Abschied vom Blindenzentrum - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche

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Abschied vom Blindenzentrum - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Nummer 18
16. bis 29. September 2018

                             Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau

Abschied vom Blindenzentrum
Abschied vom Blindenzentrum - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Thurgau

                                                                                          Editorial                                      Bis zum Schluss für die Gä
                                                                                          Es ist jammerschade, dass das Blinden-         Das Blindenzentrum schliesst seine Pforten
                                                                                          zentrum schliesst. Zum einen für die
                                                                                          Menschen vor Ort - die Mitarbeitenden,
                                                                                          die ihren Arbeitsplatz verlieren, und die      Am 30. September werden die Mit-                Offen für alle
                                                                                          Bewohner von Landschlacht, für die das         arbeitenden des Internationalen Blinden-        Das IBZ wurde ursprünglich als katholische
                                                                                          Gästehaus auf der Anhöhe ein wichtiger         zentrums IBZ in Landschlacht ihre letzten       Begegnungsstätte für Blinde, Sehbehinder-
                                                                                          Bestandteil des Dorfes ist. Zum anderen        Gäste verabschieden. 54 Jahre lang war          te und Taubblinde gegründet. Im Laufe der
                                                                                          für die vielen Gäste aus dem In- und Aus-      das Gästehaus in katholischer Träger-           Zeit hat es sich mehr und mehr anderen
                                                                                          land, denen ihr Refugium für Erholung,         schaft (siehe Kasten) ein Ort der Begeg-        Zielgruppen gegenüber geöffnet. «Es
                                                                                          Begegnungen und Weiterbildungen fehlen         nung und der Erholung. Für den stell-           kamen vermehrt Menschen mit anderen
                                                                                          wird. Und für all die Menschen, die Kirche     vertretenden Direktor Roland Gruber geht        Behinderungen, auch geistigen Beeinträch-
                                                                                          an diesem Ort einmal auf ganz andere Art       damit ein Schutzraum für Menschen mit           tigungen zu uns», sagt Roland Gruber. Aber
                                                                                          und Weise, nämlich als einladende Gast-        Beeinträchtigung verloren.                      auch Menschen ohne Beeinträchtigung –
                                                                                          geberin, kennen gelernt hätten. Die Grün-                                                      Einzelpersonen und Gruppen – geniessen
                                                                                          de für die Schliessung, klingen plausibel.     Es geht ein Strahlen über sein Gesicht,         das Ambiente des Hauses; Firmen, Banken
                                                                                          Und doch bleiben Fragen: Warum wurde           wenn er ins Erzählen kommt: «Einmal hat         und Behörden halten hier ihre Seminare
                                                                                          nicht rechtzeitig ein finanzstarker Partner    eine sehbehinderte Frau bei mir einge-          ab. Für Gruber ist klar: «Bei uns sind alle
                                                                                          ins Boot geholt? Der kostenintensive           checkt, die sich auf Drängen ihres Sohns        Menschen guten Willens willkommen.»
                                                                                          Sanierungsbedarf entstand ja nicht plötz-      zu einem Handarbeitskurs angemeldet             Trotz dieser Öffnung hat das Haus in den
                                                                                          lich. Wurden wirklich alle Möglichkeiten       hatte. Sie sagte zu mir: ‹Ich kann gar nichts   zurückliegenden Jahren mit dem kontinuier-
                                                                                          ausgelotet?                                    mehr›. Am Ende des Kurses zeigte sie mir        lichen Rückgang der Belegungszahlen zu
                                                                                                                                         stolz die Dinge, die sie geschaffen hat.»       kämpfen. Zu Spitzenzeiten konnte man fast
                                                                                          Die letzte Frage drängt sich besonders         Roland Gruber weiss von manch einem             20‘000 Übernachtungen pro Jahr verbu-
                                                                                          auf, wenn man auf die andere Seite des         Gespräch in der Kapelle oder bei einem          chen, heute sind es nur noch etwa 12‘500.
                                                                                          Sees blickt. In Hegne, vor den Pforten von     Glas Bier, bei dem ganz offen Erfahrungen       Die Aufenthalte werden immer kürzer, die
                                                                                          Konstanz, steht ein Tagungshotel, das          ausgetauscht wurden und das wieder neue         Wintermonate sind nur noch dünn belegt.
                                                                                          sich grossen Zulaufs erfreut. Die Kreuz-       Hoffnung weckte.                                Roland Gruber macht das zunehmende
                                                                                          schwestern hatten es 2006 anstelle ihres       Das Haus mit dem herrlichen Blick auf den       Alter früherer Gäste dafür verantwortlich:
                                                                                          alten Gästehauses für einen hohen Mil-         Bodensee ist ihm seit seiner Kindheit           «Sie nehmen den langen Weg an den
                                                                                          lionenbetrag errichten lassen, um einen        vertraut. Mit seiner Mutter zusammen –          Bodensee nicht mehr auf sich.» Hinzu kam
                                                                                          ihrer Grundaufträge, die Beherbergung          beide sind stark sehbehindert – war er hier     die Frankenstärke, die den Aufenthalt für
                                                                                          von Gästen, besser ausführen zu können.        regelmässig zu Gast. Vor 18 Jahren begann       deutsche Gäste verteuerte.
                                                                                          Was zunächst Mut verlangte, zahlte sich        er dann seinen Dienst in der Hausleitung,
                                                                                          später aus. Das Hotel St. Elisabeth läuft      die davor fast drei Jahrzehnte lang in den      Einsparungen reichten nicht
                                                                                          so gut, dass es letztes Jahr um 16 Zim-        Händen von Ordensschwestern aus                 Den wirtschaftlichen Druck, der durch den
                                                                                          mer erweitert wurde. «Die Einnahmen            Paderborn gelegen hatte.                        Belegungsrückgang entstand, versuchten
                                                                                          decken die Betriebskosten. Mit ihnen las-                                                      Stiftungsrat und die Belegschaft mit dem
                                                                                          sen sich auch die getätigten Investitionen                                                     Abbau von Dienstleitungen, die man in
                                                                                          refinanzieren», sagt Hotelleiter Christoph                                                     besseren Zeiten einmal eingeführt hatte,
Titelbild: Die Auffahrt und der Eingangsbereich des IBZ mit Villa. Bild: Detlef Kissner

                                                                                          Strobel. Grund für den Erfolg dürften die                                                      zu kompensieren. «Noch vor zwei Jahren
                                                                                          attraktive Lage am See, die nahe ge-                                                           haben wir die Nachtbereitschaft eingestellt.
                                                                                          legenen Freizeitangebote und ein gutes         Inhalt                                          Wir dachten, wir hätten unsere Hausaufga-
                                                                                          Konzept sein.                                                                                  ben gemacht», sagt Roland Gruber. Umso
                                                                                                                                         Kirche und Gesellschaft                    6    mehr schockierte die Mitarbeitenden letz-
                                                                                          Das IBZ hätte mit seiner Nähe zum See,         Zurück auf Feld eins                            tes Jahr die Nachricht, dass das Zentrum
                                                                                          vor allem mit seinem unvergleichlichen         Abschied aus der Armutspolitik                  geschlossen wird. Begründet wurde das
                                                                                          Blick, ähnlich gute Bedingungen. Hinzu                                                         Aus damit, dass jüngere Sehbehinderte
                                                                                          kommt sein besonderes Profil: Mit seiner       Jugend                                    10    weniger ein Haus dieser Art suchen würden
                                                                                          Geschichte war das Haus immer schon            Mit kleinen Taten Grosses bewirken              und «inkludierter», d. h. mehr in gesell-
                                                                                                                                         Preise für katholische Youtube-Stars
                                                                                          ein Ort, an dem Menschen mit und ohne                                                          schaftliche Angebote einbezogen seien.
                                                                                          Beeinträchtigung zusammenkamen. Was                                                            Ausserdem würde eine grundlegende Sa-
                                                                                                                                         Thurgau                                    12
                                                                                          dem IBZ fehlt, ist ein mutiger Investor, der   Blick nach aussen
                                                                                                                                                                                         nierung der Hauptgebäude anstehen, die
                                                                                          das Potential des Hauses erkennt. Viel-        Armin Ruf ist seit Anfang September im Amt      die finanziellen Möglichkeiten der Träger
                                                                                          leicht findet der sich ja noch in den                                                          übersteige. Roland Gruber bringt der Argu-
                                                                                          nächsten Jahren. Eine kleine Hoffnung          Kurse · Tagungen                          14    mentation des Stiftungsrates ein gewisses
                                                                                          bleibt.                                                                                        Verständnis entgegen: «Die beiden Organi-
                                                                                                                                         Gottesdienste an den Wochenenden          15    sationen haben selbst zu kämpfen.» Das
                                                                                                                                         Filmtipp                                        katholische Blindenwesen müsse ähnlich
                                                                                                                                                                                         wie die katholische Kirche insgesamt mit
                                                                                                                                         Kalenderblatt · Zum Schluss               16    einem zunehmenden Mitgliederschwund

                                                                                          2   forumKirche | 18-2018
Abschied vom Blindenzentrum - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Thurgau

ste da sein                                                                                                           News

                                                                                               Bild: Detlef Kissner
                                                                                                                         Anzeigepflicht bei sexuellem
                                                                                                                         Missbrauch
                                                                                                                      Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK)
                                                                                                                      hat ihre Richtlinien im Umgang mit sexuel-
                                                                                                                      lem Missbrauch verschärft. Kirchliche
                                                                                                                      Amtsträger sind neu auch bei erwachse-
                                                                                                                      nen Opfern verpflichtet, bei Verdacht auf
                                                                                                                      ein Offizialdelikt den Fall der staatlichen
                                                                                                                      Justiz zu melden. Bei minderjährigen Op-
                                                                                                                      fern war dies auch bisher der Fall. Bis an-
                                                                                                                      hin wurde bei Erwachsenen nur dann An-
                                                                                                                      zeige erstattet, wenn das Opfer sich damit
                                                                                                                      einverstanden erklärte, erläuterte Bischof
                                                                                                                      Felix Gmür an der Medienkonferenz.

