Anlagepolitik - Q 33 | 2021 - Vertrauen - Luzerner Kantonalbank

Die Seite wird erstellt Simone Krause
 
WEITER LESEN
Anlagepolitik - Q 33 | 2021 - Vertrauen - Luzerner Kantonalbank
Anlagepolitik

                                  Vertrauen

             Unsere Markteinschätzung
             Seite 7

             Fokusthema:
             US-Tapering fordert die
             Finanzmärkte heraus
Q 3 | 2021   Seite 10
Anlagepolitik - Q 33 | 2021 - Vertrauen - Luzerner Kantonalbank
Vertrauen
 Vertrauen in uns selbst und
 in andere Menschen und
 Situationen ist ein wertvolles
 Gut. Dank Vertrauen gehen
 wir gelassener durchs Leben,
 es schenkt uns ein Gefühl
 von Sicherheit und Zuversicht.
 Vertrauen macht mutig und
 setzt Kräfte frei. Vertrauen
 führt Menschen zusammen
 und ist eine Grundvoraus-
 setzung für positiv geprägte
 Beziehungen. Beziehungen
 zwischen Menschen oder
 auch zu Institutionen wie
 einer Bank.

       IMPRESSUM: Erscheint vierteljährlich | Erscheinungsdatum: 2. Juli 2021 | Redaktionsschluss: 25. Juni 2021 | Gesamtauflage: 2’500
  Herausgeber/Redaktion: Luzerner Kantonalbank AG, Investment Office, +41 (0) 844 822 811, anlagepolitik@lukb.ch | Realisation: grip-agency.ch
Druck: beagdruck | Titelbild: Grafilu | Porträtillustrationen: Janine Wiget | Bilder: shutterstock, istock (S.5), gettyimages (S.12) | lukb.ch/anlagepolitik
Anlagepolitik - Q 33 | 2021 - Vertrauen - Luzerner Kantonalbank
EDITORIAL
Geschätzte Investorin, geschätzter Investor

Mit dem Sommer kehrt auch ein wenig Normalität in
unseren Alltag zurück. Das spiegelt sich in der freund-
lichen Entwicklung von Wirtschaft und Finanzmärkten
wider. Zunehmende Normalität heisst aber ebenfalls,
dass die für Krisenzeiten vorgesehenen Hilfsprogramme
nach und nach beendet werden könnten.

    «Der US-Fed muss die Grat-                                     Björn Eberhardt
                                                                   Leiter Investment Office

  wanderung gelingen, die Märkte
auf steigende Zinsen einzustimmen,
  ohne Turbulenzen auszulösen.»
Das gilt zum einen für staatliche Unterstützungs-
programme, zum anderen für die noch immer sehr
lockere Geldpolitik. Als bedeutendste Notenbank
bereitet die US-Fed die Märkte daher auf den Anfang
vom Ende ihrer Wertpapierkäufe (Tapering) vor.

Dabei muss sie jedoch äusserst behutsam vorgehen.
Die Erfahrung zeigt, dass schon kleine Überraschun-
gen für die Finanzmärkte grössere Turbulenzen                      INHALT
auslösen können, gerade an den Anleihe- und Roh-                   		4 	| Highlights
stoffmärkten. Ob der Fed dies gelingt, wird eines der              		 6 | Basisszenario
grössten Marktthemen in diesem Sommer sein.                        		 7 | Markteinschätzung
                                                                   		8 | Konjunktur und Geldpolitik
                                                                   10		| Fokus: Risiko Fed-Tapering
In unserem Fokustext widmen wir uns daher dem
                                                                   14 | Festverzinsliche Anlagen
Fed-Tapering und zeigen, was die Auswirkungen auf
                                                                   16 | Aktienmärkte
verschiedene Anlageklassen sein könnten.                           19 | Rohstoffe
                                                                   20 | Immobilien
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen.                          22 | Marktüberblick
                                                                   23 | Makroprognosen
Ihr Björn Eberhardt
Leiter Investment Office

                             ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021 | 3
Anlagepolitik - Q 33 | 2021 - Vertrauen - Luzerner Kantonalbank
HIGHLIGHTS
                         MAKRO- UND RISIKOUMFELD
          Unsere Indikatoren zeigen, dass die Risikoneigung der
        Marktteilnehmer weiter angestiegen ist. Diese wird gestützt
        von einer immer noch grosszügigen Liquiditätsversorgung
        und einer zunehmenden Wachstumsdynamik. Der globale
                Inflationsdruck bleibt mittelfristig erhöht.

                                   ¢ 1. Quartal 2021              ¢ 2. Quartal 2021

                  LIQUIDITÄT                                                            RISIKOUMFELD
Die globale Liquiditätsversorgung ist etwas                             Die erfolgreichen Impfkampagnen vieler Län-
zurückgegangen, bleibt aber immer noch                                  der, die sich aufhellende Konjunktur sowie die
grosszügig und stützt damit die Vermögens-                              lockere Geldpolitik haben zu einer erneuten
preise an den Finanzmärkten.                                            Zunahme des Risikoappetits geführt.

                 WACHSTUM                                                                  INFLATION
Die Lockerungsmassnahmen in Europa tragen                               Die Inflation hat ihren vorläufigen Höhepunkt
zu einem Anstieg der globalen Wachstums-                                durchlaufen. Der zugrunde liegende Preis-
dynamik bei, während das Tempo in den USA                               druck dürfte aber bestehen bleiben und Geld-
bereits hoch ist.                                                       politik sowie Marktpreise beeinflussen.

                             UNSERE POSITIONIERUNG

Liquidität
Festverzinsliche Anlagen
Aktienmärkte
Nicht-traditionelle Anlagen

˜ Positionierung vorher ¢ stärker untergewichtet ¢ leicht untergewichtet ¢ neutral ¢ leicht übergewichtet ¢ stärker übergewichtet

                                       4 | ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021
Anlagepolitik - Q 33 | 2021 - Vertrauen - Luzerner Kantonalbank
FOKUSTHEMA:
                                     US-Tapering fordert die Finanzmärkte heraus
                                     Die robuste Konjunkturerholung wird bald zu
                                     einer weniger expansiven US-Geldpolitik führen.
                                     Das beeinflusst auch den Ausblick für die Finanz-
                                     märkte und stellt grosse Anforderungen an die Fed-
                                     Kommunikation. Wir zeigen die möglichen Aus-
                                     wirkungen, insbesondere auf Schwellenländer.

AKTIEN
Im 2. Quartal setzte sich die Rekordjagd an etlichen Aktienmärkten fort.
Die Bewertungen sind dadurch unverändert erhöht. Der Rückgang bei den
Anleiherenditen sowie steigende Gewinnerwartungen stützen jedoch die
relative Attraktivität von Aktien.

ANLEIHEN                                                        ROHSTOFFE
Das unattraktive Bild bei festver-
zinslichen Anlagen hat sich kaum
                                                                Gold ist für uns im Portfolio-
verändert. Die Renditen von                                     kontext aus Diversifikations-
CHF- und EUR-Staatsanleihen                                     gründen sinnvoll. Das Risiko
sind weiterhin negativ, während
die Risikoprämien für Unterneh-
                                                                von Realzinssteigerungen und
mensanleihen Rekordtiefs errei-                                 eher rückläufiger Inflation
chen. Gleichzeitig besteht das                                  beschränken jedoch das Kurs-
Risiko eines erneuten Renditean-
stiegs. Trotz Fed-Tapering erach-                               potenzial. Öl und Industrie-
ten wir Schwellenländeranleihen                                 metalle dürften von der Wachs-
als attraktivere Alternativen.
                                                                tumsbelebung profitieren.

                             IMMOBILIEN
                             Im Bereich der Immobilienanlagen setzen wir vor allem auf
                             Schweizer Immobilienfonds, mit einem Fokus auf gemischte Fonds.
                             Hierbei sehen wir weiteres Kurspotenzial. Bei ausländischen
                             Immobilienanlagen bevorzugen wir EUR-Immobilien aufgrund der
                             guten europäischen Wachstumsperspektiven.

                                       ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021 | 5
Anlagepolitik - Q 33 | 2021 - Vertrauen - Luzerner Kantonalbank
BASISSZENARIO
      Die Weltwirtschaft sollte weiter an Dynamik gewinnen. Grund hierfür
 ist einerseits, dass sich die Verfügbarkeit und Verteilung von Impfstoffen in den
  kommenden Monaten weiter verbessern sollte. Damit dürfte die Coronavirus-
 Pandemie beherrschbarer werden. Andererseits bleiben die expansive Geld- und
Fiskalpolitik als Stützen des Wachstums erhalten. Die Inflation dürfte vielfach ihr
Jahreshoch erreicht haben und in den nächsten Quartalen allmählich abnehmen.
                        Erwartete Marktauswirkungen:
    Unser Basisszenario stützt den mittelfristigen Ausblick von Aktien und
Unternehmensanleihen. Bei Staatsanleihen besteht dagegen das Risiko steigender
 Renditen. Die Reflationierung der Wirtschaft dürfte sich fortsetzen, wobei in
         der nächsten Phase vor allem Rohstoffe profitieren sollten.

