkartenkataloge an potenzielle Käufer zu, nimmt Bestellungen entgegen, gibt Voll bis unter die Decke ist der Keller der Kossakowskis, diese gebündelt an die UNICEF-Geschäfts- in dem Loni Kossakowski und stelle weiter und empfängt anschließend Hilde Schneider, ehrenamt- große Paketlieferungen aus Köln. Die ganze liche Mithelferin der ersten Stunde, UNICEF-Pakete Familie sowie die Freundinnen Loni Kossakow- packen. skis, wie ihre engagierte Nachbarin Therese 12 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 12 09.09.20 14:46
50 JAHRE ARBEITSGRUPPE MÜNCHEN Die 70er Jahre Das Saisonende wird traditio- nell bei Kaffee und Kuchen im Wohnzimmer der Kossakow- skis gefeiert. am Hauptbahnhof, Hertie in Schwabing und Europe“ in München kann die Gruppe viele Kaufhof folgen. Der Keller der Familie Kossa- neue Ehrenamtliche rekrutieren. Loni Kossa- kowski wird zum Grußkartenlager umgebaut. kowski erstellt Einsatzpläne und knüpft Kon- „Bei uns ging es zu wie im Bienenhaus“, erin- takte, um die Arbeit der UNICEF-Engagierten nert sich Angelika Kossakowski, die Tochter öffentlichkeitswirksam darzustellen. der im Jahr 2011 verstorbenen Gruppengrün- derin. „Das Telefon klingelte von früh bis spät. Die Grußkartensaison wird oft und gerne pro- Oft wurde bis zwei, drei Uhr morgens gepackt. minent eröffnet, etwa von Prinzessin Pilar von Die Garage war voll mit Paketen, mein Vater Bayern oder auch von Claudia Goppel, der musste das Auto draußen parken.“ Mehr als Frau des ehemaligen bayerischen Staatsminis- 80 Stunden in der Woche arbeitet Loni Kossa- ters Thomas Goppel. Mit ihrem freundlichen kowski in Stoßzeiten für die UNICEF. „Warmes Wesen, ihrer unkomplizierten und doch ziel- Essen gab es in der Vorweihnachtszeit nie“, gerichteten Art gelingt es Loni Kossakowski, erzählt ihre Tochter lachend. die unterschiedlichen, sich in der neu formie- renden UNICEF-Gruppe engagierten Men- PROMINENZ UND PRESSE HELFEN BEIM schen zu motivieren und zu verbinden, sowie SPENDENSAMMELN die Geschäfts- und PR-Kontakte auszubauen. „Bei uns gingen wichtige Persönlichkeiten ein Nun gilt es, zusätzliche Helferinnen und Helfer und aus“, erinnert sich Angelika Kossakowski. zu gewinnen. „Elfriede Orda, eine vornehme „Es gab aber keine Kniefälle, bestenfalls einen alte Dame, stellte den Kontakt zur Präsidentin selbstgebackenen Kuchen.“ des Deutsch-Amerikanischen Frauenclubs her“, erzählt die Tochter der Gründerin. Und Selbstgebackenen Kuchen und Kaffee gibt damit zu vielen „engagierten, wohlhabenden es stets auch zum Saisonende, das mit allen Damen“, die sich verpflichten, mindestens Beteiligten im Wohnzimmer der Kossakow- zweimal in der Woche für mehrere Stunden skis gefeiert wird. „Mein berufstätiger Vater, einen Kaufhausstand zu übernehmen. Auch der als Lehrer nachmittags zuhause arbei- über den amerikanischen Radiosender „Free tete, freute sich auch, dass es danach wieder 13 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 13 09.09.20 14:46
Loni Kossakwoski (links) ver- steht sich auch auf Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hervorragend. Hier abge- bildet mit Prinzessin Pilar von Bayern (rechts). Der ehemalige Bundespräsident Walter Scheel übergibt Apollonia Kossakowski am 24. September 1974 das Bundesverdienstkreuz. 14 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 14 09.09.20 14:46
50 JAHRE ARBEITSGRUPPE MÜNCHEN Die 70er Jahre Loni Kossakowski (links) und Therese Eisner (rechts) kümmern sich im UNICEF-AG- „Büro“ in den Kellerräumen der Kossakowskis um die Abrechnung nach dem Gruß- kartenverkauf. ruhiger wurde“, erzählt die Tochter. Doch für Loni Kossakowski geht es bereits mit der Abrechnung der Weihnachtssaison weiter. Kossakowski baute gute Kon- Und spätestens im Frühjahr werden die neuen takte zu ehrenamtlichen Mit- streiterInnen auf, etwa zu Grußkartenkataloge, die vom Deutschen Ulrike Hecker aus Germering. Komitee aus Köln an die lokalen Gruppen ver- Hier eine Abrechnung aus teilt werden, verschickt. dem