                                                                                                                          Gmür wird neuer Präsident
                                                                                                                      Der Basler Bischof Felix Gmür ist ab 2019
 Roland Gruber auf dem Balkon des Blindenzentrums
                                                                                                                      Präsident der Schweizer Bischofskonfe-
                                                                                                                      renz (SBK). Neuer Vize-Präsident ist der
                                                                                                                      St. Galler Bischof Markus Büchel. Das
 zurechtkommen. In Saanen (BE) beispiels-       klar. «Für uns ein kleiner Rest Hoffnung.                             dritte Mitglied im SBK-Präsidium ist Alain
 weise habe dieses Jahr auch ein Hotel für      Vielleicht können die Sehbehinderten bis                              de Raemy, Weihbischof im Bistum Lausan-
 blinde und sehbehinderte Menschen ge-          dahin noch etwas auf die Füsse stellen»,                              ne, Genf und Freiburg. Felix Gmür, bisher
 schlossen. «Und dennoch», so Gruber, «wir      sagt Roland Gruber.                                                   Vize-Präsident, folgt auf Charles Morerod,
 von der Direktion haben stets daran ge-        Manche der Mitarbeitenden haben schon                                 Ortsbischof von Lausanne, Genf und
 glaubt, dass es gerade vor dem Hinter-         eine neue Anstellung gefunden, andere                                 Freiburg, der dieses Amt die letzten drei
 grund der umgesetzten Sparmassnahmen           sind noch auf der Suche. Bis jedoch der                               Jahre innehatte.
 für das IBZ eine Zukunft geben könnte.»        letzte Gast das Haus verlässt, möchte das                                Indien legalisiert Homosexualität
                                                16-köpfige Team noch alles geben. Das ist                             In einer historischen Entscheidung hat
 Mit Wohlwollen                                 auch nötig, denn das Haus ist bis zum letz-                           Indiens Oberstes Gericht das Verbot der
 Am meisten bedauert der akademische            ten Tag noch sehr gut belegt. «Wir wollen                             Homosexualität aufgehoben. Der Anti-
 Tourismusmanager die Konsequenzen für          nicht den Kopf hängen lassen, wollen die                              homosexuellenparagraf 377 verletze die
 die Gäste: «Das IBZ hat Menschen mit           Situation positiv angehen», so Gruber. Er                             Verfassungsprinzipien, hiess es in dem
 Beeinträchtigung einen wertvollen Schutz-      ist stolz darauf, dass ihnen dies bisher gut                          einstimmig gefällten Urteil. «Das Gesetz
 raum geboten. Der fällt nun weg.» In der       gelingt und freut sich über Komplimente                               muss gemäss den Anforderungen verän-
 Öffentlichkeit sei der Druck – vor allem für   wie: «Es ist immer noch schön bei euch.»                              derter Zeiten interpretiert werden», wird
 Menschen mit starker Behinderung – sehr                                                                              aus der Entscheidung über den 150 Jahre
 hoch. Wenn ihnen im Zentrum ein Miss-                                         Detlef Kissner                         alten Paragrafen aus der britischen Kolo-
 geschick passiere, würde man ihnen Ver-                                                                              nialzeit zitiert. Die Kriminalisierung der
 ständnis entgegenbringen. Die Menschen                                                                               Homosexualität sei «irrational, willkürlich
 könnten hier so sein, wie sie sind, das ent-       Geschichte und Zahlen                                             und unverständlich», so die Richter.
 laste sie. «Ein Mann sagte mir, dass er vor        Das IBZ wurde 1964 von der Schweizeri-
 allem wegen des Schwimmbads und der                schen Caritasaktion der Blinden CAB und                               Bischöfe stärken Papst den Rücken
 Kapelle nach Landschlacht komme», er-              vom Deutschen Katholischen Blinden-                               Nach der Schockwelle, die die Rücktritts-
 zählt Roland Gruber. Auf den ersten Blick          werk DKBW ins Leben gerufen. Anfangs                              forderung des früheren US-Nuntius, Erz-
 erstaunlich, auf den zweiten durchaus ver-         bestand es nur aus der «Villa». Von                               bischof Carlo Maria Vigano, an Papst
 ständlich: Daheim braucht er für beide             1970 bis 1985 erfolgte in drei Etappen                            Franziskus in der Weltkirche ausgelöst
 Einrichtungen jemand, der ihn begleitet.           der Anbau des Haupthauses mit der                                 hat, folgen nun die Solidaritätsbekundun-
 Im IBZ hingegen kann er sie selbstständig          Kapelle. Es standen 80 Betten in 55                               gen. So hat sich unter anderem die EU-
 aufsuchen.                                         Doppel- und Einzelzimmer zur Verfügung.                           Bischofskommission Comece demonstra-
                                                    Anfang der 90er-Jahre wurde das                                   tiv hinter Papst Franziskus gestellt. Weite-
 Kleine Hoffnung                                    Gebäude der Blindenbibliothek auf dem                             re Solidaritätsbekundungen kommen aus
 Nach dem 30. September werden die                  IBZ-Gelände errichtet. Diese wird zusam-                          Spanien, Argentinien, Peru, Paraguay und
 letzten Rechnungen geschrieben. Bis März           men mit der Hörbücherei in Collombey                              den USA. Viganao beschuldigt den Papst
 2019 erfolgen im Hauptgebäude noch                 (VS) zum 31. Dezember von der CAB an                              und mehrere Kardinäle, den Missbrauch
 Anpassungen, damit die Spital Thurgau AG           die SBS Schweizerische Bibliothek für                             durch den ehemaligen US-Kardinal
 mit zwei Stationen der Psychiatrischen             Blinde, Seh- und Lesebehinderte über-                             Theodore McCarrick vertuscht zu haben.
 Klinik dort einziehen kann. Die Räumlich-          geben. In der Folge wird der Standort
 keiten sind für vier Jahre vermietet. Was          Landschlacht geschlossen.                                                                        kath.ch/Red.
 danach mit dem IBZ passiert, ist noch nicht

                                                                                                                                         forumKirche | 18-2018       3
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Ethik

Auf dem Rücken der Armen
Der Handel mit Kleidern kritisch betrachtet

Billige T-Shirts oder Markenkleider: Die

                                               Bild: pixabay.com
Produktion macht viele Leute krank und
arm. Ein bewusster Umgang ist gefragt.

Wie viele Kleidungsstücke kaufen Sie pro
Jahr? Im Durchschnitt sind es laut Statistik
in der Schweiz, Deutschland und den USA
40 bis 70 Stück! Jedes vierte Stück landet
ungetragen in der Altkleidersammlung. Es
ist kein Geheimnis, dass ein grosser Teil
der Kleidung inklusive Schuhe unter uner-
träglichen Arbeitsbedingungen hergestellt
wird. Zu erbärmlichen Löhnen für Arbeiter
und Arbeiterinnen kommen massive Be-
lastungen für die Umwelt. Und: Es betrifft
durchaus auch teure Kleider!

