25 Jahre KISS Hilfe zur Selbsthilfe - Selbsthilfemagazin
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Impressum Inhaltsverzeichnis Herausgeber: Editorial 3 Stadt Kassel Gesundheitsamt Region Kassel 25 Jahre KISS Kontakt- und Informationsstelle Grußwort 3 für Selbsthilfegruppen Aktivitäten: „Ein gelungenes Fest“ 5 Wilhelmshöher Allee 32A 34117 Kassel Geschichte „Die KISS hat sich sehr positiv entwickelt“ 6 Telefon: 0561/92005-53 99 Fax: 0561/92005-5322 Die Aufgaben E-Mail: kiss@stadt-kassel.de Die KISS Redaktion: Ein breites Spektrum und vielfältige Aufgaben 8 Carola Jantzen (v.i.S.d.P.), Supervision Texte: Jacqueline Engelke, „Hohe Komplexität der Aufgaben“ 11 vitaminbe kommunikation, Kassel Öffentlichkeitsarbeit Druck: Pro Tag ein paar hundert Gespräche geführt 12 Grafische Werkstatt, Kassel Gemeinschaft fördern Von den Erfahrungen der anderen profitieren 14 Layoutgestaltung: Wilfried Momberg, Kassel Amerikanische Besatzungskinder „Alle wussten von mir – nur ich wusste nichts“ 16 Auflage: Alleinerziehende 1000 Wir fühlen uns gut unterstützt 18 Copyright: Psychose Nachdruck nur mit Genehmigung Sich über Erlebtes austauschen 20 Bildernachweis: Förderrat: Titelfotos: Bundesregierung/Atelier „Gelebte Basisdemokratie“ 22 Schneider, KISS Fortbildung Bundesregierung/Atelier Schneider Das 1 x 1 der Gruppenleitung 23 Foto Berlinfahrt, (S. 5) Supervision für Gruppen Privat. Die Fotos der Grußworte wurden „Eine Entlastung und Ermutigung“ 24 freundlicherweise von den jeweiligen Ver- Landesarbeitsgemeinschaft fassern zur Verfügung gestellt) „Typische reflektierende Haltung“ 26 KISS: documenta-Besuch (S.5), Selbst - Praktikum hilfetag (12), Neujahrsempfang (S.13), Eine Vielfalt von Menschen und Aufgaben 27 Fortbildung (S. 23) Zertifikat Engelke (S. 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 14, 28, 30) Garantierte Qualität der Arbeit 28 Fotolia.com: Gerhard Seybert (S.16) Das KISS Team 30 Rubysoho (18), kzenon (19), crimson (20), Schlierner (22), marem (24), freshidea (25), Informationen Finanzielle Unterstützung durch den Fotos ohne Bildunterzeilen dienen Förderrat 2012 29 lediglich illustrativen Zwecken Selbsthilfethemen Region Kassel 2012 31 2
Grußwort ls Gesundheitsdezernentinnen in der Stadt und im Landkreis Kassel A gratulieren wir der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegrup- pen (KISS) zu 25 Jahren erfolgreicher Arbeit und aktiver Förderung des Selbst- hilfegedankens in unserer Region. Im Jahr 1987 hat sich die Stadt Kassel – damals noch im Rahmen eines Bun- desmodellprogramms – entschlossen, Selbsthilfepotenziale der Bürgerinnen und Bürger mit der Einrichtung einer Kontakt- und Informationsstelle zu unter- stützen und zu aktivieren. Seit der Einrichtung des Gesundheitsamts Region Kassel im Jahr 2008 beteiligt sich auch der Landkreis Kassel an der Finanzie- rung der KISS. Dieses öffentliche Engagement hat sich gelohnt und wir können heute stolz sein auf die Vielfalt des Selbsthilfeangebots, auf das die Bürgerinnen und Bür- Anne Janz ger in unserer Region im Bedarfsfall zurückgreifen können. Die Rolle von Selbsthilfegruppen in der medizinischen und psychosozialen In- frastruktur in Fachkreisen und Politik wurde zunächst recht kontrovers disku- tiert und wurde zum Zeitpunkt der Gründung der KISS noch breit diskutiert. Das Verhältnis zwischen professionell erbrachten Angeboten und Selbsthilfe war nicht geklärt. Selbsthilfegruppen wurden ja oft auch gerade in kritischer Distanz zu bestehenden professionellen Versorgungsstrukturen gegründet. Diese kritische Distanz und der Anspruch der Selbsthilfegruppen, als Betrof- fene für Betroffene da zu sein, standen zunächst durchaus in Konkurrenz zu bestehenden professionellen Angeboten. Außerdem mussten die Gruppen für sich klären, ob sie auf eine institutionalisierte, aus öffentlichen Mitteln ge- tragene Form der Unterstützung zurückgreifen wollen. Es gab durchaus Skep- sis bei den Gruppen, ob dies nicht dem Selbsthilfegedanken widerspricht und dem speziellen Charakter der Unterstützung und gegenseitigen Hilfeleistung von Betroffenen zuwiderläuft. Diese Diskussion wurde vor 25 Jahren auch in Kassel geführt. Bei den Selbsthilfegruppen war die Einrichtung der KISS Susanne Selbert zunächst nicht unumstritten. Heute hat die Selbsthilfe in unserer Region ihren selbstverständlichen Platz neben den medizinischen Professionen. Scheinbare Widersprüche sind im Verlauf der Jahre einem guten und konstruktiven Miteinander gewichen. Pro- fessionelles Angebot und Selbsthilfe, Selbsthilfe und Institutionalisierung wer- den schon lange als Ergänzung begriffen. Wenn heute Therapeutinnen und Therapeuten oder andere Professionelle bei der KISS nach geeigneten Selbst- hilfegruppen für ihr Klientel fragen, wenn heute auch Krankenkassen die Ar- beit unterstützen, dann zeugt das von der hohen Akzeptanz, die die Selbsthil- fegruppenarbeit mittlerweile vom professionellen Versorgungssystem erfährt. Und die Selbsthilfegruppen haben – und das vor allem auch durch die sen- sible und gute Arbeit der KISS – ihre anfängliche Skepsis abgebaut und auf die Chancen, die eine Kontakt- und Informationsstelle bietet, gesetzt. Sie ha- ben sich, vermittelt durch die KISS und durch die Anbindung an das Gesund- heitsamt der Region Kassel, Stimme und Gehör für ihre Anliegen verschaffen können. Der gemeinsame Erfolg kann sich sehen lassen: Mit derzeit ca. 250 bei KISS registrierten Selbsthilfegruppen verfügen wir über eine hohe Versor- gungsdichte für die Bürgerinnen und Bürger in der Region. Dies verdanken wir neben den vielen ehrenamtlich Tätigen in den Selbsthilfegruppen auch der engagierten Arbeit der KISS. Wir stützen diese Überzeugung auch auf wissenschaftliche Befunde, die aufzeigen, dass eine Selbsthilfekontaktstelle, wenn sie kontinuierlich wirken kann, ein Garant für mehr und stabilere Selbst- 3 3