Jahr 1978. BUNDESVERDIENSTKREUZ FÜR APOLLONIA KOSSAKOWSKI Das Engagement Loni Kossakowskis dauert fast zwei Jahrzehnte an. Es spült Millionen von D-Mark in die Kassen der Internationalen Kinderhilfsorganisation und wird mit dem Bun- desverdienstkreuz honoriert. Die Erfolge seien ihrer Persönlichkeit zu verdanken, sagen ihre Begleiterinnen, ihrem altruistischem Einsatz und diplomatischem Geschick: „Unermüd- lich und völlig uneigennützig kutschierte sie mit ihrem VW-Polo schwerste Pakete durch die Münchner Innenstadt und hat nie auch nur einen Cent für das Benzin verlangt“, berichtet Angelika Kossakowski. „Mit ihrer Persönlich- keit hat sie es geschafft, die verschiedensten Charaktere für UNICEF zu gewinnen und unter einen Hut zu bringen. Dabei ist sie immer bescheiden und bodenständig geblieben.“ Im Laufe der Jahre macht der Rücken Loni Kossakowski immer mehr zu schaffen: Die schweren Pakete, die gefahren und getragen werden wollen, fordern ihren Tribut. Eine Krebserkrankung zwingt Apollonia Kossa- kowski im Jahr 1987 schließlich endgültig zum Aufhören. 15 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 15 09.09.20 14:46
EHRENAMTLICHE DER ERSTEN STUNDE Im Jahr 1972 berichtet die Süddeutsche Kreisjugendring München Stadt, zur UNICEF. Zeitung von zwölf Verkaufsständen für Zusammen mit Hiltrud Stiefenhofer übernimmt UNICEF-Grußkarten in München. Einer davon sie die Leitung des Grußkartenstandes im Kar- befindet sich in der Kinderarztpraxis Dr. Rolf stadt Oberpollinger – eine zeitintensive und Hecker im Münchner Vorort Germering. Hier anspruchsvolle Tätigkeit, wie in dem Beitrag startet Ulrike Hecker in den Adventstagen „Mit dem Grußkartenstand ein kleines Unter- des Jahres 1971 ihr vier Jahrzehnte wäh- nehmen leiten“ auf S. 17 zu erfahren ist. Auch rendes Engagement für UNICEF. Von Loni heute noch, 45 Jahre später, ist Stefanie Dart- Kossakowski für die ehrenamtliche Arbeit mann im Grußkartenverkauf aktiv und damit gewonnen, wird sie zunächst den Grußkar- die langjährigste Mitarbeiterin von UNICEF tenverkauf in Germering an mehreren Ver- München. Der Verkauf macht ihr nach wie kaufsstellen und auf verschiedenen Märkten vor Spaß, der Austausch mit den Menschen aufbauen, in späteren Jahren dann Informati- beglückt sie, auch wenn sie in den letzten onsarbeit leisten, Veranstaltungen organisieren Jahren immer stärker wahrnimmt, dass der sowie Projektwochen und Ausstellungen zu Grußkartenverkauf zurückgeht. „War es früher verschiedenen Themen wie „Kinder und AIDS“, noch die Regel, Grußkarten zu verschicken, „Kindersoldaten“ oder „Wasser“. Ihr Engage- hat das mit dem Internet und mit WhatsApp ment wird mit der Bürgermedaille der Stadt doch deutlich abgenommen“, beobachtet Dart- Germering, mit der Bayerischen Ehrennadel mann. sowie mit dem Bundesverdienstkreuz aus- gezeichnet. Über die Anfänge ihrer Arbeit Tatsächlich ist Deutschland europaweit das berichtet Ulrike Hecker im Kasten „Eine Weih- einzige Land, das im Jahr 2019 ein Jubiläum nachtskarte mit Folgen“ auf S. 21. feiert: 70 Jahre UNICEF-Grußkarte. Im rest- lichen Europa wurde der Verkauf der Gruß- Im Oktober 1974 findet auch Stefanie karten im Jahr 2016 abgeschafft (siehe auch Dartmann über ihren Arbeitgeber, den „10er“ Jahre auf S. 44). Neben Organisationstalent habe sie die besondere Gabe, Menschen zu verbinden und zu begeistern. Diese Fähigkeit habe sie in ihrer ehrenamt- lichen Arbeit mit großer Ein- satzbereitschaft verbunden, sagt Christine Haderthauer (links) über Ulrike Hecker (rechts). Die ehemalige Baye- rische Sozialministerin über- reichte der ehrenamtlichen Mitarbeiterin der UNICEF-AG im Jahr 2013 das Bundesver- Beim Jahrestreffen 2018 wird Stefanie Dartmann für 44 Jahre dienstkreuz. Grußkartenverkauf gedankt. 16 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 16 09.09.20 14:46
