Antragsbuch I Leitanträge (L) - Ordentlicher Landesparteitag der NRWSPD am 6. März 2021

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Ordentlicher Landesparteitag der NRWSPD
             am 6. März 2021

Antragsbuch I
  Leitanträge (L)
Antragskommission
zum ordentlichen Landesparteitag
der NRWSPD am 6. März 2021

Dogan, Aylin                    Landesparteirat

Kammerevert, Petra              Landesvorstand

Kämmerling, Stefan              Landesparteirat

Kampmann, Christina             Landesparteirat

Kapteinat, Lisa-Kristin         Landesparteirat

Lemmen, Veith                   Landesparteirat

Lüders, Nadja                   Landesvorstand

Maelzer, Dennis                 Landesparteirat

Neumann, Josef                  Landesparteirat

Ott, Jochen                     Landesparteirat

Rimkus, Andreas                 Landesparteirat

Rosenthal, Jessica              Landesparteirat

Stinka, André                   Landesvorstand

Sprecherin der Antragskommission: Nadja Lüders

Informationen zu Änderungsanträgen

Antragsschluss für Änderungsanträge ist Mittwoch, 24. Februar 2021
(24.00 Uhr). Bitte sendet Änderungsanträge an antraege.nrw@spd.de.
Inhaltsverzeichnis

Antragsbereich 02: Leitanträge (L)                                                                                                   1

       L-01                                                                 Antragsteller: Landesvorstand der NRWSPD
       Solidarpakt Zukunft
       Empfehlung der Antragskommission:
       Annahme in Fassung der Antragskommission       . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    1

       L-02                                                                               Antragsteller: NRW Jusos
       Stärker zurückkommen: Die neue Normalität muss eine bessere sein! – Ansätze für eine progressive Politik nach
       Corona
       Empfehlung der Antragskommission:
       Erledigt durch Annahme von L-01 in Fassung der Antragskommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

       L-03                                                                Antragsteller: Forum Eine Welt der NRWSPD
       Krise als Chance. Eine Welt nach Corona
       Empfehlung der Antragskommission:
       Erledigt durch Annahme L-01 in Fassung der Antragskommission         . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   63
ORDENTLICHER LANDESPARTEITAG AM 06.03.2021

Antragsbereich 02: Leitanträge (L)

   1   L-01                                                       Empfehlung der Antragskommission:
   2   Antragsteller: Landesvorstand der NRWSPD                   Annahme in Fassung der Antragskommission
   3
   4   Der Landesparteitag möge beschließen:
   5
   6   Solidarpakt Zukunft
   7
   8   Solidarpakt Zukunft                                        Solidarpakt Zukunft
   9
 10    Keine Herausforderung seit Ende des Zweiten Welt-          Keine Herausforderung im 21. Jahrhundert fordert je-
  11   krieges haben unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft       de Einzelne und jeden Einzelnen, unsere Gesellschaft
  12   und jede Einzelne und jeden Einzelnen so gefordert wie     und unsere Wirtschaft wie die CoronaPandemie. Es geht
  13   Corona-Pandemie. Es geht um die Bekämpfung der Aus-        zum einen um die Bekämpfung der Ausbreitung des Vi-
 14    breitung des Virus zum einen und um die Abmilderung        rus und zum anderen um die Abmilderung der sozia-
  15   der wirtschaftlichen und sozialen Folgen dieses Vorge-     len und wirtschaftlichen Folgen. Bislang haben wir vie-
 16    hens zum anderen. Wir sehen: Wir haben es bislang ge-      les gemeinsam, oft solidarisch und in kürzester Zeit ge-
  17   meinsam und oft solidarisch geschafft – doch die Aus-      schafft. Doch wir sehen auch, dass die Auswirkungen
 18    wirkungen und Herausforderungen wirken stark unter-        der Pandemie und die daraus resultierenden Herausfor-
 19    schiedlich auf Branchen, Beschäftige, Wirtschaftszwei-     derungen sehr unterschiedlich auf Beschäftigte, Fami-
 20    ge, Familien, unser Bildungs- und Gesundheitssystem.       lien, unser Bildungs und Gesundheitssystem, auf Bran-
  21                                                              chen und Wirtschaftszweige wirken.
 22    Deutschland und Nordrhein-Westfalen waren binnen
 23    weniger Tage nicht mehr wiederzuerkennen: Schulen          Deutschland und damit auch Nordrhein-Westfalen wa-
 24    und Kitas blieben geschlossen, Geschäfte und Restau-       ren seit März 2020 binnen weniger Tage nicht mehr wie-
 25    rants ebenfalls, die Fußballstadien waren verwaist, Ur-    derzuerkennen: Schulen und Kitas blieben geschlossen,
 26    laubsreisen verboten, selbst das Treffen mit Familie       Geschäfte und Restaurants ebenfalls, die Fußballstadi-
 27    und Freunden untersagt. Gesellschaft und Staat haben       en verwaist, Urlaubsreisen abgesagt, selbst Treffen mit
 28    schnell und beherzt reagiert– doch Verunsicherungen        Familie und Freunden massiv eingeschränkt. Diese, teil-
 29    entstanden durch unterschiedliches Vorgehen in den         weise massiven Grundrechtseingriffe haben wir im Lau-
 30    Ländern und widersprüchliche Kommunikation. In ei-         fe des Jahres 2020 und bis in den Februar 2021 immer
  31   ner Krise sind Orientierung, Klarheit und Zusammen-        wieder erleben müssen vom Lockdown in die Lockerun-
 32    halt gefragt wie nie. Unser Sozialstaat hat sich bewie-    gen und umgekehrt.
 33    sen: Durch die richtigen politischen Weichenstellungen     Es hat sich zum einen deutlich gezeigt, wie wichtig
 34    kann Massenarbeitslosigkeit durch Kurzarbeit verhin-       ein funktionierender solidarischer Sozialstaat ist. Durch
 35    dert werden und Ressourcen für ein zuvor schon belas-      die richtigen politischen Weichenstellungen kann Mas-
 36    tetes Gesundheitssystem bereitgestellt werden, um nur      senarbeitslosigkeit durch Kurzarbeit verhindert werden
 37    zwei Beispiele zu nennen.                                  und durch die Bereitstellung von finanziellen Ressour-
 38                                                               cen ein schon zuvor belastetes Gesundheitssystem der
 39    Umgehend wurden Soforthilfen beschlossen, um Exis-         Druck gemildert werden, um nur zwei Beispiele zu nen-
 40    tenzen zu sichern. Und um der Wirtschaft einen kräfti-     nen.
 41    gen Schub zu geben, haben wir im Bund ein Konjunk-         Durch den vehementen Einsatz unserer Bundesvorsit-
 42    turprogramm beschlossen, das sozial gerecht ist – und      zenden, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans so-
 43    unser Land auch ökologisch nach vorne bringt. Ein Pro-     wie durch die Beharrlichkeit unseres Bundesfinanzmi-
 44    gramm für Familien, für Kommunen, für Auszubildende,       nisters und Spitzenkandidaten Olaf Scholz konnten wir
 45    für kleine und mittelständische Unternehmen, für die       im Bund ein Konjunkturprogramm beschließen, das so-
 46    Kultur und die Umwelt. Doch es bleibt auch die Erkennt-    ziale Härten abfedert und unser Land auch ökologisch
 47    nis, dass es nach der Corona-Pandemie nicht wieder so      nach vorne bringt. Ein Programm für Familien, für Kom-
 48    sein wird wie zuvor. Die Pandemie wird ein Ende finden,     munen, für Auszubildende, für kleine und mittelständi-
 49    aber unseren Alltag, die Arbeit und das Leben auf Dauer    sche Unternehmen, für die Kultur und Klima.
 50    verändern. Die zentralen Fragen rücken wir in den Mit-     Die Corona Pandemie wird ihr Ende finden; auch durch
  51   telpunkt. Was wollen wir zum Besseren verändern und        die hoffentlich bald einsetzenden, flächendeckenden
 52    damit die Frage aus Sicht der Sozialdemokratie beant-      Impfungen. Was allerdings bleiben sollte, ist das Be-
 53    worten: Wie geht es für NRW weiter?                        wusstsein, dass sich in vielen gesellschaftlichen Berei-
 54                                                               chen bereits jetzt, aber auch langfristig nach Beendi-