Grußwort hilfegruppen ist. Die kompetente Arbeit der KISS ist seit dem letzten Jahr auch mit einem Qualitätssiegel versehen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von KISS haben in den vergangenen 25 Jahren gezeigt, dass eine Kontakt- und Informationsstelle viel tun kann, um den Selbsthil- fegedanken weiter in die Bevölkerung zu tragen und das vielfältige Angebot bei den Bürgerinnen und Bürgern in unserer Region transparent und bekannt zu machen. Das hat auch mit personeller Kontinuität zu tun. Vertrauen und Erfahrung wachsen über Jahre und dies ist auch bei der zukünftigen Sicherung der Arbeit der KISS zu beachten. Bei den vielen Aktivitäten von KISS denken wir insbesondere an: • die Selbsthilfetage, die bereits seit 1988 jährlich stattfinden – mit außer- ordentlich guter Resonanz • an den Selbsthilfewegweiser • viele weitere öffentliche Informationsveranstaltungen • die sehr gut angenommene Veranstaltungsreihe des Gesundheitsamtes Region Kassel „Gesundheit im Gespräch“, bei der KISS seit 2006 offizieller Mitveranstalter ist • die Unterstützung bei der Bereitstellung von Räumlichkeiten und Vernetzung der Gruppen, von Betroffenen, die eine Gruppe gründen möchten, Fortbildungen zu rechtlichen Fragen, zur Finanzierung, usw. Mit engagierter und fachlich hervorragender Arbeit hat KISS sich in den letzten 25 Jahren zu einer im wahrsten Sinne des Wortes tragenden Struktur für den Selbst- hilfegedanken und die Selbsthilfegruppen in der Region Kassel entwickelt. Mit Un- terstützung der KISS können das Erfahrungswissen und die Selbsthilfepotenziale unserer Bürgerinnen und Bürger erschlossen werden. Sie ergänzen das professio- nelle Angebot durch die Betroffenenperspektive in einem ganzheitlichen Sinn und helfen damit immer wieder, Lücken in der vorhandenen Versorgungsstruktur zu schließen. Das ist ein wichtiger Beitrag zu Solidarität und Lebensqualität in unserer Region. Wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre erfolgreiche Arbeit. Anne Janz Susanne Selbert Stadträtin Erste Kreisbeigeordnete 4
25 Jahre KISS „Ein gelungenes Fest“ Aktivitäten ktivitäten zum Jubiläum: Grillfest, Berlin-Fahrt und nd documenta-Besuch 25 Jahre KISS – aber kein Festakt. Stattdessen eine Würdigung der Selbsthilfegruppen mit drei Aktivitäten: einem Grillfest im Restaurant Bootshaus an der Fulda, einer documenta-Führung und einer Fahrt nach Berlin auf Einladung der Kasseler FDP-Bundestagabgeordneten Mechthild Dyckmans, finanziert vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. „Die Berlin-Fahrt war ein Erlebnis“, erzählt Luise Öhler, Mitglied der Polio Selbsthilfegruppe. Sie fand nicht nur das Programm gut, sondern dass es für sie als Fahrerin nicht alleine. Auf jeden Fall besser als lange Reden. Beim im E-Rollstuhl die Möglichkeit zu einer solchen Fahrt gab. Grillfest mit rund 100 Besuchern der Selbsthilfegruppen „Insgesamt war es ein sehr informative Fahrt“, fasst und leckerem Essen wurde miteinander gefeiert und Hans-Peter Schwadron von der Arbeitsgemeinschaft geredet. Sucht zusammen. Eher etwas zum Zuhören war die Fortbildung mit Führung Eine Fahrt mit zwei Übernachtungen und einem zur documenta 13. Die KISS stellte in der Einladung vollen Programm. Einer Stadtrundfahrt, Besichtigung dazu fest: Dieser documenta ging es um eine andere unter anderem des Bundestags sowie Diskussionen Sicht auf die Welt, um ein geschärftes Bewusstsein. mit Mechthild Dyckmans und ein Besuch im Bundesministerium für Gesundheit. Diese Gespräche, wie Politik funktioniert, haben nicht nur Adeltraud Müller von der Gruppe Leben mit Morbus Behcet beeindruckt. Und noch ein Aspekt ist Adeltraud Müller wichtig: „Die Fahrt hat das Miteinander der Gruppenleiter gestärkt.“ Ein Miteinander war auch bei dem Grillfest im Bootshaus in Kassel erwünscht. „Schöne Musik, ein gelungenes Fest“, sagt Adeltraud Müller und steht mit dieser Meinung Darüber lässt sich trefflich diskutieren, was bei einem Kaffee nach der Führung möglich war. Die Führung „war gut und verständlich“, sagt Hans-Peter Schwadron. Was angesichts der manchmal schwer zugänglichen modernen Kunst nicht ganz unwichtig ist. Die documenta findet nur alle fünf Jahre statt. Aber die Fahrt nach Berlin, „die könnte man öfter anbieten“, meint Schwadron. Luise Öhler und Adeltraud Müller hätten vermutlich nichts dagegen. 5 5
Geschichte Das Titelfoto des Selbsthilfewegweisers aus dem Jahr 2000, zweite v. links: Christiane Winter-Heider, KISS-Leiterin 1987-2000. „Die KISS hat sich sehr positiv entwickelt“ Von den Anfängen bis heute gab es auch Diskussionen und unsichere Zeiten Selbsthilfe – dieser Begriff tauchte erstmals Mitte das von 1987 bis 1991 lief. Das Programm wurde des 19. Jahrhunderts auf. Schon damals sollte die wissenschaftlich begleitet. Der damalige Psychiatrie- Selbsthilfe fehlende staatliche Versorgung ersetzen. koordinator der Stadt Kassel, Peter Eisenberg, wurde Mitte des vergangenen Jahrhunderts gewann die auf das Bundesprogramm aufmerksam. Da Kassel Selbsthilfebewegung noch einmal eine ganz eigene die einzige Stadt war, in der die Selbsthilfekon- Bedeutung. Ende der 60er und in den 70er Jahren taktstelle beim Gesundheitsamt angesiedelt werden begannen Menschen, sich öffentlich zu ihrem Pro- sollte, wurde sie zusammen mit 19 anderen Städten blem zu bekennen. Hans Jürgen Otto, langjährige und Kreisen in das Programm aufgenommen. Die Kontaktperson der Selbsthilfegruppe Morbus Crohn/ Konstellation mit dem Gesundheitsamt wurde zwar Colitis ulcerosa und noch heute in der Gruppe und im von einigen mit Skepsis betrachtet, doch sie sollte Bundesverband der Deutschen Morbus Crohn Colitis im Modellprogramm ebenfalls untersucht werden. ulcerosa Vereinigung in Berlin aktiv, erinnert sich an Die Ergebnisse zeigten, dass auch Kommunen für die die Zeiten, als es noch keine KISS in Kassel gab. Trägerschaft eine Kontaktstelle geeignet sind, ebenso Wohlfahrtsverbände und Vereine. Voraussetzung ist, Basisdemokratische Gegenbewegung dass sie die Anforderungen an eine solche Kontaktstelle Selbsthilfe verstand sich als basisdemokratische erfüllen. Zum Beispiel geeignetes Fachpersonal Gegenbewegung zum Gesundheitssystem. „Viele wa- einstellen, das ausschließlich für die Aufgaben der ren gegenüber dem Gesundheitssystem etwas kritisch Kontaktstelle zuständig ist, so eine Empfehlung im eingestellt, es ließ Lücken und die Zusammenarbeit, Kurzbericht der wissenschaftlichen Begleitung des die Verzahnung funktionierte damals wie heute nicht Modellprogramms. gut“, schildert Hans Jürgen Otto. Räume zu finden war für die Gruppen schwierig und eine Gruppengründung Räume für die Selbsthilfegruppen oder eine geplante Aktivität konnte am Fehlen von In Kassel begann Christiane Heider, spätere Winter- 100 D-Mark scheitern. Doch „die Politik merkte, Heider, als erste Mitarbeiterin im Projekt für die neue dass sie etwas tun muss“, sagt Otto, denn die Kontaktstelle am 1. Dezember 1987 in einem winzigen Selbsthilfebewegung war schon seit einigen Jahren Zimmer mit einem Aktenordner und ein paar Briefen, aktiv. wie sie selbst in einem Grußwort schreibt. Ein Haus In den 80er Jahren stellte die Bundespolitik ein für Selbsthilfe hatte für die Gruppen damals eine Modellprogramm zur Gründung von Informations- und hohe Priorität. Tatsächlich gelang es, am Weinberg Unterstützungsstellen für Selbsthilfe zur Verfügung, ein erstes Domizil zu bekommen, eine Wohnung mit 6
