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                                                                                                        Gastroenterologe
Abstracts der Mitteldeutschen Gesellschaft für Gastroenterologie

Gastroenterologe 2022 · 17:205–215
https://​doi.org/​10.1007/​s11377-​022-​00612-z
© The Author(s), under exclusive licence to Sprin-
                                                     Abstracts
ger Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer
Nature 2022                                          4. Gemeinsame Jahrestagung der
                                                     Mitteldeutschen Gesellschaft für
                                                     Gastroenterologie (­MGG), der Mitteldeutschen
                                                     Chirurgenvereinigung (­MDCV) und der
                                                     Thüringischen Gesellschaft für Chirurgie (­TGC)
                                                     10.–11. Juni 2022, Weimar

                                                     Liebe Kolleginnen und Kollegen,

                                                     Es ist uns eine große Freude, Sie zur 4. Gemeinsamen Jahrestagung der M     ­ GG, der M­ DCV
                                                     und der ­TGC am 10. und 11.06.2022 in das Congress Centrum Weimarhalle in die Kulturstadt
                                                     Weimar, mitten in dem „Grünen Herzen Deutschlands“, in Thüringen begrüßen zu dürfen.
                                                         Nach langer Zeit der Pandemie haben wir endlich wieder die Möglichkeit uns gemein-
                                                     sam vor Ort zu treffen und das von unseren Vorgängern aufgenommene Konzept des
                                                     interdisziplinären viszeralmedizinischen Kongresses fortzuführen.
                                                         Wir hoffen für Sie ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt zu haben.
                                                     Diesmal liegt der Themenschwerpunkt auf der interdisziplinären Notfallversorgung visze-
                                                     ralmedizinischer Krankheitsbilder. Weitere Themen reichen von der künstlichen Intelligenz
                                                     in der Viszeralmedizin bis zu berufspolitischen Fragen, natürlich mit dem Schwerpunkt der
                                                     geplanten Öffnung der Krankenhäuser für das ambulante Operieren.
                                                         Wir freuen uns auf spannende Vorträge und einen regen kollegialen Erfahrungsaus-
                                                     tausch. Natürlich liegt auch dieses Mal unser Augenmerk auf der Fortbildung der jungen
                                                     Kollegen. In einem speziell darauf zugeschnittenen Weiterbildungsprogramm sollen neben
                                                     Aus-und Weiterbildungsthemen vor allem die ersten persönlichen Erfahrungen zu Ausbil-
                                                     dungs- und Dienstbeginn im Vordergrund stehen. In einem Hands-on Kurs sollen nicht
                                                     nur neue Techniken trainiert werden können, sondern auch die eingereichten Poster als
                                                     e-Poster zur Diskussion anregen.
                                                         Ein weiteres Highlight ist ein Weiterbildungstag speziell für das medizinische Assistenz-
                                                     personal. Den Kongress abrunden wird ein Patiententag am Samstag, den 11.06.2022, um
                                                     unser sich stetig weiter entwickelndes Fachgebiet einschließlich der diagnostischen und
                                                     therapeutischen Methoden einer möglichst breiten Öffentlichkeit vorzustellen.
                                                         Wir freuen uns sehr, Sie vom 10. bis 11. Juni 2022 in Weimar begrüßen zu dürfen.

                                                     Dr. med. Michael Repp M
                                                                           ­ BA
                                                     Präsident der ­MGG

                                                     Prof. Dr. med. Utz Settmacher
                                                     Präsident der ­TGC

                                                                                                                                              205
                                                                                                                Der Gastroenterologe 3 · 2022  
Abstracts der Mitteldeutschen Gesellschaft für Gastroenterologie

­ GG-01 – Gastroenterologie
M                                                                                              Bei einer akuten Pankreatitis tragen mikrozirkulatorische Störungen und
Fallvorstellung – Ligandrol-induzierte toxische                                                Leukozytenaktivierung zu Organschaden und Inflammation bei. Eine Rol-
                                                                                               le hierbei spielt hierbei die Makrophagenaktivierung. Daher haben wir die
Hepatopathie                                                                                   Bedeutung von soluble mannose receptor (sCD206) und des von Willeb-
                                                                                               rand faktor (vWF) in Patienten mit akuter Pankreatitis untersucht.
F. Wallstab*1, D. Jechorek2, V. Keitel-Anselmino1, U. von Arnim1
                                                                                               sCD206 and vWF wurden in 81 prospektiven Patienten mit akuter Pank-
1
  Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie           reatitis und in einer 2. Kohorte in 59 retrospektiven Patienten mit akuter
und Infektiologie, Deutschland; 2Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für
                                                                                               Pankreatitis auf einer Intensivstation untersucht und an Tag 1 und Tag 3
Pathologie, Deutschland
                                                                                               gemessen.
Ein 37-jähriger Patient stellte sich mit einem schmerzlosen Ikterus und                        In der prospektiven Kohorte entwickelnten 17 % der Patienten eine
Juckreiz seit einer Woche vor. Weitere Beschwerden waren ein Gewichts-                         schwere oder nekrotisierende Pankreatits, verglichen mit 56 % in der In-
verlust von 12 kg innerhalb eines Monats und eine Fatiguesymptomatik.                          tensivkohorte. Die Serumkonzentrationen von sCD206 zur Aufnahme
Der Patient gab einen täglichen Konsum von 1–2 Liter Energy Drink in den                       waren bei Patienten mit schwere oder nekrotisierender Pankreatitis hö-
letzten 10 Jahren an. Bei weiterer eindringlicher Anamnese konnte ein                          her (prospektive: 1,57 vs. 0,66 mg/​l, P = 0,005; ­ITS: 1,76 vs. 1,25 mg/​l,
60-tägiger Ligandrol-Abusus von 4 mg zweimal täglich eruiert werden.                           P = 0,006), während andere Inflamationsmarker und Scores keinen signi-
Die Vorstellung des Patienten erfolgte etwa zwei Monate nach Beendi-                           fikanten Unterschied zeigten. Ebenso war, im Gegensatz zu anderen Ge-
gung der Einnahme. Selektive-Androgen-Rezeptor-Modulatoren (­SARM),                            rinnungsmarkern, vWF:Antigen in beiden Kohorten an Tag 1 erhöht (pro-