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  55    Auch wir müssen die Lehren aus der Corona-Pandemie          gung der Pandemie etwas verändern muss. Ein einfa-
  56    ziehen. Die gesamte öffentliche Daseinsvorsorge, das        ches „Zurück“ darf es nicht geben. Die NRWSPD ist dazu
  57    Gesundheitswesen, Altenpflege, Wirtschaft und Be-            bereit. Wir geben Orientierung und rücken die zentralen
  58    schäftigte, Bildung, Familien und Kommunen – alle ha-       Fragen in den Mittelpunkt.
  59    ben sich bewiesen, haben ihr Stärken gezeigt. NRW ist       So hilfreich die Soforthilfeprogramme waren und sind,
 60     zusammengerückt, ist solidarisch. Doch auch Schwach-        so stark sich die Solidarität der Menschen nicht nur im
  61    stellen und Versäumnisse haben sich gezeigt: Teils sind     Gesundheitsbereich, in der Altenpflege, in den kommu-
  62    diese Schwachstellen neu, aber in vielen Bereichen          nalen Behörden, dem Einzelhandel oder Gastronomie,
  63    wirkt die Pandemie wie ein Brennglas und zeigt dras-        im Bildungsbereich und insbesondere in den Familien
 64     tisch, wo wir Probleme haben liegen lassen. Das war         gezeigt hat, dürfen die finanziellen Hilfen und der Ap-
  65    und ist fahrlässig und teils gefährlich.                    plaus nicht weiße Salbe zum Überdecken der grund-
 66                                                                 sätzlichen strukturellen Probleme sein. Vielmehr müs-
  67    Mit fast 18 Millionen Menschen ist NRW das bevölke-         sen wir die Pandemie auch als Weckruf begreifen, um
 68     rungsreichste Bundesland. Wir können und wir werden         Lehren aus dem Bisherigen zu ziehen, neue Ideen zu
 69     Vorbild sein – in Deutschland, aber auch für Europa. Wir    entwickeln und diese dann auch mutig durchsetzen.
  70    wollen die Probleme anpacken. Wir bezeichnen uns ger-
   71   ne als die Weltmeister des Strukturwandels – das wer-       Mit fast 18 Millionen Menschen ist NRW das bevölke-
  72    den wir nun erneut unter Beweis stellen. Diese Umbrü-       rungsreichste Bundesland. Wir können und wir werden
  73    che erfahren nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie        Vorbild sein – in Deutschland, aber auch für Europa. Wir
  74    eine Beschleunigung und stellen in der Kombination          wollen die Probleme anpacken. Wir bezeichnen uns ger-
  75    mit der Pandemie einen zusätzlichen Stresstest dar.         ne als die Weltmeister des Strukturwandels – das wer-
  76                                                                den wir nun erneut unter Beweis stellen.
  77    Deshalb braucht es einen Solidarpakt Zukunft für NRW.
  78    Die NRWSPD hat gemeinsam mit VertreterInnen aus             Deshalb braucht es einen Solidarpakt Zukunft für NRW.
  79    ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen –       Die NRWSPD hat gemeinsam mit VertreterInnen aus
 80     Partei, Wissenschaft, Wirtschaft, Gewerkschaften und        ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen –
  81    Zivilgesellschaft – Ideen entwickelt, um die richtigen      Partei, Wissenschaft, Wirtschaft, Gewerkschaften und
  82    Lehren aus der Pandemie zu ziehen. Wir haben Lösun-         Zivilgesellschaft – Ideen entwickelt, um die richtigen
  83    gen formuliert. Kein leichter, sondern ein anspruchs-       Lehren aus der Pandemie zu ziehen und Perspektiven
  84    voller Weg. Wir wollen in unser Land investieren. Aber      zu geben. Wir haben Lösungen formuliert. Wir wol-
  85    diese Investitionen müssen sich daran messen lassen,        len in unser Land investieren. Diese Investitionen müs-
  86    zukunftstauglich zu sein. Wir wollen Fortschritt – und      sen sich daran messen lassen, zukunftstauglich zu sein.
  87    der ist ökologisch, aber vor allem sozial gerecht. Dabei    Wir wollen Fortschritt – der ökologisch, aber vor al-
  88    setzen wir auf ein solidarisches Miteinander: wir wol-      lem sozial gerecht ist. Dabei setzen wir auf ein solida-
 89     len die unterschiedlichen Regionen und Teile der Gesell-    risches Miteinander- auch und gerade weil Nordrhein-
 90     schaft zusammenhalten, indem wir allen eine gute Per-       Westfalen so unterschiedlich und vielfältig ist: wir wol-
  91    spektive bieten. So schaffen wir Sicherheit im Wandel       len die unterschiedlichen Regionen und Teile der Gesell-
  92    und Akzeptanz in der Bevölkerung. Das ist der Solidar-      schaft zusammenhalten, indem wir allen Perspektiven
  93    pakt Zukunft für NRW.                                       bieten. Wir schaffen Sicherheit im Wandel.
 94
  95    Verlässliche Bildungspolitik mit Zukunft                    Verlässliche Bildungspolitik mit Zukunft
 96
  97    Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die Digitalisie-      Fast 3 Millionen Kinder leben in NRW – Tendenz stei-
 98     rung im Bildungswesen kein Selbstzweck ist. Sie hat das     gend. Rund 620.000 Mädchen und Jungen unter sechs
 99     Lernen auf Distanz ermöglicht. Doch auch abseits von        Jahren werden in NRW in Kindertageseinrichtung be-
100     Corona liegen große Potenziale in der Digitalisierung.      treut. Jährlich absolvierten rund 300.000 – zumeist jun-
 101    Sie ermöglicht mehr Teilhabe und Chancengleichheit. Es      ge – Menschen in NRW eine duale Ausbildung. Und an
102     ist unser Kernanliegen, dass alle Kinder und Jugendliche    den NRW-Hochschulen sind etwa 768.000 Studierende
103     davon profitieren.                                           eingeschrieben. Sie sind die Zukunft von NRW und sie
104                                                                 alle verdienen beste Bildung.
105     Fast 3 Millionen Kinder lebten in NRW. Und es werden
106     mehr, die Geburtenrate steigt, 2019 wurden in NRW           Auf beste Bildung müssen Kinder und Jugendliche auch
107     knapp 170.000 Kinder geboren. Daher wird auch ab-           in der Krise vertrauen dürfen. Dafür setzen wir ihren Er-
108     sehbar die Zahl der SchülerInnen an den NRW-Schulen         folg an erste Stelle und hören ihnen zu. Denn es braucht
109     deutlich steigen. Rund 620.000 Mädchen und Jungen           gute Kommunikation, schlüssige Handlungsanweisun-
 110    unter sechs Jahren werden in NRW in Kindertagesein-         gen und verlässliche Perspektiven. Die schwarz-gelbe
  111   richtung betreut – Tendenz steigend. Jährlich absolvier-    Landesregierung führt schmerzlich vor Augen, wie Ver-
 112    ten rund 300.000 – zumeist junge – Menschen in NRW          trauen bei Kindern, Jugendlichen, Eltern, Schulleitun-
 113    eine duale Ausbildung. Und an den NRW-Hochschulen           gen und Lehr-Personal verspielt wird. Anstatt Chaos zu