Auf Kosten der Armen
Es beginnt mit der Baumwolle. Die Pflanzen
brauchen sehr viel Wasser, in der Folge
versiegen Flüsse und Seen in den Anbau-
gebieten. Dazu kommt eine enorme Belas-
tung an Düngemitteln und Pestiziden. Das
verseuche Grundwasser und die belasteten
Böden machen krank, besonders häufig die
Plantagenarbeiter. Danach reist die Baum-                          Die Verführung beim Kleiderkauf ist gross. Überall locken attraktive Angebote.
wolle in verschiedene Länder und wird ver-
sponnen und gefärbt; hier fallen ebenfalls
giftige Stoffe an. Genäht wird oft in Asien                        chernden Lohn. Konsumentinnen interes-             nachhaltig wird für internationale Firmen
oder Lateinamerika, in Ländern mit tiefen                          sieren sich oft nur für den Preis. Wer die         wie etwa Puma, Nike, H&M, Zara, Esprit,
Löhnen und laxen Arbeitsschutzbestimmun-                           Dinge wie hergestellt hat, war lange nicht         Gap etc., aber auch die Schweizer Post
gen. Näherinnen arbeiten bis zu 16 Stun-                           von Interesse. Erst nach dem Einsturz der          produziert? Gab es in Vietnam zunehmend
den am Tag für Hungerlöhne und ohne                                Textilfabrik Rana Plaza 2013 in Bangla-            Verbesserungen, verletzten alle besuchten
soziale Absicherung. Danach werden die                             desch mit etwa 1200 Toten und rund 2000            Firmen in Indonesien den Arbeitsschutz. Ein
T-Shirts oder Jeans nach Europa transpor-                          Verletzten wurde in den Medien heftig über         grosses Problem sind dabei die immer kür-
tiert und oft zu Schnäppchenpreisen ver-                           Arbeitsbedingungen debattiert. Internatio-         zeren Bestellfristen, die dazu führen, dass
kauft. Allerdings garantieren auch teure                           nale Konzerne standen am Pranger. Der              dann auf Hochdruck produziert werden
Marken keinen fairen Lohn oder eine öko-                           Staat änderte das Arbeitsrecht, Gewerk-            muss. Millionen Arbeiterinnen «bezahlen»
logische Produktion! Vom Preis einer Jeans                         schaften erhielten Zutritt zu den Fabriken.        mit unbezahlter Arbeit schnell wechselnde
von 60 Franken gehen nur ca. 8 Franken an                          Der Monatsmindestlohn der Näherinnen               modische Trends in den reicheren Ländern.
die Fabrik für Materialkosten, Miete,                              wurde von ca. 40 auf 68 Franken erhöht.            Neu wird zunehmend in Europa produziert
Maschinen, Gewinn und Löhne für die                                Viele Firmen bezahlen aber diesen Lohn             (Türkei, Portugal, Ungarn, Bulgarien, Ukrai-
Arbeiterinnen! Die Lohnkosten betragen                             immer noch nicht. Eine Näherin arbeitet im         ne, Rumänien). Allerdings ist das nicht un-
dabei zwischen 0,5 bis 3 Prozent des                               Schnitt 70 Stunden an sieben Tagen der             bedingt eine Verbesserung: So arbeiten
Preises. Einer Näherin einen gerechten                             Woche und verdient dabei nicht einmal den          laut Public Eye etwa 220'000 Personen in
Lohn zu bezahlen, würde ein T-Shirt um                             alten Mindestlohn. Auch der neue Mindest-          der ukrainischen Textilindustrie für Hugo
ca. 35 Rappen verteuern!                                           lohn deckt die Lebenshaltungskosten                Boss, Esprit oder Adidas. Für etwas mehr
                                                                   kaum. Wer sich wehrt, wird oft entlassen           als 100 Franken – im Monat. Einige Arbei-
Ausbeutung inklusive                                               oder sogar festgenommen.                           ter erreichen ohne Überstunden nicht
Nach Schätzungen der Internationalen                                                                                  einmal den gesetzlichen Mindestlohn von
Arbeitsorganisation (IAO) arbeiten über 60                         Verlagerung nach Europa                            97 Franken. Ein existenzsichernder Lohn
Millionen Menschen weltweit in der Schuh-,                         Klare Worte findet ein Bericht der angese-         liegt dort bei knapp 500 Franken.
Bekleidungs- und Textilindustrie. In Bangla-                       henen US-Universität Tufts unter dem Titel
desch und Kambodscha macht dieser Be-                              «The Impact of better work». 24 Forscher           Das Elend der Armen schreit zum Himmel
reich über 80 Prozent der Gesamtexporte                            haben sieben Jahre in sechs Entwicklungs-          Menschen brauchen existenzsichernde
aus. Textilarbeiter bleiben aber arm; kaum                         ländern die Bedingungen in der Textil- und         Löhne. Dies ist ein Arbeitslohn einer regu-
eine/einer erhält heute einen existenzsi-                          Sportschuhproduktion untersucht. Wie               lären 48-Stunden-Woche, der für die Grund-

4   forumKirche | 18-2018
Abschied vom Blindenzentrum - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Ethik · Ökumene

                                               Ein gelungener Brückenschlag
                                               Gespräche bei Brot und Wein

bedürfnisse einer Familie ausreicht. Neben     Ein 250 Meter langer Tisch zwischen Dom          burg, und Wilfried Bührer, Präsident der
einer angemessenen Ernährung zählen da-        und Vadian-Denkmal hat in der Stadt              evangelischen Landeskirche Thurgau, zu
zu Unterkunft, Transport, Kleidung, Bildung,   St. Gallen in der letzten Augustwoche zum        einem dieser Gespräche zusammen. Auf
medizinische Versorgung sowie ein gerin-       Brückenschlag zwischen den christlichen          die Frage, für was sie sich – ähnlich wie ein
ges frei verfügbares Einkommen für uner-       Konfessionen eingeladen. Bischof Markus          Reformator damals – «aus dem Fenster
wartete Notfälle. In vielen Ländern Asiens,    Büchel und Kirchenratspräsident Martin           lehnen» würden, führte Tillmann Schlüter
aber auch Europas liegt der gesetzliche        Schmidt feierten ebenso mit wie zahl-            die Bewahrung der Schöpfung und das Ein-
Mindestlohn weit unter dem berechneten         reiche prominente Gäste aus Politik, Ge-         stehen für soziale Gerechtigkeit an. «Ich
existenzsichernden Lohn. In der Beklei-        sellschaft und Kultur. Bei den Mittags-          verstehe nicht, wie jemand der so viel Geld
dungsindustrie von Kambodscha sind über        gesprächen sprach man über Themen wie            hat, dass er es nicht ausgeben kann, noch
80 Prozent der Näherinnen Frauen im Alter      Waffenexporte oder Sterbehilfe.                  mehr anhäufen möchte», so Schlüter.
zwischen 18 und 35 Jahren. Aufgrund
steigender Lebenshaltungskosten reicht         Am Samstag, 1. September, ist das anläss-        Position beziehen
der Mindestlohn nicht zum Überleben. Die       lich des Reformationsjubiläums durchge-          Wilfried Bührer hat «extreme Mühe mit den
Asia Floor Wage Alliance (Verbund von          führte Projekt «Brot und Wein am langen          derzeitigen politischen Weichenstellungen
Gewerkschaften und Menschenrechtsorga-         Tisch» mit dem letzten Höhepunkt zu Ende         in Bezug auf Waffenausfuhren» in Kriegs-
nisationen) berechnete, dass in Kambod-        gegangen. Eine konfessionsübergreifende          gebiete. Er ist der Überzeugung, dass die
scha ein existenzsichernder Lohn 283 USD       Abendmahlsfeier mit Brot und Wein bekräf-        Schweiz es sich bei der momentanen Voll-
pro Monat beträgt – mehr als dreimal so        tigte das Anliegen der Veranstalter, immer       beschäftigung leisten könne, auf zivile
viel wie der Mindestlohn von 75 USD.           mehr zusammenzuwachsen und gemein-               Industrien umzustellen, auch wenn dies
Übrigens: Die Bibel fordert an vielen Stel-    sam unterwegs zu sein. Tags zuvor haben          nicht leicht sei.
len den gerechten Lohn der Arbeiter ein.       sich die beiden Kirchenleiter der evange-        Ausserdem würde er sich bei der derzeiti-
Hier sind die Christen gefragt! Die kirch-     lisch-reformierten Kirche St. Gallen, Martin     gen Diskussion um Sterbehilfe «aus dem
lichen Werke engagieren sich daher schon       Schmidt, und Bischof Markus Büchel nach          Fenster lehnen». «Wir als Kirche müssten
länger in diesem Bereich.                      der «Sprengung» der Scheidemauer in die          gegen die Lobbyarbeit von Sterbehilfeorga-
                                               Arme genommen. Ein sichtbares Zeichen            nisationen eine Gegenposition beziehen»,
                         Christiane Faschon    der Verbundenheit und der Begegnung auf          so Bührer. Ein anderer Gesprächsteilneh-
                                               Augenhöhe, Respekt und gegenseitiger             mer erzählte von seiner Schwägerin, die
                                               Wertschätzung. Der lange Tisch zog trotz         sich bei Exit angemeldet hatte. Sie habe
 Was können Sie tun?                           des schlechten Wetters rund 2000 Besu-           sich bei Palliative Care so gut aufgehoben
 • Setzen Sie auf ökologisch und nach-         cherinnen und Besucher an.                       gefühlt, dass für sie der Freitod kein Thema
   haltig produzierte Kleidung.                                                                 mehr gewesen sei. Einige in der Runde wa-
 • Tragen Sie Kleidung länger.                 Wie die Reformatoren                             ren der Meinung, dass es besser sei, sich
 • Ausgefallene Stücke finden Sie auf          Innerhalb des reichhaltigen Kulturpro-           für palliative Care und die Hospizbewegung
   Flohmärkten und in Secondhand-              gramms waren die 28 Mittagsgespräche             einzusetzen als gegen den assistierten
   Läden.                                      ein Highlight: Zwei öffentlich bekannte Per-     Suizid zu argumentieren. Die Kirchen könn-
 • Kleidertausch-Partys: Jede/r bringt         sönlichkeiten gaben kurze Statements ab          ten auch Dialogräume eröffnen, in denen
   mit, was er/sie nicht mehr tragen mag.      rund um das Thema «Reformation». Die             unterschiedliche Erfahrungen und Über-
   Und dann wird getauscht.                    übrigen Tischgäste hatten danach die Gele-       legungen zu diesem Thema zusammen-
 • Achten Sie auf Bio-Baumwolle und            genheit mit den beiden ins Gespräch zu           treffen und dadurch eine Weiterentwicklung
   Kleidung aus fairem Handel.                 kommen. Am Samstag kamen Tillmann                ermöglichen könnten.
 • Fragen Sie bei Herstellern nach, woher      Schlüter, Vorsitzender des Kirchengemein-
   die Kleidung kommt und wie sie              derates der Stadtkirchengemeinde Ravens-                                         Detlef Kissner
   produziert wird!
 • Informieren Sie sich über Homepages
                                                                                                                                                Bild: zVg