50 JAHRE ARBEITSGRUPPE MÜNCHEN Die 80er Jahre MIT DEM UNICEF-GRUSSKARTENSTAND EIN KLEINES UNTERNEHMEN LEITEN Es sind die kleinen Erlebnisse, die die 80ER Ehrenamtlichen ganz besonders berühren. Der Straßenmusiker, der Barbara Mäder seine Tageseinnahmen auf den Tisch schüttet. Der Bub auf dem Tollwood-Winter- festival, an den sich unser Helmut Keim so gut erinnert, und dessen Geld nicht für ein ganzes Grußkartenpäckchen ausreicht: Nach JAHRE kurzem Abwägen spendet er seine Münzen, statt sie am Stand gegenüber auszugeben. Oder die junge Syrerin, die der Standleiterin Dr. Heide Schulte imponiert: Obwohl die junge Frau gerade Abschlussexamina für ihre Ausbildung zur Sozialpädagogin hat, opfert sie drei Wochen ihrer knappen Zeit, um in einem Kaufhaus Grußkarten zu verkaufen. Barbara Mäder, Helmut Keim und Heide Aber auch in den Monaten vor und nach der Schulte sind drei von heute mehr als 450 Weihnachtssaison ist viel zu tun. Nichts- Engagierten, die, vornehmlich in der Vor- destotrotz sei eine Standleitung „mit Feuer- weihnachtszeit, an inzwischen rund 80 eifer dabei“, bezeugt Ursula Streichsbier, die Ständen in München und Oberbayern seit rund 20 Jahren am Verkaufsstand in der UNICEF-Grußkarten verkaufen. Viele von Münchner Stadtinformation am Marienplatz ihnen seit Jahrzehnten, manche wie Ste- tätig ist und diesen seit fünf Jahren auch fanie Dartmann seit mehr als vierzig Jahren. verantwortlich betreut. Schließlich käme ihre Ob mit nasskalten Füßen, im verschwitzten Arbeit den ärmsten Kindern der Welt zugute. Hemd, bei Wind und Wetter, inmitten von Trubel oder gähnender Langeweile harren KITSCH ODER KUNST? – JEDEM PUBLIKUM sie stundenlang auf den Weihnachts- und SEINE GRUSSKARTE sonstigen Märkten aus, in Kaufhausfluren und Firmenkantinen. Sie behalten ihre gute Alljährlich im Juli fragt bespielsweise Ulrike Laune, beraten und überzeugen, informieren Hecker bei der Gemeinde Germering den die Menschen über die Arbeit von UNICEF Stand für den Weihnachtsmarkt an; bereits in Deutschland und auf der ganzen Welt. im August bestellt sie die Weihnachtskarten Sie sind das Gesicht und Aushängeschild in der UNICEF-Zentrale in Köln. Jeweils im all derer, die ihre Zeit oder ihr Geld für die Februar und im September eines Jahres ärmsten Kinder auf unserer Welt aufbringen. erscheint der UNICEF-Grußkartenkatalog mit 30 bis 50 verschiedenen Kartenmotiven, „WÄHREND DER SAISON EIN aus denen die Ehrenamtlichen ein für ihren HALBTAGSJOB“ Stand passendes Sortiment auswählen und die einzukaufenden Stückzahlen festlegen. Zu einem Grußkartenstand gehören neben Dabei sind Fingerspitzengefühl und Erfah- den Menschen, die die Karten vor Ort ver- rung gefragt. In der Münchner Stadtinfor- kaufen, auch jene, die den Stand verant- mation gefallen unter Umständen andere worten – eine aufwändigere Aufgabe, als Motive als bei den Afrikatagen in Freising, man denken würde. „Während der Saison auf dem Tollwood oder auf dem Markt der ist es ein Halbtagsjob“, erinnert sich Ulrike Sinne auf der Praterinsel. Die Standleitung Hecker, die von 1971 bis 2006, also dreiein- kennt ihre Kundschaft und weiß, ob diese halb Jahrzehnte lang, den UNICEF-Stand auf das realistisch fotografierte Gartenidyll den dem Christkindlmarkt in Germering leitet. expressionistischen Blumen Marc Chagalls 17 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 17 09.09.20 14:46
Jahrzehntelang die Haupt- einnahmequelle der UNICEF-Arbeitsgruppe München: der Weihnachts- Grußkartenverkauf. vorzieht oder doch zur Tuschezeichnung wird der Platz zugewiesen und der Stand eines Herbariums aus dem 19. Jahrhunderts eingerichtet. greift. Auch bei den Weihnachtsmotiven sind die Unterschiede groß. Helmut Keim AUCH NEBENSCHAUPLÄTZE MACHEN erstellt sogar Statistiken, um die Menge der ARBEIT bestellten Karten zu optimieren. Schließlich ist der Lagerplatz an den Verkaufsständen Zudem kümmert sich die Standleitung um begrenzt. Der gelernte Bankkaufmann ist zahlreiche Nebenschauplätze, etwa darum, einer der vergleichsweise wenigen Männer, notwendiges Büromaterial zu kaufen, die die sich im Laufe der Jahrzehnte ehrenamt- Stromgebühren