                                                     ALTERNATIVSZENARIEN

 1.     Globale Rezession
         Ausgelöst z.B. durch neue Wellen der
 Coronavirus-Pandemie, eine Eskalation geo-
                                                                                        2.        Inflationärer Boom
                                                                                               Ausgelöst z.B. durch ein erfolgreiches
                                                                                        Zurückdrängen der Pandemie bei einer
 politischer Konflikte, eine neue Schuldenkrise                                         gleichzeitig zu lange zu expansiven globalen
 oder eine zu restriktive Geldpolitik.                                                  Geld- und Fiskalpolitik.

 Erwartete Marktauswirkungen:                                                           Erwartete Marktauswirkungen:
 Positiv für Gold, Schweizer Franken, Staats-                                           Positiv für Aktien, Risikoprämien von
 anleihen von «safe haven»-Staaten; negativ für                                         Unternehmen und Schwellenländern, Gold,
 Aktien, Rohstoffe, den Euro und Vermögens-                                             Rohstoffe, Hartwährungen und inflationsge-
 werte aus den Schwellenländern.                                                        schützte Anleihen; negativ für Staatsanleihen.

        Wirtschaftswachstum und Inflation in den Industrieländern seit 2008

                                                     6
                                                                                            2021 (S)
                                                                            2022 (S)
                                                     4
                   Wachstum in % gegenüber Vorjahr

                                                                                                                    	Stand der Weltwirtschaft
                                                     2                                                                Ende 2020 inkl. Entwicklung
                                                                                                                      seit 2008
                                                                                                        2008
                                                     0                                                              	Erwarteter Stand der
                                                                                                                      Weltwirtschaft Ende 2022

                                                                                                                    	Durchschnittswerte seit 2000
                                                     –2
                                                                                                                   (S)	LUKB-Schätzwerte
                                                     –4
                                                                    2020
                                                     –6

                                                          0   0.5     1    1.5     2     2.5     3     3.5     4

                                                                    Inflation in % gegenüber Vorjahr

                                                              6 | ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021
Anlagepolitik - Q 33 | 2021 - Vertrauen - Luzerner Kantonalbank
MARKTEINSCHÄTZUNG
Wir gehen von einer anhaltend robusten Konjunktur bis                         Finanzwerten. Anleihen bleiben als Anlageklasse ins-
in das Jahr 2022 aus. Eine zunehmende Kapazitätsaus-                          gesamt unattraktiv, weshalb wir sie untergewichten.
lastung sowie eine langsam weniger lockere Geldpoli-                          Im Bereich der nicht-traditionellen Anlagen bauen wir
tik bergen das Risiko steigender Renditen. Wir belassen                       unsere Position in breit diversifizierten Rohstoffanlagen
daher die Aktienquote übergewichtet und empfehlen                             weiter aus, da wir in einem positiven Konjunkturumfeld
auf Sektorenebene eine Übergewichtung von globalen                            steigende Rohstoffpreise erwarten.

                                           Markteinschätzungen und Positionierung
                                                       per 2. Juli 2021

Anlageklasse                                                          Kommentar
                                                                      Wir empfehlen eine erhöhte Liquiditätsquote zur Ausnutzung von
Liquidität                                                            Marktopportunitäten

                                                                      Aufgrund der z.T. negativen Renditen und des anhaltenden Risikos eines
Festverzinsliche Anlagen                                              Zinsanstiegs gewichten wir festverzinsliche Anlagen unter
                                                                      CHF-Staatsanleihen rentieren zumeist negativ und sollten daher deutlich
CHF                                                                   untergewichtet werden. Das Zinsanstiegsrisiko ist aber geringer als beim USD
                                                                      Auch EUR-Staatsanleihen höchster Bonität sind negativ verzinst.
EUR                                                                   Das Renditeanstiegspotenzial ist ähnlich wie beim CHF begrenzt
                                                                      Die GBP-Renditen bewegten sich zuletzt seitwärts. Der Ausblick für Geld-
GBP                                                                   politik und Inflation deutet jedoch auf Risiken eines Renditeanstiegs hin
                                                                      USD-Anleihen profitierten jüngst von sinkenden Renditen. Zinsanstiegsrisiken
USD                                                                   ergeben sich vor allem aus dem kommenden Ende der lockeren Geldpolitik
                                                                      CNY-Anleihen bieten sowohl von Währungs- als auch Zinsseite gutes
CNY                                                                   Diversifikationspotenzial
                                                                      Breit diversifizierte Lokalwährungsanleihen sind ein attraktiver Portfolio-
Schwellenländer                                                       bestandteil und dürften von der globalen Konjunkturerholung profitieren

                                                                      Trend, Liquidität, Risikobereitschaft und Wachstum unterstützen trotz
Aktienmärkte                                                          erhöhter Bewertung die Aktienmärkte
                                                                      Wir behalten das Übergewicht im Schweizer Markt bei, da trotz hoher Be-
Schweiz
                                                                      wertung die Qualität und der Ausblick auf Unternehmensebene überzeugen
                                                                      Der zyklisch ausgerichtete Markt der Eurozone sollte auch weiterhin im
Eurozone                                                              Umfeld der globalen Konjunkturerholung outperformen
                                                                      Aus Bewertungsperspektive ist der UK-Aktienmarkt attraktiv. Der höhere
Grossbritannien                                                       Anteil an Rohstoffwerten macht ihn im aktuellen Umfeld interessant
                                                                      Die Bewertung des US-Marktes ist relativ hoch, weshalb wir im Vergleich zu
USA                                                                   anderen Aktienmärkten eine neutrale Positionierung bevorzugen
                                                                      Der japanische Markt hatte zuletzt unter neuen Lockdowns gelitten. Er sollte
Japan                                                                 aber vom globalen Konjunkturaufschwung besonders profitieren
                                                                      Das Potenzial für Schwellenländeraktien ist begrenzt durch das Risiko einer
Schwellenländer                                                       restriktiveren Geldpolitik Chinas und die hohe Bewertung von Tech-Aktien

                                                                      Die Quote der nicht-traditionellen Anlagen erhöhen wir auf neutral
Nicht-traditionelle Anlagen                                           über einen Aufbau von breit diversifizierten Rohstoffanlagen
                                                                      Schweizer Immobilienfonds sind hoch bewertet, aber weiterhin eine
Immobilien Schweiz                                                    attraktive Alternative zu CHF-Obligationen
                                                                      Die Konjunkturerholung in der Eurozone dürfte den REITs-Märkten in den
Immobilien Eurozone                                                   kommenden Monaten Rückenwind verleihen
                                                                      Industriemetalle und Energie bieten im Umfeld von Reflation und wachsender
Rohstoffe (ohne Agrar)                                                Konjunkturdynamik anhaltende Chancen, weshalb wir die Position aufstocken
                                                                      Wir belassen die Goldposition unverändert als Absicherung gegen unerwartete
Gold                                                                  Marktereignisse. Steigende Realzinsen stellen das Hauptrisiko dar

˜ Positionierung vorher ¢ stärker untergewichtet ¢ leicht untergewichtet ¢ neutral ¢ leicht übergewichtet ¢ stärker übergewichtet

                                                   ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021 | 7
Anlagepolitik - Q 33 | 2021 - Vertrauen - Luzerner Kantonalbank
Konjunktur und Geldpolitik
Konjunkturampel steht auf Grün:                                        Globale Wirtschaft wächst 2021 kräftig
                                                                       Wir erwarten für 2021 ein kräftiges Wachstum der
2021 erwarten wir einen kräftigen                                      globalen Wirtschaftsleistung (BIP) von real (um die
Aufschwung. Zentralbanken dürften                                      Inflation bereinigt) 6.6% gegenüber dem Vorjahr. 2022
2022 die quantitativen Massnahmen                                      dürfte sich das Tempo auf 4.5% verlangsamen. Die
                                                                       Inflationsraten sollten in den meisten der von uns beob-
wegen positiver Konjunktur und                                         achteten Länder ihr Jahreshoch im 2. Quartal erreicht
höherer Inflation allmählich drosseln.                                 haben. Für die nächsten Quartale rechnen wir mit
                                                                       einem allmählichen Rückgang.
Die Stimmung in der Wirtschaft hat sich weltweit
verbessert. Darauf deuten u.a. die viel beachteten Um-                 US-Konjunktur boomt
fragen bei den Einkaufsmanagern der Industrie und                      Die US-Wirtschaft sollte ihrer Rolle als Wachstumsloko-
des Dienstleistungssektors hin. Die daraus ermittelten                 motive der Welt 2021 mehr als gerecht werden. Denn
Einkaufsmanagerindizes erreichten teilweise Rekord-                    wir gehen davon aus, dass sie real um fast 7% wachsen
niveaus. Andere Stimmungsindikatoren, wie Deutsch-                     wird. Als Wachstumsträger sehen wir dabei den priva-
lands ifo Geschäftsklimaindex und das KOF-Kon-                         ten Konsum. Hierbei dürfte die positive Beschäftigungs-
junkturbarometer der Schweiz, stützen das Bild einer                   und Einkommensentwicklung, die wir für die näch-
starken Konjunkturerholung. Auch Konsumenten                           sten Monate erwarten, den privaten Verbrauch stützen.
blicken wieder zuversichtlicher in die konjunkturelle                  Auch die Unternehmen sollten wieder verstärkt inves-
Zukunft.                                                               tieren. Zumal die Regierung Joe Bidens ein Infrastruktur-
                                                                       programm im Volumen von rund USD 2.3 Bio. plant.
Pandemie hat an Schrecken verloren                                     Es soll durch die Anhebung von Steuern finanziert wer-
Zur Euphorie trägt bei, dass die Coronavirus-Pandemie                  den. Wird es umgesetzt, könnte es das BIP-Wachstum
an Schrecken verloren hat. Denn viele Länder haben                     kurzfristig deutlich erhöhen. Der langfristige Effekt wäre
das Impftempo erhöht. Hinzu kommt, dass die Ausbrei-                   allerdings geringer. Denn die Steuererhöhungen dürften
tung des Coronavirus saisonal bedingt im Sommer                        die Investitionen und den Konsum dämpfen.
geringer zu sein scheint. Die Kontakt- und Mobilitäts-
einschränkungen, die vor allem Dienstleistungsbran-                    Euroraum nimmt Fahrt auf
chen, wie die Hotellerie, belasteten, werden wieder                    Die Wirtschaft des Euroraums ist zwar schwach ins
gelockert.                                                             Jahr gestartet, das Blatt hat sich jedoch konjunkturell
                                                                       gesehen zum Positiven gewendet. Das liegt einerseits

