Weiterbildung: Fit für die Zukunft - nds-zeitschrift.de
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11 / 12-2016 (Bildungs-)Reichtum umverteilen! Fünf Jahre Sekundarschule Gute Arbeit an der Hochschule Leitbild: Lernen im digitalen Wandel Mobilisieren für die Tarifrunde 2017 DIE ZEITSCHRIFT DER BILDUNGSGEWERKSCHAFT Jugendarbeit vor Ort stärken Weiterbildung: Fit für die Zukunft. 68. Jahrgang November / Dezember 2016 ISSN 0720-9673 K 5141
Illustration: gettyimages .de / fotolia.com / amg Bildung. Weiter denken! Bochumer Kongress Save the date: 3. und 4. März 2017 DER FACHKONGRESS FÜR BILDUNG IN NRW LOBBYISMUS AN SCHULEN . Bildungsgerechtigkeit . Migration & Integration Frühkindliche Bildung . Digitalisierung Hochschule & Studium . Schulentwicklung Heterogene Lerngruppen . Lehrer*innenausbildung . Inklusion Prof. Dr. Tim Engartner zeigt beim Bochumer Kongress, „Die ‚Bildungsrepublik Deutsch- wie Unternehmen und unternehmensnahe Stiftungen Ein- land‘ befindet sich – so mein fluss auf den Bildungssektor nehmen und um Schüler*innen Eindruck – im permanenten buhlen, zum Beispiel mit kostenlosen Unterrichts- Ausnahmezustand. Ich erhoffe materialien. Er ist Professor für Didaktik der Sozialwissen- mir vom Bochumer Kongress schaften mit dem Schwerpunkt schulische Politische wertvolle Impulse für die Bildung an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. bildungspolitische Debatte.“ Der Experte im Interview: www.tinyurl.com/Bochumer-Kongress-Engartner
nds 11/12-2016 3 (Weiter-)Bildung als Schlüssel Der dritte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung beschreibt Bildung als Schlüssel für Teilhabe und Integration. Sie schließt nicht nur Zugänge zu Arbeitsmarkt und Erwerbstätigkeit auf, sondern auch zur sozialen, politischen und kulturellen Teilhabe. Besorgniserregend vor diesem Hintergrund ist, dass die soziale Selektivität des Bildungswesens bislang nicht gedämpft werden konnte – auch in der Weiterbildung setzt sie sich fort. Das Resultat: Nicht alle Bevölkerungsgruppen können in gleichem Maße von Weiterbildung profitieren – so auch ein Teil der Personen, die selbst oder deren Eltern nach Deutschland zugewandert sind. Dies zeigen etwa die aktuellen Ergebnisse des Adult Education Survey. Demzufolge sind Erwachsene mit Migrationshintergrund besonders in der betrieblichen Weiterbildung unterrepräsentiert. Auch Analysen auf Basis des Nationalen Halit Öztürk Bildungspanels zeigen diese Tendenz, aber nicht gleichermaßen für alle Personengruppen: Westfälische Wilhelms-Uni- So weist die zweite Generation von Zugewanderten in allen Weiterbildungssegmenten höhere Teil- versität Münster, Institut für nahmequoten auf als die erste. Die ungleiche Weiterbildungsbeteiligung allein mit dem Merkmal Erziehungswissenschaft, „Migrationshintergrund“ zu erklären, greift daher deutlich zu kurz. Stattdessen ist er mit vielen Arbeitsbereich Erwachsenen- weiteren Faktoren verknüpft, die unterschiedliche Lösungsansätze für mehr Chancengleichheit bildung / Weiterbildung und Bildungsgerechtigkeit erfordern. Teilhabebarrieren gezielt abbauen Der schulische und berufliche Erfolg in Deutschland ist stark an sozialstrukturelle Faktoren gekoppelt, wobei Zugewanderte häufiger untere Positionen einnehmen und damit in einem beruflichen Arbeitsumfeld tätig sind, das geringe Möglichkeiten für qualifikatorische Weiterent- wicklung eröffnet. Gleichzeitig wird ihre wenig attraktive Stellung auf dem Arbeitsmarkt durch die fehlende Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen mitverursacht. Zugewanderte sind häufiger von sprachlichen Barrieren betroffen und erhalten seltener Informationen über geeignete Weiterbildungsangebote aus ihrem sozialen und beruflichen Umfeld als Personen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Insofern hängt die Teilhabe an Weiterbildung nicht allein von den Teilnehmenden ab, sondern auch von äußeren Faktoren. Wenn auch ein Migrationshintergrund in zweiter Generation durch bessere schulische und berufliche Qualifikationen eine stärkere Beteiligung an Weiterbildung bedeutet: Der Anteil der ersten Generation wird auch zukünftig – etwa durch Fluchtmigration – hoch bleiben. Es besteht dringender Handlungsbedarf, um die spezifischen Teilhabebarrieren abzubauen. Umfassende Herausforderungen, differenzierte Lösungen Die Weiterbildung ist gefordert, die Interessen und Bedarfe dieser vielfältigen Bevölkerungs- gruppe zu erschließen und zu identifizieren, damit diese neben zielgruppenspezifischen