wie Ligandrol, weisen ähnliche anabole Effekte bei reduziertem androge-                        spektive: 375 % vs 257 %, P = 0,02; ­ITS: 242 vs 206 %, P = 0,02). An Tag 3
nen Nebenwirkungspotenzial auf.                                                                zeigten Patienten mit schwere oder nekrotisierender Pankreatitis einen
In der körperlichen Untersuchung zeigten sich abgesehen von der be-                            stärkern Anstieg des sCD206. sCD206 und ­VWF oan Tag 1 bleiben auch
schriebenen Symptomatik und Adipositas Grad I keine Auffälligkeiten. La-                       nach Adjustierung für Alter und Äthiologie der Pankreatitis Prädiktoren für
borchemisch waren die 30-fache Erhöhung des Bilirubins sowie leichte Er-                       einen schweren Verlauf.
höhungen der Alanin-Aminotransferase, der Gamma-Glutamyltransferase                            sCD206 und vWF identifizieren Patienten mit einem hohen Risikp für eine
und der Alkalischen Phosphatase zu beobachten. Während das Bilirubin                           schwere akute Pankreatitis eher als routinemäßig bestimmte Paramter für
im Verlauf abfiel, verblieben die Cholestaseparameter weiterhin erhöht.                        eine Inflamation oder endothiale Aktivierung.
Ferner konnten stark erhöhte antinukleäre Antikörper sowie positive Au-
toantikörper gegen Aktin nachgewiesen werden. Der Score für Autoim-
munhepatitiden nach der International Autoimmune Hepatitis Group lag
                                                                                               ­ GG-03 – Gastroenterologie
                                                                                               M
bei +1.                                                                                        Sepsis in Folge einer aorto-duodenaler Fistel beim
Sonographisch stellte sich ein regelrechter Befund der Leber sowie der                         Aortenimplantat
Gallenwege dar; eine intra- und extrahepatische Cholestase wurde aus-
geschlossen. Das histologische Untersuchungsergebnis der Leberbiopsie                          M. Reljic*1, C. Weißenborn1, D. Haziri1, C. Ripoll1, J. Zanow2, R. Keiner2,
ergab eine kanalikuläre Cholestase sowie eine Duktopenie. Ferner lag eine                      M. Fleischmann3, A. Stallmach1
leichte, akute portale Hepatitis mit beginnender periportaler Fibrose vor.                     1
                                                                                                Universitätsklinikum Jena, Innere Medizin ­IV, Deutschland; 2Universitätsklinikum Jena,
Toxische Hepatopathien infolge eines ­SARM-​Abusus wurden bisher nur                           Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie., Deutschland; 3Universitäsklinikum
vereinzelt in der Literatur beschrieben. Das vorliegende gemischt cho-                         Jena, Inner Medizin I­ I, Deutschland
lestatisch-hepatozelluläre Schädigungsmuster entsprach bisherigen Be-
obachtungen anderer Fallbeschreibungen. Ebenfalls passend war das                              Ein 64-jähriger Patient stellt sich mit seit 3 Tagen bestehendem Fieber,
histologische Bild, welches durch die Gallengangbeteiligung eine Au-                           Schüttelfrost und Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule in un-
toimmunhepatitis unwahrscheinlich werden ließ. In der Literatur wird bei                       serer zentralen Notaufnahme vor. Dort zeigt sich der Patient initial zu-
Energy-Drink-Abusus eine ausgeprägte Transaminasenerhöhung berich-                             nächst nur hypotensiv (79/40 mmHg) mit im Verlauf zunehmender Kreis-
tet, welche in unseren Fall nicht zu beobachten war. Folglich wurde der                        laufinsuffizienz mit Katecholaminbedarf. In der klinischen Untersuchung
Konsum von Ligandrol bei mehreren potenziellen Auslösern als der wahr-                         imponierten deutlich druckschmerzhafte subkutane bzw. intramuskuläre
scheinlichste gewertet.                                                                        Knoten gluteal sowie an den Oberschenkeln beidseits mit lokalen Entzün-
Bei wachsender Beliebtheit zur Förderung des Muskelaufbaus sollte das                          dungszeichen. Laborchemisch zeigte sich eine deutliche Infektkonstel-
Nebenwirkungsspektrum der SARMs intensiver erforscht werden und                                lation (­CRP 364 mg/​L, Procalcitonin 100 ng/ml, Leukozytose 21.1 Gpt/L).
nach bisherigem Kenntnisstand die Einnahme im Amateursport nicht er-                           In der Vorgeschichte erfolgte bei dem Patienten im Jahr 2016 eine endo-
folgen.                                                                                        vaskuläre Aortenreparatur (­EVAR) bei einem symptomatischem, penetrie-
                                                                                               rendem Aortenulkus bei vermutlich arteriosklerotischer Genese. Ca. 4 Jah-
                                                                                               re nach Operation entwickelte der Patient rezidivierende Bakteriämien mit
­ GG-02 – Gastroenterologie
M                                                                                              Notwendigkeit einer oralen Langzeitantibiose.
CD206 und von Willebrand Factor identifizieren                                                 Bei Sepsis im Rahmen der Fokussuche und bei vorbestehendem Verdacht
                                                                                               auf eine Stentgraftinfektion wurde ein Angio-­CT-​Abdomen, Becken und
Patienten mit einem hohen Risiko für einen schweren                                            Thorax durchgeführt. Hier zeigten sich perifokale entzündliche Verän-
oder nekrotisierenden Verlauf                                                                  derung am infrarenalen Bauchaortenstentgraft mit regionaler reaktiver
                                                                                               Lymphadenopathie. Ein durchgeführtes P­ ET-CT zeigte neben multiplen
P. A. Reuken*1, J. F. Brozat2, O. Ibidapo-obe2, J. Reißing2, S. Quickert1, A. Franz1,          intramuskulären Abszessen im Bereich der Glutealmuskulatur rechts, der
S. Stengel1, U. Teichgräber3, M. Kiehntopf4, C. Trautwein2, A. Stallmach1,                     Ober- und Unterschenkelmuskulatur beidseits eine langstreckige Mehr-
A. Koch2, T. Bruns1,2                                                                          anreicherung am Aortenstent. Mikrobiologisch erfolgte der Nachweis
1
 Universitätsklinik Jena, Klinik für Innere Medizin ­IV, Deutschland; 2Universitätsklinik      von Escherichia coli. Bei rezidivierendem Nachweis von darmfloratypi-
Aachen, ­III. Medizinische Klinik, Deutschland; 3Universitätsklinik Jena, Institut für diag-   schen Erregern führten wir eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie sowie
nostische und interventionelle Radiologie, Deutschland; 4Universitätsklinik Jena, Institut     Koloskopie durch. Nach gastroskopischer Sichtung eines parapapillären
für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik, Deutschland
                                                                                               Fremdkörpers wurde eine Duodenoskopie angeschlossen. Hier gelang in
                                                                                               Seitblickoptik die Sichtung eines Drahtgeflechts vom Aortenstent.
                                                                                               Es erfolgte die gefäßchirurgische Vorstellung des Patienten und die zeit-
Die präsentierenden Autorinnen und Autoren sind mit einem Sternchen                            nahe operative Anlage eines infrarenalen Homograft Aorteninterponats
(*) markiert.                                                                                  sowie Übernähung des duodenalen Defekts. Weiterhin erfolgte die int-