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 114    sind etwa 768.000 Studierende eingeschrieben. Sie sind        stiften, muss die Landesregierung die vielen engagier-
 115    das Potenzial von NRW und sie alle verdienen beste Bil-       ten Schulleitungen, Eltern, LehrerInnen, Sozialarbeite-
 116    dung.                                                         rInnen und SchülerInnen endlich bestmöglich unter-
 117                                                                  stützen und anerkennen, dass dieses Schuljahr eben
 118    Knapp jede/jeder fünfte Minderjährige in NRW lebt je-         kein normales ist.
 119    doch in einer Familie, die aus eigenen Kräften nicht in
120     der Lage ist, für den gemeinsamen Lebensunterhalt zu          Die Corona-Pandemie hat auch gezeigt, dass die Digi-
 121    sorgen. Sie leben in Armut oder sind von ihr bedroht.         talisierung im Bildungsbereich kein Selbstzweck ist. Sie
122     Weder die soziale oder kulturelle Herkunft noch die Fi-       hat das Lernen auf Distanz an vielen Orten, aber längst
123     nanzkraft der Eltern dürfen jedoch nicht über die Bil-        nicht allen ermöglicht. Doch auch abseits von Corona
124     dungschancen von Kindern und Jugendlichen entschei-           liegen große Potenziale in der Digitalisierung. Sie er-
 125    den.                                                          möglicht mehr Teilhabe und Chancengleichheit. Es ist
126                                                                   unser Kernanliegen, dass alle Kinder und Jugendliche
 127    Wir wollen Chancengleichheit und dazu gehört auch,            davon profitieren.
128     dass alle Kinder und Jugendliche von der Digitalisierung
129     profitieren. Wir müssen Kinder, Jugendliche und Bil-           Denn knapp jede/jeder fünfte Minderjährige in NRW
130     dungseinrichtungen entsprechend ausstatten. Die digi-         lebt in einer Familie, die aus eigenen Kräften nicht in der
 131    tale Bildungsagenda braucht einen echten politischen          Lage ist, für den gemeinsamen Lebensunterhalt zu sor-
 132    Aufbruch.                                                     gen. Sie leben in Armut oder sind von ihr bedroht. Weder
 133                                                                  die soziale Herkunft noch die Finanzkraft der Eltern dür-
134      • Wir brauchen eine Gesamtstrategie für die Digita-          fen über die Bildungschancen von Kindern und Jugend-
 135       lisierung im Bildungswesen. Sie muss bei der frü-          lichen entscheiden. Wir wollen, dass jede und jeder alles
136        hen Bildung ansetzen und über allgemeine- und be-          aus seinem oder ihrem Leben machen kann.
 137       rufsbildende Schulen sowie Ausbildung bis zu den
138        Hochschulen gehen.                                         Wir wollen Chancengleichheit und dazu gehört auch,
139                                                                   dass alle Kinder und Jugendliche von der Digitalisierung
140     Verlässliche Bildungspolitik mit Zukunft S. 6                 profitieren. Wir müssen Kinder, Jugendliche und Bil-
 141                                                                  dungseinrichtungen entsprechend ausstatten. Die digi-
142     Neue Wirtschaftskraft durch solidarischen Fortschritt         tale Bildungsagenda braucht einen echten politischen
143                                                                   Aufbruch.
144     Mehr als ein Fünftel aller Erwerbstätigen in Deutsch-
145     land, rund 9,6 Millionen Menschen, sind in NRW be-             • NRW braucht jetzt schnell einen Neustart im Bil-
146     schäftigt. Sie haben im Jahr 2019 Güter und Dienst-              dungsbereich. Dieses Schuljahr ist kein normales
 147    leistungen mit einem Wert von mehr als 710 Milliar-              Schuljahr. Wir brauchen eine transparente und um-
148     den Euro produziert. Das sind rund 21 Prozent der ge-            fassende Öffnungsstrategie für die Wiederaufnah-
149     samten deutschen Wirtschaftsleistung. 10 der 30 DAX-             me des Präsenzunterrichts und für den Schulbetrieb
150     Unternehmen haben ihren Firmensitz in NRW. Damit ist             im Schuljahr 2020/21 und 2021/22.
  151   NRW nicht nur der Motor innerhalb Deutschlands, son-           • Wir brauchen eine Gesamtstrategie für die Digita-
 152    dern auch innerhalb Europas ein echtes Schwergewicht.            lisierung im Bildungswesen. Sie muss bei der frü-
 153                                                                     hen Bildung ansetzen und über allgemeine- und be-
154     Und NRW soll Schwergewicht bleiben. Doch dafür müs-              rufsbildende Schulen sowie Ausbildung bis zu den
 155    sen wir investieren. Bereits vor der Pandemie war die            Hochschulen gehen.
156     NRW-Industrie in keiner guten Verfassung. Die Globali-
 157    sierung, Handelsstreitigkeiten und der Brexit haben uns       Verlässliche Bildungspolitik mit Zukunft S.7
158     zugesetzt. Gleichzeitig stecken wir durch den Klima-
159     wandel mitten im Umbau der Wirtschaft. Vor diesem             Neue Wirtschaftskraft durch solidarischen Fortschritt
160     Hintergrund treffen uns die wirtschaftlichen Folgen der
 161    Pandemie besonders schwer. Unternehmen, die bisher            Mehr als ein Fünftel aller Erwerbstätigen in Deutsch-
162     in Schwierigkeiten steckten, ringend jetzt um Luft. Aus       land, rund 9,6 Millionen Menschen, sind in NRW be-
163     Handlungsdruck wird nun echter Zeitdruck.                     schäftigt. Sie haben im Jahr 2019 Güter und Dienst-
164                                                                   leistungen mit einem Wert von mehr als 710 Milliar-
165     Wir wollen dieser Herausforderung durch Fortschritt           den Euro produziert. Das sind rund 21 Prozent der ge-
166     begegnen. Im Angesicht der Lage sind für uns „ver-            samten deutschen Wirtschaftsleistung. 10 der 30 DAX-
167     walten“ oder gar „aussitzen“ keine Optionen. Der Fort-        Unternehmen haben ihren Firmensitz in NRW. Damit ist
168     schritt ist ökologisch – aber vor allem sozial. Daher müs-    NRW nicht nur der Motor innerhalb Deutschlands, son-
169     sen wir jetzt in Zukunftstechnologien und in die dafür        dern auch innerhalb Europas ein echtes Schwergewicht.
170     nötige Infrastruktur investieren. Nur so werden wir die
 171    Herausforderungen der Energiewende und der digita-            Und NRW soll Schwergewicht bleiben. Doch dafür müs-
 172    len Revolution meistern. Wir wollen unsere Wirtschaft         sen wir investieren. Bereits vor der Pandemie war die

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ORDENTLICHER LANDESPARTEITAG AM 06.03.2021

 173   wieder in Gang zu bringen und die Rezession überwin-         NRW-Industrie in keiner guten Verfassung. Die Globa-
 174   den. Wir sind bereit, massiv in den Wirtschaftsstandort      lisierung, Handelsstreitigkeiten und der Brexit haben
 175   NRW und seine Beschäftigten zu investieren.                  der Wirtschaftskraft zugesetzt. Gleichzeitig steht der
 176                                                                Wirtschaftsbereich durch den Klimawandel in großen
 177    • Für die Sozialdemokratie müssen Investitionen in          Umbauprozessen. Vor diesem Hintergrund treffen uns
 178      den Wirtschaftsstandort NRW drei Kriterien erfül-         die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie besonders
179       len: wir wollen ökonomischen, ökologischen und            schwer. Unternehmen, die bisher in Schwierigkeiten
180       sozialen Fortschritt.                                     steckten, ringend jetzt um Luft. Aus Handlungsdruck
 181                                                                wird nun echter Zeitdruck.
182    NRW: Neue Wirtschaftskraft durch solidarischen Fort-
183    schritt S. 15                                                Wir wollen dieser Herausforderung durch Fortschritt
184                                                                 begegnen. Im Angesicht der Lage sind für uns „ver-
 185   NRW ist Industrieland und soll es bleiben. Wir sehen die     walten“ oder gar „aussitzen“ keine Optionen. Der Fort-
186    Industrie als einen unverzichtbaren Kernunserer Wirt-        schritt ist ökologisch – aber vor allem sozial. Daher müs-
 187   schaft an, ohne deren Wertschöpfung und Produktion           sen wir jetzt in Zukunftstechnologien und in die dafür
188    wir nicht krisenfest und zukunftsfähig sein können. In       nötige Infrastruktur investieren. Nur so werden wir die
189    unserem Antrag „Social Green Deal – nachhaltige Indus-       Herausforderungen der Energiewende und der digita-
190    trie als Grundlage für sozialen, demokratischem und öko-     len Revolution meistern. Wir wollen unsere Wirtschaft
 191   logischen Fortschritt“ machen wir daher deutlich, wel-       wieder in Gang zu bringen und die Rezession überwin-
192    che Vorstellungen die Sozialdemokratie für eine aktive       den. Wir sind bereit, massiv in den Wirtschaftsstand-
193    und nachhaltige Industriepolitik hat.                        ort NRW zu investieren; diese Investitionen müssen und
194                                                                 werden auch den Beschäftigten zu Gute kommen.
195    „Social Green Deal“ Antragsbuch St-01
196                                                                  • Für die Sozialdemokratie müssen Investitionen in
197    Gesundheit und Pflege: Es braucht mehr Solidarität im            den Wirtschaftsstandort NRW drei Kriterien erfül-
198    System                                                          len: wir wollen ökonomischen, ökologischen und
199                                                                    sozialen Fortschritt.
200    Die Grundlage dieses Erfolgs, das hat uns die Pandemie
201    vor Augen geführt, ist ein verlässliches Gesundheits-        NRW: Neue Wirtschaftskraft durch solidarischen Fort-
202    und Pflegewesen. In NRW leben rund 770.000 pflege-             schritt S. 19
203    bedürftige Menschen. Rund drei Viertel von ihnen wer-
204    den zu Hause versorgt. Jährlich werden in den NRW-           NRW ist Industrieland und soll es bleiben. Wir sehen die
205    Krankenhäusern rund 4,5 Millionen PatientInnen ver-          Industrie als einen unverzichtbaren Kern unserer Wirt-
206    sorgt. In fast allen Bereichen des Gesundheits- und          schaft an, ohne deren Produktion und Wertschöpfung
207    Pflegewesens steigen die Kennziffern, die Nachfrage           wir nicht krisenfest und zukunftsfähig sein können. In
208    ist groß. Die Versorgung stellen in NRW rund 1,3 Mil-        unserem Antrag „Social Green Deal – nachhaltige Indus-
209    lionen Beschäftigte sicher – so viele Menschen sind          trie als Grundlage für sozialen, demokratischem und öko-
210    in Gesundheitswesen und -wirtschaft tätig. Etwa je-          logischen Fortschritt“ machen wir daher deutlich, wel-
 211   de/jeder siebte Erwerbstätige in NRW arbeitet dort. In-      che Vorstellungen die Sozialdemokratie für eine nach-
 212   zwischen wird dort sogar knapp ein Zehntel der NRW-          haltige Industriepolitik hat.
 213   Wirtschaftsleistung erbracht.
214                                                                 „Social Green Deal“ Antragsbuch St-01
 215   Unsere Gesundheits- und Altenpflege wird durch die
216    Corona-Pandemie jedoch auf eine harte Probe gestellt,        Gesundheit und Pflege: Es braucht mehr Solidarität im
 217   insbesondere die Beschäftigten – sie tragen die Last.        System
218    Seit geraumen Zeit erleben wir, dass oft das gemacht
219    wird, was sich finanziell rechnet. Leidtragende sind Pa-      NRW verdient ein verlässliches Gesundheits- und Pfle-
220    tientInnen und Personal. Die Pandemie zeigt, dass es         gewesen. Rund 965.00 pflegebedürftige Menschen so-
 221   ein gefährliches Spiel ist, wenn wir zentrale Systeme der    wie deren Angehörige zählen darauf. Vier von fünf
222    Daseinsvorsoge auf Kante nähen.                              Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt. Jährlich
223                                                                 werden in den NRW-Krankenhäusern rund 4,7 Millio-
224    Das Handeln im Gesundheitswesen muss sich daher              nen PatientInnen versorgt. In fast allen Bereichen des
225    wieder daran ausrichten, was medizinisch erforderlich        Gesundheits- und Pflegewesens steigen die Kennzif-
226    und sinnvoll ist. Notwendig sind vor allem verlässliche      fern, die Nachfrage ist groß. Die Versorgung stellen in
227    Finanzierungsgrundlagen, mehr öffentliche Investitio-        NRW rund 1,3 Millionen Beschäftigte sicher – so viele
228    nen und der Schutz vor internationalen Kapitalinteres-       Menschen sind in Gesundheitswesen und -wirtschaft
229    sen. Der Sozialstaat muss wieder mehr Einfluss nehmen         tätig. Etwa jede/jeder siebte Erwerbstätige in NRW ar-
230    und seine Verantwortung auch finanziell untermauern.          beitet dort. Inzwischen wird dort sogar knapp ein Zehn-
 231   Die Bürgerversicherung ist nur ein Baustein dieser Poli-     tel der NRW-Wirtschaftsleistung erbracht.