Geschichte Die KISS bekam zum Geburtstag viele Glückwunsche von den Gruppen. drei Räumen. „Wir mussten manchmal ganz schön die Selbsthilfegruppen wichtig. Meilensteine der kämpfen“, erinnert sich Hans Jürgen Otto an die erste Entwicklung der vergange-nen 25 Jahre sind für ihn Zeit. Die Zimmer waren sehr einfach eingerichtet, „aber zum Beispiel die Räume der KISS in der Wilhelmshöher wir hatten zumindest kostenlose Räumlichkeiten“, Allee und dass sich die KISS etabliert hat. Die Teilnahme sagt Otto. an den Gesundheitstagen oder dem Selbsthilfetag, überhaupt die Übernahme von Öffentlichkeitsarbeit 1991 lief das Modellprogramm aus – wer würde die und die Supervision für Kontaktpersonen der Gruppen Finanzierung übernehmen? Schließlich gab es Mittel – das alles und noch mehr sind für Otto wichtige vom Land und auch die Stadt trug zur Finanzierung Errungenschaften und Unterstützung für die Arbeit bei. Dennoch stand die finanzielle Existenz der KISS der Gruppen. „In den Jahren, nachdem die KISS fest eine ganze Weile auf wackligen Füßen. Ein Problem etabliert war, hat sich alles positiv entwickelt“, meint bildete damals auch der Landkreis Kassel, der sich Hans Jürgen Otto abschließend. Aber, sagt er, es ist nicht beteiligen wollte, sagt Otto. „Wir haben heftig ebenfalls wichtig, wie die Gruppen mitmachen. „Sie gestritten und diskutiert.“ Mit Erfolg. Er findet es sehr müssen ihren Anspruch deutlich machen“, gibt er anerkennenswert, dass Christiane Winter-Heider trotz denen mit auf den Weg, die heute aktiv sind. „Nur der anfangs unsicheren Verhältnisse weitermachte. wenn aktiv mitgestaltet wird, kann es erfolgreich für Auch die Angliederung an das städtische unser beider Zukunft etwas werden.“ Gesundheitsamt führte zu Diskussionen, nicht zuletzt wegen der damals üblichen kameralistischen Haushaltsführung, nach der das zur Verfügung • „Nur gute Erfahrungen“ gestellte Geld nicht auf das nächste Jahr übertragen „Selbsthilfegruppen stellen eine werden konnte. Manche Verwaltungsregel passte wichtige Versorgungsebene im nicht zu dem basisdemokratischen Anspruch der Gesundheitswesen dar. Bei ab- Selbsthilfebewegung. Doch die Stadt „kam uns sehbarem Personalmangel in entgegen“, erzählt Otto. So wurde unter anderem der Pflege und im medizinischen ein Förderrat aus dem Plenum der Selbsthilfegruppen Bereich werden sie in Zukunft gewählt, der gespendete Gelder verwaltete und auf immer wichtiger werden. Denn ihre Stärke ist es, die Antrag an die Gruppen vergab. individuellen Fähigkeiten zu beachten und zu stärken. Ich bin sehr froh, dass mit KISS eine zentrale Anlauf- Wichtige Unterstützung für die Gruppen und Koordinationsstelle zur Verfügung steht und habe Die KISS habe sich gut entwickelt, sagt Otto damit bisher nur gute Erfahrungen gemacht.“ heute. „ Es kann aber immer noch besser werden. Dr. med. Uwe Popert, Arzt für Allgemeinmedizin, Denn Stillstand ist Rückschritt“, meint er weiter. Vorsitzender des Gesundheitsnetzes Nordhessen. Eine gute und vernünftige Unterstützung sei für 7 7
Die KISS Ein breites Spektrum und vielfältige Aufgaben Das KISS-Team berät, vermittelt, sorgt für Öffentlichkeit und Fortbildung Beratung gehört zu den viel gefragten Aufgaben der KISS. Drei Mal pro Woche beantwortet Karl- Heinz Brestrich in der Sprechzeit die Fragen von Ratsuchenden am Telefon oder persönlich. An der Klinke zum Beratungsbüro der Kontakt- und Drei Mal pro Woche, am Montag, Mittwoch und Beratungsstelle für Selbsthilfegruppen ist heute, wie Donnerstag, sitzt der Sozialpädagoge und Supervisor an jedem Donnerstag, ein kleiner Schaumstoffring am Beratungstelefon der KISS. Diese Tätigkeit ist sein angebracht. Damit bleibt die Tür immer einen Spalt offen Arbeitsschwerpunkt, für den er eine Halbtagsstelle hat. und signalisiert: Komm herein, du bist willkommen. Im Büro klingelt das Telefon. „Kontaktstelle für Filter und Schutzfunktion für die Gruppen Selbsthilfegruppen, mein Name ist Brestrich, guten Viele erfahren über das Internet von den Selbst- Morgen“, meldet sich KISS-Mitarbeiter Karl-Heinz hilfegruppen und rufen anschließend bei der KISS Brestrich. an. Die wenigsten kommen persönlich zur Beratung. Wenn, sind es eher Ratsuchende, die die deutsche Der Anrufer fragt, ob es in Kassel eine Selbsthilfegruppe Sprache weniger gut beherrschen. für Menschen mit Angst und Depressionen gibt. Er sei in ärztlicher Behandlung, aber es gehe ihm sehr „Bei körperlichen Erkrankungen ist aufgrund der schlecht. Karl-Heinz Brestrich klärt zuerst mit ihm, ob Diagnose meist schnell klar, was die Anrufer es sich um eine akute Krise mit Selbstmordgedanken suchen“, erläutert Karl-Heinz Brestrich. Mehr Finger- handelt. Dann würde er die Gesundheitsamtskollegen spitzengefühl benötigt er, wenn es um psychische vom sozialpsychiatrischen Dienst empfehlen. Beeinträchtigungen geht. In diesen Fällen muss er die Da das nicht so ist, gibt er Informationen zu Ort, Problematik im Gespräch herausarbeiten, über die sich Zeit und Kontaktmöglichkeiten für verschiedene der Interessent mit anderen austauschen will, damit er Selbsthilfegruppen weiter, die sich in Kassel zu den die richtige Gruppe empfehlen kann. Themen Angst und Depression treffen. Je nach Manche Gruppen haben auch Kriterien für die Problemschwerpunkt kann der Anrufer daraus selbst Teilnahme an der Gruppe entwickelt. Diese Kri- die passende für sich auswählen. terien, die Ansprechpartner der Gruppen, deren Karl-Heinz Brestrich erzählt von den Vorzügen des Telefonnummern und alle anderen Informationen zu gegenseitigen Erfahrungsaustauschs Betroffener und den rund 250 Selbsthilfegruppen stehen griffbereit ermuntert den Anrufer, die Selbsthilfegruppe anfangs (und unabhängig vom Ausfall von PC- und Strom) auf probehalber und später möglichst kontinuierlich zu Karteikarten im großen Kasten auf dem Schreibtisch besuchen, um eine Vertrauensbasis zu schaffen. Am von Karl-Heinz Brestrich. Dick rot angestrichen sind Ende des Gesprächs zeigt er ihm auch alternative die Informationen, die nicht weitergegeben werden Hilfemöglichkeiten wie Psychotherapie oder dürfen, weil Gruppenleiter anonym bleiben wollen. Telefonseelsorge auf. Zum Schutz der Privatsphäre vereinbart KISS mit 8