Deutsch-, Grundbildungs- und Integrationskursen auch von den Regelangeboten etwa zu politischen, kultu- rellen, gesundheits- oder persönlichkeitsbezogenen Themen stärker profitieren kann. Dabei bieten zielgruppenspezifische Angebote eine gute Gelegenheit, die Teilnehmenden für das Regelangebot der Einrichtungen zu gewinnen. Auch erste Beratungsangebote zu Weiterbildungs- und Förder- möglichkeiten können hier gemacht werden. Um migrationsbedingte Vielfalt in der Weiterbildung umfassend zu fördern, müssen gleichwohl weitere Organisationsebenen einbezogen werden: Prozesse der Personalgewinnung und -entwicklung, der Angebotsentwicklung und Teilnehmerge- winnung sind darauf zu überprüfen, inwieweit sie die Weiterbildungsteilhabe von Erwachsenen mit Migrationshintergrund unterstützen. Politisches Handeln darf den Weiterbildungsbereich nicht länger nur am Rande berücksichtigen, sondern muss die Anerkennung von Bildungs- und Berufsqualifikationen ermöglichen sowie Förderanreize im Bereich des Lebenslangen Lernens schaffen. Wer gleiche Teilhabechancen schaffen will, muss den Kreislauf aus gering qualifizierter Beschäftigung, geringer Weiterbildungsteilhabe und ungleichen Zugangschancen zum Arbeitsmarkt durchbrechen. Das wird nur im Zusammenwirken aller gesellschaftlicher AkteurInnen möglich. //
4 INHALT THEMA Lehrkräfte für besondere Aufgaben stärken! Für Gute Arbeit und sichere Perspektiven. Aus dem Alltag einer Lehrkraft für besondere Aufgaben: An der Belastungsgrenze – und darüber hinaus Lehrkräfte für besondere Aufgaben: Bezahlung tariflich regeln! Lehrkräfte für besondere Aufgaben: S. 17 Befristungspraxis beenden! GEW NRW fordert Entfristungs- offensive: Karrierewege an der Hochschule planbar machen Kommission „Rahmenkodex für gute Beschäftigungsbedingungen“ eingerichtet Akkreditierung von Studiengängen Höchste Zeit für eine Reform Weiterbildung: Fit für die Zukunft. Beteiligung: Herausforderung für Politik und Einrichtungen 8 Finanzierung: Landesregierung S. 8 verstärkt ihr Engagement 10 Digitalisierung: Soziale Spaltung verringern11 Bochumer Memorandum: BILDUNG (Bildungs-)Reichtum umverteilen! Fünf Jahre Sekundarschule: 12 Auf gutem Weg zu einer Schule für alle 14 Landtagswahlen 2017 – Wahlprogramm der FDP: Lindners Mondfahrt 16
nds 11/12-2016 5 ARBEITSPLATZ Digitalisierung in der Bildung – Leitbild der Landesregierung: Bildungseinrichtungen zeitgemäß gestalten26 Im Gespräch mit Andreas Gehrke: Im Fokus steht die Mobilisierung28 Lehrkäftemangel in NRW: Duisburger Grundschulen fordern Soforthilfe 29 S. 26 JugendkoordinatorInnen für die GEW NRW: We want you! 30 Personalrätekonferenz des DGB NRW: Neue Herausforderungen für den öffentlichen Dienst 31 Dieser nds ist die „Besoldungstabelle 2017 für Beam- tinnen und Beamte in NRW“ beigelegt. Sollte sie in Ihrer Ausgabe versehentlich fehlen, geben Sie uns Bescheid unter poststelle@gew-nrw.de. S. 28 IMMER IM HEFT nachrichten6 leserbriefe25 buchtipps32 weiterbildung33 jubilare33 infothek34 S. 12 termine39 impressum39
6 NACHRICHTEN Grundbildung sichert Teilhabe „Arbeitsplatzbezogene Grundbildung fördern!“, lautet die Forde- Wer sollte die Kosten tragen, wenn ArbeitnehmerInnen an rung des 2. Grundbildungstags NRW, der am 14. November 2016 in Alphabetisierungs- und Grundbildungskursen teilnehmen? Mülheim stattfand. Eingeladen hatten „Arbeit und Leben NRW“, das DGB-Bildungswerk NRW e. V. und das Bildungswerk der Nordrhein- Nach Ansicht der ArbeitnehmerInnen Nach Ansicht der ArbeitgeberInnen sollten die Kosten getragen werden ...1 sollten die Kosten getragen werden ...2 Westfälischen Wirtschaft. Rund zwölf Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland können allenfalls einzelne Wörter und Sätze lesen 62 63 vom Staat 53 vom Staat 58 und schreiben. Damit fehlen ihnen wesentliche Voraussetzungen für die Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben. von den Teilneh- 47 von den Teilneh- 65 merInnen selbst merInnen selbst Ein Tabuthema ist Analphabetismus am Arbeitsplatz nicht mehr, 57 75 wie eine Studie der Stiftung Lesen aus 2015 belegt: 34 Prozent der 33 23 ArbeitnehmerInnen kennen Betroffene innerhalb ihres Betriebs, bei vom Arbeitgeber vom Arbeitgeber 32 23 den ArbeitgeberInnen sind es sogar 42 Prozent. Dabei herrscht dort, keine Angabe 8 keine Angabe 4 wo Betroffene bekannt sind, größere Unterstützungsbereitschaft – 6 4 etwa in Hinblick auf die Kostenübernahme. Landesregierung und Sozialpartner vereinbarten in Mülheim, ihr Engagement für betriebliche Betroffene im Betrieb; 1n=534; 2n=228 