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232    tik.
233                                                                 Unsere Gesundheits- und Altenpflege wird durch die
234      • Nur eine auskömmliche Finanzierung des                   Corona-Pandemie jedoch auf eine harte Probe gestellt,
235        Gesundheits- und Pflegewesens wird Löhne,                 insbesondere die Beschäftigten – sie tragen die Last.
236        Arbeitsbedingungen und damit auch die Qualität           Seit geraumen Zeit erleben wir, dass oft das gemacht
237        nachhaltig verbessern.                                   wird, was sich finanziell rechnet. Leidtragende sind Pa-
238                                                                 tientInnen und Personal. Die Pandemie zeigt, dass es
239    Gesundheit und Pflege: Es braucht mehr Solidarität im        ein gefährliches Spiel ist, wenn wir zentrale Systeme der
240    System S.24                                                  Daseinsvorsoge auf Kante nähen. Die Pflege von und
241                                                                 die Gesundheit von Menschen darf nicht länger rendi-
242    Für Kommunen mit Zukunft – Volles Leben statt leerer         teorientiert sein, sondern muss sich an der Qualität und
243    Kassen                                                       nicht an den Kosten messen lassen.
244
245    Für uns ist klar: Zukunft wird vor Ort entschieden. Wirk-    Das Handeln im Gesundheitswesen muss sich daher
246    samer Klimaschutz, ökologische Verkehrswende, kon-           wieder daran ausrichten, was medizinisch erforderlich
247    sequente Digitalisierung, gute Arbeitsplätze, beste Bil-     und sinnvoll ist. Notwendig sind vor allem verlässliche
248    dung, befriedigende Gesundheits- und Pflegeversor-            Finanzierungsgrundlagen, mehr öffentliche Investitio-
249    gung, verlässliche Kinderbetreuung und starke Wirt-          nen und der Schutz vor internationalen Kapitalinteres-
250    schaftsförderung – all das und noch viel mehr leisten        sen. Der Sozialstaat muss wieder mehr Einfluss nehmen
 251   unsere Kommunen. Sie setzen Politik um, investieren in       und seine Verantwortung auch finanziell untermauern.
252    Zukunft und machen Politik erlebbar. Das gelingt jedoch      Die Bürgerversicherung ist nur ein Baustein zu diesem
253    nur, wenn Kommunen auch das nötige Geld haben.               Ziel.
254
255    NRW ist ein Land mit großen Stärken und vielen Erfol-         • Nur eine auskömmliche Finanzierung des
256    gen. Es ist aber auch ein Land sozialer und ökonomi-            Gesundheits- und Pflegewesens wird Löhne,
257    scher Unterschiede – bereits vor Corona. Es gibt Städ-          Arbeitsbedingungen und damit auch die Qualität
258    te, die wachsen, und Städte, die schrumpfen. Es gibt            nachhaltig verbessern.
259    ländliche Räume, die prosperieren, und ländliche Räu-
260    me, deren Einwohnerzahlen sinken. Boom-Regionen              Gesundheit und Pflege: Es braucht mehr Solidarität im
261    mit Vollbeschäftigung grenzen an strukturschwache            System S. 28
262    Regionen, die gegen Langzeitarbeitslosigkeit und sozia-
263    le Ungleichheit zu kämpfen haben.                            Für Kommunen mit Zukunft – Volles Leben statt leerer
264                                                                 Kassen
265    Viele Kommunalhaushalte sind nun durch Corona ins
266    Wanken geraten, die Pandemie hat massive finanzielle          Für uns ist klar: Zukunft wird vor Ort entschieden. Wirk-
267    Folgen. Es trifft besonders die Schwachen. Unsere Kom-       samer Klimaschutz, ökologische Verkehrswende, kon-
268    munen brauchen daher dringende Unterstützung aus             sequente Digitalisierung, gute Arbeitsplätze, beste Bil-
269    Bund und Land – mehr denn je und das sofort. Die NRW-        dung, befriedigende Gesundheits- und Pflegeversor-
270    SPD steht in diesem Kampf an der Seite der Kommunen.         gung, verlässliche Kinderbetreuung und starke Wirt-
 271                                                                schaftsförderung – all das und noch viel mehr leis-
272      • Die ungleichen Lebensverhältnisse, die wir heute in      ten die kommunalpolitisch Verantwortlichen in unse-
273        NRW erleben, sind das Ergebnis ungleicher Vertei-        ren Gemeinden, Städten und Kreisen. Sie setzen Politik
274        lung. Vielerorts fehlt das Geld. Daher fordern wir:      um, investieren in Zukunft und machen Politik erlebbar.
275        Ungleiches auch ungleich behandeln!                      Das gelingt jedoch nur, wenn Gemeinden, Städte und
276                                                                 Kreise in NRW auch das nötige Geld haben.
277    Für Kommunen mit Zukunft – Volles Leben statt leere Kas-
278    sen S.37                                                     NRW ist ein Land mit großen Stärken und vielen Erfol-
279                                                                 gen. Es ist aber auch ein Land sozialer und ökonomi-
280    Die Basis: Ein handlungsfähiger und solidarischer Sozi-      scher Unterschiede – bereits vor Corona. Es gibt Städ-
281    alstaat                                                      te, die wachsen, und Städte, die schrumpfen. Es gibt
282                                                                 ländliche Räume, die prosperieren, und ländliche Räu-
283    Entscheidend ist, dass wir den Staat wieder als Ak-          me, deren Einwohnerzahlen sinken. Boom-Regionen
284    teur begreifen, der den Alltag aller BürgerInnen besser      mit Vollbeschäftigung grenzen an strukturschwache
285    macht und jedem Menschen die gleichen Chancen für            Regionen, die gegen Langzeitarbeitslosigkeit und sozia-
286    ein gutes und gelingendes Leben bietet. Was wir brau-        le Ungleichheit zu kämpfen haben.
287    chen, ist ein handlungsfähiger Staat. Und wir wollen,
288    dass der Grundsatz wieder gilt: Starke Schultern tragen      Viele Kommunalhaushalte sind nun durch Corona ins
289    mehr als Schwache. Denn nur mit Solidarität wird es ge-      Wanken geraten, die Pandemie hat massive finanzielle
290    lingen, Fortschritt für alle Menschen in NRW zu errei-       Folgen. Es trifft besonders die Schwachen. Unsere Kom-