Die KISS an andere Beratungsstellen oder Ansprechpartner vermittelt. Um über die Angebote im Bild zu sein greift das KISS-Team morgens häufig zur Schere und schneidet aus der Zeitung Artikel über Beratungsstellen und andere Hilfeangebote aus. Auch Flyer und andere nützliche Informationen wandern in die mittlerweile auf eine stattliche Zahl angewachsenen Aktenordner. „Sogar das Stadtarchiv hat deswegen schon bei uns angefragt, weil wir wohl die Einzigen sind, die zu diesem Thema so ausführliche Unterlagen sammeln“, erzählt Carola Jantzen. Öffentlichkeits- Den Selbsthilfe-Gedanken verbreiten arbeit ist eine von vielen Aufgaben Neben dem Regal mit den Aktenordnern steht ein alter, von KISS-Leiterin großer Kaktus. Er hat seine eigene Geschichte. Ebenso Carola Jantzen. wie der goldene Frosch, der wie ein Buddha lächelnd auf einem kleinen Tisch hockt – das Geschenk der Borderline Trialog Selbsthilfegruppe zum 25jährigen Bestehen der KISS. Er schaut auf eine grüne Tür, die in den Raum führt, in dem Carola Jantzen und Beatrice jedem Gruppenleiter schriftlich bis ins kleinste Detail, Busch ihren Arbeitsplatz haben. was weitergegeben werden darf. Die nächste Anruferin an diesem Morgen ist eine Diplom-Psychologin Carola Jantzen, Leiterin der KISS, Gruppenleiterin. Auch die Gruppenleiter können sich kümmert sich neben der Gründung neuer und der ohne vorherige Terminabsprachen in der Sprechzeit bei Beratung bestehender Selbsthilfegruppen um die KISS melden. Oft geht es um Organisatorisches, um Vertretung der KISS nach Innen, dem Gesundheitsamt Räume, Fotokopien oder Postversand. Manchmal sind und der Stadtverwaltung, sowie nach Außen mit damit Fragen zum Ablauf des Gruppengeschehens der Öffentlichkeitsarbeit. Hinzu kommt der Bereich oder zu konflikthaften Themen verbunden. Das KISS- der Fortbildung für Selbsthilfegruppenleiter/innen, Team hat immer ein offenes Ohr und hilft weiter. Jeder das Qualitätsmanagement, die Jahrespläne, die soll nach dem Anruf mindestens einen Schritt weiter Förderanträge, die Anleitung der Praktikanten, und sein. Ein Ziel, das so gut wie immer erreicht wird, sagt vieles mehr. Carola Jantzen. Gerade tippt sie eine Ankündigung für das erste Die Zahl der Anrufe von Professionellen wie Ärzten Treffen einer neuen Gruppe in den Computer und oder Therapeuten nimmt zu, hat Karl-Heinz Brestrich mailt sie an die HNA. Die Öffentlichkeitsarbeit macht beobachtet. Sie bestellen den Wegweiser, in dem alle einen großen Teil der Arbeit aus. „Unser oberstes Ziel Gruppen aufgelistet sind, oder fragen, ob es zu einem ist es, den Selbsthilfegedanken zu verbreiten, damit bestimmten Thema eine Selbsthilfegruppe gibt. Gibt es in der KISS keine Gruppe zu diesem Thema, wird Zahl der Beratungen 2011 1025 dabei verschiedene Themen 147 davon waren Betroffene 759 74% aller Anfragen, davon 233 Männer und 526 Frauen Beatrice Busch Angehörige 187 bringt die 18% aller Anfragen, davon Termine für die 26 Männer und 162 Frauen HNA auf den Professionelle 79 neuesten Stand. 8% der Anfragen 9 9
Die KISS Aktuelle Termine Die Tür öffnet sich und Beatrice Busch kommt herein. Die Kauffrau für Bürokommunikation übernimmt mit einer 15 Stunden-Stelle bei KISS administra- tive Aufgaben. Wöchentlich stellt sie die Termine von Selbsthilfegruppen für die entsprechende Rubrik in der HNA zusammen. Die Inhalte ändern sich von Woche zu Woche, denn die Vortragsthemen wiederholen sich nicht. Diese Arbeit steht auch an diesem Donnerstag auf ihrem Arbeitsplan. Einmal im Jahr wird der Wegweiser überarbeitet, in dem alle Gruppen aufgelistet sind. Nicht immer ist es ganz einfach, alle ehrenamtlich tätigen Gruppenleiter zu erreichen und eine Dieser Frosch ist das Jubiläumsgeschenk einer Gruppe. Rückmeldung von ihnen zu bekommen. Daneben kümmert sich Beatrice Busch noch viel mehr Menschen vom Erfahrungswissen der um das Bestellwesen sowie die Anträge an den Selbsthilfegruppen profitieren können“, sagt sie. Förderrat. Neben der Pressearbeit für die KISS und die Gruppen Eine Aufgabe nehmen alle drei gemeinsam wahr: hält sie die Informationen auf der Internetseite aktuell. Sie tüten zusammen die 350 Rundbriefe ein. „Das ist ganz wichtig. Dort schauen jährlich über Alle paar Wochen bekommen Gruppenleiter und 50 000 Besucher nach Selbsthilfegruppen. Deshalb Stellvertreter Post von der KISS. Darin sind Hinweise müssen die Infos stimmen, auch wenn das viel Zeit auf Veranstaltungen, Termine wie Frühstück oder kostet“, führt sie an. Noch viel mehr Arbeitszeit steckt Supervision oder Fortbildungen sowie andere in der organisatorischen Vorbereitung von Veran- interessante Meldungen, die die KISS-Leiterin zu- staltungen, bei denen sich die Selbsthilfegruppen in sammenstellt. „Mit E-Mail sind noch nicht so viele der der Öffentlichkeit präsentieren, wie Selbsthilfe- oder älteren Gruppenleiter ausgestattet, so dass wir noch Gesundheitstage oder der jährliche Neujahrsempfang. auf die Briefpost angewiesen sind. Wir haben schon Für die Veranstaltungsreihe „Gesundheit im Ge- nach einer Kuvertiermaschine gesucht, aber die war spräch“ macht sie Themenvorschläge, bei denen die zu teuer“, erläutert Busch. Das Eintüten dauert etwa Selbsthilfegruppenleiter gut zur Geltung kommen. drei bis vier Stunden und wird möglichst gemeinsam „Dazu kommt noch die Vertretung der Selbsthilfe in erledigt. Morgen ist es wieder so weit, stellen Carola verschiedenen Netzwerken, aber das geht nur, wenn Jantzen und Beatrice Busch unisono fest. noch Kapazitäten vorhanden sind“, sagt Carola Jantzen. An der Tür von Karl-Heinz Brestrich ist mittlerweile Ihr Know-How als Psychologin ist gefragt, wenn die der Schaumstoff-Ring verschwunden. Ein buntes Gruppenleitenden oder Mitglieder der Gruppen mit Schild verkündet: Außer Haus. Am Montag wird er Problemen oder Fragen zu ihr kommen. Bei Bedarf geht wieder am Telefon sitzen und sich freundlich melden. sie selbst mit in die Gruppe. „Zum Beispiel biete ich in „Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen, mein Name ist den neuen Selbsthilfegruppen, wenn gewünscht, ein Brestrich, guten Morgen.“ Modell für die Gesprächsleitung an und führe hilfreiche Gesprächsregeln ein.“ Und dann sind da noch die Gespräche zwischendurch auf dem Flur im Selbsthilfetreffpunkt mit Gruppen- teilnehmern, die Besuche von Jubiläen, die Vorträge vor Fachleuten, Gespräche über finanzielle Selbst- hilfeförderung und mehr – eine Vielfalt von Aufgaben, die von der KISS-Leiterin erledigt werden. 10