Keine Betroffenen im Betrieb; 1n=592; 2n=282 Basis: alle Befragten; Angaben in Prozent; Mehrfachantworten Grundbildung gemeinsam weiterzuentwickeln. Dazu vereinbarten die Sozialpartner in einer gemeinsamen Erklärung einen Maßnah- Quelle: Stiftung Lesen, Alphabetisierung und Grundbildung am Arbeitsplatz. Sichtweisen menkatalog. www.grundbildungstag.nrw hei im beruflichen Umfeld und ihre Potenziale (2015), www.tinyurl.com/SAPfA-Studie Respekt! Mehr Geld für SchulleiterInnen Die nordrhein-westfälische Lan- Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat im Zuge der Bera- Begreifen desregierung hat mit der „Woche tungen für den Landeshaushalt 2017 beschlossen, für SchulleiterInnen zum Eingreifen des Respekts“ vom 14. bis 18. an Grund- und Hauptschulen, die bislang nach A 12 oder A 13 besoldet November 2016 ein klares Zeichen werden, die Besoldung um eine Stufe zu erhöhen. Die GEW NRW, die sich Total digital gegen Hass und Gewalt gesetzt. seit Jahren für eine deutlich höhere Bezahlung des Leitungspersonals Die Arbeitswelt verändert sich Zivilgesellschaftliche Initiativen einsetzt, begrüßt diese überfällige Entscheidung. Die Landesregierung rasant, alles wird digital und und auch viele Schulen stellten ihre folgt damit einer Empfehlung der „Projektgruppe Schulleitungen“ des vernetzt. Was bedeutet das für die Beschäftigten? Fachleute der Projekte für gegenseitige Achtung Schulministeriums. „Die Leitung einer Grundschule oder einer Hauptschule Hans-Böckler-Stiftung beantwor- und den respektvollen Umgang erfordert echte Managementqualitäten. Das Verantwortungsspektrum ten in einer aktuellen Analyse miteinander vor. Gewerkschaften, ist in den letzten Jahren rasant gestiegen, hier sind Führungskräfte mit die wichtigsten Fragen. Kirchen und Arbeitgeberverbän- umfassenden Kompetenzen gefragt. Die Landesregierung erkennt dies www.tinyurl.com/HBS-Report de setzen sich in einer Erklärung endlich an“, so GEW-Landesvorsitzende Dorothea Schäfer. So sehr die Nachwuchssorgen für ein weltoffenes und tolerantes Initiative der Landesregierung zur Verbesserung der Besoldung von Die Bundeswehr auf Nachwuchs- NRW ein. www.tinyurl.com/Welt- SchulleiterInnen zu begrüßen ist, so sehr ist es jedoch erforderlich, dass fang: Mit der Webserie „Die Re- offenes-NRW hei der Landtag im parlamentarischen Verfahren nachbessert. Der Vorschlag kruten“, die samt Werbung rund der Landesregierung ist unausgewogen im Sinne guter Schulentwicklung acht Millionen Euro kostet, will sie Freiwilige für den Wehrdienst Digitalisierung und fairer Besoldung: Wer die Besoldung von SchulleiterInnen verbessert, muss auch die Besoldung der stellvertretenden SchulleiterInnen analog gewinnen. Und gleichzeitig die Realität ungeschönt darstellen. Zum Nationalen IT-Gipfel am 16. erhöhen. bp Die taz fragt: Geht das? und 17. November 2016, der den www.tinyurl.com/taz-Rekruten Schwerpunkt auf Digitale Bildung Schulen sind überwiegend weiblich legte, erklärte Elke Hannack, stell- Trump – und jetzt? vertretende DGB-Vorsitzende: „Bund Von den 154.010 hauptamtlichen Lehrkräften an den allgemeinbil- Noch gelten die USA als wirt- schaftliche und politische Welt- und Länder sollten ein Gesamtpaket denden Schulen in NRW waren im Schuljahr 2015 / 2016 nur gut ein macht – doch mit Donald Trump aus Schulsanierung, Schulsozialarbeit Viertel Männer. Der Anteil der männlichen Lehrkräfte ist damit in den drohen Protektionismus und das und digitaler Ausstattung schnü- letzten zehn Jahren um fünf Prozentpunkte auf 27,9 Prozent gesunken. Ende der Globalisierung. Das ren. Dabei darf es nicht nur um die Insbesondere Grundschulen sind betroffen: Hier hat sich der Lehreranteil Dossier des Instituts der deut- Ausstattung mit WLAN und Tablets seit dem Schuljahr 2005 / 2006 von 10,9 Prozent auf 8,7 Prozent verrin- schen Wirtschaft Köln gibt einen Überblick über die US-Wirtschaft gehen. Notwendig ist auch eine päda- gert. Den höchsten Männeranteil gab es 2015 / 2016 in NRW mit 41,2 vor Trump – und zeigt nach und gogische Debatte um Chancen und Prozent an Gymnasien. Zugleich war hier der Rückgang der Männerquote nach, wie es weitergeht. Risiken der Digitalisierung." Mehr mit zehn Prozentpunkten am höchsten; vor zehn Jahren lag die Quote www.tinyurl.com/iwd-Trump dazu auf Seite 26. hei / DGB noch bei über 50 Prozent. hei / IT.NRW