   etwa der Clean Clothes Campaign
   (CCC), dem internationalen Netzwerk
   von Organisationen aus den Bereichen
   Menschen-, Frauen- und Arbeitsrechte.
   CCC setzt sich für Verbesserungen der
   Arbeitsbedingungen in Textilfabriken
   ein in Zusammenarbeit mit rund 250
   Partnerorganisationen vor Ort.
   CCC Schweiz wurde 1999 von Public
   Eye, Brot für alle und Fastenopfer
   gegründet.
                                               Zum Schluss feierten Christen beider Konfessionen mit Brot und Wein.

                                                                                                                      forumKirche | 18-2018   5
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Kirche und Gesellschaft

Zurück auf Feld eins
Der Bundesrat verabschiedet sich aus der Armutspolitik

                                                                                                                                       deshalb auf Sozialhilfe angewiesen. Die

                                                                                               Bild: © Thomas Plain, Caritas Schweiz
                                                                                                                                       Sozialhilfeämter der Kantone haben dies
                                                                                                                                       mehrfach bestätigt. Dennoch gibt es in der
                                                                                                                                       Wohnbaupolitik des Bundes keine Ansätze,
                                                                                                                                       die eine Wohnbaustrategie beinhalten.
                                                                                                                                       Diese müsste sich an den Bedürfnissen
                                                                                                                                       des untersten Einkommenssegments
                                                                                                                                       orientieren. Sozialer Wohnungsbau mit
                                                                                                                                       gezielten Mietzuschüssen für Armuts-
                                                                                                                                       betroffene wäre notwendig.
                                                                                                                                       Kinder sind in der Schweiz aufgrund der
                                                                                                                                       ungenügenden Unterstützung von Familien
                                                                                                                                       mit mehreren Kindern ein Armutsrisiko.
                                                                                                                                       Dies ist eines der Schlüsselergebnisse der
                                                                                                                                       Armutsforschung. Gleichzeitig wird nach-
                                                                                                                                       gewiesen, dass das Risiko für Kinder, die
                                                                                                                                       in armutsbetroffenen Familien aufwachsen,
                                                                                                                                       selber in Armut zu geraten, sehr hoch ist.
                                                                                                                                       Mit andern Worten: Armut wird vererbt.
                                                                                                                                       Der Bundesrat ist angehalten Gegenmass-
                                                                                                                                       nahmen zu ergreifen. Das Familienzu-
                                                                                                                                       lagengesetz bietet die Grundlage, um
Etwa ein Viertel aller alleinerziehenden Haushalte sind auf Sozialhilfe angewiesen.                                                    beispielsweise die Kinderzulagen gezielt
                                                                                                                                       zu erhöhen.

Das auf fünf Jahre angelegte Nationale              sehr im Verantwortungsbereich des                                                  Politischer Perspektivenwechsel
Programm zur Prävention und Bekämpfung              Bundes, nicht nur der Kantone.                                                     ist notwendig
von Armut wird Ende 2018 abgeschlos-                                                                                                   Der Bundesrat geht nach wie vor davon
sen. Der Schlussbericht des Programms               Bildungspolitik spielt entscheidende Rolle                                         aus, dass die Armut in der Schweiz durch
zeigt, dass es einen umfassenden Hand-              Eine zentrale Ursache für das Entstehen                                            die Sozialhilfe bekämpft werden soll.
lungsbedarf gibt. Der Bundesrat will                von Armut ist fehlende oder überholte Be-                                          Sozialhilfe ist aber das unterste Netz.
jedoch auf eine aktive Armutspolitik ver-           rufsbildung der Betroffenen, die den sich                                          Dieses soll verhindern, dass Menschen
zichten. Ein verhängnisvoller Entscheid             rasch wandelnden Ansprüchen des Arbeits-                                           in eine Notlage geraten. Strukturprobleme
für die 615’000 armutsbetroffenen                   marktes nicht mehr genügt. Es gibt auf                                             hingegen können nicht durch die Sozialhilfe
Menschen in der Schweiz.                            Bundesebene keine vom Staatssekretariat                                            gelöst werden. Armutspolitik muss Armut
                                                    für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI)                                       verhindern, sie muss gezielt investieren in
Das Nationale Programm zur Prävention               auf Armutsbetroffene ausgerichtete Berufs-                                         Bildung, Kinder- und Familienpolitik, in den
und Bekämpfung von Armut hat eine Viel-             bildungspolitik. Dazu würde insbesondere                                           Wohnungsmarkt.
falt von wertvollen Forschungsergebnissen           die Nachholbildung oder die Anerkennung                                            In den letzten Jahrzehnten bedeutete
und Politikansätzen erarbeitet. Die Basis           von Diplomen gehören.                                                              Sozialpolitik in der Schweiz in erster Linie,
für eine gezielte, insbesondere präventive          Zur Verhinderung von Armut kommt der                                               die verschiedenen Sozialversicherungen
Politik ist gelegt. Allerdings hat der Bundes-      Weiterbildung eine Schlüsselfunktion zu.                                           aufzubauen, insbesondere im Altersbe-
rat das Gegenteil beschlossen. Er verab-            Der rasche gesellschaftliche Wandel erfor-                                         reich. Der klassische Sozialstaat ist ge-
schiedet sich aus der Armutspolitik und             dert eine ständige Anpassung der beruf-                                            baut. Die grosse Herausforderung der
überantwortet diese ausschliesslich den             lichen Kompetenzen. Die Erfahrung zeigt,                                           Zukunft wird jedoch die Armutspolitik sein.
Kantonen. Der Entscheid basiert auf der             dass fehlende Weiterbildung eine wichtige                                          Der enorme Wandel drängt immer mehr
veralteten Annahme, dass Armutspolitik              Ursache für Armut ist. Die Zahlen der                                              Menschen – und auch neue Gruppen – an
Sache der Sozialhilfe und deshalb Angele-           Arbeitslosenstatistik macht dies deutlich.                                         den Rand der Gesellschaft.
genheit der Kantone und Gemeinden sei.              Jährlich werden rund 40’000 Personen                                               Der Entscheid des Bundesrates, auf eine
Damit verweigert sich der Bundesrat den             ausgesteuert, weil sie nach zwei Jahren                                            Strategie zur Bekämpfung der Armut in der
Ergebnissen des Nationalen Armutspro-               Arbeitslosigkeit noch keine Stelle gefunden                                        Schweiz zu verzichten und pro Jahr weniger
gramms. Politisch bedeutet der Entscheid            haben. Hauptursache ist die ungenügende                                            als eine Million Franken (!) für 615’000
des Bundesrates ein «Zurück auf Feld                berufliche und marktadäquate Ausbildung.                                           Armutsbetroffene bereit zu stellen, ist vor
eins»! Armut ist ein Querschnittsthema.                                                                                                diesem Hintergrund unverständlich.
Die Ursachen sind vielfältig. Die Armut zu          Sozialer Wohnungsbau
bekämpfen verlangt ein breites Set an               Viele Armutsbetroffene finden keine                                                  Hugo Fasel, Direktor Caritas Schweiz/Red.
Massnahmen. Diese liegen jedoch ebenso              kostengünstigen Wohnungen und sind

6   forumKirche | 18-2018
Abschied vom Blindenzentrum - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Schaffhausen