zu überweisen oder im Bau- lich in der UNICEF-Gruppe engagieren. Er markt eine Bodenisolierung zu erwerben und hilft seit mehr als fünfzehn Jahren in ver- anzubringen. Jeden Morgen sperrt sie den schiedenen Bereichen wie im Grußkarten- Verkaufsstand auf, und jeden Abend schließt verkauf: „In Kaufhäusern werden eher kon- sie ihn wieder zu. Sie macht täglich eine ventionelle Grußkarten nachgefragt“, weiß Zwischeninventur, bringt das eingenommene er. „Dafür gehen fromme Karten auf dem Geld zur Bank und bestellt Grußkarten nach, Tollwood weniger. Hier ist das Publikum die nicht mehr ausreichend lagern. Erkrankt jünger, folglich finden auch flockigere Motive jemand, muss Ersatz gefunden, manchmal Absatz“. auch selbst eingesprungen werden. VERKAUFSPERSONAL FINDEN, EINFÜHREN Ist die Verkaufssaison zu Ende, wird der UND EINTEILEN Marktstand abgebaut und nicht verkaufte Kommissionsware an die UNICEF-Zentrale Auch Ulrike Hecker kennt sich mit den im in Köln zurückgeschickt. Schließlich steht Münchner Vorort Germering nachgefragten die Gesamtabrechnung an und zu guter Motiven gut aus. Bevor sie im Oktober eines Letzt wird allen Beteiligten herzlich gedankt jeden Jahres den Vertrag mit der Gemeinde und die Summe der Einnahmen mitgeteilt. über den Stand auf dem Christkindlmarkt Eine verantwortungsvolle Tätigkeit, die viel unterschreibt, gilt es, genug Verkaufsper- Umsicht und Geduld erfordert. Jahr für Jahr sonal zusammenzutrommeln und zu moti- aufs Neue! vieren. Einsatzpläne müssen geschrieben und abgestimmt werden. Ende November 18 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 18 09.09.20 14:46
50 JAHRE ARBEITSGRUPPE MÜNCHEN Die 80er Jahre INFORMATIONS- UND LOBBYARBEIT, EINE SAUERKRAUTFABRIK, EIN UNICEF-KIND UND EINE BESONDERS ERFOLGREICHE VERBINDUNG einer Notiz in der Süddeutschen Zeitung vom 15. März 1986 zu entnehmen ist. Doch, wie so manche Organisation, die eine starke und charismatische Führungsperson verliert, schlittert auch die Münchner Gruppe mit dem Weggang Loni Kossakowskis in eine kleine Krise und verliert eine Vielzahl der Engagierten. „Die alte Gruppe war zusam- mengebrochen; es galt, eine neue, effek- tivere aufzubauen“, beschreibt die ehren- amtliche Mitarbeiterin Eva Munsch den September 1987 in einem der insgesamt drei Gruppenhandbücher, die die UNICEF-Ge- schäftsstelle Köln in den vergangenen 50 Jahren herausgegeben hat. PETRA JUCHO STARTET AUF DEM GELÄNDE EINER SAUERKRAUTFABRIK Mit dem Weggang der Arbeitsgruppenlei- terin verliert UNICEF München auch seinen Sitz in der Soldauerstraße und kommt auf „dem wunderschönen, historischen Gelände“ einer alten Sauerkrautfabrik in Oben: Die Arbeitsgruppe Neben dem Grußkartenverkauf, der im München-Unterföhring unter, wie sich Petra kommt Ende der 80er auf dem ersten Jahrzehnt des Bestehens der Jucho erinnert. Jucho ist gerade neu mit Gelände einer ehemaligen Sauerkrautfabrik unter. UNICEF-Gruppe München Haupteinnahme- ihrer Familie nach München gezogen, hat quelle und Arbeitsschwerpunkt ist, gewinnt Kontakt zur UNICEF-Gruppe aufgenommen Unten rechts: Artikel aus der in den 80er Jahren die Informations- und und lässt sich kurzerhand überzeugen, die SZ vom 15.03.1986. Lobbyarbeit für Kinder aus Krisengebieten Leitung zu übernehmen. Sie wird die Gruppe und in Notsituationen mehr und mehr an Bedeutung. Die Gruppe wird sich zuneh- mend ihrer Funktion als Multiplikator in die Öffentlichkeit bewusst und beginnt, wie man auch im Kasten „Eine Weihnachts- karte mit Folgen“ auf S. 21 lesen kann, Kon- takte zu Schulen aufzunehmen, um über die Arbeit von UNICEF zu informieren. KOSSAKOWSKIS WEGGANG LÖST KRISE AUS Mitte der 80er Jahre erkrankt Loni Kossa- kowski an Krebs und muss schließlich ihre Tätigkeit niederlegen. Zu diesem Zeitpunkt hat UNICEF München 50 Mitglieder, wie 19 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 19 09.09.20 14:46