206      Der Gastroenterologe 3 · 2022
raoperative Sanierung der muskulären Abszesse mit mikrobiologischem                        ­ GG-05 – Heptologie
                                                                                           M
Nachweis von E. coli. Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplika-                  Ein fehlender Anstieg des Portosystemischen Gradienten
tionslos und der Patient konnte nach wenigen Tagen in der Häuslichkeit
entlassen werden.                                                                          (­PSG) 24 Stunden nach ­TIPS Anlage mit Sedierung ist mit
In einer systematischen Literaturanalyse von 402 Patienten mit infizier-                   einem schlechteren Überleben assoziiert
tem Aortenstentgraft (Li Ann Vasc Surg 2018) konnte in 25 % der Fälle eine
aorto-enterische Fistulierung als Ursache ausgemacht werden. Insgesamt                     A. Franz*1, P. Reuken1, C. Ripoll1, R. Aschenbach2, U. Teichgräber2, A. Stallmach1,
zeigte die operative Sanierung verglichen mit einem konservativen Vor-                     A. Zipprich1
gehen ein signifikant besseres Überleben bis zum Entlasszeitpunkt (58 %                    1
                                                                                            Universitätsklinikum Jena, Klinik für Innere Medizin ­IV, Deutschland; 2Universitätsklini-
vs. 33 %, respektive). Patienten mit aortoenterischen Fisteln haben einem                  kum Jena, Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie, Deutschland
deutlich schlechten Gesamtüberleben (33 % mit Fistel, 72 % ohne Fistel).
                                                                                           Hintergrund: Die Implantation eines ­TIPS erfolgt meistens unter Sedie-
                                                                                           rung, wobei es Hinweise gibt, dass diese Sedierung einen Einfluss auf den
­ GG-04 – Heptologie
M                                                                                          gemessenen ­PSG bei ­TIPS-​Anlage hat. Ziel war es daher, den Einfluss der
Epidemiologie, Komorbiditäten und Merkmale von                                             Sedierung auf den P­ SG prospektiv zu untersuchen.
                                                                                           Methoden: 48 konsekutive Patienten mit ­TIPS Implantation zwischen Fe-
Patienten mit primär biliärer Cholangitis (­PBC) in                                        bruar 2018 und Februar 2021 erhielten eine Messung des P­ SG direkt bei
Deutschland                                                                                Anlage unter Sedierung mit Propofol, Midazolam und/oder Pethidin je
                                                                                           nach Bedarf sowie nach 24 Stunden ohne Sedierung. Die Patienten wur-
I. Schiefke*1, W.-P. Hofmann2, C. Fischer3, D. Beier4, D. Haeckl5,7, D. Nierhoff6
                                                                                           den strukturiert nachverfolgt um das Überleben zu erfassen.
1
  Eugastro – Internistische Praxis, Leipzig, Deutschland; 2­MVZ für Gastoenterologie am    Resultate: Der ­ PSG war unter Sedierung niedriger als ohne (Diffe-
Bayrischen Platz, Berlin, Deutschland; 3Intercept Pharma GmbH, München, Deutschland;       renz 2,4mmHG, p < 0,0001). Dabei zeigten 33 Patienten einen Anstieg,
4
  InGef – Institut für angewandte Gesundheitsforschung Berlin GmbH, Deutschland;
                                                                                           15 zeigten keinen Anstieg oder sogar einen weiteren Abfall des P­ SG. Die-
5
  WIG2 GmbH, Leipzig, Deutschland; 6Universitätsklinikum Köln, Klinik und Poliklinik für
Gastroenterologie und Hepatologie, Deutschland; 7Universität Leipzig, Deutschland
                                                                                           se beiden Gruppen zeigten keine Unterschiede in Bezug auf Alter, M   ­ ELD,
                                                                                           Child-Pugh, linksventrikuläre Ejektionsfraktion, portalen Druck vor Anlage
 Epidemiologische Daten, die die Prävalenz und die Merkmale von Patien-                    und einzelner Laborparameter. Allerdings war das Überleben bei Patien-
 ten mit P­ BC in Deutschland beschreiben, sind unvollständig. Ziel dieser                 ten mit fehlendem Anstieg signifikant schlechter (p < 0,0009).
 Datenanalyse war es, sich der Epidemiologie der ­PBC anzunähern und Pa-                   Schlussfolgerung: Ein fehlender P­ SG-​Anstieg 24 Stunden nach ­TIPS-​An-
 tienten, bei denen eine P­ BC diagnostiziert wurde, anhand von Kranken-                   alge in Sedierung ist mit einem schlechteren Überleben assoziiert.
 versicherungsdatensätzen in Deutschland besser zu charakterisieren so-
 wie typische Komorbiditäten zu beschreiben.
 Anonymisierte, alters- und geschlechtsrepräsentative Daten des InGef (In-
                                                                                           ­ GG-06 – Heptologie
                                                                                           M
 stitut für angewandte Gesundheitsforschung) aus dem Jahr 2019 wurden                      Frühzeitige Ribavirintherapie einer Hepatitis E Virus
 analysiert um die Gesamtprävalenz und Inzidenz der ­PBC abzuschätzen,                     (­HEV) Infektion bei immunsupprimierten Patienten
 sowie Patientencharakteristika und aktuelle Behandlungsmuster zu be-
 schreiben. In dieser Analyse wurden Personen mit dem ­ICD-​Code K74.3                     A. Franz*1, S. Guliyeva1, A. Stallmach1, M. Rose2, K. Boden3,2, P. Reuken1,
 als ­PBC-​Patienten betrachtet.                                                           T. Bruns4
 Im Jahr 2019 umfasste die InGef-Datenbank 3.386.445 Erwachsene, von                       1
                                                                                            Universitätsklinikum Jena, Klinik für Innere Medizin ­IV, Deutschland; 2Universitätskli-
 denen 1917 Patienten den I­ CD-​Code K74.3 für P­ BC trugen. Die Gesamtprä-               nikum Jena, Institut für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik, Deutschland;
 valenz der ­PBC lag bei 57 pro 100.000 Erwachsene. Hochgerechnet auf die                  3
                                                                                            Dianovis Institut für Labordiagnostik, Greiz, Deutschland; 4Klinikum der ­RWTH Aachen,
 deutsche erwachsene Bevölkerung (69.488.809) im Jahr 2019 entspricht                      Medizinische Klinik I­ II, Deutschland
 dies einer Prävalenz von 39.336 Personen. Die Inzidenz neu diagnostizier-
 ter P­ BC-​Patienten lag 2019 bei 11/100.000.                                             Hintergrund: Eine Infektion mit Hepatitis E verläuft in den meisten Fällen
 Das Durchschnittsalter betrug 63,7 (­SD±13,5) Jahre. 84,7 % waren weib-                   selbstlimitierend, kann aber, insbesondere bei Patienten unter Immun-
 lich. 1.542 (80,4 %) Patienten erhielten Ursodesoxycholsäure (­UDCA). Eine                suppression auch chronifizieren. Während eine milde Infektion in der Re-
 Zweitlinientherapie erfolgte bei 26 (1,4 %) Patienten mit Obeticholsäu-                   gel keiner Therapie bedarf ist bei schweren oder chronischen Verläufen
 re (­OCA), bei 42 (2,2 %) mit Fibraten und bei 6 (0,3 %) mit O­ CA plus Fib-              Ribavirin etabliert. Der optimale Therapiezeitpunkt einer Hepatitis E bei
 raten. Das Durchschnittsalter der Patienten, die eine Zweitlinientherapie                 Immunssupprimierten ist dabei allerdings unklar.
 erhielten, betrug 59 Jahre. Die häufigsten Begleiterkrankungen waren                      Methode: In einer monozentrischen, retrospektiven Studie wurden 25
 Bluthochdruck 58 %, Dyslipidämie 43 %, Diabetes mellitus 23 %, Leberzir-                  immunsupprimierte Patienten mit einer zwischen 2014 und 2021 diag-
rhose 22 %, Adipositas 20 %, Chronisch-ischämische Herzkrankheit 14 %                      nostizierten Hepatitis E Virämie analysiert. Zudem wurden 44 Patienten
 und Atherosklerose 11 %.                                                                  aus dem gleichen Zeitraum ohne Immunsuppression als Kontrolle einge-
 10 % der Patienten mit Leberzirrhose waren Child-Pugh B oder C. Eine he-                  schlossen.
 patische Enzephalopathie wurde bei insgesamt 1,4 % und ein hepatozel-                     Resultate: Die beiden Gruppen zeigten keine Unterschiede in Bezug auf
 luläres Karzinom bei 0,8 % der Patienten dokumentiert.                                    Symptome, demografische Daten und extrahepatische Manifestationen.
 Nach dieser Datenanalyse betrug die Prävalenz von Patienten mit dem                       Die akute Inflammation war bei Patienten ohne Immunsuppression stär-
­ICD-10-Code K74.3 für P­ BC im Jahr 2019 in Deutschland 57/100.000 Er-                    ker ausgeprägt. 18 Patienten mit Immunsuppression (72 %) erhielten für
 wachsene. Dies würde einer Gesamtzahl von ca. 40.000 Patienten entspre-                   eine mediane Dauer von 56 Tagen Ribavirin, wobei diese im Median 8 Tage
 chen. 80 % der P­ BC-​Patienten erhielten U
                                           ­ DCA. Geht man davon aus, dass                 nach Diagnose begonnen wurde. Eine lange Spanne bis zur Viruselimina-
20–40 % der U    ­ DCA-​Patienten nicht adäquat ansprechen, war der Anteil                 tion wurde dabei bei 21 Patienten (84 %) beobachtet, 3 Patienten hatten
 der Zweitlinienbehandlung sehr gering (3,9 %). Der Anteil der Patienten                   einen Relapse nach Absetzen von Ribavirin, ein Patient zeigte keine Vi-
 mit Leberzirrhose lag bei 22 %. Zusammen mit der sehr niedrigen Rate der                  ruselimination. Das Erreichen einer anhaltenden Viruselimination war da-
 Zweitlinientherapie, könnte dies Hinweise auf eine oftmals nicht leitlini-                bei zwischen den Patienten mit und ohne Ribavirin nicht signifikant unter-
 engetreue medizinische Behandlung von ­PBC-​Patienten in Deutschland                      schiedlich (77,7 % vs. 85,7 %; p = 1,000). Allerdings zeigten Patienten mit
 geben.                                                                                    Ribavirin in 22,3 % der Fälle eine Virämie über mehr als 90 Tage, während
                                                                                           dies bei 80 % der Patienten ohne Ribavirin der Fall war (p = 0,049).