nds 11/12-2016 7 Hochschulvereinbarung NRW 2021 Gemeinsam mit NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans und den Vorsitzenden der Landesrektorenkonferenzen Prof. Dr. Gerhard Sagerer und Prof. Dr. Marcus Baumann hat NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze die Hochschulvereinbarung NRW 2021 unterzeichnet. Bei der Vereinbarung zwischen Land und Hochschulen für 2017 bis 2021 geht es um die Verstetigung von Finanzmitteln im Umfang von insgesamt 250 Millionen Euro. „Aus diesen Mitteln können nun unbefristete Stellen geschaffen werden“, so die Erwartung der Ministerin. Das Land werde künftig auch alle Besoldungs- und Tarifsteigerungen übernehmen sowie weitere Finanzmittel – unter anderem für die LehrerInnenausbildung – in die Hochschulhaushalte verlagern. Die Hochschulen verpflichten sich v.l.n.r.: Andreas Meyer-Lauber (Vorsitzender des DGB NRW), Christina Kampmann unter anderem zur Umsetzung des Landeshochschulentwicklungsplans (NRW-Familienministerin), Sabine Uhlenkott (ver.di NRW), Joyce Abebrese (GEW und zu wirkungsvollen Maßnahmen gegen Studienabbruch, errichten NRW) und Stefanie Baranski-Müller (DGB NRW) Foto: U. Reinker Teilzeitstudiengänge und richten künftig mehr Dauerstellen ein. bp Kita-Konferenz der Gewerkschaften Hilfe für geflüchtete KollegInnen Gemeinsam mit NRW-Familienministerin Christina Kampmann, Ver- Die Zahl der Flüchtlinge aus der Türkei steigt: Bis Ende September 2016 treterInnen von GEW NRW und ver.di NRW sowie zahlreichen gewerk- wurden 3.973 Asylanträge von türkischen StaatsbürgerInnen in Deutschland schaftlich organisierten Kitabeschäftigten diskutierte der DGB NRW am gezählt – mehr als doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2015. Sakine 12. November 2016 im Rahmen der Kita-Konferenz die Eckpunkte zum Esen Yilmaz, die bisherige Generalsekretärin der Bildungsgewerkschaft geplanten Kita-Gesetz. Die NRW-Landesregierung möchte das neue Gesetz Egitim Sen, ist im September 2016 nach Deutschland geflohen, um einer in der nächsten Legislaturperiode auf den Weg bringen. Der DGB NRW drohenden Verhaftung zu entgehen. Sie wird wegen ihrer gewerkschaftlichen hatte im Vorfeld der Kita-Konferenz gemeinsam mit der GEW NRW und Arbeit in der Türkei verfolgt. Die GEW unterstützt die türkische Kollegin ver.di NRW Eckpunkte erarbeitet, die aus Sicht der Gewerkschaften in und finanziert über den Heinrich-Rodenstein-Fonds die anwaltschaftliche das Gesetz aufzunehmen sind. Oberstes Ziel ist es, dass Kitas endlich als Unterstützung ihres Asylantrags. Die Bildungsgewerkschaft rechnet mit Bildungseinrichtungen anerkannt und entsprechend mit mehr finanziellen weiteren GewerkschafterInnen aus der Türkei, die nach Deutschland Ressourcen und mehr qualifiziertem Personal ausgestattet werden. Das flüchten werden und ruft deshalb zu Spenden auf. Spendenkonto: Heinrich- Eckpunktepapier der Gewerkschaften steht zum Download bereit unter Rodenstein-Fonds // Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale // IBAN: www.tinyurl.com/Eckpunkte-Kita-Gesetz hei / DGB NRW DE88 5005 0000 0084 0001 24 // BIC: HELADEFF// Stichwort: Hilfe für verfolgte Gewerkschafter Manfred Brinkmann DGB analysiert Ausbildungsstatistik Viel zu wenig BewerberInnen, um alle freien Ausbildungsplätze zu besetzen? Das stimmt so nicht, sagt eine DGB-Kurzanalyse der Ausbil- dungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Rund 283.000 Jugendliche, die als ausbildungsreif eingestuft wurden, sind leer ausgegangen – und wurden in Ersatzmaßnahmen geparkt. Ihre Chancen auf einen Abschluss sind gering. „Die Geschichte vom Azubi-Mangel entpuppt sich bei Licht betrachtet als Märchen“, erklärt die stellvertretende DGB-Vorsitzende, Elke Hannack. Die Kurzanalyse steht zum Download bereit unter www. tinyurl.com/DGB-Ausbildungsstatistik. DGB Die GEW unterstützt die geflüchtete Gewerkschafterin Sakine Esen Yilmaz mit Hilfe Umlage des Weihnachtsgeldes des Heinrich-Rodenstein-Fonds. Foto: D. Hoppe / NETZHAUT Der Dienstherr in NRW legt das Weihnachtsgeld zum 1. Januar 2017 um in die normale Grundtabelle der Bezüge der BeamtInnen. Die Zum Jahreswechsel Beitragsordnung der GEW – zuletzt beschlossen vom Bundesgewerk- Mit dieser Ausgabe geht das nds-Jahr 2016 zu Ende. Allen Leserinnen schaftstag 2013 – berechnet den GEW-Mitgliedsbeitrag immer auf die und Lesern, allen Kolleginnen und Kollegen wünschen wir eine ruhige Foto: go2 / photocase.de Bezüge nach der Grundtabelle. Das Weihnachtsgeld war deshalb – wie Adventszeit, schöne Weihnachtstage und einen guten Start in ein zum Beispiel auch familienbezogene Bestandteile der Bezüge – nicht glückliches Jahr 2017! GEW-Landesgeschäftsstelle, NDS Verlag und nds-Redaktion machen vom beitragswirksam. Mit der Umstellung wird die Erhöhung beitragswirksam, 23. Dezember 2016 bis einschließlich 1. Januar 2017 wie es die Bezüge nach der Grundtabelle bis jetzt auch sind. Daher wer- Ferien. Ab dem 2. Januar sind wir zu den üblichen den die Mitgliedsbeiträge zum 1. Januar 2017 an diese neue Situation Geschäftszeiten wieder für Sie da! angepasst. Christian Peters, Kassierer der GEW NRW