Einst besinnlich, heute sozial engagiert
50 Jahre Bettagsaktion Schaffhausen

Seit 50 Jahren unterstützt die Bettags-                     Team 2012 mit 51'000 Franken für die                 plan». Der digitale Stadtplan von Schaff-
aktion Schaffhausen soziale Projekte im                     Schaffhauser Beratungsstelle für Asyl- und           hausen informiert darüber, ob ein Gebäude
In- und Ausland mit Spendengeldern. Der                     Ausländerrecht. Seither bewegen sich die             oder eine Anlage rollstuhlgängig ist oder
höchste Betrag erreichte die Aktion 1974                    jährlichen Spendengelder zwischen 60'000             nicht. «Ziel ist es, dass Menschen mit einer
mit rund 150'000 Franken für das Wohn-                      und 80'000 Franken. «Die Spenden sind                Beeinträchtigung selbstständiger am ge-
heim «Ungarbühl». Seit einigen Jahren                       rückläufig», bestätigt die Präsidentin und           sellschaftlichen Leben teilnehmen kön-
gehen die Spenden deutlich zurück.                          fügt an: «Der Spendenmarkt ist riesig, von           nen», sagt Projektleiter Markus Böhni.
                                                            der Migros bis zur Glückskette sammeln al-           Teams, in denen auch Betroffene mitwir-
Hilfe zur Selbsthilfe. Das ist das Konzept                  le Geld für gute Zwecke. Das schlägt sich            ken, erheben zu diesem Zweck an Ort und
der Bettagsaktion Schaffhausen, die seit                    in den Ergebnissen nieder.»                          Stelle die wesentlichen Daten. «Aufgrund
1968 besteht. Damals hatte jeder Pfarrer                    Trotzdem setzt das Fundraising-Team jährli-          dieser Daten weisen wir dem Gebäude das
die Aufgabe, einige besinnliche Worte zu                    che Spendenziele. Im Jubiläumsjahr sollen            entsprechende Piktogramm zu, das über
verfassen, die man als «Bettagsbüchlein»                    75'000 Franken zusammenkommen. Für                   die Zugänglichkeit informiert», führt Böhni
in den Kirchgemeinden verteilte. Der ehe-                   zwei Schaffhauser Projekte: Den Ferienhort           aus. Das sei nicht nur für Menschen im
malige Pfarrer der Schaffhauser Zwinglikir-                 Schaffhausen, ein durch Spenden finanzier-           Rollstuhl hilfreich, sondern auch für ältere
che Willi Helg publizierte jedoch statt einer               tes Projekt der Schaffhauser Sonderschu-             Personen am Rollator oder für Leute mit
Andacht ein ABC der Entwicklungshilfe, das                  len, insieme Schaffhausen, Pro Infirmis und          Kinderwagen.
Kantonsschüler formuliert hatten. Die drei                  der Kinder- und Jugendbetreuung der Stadt            Die beiden aktuellen Projekte entsprechen
Landeskirchen nahmen den Anstoss, den                       Schaffhausen. Der Leitspruch des Ferien-             den Auswahlkriterien der Bettagsaktion
Bettag mit der Entwicklungshilfe zu verbin-                 horts Schaffhausen lautet «Teilhabe für alle         Schaffhausen. «Projekte, die wir unterstüt-
den, positiv auf und riefen die Bettagsak-                  Kinder». Er ermöglicht es Kindern mit und            zen, sollten einen Bezug zu Schaffhausen
tion als gemeinsame Initiative ins Leben.                   ohne Beeinträchtigung, gemeinsam zu                  und zur Kirche haben. Sie müssen ein
                                                            spielen und an den Freizeitangeboten                 klares, nachvollziehbares Konzept auf-
Spendenaufruf und Kollekten                                 teilzunehmen.                                        weisen und Hilfe zur Selbsthilfe leisten»,
Der Eidgenössische Dank-, Buss- und                         «Der Austausch zwischen den Kindern ist für          sagt Marcelina Zürcher.
Bettag existiert seit 1832 und fällt jeweils                alle Beteiligten ein grosser Gewinn und ein
auf den 3. Sonntag im September. Obwohl                     soziales Lernfeld», sagt Regula Battistino,                                Adriana Schneider/Red.
kirchlich begangen, ist er ein staatlicher                  Präsidentin von insieme Schaffhausen und
Feiertag. «Die starke Trennung zwischen                     Mitinitiantin des Ferienhorts.                          Feierlichkeiten zum Jubiläum «50 Jahre
Kirche und Staat ist symptomatisch für un-                                                                          Bettagsaktion» am 22. September, ab
sere Zeit», sagt Marcelina Züricher, Präsi-                 Digitaler Stadtplan                                     10.00 Uhr im St. Johann. Nähere Infos
dentin der Bettagsaktion Schaffhausen.                      Das zweite Projekt ist der «Digitale Stadt-             www.bettagsaktion.ch
«Die christlichen Grundwerte wie Men-
schenrechte und Humanismus kommen
                                                Bild: zVg

jedoch auch in der Politik zum Tragen. Die
Bettagsaktion drückt für mich aus, dass
Weltliches und Spirituelles zusammen-
gehören.»
Hinter der Bettagsaktion Schaffhausen
steht eine Arbeitsgruppe mit Mitgliedern
aus den drei Landeskirchen: der evang-
lisch-refomierten, der römisch-katholischen
sowie der christkatholischen Kirche. Das
Team ist zuständig für das Fundraising. Der
jährliche Sammelbetrag besteht aus-
schliesslich aus Spendengeldern. Der
Spendenaufruf gelangt über die kirchlichen
Medien als Flyer in die Haushalte der Kir-
chenmitglieder. Zudem sammeln die Kirch-
gemeinden für die Bettagsaktion über die
Kollekten.

Ferienhort Schaffhausen
Der höchste Betrag erreichte die Sammel-
aktion 1974 mit 150'000 Franken für das
Wohnheim «Ungarbühl» in Schaffhausen.                       Die Arbeitsgruppe «Bettagsaktion» (v. l.): Markus Broder, Alois Carnier, Suzanne Koradi, Daniel Frei,
Der niedrigste Betrag verzeichnete das                      Eric De Pizzol, Barbara Häggi, Marcelina Zürcher Claudia Trutmann.

                                                                                                                                      forumKirche | 18-2018         7
Abschied vom Blindenzentrum - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Bettag 2018 · Kino · Thurgau

                                                                                                                                                Bild: universal pictures international
Der Geist, aus dem wir leben
Wort der Schaffhauser Kirchen zum Bettag 2018

«Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute,
besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude
und Hoffnung, Trauer und Angst der Kirche.» Diesen Satz, den vor
über 50 Jahren das Zweite Vatikanische Konzil hervorgebracht hat,
können wir drei Schaffhauser Landeskirchen aus Überzeugung
unterschreiben.                                                          Franziskus näher kommen
Was sind Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen
                                                                         Filmvorführung mit Gespräch
von heute? Ein Wort, das nach unserem Eindruck die derzeitige
Situation in unserer Gesellschaft zutreffend beschreibt, ist «Ver-
                                                                         Im Juni kam Wim Wenders Dokumentarfilm über Papst Franziskus
unsicherung». Menschen, wie wir sie erleben, sind verunsichert
                                                                         in die Kinos. Er präsentiert das Kirchenoberhaupt von seiner
darüber, wie das einigermassen sicher geglaubte Gefüge in der
                                                                         menschlichen Seite – nachdenklich und humorvoll. Und lädt ein,
Weltpolitik sich verschiebt und durcheinandergerät. Menschen
                                                                         seiner Vision zu folgen. Das Kino Roxy in Romanshorn zeigt
sind verunsichert davon, dass sie immer weniger wissen, welchen
                                                                         den Film nochmals am 4. Oktober mit der Möglichkeit zum
Informationen in den Medien aller Art sie eigentlich noch vertrauen
                                                                         anschliessenden Gespräch.
können. Menschen sind verunsichert über die Frage, wie durch das
Zusammentreffen verschiedener Kulturen etwa aufgrund grosser
                                                                         Nicht alle fanden den Film toll. Der Spiegel schrieb zu «Papst
Migrationsbewegungen ein toleranter und respektvoller Umgang
                                                                         Franziskus – ein Mann seines Wortes»: «Der Film ist reiner Kitsch
miteinander gelingen kann. Menschen sind verunsichert, wenn
                                                                         und sicher nicht die ganze Wahrheit über den Papst – trotzdem soll-
Werte, die lange als wert-voll galten, plötzlich scheinbar wert-los
                                                                         te man über Wim Wenders' Dokuporträt… nicht voreilig urteilen.»
werden oder in Konflikt geraten mit anderen Werten.
                                                                         Der Nachsatz lässt aufhorchen. Es sind vor allem Sätze wie «Wir
Was lässt sich einer solchen allgemeinen Verunsicherung ent-             dürfen das Zuhören nicht verlernen», «Zärtlichkeit ist keine Schwä-
gegensetzen? Wir sind davon überzeugt, dass das, was dem einzel-         che, sondern Stärke» oder «Solange wie eine Kirche ihre Hoffnung
nen Menschen in seiner Verunsicherung Boden unter den Füssen             darauf setzt, reich zu sein, ist Jesus nicht darin zu Hause», die
geben kann, auch einer ganzen Gesellschaft Halt geben könnte.            nachhallen und zum Nachdenken anregen. Es ist sein offener Blick
Wir nennen es «Spiritualität». Es meint den Geist, aus dem wir le-       und sein verschmitztes Lächeln, die nochmals auf der inneren
ben, die Quelle, aus der wir schöpfen, die Luft, die wir atmen. Spiri-   Leinwand erscheinen.
tualität betrifft alles, was einem Leben Sinn, Hoffnung, Vertrauen       Man hat als Zuschauer den Eindruck, dass man näher an Papst
und Würde verleiht. Dieses Verständnis von Spiritualität ist insbe-      Franziskus herangeführt wird, ihn als Menschen erlebt jenseits
sondere in der Palliative Care zuhause – bei der Begleitung schwer-      aller protokollarischen Korrektheit. Und man beginnt zu spüren,
kranker Menschen – und gehört so zu einem menschenwürdigen,              was ihn bewegt. Aber letztlich geht es nicht um seine Person,
lebenswerten Leben. Spiritualität ist keine Antwort auf alle Fragen.     sondern um das, wofür er sich einsetzt, um Grundsätzliches, «um
Aber sie ist die Suche danach. Und diese Suche ist fraglos reich-        den Kampf für eine neue menschliche Demut, einen Kampf gegen
haltiger, wenn niemand allein suchen muss, sondern wenn Men-             Armut und Umweltzerstörung. Was ja nicht nichts ist» (Spiegel).
schen gemeinsam auf die Suche gehen. Dabei können und wollen             Der Film lädt ein, sich von den Gedanken des Papstes berühren zu
wir als Kirche mitgehen.                                                 lassen und sich für eine Vision von einer besseren Welt stark zu
                                                                         machen.
                                      Evangelisch-reformierte Kirche,                                                            Detlef Kissner
                                         Römisch-katholische Kirche
                                            Christkatholische Kirche        Nähere Infos www.kino-roxy.ch