Supervision Hohe Komplexität der Aufgaben Regelmäßige Supervision dient der Qualität der Arbeit der KISS Die Diplom-Supervisorin Hella Schuler-Roepell ist seit rund neun Jahren Supervisorin der Mitarbeiter der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen. Die Supervision dient dazu, Probleme und eventuelle Rollenkonflikte zu klären und die Qualität der eigenen Arbeit weiter zu entwickeln. Das KISS-Magazin sprach mit Hella Schuler-Roepell über ihre Arbeit für die KISS. KISS-Magazin: Frau Schuler-Roepell, wie kann ich mir Ihre Arbeit als Supervisorin vorstellen? Hella Schuler-Roepell: Ich bearbeite mit den Mitgliedern des Teams von KISS alle Fragen der beruflichen Praxis. Zu Beginn frage ich nach den Themen und Fragen, die anliegen und besprochen werden sollen. Gemeinsam versuchen wir, das Hella Schuler-Roepell Problem zu verstehen und eine adäquate Lösung KISS-Magazin: Was zeichnet die KISS besonders zu erarbeiten. Ich gebe keine Ratschläge, vielmehr aus? erarbeiten wir gemeinsam ein Verständnis und eine Lösung zu der jeweiligen Frage. Hella Schuler-Roepell: Dass es gelingt, die oben geschilderten Rollen sehr professionell zu meistern KISS-Magazin: Welchen Eindruck haben Sie von der und in der „Abstinenz“ zu bleiben, sich also bei den Arbeit bei KISS im Hinblick auf Qualität und Intensität? Gruppen nicht einzumischen und sich nicht in das Hella Schuler-Roepell: Die regelmäßige Supervision Gruppengeschehen selbst verwickeln zu lassen. der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der KISS aber KISS-Magazin: Was hat sich nach Ihrer Beobachtung auch der Gruppenleiter und Gruppenleiterinnen im Laufe der Jahre an den Themen und der Arbeit der fördert sicher die Qualität. Die Arbeit in der KISS KISS verändert? bringt eine hohe Komplexität der Aufgaben mit sich angesichts der Vielfalt der Selbsthilfegruppen. Immer Hella Schuler-Roepell: Die Anzahl der Gruppen hat mehr Selbsthilfegruppen entstehen, so dass der stetig zugenommen. Selbsthilfe ist in der Öffentlichkeit Arbeitsaufwand steigt und die Intensität zunimmt. bekannter geworden, die Nachfrage steigt. Damit ist das Pensum der Arbeit für die KISS enorm gewachsen. KISS-Magazin: Was ist Ihrer Meinung nach das Besondere an der KISS? KISS-Magazin: Was schätzen Sie an der KISS besonders? Hella Schuler-Roepell: Für mich ist das Besondere das Thema Selbsthilfe. Zum Selbstverständnis der Hella Schuler-Roepell: Das permanente Bemühen, Selbsthilfe gehört die Autonomie der Gruppen. den Gruppen einerseits beratend zur Seite zu stehen, Gleichzeitig werden die Gruppen und deren Leiter andererseits die Autonomie der Gruppe zu respektieren. und Leiterinnen von den Mitarbeitenden der KISS Diesen Balanceakt zu bewältigen ist sicher nicht begleitet, die aber immer nur beratend tätig sind. Sie einfach. Ebenso bringt die Öffentlichkeitsarbeit einen dürfen sich in die eigentliche Arbeit der Gruppe nicht enormen Aufwand mit sich. Ich bewundere das einmischen. Zusätzlich gehört es zu den Aufgaben Durchhaltevermögen der Mitarbeitenden der KISS der KISS, den Gedanken der Selbsthilfe in der und die zuverlässige Präsenz, die ihnen gelingt. Öffentlichkeit zu vertreten und bekannt zu machen. KISS-Magazin: Frau Schuler-Roepell, vielen Dank für Als Teil des Gesundheitsamtes der Stadt müssen die das Gespräch. Rahmenbedingungen dieses Amtes respektiert und akzeptiert werden. Jede dieser Aufgaben verlangt von Hella Schuler-Roepell ist Diplom-Pädagogin und den KISS-Mitarbeitenden, sehr unterschiedliche Rollen Diplom-Supervisorin mit Ausbildung in Gestalt- einzunehmen und zu meistern. Diese Rollen zu klären, Therapie und Psycho-Drama. Sie ist seit 1983 in ist ein häufiges Thema der Supervision. eigener Praxis freiberuflich tätig. 11 11
Öffentlichkeitsarbeit Pro Tag ein paar hundert Gespräche geführt Gesundheits- und Selbsthilfetage machen auf Selbsthilfe-Angebote aufmerksam Die Arbeit und das Selbstverständnis der Selbsthilfegruppen bekannt zu machen ist eine wichtige Aufgabe der KISS. Im Laufe der Jahre hat sich die Kontakt- und Informationsstelle für die Teilnahme der Selbsthilfe an vielen Veranstaltungen engagiert beziehungsweise solche Veranstaltungen sogar initiiert. Der alljährliche Neujahrsempfang gehört ebenso dazu wie die Veranstaltungsreihe „Gesundheit im Gespräch“. Der Selbsthilfetag auf dem Frie- drichsplatz bietet die Gelegenheit, das Angebot darzustellen und mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Die Teilnahme an den Das KISS-Team beim Selbsthilfetag auf dem Friedrichsplatz. Kasseler Gesundheitstagen macht die Öffentlichkeit auf die Selbsthilfegruppen Gesundheitsnetz Nordhessen, die Volkshochschule, aufmerksam. Davon profitieren neben den Gruppen die HNA, die gesetzlichen Krankenkassen sowie vor allem die Menschen in Stadt und Landkreis. einige weitere Experten. Nach Rücksprache mit den Selbsthilfegruppen schlägt auch KISS-Leiterin Carola „Selbsthilfe ist eine wichtige Säule im Gesund- Jantzen Themen vor und gehört zu dem Gremium, das heitssystem“, stellt Dr. Karin Müller, Leiterin des über die endgültigen Themen der Reihe entscheidet. Gesundheitsamtes der Region, fest. Wenn man Gesundheit erreichen, Lebensqualität erhalten und Krankheit bewältigen wolle, sei die Selbsthilfe Nutzen der Selbsthilfe unbestritten unverzichtbar. Menschen brauchen neutrale und gute Weniger an die allgemeine, sondern mehr an Informationen, sagt Karin Müller. Dazu dient auch die politische Öffentlichkeit und die Krankenkassen Reihe „Gesundheit im Gespräch“, die mittlerweile ins als wichtige Geldgeber richtet sich der alljährliche siebte Jahr geht. „Die KISS war von Beginn an daran Neujahrsempfang der KISS. Eingeladen sind neben beteiligt“, erläutert die Leiterin des Gesundheitsamtes. Vertretern der Parteien und der Stadt auch Vertreter Bei den sechs jährlichen öffentlichen Veranstaltungen von Krankenkassen und Sponsoren. Sie erfahren der erfolgreichen Reihe „Gesundheit im Gespräch“ Neuigkeiten über die Selbsthilfe, die sich beim werden allgemeine Gesundheitsthemen aufgegriffen. Neujahrsempfang präsentiert und über neue Gruppen Auf dem Podium sitzen ein Experte aus einer Klinik, sowie Ereignisse des vergangenen Jahres informiert, ein Experte aus der Praxis sowie ein Vertreter der schildert Dr. Müller. Selbsthilfe, die Moderation übernimmt ein Redak- Für die Leiterin des Gesundheitsamtes ist der Nutzen tionsmitglied der HNA. Die Selbsthilfevertreter sind der Selbsthilfe und der KISS für Stadt und Landkreis als gleichberechtigte Partner mit dabei, erläutert unbestritten. „Menschen mit chronischen Krankheiten Karin Müller. So lernen die Zuhörer das Angebot brauchen jemanden, der sie auf ihrem Weg begleitet.“ der Selbsthilfe zum jeweiligen Thema kennen. Die Sie brauchen Experten und Expertinnen zu der Frage, Veranstaltung wird aufgezeichnet und ist im Internet wie man mit der jeweiligen Krankheit lebt. Kassel und im regionalen Fernsehen „Offener Kanal Kassel“ gehöre zum „Netzwerk Gesunde Stadt“. Schon das ist abrufbar. Noch eine Besonderheit: Die Beiträge werden nach Ansicht von Dr. Müller eine Verpflichtung, sich von Gebärdendolmetschern übersetzt. Für die Reihe für den Erhalt von Gesundheit und die Bewältigung kooperieren neben dem Gesundheitsamt die KISS, das von Krankheit stark zu machen. „Die KISS ist eine ganz 12