SECO-Indikator und Wachstum                                            US-Inflationsrate
in % gegenüber Vorjahr                                                 in % gegenüber Vorjahr, gepunktete Linie = LUKB-Prognose

 10                                                                    5.0
  8
  6                                                                    4.0
  4
  2                                                                    3.0
  0
 –2                                                                    2.0
 –4
 –6                                                                    1.0
 –8
–10                                                                     0
      2005

             2007

                    2009

                           2011

                                  2013

                                         2015

                                                 2017

                                                        2019

                                                                2021

                                                                             2019

                                                                                          2020

                                                                                                          2021

                                                                                                                           2022

˜ SECO-Index wöchentliche Wirtschaftsaktivität   ˜ Reales BIP          ˜ Inflationsrate

                                                 8 | ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021
Anlagepolitik - Q 33 | 2021 - Vertrauen - Luzerner Kantonalbank
daran, dass das Impftempo deutlich zugenommen hat.
Zusammen mit den fallenden Infektionszahlen konnten
die Restriktionen gelockert werden. Andererseits flies-
sen bald auch die Gelder aus dem Wiederaufbaufonds.
Diese kommen vor allem den Staaten zugute, die am
meisten unter der Pandemie gelitten haben. Insgesamt
erwarten wir für dieses und für das nächste Jahr ein
BIP-Wachstum von 4.6% respektive 4.5%.

Schweizer Wachstumsfundament wird breiter
                                                            Brian Mandt
Wichtige Frühindikatoren wie der SECO-Index zur             Chefökonom
wöchentlichen Wirtschaftsaktivität deuten auf einen
kräftigen Aufschwung hin (Abb. S. 8, links). Gleichzeitig
sollte das Fundament der Konjunkturerholung breiter         Geldpolitik steht auf dem Prüfstand. Denn die Kon-
werden. Bislang ist es vor allem die Industrie, die das     junkturaussichten haben sich deutlich verbessert und
Wachstum stützt. Von ihr erwarten wir auch weiterhin        damit ist das Risiko eines anhaltenden Inflationsan-
positive Impulse. Sie profitiert davon, dass die globale    stiegs gestiegen.
Nachfrage steigt. Doch auch der Servicesektor kommt
in Schwung. Per Saldo prognostizieren wir für 2021 ein      Die Diskussionen über einen Ausstieg aus der expansi-
BIP-Wachstum von 3.6%. 2022 dürfte es sich auf 3.1%         ven Geldpolitik nehmen jedenfalls zu. Die US-Noten-
verlangsamen.                                               bank (Fed) hat bereits signalisiert, dass sie den Leitzins
                                                            2023 wieder anheben könnte. Wir halten es für mög-
In China setzt sich die Erholung fort                       lich, dass sie bereits im Spätsommer ankündigen könn-
Chinas Konjunktur befindet sich weiterhin auf dem           te, dass sie ihre Ankäufe von Vermögenswerten (derzeit
Erholungspfad. Doch längst nicht alles läuft rund im        ca. USD 120 Mrd. pro Monat) ab 2022 reduzieren wird.
Reich der Mitte. Lieferengpässe haben die Industriepro-     Auch die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte 2022
duktion zuletzt beeinträchtigt. Die Einkaufsmanager-        ihre Anleihekäufe verringern. Die Leitzinsen wird sie
indizes weisen jedoch auf eine solide Entwicklung der       auf Jahressicht aber unverändert lassen. Die Schweize-
Wirtschaft hin. Somit erwarten wir ein BIP-Wachstum         rische Nationalbank (SNB) wird daher ihre Leitzinsen
von knapp 9% in diesem Jahr. Nächstes Jahr dürfte sich      ebenfalls unverändert belassen müssen. Bei Bedarf
das Wachstum auf 5.4% verlangsamen.                         sollte sie jedoch am Devisenmarkt intervenieren. ¢

Inflationshoch bald erreicht
In den letzten Wochen hat die Inflation viel von sich
Reden gemacht. Das gilt insbesondere für die US-Infla-
tion, die im Mai auf 5% kletterte. Auch in der Schweiz
und im Euroraum war der Trend nach oben gerichtet.
Vor allem Einmaleffekte sorgten für den Teuerungs-
schub. Diese sollten in den kommenden Monaten
jedoch auslaufen, so dass die Inflationsraten allmählich
                                                              IN KÜRZE
wieder etwas zurückgehen dürften. Beispielsweise              Die Konjunkturampel steht auf Grün
erwarten wir für die US-Inflation für 2022 im Schnitt
                                                              Die globale Wirtschaft sollte sich 2021 kräftig erholen
2.7% nach 3.8% in diesem Jahr.
                                                              Die Inflation dürfte vielerorts ihr Hoch bald erreicht
Zentralbanken könnten Geldfluss drosseln                      haben
Die Notenbanken der USA und Europas halten die                Die Zentralbanken dürften 2022 ihre quantitativen
Geldschleusen zwar noch geöffnet, doch die expansive          Massnahmen verringern

                                         ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021 | 9
Anlagepolitik - Q 33 | 2021 - Vertrauen - Luzerner Kantonalbank
FOKUS

        Tapering: US-Notenbank wird
       bald Fuss vom Gaspedal nehmen
                            Die US-Notenbank dürfte in der zweiten Jahres-
                          hälfte ein allmähliches Ende der lockeren Geldpolitik
                           ankündigen. Anleger sollten sich der Chancen und
                           Risiken daraus für die Finanzmärkte bewusst sein.
                                                       Björn Eberhardt Leiter Investment Office

Eine der derzeit wichtigsten Investorenfragen ist die                          was wie schnell von der Fed vorgenommen wird, darü-
nach dem Ausblick für Wachstum, Inflation und Geld-                            ber besteht verständlicherweise grosse Unsicherheit.
politik, speziell in den USA. Die Inflationssorgen, die den
Markt im 2. Quartal zeitweise stark bewegten, scheinen                         Fed-Sitzung vom Juni sorgte für Volatilität
sich beruhigt zu haben. Insofern sieht es so aus, als                          Einen ersten Vorgeschmack auf mögliche Anpassungs-
hätten die Marktteilnehmer die Argumentation der                               prozesse bei der Geldpolitik gab die jüngste Sitzung
Notenbanken akzeptiert, dass der grösste Teil des Infla-                       der US-Notenbank vom Juni. Die Fed deutete an, dass
tionsanstiegs vorübergehend sei. Aber auch diese Ein-                          sie die Leitzinsen früher und etwas schneller anheben
schätzung von Markt und Notenbanken kann sich mit                              könnte als bis anhin erwartet. Darauf folgte ein Rendi-
den Konjunkturdaten der kommenden Monate ändern.                               teanstieg bei gleichzeitig sinkenden Inflationserwartun-
                                                                               gen, d.h. die inflationsbereinigten Renditen (Realrendi-
Eines ist klar: sollte sich die Wirtschaft wie erwartet                        ten) stiegen so etwas mehr an. Daraus resultierte eine
weiter erholen, wird die US-Notenbank ihre Wert-                               Aufwertung des US-Dollars und ein deutlicher Rückset-
papierkäufe früher oder später reduzieren (sogenanntes                         zer bei Vermögenswerten, die sensibel auf Änderungen
«Tapering») und nach dem Ende der Käufe – soweit                               des Realzinses reagieren, wie z.B. der Goldpreis oder
möglich – mit Zinserhöhungen beginnen. Aber wann                               inflationsgeschützte Anleihen (TIPS).