                                                                                                                                                                         207
                                                                                                                                           Der Gastroenterologe 3 · 2022  
Abstracts der Mitteldeutschen Gesellschaft für Gastroenterologie

Schlussfolgerung: Eine frühe Therapie mit Ribavirin verbessert die Virus­                         der das orchestrierte Zusammenspiel zahlreicher Signalfaktoren und Me-
elimination bei Patienten mit Immunsuppression nicht, verkürzt aber die                           chanismen, wie beispielsweise Zytokinen, erfordert. Bei alten Menschen
Dauer der Virämie.                                                                                ist jedoch das Zytokinprofil bereits physiologisch verändert und betrach-
                                                                                                  tet man den postoperativen Verlauf gerontochirurgischer Patienten im
                                                                                                  Allgemeinen, so weisen diese eine erhöhte postoperative Komplikations-
­ GG-07 – Heptologie
M                                                                                                 rate auf. Ziel dieser Arbeit war es, anhand altersbedingter Unterschiede im
Erfolgreiche Therapie einer nicht-zirrhotischen nicht-                                            Serum-Zytokinprofil nach Leberteilresektionen, das Verständnis um Ab-
malignen Pfortaderthrombose (­NCNMPT) durch                                                       läufe der Leberregeneration zu verbessern und frühe prognostische Mar-
interventionelle Therapie mittels transjugulärem                                                  ker im Serum zu identifizieren.
                                                                                                  Es handelt sich um eine zweiarmige prospektive unizentrische Studie.
Lysekatheter                                                                                      Eingeschlossen wurden PatientInnen am Universitätsklinikum Jena, bei
                                                                                                  denen eine erweiterte Leberteilresektion durchgeführt wurde. (I) jun-
F. Dannecker*1, R. Aschenbach2, U. Teichgräber2, P. Reuken1, A. Stallmach1,
                                                                                                  ge Patienten zwischen 18 und 45 Jahren (n = 7) und (­II)ältere Patienten
A. Zipprich1
                                                                                                    ≥65 Jahre (n = 15). Serumproben wurden präoperativ, sowie am 1. und 2.
1
 Universitätsklinikum Jena, Klinik für Innere Medizin ­IV, Deutschland; 2Universitätsklini-       postoperativen Tag entnommen. Das Zytokinprofil umfasst 105 Zytokine
kum Jena, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Deutschland
                                                                                                  und Wachstumsfaktoren und wurde mit dem semiquantitativen Human
                                                                                                  ­XL Cytokine Array (R&D Systems®) bestimmt. Um die Beziehungen und In-
Die ­NCNMPT ist ein seltenes Krankheitsbild mit einer Prävalenz von 0,3 %.
                                                                                                  teraktionen zwischen den Zytokinen darzustellen, wird eine bioinformati-
Pat (69 J) mit N
               ­ CNMPT und Dünndarmileus erhielt eine interventionelle
                                                                                                  sche Analyse durchgeführt. Klinische Parameter wie Komorbiditäten und
Therapie mittels transjugulärer lokaler Lyse in die V. mesenterica superior.
                                                                                                  der präoperative LiMAx® Assay wurden in die Analysen mit einbezogen
Erfolgreiche Lyse mit kompletter Remission.
                                                                                                  und mithilfe einer S­ QL-​Datenbank ausgewertet. Abschließend wurde eine
Verbesserte therapeutische Effektivität der interventionellen gegenüber
                                                                                                  Korrelation der Daten mit dem Auftreten postoperativer Komplikationen
der alleinigen medikamentösen Therapie.
                                                                                                  überprüft.
                                                                                                  Vorläufige Ergebnisse zeigen eine vom patientenalter unabhängige, deut-
­ GG-08 – Infektionsmedizin
M                                                                                                 liche Hochregulation von ST2 (löslicher ­IL-33 Rezeptor) und eine Herabre-
                                                                                                  gulation von E­ GF am ersten und zweiten postoperativen Tag. Trotz einer
Effektivität einer ­SARS-CoV-2 Impfung bei Patienten mit                                            hohen interindividuellen Variabilität im prä- und postoperativen Zytokin-
chronisch-entzündlicher Darmerkrankung                                                              profil, zeichnen sich altersabhängige Unterschiede vor allem bei H
                                                                                                                                                                     ­ GF und
                                                                                                   ­IL-6 ab. Bei ­HGF konnten wir einen stärkeren postoperativen Anstieg- bei
P. A. Reuken*1, N. Andreas2, P. C. Grunert1, S. Glöckner3, T. Kamradt2,
                                                                                                    IL6 einen verzögerten und abgeschwächten Anstieg in der Gruppe der al-
A. Stallmach1
                                                                                                    ten Patienten zeigen.
1
 Universitätsklinik Jena, Klinik für Innere Medizin ­IV, Deutschland; 2Universitätsklinik Jena,     Sowohl IL6 als auch ­HGF spielen eine entscheidende Rolle bei der Leber-
Institut für Immunologie, Deutschland; 3Universitätsklinik Jena, Institut für medizinische        regeneration. Die veränderte Dynamik dieser Zytokine könnte eine Er-
Mikrobiologie, Deutschland
                                                                                                  klärung für die beeinträchtigte Leberregeneration nach Leberteilresekti-
                                                                                                  on bei älteren Patienten darstellen. Die hohe interindividuelle Variabilität
Die Effektivität einer ­SARS-CoV-2-Impfung ist ein wichtiger Bestandteil
                                                                                                  legt nahe, dass Zytokine nur im Zusammenhang mit klinischen Daten in-
zum Schutz vor schweren Verläufen. Dabei ist allerdings die Effektivität
                                                                                                  terpretiert werden können. Perspektivisch kann diese Studie dazu beitra-
der Impfung bei Patienten mit C  ­ ED unklar.
                                                                                                  gen, frühzeitig Behandlungsstrategien einzuleiten, die gezielt Dysregula-
28 C­ ED-​Patienten und 27 Kontrollen wurden prospektiv eingeschlossen.
                                                                                                  tionen adressieren.
Es wurden Antikörper gegen das Spike-Protein sowie die S­ ARS-CoV-2 spe-
zifische T-Zell Aktivität vor und nach 1. bzw. 2. Impfung bestimmt.
71,4 % der Patienten und 85,2 % der Kontrollen haben anti-­SARS-CoV-2                             ­ DCV-01 – Gefäßchirurgie
                                                                                                  M
Antikörper über dem Cutoff von 33,8 ­BAU/ml (p = 0,329) bereits anch
der ersten Dosis. Auch ohne ­SARS-CoV-2 Antikörper zeigten C    ­ ED-​Patien-                     Simple and strict hygienic measures prevent
ten signifikante T-Zell Antworten nach Impfung, die unabhängig von                                postoperative wound infections in vascularsurgical
dem immunsuppressiven Regim war. Nach der zweiten Impfung zeigten                                 patients
alle ausser einem ­CED Patiente einen weiteren Anstieg der humoralen
Immun­antwort.                                                                                    A. Udelnow*1, T. N. Vo-Schwarz6, C. Herold2, F. Meyer3, G. Geginat4, Z. Halloul5
Auch immunsupprimierte Patienten bilden eine robuste Impfantwort                                  1
                                                                                                   Brandenburg Medical School Theodor Fontane, Department of Vascular and Endovascu-
aus, dabei kann auch in Abwesenheit von Antikörpern eine robuste T-Zell                           lar Surgery, Brandenburg an der Havel, Deutschland; 2Municipal Hospital, Department of
Antwort ausgebildet werden. Weitere Arbeiten sind notwendig um die                                General and Abdominal Surgery, Magdeburg, Deutschland; 3University Hospital, Depart-
Impfantwort im langfristigen Verlauf zu beurteilen.                                               ment of General, Abdominal, Vascular and Transplant Surgery, Magdeburg, Deutschland;
                                                                                                  4
                                                                                                   University Hospital, Division of Hospital Hygiene, Institute of Microbiology, Magdeburg,
                                                                                                  Deutschland; 5University Hospital, Division of Vascular Surgery, Department of General,
                                                                                                  Abdominal, Vascular and Transplant Surgery, Magdeburg, Deutschland; 6Municipal
­TGC-01 – Viszeralchirurgie                                                                       Hospital, Family Medicine, Braunschweig, Deutschland
 Der Einfluss des Alters auf das Serum Zytokin-Profil bei
 ausgedehnter Leberteilresektion                                                                  Introduction: Despite tremendous efforts in the past, postoperative
                                                                                                  wound infections (­WI) remain a major problem in vascular surgery. Quality
E. Kindler*1,2, S. Nickel1, U. Dahmen1, U. Settmacher1, H.-M. Tautenhahn1                         assurance for nosocomial infections became obligatory in Germany nowa-
1
 Universitätsklinikum Jena, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie,                  days, but scientific evidence is still sparse due to the lack of both external
Deutschland; 2Else Kröner Promotionskolleg Jena School for Ageing Medicine (­JSAM),               audit and a broad data base of influencing co-factors.
Deutschland                                                                                       The aim of the present study was to compare ­WI rates during two consecu-
                                                                                                  tive years in a vascular surgical ward before and after establishing multiple
Eine Leberteilresektion ist oft die einzig kurative Therapieoption bei pri-                       infection prevention measures.
mären und sekundären Lebertumoren. Um den Verlust an Leberzellmasse                               Method: The study used the prospectively assessed ­WI quality assurance
und Funktion auszugleichen, verfügt die Leber über ein beeindruckendes                            (­QS) data of a German university vascular surgical department provided
Regenerationspotential. Die Leberregeneration ist ein komplexer Prozess,                          for the German National Reference Center for Surveillance of Nosocomi-