Petra Jucho (links) und ihr Team präsentieren die Arbeit der UNICEF AG München auf dem Marienplatz. durch die kommenden sechs Jahre (1987 Jahre später – andauert (siehe Seite 23f). bis 1993) führen. „Die Mitarbeiterzahl war Gemeinsam wählen tz und UNICEF jährlich gering, die Arbeit unüberschaubar und die ein UNICEF-Thema aus, über das die tz im Grußkartenkampagne stand vor der Tür. November und Dezember eines jeden Jahres Wer jedoch für UNICEF arbeitet, lernt an regelmäßig berichtet und mit dem sie zum Wunder zu glauben“, lesen wir bei Munsch. Spenden aufruft. Im UNICEF-Jubiläumsjahr Mithilfe von zehn ehrenamtlichen Mitarbei- 2019 wird beispielsweise ein Projekt in der terinnen stemmen die Münchnerinnen die Elfenbeinküste unterstützt, bei dem Schulen anstehende Grußkartensaison. Das Packen mit Bausteinen aus recyceltem Plastikmüll beginnt: „Mit überladenen Autos fuhren wir errichtet werden. Über acht Millionen Euro zur Post, luden Pakete ab und den Zorn der Spendengelder kamen so in den 30 Jahren der anderen Postkunden auf uns.“ Immer dabei Kooperation alleine durch tz-Leserinnen und in dieser Zeit ist Petra Juchos damals drei- Lesern zusammen! jähriger Sohn, später auch ihre Tochter. Wie auch für Loni Kossakowski, entwickelt sich SPANNENDE AKTION MIT GHANAISCHEM für Petra Jucho das UNICEF-Engagement KULTURBOTSCHAFTER zur Vollzeitbeschäftigung. Ihr Sohn wird zum „UNICEF-Kind, gewickelt auf dem Packtisch Ein Fotoalbum der Arbeitsgruppe doku- in der Sauerkrautfabrik“, erinnert sich die mentiert weitere öffentlichkeitswirksame ehemalige Leiterin schmunzelnd. Aktionen der späten 80er Jahre, etwa das UNICEF-Kinderfest im September 1988, bei DIE AG GEHT EINE ÜBERAUS der Münchens Oberbürgermeister Georg ERFOLGREICHE VERBINDUNG EIN Kronawitter und Prominente wie Horst Jansen und Bernd Herzsprung geladen sind, Steht Loni Kossakowski für die Gründung der oder eine Aufführung von Kobna Anan, dem Arbeitsgruppe in München und den Auf- und Ghanaischen Kulturbotschafter, der, eben- Ausbau des UNICEF-Grußkartenverkaufs, so falls im September 1988, in der Interna- ist die Zeit Petra Juchos vor allem durch den tionalen Kinder- und Jugendbibliothek im Ausbau der Öffentlichkeits- und Informations- Schloss Blutenburg performativ darstellt, arbeit geprägt. Eine wichtige Rolle spielt dabei wie man in einem afrikanischen Dorf lebt. eine im Jahr 1989 aufgenommene Koopera- Auch ein erster Renntag zugunsten von tion der UNICEF-Gruppe mit der Münchner UNICEF auf der Galopprennbahn Riem bringt Tageszeitung tz, die auch heute noch – 30 Spenden ein. 20 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 20 09.09.20 14:46
50 JAHRE ARBEITSGRUPPE MÜNCHEN Die 80er Jahre EINE WEIHNACHTSKARTE MIT FOLGEN Die Weihnachtskarte, die in meinem Briefkasten lag, aus Gesundheitsgründen aufhören musste, war unsere war besonders hübsch: ein Hirte, der ein Schäfchen auf Zusammenarbeit immer gut, freundlich und vertrauens- dem Arm trägt. Sie gefiel mir und sie war eine beson- voll. dere Karte: eine UNICEF-Grußkarte. Ich hatte bis dahin noch nie eine UNICEF-Grußkarte gesehen und wollte Ich konzentrierte mich auf Germering, verkaufte die jetzt gerne auch solche Karten verschicken. Also fing Karten in unserer Kinderarztpraxis und hatte Verkaufs- ich an, nach einer Quelle für UNICEF-Karten in München stellen in einer Apotheke, in der Sparkasse und in der zu suchen. Ich geriet an den Kreisjugendring, der mich Buchhandlung. In den ersten Jahren war der Grußkar- an die Stelle verwies, wo ich Karten bekommen könnte: tenverkauf mein Hauptinteresse. Ich richtete in meinem Ulrike Hecker Frau Loni Kossakowski. Ich fuhr also in die Soldauer- Keller Regale ein und holte im Oktober die Karten in der erzählt straße und traf eine freundliche, unkomplizierte und für Soldauerstraße, später in Unterföhring und in der Neu- UNICEF hochengagierte Münchnerin, zu der ich spontan markter Straße ab. Abrechnung war zwischen Weih- einen guten Kontakt bekam. Sie hatte ein Lager mit nachten und Dreikönig. Je mehr ich in die UNICEF-Arbeit Karten in ihrem Keller, ich suchte