Realrendite in USD, Laufzeit 10 Jahre                                          Leistungsbilanzsalden der «Fragile Five»
in %                                                                           in % des BIP, Schnitt der letzten 4 Quartale

 1.5                                                                               Türkei
 1.0
                                                                                Südafrika
 0.5

  0                                                                              Brasilien

–0.5                                                                           Indonesien
–1.0
                                                                                   Indien
–1.5
                                                                                             –6.0

                                                                                                    –5.0

                                                                                                           –4.0

                                                                                                                  –3.0

                                                                                                                         –2.0

                                                                                                                                –1.0

                                                                                                                                       0.0

                                                                                                                                             1.0

                                                                                                                                                   2.0

                                                                                                                                                         3.0
       Jan

             Feb

                   Mär

                         Apr

                               Mai

                                     Jun

                                           Jul

                                                 Aug

                                                       Sep

                                                             Okt

                                                                   Nov

                                                                         Dez

˜ 2013       ˜ 2021                                                            ˜ Q4 2012      ˜ Q4 2020

                                                       10 | ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021
Fed hat vom Taper Tantrum 2013 gelernt                      Inflation 2013 deutlich unter dem Zielwert von 2% lag,
Der Realzinsanstieg weckt Erinnerungen an eine ähn-         liegt sie 2021 signifikant darüber. Die Lage am Arbeits-
liche Marktperiode vor ziemlich genau acht Jahren.          markt erscheint dagegen 2021 schlechter: waren die
Auch zu jener Zeit führte die US-Notenbank monatli-         USA 2013 knapp 2 Mio. Arbeitsplätze vom Vorkrisen-
che Wertpapierkäufe in grossem Stil durch, um der           niveau der Beschäftigung entfernt, sind es 2021 knapp
US-Wirtschaft nach der globalen Finanzkrise wieder          7.5 Mio., was die höhere Inflation 2021 relativiert.
auf die Füsse zu helfen. Durch die lockere Fed-Politik      Insofern erscheint die Argumentation der Fed in bei-
waren die US-Zinsen zwischen 2009–2013 stark gefallen       den Fällen plausibel, dass ein Tapering primär erfolgt,
und viel Kapital auf der Suche nach Rendite in andere       weil die US-Konjunktur weniger Stimulus benötigt,
Märkte geflossen, u.a. in jene der Schwellenländer.         und nicht, um eine bereits akute Inflationsgefahr zu
Im Frühjahr 2013 hatte die US-Wirtschaft aber wieder        bekämpfen. Diese Unterscheidung ist bedeutend für
auf einen robusten Wachstumspfad gefunden. Aus              den Ausblick für die Anlageklassen.
diesem Grund erschien der US-Fed ein Tapering der
Wertpapierkäufe angemessen. Allerdings kam das erste        Aktienmärkte wohl weniger tangiert
Signal des damaligen Fed-Chefs Ben Bernanke für die         Die Aktienmärkte selbst waren vom Taper Tantrum im
Märkte überraschend. Es folgte das                                            Jahr 2013 sowie vom 2014 folgenden
sogenannte «Taper Tantrum» (auf                                               Start des Tapering nicht gross tan-
Deutsch: der «Taper-Wutanfall») –                                             giert, da das Wirtschaftswachstum
eine Marktreaktion rapide steigen-
                                           «Ein Tapering                      sehr robust war. Sowohl 2013 (+30%)
der Realrenditen und Dollarstärke          aufgrund robusten                  als auch 2014 (+13%) waren sehr gute
insbesondere gegenüber den Schwel-                                            Jahre für den amerikanischen Aktien-
lenländerwährungen. Am Ende des            Wachstums dürfte                   markt gemessen am S&P 500. Die
Jahres 2013 lagen die 10-jährigen          für die Aktien-                    grössten Marktrücksetzer in beiden
USD-Realrenditen um ganze 130 Ba-                                             Jahren lagen bei vergleichsweise
sispunkte höher als zu Jahresbeginn.       märkte kein Pro-                   geringen 5–6%. Auch der Schweizer

Natürlich hat die Fed aus dieser
                                           blem darstellen.»                  Markt lieferte in beiden Jahren sehr
                                                                              gute Ergebnisse ab.
Episode gelernt und versucht, durch
ihre Kommunikation die Erwartun-                                                Dank der guten Wachstumsperspek-
gen des Marktes frühzeitig zu steuern. Aber selbst dann     tiven und der trotz des erwarteten Tapering insgesamt
können die Märkte auf dem falschen Fuss erwischt wer-       immer noch lockeren Geldpolitik gehen wir für dieses
den, wie die Fed-Sitzung vom Juni vor Augen führte.         und das kommende Jahr davon aus, dass die Aktien-
                                                            märkte sich weiterhin positiv entwickeln. Im Gegensatz
Ausgangslagen für Fed vergleichbar                          zu 2013 sind die Bewertungsniveaus allerdings deutlich
Tapering ist eine Reduktion von geldpolitischem Stimu-      höher. Das begrenzt einerseits das Renditepotenzial,
lus und hat damit den Charakter restriktiverer Geldpoli-    andererseits scheint damit auch das Rückschlagpoten-
tik. Deshalb ist es so entscheidend zu wissen, warum ein    zial heute höher.
Tapering erfolgt. Es gibt prinzipiell zwei Hauptmotive:
1. Die Wirtschaft wächst robust und braucht weniger         Grössere Risiken bei den Anleihemärkten
   Stimulus, Inflation ist nicht der Haupttreiber.          Bei den Anleihemärkten sah die Entwicklung 2013 deut-
2. Inflation ist der Hauptgrund und die Fed will eine       lich negativer aus. Am stärksten unter Druck gerieten
   Abkühlung der Wirtschaft bewusst herbeiführen,           inflationsgeschützte Anleihen aufgrund des markanten
   um steigenden Preisdruck zu brechen.                     Realzinsanstiegs. So verloren USD-TIPS mit einer
                                                            Laufzeit von 5–10 Jahren über das Jahr 2013 knapp 9%,
Konjunkturell weisen 2013 und 2021 gewisse Paralle-         während vergleichbare US-Staatsanleihen nur 4.5%
len auf. Beide Jahre zeichnen sich durch einen robusten     nachgaben. Die Performance der Anleihemärkte drehte
Erholungskurs der US-Wirtschaft aus. Während die            im Jahr 2014 aber schon wieder ins Plus, gerade als die

                                        ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021 | 11
Das Abebben der Liquiditätsflut schafft neue Perspektiven und Herausforderungen.
Anleihekäufe effektiv auf null zurückgeführt wurden.        Transparente Fed-Politik entscheidend für
Dabei half ein ausgeprägter Rückgang der Inflations-        Schwellenländer
erwartungen u.a. aufgrund eines enormen Einbruchs           Die globale Situation im Jahr 2021 weist jedoch wich-
der Ölpreise.                                               tige Unterschiede gegenüber 2013 auf. Zu den bedeutend-
                                                            sten zählen, dass viele Schwellenländer in den letzten
Zurzeit spricht die erhöhte Kerninflation tendenziell       Jahren Leistungsbilanzüberschüsse erzielt haben, weiter
dafür, dass die Fed nach einem Tapering nicht allzu         Devisenreserven aufbauen konnten und z.T. auch ihre
lange mit Zinsschritten warten wird, vorausgesetzt, der     Gläubigerstruktur etwas mehr auf das Inland auszurich-
Arbeitsmarkt hat sich bis dahin weitgehend normalisiert.    ten vermochten. Auch von der Inflationsseite stehen
Die aktuellen markbasierten Inflationserwartungen auf       etliche Schwellenländer besser da. Dies trägt dazu bei,
Sicht von 10 Jahren von ca. 2.3% erscheinen angemessen,     dass die Stabilität der Schwellenländer in der Summe
weshalb diesmal weniger Spielraum für einen Rückgang        heute insgesamt höher wirkt als vor acht Jahren. Hinzu
der Inflationserwartungen bestehen dürfte. Gleichzeitig     kommt, dass die US-Notenbank schon seit geraumer
sind sowohl das US-Fiskaldefizit für dieses und nächstes    Zeit recht klar signalisiert, dass eine Reduktion der
Jahr als auch die Gesamtverschuldung deutlich höher.        monatlichen Wertpapierkäufe nur eine Frage der Zeit
Von daher deuten etliche Faktoren eher in die Richtung      ist. Das Vorgehen vor acht Jahren kann den Finanz-
steigender US-(Real-)Renditen hin. Die Anleihemärkte        märkten zudem als Blaupause dienen, wie die Fed von
könnten damit ähnlich wie 2013                                                     einer Reduktion der Liquiditätszu-
negativ performen.                                                                 fuhr allmählich zu einer strafferen
                                                                                   Geldpolitik übergehen kann.
Schwellenländer kamen 2013                «Für die Schwellen-
stark unter Druck                         länder wird entschei-                 Dennoch stehen auch heute eini-
Einige der signifikantesten                                                     ge Schwellenländer vor besonderen
Marktentwicklungen im Zusam-              dend sein, dass die                   Herausforderungen, die oft eine
menhang mit dem Taper Tantrum             US-Notenbank mög-                     Kombination aus länderspezifi-
von 2013 fanden in den Schwellen-                                               schen Faktoren und den Auswir-
ländern statt. Diese hatten in den        lichst transparent                    kungen der Pandemie sind. Dazu
Jahren vor 2013 einen enormen                                                   zählt unter anderem die Türkei,
Kapitalzufluss aus den Industrielän-
                                          kommuniziert.»                        welche derzeit ein hohes Leistungs-
dern mit ihren Nullzinsen erlebt,                                               bilanzdefizit und gleichzeitig eine
welcher zu einem Anstieg der Prei-                                              erhöhte Inflation aufweist. Eine
se von Vermögenswerten sowie einer übergewichteten          systemische Schwellenländerkrise ist aufgrund der sehr
Allokation solcher Anlagen in vielen Portfolios führte.     länderspezifischen Faktoren aber kaum zu erwarten.