Öffentlichkeitsarbeit um bei Politik und Wirtschaft auf uns aufmerksam zu machen.“ Viel zu selten werde von dieser Seite auf die Selbsthilfe verwiesen, findet er. Menschen mit der Diagnose Diabetes (oder einer anderen Krankheit) stürzten oft erst einmal in ein Loch, aus diesem Grund wird Selbsthilfe seiner Meinung nach immer wichtiger und sie trägt nicht unerheblich zur Kosten- einsparung im Gesundheitswesen bei. Der Selbsthilfetag auf dem Friedrichsplatz, eine weitere von der KISS organisierte Veranstaltung, ist für Fehr ein idealer Standort für die Präsentation der Selbsthilfe in der Stadt. Menschen kommen zufällig vorbei und entdecken die Informationsstände der Gruppen. Passanten, deren Oma oder Tante Diabetes Beim Neujahrsempfang der KISS stehen die Ereignisse in der hat und die sich hier Informationen holen, Selbsthilfe des vergangenen Jahres im Mittelpunkt. aber auch Betroffene, bekommen so Kon- takt zur Selbsthilfe. Viele verschiedene wichtige zentrale Anlaufstelle für Fragen im Selbst- Gruppen sind vertreten und werden auf diese Art in hilfebereich.“ Nicht umsonst gebe es mittlerweile der Öffentlichkeit mit ihrem Angebot sichtbar und rund 250 Gruppen in Kassel und Umgebung. Für die bekannt. Kommune sei KISS eine wichtige Institution. Wer sich Zu all diesen Veranstaltungen gehört eine inten- nachhaltig und langfristig für die Gesundheit einsetzen sive Vorbereitung und Organisation sowie Öffent- will, sollte sich auch mit der KISS zusammensetzen. lichkeitsarbeit, um auf die Termine aufmerksam zu machen. Sie wird von der KISS geleistet und nimmt viel Ein paar hundert Gespräche Arbeitszeit in Anspruch. „Die Gruppen werden stets Von der Öffentlichkeitsarbeit der KISS profitieren mit einbezogen, in gemeinsamen Vorbesprechungen die Selbsthilfegruppen in vieler Hinsicht. Bei den stimmen wir Termine, Werbemittel und Rahmen- Gesundheitstagen, die jedes Jahr in der Stadthalle programm miteinander ab und die Infozelte am in Kassel stattfinden, „haben wir pro Tag ein paar Selbsthilfetag bauen wir sogar gemeinsam auf“, hundert Gespräche geführt“, erzählt beispielsweise erzählt Carola Jantzen. Damit alles gelingt, muss jede Karl-Heinz Fehr, Bezirksvorsitzender des Deutschen Kleinigkeit gut durchdacht und vorbereitet sein. Doch Diabetikerbundes, der neun Selbsthilfegruppen in der der Aufwand lohnt sich. „Mehr Öffentlichkeit als an Region betreut. Neben den Informationsständen der einem so zentralen Ort wie dem Friedrichsplatz können beteiligten Gruppen halten die Vertreter der Selbsthilfe wir bei einem Selbsthilfetag wohl kaum erreichen“, Vorträge und „wir nutzen die Gesundheitstage auch, stellt Karl-Heinz Fehr fest. • „Nicht mehr wegzudenken“ „Mitglieder von Selbsthilfegruppen sind oft Experten beispielsweise für die eigene Krankheit. Sie tauschen sich aus, helfen sich gegenseitig, organisieren Informationsveranstaltungen, übernehmen selbst einen wichtigen Part bei „Gesundheit im Gespräch“. Und sie kämpfen – in vielen Fällen erfolgreich – für eine Verbesserung der Versorgung von Patienten und Angehörigen. Kurz: Selbsthilfegruppen sind aus unserem öffentlichen Leben nicht mehr wegzudenken. In Kassel ist dies zu einem großen Teil der engagierten Unterstützung der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen in Kassel zu verdanken. KISS hat den Selbsthilfegruppen eine Stimme verliehen.“ Martina Heise-Thonicke, Lokalredaktion Kassel der HNA, Ansprechpartnerin für Selbsthilfethemen 13 13
Gemeinschaft fördern Von den Erfahrungen der anderen profitieren Treffen zum Frühstück – Austausch, Anregungen und viele Gespräche Das Frühstückstreffen der KISS bietet die den Gruppenmitgliedern Gelegenheit zum Austausch. Tassen klappern, Butter und Marmelade werden auf Zwanglose Runde zum Austausch Brötchen geschmiert. „Kann ich bitte den Teller mit „Es gab damals zwar einen Stammtisch der Gruppen, Käse haben“, fragt jemand. Zwischen Kaffeetrinken bei dem Referenten zu interessanten Themen und genüsslichem Kauen mischen sich angeregte vortrugen“, erinnert sich KISS Leiterin Carola Jantzen. Gespräche und das ein oder andere Lachen. Der Was fehlte, war eine zwanglose Runde, um sich über Joseph-Rinald-Raum im KISS-Selbsthilfetreffpunkt in gemeinsame Themen und Probleme auszutauschen. Kassel ist an diesem Morgen gut gefüllt. In der großen Diese Möglichkeit eröffnet das Frühstück. Vertreter/- Runde sitzen rund 20 Menschen, die meisten von innen der Selbsthilfegruppen können Fragen erörtern ihnen Ansprechpartner/-innen von Selbsthilfegruppen. und miteinander ins Gespräch kommen. „Ich profitiere hier von den Erfahrungen anderer“, stellt ein regelmäßiger Besucher des Frühstücks fest. Andere schätzen den Austausch, den Kontakt untereinander • Motor für die Selbsthilfe sowie die Möglichkeit, sich in lockerer Atmosphäre „Wenn es die KISS nicht schon kennen zu lernen. gäbe, müsste sie erfunden Am Beginn des Frühstücks steht eine Vorstellungs- werden, denn sie ist als Motor runde. Dabei wird die Vielfalt der Gruppen deutlich, für die Selbsthilfe unverzichtbar. deren Vertreter/-innen sich an diesem Morgen Das hat auch die Suchtselbsthilfe versammelt haben. Sie reicht von Herzerkrankungen erkannt und nimmt gerne die über Krebs, den anonymen Gruppen, Epilepsie, Angebote von KISS wahr.“ psychischen Problemen, Diabetes bis hin zu Sucht Hans-Peter Schwadron, AG Sucht Kassel, Sprecher und Polio. Schon bei dieser Runde gibt es die ein oder der Sprengel AG des Diakonischen Werkes andere interessierte Nachfrage zu Krankheiten oder Aktivitäten der Gruppen. Gemeinsames Thema Manche sind zum ersten Mal beim gemeinsamen Frühstück dabei, andere waren schon häufiger bei Bald kristallisiert sich ein Thema heraus, nämlich wie diesem vierteljährlichen Treffen, das vor rund acht mehr Menschen in die Selbsthilfegruppen geholt wer- Jahren von der KISS ins Leben gerufen wurde. den und dort gehalten werden können. Ein reger 14