Ausflug auf die Reichenau
Der Schlusspunkt unter das Dekanat Arbon
Bischof Felix Gmür hat per 1. August die         einem abschliessenden Anlass auf der In-        Dekanate St. Gallen und Wil ordnete der
Dekanate seines Bistums aufgelöst.               sel Reichenau. Der Historiker Ulrich Büttner    Bischof von Konstanz die Gebiete neu. So
Einige Aufgaben übernehmen die Pastoral-         nahm sie mit auf eine spannende Reise           fand 1808 in Bischofszell die konstituieren-
räume, die im ganzen Bistum errichtet            durch die Jahrhunderte in unserer Region,       de Versammlung des Dekanates Arbon
werden. Die Mitglieder des Dekanats              die sehr bedeutend für die ganze Christen-      statt. Nach dem Ende des Bistums Kon-
Arbon beendeten ihre Zusammenkünfte              heit war. Mit einer kleinen Andacht in der      stanz, dem der Thurgau über tausend Jahre
mit einem Ausflug.                               Kirche St. Peter und Paul nahmen die Seel-      angehört hat, trat der Thurgau 1829 dem
                                                 sorgenden Abschied von ihrem Dekanat.           Bistum Basel bei. Seit 1998 sind alle
Zum Dekanat Arbon gehören die Pfarreien          Dekanate werden bereits im 9. Jahrhundert       Mitarbeitenden mit kirchlichem Auftrag
am Bodensee entlang von Ermatingen               erwähnt. Ihr Zweck war eine gebietsmässi-       Mitglieder der Dekanate im Bistum Basel.
bis Horn. Die Mitglieder der Dekanatsver-        ge Organisation und die Kollegialität der
sammlung trafen sich Ende August zu              Mitglieder. Nach der Auflösung der alten                            Gaby Zimmermann/Red.

8   forumKirche | 18-2018
Abschied vom Blindenzentrum - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Redewendungen aus der Bibel

                                                                                                                                      Bild: Alina Martin
                                          Nicht ganz
                                          koscher sein

                                          «Der kommt mir jetzt gar nicht koscher vor»,   Jesus wehrte sich gegen die starren Vor-
Wenn einem eine Person «nicht ganz        sagt meine Mutter immer dann zu mir,           schriften und sagte den Leuten: «Nichts,
koscher» vorkommt, hat man ihr gegen-     wenn sie von jemandem spricht, dessen          was von aussen in den Menschen hinein-
über gewisse Vorbehalte. Aber auch        Verhalten sie nicht so recht einordnen kann    kommt, kann ihn unrein machen, sondern
persönliche Beziehungen, Abmachungen      oder bei ihr Misstrauen erregt. Schon als      was aus dem Menschen herauskommt, das
oder Aussagen können einem «nicht         Kind verstand ich, was sie mit dem Wort        macht ihn unrein» (Mk 7,15). Das, was in
koscher», d. h. merkwürdig und suspekt,   «koscher» meinte. Das Wort ist in meinen       den Menschen hineinkommt, gelangt nicht
erscheinen, wenn man annimmt, dass        Wortschatz integriert. Es ist Teil meiner      in sein Herz, sondern in den Magen und
unlautere Machenschaften oder Unwahr-     Muttersprache. Erst viel später realisierte    wird wieder ausgeschieden. «Damit erklär-
heiten mit im Spiel sind.                 ich, dass es sich um ein jiddisches Wort –     te Jesus alle Speisen für rein» (Mk 7,19).
                                          der Sprache der mittel- und osteuro-
                                          päischen Juden – handelt, das ganz selbst-     Jesus beurteilt nicht die Reinheit der
                                          verständlich zum Wiener Dialekt meiner         Speisen, sondern bezieht «rein und unrein»
                                          Mutter gehört.                                 auf den Menschen selbst. Was aus dem
                                                                                         Menschen herauskommt, kommt aus
                                          Im Alten Testament werden mit koscher          seinem Herzen. Es sind böse Gedanken,
                                          («tauglich») jene Speisen bezeichnet, die      Hinterlist, Hochmut und vieles mehr, das
                                          nach den Speisevorschriften der Juden als      aus dem Inneren der Menschen kommt
                                          unbedenklich, als rein gelten. Als rein        und ihn unrein macht (Mk 7,23). Der
                                          werden Tiere angesehen, die Gott geopfert      Mensch hat es selbst in der Hand, ob er
                                          werden können. Unreine Tiere sind vom          rein oder unrein ist, denn er ist für sein
                                          Kult ausgeschlossen. Levitikus 11 gibt         Tun verantwortlich.
                                          eine Liste der als rein und unrein bezeich-
                                          neten Tiere wieder. So wird das Fleisch von    So verstand ich als Kind das Wort «koscher»
                                          Kühen, Schafen und Ziegen – also wieder-       immer im Zusammenhang mit dem Ver-
                                          käuenden Paarhufern – als koscher an-          halten eines Menschen und nicht in erster
                                          gesehen, ebenso darf Huhn, Ente und            Linie in Bezug auf jüdische Speisevor-
                                          Gans gegessen werden. Der Verzehr von          schriften, von denen ich nichts wusste.
                                          Raubvögeln ist verboten, weil sie sich von     Für meine Mutter ist auch heute noch ein
                                          Aas ernähren. Fische, die Flossen und          Mensch, dem sie nicht ganz trauen kann,
                                          Schuppen haben, gelten ebenfalls als ver-      einfach «nicht ganz koscher».
                                          zehrbar. Der Mensch soll sich nicht mit
                                          dem, was er zu sich nimmt, verunreinigen                         Andrea Moresino-Zipper,
                                          (vgl. Lev 11,43ff).                                             Theologin und Journalistin

                                                                                                           forumKirche | 18-2018   9
Abschied vom Blindenzentrum - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
Jugend · Kirche ohne Grenzen – Albanisch

Mit kleinen Taten Grosses bewirken                                                                                          Töchter der gö
Preise für katholische Youtube-Stars                                                                                        Wenn eine Kongregation ihr 15

                                                                                                                            Den Weg Gottes gehen, seinem Wort und

                                                                                               Bild: Sylvia Stam, kath.ch
                                                                                                                            seinen Schritten folgen, den Mitmenschen
                                                                                                                            Gott nahebringen und ihm sein ganzes
                                                                                                                            Leben widmen. Das sind die Aufgaben der
                                                                                                                            Töchter der göttlichen Liebe. Schwester
                                                                                                                            Valdete, welche in der katholischen
                                                                                                                            Albanermission in Sirnach tätig ist und zu
                                                                                                                            den Töchtern der göttlichen Liebe gehört,
                                                                                                                            erzählt uns mehr über die Kongregation
                                                                                                                            und ihr diesjähriges Jubiläum.