Der überraschende Richtungswechsel der Fed 2013             Risikoanlagen dürften Tapering besser überstehen
sowie die steigenden US-Renditen machten die USA für        Insgesamt lassen sich aus dem Vergleich mit 2013 eini-
Investoren nach Jahren des Booms der Schwellenländer        ge interessante Schlüsse für den Ausblick in diesem Jahr
und bei Rohstoffanlagen wieder interessanter. Mittel-       ziehen. So erscheint eine weitgehende Wiederholung
abflüsse in Richtung der US-Finanzmärkte setzten ein.       der Marktentwicklungen von 2013 eher unwahrschein-
Damit kamen die Währungen etlicher Länder unter             lich, da sich die Ausgangslage in vielen Märkten unter-
Druck, was Zentralbanken dort zu Zinserhöhungen             scheidet. Das gilt insbesondere für die Schwellenländer.
und Devisenmarktinterventionen zwang.                       Bei den Aktien gehen wir auch diesmal davon aus, dass
                                                            ein Tapering keine grössere Belastung sein wird. Die er-
Betroffen waren vor allem Staaten, deren Investitions-      höhten Bewertungen stellen aber einen Risikofaktor dar.
wachstum stark auf ausländische Geldzuflüsse ange-          Für die Staatsanleihen der Industrieländer besteht aus
wiesen war, die ein Leistungsbilanzdefizit, eine recht      unserer Sicht dagegen mehr Gegenwind. Entsprechend
hohe Verschuldung in USD sowie erhöhte Inflations-          empfehlen wir in gemischten Portfolios weiterhin eine
raten aufwiesen. Dazu zählten v.a. Indien, Brasilien,       Übergewichtung von Aktien und eine Untergewichtung
Südafrika, die Türkei und Indonesien – die sogenannten      festverzinslicher Anlagen. ¢
«Fragile Five» (Fragilen Fünf).

                                        ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021 | 13
Festverzinsliche Anlagen
                                                     Konjunkturaufschwung und erhöhte Inflation
                                                     sprechen für steigende Zinsen. Der Renditeanstieg
                                                     dürfte moderat ausfallen. Opportunitäten sehen
                                                     wir bei Schwellenländeranleihen.
                                                     Die Inflation steigt, der Zins sinkt. Diese Aussage trifft zumindest für die USA
                                                     zu. Denn dort sind die Staatsanleihenrenditen seit Anfang des 2. Quartals per
                                                     Saldo gesunken. Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen (Treasuries), die
                                                     im 1. Quartal noch kräftig gestiegen war, ist seit Ende März von 1.74% auf gut
Brian Mandt
Chefökonom                                           1.5% gesunken. Dagegen nahm die US-Inflation signifikant auf 5% im Mai zu,
                                                     das höchste Niveau seit fast 13 Jahren.

                                                     Diesseits des Atlantiks ist die Lage nicht wesentlich besser. Die 10-jährigen
                                                     Staatsanleihenrenditen der Schweiz und Deutschlands stiegen zwar um knapp
                                                     20 bzw. 17 Basispunkte. Sie befinden sich aber beide mit –0.17% bzw. –0.2%
                                                     im negativen Bereich.

Inflation bleibt im Visier                           Das beherrschende Thema an den Rentenmärkten ist nach wie vor die Ent-
der Rentenmärkte                                     wicklung der Inflation. Kopfzerbrechen bereitet den Marktakteuren, ob es sich
                                                     beim kräftigen Anstieg der Teuerungsraten um ein vorübergehendes Phäno-
                                                     men handelt, oder ob wir uns künftig auf anhaltend höhere Inflationsniveaus
                                                     einstellen müssen. Daran knüpft sich die Frage, ob die Zentralbanken rascher
                                                     als allgemein erwartet die Geldhähne zudrehen werden. Die mittelfristigen
                                                     Inflationserwartungen der Marktteilnehmer sind in den letzten Wochen aber
                                                     nicht mehr gestiegen. In den USA haben sie sich bei etwa 2½% eingependelt.

Tapering dürfte kommen                               Die Marktakteure scheinen sich bereits darauf eingestellt zu haben, dass die
                                                     Zentralbanken ihre quantitativen Massnahmen drosseln könnten. Die Noten-
                                                     banken haben schon vorsichtige Hinweise auf ein mögliches Tapering gege-
                                                     ben, d.h. auf eine schrittweise Reduktion der monatlichen Käufe von Wert-

Leitzins und Rendite 10-j. Staatsanleihen Schweiz                         Risikoprämien Unternehmens- ggü. Staatsanleihen
in %                                                                      in Basispunkten

 0.50                                                                     450
 0.25                                                                     400
                                                                          350
 0.00
                                                                          300
–0.25                                                                     250
–0.50                                                                     200
                                                                          150
–0.75
                                                                          100
–1.00                                                                      50
–1.25                                                                       0
        2018

                   2019

                                 2020

                                              2021

                                                             2022

                                                                                2015

                                                                                          2016

                                                                                                    2017

                                                                                                           2018

                                                                                                                  2019

                                                                                                                         2020

                                                                                                                                2021

˜ 10-jährige Staatsanleihen   ˜ Leitzins   ˜˜ LUKB-Prognosen              ˜ USA        ˜ Eurozone

                                                     14 | ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021
papieren. Die Betonung liegt aber noch auf vorsichtig. Die amerikanischen
Währungshüter deuteten zudem an, dass sie den Leitzins 2023 erstmals wie-
der anheben wollen. Vorausgesetzt die Konjunktur erholt sich weiter, halten
wir ein Tapering im kommenden Jahr sowohl bei der Fed als auch bei der
EZB für wahrscheinlich.

Ein kräftiger Renditeanstieg ist auch deshalb ausgeblieben, weil die grossen     Konjunkturüberraschungen
Konjunkturüberraschungen vor allem in den USA in den letzten Wochen aus-         halten sich in Grenzen
blieben. Die Stimmungsindizes aus verschiedenen Bereichen der Wirtschaft
haben zwar immer neue Rekordstände gerissen, jedoch konnten die funda-
mentalen Wirtschaftsdaten nicht immer Schritt halten. Das wiederum spricht
dafür, dass die Notenbanken, wenn überhaupt, nur behutsam auf die geld-
politische Bremse treten sollten.

Die Renditestrukturkurven in der Schweiz, im Euroraum und in den USA             Zinskurve sollte steiler
sind in den letzten Wochen trotz anhaltender Konjunkturerholung nicht stei-      werden
ler geworden. Grund hierfür dürfte u.a. sein, dass ein Teil der Marktteilneh-
mer die erhöhte Inflation als temporär ansehen und wieder vermehrt Anlei-
hen mit höherer Duration gekauft haben.

Wir gehen davon aus, dass die Kapitalmarktzinsen auf Sicht von 12 Monaten
steigen werden. Grund hierfür ist u.a., dass das Angebot an Staatsanleihen in
den USA und im Euroraum wegen der Fiskalprogramme wachsen sollte. Der
Renditeanstieg dürfte zwar moderat ausfallen. Da wir aber auf Jahressicht
stabile Geldmarktzinsen erwarten, sollten die Zinsstrukturkurven beider-
seits des Atlantiks wieder steiler werden (Abb. S. 14, links).

Die Corporate Spreads, die Renditedifferenzen zwischen den Unternehmens-         Potenziale bei Schwellen-
anleihen und den als Benchmark geltenden Staatsanleihen, haben sich im           länderanleihen
Trend der letzten Monate eingeengt. Hierzu hat vor allem die robuste Erholung
der Wirtschaft beigetragen (Abb. S. 14, rechts). Eine ähnliche Entwicklung be-
obachteten wir auch bei den Spreads zwischen Schwellenländeranleihen und
Benchmark-Bonds. Auch hier macht sich die positive Konjunkturentwicklung
bemerkbar.

Für die kommenden Monate sehen wir auf historischer Basis nur noch be-            IN KÜRZE
grenztes Einengungspotenzial für Corporate Spreads. Das dürfte insbesonde-
re bei Anleihen im Investment-Grade-Bereich der Fall sein. Bei den Risiko-        Inflation und Geldpolitik im Visier
prämien der Schwellenländeranleihen ist hingegen noch etwas Luft nach             der Rentenmärkte
unten vorhanden. Daher sehen wir dieses Segment weiterhin als attraktives         Moderate Renditeanstiege bei
Engagement innerhalb der Anlageklasse der festverzinslichen Anlagen an.           Staatsanleihen der Hauptwährun-
Hingegen empfehlen wir, das Untergewicht bei CHF- und EUR-Anleihen auf-           gen auf Jahressicht wahrscheinlich
recht zu halten. Zwar rechnen wir mit einem Renditeanstieg, jedoch bleiben        Schwellenländeranleihen in lokaler
die Zinsen noch einige Zeit im negativen Bereich. Bei USD-Anleihen empfeh-        Währung bieten Ertragschancen
len wir, eine neutrale Gewichtung beizubehalten. Insgesamt halten wir das         Staatsanleihen der Hauptwäh-
Chance-Risiko-Verhältnis der Anlageklasse Anleihen im Vergleich zu jener          rungen CHF, EUR und GBP unter-
der Aktien für ungünstig und gewichten sie daher weiterhin unter. ¢               gewichtet lassen

                                        ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021 | 15
Aktienmärkte
                                               Viele Indizes haben neue Höchststände erreicht.
                                               Die guten Konjunkturaussichten und die damit
                                               einhergehenden positiven Gewinnrevisionen spre-
                                               chen für zyklische Aktien. Daran sollte auch eine
                                               weniger expansive Geldpolitik nichts ändern.