208      Der Gastroenterologe 3 · 2022
al Infections during the years 2014 and 2015, extended by demograph-                         Actually, there was no significant difference of early postoperative mor-
ic data, comorbidities, laboratory data, intraoperative data (duration of                    bidity comparing retrograde and antegrade group (p = 0.161) as well as at
surgery, surgeons, nurses, y-ray duration and dose etc.), applied antibiot-                  one year and five years (p = 0.479 and p = 0.367, respectively). In addition,
ics and bacterial resistograms. ­WI were diagnosed by an external hygien-                    there was no significantly different postoperative mortality in antegrade
ists’ visit and classified by the severity according to the Centers for Dis-                 vs. retrograde group at each time.
ease Control and Prevention classification, whereby stage I (erythema) or                    There was no significant difference regarding the survival of patients who
higher was determined as infection. Simple measures, such as separation                      had undergone antegrade vs. retrograde reconstruction whereas there
of departments, staff education, wound dressing and antibiogram regi-                        was a significantly longer survival in one-vessel group vs. two-vessel
men changes were undertaken after 2014. The 30-day ­WI rate served as                        group (p = 0.001).
the response variable. A multiple logistic regression analysis (­MLR) and a                  Specific and general complication rates were 60.5% and 55.3%, respec-
Matched-pairs-analysis (­MPA) were performed.                                                tively, resulting in an overall morbidity of 73.3% (mortality, 18.4%).
Results: Preoperative hemoglobine levels, body-mass-index, single-shot-                      Conclusion: The vascular surgeon should be prepared to perform various
antibiotic therapy vs. other regimens, external surgical assistant vs. intra-                procedures of mesenteric reconstruction to tailor the operative strategy to
department surgical assistant, autologous vs. alloplastic implant were                       the specific needs of the individual patient.
identified by M­ LR as associated with ­WI. The M
                                                ­ PA revealed that the ­WI de-
clined from 23% in 2014 to 11% in 2015 (p: 0.04), whereby a tendency
from deeper to more superficial ­WI could be observed (p: 0.09).                             References
Conclusion: The undertaken hygienic measures decreased significantly
the ­WI by half, whereby continuous cooperation with the local hygienist                      1.   Oderich et al (2010) Semin Vasc Surg 23(1):36–46
being the most important one. A further conclusion was that patients of                       2.   Costa et al (2014) Insights Imaging 5(6):657–666
different departments should not be mixed on the same ward. However,                          3.   Oderich et al (2009) Ann Vasc Surg 23(5):700–712
regarding the relatively high ­WI rate even in 2015, even more should have                    4.   Davenport et al (2012) Ann Vasc Surg 26(4):447–453
been done in order to prevent ­WI. Assessment of real-world data and self-                    5.   Kruger et al (2007) J Vasc Surg 46(5):941–945
criticism remain pre-requisites for further improvements.

                                                                                             ­ DCV-03 – Gefäßchirurgie
                                                                                             M
References                                                                                   Monströses Pseudoaneurysma der A. subclavia infolge
 1. European Society for Vascular Surgery (2011) Guidelines for critical limb ischa-
                                                                                             einer Claviculafraktur
    emia and diabetic foot–introduction. Eur J Vasc Endovasc Surg 42 (Suppl 2):S1–
                                                                                             U. Barth*1, D. Granowski1, M. Lehmann1, S. Stephan-Falkenau2, F. Meyer3
    S90
                                                                                             1
                                                                                              Helios Klinik Jerichower Land, Allgemein-, Gefäß-und Viszeralchirurgie, Burg, Deutsch-
                                                                                             land; 2­MVZ am Helios Klinikum Emil von Behring GmbH, Institut für Gewebediagnostik/
­ DCV-02 – Gefäßchirurgie
M                                                                                            Pathologie, Berlin, Deutschland; 3Universitätsklinikum Magdeburg A. ö.R, Klinik für
                                                                                             Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- & Transplantationschirurgie, Deutschland
Operative management of chronic mesenteric ischemia
(­CMI) – data obtained in a single-center observational                                      Das claviculäre Gefäß-Nerven-Bündel ist durch die Clavicula und die erste
study for quality assurance                                                                  Rippe in der Regel gut geschützt. Verletzungen der A. subclavia mit Aus-
                                                                                             bildung entsprechender Blutungskomplikationen oder Bildung von Pseu-
M. Essa*1, F. Meyer2, J. Krüger1, J. Deeb1, R. Damm3, J. Dillner1, Z. Halloul1               doaneurysmen sind äußert selten und dann mit einer hohen Morbidität
1
  University Hospital, Division of Vascular Surgery, Dept. of General, Abdominal, Vascular   und Mortalität verbunden, die nach Literaturangaben bei 15–34 % liegen
and Transplant Surgery, Magdeburg, Deutschland; 2University Hospital, Dept. of General,      kann.
Abdominal, Vascular and Transplant Surgery, Magdeburg, Deutschland; 3University              Anhand eines repräsentativen Fallberichtes über ein monströses Pseudo-
Hospital, Dept. of Radiologyy and Nuclear Medicine, Magdeburg, Deutschland                   aneurysma der A. subclavia nach einer Claviculafraktur sollen die diagnos-
                                                                                             tischen und therapeutischen Möglichkeiten erörtert werden.
Chronic mesenteric ischemia belongs to the most challenging diseases in                      Eine 57-jährige Patientin erlitt 4 Monate vor der gefäßchirurgischen Vor-
visceral medicine requiring a combined and interdisciplinary approach of                     stellung ein Sturztrauma auf die linke Schulter. Eine ärztliche Vorstellung
vascular and abdominal surgery as well as interventional radiology.                          der Patientin erfolgte aber nicht. Im Verlauf kam es jedoch zur Entwick-
Aim: To investigate short-/long-term vascularsurgical patency and out-                       lung eines pulsierenden Tumors des linken Clavicula-Bereiches mit Aus-
come in C  ­ MI depending on the mesenteric revascularization technique                      bildung eines zunehmenden Stauungsödems des linken Armes, venöser
and reflecting real-world data.                                                              subkutaner Umgehungskreisläufe und einer Dermatitis des linken Armes.
Methods: This retrospective single-center observational study registered                     Das Nativ-Röntgen der linken Schulterregion und die Knochenrekonstruk-
all patients who had undergone open vascularsurgical reconstruction be-                      tion der Nativ-Computertomographie (­CT) dokumentierten eine ausge-
cause of ­CMI at a tertiary German university hospital comparing one- ver-                   dehnte Osteolyse der Clavicula (mittleres Drittel), die eine Längsausdeh-
sus (vs.) two-vessel as well as antegrade vs. retrograde reconstructions.                    nung von ca. 5 bis 6 cm einnahm. Die entsprechende C        ­ T-​Angiographie
Results:In total, 38 patients were enrolled (mean [±­SD] age, 64 ± 13 [range,                (­CT-A) zeigte im Bereich der linken Schulter das monströse Aneurysma,
32–83] years; sex ratio [m:f], 18:20[43:57]) over 12 years.                                  entspringend aus der A. subclavia sinistra, welches die Umgebungsstruk-
While 52.6% of patients underwent one-vessel reconstruction, 47.4% the                       turen verdrängte. Es wurde die Indikation zur offen-gefäßchirurgischen
two-vessel reconstruction. There wasa trend of i) more perioperative com-                    Pseudoaneurysmaabtragung von infraclavicuär und direkten Gefäßnaht
plications in the two-vessel-group (83.3% vs. 55%, p = 0.086), and ii) high-                 mit katheterinduziertem temporären Perfusionsstopp proximal und distal
er morbidity at one year in the two-vessel vs. one-vessel group (57.1%                       der Läsion zur Blutungskontrolle gestellt. In den postoperativen Verlaufs-
and 41.2%, respectively; p = 0.470) while the morbidity of the two-vessel                    kontrollen war kein neurologisches Defizit im Bereich des linken Armes
vs. one-vessel group at five years (100% vs. 30%) was significantly differ-                  als Ausdruck einer Plexusschädigung bei regelrechter Perfusion des linken
ent (p = 0.004). The mortality was greater in the two-vessel vs. one-vessel                  Armes und deutlicher Abschwellung zu verzeichnen als Bestätigung eines
group: as a trend in the early postoperative period (27.8% vs. 0, p = 0.17)                  regelrechten postoperativen Ergebnisses.
but significantly at one (38.5% vs. 0, p = 0.011) and five year(s) (100% vs.                 Ein großes Pseudoaneurysma der A. subclavia mit Osteolyse der mittleren
2%, p = 0.007). Regarding overall survival, the one-vessel group showed a                    Clavicula als Folge einer Fraktur ist eine Rarität, die einer interdisziplinä-
significant superiority above the two-vessel group (p = 0.001).                              ren gefäßchirurgisch/traumatologisch/plastisch-chirurgischen Behand-