Foto: tomertu /shutterstock.com 8 BILDUNG Weiterbildungsbeteiligung Gemeinsame Herausforderung für Politik und Einrichtungen Die Frage nach der Teilnahme an den Weiterbildungsangeboten in NRW wirbelt Von 1979 bis 2007 hat das Bundesministe- seit vielen Jahren immer wieder eine Menge Staub auf. Und obwohl sich viele rium für Bildung und Forschung alle drei Jahre gute Projekte schon lange und erfolgreich darum bemühen, auch die Zielgruppen statistische Daten über das Weiterbildungsver- zu erreichen, die bislang in der Weiterbildung eher unterrepräsentiert sind, bleibt halten in Deutschland erhoben und in einem viel zu tun, um echte Teilhabe für alle BürgerInnen zu ermöglichen. Trendbericht bereitgestellt. Seit 2007 wird das Lernen im Erwachsenenalter, angepasst an euro- Das Weiterbildungsgesetz (WbG) in NRW sich dabei vordringlich für die quantitative und päische Vergleichsstudien, nach den Parametern garantiert den Einrichtungen für ihr Programm qualitative Beteiligung an der Weiterbildung des „Adult Education Survey“ (AES) erhoben. Die die völlige Lehrplanfreiheit und geht von der zu interessieren. Im Übrigen werden sich die Ergebnisse beider Forschungsstrategien bestä- freiwilligen Teilnahme aller Lernenden an den Einrichtungen im neuen Berichtswesen Mitte 2017 mit den Daten aus dem Programmjahr tigen der Weiterbildung in der Bundesrepublik offen zugänglichen Veranstaltungen aus. Es verlangt ferner für die Förderung von Bildungs- 2016 der politischen Erwartung nach einer eine relativ hohe Weiterbildungsbeteiligung von veranstaltungen im Durchschnitt lediglich zehn Leistungsbilanz umfassend und differenziert bis zu 50 Prozent aller BürgerInnen. Nordrhein- TeilnehmerInnen. Ein zentraler Reibungspunkt: stellen. Die Einrichtungen rechnen allerdings Westfalen hat sowohl im Berichtssystem Wei- Der Anteil der Landesmittel an der Finanzierung auch damit, dass sie dann auf dieser Basis die terbildung bis 2007 sowie in den folgenden der anerkannten Einrichtungen hat sich in den Forderung nach verbesserter Ausstattung – mit AES-basierten Berichten im Ländervergleich vergangenen Jahren kontinuierlich verringert, anderen Worten: besserer finanzieller Förde- beständig Spitzenpositionen eingenommen. bei den kommunalen Einrichtungen auf circa rung – für die bestehende und die notwendige Umso größer war in diesem Sommer die Irri- 20 Prozent, bei anderen Einrichtungen auf circa Programmarbeit und ihren infrastrukturellen tation, die die Bertelsmann Stiftung mit ihrem 25 Prozent. Im Vergleich der Bundesländer Voraussetzungen untermauern können. zum zweiten Mal herausgegebenen „Deutschen nimmt NRW bei den Ausgaben pro BürgerIn Die Frage nach der Weiterbildungsbeteiligung Weiterbildungsatlas“ ausgelöst hat. Während seit Jahren nur noch einen mittleren Platz ein. ist nie eine rein quantitative gewesen, denn es der AES der Weiterbildung bundesweit eine Aber in absoluten Zahlen liegen die Aufwen- geht nicht einfach darum, unter den BürgerInnen durchschnittliche Teilnahmequote von 50 Pro- dungen des Landes NRW weit an der Spitze des eine hohe Teilnahmequote zu erreichen. Vielmehr zent attestiert, sieht der Weiterbildungsatlas nationalen Rankings, in 2016 zum Beispiel mit sollen vor allem diejenigen erreicht werden, hier nur noch durchschnittlich 12,3 Prozent. fast 130 Millionen Euro. die aufgrund sozialstruktureller Merkmale und Lebenslagen – zum Beispiel Geschlecht, Alter, Und noch schlimmer: NRW liegt mit einer Quote Weiterbildung messbar machen Zuwanderungshintergrund, schulische und beruf- von 10,4 Prozent im Bundesvergleich ganz weit Diese (absolute) Sonderstellung der Weiter- liche Qualifikation, Erwerbsstatus oder berufliche hinten – zusammen mit anderen Bundesländern, bildung in NRW motiviert die politischen Kräfte, Stellung – systematisch bildungsbenachteiligt die nur ein Bruchteil dessen aufwänden, was die Einrichtungen nach transparenten Berichten sind und bisher deutlich unterrepräsentiert am NRW jährlich in die öffentliche Weiterbildungs- über die erreichten Ergebnisse zu fragen und Weiterbildungsangebot teilhaben. finanzierung steckt.