                                               Aktienmärkte im Umfeld weniger expansiver Geldpolitik
                                               Die US-Notenbank nähert sich vorsichtig einer Reduktion der Anleihekäufe
Reto Lötscher                                  (Tapering) und deutet in der Ferne mögliche Leitzinserhöhungen an. Die Frage,
Leiter Finanzanalyse
                                               die sich den Aktieninvestoren stellt, ist: Wie reagieren die Aktienmärkte, wenn
                                               die Geldpolitik weniger expansiv bzw. irgendwann sogar restriktiver werden
                                               sollte? Es lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit.

                                               Im Mai 2013 hat der damalige US-Notenbankpräsident Ben Bernanke zum
                                               ersten Mal die Möglichkeit erwähnt, die monatlichen Anleihekäufe der Fed
                                               zu reduzieren. Daraufhin hat die Volatilität am US-Markt vorübergehend an-
                                               gezogen und die globale Aktienmarktperformance war kurzzeitig negativ.
                                               Aber bereits zum Ende des zweiten Monats lagen die Aktienmärkte wieder
                                               über dem Niveau von vor der Ankündigung. Als im Dezember 2015 die erste
                                               Leitzinserhöhung in den USA erfolgte, war die Reaktion dieselbe. Die Vola-
                                               tilität stieg an und die US-Aktienmarktperformance war negativ. Dieses Mal
                                               dauerte es länger bis die Volatilität wieder sank (Abb. S.16, rechts, siehe grüner
                                               Block). Bereits nach sechs Monaten lag der US-Aktienmarkt wieder auf dem
                                               Niveau von vor der ersten Leitzinsanhebung (Abb. S. 16, links).

                                               Der Rückblick zeigt einerseits, dass zwischen den ersten Diskussionen über
                                               eine straffere Geldpolitik und der effektiven Anhebung der Leitzinsen einige
                                               Zeit vergehen kann, in der die Aktienmärkte weiter grosszügig mit Liquidität
                                               versorgt werden. Andererseits legen die Märkte den Fokus rasch wieder auf

Performance von Aktien Welt                                         Volatilität von Aktien Welt
in %, Gesamtrenditen in USD ab Dezember 2015                        nach erster Fed-Leitzinserhöhung im Dezember 2015

25 Monate                                                            30

                                                                     25
13 Monate
                                                                     20
 6 Monate                                                            15

                                                                     10
 3 Monate
                                                                      5
 2 Monate
                                                                      0
                                                                          Okt 2015

                                                                                     Nov 2015

                                                                                                Dez 2015

                                                                                                           Jan 2016

                                                                                                                      Feb 2016

                                                                                                                                 Mär 2016

                                                                                                                                            Apr 2016

                                                                                                                                                       Mai 2016

                                                                                                                                                                  Jun 2016

                                                                                                                                                                             Jul 2016

                                                                                                                                                                                        Aug 2016

                                                                                                                                                                                                   Sep 2016

  1 Monat
            –15

                  –10

                        –5

                             0

                                 5

                                     10

                                          15

                                                20

                                                     25

                                                          30

                                                               35

                                               16 | ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021
fundamentale und konjunkturelle Faktoren. Diese sprechen auch 2021 für ein
Engagement in Aktien. Um die Finanzmärkte nicht zu überraschen, dürften
die Notenbanken eine frühzeitige und vorsichtige Kommunikationspolitik
betreiben. Bleiben sie zu lange untätig, riskieren sie, dass die Märkte sie ange-
sichts des hohen Wirtschaftswachstums als zu zögerlich einstufen.

Trotzdem stellt sich die schwierige Frage, ab wann sich höhere Zinsen stark
negativ auf Aktien auswirken könnten. Eine Umfrage der Bank of America
zeigt, dass ein Grossteil der befragten professionellen Investoren damit rech-
net, dass eine bedeutende Aktienmarktkorrektur erst ab einem Zinsniveau
von 2.5% bei US-Staatsanleihen ausgelöst wird. Wir gehen nicht davon aus,
dass dieses Niveau in den nächsten zwölf Monaten erreicht wird.

Solange die Märkte frühzeitig über Änderungen der Geldpolitik informiert und
Überraschungen vermieden werden, besteht weiteres Kurspotenzial. Gemes-
sen an der Risikoprämie bleiben die Aktienmärkte trotz historischer Höchst-
stände fair bewertet. Für den US-Markt liegt die Risikoprämie beispielsweise
bei rund 3%, was dem langjährigen Durchschnitt entspricht.

Steigende Gewinnerwartungen stützen Aktienmärkte
Die Stimmung der Weltwirtschaft hat sich kontinuierlich verbessert. Wir
rechnen damit, dass sich die globale Wirtschaft, angeführt von den USA, kräf-
tig erholen wird. Das widerspiegelt sich auch in den globalen Gewinnerwar-
tungen für Aktien. Diese haben die Vorkrisenniveaus von Anfang 2020 be-
reits übertroffen. Auch die Gewinnrevisionen sind positiv. Für den globalen
Aktienmarkt (gemessen am MSCI World) sind zurzeit 66% aller Gewinnrevi-
sionen positiv. Verglichen mit einer 20-jährigen Historie, wo im Durchschnitt
rund 50% der Gewinnrevisionen positiv waren, ist das ein hoher Wert. Aus
Sektorsicht weisen zyklische Sektoren wie Grundstoffe, Energie oder Indus-
triewerte überdurchschnittlich positive Gewinnrevisionen auf. Eher defensive
Sektoren wie Kommunikation, Versorger, das Gesundheitswesen oder Immo-
bilien liegen zwar auch über der wichtigen 50%-Marke, sind aber deutlich
weniger dynamisch.

Sektoreinstufung
Sektor                                 LUKB-Einstufung
Energie                                übergewichten                                IN KÜRZE
Finanzen                               übergewichten
                                                                                    Aktien im Vergleich zu Obligatio-
Gesundheitswesen                       neutral
                                                                                    nen attraktiv
Immobilien                             neutral
Industrie                              übergewichten                                Weniger expansive Geldpolitik
Informationstechnologie                neutral                                      nur ein vorübergehender Belas-
                                                                                    tungsfaktor
Kommunikation                          neutral
Nicht-zyklischer Konsum                untergewichten                               Konjunkturelle Rahmenbedingun-
Roh- und Grundstoffe                   übergewichten                                gen bleiben konstruktiv
Versorger                              untergewichten                               Überzeugende Gewinnrevisionen
Zyklischer Konsum                      neutral                                      bei zyklischen Sektoren

                                          ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021 | 17
Zyklische Sektoren bleiben gefragt
                                                                                        Unsere bevorzugten zyklischen Sektoren sind Energie, Industrie, Roh- und
                                                                                        Grundstoffe sowie Finanzen. Mit zunehmender Normalisierung des sozialen
                                                                                        und wirtschaftlichen Alltags eröffnet sich für den Energiesektor Potenzial.
                                                                                        Die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen bleibt intakt, auch wenn der Druck
                                                                                        auf die Energiekonzerne steigt, sich nachhaltigeren Geschäftsmodellen zuzu-
                                                                                        wenden. Die soliden Bilanzen und hohen Cashflows erlauben nebst der Neu-
                                                                                        ausrichtung der Unternehmen weiterhin eine attraktive Ausschüttungspolitik.

                                                                                        Im Industriesektor lohnt sich ein selektives Vorgehen. Während «die Flut» in
                                                                                        einer ersten Phase «alle Boote» angehoben hat, fokussieren wir uns nun auf
                                                                                        Unternehmen, die stark wachsende Endmärkte bedienen. Dazu gehören Indus-
                                                                                        trieunternehmen, die mit ihren Produkten von Themen wie der Urbanisie-
                                                                                        rung, dem Onlinehandel oder der Halbleiterproduktion profitieren.

                                                                                        Der Sektor Roh- und Grundstoffe ist im Vergleich zum Gesamtmarkt attraktiv
                                                                                        bewertet. Innerhalb des Sektors bevorzugen wir Bergbauunternehmen, die
                                                                                        in stabilen Regionen (Australien oder Nordeuropa) tätig sind und über eine
                                                                                        starke Bilanz verfügen. Die Umstellung auf neue Energieformen, die Elektro-
                                                                                        mobilität, die Herstellung von Speicherkapazitäten (Batterien) sowie der Bedarf
                                                                                        an neuen Stromnetzen wird die Nachfrage nach verschiedenen Rohstoffen
                                                                                        langfristig treiben.