Gemeinschaft fördern Austausch darüber beginnt, wie unterschiedlich Gruppen mit Angeboten oder bestimmten Regeln auf die Situation reagieren. Neben den regelmäßigen Gruppentreffen bieten die einen Fahrten und Freizeittreffen, andere machen Informationsveran- staltungen oder sogar ein Symposium. Wieder anders sind die Regeln bei den anonymen Gruppen. Vielen in dem Kreis ist es ein Anliegen, den Grundgedanken von Selbsthilfe in den Gruppen deutlich zu machen. Sie beruht auf Gemeinschaft, dem Austausch über gemeinsame Probleme sowie Gegenseitigkeit. Zwischendurch wird gelacht und Kaffee aus den roten Kannen nachgeschenkt. Trotz der zwanglosen Atmosphäre sind alle engagiert bei der Sache. Es wird auch mal ein kritischer Punkt zum Thema. Ein Beispiel dafür an diesem Tag: Die großen Gruppen stehen mit viel Öffentlichkeitsarbeit im Vordergrund. Zu wenig anerkannt wird, dass die kleinen Gruppen zu psychischen Themen besonders intensiv und hilfreich sind. Beim Frühstückstreffen der KISS locken • „Danke für hervorragende Arbeit“ leckere Brötchen, Obst und Kaffee. „Seit nunmehr 25 Jahren ist die Kontakt- und In- Beim gemeinsamen Frühstück stehen nicht formationsstelle für Selbst- Krankheiten im Vordergrund, sondern die Gruppe und hilfegruppen KISS die zen- deren Leitung und Angebot. Eine Teilnehmerin, die trale Anlaufstelle in Kassel demnächst eine Gruppe übernehmen wird, nimmt für Menschen, die sich in eine Anregung für sich mit: Nicht allein, sondern der Selbsthilfe engagieren gemeinsam mit der Gruppe ein Jahresprogramm wollen. Dazu gratuliere aufzustellen - „das werden wir mal versuchen.“ ich Ihnen herzlich und danke Ihnen für die hervorragende Arbeit, die KISS – „Hilfe zur Selbsthilfe“ Sie in Ihrer Kontakt- und Informationsstelle In einem scheinen sich alle einig: Die Unterstützung für Selbsthilfegruppen leisten. Ich danke auch der KISS ist für die Selbsthilfegruppen ausgesprochen der Stadt Kassel, dem Landkreis Kassel, dem hilfreich. „Ich kenne andere Bundesländer und weiß, Land Hessen sowie der Gemeinschaft der wie mühselig es dort oft ist, einen Raum für die gesetzlichen Krankenkassen Hessen, die diese Treffen zu finden“, sagt ein Teilnehmer. Dass die erfolgreiche Arbeit möglich machen. Meine KISS Räume zur Verfügung stellt, macht die Arbeit Besuche Ihrer Selbsthilfetage und Ihrer Kontakt- einfacher. Die Fachkompetenz der Mitarbeitenden und Informationsstelle sowie Ihren Besuch in wird lobend erwähnt, man könne zu Problemen und Berlin habe ich noch in guter Erinnerung. Dadurch allen anderen Punkten anrufen, seine Fragen stellen hatte ich auch Gelegenheit, zahlreiche Menschen und bekommt fundierte Antworten. „KISS ist eben aus dem Bereich der Selbsthilfe kennenzulernen, Hilfe zur Selbsthilfe.“ deren Engagement mich sehr beeindruckt hat. Als der offizielle Teil des Frühstücks beendet ist, sitzen Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Kraft bei Ihrer manche noch eine ganze Weile zusammen, reden und wichtigen Arbeit und werde Ihr Engagement auch tauschen sich über das ein oder andere aus, während weiterhin mit großem Interesse verfolgen.“ die leeren Tassen, Kannen und Körbe von anderen Mechthild Dyckmans, Drogenbeauftragte der Helfern weggeräumt werden. In einem Vierteljahr wird Bundesregierung es die nächste Gelegenheit geben, sich zu treffen und gemeinsam Themen zu erörtern. 15 15
Neue Gruppe „Alle wussten von mir – nur ich wusste nichts“ Gruppe für amerikanische Besatzungskinder mit Hilfe von KISS gegründet Ihr Schicksal fand lange Zeit keine Beachtung und ist holen können. Sie selbst erfuhr erst spät von ihrem noch immer ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. amerikanischen Vater. Nach dem Tod der Mutter Doch in jüngster Zeit bekommen die Kinder ameri- bekam sie von ihrem Onkel Informationen, die eine kanischer Soldaten in Deutschland etwas mehr Öffent- Suche ermöglichten. Nach einigen Umwegen stieß lichkeit. Viele von ihnen haben sich auf die Suche nach sie auf Ute Baur-Timmerbrink, Ansprechpartnerin der ihren Vätern und ihren Wurzeln gemacht. Eine nicht englischen Organisation Gitrace in Deutschland, die immer einfache Suche, die mit gemischten Gefühlen ehrenamtlich bei der Suche nach GI-Vätern hilft. Der und psychischer Belastung verbunden ist. Und nicht Antrag beim Amerikanischen Militärarchiv in St. Louis zuletzt der Frage, ob die Suche überhaupt gelingt und (NPRC) brachte die Auskunft, das ihr Vater leider schon wo man sie beginnen kann. verstorben war. Dank des Gitrace-Netzwerks fand sie jedoch seine Familie und stellte den Kontakt her. Ilona Laudien-Gasch, geboren 1946, ist Tochter eines amerikanischen Besatzungs-Soldaten und kennt die damit verbundenen Gefühle aus eigenem Erleben. Unterstützung für die ersten Treffen Sie hat in Kassel eine Selbsthilfegruppe gegründet, in Es gibt in Nordhessen viel mehr Menschen, denen der sich Betroffene austauschen sowie Rat und Hilfe es so geht wie mir, sagte sich die Gruppengründerin. „Ich möchte die großartige Hilfe, die ich erfahren habe, an andere Betroffene weitergeben und ihnen bei der Suche nach ihren Wurzeln helfen“, erzählt • „Ein ganz verbundenes Dankeschön“ sie weiter. Nachdem in der Zeitung ein Artikel über „Viele Mitgliedsorganisationen ein deutsches Besatzungskind eines französischen des PARITÄTISCHEN sind Soldaten erschien, fragte sie bei der Zeitung nach, ob Selbsthilfeorganisationen oder auch ihr Schicksal interessiere. Der Artikel fand große kommen aus dem Bereich der Resonanz, viele Betroffene nahmen Kontakt zu ihr Selbsthilfe. Würde nicht die KISS oder zu Ute Baur-Timmerbrink auf. seit 25 Jahren in der Kasseler Region so hervorragend arbei- Im September 2011 organisierte Ilona Laudien-Gasch ten – der PARITÄTISCHE ein erstes Treffen von Interessierten beziehungsweise müsste diese Arbeit leisten. Betroffenen. Schon dazu lud sie die Leiterin der Herzlichen Glückwunsch und ein ganz verbundenes KISS, Carola Jantzen, ein. Ihr Vorschlag, eine Dankeschön!“ Selbsthilfegruppe zu gründen, fand großes Interesse und schon bald fanden in der KISS erste Gespräche Harold Becker, Regionalgeschäftsführer Kassel des zur Vorbereitung der Gruppengründung statt. Die KISS PARITÄTISCHEN Hessen übernahm und organisierte die Pressearbeit und am 16