ein paar Kartons aus, hineinwuchs, desto mehr interessierte ich mich auch für fuhr nach Hause und verkaufte sie am 3. Adventsonntag die politische Seite von UNICEF. Nach dem Krieg stand vor unserer Kirche. die Nothilfe für Europas leidende Kinder im Vorder- grund, in den 50er und 60erJahren wurde diese Not- Das war im Jahr 1971. Im darauffolgenden Jahr lud hilfe auf die Entwicklungsländer ausgedehnt. Aber dann mich Frau Kossakowski ein, mich auf die Liste der Ver- wurde klar, dass UNICEF auch Politik für Kinder weltweit kaufsstellen zu setzen. Es gab schon mehrere Verkaufs- machen musste, damit sich für die Kinder etwas ändern stellen, meistens in Apotheken und Buchhandlungen, konnte. So gab es die Erklärung „Entwicklung mit und es gab den vorweihnachtlichen Verkauf in den menschlichem Gesicht“, die forderte, bei der wirtschaft- großen Kaufhäusern Karstadt Oberpollinger und Beck lichen Entwicklung der Länder die sozialen Aspekte am Rathauseck. Es gab auch schon Außenstellen, zum nicht aus den Augen zu verlieren, es gab Bildungsini- Beispiel in Rosenheim, wenn ich mich recht erinnere. tiativen, die Kampagnen gegen Kinderarbeit und gegen Frau Kossakowskis Keller in der Soldauerstraße wurde Mädchenbeschneidung und die Erarbeitung der Kinder- für die große Menge an Karten zu klein und wurde so rechtskonvention, um nur einige zu nennen. erweitert, dass auch Platz für einen Schreibtisch und für die Buchhaltung geschaffen wurde, die viele Jahre Ich fing also an, mit Schulen und mit der Germeringer Frau Eisner, eine Nachbarin von Frau Kossakowski, Fraueninitiative GeFI zusammenzuarbeiten und die erledigte. Bis Frau Kossakowski mit der UNICEF Arbeit Anliegen von UNICEF in Ausstellungen in der Stadt- bibliothek und in den Gymnasien einer interessierten Öffentlichkeit nahe zu bringen. Die Information über die verschiedenen Arbeitsfelder von UNICEF in Aus- stellungen und in den Schulen und die Teilnahme an örtlichen Veranstaltungen wie Kinderfeste oder Frau- entage beflügelten auch den Grußkartenverkauf und so war es erfreulich, dass UNICEF einen Stand auf dem Germeringer Christkindlmarkt bekam. Diesen Stand gibt es noch immer, er wurde nach meinem Ausscheiden von dem Ehepaar Fial übernommen und wird jetzt von Herrn Süßenbach verwaltet. Leider liegt zur Zeit die inhaltliche Arbeit in Germering brach, nachdem ich damit aufgehört habe. Aber mein Herz schlägt noch immer für die Kinder der Welt. Ulrike Hecker 21 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 21 09.09.20 14:46
nicef die tz in diesem Jahr ausgezeichnet. Die ser, geholfen haben. Deshalb zeigen wir Ihnen EIN VIDEO ÜBER „30 JAHRE UNICEF“ kunde zieren Flaggen aller Projektländer, in auf dieser Seite jedes einzelne Plakat, das FINDEN SIE AUF WWW. TZ.DE /UNICEF 30 Plakate — 30 tz-Hilfsaktionen Von Albanien bis Zimbabwe: Die tz-Leser haben schon überall auf der Welt geholfen 22 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 22 09.09.20 14:46
50 JAHRE ARBEITSGRUPPE MÜNCHEN Die 80er Jahre TZ UND UNICEF 30 JAHRE PARTNERSCHAFT Und noch ein Jubiläum gibt es 2019 zu feiern: zeigen wir Ihnen auf dieser Seite jedes ein- die 30-jährigen Medienkooperation zwischen zelne Plakat, das stellvertretend für all die UNICEF und der Münchner Tageszeitung tz. Kinder steht, die Sie unterstützt haben. „Wir Das bedeutet, die tz berichtet seit 1989 regel- finden, das ist zumindest ein kleines Zeichen mäßig über die internationalen UNICEF-Hilfs- des Respekts gegenüber jedem einzelnen projekte und ruft ihre Leserschaft zu Spenden dieser Kinder“, so tz-Chefredakteur Sebastian auf. Über acht Millionen Euro sind dabei in Arbinger. den letzten drei Jahrzehnten zusammenge- kommen. Der Vorstand der UNICEF-Bundes- Das Dankeschön und die Auszeichnung des geschäftsstelle in Köln ließ es sich daher nicht Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen nehmen, diese erfolgreiche Partnerschaft macht uns stolz. Nina Ruge, UNICEF-Botschaf- ganz besonders zu ehren. Die tz schreibt am terin sagt in ihrer Laudatio: „Wir möchten uns 9.12.2019 (Auszüge daraus hier im Nachdruck, bei der tz auf diesem Weg bedanken, für den mit freundlicher Genehmigung der tz-/Mer- Pioniergeist, der andere Zeitungen Ihrem Bei- kur-Gruppe München): spiel folgen ließ. (...) Und deshalb ist daraus eine Freundschaft geworden.