                                                                                        Im Bereich der Finanzwerte gehören die Banken zu den Gewinnern. Die Er-
                                                                                        wartung höherer Renditen und eine steiler werdende Zinskurve begünstigen
                                                                                        die Zinsmargen, eine bessere Konjunkturentwicklung lässt die Rückstellungen
                                                                                        für notleidende Kredite sinken und führt generell zu höherer Kreditnachfrage,
                                                                                        was für steigende Erträge bei den Banken sorgt. Heute kommt bei Banken noch
                                                                                        eine weitere Komponente zum Tragen: die hohe Anzahl an Fusionen, Übernah-
                                                                                        men und Börsengängen. Davon profitieren die Investmentbanken. ¢

Gewinnerwartungen Aktien weltweit                                                                                   Anteil positiver Gewinnrevisionen globaler Sektoren
in USD über die nächsten 12 Monate                                                                                  über die letzten 4 Wochen in %

160                                                                                                                 Roh- & Grundstoffe
                                                                                                                           Technologie
150
                                                                                                                                 Energie
140                                                                                                                        Finanzwerte
                                                                                                                               Industrie
130                                                                                                                        Aktien Welt
120                                                                                                                 defensiver Konsum
                                                                                                                    zyklischer Konsum
110                                                                                                                    Kommunikation
                                                                                                                              Versorger
100
                                                                                                                    Gesundheitswesen
      Jan 2019

                 Apr 2019

                            Jul 2019

                                       Okt 2019

                                                  Jan 2020

                                                             Apr 2020

                                                                        Jul 2020

                                                                                   Okt 2020

                                                                                              Jan 2021

                                                                                                         Apr 2021

                                                                                                                            Immobilien
                                                                                                                                           0

                                                                                                                                               10

                                                                                                                                                    20

                                                                                                                                                         30

                                                                                                                                                              40

                                                                                                                                                                   50

                                                                                                                                                                        60

                                                                                                                                                                             70

                                                                                                                                                                                  80

                                                                                                                                                                                       90

                                                                                        18 | ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021
Rohstoffe
Eine weiterhin steigende Nachfrage bei gleichzei-
tig verhaltenem Ausblick für das Angebotswachs-
tum dürfte den Ölpreis mittelfristig stützen.
Industriemetalle wie Kupfer sollten von der laufen-
den Konjunkturerholung profitieren.

Der Erdölpreis hat dieses Jahr eine eindrückliche Preissteigerung erfahren
und notiert mittlerweile rund 50% höher als zum Jahresbeginn. Der Ölmarkt
hat sich viel schneller vom letztjährigen Einbruch erholt, als dies irgend-     Andrew Portmann
                                                                                Analyst Rohstoffe
jemand erwartet hätte. Die globalen Ölmärkte befinden sich aktuell in einem
Angebotsdefizit, was sich in steigenden Preisen, sinkenden Lagerbeständen
und einer zunehmenden Backwardation in den Futures-Preisen zeigt (d.h.
Terminpreise unter den Kassapreisen). Letztere ist ein Hinweis auf knappe       Preisentwicklung Kupfer & Rohöl
physische Vorräte, bei denen Händler bereit sind, einen Aufschlag für eine      indexiert, Jan 2020 = 100, in USD
prompte Lieferung zu zahlen.
                                                                                180
                                                                                160
Das Angebot hat noch nicht auf diese Situation reagiert. Die OPEC und           140
Verbündete wie Russland halten freie Lieferkapazitäten seit letztem Jahr        120
                                                                                100
zurück, während die US-Schieferölproduktion Anzeichen einer nachhal-
                                                                                 80
tigen Erschöpfung aufweist. Zudem haben sich die Investitionen in neue           60
Kapazitäten global verlangsamt (von USD 400 Mrd. p.a. vor fünf Jahren            40
auf USD 100 Mrd. im Jahr 2019). Es gibt daher berechtigte Sorgen auf der         20
                                                                                  0
Angebotsseite. Die globale Ölnachfrage wird dagegen gemäss der US-
                                                                                      Jan 2020

                                                                                                     Jul 2020

                                                                                                                Jan 2021
Energiebehörde voraussichtlich bis 2030 weiter wachsen. Diese Kombina-
tion untermauert die Erdölpreise von einer fundamentalen Seite.
                                                                                ˜ Kupfer         ˜ Rohöl

Eine vergleichbare Situation des Nachfrageüberhangs zeigt sich bei den
Industriemetallen. Chinas jüngste regulatorische Interventionen haben die
chinesische Nachfrage und damit auch den Preisanstieg verschiedener
Rohstoffe zuletzt aber vorläufig gebremst. Dennoch bleibt der Rohstoffmarkt
angespannt und mit einem kurzfristigen Versorgungsrisiko behaftet. Dazu
trägt u.a. nach den Wahlen in Chile und Peru eine Konfrontation der neuen
Regierungen mit den Bergbauunternehmen bei.

Auf längere Sicht stellen die Umstellung auf neue Energieformen, die Elek-        IN KÜRZE
tromobilität, die Herstellung von Batterien sowie der Bedarf an neuen Strom-      Ölpreise profitieren vom globalen
netzen die wichtigsten langfristigen Treiber der Rohstoffnachfrage dar.           Wirtschaftswachstum und von
Diese sogenannte «grüne industrielle Revolution» benötigt grosse Mengen           der daraus folgenden steigenden
an Basismetallen.                                                                 Nachfrage
                                                                                  Auch Basismetalle bleiben wegen
Das aktuelle wirtschaftliche Umfeld bleibt unserer Meinung nach günstig           sinkender Lager und partieller
für höhere Rohstoffpreise. Wir erwarten, dass breit diversifizierte Rohstoff-     Lieferengpässe weiterhin im Fokus
indizes in den nächsten Monaten eine positive Rendite erzielen werden,            Wir empfehlen Rohstoffexponie-
auch in einem Umfeld des Fed-Tapering. ¢                                          rung in breit diversifizierter Form
                                                                                  im Portfoliokontext

                                        ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021 | 19
Immobilien
     Die Lage am Schweizer Markt für                                            die günstigen Finanzierungskonditionen. Nachdem die
                                                                                Hypothekarmarktzinsen zu Jahresbeginn einen Anstieg
     Wohneigentum bleibt von einem                                              verzeichnet haben, sind sie in den letzten beiden Mona-
     preistreibenden Nachfrageüberhang                                          ten wieder zurückgegangen. Wenn auch das tiefe Niveau
     geprägt. Auch der Anlagennotstand                                          von 2020 bislang nicht wieder erreicht wurde, bleiben
                                                                                die Finanzierungskonditionen über alle Laufzeiten hin-
     dürfte den Schweizer Immobilien-                                           weg dank der flachen Zinsstrukturkurve sehr attraktiv.
     fonds Rückenwind verleihen. Wir er-                                        Das heisst, dass ein Kreditnehmer nur mit einem geringen
     achten zudem europäische Immobi-                                           Aufschlag (derzeit rund 30 bis 40 Basispunkte) eine zehn-
                                                                                statt eine fünfjährige Hypothek abschliessen kann. Da wir
     lienaktien als interessant.                                                lediglich von einem moderaten Renditeanstieg bei den
                                                                                Staatsanleihen ausgehen, dürften die Hypothekarmarkt-
     Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern und Eigen-                           zinsen und somit die Finanzierungskonditionen in den
     tumswohnungen ist in der Schweiz weiterhin hoch.                           nächsten Monaten günstig bleiben.
     Neben dem Wunsch nach einem idyllischen Haus im
     Grünen mit Balkon und Garten sind auch die günstigen                       Knappes Angebot von Wohneigentum führt
     Finanzierungskonditionen ein wichtiger Nachfragefak-                       zu Preissteigerungen
     tor. Auf der anderen Seite ist das Angebot an Wohneigen-                   Auf der Angebotsseite sieht es auch im laufenden Jahr
     tum rückläufig. Der Fokus auf raumplanerische Mass-                        nicht nach einer Trendwende aus. Zum einen bleiben
     nahmen, Verdichtungstrends und renditeträchtige Miet-                      ältere Menschen infolge der Coronavirus-Pandemie der-
     wohnungen hat in den letzten Jahren die Bautätigkeit von                   zeit länger in ihren Häusern und Wohnungen und zögern
     Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern zuguns-                          einen Umzug in ein Altersheim möglichst lange hinaus.
     ten von Renditeobjekten reduziert. Eine robuste Nachfra-                   Zum anderen werden immer weniger Eigentumswoh-
     ge nach Wohneigentum trifft auf ein limitiertes Angebot.                   nungen und Einfamilienhäuser gebaut. Das freistehende
     Die Folge davon sind steigende Preise.                                     Einfamilienhaus passt nicht mehr in das Verdichtungs-
                                                                                szenario einiger Gemeinden. Zudem hat sich der Markt
     Günstige Finanzierungskonditionen stützen                                  in den letzten Jahren auf den Bau von renditeträchtigen
     Nachfrage                                                                  Mietwohnungen konzentriert. Die Folge der intakten
     Einer der Gründe, warum die Nachfrage nach Wohn-                           Nachfrage und des limitierten Angebots sind Preisstei-
     eigentum trotz hoher Preise ungebrochen gross ist, sind                    gerungen.