                                                                                                                                                                        209
                                                                                                                                          Der Gastroenterologe 3 · 2022  
Abstracts der Mitteldeutschen Gesellschaft für Gastroenterologie

lung bedarf. Durch die zunehmende Etablierung und sicheren Handha-                         ­ DCV-05 – Kinderchirurgie
                                                                                           M
bung der endovaskulären Techniken ist die offen-chirurgische Therapie in                   Lipoblastoma of the right groin in an infant – rare soft
den Hintergrund getreten. Jedoch bietet die offene gefäßchirurgische Re-
konstruktion im individuellen Fall auch Vorteile, gerade wenn Kompressi-                   tissue tumor lesion with challenging diagnostic and
onserscheinungen durch die schiere Größe des Aneurysmas zu vaskulären                      surgical management
und nervalen Komplikationen führen.
                                                                                           S. Turial1, H. Krause*1, A. Surov2, D. Jechorek3, F. Meyer4, Z. Halloul5
                                                                                           1
                                                                                            Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Abteilung für Kinderchirurgie, Kindertrau-
­ DCV-04 – Kinderchirurgie
M                                                                                          matologie und Kinderurologie, Deutschland; 2Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R.,
Adrenocortical carcinoma (­ACC) in an infant with                                          Klinik für Radiolologie und Nuklearmedizin, Deutschland; 3Universitätsklinikum
                                                                                           Magdeburg A. ö. R., Institut für Pathologie, Deutschland; 4Universitätsklinikum Mag-
Cushing’s syndrome and virilization                                                        deburg A. ö. R., Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie,
                                                                                           Deutschland; 5Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Arbeitsbereich Gefäßchirurgie;
S. Turial1, H. Krause*1, F. Meyer2, M. Zenker3, A. Redlich4                                Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie, Deutschland
1
 Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Abteilung für Kinderchirurgie, Kindertraumato-
logie und Kinderurologie, Deutschland; 2Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Klinik    Aim: To illustrate a rare case of a soft-tissue-tumor mass of the right groin
für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie, Deutschland; 3Universi-   diagnosed as lipoblastoma based on specific references of the scientific
tätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Institut für Humangenetik, Deutschland; 4Universitäts-    medical literature and the experiences obtained in the case-specific care
klinikum Magdeburg A. ö. R., Kinderhämatologie/-onkologie, Deutschland                     Scientific case report
                                                                                           Case:
Aim: The rare case of an infant with A ­ CC is reported. Typical clinical signs            –– Medical history(hx): Swelling of the right groin increasing after physi-
and pitfalls in diagnostics and therapy are discussed.                                          cal activities. Familiary medical hx, breast cancer (grandmother).
Scientific case report                                                                     –– Clinical findings: 22-months-old girl with an elastic swelling of
Case:                                                                                           2 × 3 cm in size at the right groin.
–– Medical history: Eight-months old girl was presented with virilization                  –– Diagnostics: 1) Laboratory parameters: White blood cell count of 11.1
     based on Cushing’s syndrome.                                                               Gpt/L (normal range, 3.7–9.8 Gpt/L).
–– Diagnostics: By initial hormonal assessments, a non-circadian-rhythm                    2) Ultrasound-guided biopsy: Appropriate puncture specimen w/o no
     excessive hypercortisolism and a decreased expression of corticotro-                  complications
     pin (­ACTH) were identified. Imaging studies (cerebral and abdominal                  3) Histopathological investigation: Lipomatous lesion with lipoblast-like
    ­MRI, thoracic C­ T scan and abdominal ultrasound) displayed a right-                  cells and muscle tissue; Ki67-index: 1 % (no MDM2 expression)
     side adrenal mass of approximately 5 cm in diameter. No metastases                    4) ­MRI revealed a partially liquid, partially fat-equivalent tumor-like lesion
     or further relevant pathologies were noticed.                                         of 44 × 34 × 48 mm in size within the adductor group of thigh muscles oc-
–– Therapy: Complete resection (R0) of the mass including lymph-                           cupying the medial myofascial compartment of the right leg including i)
     adenectomy was achieved by open adrenalectomy (preserving the                         a finger-shaped tail up to the left hip (no intraarticular tumor extension)
     affected kidney).                                                                     and like a tumor cone to the right obturator internus muscle, ii) displace-
–– Clinical course: Postoperative follow-up of 9 months was uneventful.                    ment of the nerve and vessels to the lateral site with no hint for osseus
–– Further therapeutic consequences /outlook: Due to only local ­ACC, R0                   infiltration, and iii) blood supply from the right common femoral artery
     resection status and postoperative normalization of steroid profiles                  (additionally, cystiforme ovarian lesion of 9 × 7 mm in size at the left side).
     (­COG stage I), there was no need for postoperative chemotherapy.                     –– Therapy (surgical intervention, 92 min): Complete resection (by pedi-
Preoperative biopsy, incomplete resection and intraoperative tumor spill-                       atric and vascular surgeons) of the mass with a gentle capsule (orien-
age are associated with poor prognosis. Therefore, careful and complete                         ting tumor margin) including surrounding muscle fibers (for tumor-
surgical resection is valued to be the only potentially curative treatment                      free resection margin), lymphadenectomy as part of the resected
for A
    ­ CC. Preoperative metastatic spread of ­ACC is universally considered a                    tumor conglomerate and additional excision of the dermal puncture
highly unfavorable prognostic factor. In adrenal masses with signs of ster-                     site at the right groin (+preserving all vessels) was performed.
oid hormone excess, attempts for taking a biopsy or puncture of the tu-                    –– Histopathological investigation (surgical specimen): Confirmation of
mor mass are strictly to be avoided. Steroid profiling before surgery and                       lipoblastoma
preservation of tumor samples for the ­GPOH-“tumorbox” should be con-                      –– Clinical course: Postoperative time period during hospital stay show-
sidered at the time of surgery to provide a “Liquid-biopsy” (ctDNA) for fol-                    ed development of a wound seroma with fever prompting to surgical
low-up purposes. In terms of surgical approaches, the role of laparoscopic                      wound revision and initiation of antibiotic treatment (Piperacillin, Ta-
resection for ACCs remains controversial. In case of necessity for the post-                    zobactam, Gentamycin). After an episode of an infection of the upper
operative chemotherapy, in Germany, the NN1/NN2 protocol (according                             respiratory tract, a wound abscess needed to be surgically opened,
to the ­GPOH-MET) is recommended.The adjuvant mitotane (pesticide,                              at the initial phase with exposed vascular segment of the right gro-
adrenocorticolytic agent) used for patients with ­COG stage ­III and ­IV dis-                   in prompting for antiseptic wound dressing, later on treated with
ease seems to be the most beneficial medication.                                                vacuum-assisted closure (­VAC) wound dressing.- Further therapeutic
                                                                                                consequences/outlook: Regular clinical and ultrasound-based control
                                                                                                investigations in an outpatient clinic setting and clinical data docu-
                                                                                                mentation in the „Soft Tissue Sarcoma Registry“ (­CWS-​SoTiSar).
                                                                                           Careful and complete surgical resection is valued to be the only potential-
                                                                                           ly curative treatment including continuous follow-up investigations (clini-
                                                                                           cal finding and imaging controls).