“ Eine außerge- UNICEF & TZ: WIR FÜHLEN UNS GEEHRT wöhnliche Freundschaft, die jedes Jahr aufs Neue Kindern eine Zukunft ermöglicht. Ver- 30 Jahre ist es her, dass tz und UNICEF gelt’s Gott! echtes Neuland betraten. Noch nie zuvor hatte es in Deutschland eine Kooperation zwischen einer Tageszeitung und einer Hilfsorganisa- tion gegeben, sich auf diese Art und Weise für Kinderrechte einzusetzen und so umfangreich über Kinder in Notsituationen und Entwick- lungsländern zu berichten. Für diese ungewöhnliche Part- nerschaft hat UNICEF die tz in diesem Jahr ausgezeichnet. Die Urkunde zieren Flaggen aller Pro- jektländer, für die die tz während der vergangenen 30 Jahre aktiv war. Zu jedem dieser Länder gibt es aber vor allem eines: die Geschichte der Kinder, denen wir geholfen haben. Deshalb Die stv. UNICEF-Vorstandsvorsitzende Claudia Graus (li.) und UNICEF-Vorstands- mitglied Daniela Schadt (Lebensgefährtin des Altbundespräsidenten Joachim Gauck, re.) überreichen die Ehrenurkunde an tz-Chefredakteur Sebastian Arbinger und tz-Redakteurin Dorit Caspary. 23 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 23 09.09.20 14:46
Ende der 80er-Jahre gibt eine afrikanische Musikgruppe in der Münchner Altstadt ein Konzert, dokumentiert im Fotoalbum der Gruppe. 24 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 24 09.09.20 14:46
50 JAHRE ARBEITSGRUPPE MÜNCHEN Die 90er Jahre STADT, SCHICKERIA UND SCHULEN MACHEN MIT, VERSCHMÄHTE GESCHENKE KOMMEN UNTER DEN HAMMER, KINDERRECHTE ALLERORTEN Anfang der 90er Jahre ist UNICEF München 90ER „mit circa 20 Mitarbeiterinnen im Alter von 18 bis 75 Jahren und dem mühsam erwor- benen technischen Equipment wieder besser organisiert“, berichtet Jucho in einem der insgesamt drei der Gruppe erhaltenen Jahrbücher. Einmal im Monat findet bei Kaffee und Mineralwasser die Arbeitsbe- JAHRE sprechung statt, einmal im Jahr das gemüt- liche Beisammensein, bei dem dann üppiger aufgetischt und die Tafel geschmückt wird. Die “Tafel” steht mittlerweile nicht mehr auf dem Gelände der Sauerkrautfabrik, sondern in der Föhringer Allee 1 in München-Unter- föhring. Am 19. Juli 1991 zieht die Gruppe um und lädt „zur Einweihung des Regional- büros Bayern (Föhringer Allee 11) und der kleine Waage für den großen Unterschied: Arbeitsgruppe München“ ein. Die neuen UNICEF München ist nun Selbstbucher bei Räumlichkeiten befinden sich nun im Keller- der Post, das heißt, die mit Grußkarten raum eines Bürohauses; statt Ölöfen gibt bestückten Pakete für Firmen- und sonstige es eine Zentralheizung, auch der technische Kunden werden fortan abgeholt und müssen Fortschritt zieht ein: Ein Computer speichert nicht mehr durch die Stadt getragen werden. Anfang der 90er-Jahre zieht Kundenkarteien und Rechnungen. Therese die Arbeitsgruppe in neue Eisner, ehemals Mitstreiterin Loni Kossa- UNICEF MÜNCHEN KNACKT DIE MILLION Räume in der Föhringer Allee kowskis, tippt nun ihre Rechnungen nicht in Unterföhring ein. Die Gruß- kartenpakete werden über mehr auf der mechanischen Schreibma- Der Umsatz steigt, die Zahl der Ehrenamt- eine Rutsche ins Kellerbüro schine, sondern am PC. Zudem sorgt eine lichen auch. Außerdem steht ein erneuter befördert. 25 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 25 09.09.20 14:46