     Preiswachstum für Einfamilienhäuser                                        Entwicklung von Schweizer Immobilienfonds
     in % gegenüber Vorjahr. Stand: 1. Quartal 2021                             Gesamtrendite, indexiert, Jan 2021 = 100

                                                                                110

                                                                                105

                                                                                100

                                                                                 95

                                                                                 90
                                                                                      Jan 2021

                                                                                                         Mär 2021

                                                                                                                            Mai 2021

                                                                                                                                                Jul 2021

                                                                                ˜ Logistik (CS LogisticsPlus)   ˜ Wohnimmobilien (Swisscanto Ifca)
     ˜ 2.5 – 3.5 ˜ 3.5 –4.5    ˜ 4.5 – 5.5    ˜ 5.5 – 6.5 ˜ 6.5 – 7.5           ˜ Immobilienfonds CH gesamt ˜ Gewerbeimmobilien (UBS Swissreal)
(2.5,3.5]   (3.5,4.5]   (4.5,5.5]   (5.5,6.5]   (6.5,7.6]

                                                            20 | ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021
Im Mai erhöhten sich die Preise für Einfamilienhäuser
im Vergleich zum Vormonat um 1.1%. Binnen Jahres-
frist stiegen die Preise um 6.5%. Eigentumswohnungen
verteuerten sich im Vergleich zum Vormonat um 0.8%
und zum Vorjahresmonat um 5.6%. Am knappen Angebot
dürfte sich nicht so schnell was ändern. So sind die Bauge-
suche für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser
in den ersten Monaten des Jahres weiter rückläufig, was
auf eine abnehmende Neubautätigkeit hinweist.

                                                              Tom Eyer
Schweizer Immobilienanlagen weiterhin attraktiv               Analyst Immobilienanlagen
Nach einem geringen Rücksetzer im 1. Quartal 2021 hat
sich das Gros der Schweizer Immobilienfonds in den
letzten Wochen positiv entwickelt. Zum einen stieg die        Auf die mittlere Frist erwarten wir, dass auf Wohnen
Nachfrage nach zyklischen Immobilienfonds aus dem             fokussierte Immobilienunternehmen von der anhal-
Gewerbe- und Logistiksegment an. Die konjunkturel-            tend starken Nachfrage nach Wohnraum in städtischen
le Belebung durch die Öffnung der Wirtschaft bietet           Gebieten Europas profitieren. In vielen Grossstädten
Opportunitäten, da das Risiko von Mietausfällen bzw.          Deutschlands beispielsweise herrscht trotz neu gebau-
Leerständen sinkt. Zum anderen hat die Meldung, dass          tem Wohnraum ein Nachfrageüberhang. Dieser Nach-
verschiedene grosse Finanzinstitute die Schwelle für          frageüberhang führt dazu, dass die Mietpreise weiteren
Negativzinsen senken wollen, zu einer erhöhten Nach-          Aufwertungsdruck spüren. Angesichts der anziehenden
frage nach Schweizer Immobilienfonds geführt. Davon           Wirtschaft bleibt das Umfeld für europäische REITs aus
profitierten auch defensive Immobilienfonds, die sich         unserer Sicht konstruktiv. ¢
auf das Segment Wohnen fokussieren.

Angesichts des anhaltenden zinsbedingten Anlagenot-
stands und der beschränkten Anlagealternativen bieten
Schweizer Immobilienfonds mit einer geschätzten Aus-
schüttungsrendite von 2.4% attraktive Möglichkeiten, um
das Portfolio zu diversifizieren. Opportunitäten sehen
wir aktuell bei gemischten Immobilienfonds, die über ei-
nen gewissen Gewerbeanteil verfügen, und bei Gewerbe-
immobilienfonds. Auch bei Logistikimmobilienfonds se-
hen wir Chancen.

Europäische REITs profitieren von Öffnung
Europäische Immobilienunternehmen (Real Estate Invest-
ment Trusts) haben nach einem durchzogenen Jahresstart
in den letzten Wochen an Dynamik zugelegt. Die Fort-            IN KÜRZE
schritte bei den Impfungen ermöglichen in vielen euro-          CH-Immobilienfonds interessante Alternative zu CHF-
päischen Ländern eine allmähliche Öffnung der Wirt-             Anleihen guter Bonität
schaft. Davon profitieren die von den Marktteilnehmern
                                                                Gemischte Schweizer Immobilienfonds bevorzugen
während der Coronavirus-Pandemie geschmähten Ak-
tien von Immobilienunternehmen mit Fokus auf Einzel-            Interessante Opportunitäten bei Schweizer Geschäfts-
handel (Retail), Freizeit, Hotellerie und Büroflächen. Die      und Logistikimmobilienfonds
Sektorrotation hin zu zyklischeren Immobiliensektoren           EUR-Immobilienanlagen profitieren von europäischem
dürfte noch eine Weile anhalten.                                Konjunkturaufschwung

                                          ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021 | 21
MARKTÜBERBLICK
Das abgelaufene Quartal war trotz zwischenzeitlicher                                   war dagegen uneinheitlicher: Märkte, die im 1. Quartal
Volatilitäten insgesamt ein recht freundliches für die                                 besonders von einem Renditeanstieg betroffen waren,
Finanzmärkte. Mit Ausnahme Japans haben sich die                                       entwickelten sich relativ freundlich. In der Eurozone
Aktienmärkte in den meisten Industrieländern sehr                                      und der Schweiz belastete dagegen ein weiterer Anstieg
positiv entwickelt. Der Schweizer Markt zählte dabei                                   der Renditen. Die Risikoprämien von Unternehmensan-
zu den besten. Auch die Schwellenländer zeigten eine                                   leihen sanken auf neue Rekordtiefs. Bei den Rohstoffen
gute Performance. Die Entwicklung der Anleihemärkte                                    waren Erdöl und Kupfer die grössten Gewinner.

Performance ausgewählter Finanzmarktindizes
Die dargestellten Renditezahlen sowie Erwartungen beziehen sich auf die jeweilige Lokalwährung.

                                                                                 Performance–Rückblick                                 Unsere Erwartung
                                               25.06.21          2021          2020      2019     1 Jahr          5 Jahre   10 Jahre    in 6–9 Monaten
Geldmarkt
Geldmarkt CHF 3 Mt.                                115.5          –0.2          –0.5         –0.5          –0.5     –2.3        –2.9          n
Staatsanleihen
Schweiz (CHF)                                      191.4          –4.7           2.1           4.4         –3.7     –1.7       22.5           n
Eurozone (EUR)                                     251.5          –4.1           4.2           4.8         –2.6      4.1       39.8           n
Grossbritannien (GBP)                              297.8          –6.3           8.9           7.1         –7.4     13.3       59.2           n
USA (USD)                                        2’482.2          –3.0           8.0           6.9         –3.5     11.4       30.0           n
USA inflationsgeschützt (USD)                      356.7           1.3          11.0           8.4          6.0     23.0       38.3           n
China (CNY)                                        201.4           2.1           3.2           5.1          3.0     20.1       54.7           x
Unternehmensanleihen
Denominiert in CHF                                 186.6          –0.1           0.5          2.4           1.6      3.0       18.9           n
Global (USD)                                       301.5          –1.9          10.4         11.5           5.7     24.7       45.8           n
EM–Anleihen
Hartwährung (USD)                                  464.0          –1.0           7.1         12.1           7.0     27.9       64.2           n
Lokalwährung (USD)                                 150.7          –0.8           5.3          9.5           8.0     23.6       22.2           n
Aktienindizes
SMI                                             11’999.7          15.2          4.4          30.2          22.5     82.4      176.7           n
SPI                                             15’420.5          15.7          3.8          30.6          23.7     83.7      179.6           n
USA (USD)                                        4’280.7          14.8         18.4          31.5          41.0    131.3      313.8           n
UK (GBP)                                         7’136.1          12.5        –11.6          17.3          20.1     41.1       83.1           x
Eurozone (EUR)                                   4’120.7          18.2         –2.6          29.3          31.5     73.6      117.3           x
Japan (JPY)                                      1’962.7           9.8          7.4          18.1          28.4     82.5      193.0           x
China, Schanghai (CNY)                           5’240.0           1.2         29.9          39.2          28.9     89.4      112.8           n
Welt (USD)                                       3’024.9          13.6         16.5          28.4          40.6    111.3      204.2           n
Schwellenländer (USD)                            1’379.6           7.9         18.7          18.9          40.5     95.5       62.5           n
Immobilien
Schweizer Immobilienfonds                          216.2           6.9          10.8         20.7          25.2     46.3       96.9           n
REITs Global (USD)                                 165.9          18.0          –8.3         22.9          37.5     40.6      107.0           n
Rohstoffe
Breiter Rohstoffindex (USD)                      1’629.5          22.8          2.3           9.8          52.4     41.1      –14.5           x
Gold (USD)                                       1’781.0          –6.2         24.8          18.7           1.2     35.6       18.2           n
Öl (Brent) (USD)                                    76.3          47.0        –21.8          24.8          85.3     56.5      –28.2           n
Devisen
EUR/CHF                                           1.095            1.2          –0.5         –3.5           2.9      1.8       –7.8           n
USD/CHF                                           0.918            3.7          –8.5         –1.4          –3.2     –5.7       10.1           n
EUR/USD                                           1.195           –2.3           9.0         –1.8           6.6      7.5      –15.6           n
GBP/USD                                           1.391            1.8           3.2          4.0          12.2      2.1      –12.9           n
USD/JPY                                         110.775            7.3          –5.0         –0.9           3.3      8.4       37.7           n
USD/CNY                                           6.472           –1.0          –6.0          1.2          –8.6     –2.2        0.0           n
¢  20%  
Pfeile für die Markteinschätzung: bei Aktien Abweichung von mehr als ±5%, bei allen anderen Anlagen: ±3%

                                                        22 | ANLAGEPOLITIK | 3. Quartal 2021
Sie können auch lesen