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291    chen.                                                         munen brauchen daher dringende Unterstützung aus
292                                                                  Bund und Land – mehr denn je und das sofort. Die NRW-
293    Für einen handlungsfähigen Staat müssen sich alle soli-       SPD steht in diesem Kampf an der Seite derer, die in
294    darisch an der Finanzierung unseres Zusammenlebens            den Gemeinden, Städten und Kreisen Verantwortung
295    beteiligen. Mit uns haben Steuertrickserei, Steuerbe-         tragen.
296    trug und Steuerraub in NRW keine Zukunft. Im Bund
297    braucht es eine Vermögensteuer und eine Reform der             • Ungleiches auch ungleich behandeln: Die Tendenz
298    Erbschaftssteuer. Die zehn Prozent der höchsten Ein-             in der Gemeindefinanzierung, die finanzkraftunab-
299    kommensbezieherInnen müssen wieder mehr in die                   hängigen Pauschalen zulasten der finanzkraftab-
300    Verantwortung genommen werden. Auch Kapitalerträ-                hängigen Schlüsselzuweisungen zu erhöhen, muss
301    ge müssen dabei Berücksichtigung finden. Über eine Di-            rückgängig gemacht werden.
302    gitalsteuer wollen wir auch digitale Großkonzerne wie
303    Amazon und Google in die selbstverständliche Steuer-          Für Kommunen mit Zukunft – Volles Leben statt leere Kas-
304    pflicht nehmen.                                                sen S. 42
305
306    So wird der Staatwieder in der Lage sein, für gleichen        Die Basis: Ein handlungsfähiger und solidarischer Sozi-
307    und gerechten Zugang zu Bildung und Arbeit zu sor-            alstaat
308    gen, er wird dafür sorgen können, dass genügend be-
309    zahlbare Wohnungen gebaut werden und endlich die              Entscheidend ist, dass wir den Staat wieder als Ak-
310    vielerorts verrottete Infrastruktur wieder repariert wird:    teur begreifen, der den Alltag aller BürgerInnen bes-
 311   Schulen, Schwimmbäder, Brücken, Straßen, Schienen,            ser macht und jedem Menschen die gleichen Chan-
 312   das heißt Daseinsvorsorge, Mobilität und Gigabit für al-      cen für gelingendes Leben bietet. Was wir brauchen, ist
 313   le – in Stadt und Land, an jeder Milchkanne.                  ein handlungsfähiger Staat. Und wir wollen, dass der
314                                                                  Grundsatz wieder gilt: Starke Schultern tragen mehr als
 315   So schreiben wir einen neuen, modernen, zuversicht-           Schwache. Denn nur mit Zusammenhalt wird es gelin-
316    lichen und sozial gerechten Entwurf für die Zukunft           gen, Fortschritt für alle Menschen in NRW zu erreichen.
 317   unseres Landes. Dabei orientieren wir uns an einem
318    Gesellschafts- und Menschenbild, das anerkennt, dass          Für einen handlungsfähigen Staat müssen sich alle soli-
319    Freiheit für jede Einzelne und jeden Einzelnen nur durch      darisch an der Finanzierung unseres Zusammenlebens
320    die Solidarität aller möglich ist.                            beteiligen. Mit uns haben Steuertrickserei, Steuerbe-
 321                                                                 trug und Steuerraub in NRW keine Zukunft. Im Bund
322    Das ist der Solidarpakt Zukunft.                              braucht es eine Vermögensteuer und eine Reform der
323                                                                  Erbschaftssteuer. Denn wir wollen, dass Multimillionä-
324    Verlässliche Bildungspolitik mit Zukunft                      rInnen wieder mehr in die Verantwortung genommen
325                                                                  werden und mehr Steuern zahlen. Auch Kapitalerträge
326    Die soziale oder kulturelle Herkunft der Eltern darf nicht    müssen dabei Berücksichtigung finden. Über eine Digi-
327    über die Bildungschancen von Kindern, Jugendlichen            talsteuer wollen wir zudem digitale Großkonzerne wie
328    und jungen Erwachsenen entscheiden. Dass unsere Kin-          Amazon und Google in die selbstverständliche Steuer-
329    der es einmal besser als wir selbst haben sollen, ist das     pflicht nehmen.
330    Ziel sozialdemokratischer Politik. Bildung im gesamten
 331   Lebensverlauf muss kostenfrei sein – diese Forderung          Vor dem Hintergrund ungleicher Vermögensverteilung
332    wird durch die Corona-Krise nicht außer Kraft gesetzt. In     nehmen wir bei der Finanzierung der krisenbedingen
333    Nordrhein-Westfalen muss wieder gelten und das ohne           Kosten besonders Vermögende in die Pflicht. Wir for-
334    Ausnahme: kein Kind zurücklassen!                             dern eine einmalige, krisenbedingte Vermögensabgabe
335                                                                  für sehr hohe Vermögen.
336    Das NRW-Bildungschaos im Jahr 2020 darf sich nicht
337    wiederholen. Dies ist zwar in erster Linie die Schuld ver-    So wird der Staat wieder in der Lage sein, für gleichen
338    fehlter schwarz-gelber Landespolitik, die Lehre ist aber      und gerechten Zugang zu Bildung, Gesundheit und Ar-
339    auch, dass es im Krisenfall ein Gesundheitsschutzkon-         beit zu sorgen, er wird dafür sorgen können, dass genü-
340    zept braucht.                                                 gend bezahlbare Wohnungen gebaut werden und end-
341                                                                  lich die vielerorts verrottete Infrastruktur wieder repa-
342    Unsere Position:                                              riert wird: Schulen, Schwimmbäder, Brücken, Straßen,
343                                                                  Schienen, das heißt Daseinsvorsorge, Mobilität und Gi-
344     • NRW braucht ein Gesundheitsschutzkonzept für               gabit für alle – in Stadt und Land, an jeder Milchkanne.
345       das Bildungswesen. Kinder, Familien, Bildungsträ-
346       ger und Personal brauchen Verlässlichkeit in der Kri-      So schreiben wir einen neuen, modernen, zuversicht-
347       se. Ein solches Konzept erfordert die Evaluation des       lichen und sozial gerechten Entwurf für die Zukunft
348       Bildungsjahres 2020 und muss darauf aufbauen.              unseres Landes. Dabei orientieren wir uns an einem
349     • Es braucht zeitnah einen Schulgipfel, um gemeinsa-         Gesellschafts- und Menschenbild, das anerkennt, dass