Neue Gruppe 5. November 2011 versammelten sich betroffene Besatzungskinder zum Gründungstreffen in den • „Erfolgreiche Arbeit“ Räumen der KISS. „25 Jahre Selbsthilfe in Carola Jantzen war bei den ersten Treffen mit dabei, Kassel sind ein Nachweis für „das fand ich sehr hilfreich“, erinnert sich Ilona erfolgreiche Arbeit und viele Laudien-Gasch. Die KISS-Leiterin erläuterte die Regeln Ideen zur kritischen Begleitung der Selbsthilfegruppen und stand ihr mit Rat und Tat des Gesundheitswesens. Ich bin dankbar, dass die KISS die zur Seite. Als Ilona Laudien-Gasch erstmals selbst die Selbsthilfegruppen professionell Gruppenleitung übernahm „haben wir das gemeinsam unterstützt und diese gesundheits- und sozial- richtig geübt.“ politisch wichtige Aufgaben wahrnehmen. Die Mittlerweile hat sich ein Kern von rund zehn bundesweit zuständige Krankenkasse für den Teilnehmenden gebildet. Neue Mitglieder, die auch Gartenbau mit Hauptsitz in Kassel fördert seit elf durch die gute Öffentlichkeitsarbeit der KISS zu der Jahren Selbsthilfegruppen und die erfolgreiche Gruppe finden, bekommen konkrete Hilfe bei der Arbeit der KISS. Ich wünsche, dass die Vorstellungen Suche nach dem amerikanischen Vater. Ilona Laudien- und Ideale, das Engagement und die Beharrlichkeit aller Akteure in Kassel fortgesetzt werden. Aus- Gasch hat Halbgeschwister in den USA und nahm drücklich möchte ich die KISS ermuntern, Neues E-Mail Kontakt mit einer Nichte auf. „Alle wussten von auszuprobieren und in bewährter Form die Gruppen mir, nur ich wusste nichts“, stellte sie fest. Sie hat zu unterstützen. Machen Sie weiter so: Der beste ihre Verwandten in den USA bereits besucht, ebenso Tag ist heute!“ wie andere Mitglieder der Gruppe. Solche Erfahrungen Hans-Jürgen Altewischer, Verwaltungsdirektor der werden natürlich bei den Treffen ausgetauscht. Krankenkasse für den Gartenbau Ausführliche Gespräche halfen weiter Nicht immer war die Leitung der Gruppe ganz einfach, Denn ein Verein macht viel Arbeit. Für die Fahrt zu manche Teilnehmende mussten Enttäuschungen einer Fachtagung zum Thema Besatzungskinder in verkraften. „Hier stand mir Carola Jantzen hilfreich Wien bekam sie über den Förderrat der Kasseler zur Seite“, sagt die Gruppenleiterin. Ausführliche Selbsthilfegruppen die Fahrtkosten erstattet. Für alle Gespräche halfen ihr weiter. Sie ist ebenso froh über diese Hilfen „bin ich sehr dankbar.“ das Basisseminar zur Gruppenleitung, nahm bereits Für die mittlerweile erwachsenen Kinder amerika- einmal an der Supervision bei KISS teil und wuchs nischer Soldaten gibt es in Kassel eine wichtige so in ihre Aufgabe hinein. Ohne diese Hilfen „hätte Anlaufstelle. Die wird nicht nur von den Kindern der ich vermutlich aufgegeben“, sagt sie heute. Einen ehemaligen Soldaten genutzt. Immer öfter suchen Verein zu gründen wäre für sie ebenfalls nicht in Frage Enkel nach ihren familiären Wurzeln und wenden sich gekommen, „das hätte ich nicht leisten können.“ an die Kasseler Selbsthilfegruppe. Unterstützung bei der Suche In der Selbsthilfegruppe treffen Der Kontakt konnte sehr oft mit der Gruppe geführten Gespräche sich amerikanische Besatzungs- Hilfe von Ute Baur-Timmerbrink werden vertraulich behandelt. kinder aus dem Raum Kassel und des ehrenamtlich arbei- und Nordhessen regelmäßig. Die tenden Gitrace-Netzwerks in Information & Kontakt Gruppe bietet unter anderem den USA vermittelt werden. Ilona Laudien-Gasch, Mail: Unterstützung bei der Suche Weiter bietet die Gruppe Hilfe laudien.ilona@t-online.de, oder nach dem amerikanischen Vater/ bei Übersetzungen oder wenn über KISS, Tel. 0561/92005- der Familie, wie Beratung bei jemand Sprachschwierigkeiten 5399. Gruppentreffen finden Beantragung einer Auskunft beim hat, sowie Hilfen beim Kontakt zur Zeit alle zwei Monate statt Amerikanischen Militärarchiv (dem mit der amerikanischen Familie, und werden in der HNA bekannt NPRC) in St. Louis. Die Auskunft ist regelmäßige Treffen mit Er- gegeben beziehungsweise Grundlage für die Suche des Vaters fahrungsberichten, Öffentlich- können bei KISS erfragt werden. oder der Angehörigen. keitsarbeit zum Thema. Die in 17 17
Neue Gruppe „Wir fühlen uns gut unterstützt“ KISS gab Hilfestellungen bei der Gründung der Gruppe für Alleinerziehende Der kleine Junge hüpft lachend durch den Flur in der Kindertagesstätte Wehlheiden. Ein kleines Mädchen isst genüsslich ein Vollkornbrötchen, klappt es auf und sagt: „Mit Butter.“ Während ihre Kinder betreut werden, sitzen die Mütter zusammen und reden über ihre Situation. Sie sind alle Alleinerziehende und froh über die Unterstützung, die sie in der Gruppe bekommen. KISS ihrerseits unterstützte die Gründung der Gruppe, die sich im September 2012 erstmals traf. Die Gruppengründerin, die anonym bleiben möchte, kam im Sommer 2011 nach Kassel. Sie erfuhr über das Netzwerk Alleinerziehender, dass eine Gruppe bei der KISS in Planung war. Mehrfach rief sie bei der KISS an und fragte schließlich: „Woran scheitert die Gruppengründung eigentlich?“ Es fehlte eine Person, die Verantwortung tragen wollte, zum Beispiel die Schlüssel für die also tun? KISS Leiterin Carola Jantzen nutzte einen Räume nahm. Die alleinerziehende Mutter konnte sich glücklichen Zufall. vorstellen, diese Aufgaben zu übernehmen und die Sie brachte eine konkrete Raumanfrage zum Treffen Mitarbeiter der KISS luden sie zum Gespräch ein. Dabei im Familienkompetenzzentrum der Kindertagesstätte wurde abgeklärt, was notwendig ist, welche Aufgaben Wehlheiden mit. Dort findet bereits das Projekt anfallen und welche Unterstützung die KISS bietet. „Geschenkte Zeit“ des Netzwerks für Alleinerziehende Kompass statt, bei dem alleinerziehende Eltern ihre Öffentlichkeitsarbeit übernommen Kinder zu bestimmten Zeiten kostenlos betreuen Die KISS übernahm die Öffentlichkeitsarbeit, lassen können, um etwas Zeit für sich zu haben. Man benachrichtigte vorhandene Interessentinnen und wurde sich einig, so dass die weiteren Treffen in der Interessenten, warb im Netzwerk Alleinerziehender Kita in Wehlheiden stattfinden können. Die Betreuung und sorgte für die Ankündigung in der Presse. der Kinder übernahmen eine ehemalige Praktikantin Mindestens genau so wichtig war die Organisation der KISS und deren Partner. Bis Ende 2012 trug einer Kinderbetreuung, deren Organisation KISS für KISS die Kosten dafür, für die Zeit danach müssen das erste Vierteljahr zusagte. Beim ersten Treffen Sponsoren gefunden werden. in den Räumen des Selbsthilfetreffpunkts in der „Eine regelmäßige Betreuung der Kinder ist wichtig“, Wilhelmshöher Allee stellte sich heraus, dass der sagt Caroline Bassing, die mittlerweile als weitere Ort nicht ideal war. Die Kinder störten die anderen Ansprechpartnerin für die Gruppe Alleinerziehender Gruppen, liefen ständig zu ihren Müttern und die zur Verfügung steht. Die Kinder, die häufig gerade Umgebung erwies sich als zu wenig kindgerecht. Was eine Trennung erlebt haben, laufen sonst ständig 18
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