                                                                                                                            Schwester Valdete, wer sind die Töchter der
                                                                                                                            göttlichen Liebe und wie kam es zu der
                                                                                                                            Gründung dieser Kongregation?
                                                                                                                            Die Töchter der göttlichen Liebe sind eine
Die Gewinner mit Medienbischof Alain de Raemy                                                                               internationale normative Institution mit
                                                                                                                            päpstlichen Rechten. Wir sind eine aktive
Mit kleinen Taten kann man Grosses be-          an, und verrät: «Die Szene mit der Banane                                   Kongregation und haben unser Leben dem
wirken – diese Botschaft vermitteln die         und dem Ketchup, auf die bin ich immer                                      Herrn und der Kirche, besonders den Ar-
bestprämierten Youtube-Filme des Wett-          noch stolz!»                                                                men, gewidmet. Mutter Franziska Lechner
bewerbs «underkath». In 90 Sekunden             Die Ministranten, von denen drei an die                                     (1833 – 1894) mit deutscher Abstammung
mussten die jungen Filmer antworten auf         Preisverleihung im Katholischen Medien-                                     aus Edling, gründete die Kongregation am
die Frage: «Warum braucht es mich auf           zentrum in Zürich angereist sind, freuen                                    21. November 1868 in Wien. Um der Kon-
der Welt?» Den Hauptpreis gewannen vier         sich über den Gewinn: Eine Reise nach Rom                                   gregation eine Richtung zu geben, wählte
Ministranten aus Lachen.                        mit dem Auftrag, dort ein Video zu drehen.                                  sie die Regeln des heiligen Augustinus,
                                                Dem Wunsch der Organisatoren, dass das                                      der unser geistlicher Vater wurde. Mutter
«Ein ernsthaftes Thema mit einem Sprutz         Video während der Jugendsynode im Okt-                                      Franziska zeigt, dass Gottes Liebe in Jesus
Ironie umgesetzt», so lautet das Urteil der     ober gedreht werden soll, wollen sie nach                                   offensichtlich wurde und diese Liebe brach-
Jury zum erstprämierten Film. In 90 Sekun-      Möglichkeit nachkommen, zumal ein Teil der                                  te sie dazu, Menschen in Armut zu helfen,
den antworten zwei Mädchen und zwei             Synode in die Schulferien falle. Jugend- und                                besonders jungen Frauen. In Übereinstim-
Jungen auf witzige Weise auf die Wettbe-        Medienbischof Alain de Raemy, der die                                       mung mit dem Charisma unserer Gründerin
werbsfrage: «Warum braucht es mich auf          Schweiz an der Synode vertreten wird, steht                                 reagieren wir auf die Berufung mit unserem
der Welt?». Zu sehen sind viele kleine Sze-     jedenfalls als Darsteller zur Verfügung, wie                                sozialen, pädagogischen und pastoralen
nen, in denen Menschen einander helfen,         er an der Preisverleihung verriet.                                          Apostolat auf die Bedürfnisse der Kirche
darunter gar ein Stunt, wie Jurypräsidentin                                                                                 des Landes und die unserer Mitmenschen.
Natalie Fritz betonte. Die kreative Umset-      Weiterhin aktiv auf Youtube
zung dieser verschiedenen Szenen hat die        Weiterfilmen werden die drei Jungfilmer                                     Gibt es einen bestimmten Grund, weshalb
Jury besonders beeindruckt. «Man merkt          «garantiert», wie Benedikt Arndgen sagt –                                   Sie sich entschieden haben, ein Teil dieser
dem Film an, dass die Filmemacher ein           und es klingt überzeugend. Dass dies                                        Kongregation zu werden?
Team sind», so Fritz.                           durchaus erwünscht ist, hat Charles                                         In meiner Heimat waren die Töchter der gött-
Das Team, das sind Diellzo Gojani, Simon        Martig, Direktor des Katholischen Medien-                                   lichen Liebe seit Jahren tätig und in der Tat
Bünter, Benedikt Arndgen und Marina             zentrums, in seiner Begrüssungsrede                                         ein Beispiel und ein Aufsehen für die jungen
Zuber. Sie sind Ministranten aus Lachen         deutlich gemacht: Ziel des Wettbewerbs                                      Leute des Landes, weil sie mit kleinen Kin-
im Kanton Schwyz. Die Ideen zu den einzel-      war es, junge Video-Blogger (kurz: Vlogger)                                 dern auf verschiedenen Gebieten gearbeitet
nen Szenen stammten allerdings von einer        zu gewinnen, die ab Herbst regelmässig                                      haben. So wusste ich schon als Kind, falls
noch grösseren Gruppe von «Minis», ver-         den Youtube-Kanal «underkath» mit Videos                                    Gott mich beruft, diesen Weg zu gehen, wür-
rieten die Sieger bei der Ehrung.               aus ihrem Alltag bespielen. Dabei sollen                                    de ich zu dieser Regel gehören wollen, um
                                                die Vlogger in Storytelling und Videoproduk-
Reise nach Rom                                  tion gecoacht werden, so Martig. Er zeigte
«Wir sind überrascht, dass wir den ersten       sich sehr zufrieden über die eingegangenen                                   Aleksandra Gjergji (20)
                                                                                                                                                                          Bild: zVg

Preis gewonnen haben!», sagt Simon              Filme, denn «alle Teilnehmer des Wett-                                       arbeitet als Detailhandels-
Bünter nach der Preisübergabe gegenüber         bewerbs haben das Zeug, auf unserem                                          fachfrau. Sie stammt
kath.ch. Sie hatten aufgrund des Online-        Videokanal als Vlogger tätig zu sein», so                                    ursprünglich aus dem Süd-
Votings nicht unbedingt damit gerechnet.        Martig. Die zwölf Videos können auf                                          osten des Kosovos und ver-
«Wir haben den Film in erster Linie aus         www.underkath.ch angeschaut werden.                                          bindet die Leidenschaft fürs Schreiben
Spass gemacht, nicht mit dem Ziel, einen                                                                                     mit der Entschlossenheit ihres Glaubens.
Preis zu gewinnen», fügt Benedikt Arndgen                                       Sylvia Stam

10 forumKirche | 18-2018
Kirche ohne Grenzen – Albanisch

öttlichen Liebe
 0-Jahr-Jubiläum feiert

                                                     Bild: zVg
     weiterhin den Menschen Gott zu geben und
     ihnen bei der Erlösung der Seele zu helfen.

     In diesem Jahr feierte die Kongregation der
     Töchter der göttlichen Liebe ihr 150-Jahr-
     Jubiläum. Im Juni waren Sie mit einigen
     Gläubigen aus der katholischen Albaner-
     mission in Wien, um dieses Fest zu feiern.
     Wie können wir uns diese Festlichkeiten
     vorstellen und welche Besonderheiten
     konnte man beobachten?
     Am 8., 9. und 10. Juni 2018 feierten wir
     mit Freude dieses für uns wichtige Jubi-
     läum. Absichtlich wurde das Jubiläumsfest
     auf den Tag des Heiligsten Herz Jesu ver-
     legt. Am Freitag, dem Tag des Heiligsten
     Herz Jesu, fand um 14.00 Uhr eine Messe
     in der Kathedrale St. Stephan in Wien statt.
     Nach der Messe gab es eine Konferenz für
     alle Schwestern unserer Kongregation. Die
     Kirche war gefüllt mit unseren Schwestern                   Mitglieder der Albanermission nahmen mit Schwester Valdete (mittlere Reihe, 3. v. l. )
     aus der ganzen Welt sowie mit den Gläubi-                   an den Jubiläumsfeierlichkeiten ihrer Kongregation in Wien teil.
     gen des Landes, aber auch von den Orten,
     an denen unsere Schwestern arbeiten.
     Auch aus der Schweiz waren wir bei diesem                    Bijat e Dashurisë Hyjnore
     für uns historischen Ereignis mit einer
     Gruppe Gläubiger präsent. Anwesend waren                     Te ecësh ne rrugen e Zotit, duke ndjekur fjalën dhe hapat e Tij, te mbjellesh fjalen e Tij
     auch über 500 Schüler der Wiener Schulen,                    ne Zemrat e besimtarëve dhe të ja kushtoshë jeten Zotit. Këto janë detyrat e Bijave të
     welche von unseren Schwestern unterrich-                     dashurisë hyjnore. Motra Valdete, e cila punon në Misionin Shqiptar Katolik në Sirnach
     tet werden. Am nächsten Tag setzten wir                      dhe është një nga Bijat e Dashurisë Hyjnore, na tregon më shumë rreth Kongregatës
     das Programm mit der Heiligen Messe in                       dhe Jubileut qe kremtuan ne kët vit.
     der Marienkirche und einem wundervollen
     Konzert der polnischen Schwestern fort. Am                   Kush janë «Bijat e dashurisë Hyjnore» dhe cila është puna që ato bëjnë?
     Abend machten wir eine Kerzenlichtprozes-                    Bijat e Dashurisë Hyjnore janë institucion ndërkombetarë rregulltaresh, me të drejta
     sion bei der Friedhofskapelle und besuch-                    papnore. Jetën tonë ja kemi kushtuar Zotit dhe Kishës, sidomos të varfërve. Nënë
     ten das Grab unserer Mutter Franziska. Die                   Franciska Lechner (1833–1894) me origjinë gjermane nga Edling i Gjermanisë e theme-
     gesamten Feierlichkeiten waren grossartig                    loi Kongregatën, me 21 nëntor 1868 në Vjen të Austrisë. Që t’i jepte Kongregatës një
     und die Emotionen unbeschreiblich.                           drejtim, zgjodhi rregullat e shën Augustinit i cili u bë Ati ynë shpirtëror. Nënë Franciska
                                                                  deshmonë se dashuria e Zotit u bë e dukshme në Jezusin dhe kjo dashuri e shtyri atë
     Seit zehn Jahren sind Sie nun in der katholi-                që t’ju ndihmoj njerëzve të cilët janë në varfëri e sidomos rinisë femrore. Në përputhje
     schen Albanermission in Sirnach tätig. Wo                    me karizmen e Themeluesës sonë, ne i përgjigjemi thirrjës, me apostollatin tonë
     sonst auf der Welt können wir Töchter der                    shoqëror, edukativ, dhe baritor nevojave të Kishës së Vendit dhe asaj të përgjithshme.
     göttlichen Liebe antreffen?
     Ja, ich bin seit zehn Jahren in der Schweiz                  Në këtë vitë Kongregata e Bijave të dashurisë Hyjnore e kremtoj 150 vjetorin e
     tätig und danke Gott und den Schwestern,                     themelimit. Në qeshor ju këtë Jubile e festuat në Vjen. Na tregoni si e përjetuat ju
     dass sie es mir ermöglichen hier das zu                      këtë festim?
     tun, was mein Leben erfüllt. Die Töchter der                 Po pikërisht me 8, 9 dhe 10 qeshor 2018 kemi kremtuar solemnisht këtë jubile të rën-
     göttlichen Liebe wirken in vielen Ländern                    dësishëm. Qëllimisht u caktua, festa e Zemrës së Krishtit, për të kremtuar këtë Jubile
     Europas wie zum Beispiel Schweiz,                            aq të rëndësishëm për ne, sepse Nëna Franziska, kishte një përshpirtëri të jashtëza-
     Deutschland, Österreich, Kroatien, Alba-                     konshme ndaj Saj. Të premtën, në festën e Zemrës së Krishtit në ora 14.00 ishtë mes-
     nien, Kosovo, Bosnien, England, usw.,                        ha në katedralën e shën Shtjefnit në Vjen. Pas meshe kishte një konferenc e përgatitur
     ausserdem haben wir in Amerika und Afrika                    nga znj. Kisha ishte e mbushur me motrat tona nga e gjithë bota po ashtu edhe me be-
     zehn Provinzen und mehrere Delegierte.                       simtarë të vendit por edhe të ardhur nga vendet ku motrat tona punojnë. Edhe nga Zvic-
                                                                  ra ishim të pranishëm me një grup besimtarësh të devotshëm në këtë ngjarje historike.
     Herzlichen Dank für das Gespräch!                            Të pranishëm ishin edhe nxënësit e shkollave të Vjenës që mësojnë tek motrat tona
                                                                  mbi 500 nxënës. Festa ishte madhështore dhe emocionet të papërshkrueshme.
      Interview & Übersetzung: Aleksandra Gjergji