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350         me Meilensteine für das Bildungssystem in NRW zu       Freiheit für jede Einzelne und jeden Einzelnen nur durch
 351        entwickeln. Hier müssen das Parlament, die kom-        die Solidarität aller möglich ist.
352         munalen Spitzenverbände, die Lehrerverbände, die
353         LandesschülerInnenvertretung und die Elternver-        Das ist der Solidarpakt Zukunft.
354         bände vertreten sein.
355     •   Wir brauchen eine Gesamtstrategie für die Digita-      Verlässliche Bildungspolitik mit Zukunft
356         lisierung im Bildungswesen. Sie muss bei der frü-
357         hen Bildung ansetzen und über allgemeine und be-       Die soziale Herkunft der Eltern darf nicht über die Bil-
358         rufsbildende Schulen sowie Ausbildung bis zu den       dungschancen von Kindern, Jugendlichen und jungen
359         Hochschulen gehen.                                     Erwachsenen entscheiden. Dass unsere Kinder es ein-
360     •   Die Digitalisierung im Bildungsbereich soll durch      mal besser als wir selbst haben sollen, ist das Ziel sozi-
361         einen Digitalpakt 2.0 gesichert werden. Dieser er-     aldemokratischer Politik. Bildung im gesamten Lebens-
362         möglicht zusätzliches Fachpersonal, finanziert die      verlauf muss kostenfrei sein – diese Forderung wird
363         Fortbildungen für die PäadagogInnen und gewähr-        durch die Corona-Krise nicht außer Kraft gesetzt, viel-
364         leistet die Versorgung mit leistungsfähigen Inter-     mehr hat sich die Dringlichkeit der Erfüllung der For-
365         netzugängen und kostenfreien Endgeräten.               derung verschärft. Es zeigt sich, dass die Forderungen,
366     •   Lernprogramme und vor allem Programme, die             die wir 2019 unter der Überschrift „Aufstieg durch Bil-
367         zur direkten Kommunikation dienen, müssen wei-         dung“ beschlossen haben, richtig sind. In Nordrhein-
368         terentwickelt und in allen Bildungsreinrichtungen      Westfalen muss wieder gelten und das ohne Ausnah-
369         zum Standard werden.                                   me: kein Kind zurücklassen!
370     •   Die digitale Organisation und Verwaltung in Bil-
 371        dungseinrichtungen muss verstärkt genutzt wer-         Wir müssen kurzfristig wieder für Orientierung im
372         den. Sie können Arbeits- und Handlungsabläufe er-      Bildungsbereich sorgen. Kinder, Jugendliche, Familien,
373         leichtern, um mehr pädagogische Ressourcen zur         Schulleitungen und LehrerInnen brauchen Perspektive
374         Verfügung stellen zu können.                           und Verlässlichkeit. Es braucht einen Neustart. Damit
375                                                                sich das NRW-Bildungschaos der Jahre 2020 und 2021
376    Es braucht ein NRW-Gesundheitsschutzkonzept für das         nicht wiederholt, müssen wir zudem aus Fehlern ler-
377    Bildungswesen                                               nen. NRW verdient ein Schutzkonzept, dass im Vorfeld
378                                                                einer Krise definiert, wann welche Maßnahmen grei-
379    Die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit          fen. Ein Schutzkonzept, dass rechtliche Sicherheit bietet
380    braucht verlässliche Strukturen – gerade in der Krise.      und welches vor allem Verlässlichkeit schafft. Dazu ge-
381    Das Bildungschaos 2020 hat Familien und PädagogIn-          hört auch die konsequente Digitalisierung im Bildungs-
382    nen jedoch an den Rand ihrer Belastungsgrenzen ge-          bereich. Hier wollen wir kein „Klein-Klein“, sondern ein
383    führt – das darf sich nicht wiederholen. Das Lernen auf     schlüssiges Gesamtkonzept.
384    Distanz und das Lernen von zu Hause muss die Ultima
385    Ratio bleiben – und gerade deswegen gut vorbereitet         Unsere Position:
386    und in ein Gesamtkonzept integriert werden. Elemente
387    des Distanzlernens, die sich in den vergangenen Mona-        • NRW braucht jetzt schnell einen Neustart im Bil-
388    ten als praktikabel erwiesen haben, müssen sich darin          dungsbereich. Das kommende Schuljahr kann auf-
389    wiederfinden. Es gilt zu überlegen, inwiefern dringend          grund der Ereignisse in den letzten Monaten nicht
390    notwendige, individuelle Förderungen, ergänzend zum            wie gewohnt ablaufen.
391    Vorteil der SchülerInnen genutzt und zugleich in Krisen-     • NRW braucht ein Schutzkonzept für das Bildungs-
392    zeiten weiterhin umgesetzt werden können.                      wesen. Kinder, Familien, Bildungsträger und Perso-
393                                                                   nal brauchen Verlässlichkeit in der Krise. Ein solches
394    Dieses Gesamtkonzept muss jetzt erstellt werden und            Konzept erfordert die Evaluation des Bildungsjah-
395    allen Beteiligten deutlich machen, welche Maßnahmen            res 2020/2021 und muss die Lehren daraus ziehen.
396    generell im Fall einer gesundheitlichen Krise getrof-        • Wir brauchen eine Gesamtstrategie für die Digita-
397    fen werden und wie der Ausfall von Präsenzunterricht,          lisierung im Bildungswesen. Sie muss bei der frü-
398    Erziehung und Betreuung kompensiert wird. Hierbei              hen Bildung ansetzen und über allgemeine und be-
399    ist es wichtig, dass verschiedenste Akteure und damit          rufsbildende Schulen sowie Ausbildung bis zu den
400    auch akut betroffenes Lehrpersonal, in die Erstellung          Hochschulen gehen.
401    des Konzepts eingebunden werden. Die Verantwortung           • Die Digitalisierung im Bildungsbereich soll durch
402    darf nicht – wie 2020 geschehen – auf Familien, Päd-           einen Digitalpakt 2.0 gesichert werden. Dieser er-
403    agogInnen und Bildungsträger abgewälzt werden. Bil-            möglicht zusätzliches Fachpersonal, finanziert die
404    dungseinrichtungen müssen durch das Land für unter-            Fortbildungen für die PädagogInnen und gewähr-
405    schiedliche Szenarien gerüstet sein.                           leistet die Versorgung mit leistungsfähigen Inter-
406    Infektionsschutz und Bildungsförderung dürfen dabei            netzugängen und kostenfreien Endgeräten.
407    nicht gegeneinander ausgespielt werden: Kinder und           • Lernprogramme und vor allem Programme, die
408    Jugendliche haben ein Recht auf Gesundheit und auf             zur direkten Kommunikation dienen, müssen wei-