Umzug an, nun in die Föhrenstraße 8 in soll, ist die Versteigerung von Christbaumku- München-Unterföhring. Dann knackt UNICEF geln, die von Prominenten bemalt werden. München auch noch die Marke von 1 Million Neben Christian Ude, Münchens Ex-Ober- D-Mark Umsatz und die Arbeit wird neu bürgermeister, der regelmäßig an den Akti- organisiert. Es gibt jetzt Verantwortliche für onen teilnimmt, stellen Richard von Weiz- die Kundenkartei, für die Ablage, die Buch- säcker, Christiane Herzog, Henry Maske, haltung, die Firmenbetreuung, für die Kom- Kent Nagano, Arnold Schwarzenegger, Frank missionäre und für die Informationsarbeit in Ribery, Ottfried Fischer, Ingrid Stegner, den Schulen. Während der Winterkampagne Lang Lang, Anna Netrebko, Christopher wird ein Arbeitsplan aufgestellt, gepackt Lee, Shakira, Karl Lagerfeld oder Heidi Klum wird nun auch samstags und sonntags. ihr künstlerisches Talent unter Beweis und bemalen die Kugeln, die im Anschluss unter Petra Jucho sieht ihre Fähigkeiten als Grup- großem Hallo versteigert werden. penleiterin vor allem im Bereich des Fund- raising. Der Grußkartenverkauf ist gut auf- IN DER MÜNCHNER STADTINFORMATION gestellt, nun gilt es, den Spendenbereich zu KOMMEN TRÄUME UNTER DEN HAMMER aktivieren. Sie ist „der unermüdliche Motor in Sachen „Spenden auftreiben“ (…), hält Schließlich etabliert Edith von Welser-Ude, die Fäden zur „Außenwelt“ fest in der Hand, Gattin des ehemaligen Münchner Ober- verhandelt mit Firmen, Presse, Rundfunk bürgermeisters Christian Ude und ehema- und Fernsehen“, lesen wir im Bericht von lige Schirmherrin von UNICEF München, Eva Munsch. Jucho schließt schnell Kon- Mitte der 90er Jahre zusammen mit Frau takte zu bekannten Persönlichkeiten und Wirsing eine weitere originelle Aktion, die zur Münchner Prominenz. Gemeinsam etab- über zwanzig Jahre Bestand haben wird: lieren sie neue und äußerst erfolgreiche Ver- die Versteigerung sogenannter “ungeliebter anstaltungsformate, die teilweise über Jahr- Weihnachtsgeschenke” im Prunkhof des zehnte hinweg Bestand haben. Rathauses zugunsten von UNICEF. Beson- ders verdient macht sich dabei Albert Diet- PROMIS UND GASTWIRTE IM SULKY rich, Leiter der Münchner Stadtinformation, der die Versteigerung der verschmähten So hat etwa Fernsehmoderator Frederic Geschenke von 1996 bis 2016 mit viel Meisner die Idee, Prominente in den Sulky, Humor übernimmt. Darüber hinaus unter- ein einachsiges Pferdefuhrwerk, zu setzen stützt Dietrich die Münchner Gruppe wo und bei Trabrennen für den guten Zweck er nur kann, etwa beim Grußkartenverkauf gegeneinander antreten zu lassen. 1987 oder beim Einsammeln ausländischer Wäh- findet das erste Rennen in München-Dagl- rungen für das Kinderhilfswerk. Als es 2016 fing statt. Die Liste der Promis, die dem für ihn Zeit wird, in Rente zu gehen, hat Event beiwohnen, liest sich wie das Who er mit seinem Team aus der Stadtinforma- is Who der damaligen Fernsehlandschaft: tion fast 467.000 Euro gesammelt. Da er die Klausjürgen Wussow, Sascha Hehn, Elmar Wepper, Günther Jauch, Thomas Gott- schalk und Gabi Dohm. Dazu rund 25.000 Zuschauer. Das Format erweist sich als sehr erfolgreich. Die Promi-Trabrennen finden In den 90er Jahren etabliert die Münchner AG fortan regelmäßig statt, werden in die ganze 1 mit der Versteigerung von Christbaumkugeln, Bundesrepublik exportiert und auch unter die Prominente bemalt haben, ein Traditions- besonderen Mottos aufgelegt. Beim „Wir- event – auch die Spieler von Bayern München sind dabei. terennen“ etwa sitzen bekannte Münchner Gastronomen wie Sepp Krätz, Wiesnwirt Zu Ehren von UNICEF laden die TZ und Gast- des Hippodroms, oder Michael Käfer, der 2 ronom Roland Kuffler zu einem Adventsnach- mittag mit traditioneller Christbaumversteige- Gründer der Nobeldisko P1, im Sulky. rung ein. VON RICHARD VON WEIZSÄCKER BIS Die Veranstaltung findet in der Müncher Gast- KARL LAGERFELD: WEIHNACHTSKUGELN 3 stätte „Seehaus im Englischen Garten“ statt, die auch auf der Vorderseite der Einladungs- BEMALEN IST TREND karte abgebildet ist. Ehrengast der Versteigerung ist Christiane Ein anderes Erfolgsformat, das in dieser 4 Herzog, Schirmherrin der deutschen Sektion Zeit entsteht und die Jahrzehnte überdauern von UNICEF. 26 50Jahre_AG_Muenche n_Layout_Neu_Korrektur_0309_02_60S.indd 26 09.09.20 14:46
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