                                                                                                                                         forumKirche | 18-2018 11
Thurgau

Blick nach aussen
Der 56-jährige Armin Ruf ist seit Anfang September im Amt

                                                                   Armin Ruf leitet neu die Pfarrei               umsetzen. Ich finde es zukunftsträchtig,
                                                                   St. Johannes in Weinfelden.                    dass die Kirche über ihren Tellerrand hin-
                                                                                                                  ausschaut, auch auf der ökumenischen
                                                                                                                  Seite. Kirche ist mehr, als sich sonntags
                                                                                                                  zum Gottesdienst zu treffen, sie ist immer
                                                                                                                  auch der Blick nach aussen.
                                                                   Was waren dabei Ihre Aufgaben?
                                                                   Ich habe in der Geschäftsstelle in Kempten     Die Weinfelder Kirchgemeinde ist nach
                                                                   als Supervisor und Moderator gearbeitet.       den Vorkommnissen um den ehemaligen
                                                                   Zudem war ich für die offenen Dienste zu-      Pfarrer gespalten. Wie wollen Sie das
                                                                   ständig, um die Caritas pastoral nach innen    Vertrauen wieder herstellen?
                                                                   wie nach aussen zu vertreten. Dazu gehör-      Ich bin unvoreingenommen. Ich komme von
                                                                   te die Bahnhofsmission ebenso wie die          aussen und weiss nicht alles, was ich auch
                                                                   Freiwilligenagentur oder das Demenzzen-        nicht muss. Ich bin der Meinung, dass eine
                                                                   trum. Letzteres habe ich, zusammen mit         Gemeinde zusammengehört und Spaltun-
                                                                   anderen Trägern, als christlich-spirituelles   gen nicht gut sind. Man muss offen und
                                                                   Zentrum mitgegründet.                          ehrlich zueinander sein und dann nach vor-
                                                                                                                  ne blicken. Sollte noch etwas aufzuarbeiten
                                                                   Was war Ihr Schwerpunkt in der                 sein, bin ich gerne bereit, Versöhnungsar-
                                                                   Pfarreiarbeit?                                 beit zu leisten. Es soll sich schliesslich je-
                                                                   Am Anfang war es die Jugendarbeit. Das         der in dieser Gemeinde beheimatet fühlen.
                                                                   hat sich weiterentwickelt, als die Kinder -
                                                                   tagesstätten durch die kirchliche Träger-      Sind Sie eher jemand, der gerne
                                                                   schaft ein Anliegen wurden. Weitere            Neuerungen anstösst?
                                                                   Schwerpunkte waren der diakonische An-         Ich will mit den Menschen die Kirche nach
                                                                   satz einer Gemeinde, die Sakramenten-          vorne bringen. Ich weiss, es gibt immer
                                                                   vorbereitung und dann ganz stark die För-      Grenzen und jeder hat sein kirchliches Bild,
                                                                   derung von liturgischen Formen. Mit der        was sehr bunt ist. Die Pfarrei ist nah an
                                                                   Zeit kam auch die Verantwortung für die        unterschiedlichen Menschen und macht
                                                                   Öffentlichkeitsarbeit hinzu.                   sich gemeinsam mit ihnen auf den Weg.
                                                                                                                  Bei der Caritas und in der Gemeindeent-
                                                                   Was hat Sie an der Arbeit in Weinfelden        wicklung war ich stark in der Beratungs-
                                                                   gereizt?                                       funktion. Ich hatte keinerlei Möglichkeit,
                                                                   Mir gefällt das Konzept des Pastoralraums      vor Ort mitzuwirken, was mir gefehlt hat.
                                              Bild: Sarah Stutte

                                                                   sehr gut, dass Pfarreien zusammenarbei-        Deshalb bin ich froh, dass das Präsidium
                                                                   ten und Synergien herstellen, jede Gemein-     einen Nichtpriester als Gemeindeleiter ad
                                                                   de aber zusammen mit dem Präsidium ihre        interim akzeptiert hat.
                                                                   definierte Leitung hat und dadurch ihre
Neben Mathew Varughese als leitender                               Eigenverantwortung bewahrt. Gemeinsam          Hatten Sie vorher einen Bezug zur Schweiz
Priester des Pastoralraums Thurgau Mitte                           mit einem Priester, der für den gesamten       oder ist das ein kompletter Neuanfang für
wird am 23. September auch Armin Ruf                               Pastoralraum priesterliche Aufgaben über-      Sie?
als neuer Gemeindeleiter ad interim                                nimmt und gemeinsam mit Verbänden,             Für mich ist es ein Neubeginn. Ich habe
begrüsst. Dies mit einem Gottesdienst in                           Vereinen sowie Haupt- und Ehrenamtlichen       vier Kinder, die alle erwachsen und selbst-
der Pfarrei St. Johannes in Weinfelden.                            versucht man, Kirche lebendig zu machen.       ständig sind. Jetzt kann ich noch einmal
                                                                   Es ist mir ein Anliegen, zusammen mit dem      eine Herausforderung angehen. Der einzige
Was haben Sie für einen beruflichen                                Team die Schwerpunkte immer wieder neu         Wermutstropfen daran ist die Entfernung zu
Hintergrund?                                                       auszuhandeln und mit denjenigen im Pasto-      meiner Frau. Sie ist beruflich so eingebun-
Ich habe in Deutschland Religionspädago-                           ralraum in Einklang zu bringen.                den, dass sie mich nicht begleiten kann.
gik und Theologie studiert und dann als                                                                           Sie kommt aber von Dietmannsried nach
Pastoralassistent, aber auch als Religions-                        War Ihnen das Pastoralraum-Konzept             Weinfelden, so oft es geht. Das ist für uns
lehrer in Pfarreien und Pfarreiengemein-                           bekannt?                                       auch Neuland, nach ganz vielen Jahren
schaften gearbeitet. Zudem habe ich in                             Das war für mich neu. Durch meinen Kon-        Ehe. Doch berufliches Engagement und
Sozialethik promoviert, woraus sich mein                           takt zum Bistum Basel bin ich auf diese        Verantwortung für die Familie können ver-
Engagement bei der Caritas Kempten im                              Stelle aufmerksam geworden und in die-         einbart werden. Man muss viel miteinander
Oberallgäu ergeben hat. Dort habe ich die                          sem Zusammenhang kam der Pastoral-             reden, wie bei allen Dingen.
letzten sieben Jahre als theologischer Re-                         raum zur Sprache. Gemeinsam mit Mathew
ferent für die Geschäftsführung gearbeitet.                        Varughese wollen wir dieses Konzept nun                                         Sarah Stutte

12 forumKirche | 18-2018
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