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409    Bildung; und PädagogInnen haben ein Recht darauf,                terentwickelt und in allen Bildungsreinrichtungen
410    ihrem Beruf nachzugehen, ohne vermeidbare Anste-                 zum Standard werden.
 411   ckungsrisiken in Kauf nehmen zu müssen.                        • Die digitale Organisation und Verwaltung in Bil-
412                                                                     dungseinrichtungen muss verstärkt genutzt wer-
413    In erster Linie müssen daher Hygienestandards defi-               den. Sie können Arbeits- und Handlungsabläufe er-
414    niert werden. Dies betrifft die Infrastruktur, also sämt-        leichtern, um mehr pädagogische Ressourcen zur
415    liche Räumlichkeiten, Lüftungsmöglichkeiten, die Rei-            Verfügung stellen zu können.
416    nigung von Bildungseinrichtungen sowie den Schutz
 417   von Personen durch Schutzausrüstung wie Masken                Vertrauen in Schule zurückgewinnen – NRW braucht ei-
418    und Desinfektionsmittel. Die Standards müssen für             nen Neustart
419    allgemein- und berufsbildende Schulen und Kinder-
420    tageseinrichtungen gleichermaßen gelten. Vorausset-           Die Pandemie fordert von Familien, von SchülerInnen,
421    zung ist ein finanzielles Engagement durch das Land.           Schulleitungen und dem Personal an und in den Schu-
422    Wir fordern hierfür die Fortsetzung des Programms aus         len Enormes. Dabei werden sie von der Landesregierung
423    unserer Regierungszeit, nun als „Gute Schule 2025“ be-        allein gelassen. Wir sind an der Seite all der engagier-
424    titelt.                                                       ten Kräfte vor Ort, die jeden Tag alles dafür geben die
425                                                                  Krise bestmöglich zu stemmen. Für die Bildungschan-
426    Eine Sanierung unserer Schulen ist in Zeiten der Pande-       cen unserer Kinder ist es zentral, den AkteurInnen in den
427    mie wichtiger denn je. Daher erneuern wir unsere For-         Schulen zu vertrauen, ihre Arbeit wertzuschätzen und
428    derung nach einem Schulbau-Notprogramm. Hier müs-             sie zu unterstützen. Genau das verweigert die schwarz-
429    sen Land und Kommunen gemeinsam agieren. Denn                 gelbe Landesregierung. NRW braucht einen Plan für die
430    auch wenn formal die kommunalen Schulträger die               Schuljahre 2020/2021 und 2021/2022, der mehr Aspek-
431    Verantwortung für die Ausstattung der Schulgebäude            te als Wechsel- und Distanzunterricht einbezieht, son-
432    haben, kann es ohne eine neue „Verantwortungsge-              dern kreative und pragmatische Lösungen ermöglicht
433    meinschaft“ nicht zu einer raschen und guten Lösung           und die Gesundheit aller und den Erfolg der Lernenden
434    kommen. Die gegenwärtigen Verflechtungen zwischen              an erste Stelle setzt.
435    Bund, Ländern und Kommunen sind nicht mehr zeit-
436    gemäß und schwer durchschaubar. Zudem lähmen sie              Damit der Neustart gelingt, muss die Landesregierung
437    Prozesse eher, als Lösungen zu bieten. Daher bekräf-          anerkennen, dass dieses Schuljahr kein normales Schul-
438    tigen wir noch einmal unsere Forderung nach einem             jahr ist. Wir brauchen eine transparente und umfassen-
439    „New Deal“. ExpertInnen, darunter auch VertreterInnen         de Öffnungsstrategie für die Wiederaufnahme des Prä-
440    z.B. der Städte und Gemeinden, unterstützen uns hier-         senzunterrichts und für den Schulbetrieb im Schuljahr
441    bei.                                                          2020/21 und 2021/22.
442
443    Im Vorfeld einer gesundheitlichen Krise braucht es ver-       Jedes Kind und jeder Jugendliche soll in den Blick ge-
444    lässliche Kriterien, für welche Gruppen der intensivere       nommen werden. Die Ängste und Sorgen der SchülerIn-
445    Einsatz von Lernen auf Distanz in Frage kommt. Wir sind       nen müssen wir ernst nehmen. Sie müssen intensiver
446    der Überzeugung, dass für jüngere und für bildungs-           als bisher in alle Diskussionen einbezogen werden.
447    benachteiligte Kinder möglichst viel Präsenz vorgese-
448    hen werden muss. Jugendliche, beispielweise Schüle-           Individuelle Lernlücken werden gemeinsam mit den
449    rInnen in den Oberstufen, können überwiegend bes-             SchülerInnen festgehalten und in Form von individuel-
450    ser mit den Angeboten des Distanzlernens umgehen.             len Förder- und Lernplänen dokumentiert. Darüber hin-
451    Unabhängig von der tatsächlichen Ausgestaltung einer          aus müssen Förderkonzepte für alle SchülerInnen, un-
452    solchen Richtlinie ist für uns klar, dass Ressourcen stra-    abhängig bereits festgestellter Förderbedarfe, geschrie-
453    tegisch eingesetzt werden müssen. Priorität muss die          ben werden. Die Lehrpläne sind kurzfristig zu verschlan-
454    kurzfristige Versorgung der Schulen mit verleihbaren          ken, damit in den Schulen klare Prioritäten gesetzt wer-
455    Endgeräten mit Internetzugang (SIM-Karte) sein, damit         den können.
456    im Bedarfsfall benachteiligte Kinder und Jugendliche
457    entsprechend ausgestattet werden können.                      Gerade Grundschulkinder brauchen soziale Kontakte.
458                                                                  Hierzu bedarf es der Einrichtung von Kleinstgruppen
459    Unabhängig gilt, dass die zu unterrichtenden Gruppen          unter Einhaltung der RKI-Standards, damit ein Aus-
460    verkleinert werden müssen, um das Lehrpersonal zu             tausch und Kontakt mit den Fach- und Klassenlehrkräf-
461    entlasten und die Ansteckungsrisiken zu minimieren.           ten ermöglicht wird.
462    Dabei zeigt sich jedoch erneut das Problem, dass in
463    den seltensten Fällen genug Lehrkräfte vorhanden sind,        Für die Klassen 4 ist der Übergang in die weiterführen-
464    die durch die Verkleinerung neu entstehende Lerngrup-         den Schulen zu sichern. In den ersten Monaten des fünf-
465    pen betreuen und unterrichten können, ohne das ältere         ten Schuljahres ist das Augenmerk auf die individuelle
466    SchülerInnen dabei auf der Strecke bleiben. Daher be-         Förderung der SchülerInnen zu legen, da die Lernunter-
467    kräftigen wir unsere Forderung erneut, dem Lehrkräfte-        schiede wahrscheinlich noch nie so große waren, wie in

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468    mangel, auch kurzfristig, entgegenzuwirken, beispiels-       dieser Zeit der Pandemie. Daher muss die Erprobungs-
469    weise durch zusätzliches pädagogisches Personal oder         stufe (5. und 6. Klasse) bis zum Ende der Klasse 7 verlän-
470    durch die Erleichterung des Zugangs für Quereinsteiger.      gert werden.
 471   Des Weiteren zeigt sich, dass auch die Räumlichkeiten
472    den veränderten Rahmenbedingungen nicht angemes-             Im Rahmen eines neuen Bildungsganztages werden ins-
473    sen sind. Die kleineren Gruppen brauchen mehr multi-         besondere in den Klassen 1 bis 6 Möglichkeiten ge-
474    funktionale Räume, wie wir sie bereits gefordert haben.      schaffen, individuelle Defizite auszugleichen. Die Erpro-
475    Dies muss auch weiterhin unser Ziel bleiben.                 bungsstufe wird bis zum Ende der Jahrgangsstufe 7 aus-
476                                                                 geweitet.
477    Bevor Kinder und Jugendliche im Ernstfall doch nach
478    Hause geschickt werden, müssen alle vorgelagerten            In Absprache mit Trägern der OGS und pädagogischem
479    Maßnahmen geprüft und ausgeschöpft werden. Da-               Personal, das pandemiebedingt Kapazitäten zur Verfü-
480    zu gehört Unterricht auf Abstand, welcher mit Dis-           gung hat, wie Kunst-, Theater und Musikpädagoginnen
481    tanzlernphasen kombiniert wird. Des Weiteren müssen          und -pädagogen, und Kommunen sind Ferienprogram-
482    auch außerschulische Lernorte und, falls vorhanden,          me aufzulegen, um Kindern flächendeckend pädago-
483    das dortige Personal einbezogen werden. Und wenn             gisch untermauerte Spiel- und Freizeitaktivitäten an-
484    Schul- oder Klassenschließungen unvermeidbar sind,           zubieten. Dort können gleichzeitig Lerndefizite aus der
485    muss es für benachteiligte Kinder und Jugendliche Or-        Schule aufgearbeitet werden. Im Zuge dieser Planung
486    te für das betreute Lernen in Kleingruppen geben.            sollten Gespräche mit der Familienbildung und weite-
487                                                                 ren Akteuren der Weiterbildung geführt werden, und
488    Die in unserem Land garantierte Rechtssicherheit darf        Möglichkeiten der Kooperation geprüft werden.
489    auch und gerade in einer Krise nicht gefährdet oder
490    gar außer Acht gelassen werden. Dies gilt für den Ein-       Insbesondere die Bedürfnisse von Kindern mit beson-
491    satz der Fach – und Lehrkräfte, den Einsatz kommerziel-      deren Förderbedarfen müssen in den Blick genommen
492    ler Chat- und Videokonferenzprogramme, für die Beno-         werden. Dabei müssen die Förderschulen stärker be-
493    tung und Versetzung und den Umgang mit Veranstal-            rücksichtigt werden.
494    tungen und Klassenfahrten. Ziel muss eine rechtlich si-
495    chere Lösung sein, durch die die Verantwortung nicht         Zur Unterstützung der Lehrkräfte für diese Aufgaben,
496    allein bei den betroffenen Fach- und Lehrkräften ver-        brauchen die Schulen zusätzliches Personal. Lehramts-
497    bleibt.                                                      oder Pädagogikstudierende können hierfür gezielt an-
498                                                                 geworben und an den Schulen in Abstimmung mit den
499    Die Digitalisierung des Bildungswesens muss unab-            unterrichtenden Lehrkräften eingesetzt werden. Ähn-
500    hängig von der Krise geschehen, auch wenn die Kri-           liches gilt für MitarbeiterInnen, sowie PädagogInnen
501    se ein Beschleuniger ist. Trotzdem kommt ihr ange-           geschlossener Jugendeinrichtungen, die pandemiebe-
502    sichts der Pandemie-Bekämpfung eine besondere Rolle          dingt Kapazitäten frei haben. Sie arbeiten wo möglich
503    zu, weil die Krise das Lernen auf Distanz erfordert, wenn    mit den Schulen zusammen, um den Kindern einen ge-
504    analoge Strukturen wegbrechen. In der Krise müssen           lungenen Neustart zu ermöglichen.
505    für Distanzlernen erforderliches Know-How und Aus-
506    stattung zur Verfügung stehen. So lange im NRW-              Die MitarbeiterInnen der Familien- und Jugendhilfe ar-
507    Lernmanagementsystem „Logineo“ Messenger- und Vi-            beiten mit den Schulen und Lehrkräften zusammen, da-
508    deodienste in der Fläche noch nicht zur Verfügung ste-       mit Kinder und Jugendliche sowie ihre Eltern auch bei
509    hen oder Rechtssicher sind, müssen Lehrkräfte über-          den besonderen Herausforderungen in und nach der
510    gangsweise mit Lizenzen versorgt werden. Ein Vorbild         Pandemie die notwendigen Hilfen und Unterstützung
 511   können dabei die Hochschulen in NRW sein, die sich           erfahren, um drohende individuelle Beeinträchtigun-
 512   in der Krise bei der schnellen Organisation einer E-         gen der Kinder und Jugendlichen in ihrer schulischen
 513   Learning-Infrastruktur bewährt haben.                        Ausbildung auszugleichen.
 514
 515   Lernanwendungen, die seit Beginn der Corona-                 Ausgerichtet an den schulischen Begebenheiten vor Ort
516    Pandemie zunächst schnell und als Notlösung einge-           sollen die Wechselunterrichtkonzepte von den Schu-
 517   setzt wurden, müssen nun auf ihren Nutzen überprüft          len in Eigenverantwortung geplant und realisiert wer-
 518   und ggf. in pädagogische Konzepte integriert werden.         den. Die Schulen brauchen organisatorische Freiheiten
519                                                                 innerhalb klarer rechtlicher Leitplanken. Best-Practice-
520    Wir müssen die Digitalisierung im Bildungswesen be-          Beispiele müssen benannt und beworben werden.
 521   schleunigen
522                                                                 Ausgerichtet an den baulichen Begebenheiten vor
523    „Aufstiegschancen durch Bildung. Beste Bildung NRW           Ort sowie der kommunalen Raummöglichkeiten sol-
524    – ein Leben lang!“ Unter dieser Überschrift formulier-       len Lernraumkonzepte von den Schulen in mit Museen,
525    ten wir 2019 unser Ziel, Bildungsspitzenreiter im Bun-       Theatern, Bibliotheken biologischen Stationen etc. in Ei-
526    desdurchschnitt zu werden. Dieses Ziel wird durch Coro-      genverantwortung geplant und realisiert werden.