210      Der Gastroenterologe 3 · 2022
­ DCV-06 – Onkologie
M                                                                                          ­ DCV-07 – Onkologie
                                                                                           M
Depressionen bei somatischen Krankheiten am Beispiel                                       Depressionen bei Tumor- und Non-Tumor-Patienten
der ischämischen Herzkrankheit und ausgewählter
                                                                                           M. Brinkers*2, G. Pfau2, F. Meyer1
Tumorerkrankungen mit beträchtlicher Relevanz für                                          1
                                                                                            Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und
Morbidität und Letalität                                                                   Transplantationschirurgie, Deutschland; 2Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R.,
                                                                                           Schmerzambulanz, Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Deutschland
S. Dombrowsky*1, G. Pfau2, M. Kretzschmar2, F. Meyer3, M. Brinkers2
1
  Klinikum Magdeburg GmbH, Klinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie,                 Einleitung: Psychische Störungen und vor allem Depressionen wirken
Zentrum für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Deutschland; 2Universitätsklinikum        sich negativ auf somatische Krankheiten aus. Sie verlängern den Aufent-
Magdeburg A. ö. R., Schmerzambulanz, Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie,      halt, verschlechtern das Outcome, erhöhen die Opioiddosierung. Nicht zu-
Deutschland; 3Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Klinik für Allgemein-, Viszeral-,
                                                                                           letzt erhöhen sie die Letalität bei benignen (d. h. Nichttumorerkrankun-
Gefäß- und Transplantationschirurgie, Deutschland
                                                                                           gen wie z. B. Herzinfarkt) wie auch malignen Erkrankungen (synonym:
Hintergrund: Depressionen stellen eine häufige Komorbidität sowohl bei                     Tumoren[Tu]). Dies gilt für syndromale wie subsyndromale Depressionen.
Herzkrankheiten als auch Tumorerkrankungen dar.Ziel: Darstellung der                       Umso wichtiger sind entwickelte Kenntnisse zu diesem Umstand und die
Problematik einer komorbiden Depression bei Herz- und Tumorpatienten                       adäquate Diagnosestellung.
anhand eigener klinischer Erfahrungen aus der Patientenversorgung und                      Methode: Überblick über den Erkenntnisstand der bisherigen Studienak-
ausgewählten Referenzen der themenbezogenen Literatur mit Verweis                          tivität zum Forschungsgegenstand, der Korrelation von Depression und
auf eine frühe Diagnosestellung wegen der Bedeutung für das Outcome                        benignen bzw. malignen Erkrankungen, im Fallaufkommen am Universi-
Methode: Narrative kompakte Kurzübersicht                                                  tätsklinikum Magdeburg A. ö. R. (tertiäres Zentrum mit hochspezialisierter
Bei Herzinfarkt in Komorbidität mit Depressionen sollen die Pathophysio-                   Betreuung) – zum einen im Rahmen einer klinisch-systematischen pro-
logie, der negative Einfluss von Depressionen und die somatische Symp-                     spektiven unizentrischen Beobachtungsstudie (Design) eines interdiszi-
tomatik sowie die sich daraus ergebende Problematik der Diagnostik                         plinär-klinischen Forschungsteams (Schmerztherapie, Allgemein-/Visze-
aufgezeigt werden. Des Weiteren wird dargelegt, dass diese Kenntnisse                      ralchirurgie) an einer konsekutiven Patientenkohorte mit repräsentativer
auch auf den Umgang mit Tumorerkrankungen übertragbar sind und da-                         Fallzahl über einen definierten Untersuchungszeitraum zur Reflexion der
her diesen beiden Krankheitsfeldern (Herz/Tumor) intensivere Aufmerk-                      klinischen Alltagsrealität („real-world data“) und darüber hinaus weite-
samkeit für ein adäquates klinisch-stationäres Patientenmanagement zu-                     rethemenbezogene Untersuchungen.
kommt und weiterführender Forschungsbedarf besteht.                                        Die Patienten-, Symptom-, (Depressions-/Tu-)Befund/Diagnose- und Out-
Ergebnisse: Ausgelöst durch erhöhte, nicht situationsadäquate Stressre-                    come-assoziierten Daten wurden in Excel-basierten Computerdateien er-
aktion und die damit verbundene Überforderung der Stresssysteme sel-                       fasst und einer deskriptiv- sowie testend-statistischen Auswertung unter-
ber mit massiver Katecholaminausschüttung bis hin zur Depletion Nor-                       zogen.
adrenalin-produzierender Zellen, kommt es zum damit fehlenden Schutz                       Ergebnisse (selektive Eckpunkte): – Der Schweregrad der F3-Depressio-
des Gehirns vor der gleichzeitigen Cortisolausschüttung. Die Folge ist eine                nen nahm im Laufe der Zeit ab. In den letzten Jahren stieg der Anteil psy-
Zellzerstörung in erheblichem Ausmaß vor allem im limbischen System.                       chisch unauffälliger Nicht-Tu-Patienten von 33,3 auf 47,5 %.
Diese Ausfälle führen letztlich zur depressiven Symptomatik, die damit                     –– Bei Tu-Patienten war zumindest für einzelne Tu-Arten dagegen mit
die Endstrecke der Überforderung der Stresssysteme bildet. Flankiert wird                      den Jahren des Überlebens eine Zunahme psychischer Diagnosen zu
die Zerstörung der Stresssysteme von der Ausschüttung proinflammatori-                         verzeichnen. So stieg bei Tu des Urogenitaltrakts der Anteil psychi-
scher Substanzen wie ­IL-2 und I­ L-6.                                                         scher Diagnosen von Akutpatienten von 37,2 auf 74,1 % bei Langzeit­
Der Weg zur Überforderung wird hier gebildet durch die beiden betrach-                         überlebenden.
teten Krankheitsfelder (Herzinfarkt/ausgewählte Tumorerkrankungen).                        –– Bei den Nicht-Tu-Patienten war trotz abnehmender Zahl psychischer
Diskussion: Der Weg vom massiven Stress bis zur depressiven Symptoma-                          Störungen der Anteil von F3-Diagnosen annähernd konstant (ledig-
tik ist mannigfaltig und je nach Fachgebiet getrennt zu betrachten. Bis-                       lich moderat steigender Trend von 15,5 auf 17,1 %) – bei den Tu-Pati-
her erfolgte dies allein im Rahmen der Psychiatrie. Durch die Aufzeigung                       enten dagegen stieg er von 2,3 auf 14,8 %.
der Komorbidität des Herzinfarkts und verschiedener Tumorarten mit De-                     –– Gerade bei Tu-Patienten ließen sich depressive Symptome auch im
pressionen wird deren Bedeutung auch in die somatische Medizin einge-                          subsyndromalen Bereich darstellen. So war zu eruieren, dass psy-
führt. Dies wird verstärkt dadurch, dass auch somatische (schmerzhafte                         chisch eigentlich unauffällige Tu-Patienten dennoch signifikant öfter
und nichtschmerzhafte) Symptome auf eine Depression hinweisen kön-                             depressive Symptome aufwiesen (reduzierte Mimik, Freudlosigkeit,
nen. Depressionen sind damit keine Störung, um die man sich nicht zu                           sozialer Rückzug) als psychisch unauffällige Nicht-Tu-Patienten.
kümmern braucht, weil sie einem nicht-somatischen Fachgebiet ange-                         –– Aber auch im Nicht-Tu-Bereich – so in der nichtoperativen Orthopädie
hören. In allen Teilbereichen der Anästhesie und Chirurgie (operative und                      – ließen sich subsyndromale Depressionen nachweisen.
perioperative Medizin, Intensivmedizin auf der I­TS/­IMC, Notfallmedizin,                  Schlussfolgerung: Aufgrund der Bedeutung von Depressionen für kör-
Schmerztherapie) begegnen den somatischen Ärzten Patienten mit Herz-                       perliche Erkrankungen ist ein Screening bei Tu- wie Nicht-Tu-Patienten auf
und/oder Tumorerkrankungen, bei denen eine behandlungsbedürftige                           depressive Symptome in jedem Falle zu empfehlen (z. B. durch Routinean-
Depression vorliegen kann, die die Prognose der Patienten mitbestimmt                      wendung der im klinischen Alltag geeigneten und bewährten „Hospital
und die zu behandeln, zumindest aber zu diagnostizieren ist.                               and Anxiety Scale“ [­HADS]).
Schlussfolgerung: Die beiden Beispiele des Herzinfarktes sowie ausge-
wählter Tumorerkrankungen belegen: Bei jedem somatischen Symptom,                          Literatur
hauptsächlich aber Schmerzen sowie Atemschwierigkeiten und Herzklop-
fen, sollte nicht nur an organische Ursachen, sondern auch an eine De-                      1. Brinkers et al The Incidence of Mental Disorders Increases over Time in Patients
pression als Ursache gedacht werden. Entsprechend sind diese Symptome                          with Cancer Pain: Data from a Retrospective Cohort Study. Pain Res Managem.
bei sachgerechter Detektion bzw. Bestätigung dann mit Antidepressiva zu                        https://doi.org/​10.​1155/​2021/​5515629
behandeln, um die Letalität und weitere negative Konsequenzen einer                         2. Brinkers et al What does low psychological distress mean in patients with no
Nichtbehandlung zu reduzieren.                                                                 mental disorders and different pains of the musculoskeletal system? Scand J
                                                                                               Pain. https://doi.org/​10.​1515/sjpain-​2021-​0010

                                                                                                                                                                       211
                                                                                                                                         Der Gastroenterologe 3 · 2022  
Abstracts der Mitteldeutschen Gesellschaft für Gastroenterologie