nds 11/12-2016 9 Verlässliche Ressourcen bereitstellen Landesbeirat der gemeinwohlorientierten Weiterbildung NRW Alle maßgeblichen Beiträge zur Erhöhung der Bewährte Unterstützung beibehalten Weiterbildungsbeteiligung in NRW sehen einen Zusammenhang mit dem Ressourcenmangel in Alle Beteiligten sind sich sehr einig: Der Landes- In zwei Empfehlungen ist dieses Anliegen in den ver- beirat der gemeinwohlorientierten Weiterbildung gangenen Jahren überzeugend bereits erreicht wor- den Einrichtungen. Die auf der Basis von 1984 in NRW, der 2014 auf Empfehlung der Weiterbil- den: Die Empfehlungen zu „Alphabetisierung und eingefrorene Landesförderung hat einerseits dungskonferenz durch die Ministerin für Schule Grundbildung“ konnten Ministerin Sylvia Löhrmann zu fortlaufendem Personalabbau, zu prekärer und Weiterbildung Sylvia Löhrmann berufen Anfang 2015 überreicht werden. Die Arbeiten an Beschäftigung von Honorarkräften, zur Ver- wurde, hat sich bewährt und sollte seine Arbeit den Empfehlungen zur Verbesserung der Weiterbil- dungsbeteiligung auf der Basis diversitätsbewusster nachlässigung der Infrastruktur, zur Aufgabe langfristig fortsetzen. Strategien unter dem Titel „Vielfalt gestalten – Wei- von wohnortnahen Standorten, zur Einsparung Nach fast drei Jahren kann in einem Zwischen- terbildungsbeteiligung erhöhen“ sind abgeschlos- kostenintensiver Kommunikations- und Bera- ergebnis festgestellt werden: Die breite Zusam- sen und stehen kurz vor der Veröffentlichung. tungsstrategien sowie zur Vernachlässigung mensetzung aus kommunalen Spitzenverbänden, Die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung fokus- Wirtschafts- und Sozialpartnern, Wissenschaft, Ver- aufwändiger, niedrigschwelliger Lernformate siert insbesondere Aufgaben der Weiterbildung, braucherzentrale sowie Landesorganisationen der die aber personell, curricular, finanziell und organi- geführt. Andererseits sind viele Einrichtungen Weiterbildung bietet die Chance, mit gemeinsamen satorisch nur bedingt dafür ausgestattet ist. Auch aus finanziellen Gründen parallel marktab- Positionen die Entwicklung der gemeinwohlorien- deshalb gehört die Beratung der Politik durch den hängiger geworden, da die kommunalen und tierten Weiterbildung in der Politik zu unterstützen Landesbeirat der gemeinwohlorientierten Weiterbil- und in fachlichen Fragen die zuständigen Ministe- dung in NRW dauerhaft und unabhängig gesichert – anderen Träger keinesfalls in der Lage waren, rien „mit einer Stimme“ zu beraten. so die Forderung des amtierenden Landesbeirates. alleine die sozialpolitischen Aufgaben und die ständigen Kostensteigerungen aufzufangen. Eine Weiterbildung, die keine BürgerInnen abhängen will und die die Herausforderungen Da der Weiterbildungsatlas auf andere, für wird die stärkere Einbindung besonders för- und Chancen von Diversität aufgreifen will, NRW ungenaue und unvollständige Daten- derungswürdiger Zielgruppen angesprochen. braucht zur zukunftsfähigen und dynamischen bestände zurückgreift und auf der Basis des Gleichzeitig werden aber die dafür notwendigen Entwicklung eine bessere und verlässliche Lan- Mikrozensus eine nicht vergleichbare stati- finanziellen Ressourcen angemahnt. desförderung. Mit der Erhöhung der Landesmittel stische Befragungsstrategie verfolgt, lässt sich Vielfalt engagiert akzeptieren im Haushalt 2016 und im Plan für 2017 sind – ein großer Teil dieser Ergebnisse relativieren. und Zugangsbarrieren abbauen motiviert durch den Integrationsplan für NRW – Trotzdem und zu Recht ist es dem „Deutschen erste, von den Einrichtungen begrüßte Schritte Der Landesbeirat der gemeinwohlorientierten Weiterbildungsatlas“ gelungen, die Debatte getan. Sie reichen allerdings keinesfalls aus, um Weiterbildung NRW, der sich Anfang 2014 auf um die Weiterbildungsbeteiligung in NRW neu alle Bevölkerungsgruppen in NRW flächende- Empfehlung der Weiterbildungskonferenz konsti- zu befeuern. ckend nachhaltig zu beteiligen. // tuiert hat, unterstützt mit seiner übergreifenden Viel Bewegung in der Weiterbildung Expertise beratend die Landespolitik. Nach der Alphabetisierung und Grundbildung wendet er Dabei wird die Debatte über die Weiterbil- sich nun in dem jüngst verabschiedeten Papier Deutsches Institut für Erwachsenen- dungsbeteiligung in NRW seit vielen Jahren „Vielfalt gestalten – Weiterbildungsbeteiligung PDF bildung: Lernende fördern – Strukturen geführt: In Evaluationen wie zuletzt in 2011 erhöhen“ der Teilnahmeentwicklung zu. Gefor- stützen das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung, www.tinyurl.com/DIE-Evaluation dert wird, die individuellen und institutionellen das die Wirksamkeit der Weiterbildungsmittel Helmut Bremer, Mark Kleemann-Göhring: Zugangsbarrieren abzubauen, die Menschen Abschlussbericht des Projekts „Potenziale PDF des WbG NRW ausgewertet und die Ergebnisse davon abhalten, ihre Potenziale zu entfalten der Weiterbildung“ unter dem Titel „Lernende fördern – Strukturen und insbesondere am wirtschaftlichen und gesell- www.tinyurl.com/Potenziale-Weiterbildung stützen“ veröffentlicht hat. In den politischen schaftlichen Leben gleichberechtigt teilzuhaben. www. Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Die Weiterbildung wird aufgefordert, Vielfalt Kultur und Sport NRW: Infos zum Familien- Diskursen, wie die Landtagsfraktion der GRÜNEN bildungsprogramm „Elternstart NRW“ in NRW, die 2014 unter dem Motto „Weiterbil- engagiert zu akzeptieren und zur Entwicklung www.mfkjks.nrw/unterstuetzung-und- dung weiterdenken“ Strategien zur Erhöhung der einer Kultur der Wertschätzung beizutragen. In staerkung-von-muettern-und-vaetern Weiterbildungsbeteiligung entwickelt hat. In den der individuellen Unterstützung der Lernenden Weiterbildungskonferenz NRW: Ziele und werden zielgerichtete Informationsangebote, Be- PDF Empfehlungen für die Entwicklung der von den Ministerien angestoßenen Innovations- gemeinwohlorientierten Weiterbildung ratung und gesonderte Förderung als notwendig projekten wie dem Modellprojekt „Potenziale der in NRW erachtet. Zur Verbesserung der institutionellen www.tinyurl.com/Weiterbildungskonferenz- Weiterbildung“, das seit 2009 neue Wege zur Bedingungen wird Organisationsentwicklung auf Ziele Gewinnung von sozial benachteiligten Gruppen der Basis von Diversity-Konzepten empfohlen, für Weiterbildungsangebote erschließt. In den außerdem die Implementierung aufsuchender Sonderfinanzierungen für die Einrichtungen, so Bildungsberatung und Bildungsarbeit systema- Kurt Koddenberg zum Beispiel seit 2012 in dem landesweiten, tische örtliche Kooperationen und Netzwerke Vorsitzender des Landesbeirates der gebührenfreien Angebot der Familienbildung gemeinwohlorientierten Weiterbildung sowie die Weiterentwicklung niedrigschwelliger NRW und der Landesarbeitsgemein- „Elternstart“. Auch in den Empfehlungen der Lernformate sowie sozialraum- und arbeitswelt- schaft Katholische Erwachsenen- und Weiterbildungskonferenz aus dem Jahr 2012 orientierte Angebote. Familienbildung NRW e. V.
10 BILDUNG Foto: Deemwave / shutterstock.com Finanzierung der gemeinwohlorientierten Weiterbildung Landesregierung verstärkt ihr Engagement Die Herausforderungen für die Weiterbildung sind in den vergangenen Jahren Folgen ihrer strukturellen Unterfinanzierung auf- stetig gewachsen. Diversität, Integration, Inklusion, Prävention und Demo- zufangen. Um jedoch die insbesondere durch die kratiefähigkeit erfordern lebensbegleitende Weiterbildung für möglichst viele Zuwanderung von Geflüchteten entstandenen Menschen und damit die Gestaltungskraft der 131 Volkshochschulen und der zusätzlichen Aufgaben angemessen bewältigen 330 Einrichtungen in anderer Trägerschaft. Um ihren Aufgaben auch zukünftig zu können, ohne die etablierten Angebote ein- gerecht werden zu können, brauchen Weiterbildungseinrichtungen eine ange- schränken zu müssen, braucht die Weiterbildung messene und anforderungsorientierte Ausstattung. dringend eine deutlich erhöhte, verlässliche und dynamisierte Regelförderung. Mit der Verabschiedung des zweiten Nachtrags- lichen, zum Zusammentreffen von Geflüchteten Die Formel für die Landtagswahl: 10 + 1 haushalts 2016 und den Kabinettsbeschlüssen mit bereits hier lebenden Menschen und zur Stär- zum Haushalt 2017 gibt die nordrhein-westfä- kung demokratischer Teilhabe organisiert. Von Die insgesamt 460 Einrichtungen der ge- meinwohlorientierten Weiterbildung in NRW lische Landesregierung erste, längst überfällige zentraler Bedeutung ist dabei, andere relevante arbeiten über ihre Landesorganisationen im Signale, diese geradezu trivial anmutenden Er- Bildungsaufgaben nicht zu vernachlässigen. Gesprächskreis der gemeinwohlorientierten kenntnisse verstanden zu haben und in Politik Unverzichtbar sind aus gewerkschaftlicher Sicht Weiterbildung eng zusammen. So gelingt es, umzusetzen. Angebote der politischen Bildung zur Stärkung Interessen der unterschiedlichsten Träger zu bün- unserer Demokratie. Aber auch das Spektrum all- Die Grenzen des Machbaren deln. Im Landtagswahlkampf und gegenüber der gemeiner, beruflicher, schulabschlussbezogener sind erreicht neuen Landesregierung wird die Weiterbildung und kultureller Weiterbildung sowie Eltern- und Zum Hintergrund: Die Zuschüsse über das mit einer Stimme sprechen. Unsere Forderung Familienbildung