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ORDENTLICHER LANDESPARTEITAG AM 06.03.2021

527    na nicht außer Kraft gesetzt! Die Corona-Pandemie hat
528    den Handlungsdruck jedoch erhöht.                            Lernende aller Jahrgangstufen, die keine Lernräume in
529                                                                 der häuslichen Umgebung haben, müssen Lernräume in
530    Die Digitalisierung im Bildungswesen, insbesondere           der Schule zur Verfügung gestellt werden. Dieses „Study
 531   das Lernen und Lehren auf Distanz, hat sich in der Krise     Hall Konzept“ gewährleistet, dass die Lernenden die von
532    als Schlüssel dafür erwiesen, dass Bildung, wenn auch        ihnen benötigte Lernumgebung haben, um die schuli-
533    kompensiert, durch die entsprechenden Einrichtungen          schen Aufgaben zu bearbeiten.
534    noch stattfinden konnte. Nach wie vor unklar ist, wie
535    lange uns das Virus noch beschäftigen wird. Ein wei-         Für den digitalen Distanzunterricht – später auch für
536    terer Shutdown könnte drohen, Bildungseinrichtungen          digitale Angebote im Präsenzunterricht – bedarf es ei-
537    könnten erneut schließen. Darauf müssen wir vorberei-        ner verbindlichen Struktur und eines umfassenden Me-
538    tet sein.                                                    dienkonzepts, das nicht nur die Hardware, sondern auch
539                                                                 die Software (Lernplattformen, Chat- und Konferenz-
540    Bereits vor der Pandemie war klar, dass ein souveräner       tools etc.) und das pädagogische Konzept in den Blick
 541   Umgang mit Computer- und Informationstechnik für             nimmt. Eine Beratungsstelle, die beispielsweise in den
542    das gesamte Bildungswesen zukunftsrelevant ist. Die          Regionalen Bildungszentren verankert ist, kann hierfür
543    Digitalisierung darf jedoch nicht an den Kindern, Ju-        einen einheitlichen Rahmen schaffen und koordinieren-
544    gendlichen und jungen Erwachsenen aus einkommens-            de Aufgaben übernehmen.
545    schwachen Familien vorbeiziehen. Wie sich während
546    der Pandemie erneut gezeigt hat, stehen ihnen oft-           Kurzfristig brauchen die Schulen klare Hinweise, expli-
547    mals nicht die technischen Endgeräte, ein ausreichen-        zit zum Datenschutz, um Sicherheit für alle Beteiligten
548    der Internetanschluss sowie ein geeigneter Arbeits-          zu schaffen. Konkret muss das MSB endlich verbindliche
549    (Lern-)platz zur Verfügung. Vor allem aber fehlt es vie-     Aussagen machen, z. B. ob Kinder und Jugendliche ver-
550    len Kindern, Jugendlichen und Eltern an den für die Nut-     pflichtet sind, die Videoübertragung zu nutzen, ob Vi-
 551   zung digitaler Lernmöglichkeiten erforderlichen Kom-         deoaufzeichnungen des Unterrichtsstoffs (zur späterer
552    petenzen. Chancengleichheit besteht nicht, wenn der          Vertiefung und Wiederholung der Inhalte) erlaubt sind,
553    Zugang zur digitalen Bildung von Einkommen und Bil-          wie mit illegaler Verwendung von Bild- und Videomate-
554    dungsnähe des Elternhauses abhängt. Zudem sind die           rial aus den schulischen Kontext umgegangen wird und
555    Nutzungsmöglichkeiten zwischen Bildungseinrichtun-           wie bei der Bewertung beispielsweise auch Netzproble-
556    gen ungleich verteilt, sodass sich sowohl soziale als        me berücksichtigt werden.
 557   auch regionale und quartiersbezogene Ungleichheiten
558    im Zugang zu Bildung verschärfen. Auch hat sich wäh-         Es muss sichergestellt werden, dass Angebote der Be-
559    rend der Pandemie gezeigt, dass wieder die Bedürfnisse       rufsorientierung, einschließlich Lösungen für die Be-
560    der Kinder und Jugendlichen mit geistigen und körperli-      rufspraktika, an allen weiterführenden Schulen ge-
 561   chen Beeinträchtigungen sowie ihrer Familien nicht be-       währleistet werden, um einen Anschluss nach dem
562    rücksichtigt wurden. Sie wurden mit den Herausforde-         Schulabschluss zu ermöglichen.
563    rungen der Krise faktisch alleingelassen, ungeachtet ih-
564    res verbrieften Rechts auf Bildung und Teilhabe.             Die zentralen Abschlussprüfungen der Klasse 10 soll-
565                                                                 ten noch stärker in die Verantwortung der betreuenden
566    Um beste Bildung in und für NRW zu realisieren, müs-         Lehrkräfte gelegt werden, die mit Unterstützung der
567    sen die Potenziale der Digitalisierung genutzt werden.       Fachaufsicht die Qualität sichern, auch wenn die Quan-
568    Diese liegen aus sozialdemokratischer Perspektive vor        tität nicht die gleiche sein kann. SchülerInnen, die nur
569    allem in der Verbesserung von Teilhabe und Chancen-          knapp oder nicht bestehen, sollen das Angebot erhal-
570    gleichheit. Eine so verstandene „digitale Bildung“ er-       te, ggf. mit Unterstützung der Kammern und ggf. der
 571   setzt weder pädagogisches Handeln noch die persön-           Agentur für Arbeit von August bis November nachge-
572    lichen Beziehungen zwischen PädagogInnen und Kin-            schult zu werden.
573    dern, Jugendlichen und ihren Familien. Die Digitalisie-
574    rung muss vielmehr eingebunden sein in ein Gesamt-           Die Schüler der Klasse 8 und 9 am Gymnasium sollen
 575   konzept und ist kein Selbstzweck, sondern ein Instru-        das Angebot bekommen, freiwillig in G9 umzusteigen.
576    ment, dessen Einsatz sich an bildungspolitischen Zielen
577    messen lassen muss.                                          Die Kernlehrpläne in NRW gehen von einem bestimm-
578    Eine teilhabe- und chancenorientierte Förderung von          ten Umfang und Unterrichtszeit aus. Diese standardi-
579    Kindern und Jugendlichen erfordert eine früh einset-         sierten Zeitfenster wurden durch die Pandemie außer
580    zende, niederschwellig und sozialraumorientiert an-          Kraft gesetzt. Noch nie hat es in NRW so unterschied-
 581   gelegte Unterstützung von Familien. Sie erfordert die        liche Lern- und Unterrichtszeiten gegeben. Die Kern-
582    Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Bil-          lehrpläne in NRW sind kompetenzorientiert. Dieser Um-
583    dungseinrichtungen und Eltern, gute Lernbedingungen,         stand birgt die große Chance, geforderte Inhalte, The-
584    individuelle Förderung und eine kognitiv und sozial ak-      men und Lerngegenstände vor dem Hintergrund der
585    tivierende, kompetenzorientierte Gestaltung von Ler-         Pandemie neu zu bewerten und eine Engführung der

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