­MDCV-08 – Viszeralchirurgie                                                                2. https://flexikon.doccheck.com/de/Appendix_epiploica. Zugegriffen:
                                                                                               20.01.2022
 Intraabdominelle Entzündungsreaktion, angezeigt durch                                      3. Karakoc S­ C, Yetkin G, Citgez B, Uludag M, Akgün I, Kartal A (2010) Appendicitis
 eine Appendicitis epiploica unter Immunsuppression                                            epiploicae: a rare cause of acute abdomen. ­BMJ Case Rep. https://doi.org/​10.​
 nach Lebertransplantation                                                                     1136/bcr.​08.​2009.​2171
                                                                                            4. https://www.medizin-​kompakt.de/appendicitis-​epiploica. Zugegriffen:
I. Trautwein*1, M. Petersen1, C. March2, R. S. Croner1, F. Meyer1                              20.01.2022
1
  Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und
Transplantationschirurgie, Deutschland; 2Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Klinik
für Radiologie und Nuklearmedizin, Deutschland
                                                                                           ­MDCV-09 – Viszeralchirurgie
                                                                                            Antikonvulsiva oder Antidepressiva – was wirkt besser
Inflammatorische Reaktionen bei Immunsuppression erscheinen auf-                            bei neuropathischen Schmerzen?
grund ihrer besonderen Etiopathogenese ein interessantes Krankheitsge-
schehen.                                                                                   M. Brinkers*2, G. Pfau2, F. Meyer1
Ziel: Aufgrund klinisch-fallspezifischer Managementerfahrungen und ein-                    1
                                                                                            Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und
schlägiger selektiver Referenzen der Literatur soll die seltene Fallkonstel-               Transplantationschirurgie, Deutschland; 2Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R.,
lation einer akuten intraabdominellen Inflammation als ungewöhnliche                       Schmerzambulanz, Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Deutschland
Komplikation oder viszeralmedizinische Nebenwirkung einer immunsup-
pressiven Medikation mittels Mycophenolat mofetil und Tacrolimus bei                       Die Behandlung nociceptiver wie neuropathischer Schmerzen kann nach
zugrundeliegendem Z. n. Lebertransplantation illustriert werden.                           der zugrundeliegenden Pathophysiologie therapiert werden (z. B. peri-
Wissenschaftlicher Fallbericht                                                             phere Sensibilisierung mit W  ­ HO-​Schema).
Kasuistik: Anamnese: – Jetzig: Ein 68-jähriger Patient wurde wegen links-                  In den Leitlinien werden zwar Antidepressiva(­AD) auch erwähnt, aber den
seitiger Unterbauchschmerzen in einem auswärtigen Krankenhaus mit                          Antikonvulsiva(­AE) der Vorzug gegeben.
der klinischen Verdachtsdiagnose Divertikulitis einem ­CT unterzogen mit                   Zusammen mit der Allgemein-/Viszeralchirurgie entwickelte die Schmerz-
Initiierung einer antibiotischen Therapie für 24 Stunden vor der Verlegung                 ambulanz einen eigenen Algorithmus, bei dem zentraler Bestandteil die
wegen Z. n. Lebertransplantation (LTx).                                                    ­AE- und ­AD-​Gabe nach der geklagten Schmerzqualität ist: bei brennend
– Eigen: 1) Medikation – Januva 1 × 100 mg, Pantozol 1 × 40 mg, Salofalk                    stechenden Schmerzen werden ­AD, bei stromartig, kribbelnd einschie-
500 mg 3 × 2, Movicol 1 Beutel bzw. bei Bedarf, Cellcept® (Mycophenolat                    ßenden Schmerzen ­AE gegeben.
mofetil) 2 × 500 mg, Prograf® (Tacrolimus) 2 × 1 mg, Delix 1 × 2,5 mg; 2)                   Frage: Ist diese interpolare ­AE-/­AD-​Betrachtung hinsichtlich einer effekti-
Nebendiagnosen: Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Harnblasendi-                     ven schmerz(qualitäts)assoziierten Therapie sinnvoll?
vertikel; 3) Voroperationen: Z. n. orthotoper Lebertransplantation bei he-                  Methode: Untersucht wurde in einer retrospektiven Unicenter-Observa-
patozellulärem Karzinom infolge alkoholinduzierter Leberzirrhose (2013),                    tionsstudie (Design) die Schmerztherapie bezüglich ­AE und ­AD an konse-
Z. n. Resektion des Lebersegmentes I­V/V bei H    ­ CC (2011), Z. n. Bandschei-             kutiven Patienten (Pat.) einer repräsentativen Zahl über einen definierten
benoperation (2018).                                                                        Untersuchungszeitraum.
Klinisch: Patient in gutem Allgemeinzustand und normosomem Ernäh-                           Dazu wurden A   ­ D und A
                                                                                                                    ­ E vor und nach Aufnahme miteinander verglichen.
rungszustand, kardiopulmonal kompensiert und in allen 4 Ebenen orien-                       Ergebnisse: Von 2015–2019 hatten von insgesamt 403 Pat. vor Aufnahme
tiert. Abdomen: Weiche Bauchdecke, deutlicher Druckschmerz im linken                        95 (23,6 %) ­AE erhalten (72 allein/23 zusammen mit ­AD).
Unterbauch, keine Abwehrspannung, kein Peritonismus.                                        Nach Aufnahme erhielten n = 15 kein weiteres A       ­ E, n = 57/95 Pat. (39 al-
Diagnostik: – Laborchemisch: C  ­ rP 38,0 mg/​l; L normwertig                               lein/18 zusammen mit ­AD; 60 %) statt ­AE ein ­AD; es wurden 47,4 % bes-
–C ­ T: Ausgedehnte Colon-Divertikulose; Appendicitis epiploica unmittel-                  ser. Von den 41, die weiter ­AE erhielten (23 allein/18 mit ­AD zusammen),
bar subperitoneal im linken Unterbauch mit ovalärer fettisodenser Struk-                   wurden 41,5 % besser.
tur im Bereich des Colon sigmoideums mit umgebender entzündlicher                          Dabei ist entscheidend, bei welcher A     ­ E-​Dosis die 57 Pat. auf A­ D umge-
Imbibierung sowie etwas akzentuierter angrenzender Darmwand/Diffe-                         stellt wurden:
renzialdiagnose: Sigmadiverticulitis.                                                      –– Bei den 6 Carbamazepin-Pat. hatten 3 mindestens 600 mg.
Diagnose: 1. Schub einer unkomplizierten Sigma-Diverticulitis                              –– Bei den 21 Gabapentin-Pat. hatten n = 19/21 mindestens 900 mg.
Entscheidungsfindung: Es wurde die Indikation zur konservativen Therapie                        Wertet man nur die 39 Pat. mit alleiniger ­AD-​Gabe aus, so bestätigt
gestellt.                                                                                       sich dies.- Allein bei den Pregabalin-Pat. wurde schon bei niedriger
Therapie: Anfängliche Nahrungskarenz und folgender Kostaufbau, Initiie-                         Dosierung vorgestellt und auf ­AD von der mitbetreuenden Schmerz-
rung einer kalkulierten Antibiotikatherapie mit Cefuroxim und Clont, Infu-                      ambulanz umgestellt; dies waren n = 13/26 mit maximal 150 mg/​d.
sionsbehandlung, Analgetikagabe.                                                           Diskussion: Von den in der Schmerzambulanz von A          ­ E auf A
                                                                                                                                                             ­ D umgestell-
Verlauf: Unter obiger Therapie klinische und laborchemische Befundbes-                     ten Pat. wurden nur tendenziell mehr Pat. besser durch die Umstellung. Zu
serung, Kostaufbau sowie stationäre Entlassung bei subjektivem Wohlbe-                     berücksichtigen ist dabei aber, dass bei 22/57 Pat. im Vorfeld bereits eine
finden am 7. Tag.                                                                          suffiziente ­AE-​Dosis gegeben worden war, unter der die Pat. nicht besser
Procedere: Klinische und laborchemische Verlaufskontrolle beim Hausarzt,                   wurden. Erst durch die Umstellung auf ein ­AD trat ein Behandlungserfolg
Ernährungsberatung sowie Koloskopie in ¼ Jahr.                                             ein.
Beim beschriebenen Fall handelt es sich entweder um eine der 105 bzw.                      Bedeutsam ist dazu aber auch die Frage, ob denn überhaupt alle Pat. mit
99 im Beipackzettel gelisteten Nebenwirkungen von Mycophenolat mo-                         neuropathischen Schmerzen eine entsprechende Medikation (Antikon-
fetil bzw. Tacrolimus, die als „Kolonentzündung“ bzw. „Magen-Darm-Ent-                     vulsivum oder Antidepressivum) erhalten haben.
zündung“ aufgeführt sind, oder beschriebene Entzündungsreaktion ei-                        Dies ist eindeutig nicht der Fall.
ner suszeptiblen (gastro-)intestinalen Mukosa bzw. gesamten Darmwand                       Hatten bei Aufnahme 252 Pat. weder ein ­AE noch ein ­AD, so waren dies
durch die transplantationsbedingte immunsuppressive Medikation.                            nach Aufnahme nur noch 145. Das bedeutet, dass in 107 Fällen die Thera-
                                                                                           pie der neuropathischen Schmerzen übersehen wurde.
                                                                                           Das sind ein Viertel aller untersuchten Pat. (n = 107/403) und 71,3 % der
Literatur                                                                                  bei Aufnahme gegebenen Psychopharmaka (n = 107/151) mehr.
                                                                                           Schlussfolgerung: Hiesig wird die Psychopharmaka-Verordnung bei
 1. https://radiopaedia.org/articles/epiploic-​appendage?​lang=​us. Zugegriffen:
                                                                                           Schmerzen generell als notwendig angesehen wie auch die Verordnung
    20.01.2022                                                                             nach Schmerzqualität.

212      Der Gastroenterologe 3 · 2022
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