haben einen Stellenwert, den es Weiterbildungsgesetz wurden seit 1984 – trotz nach einer deutlich erhöhten, verlässlichen und nicht nur zu sichern, sondern auszubauen gilt. dynamisierten Regelförderung bringen wir auf regelmäßiger Kostensteigerungen in den Einrich- tungen – über 30 Jahre nicht erhöht. Im Gegen- Regelförderung ausbauen die Formel „10 + 1“. Das heißt konkret: Zehn teil, die Kürzungen aus 2004 und 2006 wurden Mit der Verabschiedung des zweiten Nach- Euro im Jahr für alle EinwohnerInnen unseres Landes, eine jährliche Erhöhung der Mittel um im Jahr 2011 nur zum Teil zurückgenommen. tragshaushalts am 14. September 2016 hat der (mindestens) ein Prozent – das muss uns die Real bedeutete das bis zum Herbst dieses Jahres nordrhein-westfälische Landtag zunächst bis Weiterbildung wert sein. // eine um 15 Prozent reduzierte Regelförderung 2019 eine Absenkung der Kürzungen aus den der Weiterbildung gegenüber dem Jahr 2000. Vorjahren um fünf Prozent – nämlich von 15 auf Berücksichtigt man darüber hinaus allgemeine 10 Prozent – beschlossen. Das Landeskabinett www. Helle Timmermann: Bochumer Memoran- Kostensteigerungen wird deutlich, dass viele hat sich am 8. November darauf verständigt, die dum 2011 bis 2017: Weiterbildungsför- Einrichtungen schon längst die Grenzen des Weiterbildung von 2017 bis 2019 mit weiteren derung – Bildung für alle ermöglichen Machbaren erreicht haben. sechs Millionen Euro auszustatten. Vorbehaltlich (in: nds 6/7-2016) www.nds-zeitschrift.de/nds-67-2016/ In 2015 und 2016 sind die Weiterbildungs- der Zustimmung durch den Landtag werden bildung-fuer-alle-ermoeglichen einrichtungen in NRW bei einer der aktuell damit weitere fünf Prozent der ursprünglichen größten gesellschaftlichen Aufgaben – der Kürzungen zurückgenommen. Damit hat die Integration von Geflüchteten – trotz prekärer Landesregierung das Grundanliegen der gemein- Elke Hülsmann Voraussetzungen in Vorleistung gegangen. wohlorientierten Weiterbildung aufgegriffen Geschäftsführerin des DGB-Bildungswerks NRW e. V. Neben der Umsetzung von Sprachangeboten und erste Lösungen auf den Weg gebracht. werden Angebote zur Herstellung von Beschäfti- Die teilweise Rücknahme der Kürzungen wird gungsfähigkeit, zur Qualifizierung von Ehrenamt- der Weiterbildung helfen, die dramatischsten
nds 11/12-2016 11 Digitalisierung in der Weiterbildung Soziale Spaltung verringern In der Weiterbildung gilt bisher: Wer hat, dem wird gegeben. Blickt man auf die Um diese Potenziale zu nutzen, braucht es Weiterbildung in Deutschland, wird klar: Wer sie am dringendsten braucht, hat standardisierte Formen digitaler Kompetenz- selten eine Chance auf Qualifizierung. Die Digitalisierung von Bildung kann dazu nachweise, die bei ArbeitnehmerInnen wie Ar- beitragen, diese Diskrepanz aufzuheben. beitgeberInnen anerkannt sind. Zudem sollten Betriebe digitale Bildungsangebote für alle Mit- Hochqualifizierte nehmen laut Deutschem back und kontinuierliche Fortschritte wird Lernen arbeiterInnen anbieten. Vonseiten des Staates Weiterbildungsatlas dreimal so oft an Weiter- zum Erfolgserlebnis. Spielerische Lernformen braucht es dazu eine integrierte Strategie, die bildungsangeboten teil wie Geringqualifizierte – machen Weiterbildung auch für Bildungsferne das Potenzial der Digitalisierung und Anschlüsse 22,5 Prozent gegenüber 6,7 Prozent, in NRW attraktiver. an die Arbeitsmarktpolitik aufzeigt. Wenn dies liegt die Quote sogar nur bei 4,9 Prozent. Zudem Damit diese Potenziale genutzt werden, sind gelingt, fassen Dräger und Müller-Eiselt treffend zieht sich der Staat aus der Förderung zurück. Die Investitionen nötig. Dann können exzellente zusammen, „wird die digitale Revolution nicht Studie „Weiterbildungsfinanzierung in Deutsch- Lerninhalte zu geringen Kosten für viele an- nur Lernprozesse, sondern auch gesellschaftliche land“ der Bertelsmann Stiftung belegt: Um ganze geboten werden. Bildungsanbieter müssen ihr Strukturen verändern. Wenn bisher Abgehängte 41Prozent – oder 6,1 Milliarden Euro – sanken pädagogisches Personal fortbilden, denn diese Zugang zu günstiger und guter Bildung erhalten, die öffentlichen Ausgaben für Weiterbildung von KollegInnen sind der Schlüssel, um digitale Bil- wenn Können mehr zählt als Titel“, führt das zu 1995 bis 2012. Diese Kürzungen gehen zulasten dung umzusetzen. Der Staat sollte für Lerninhalte einer faireren Gesellschaft. // derer, die auf Unterstützung angewiesen sind und Fortbildung ausreichende Mittel bereitstellen und verschärfen soziale Ungleichheit. und ein klares Signal aussenden, die Chancen Die Digitalisierung hat das Potenzial, mehr der Digitalisierung zu nutzen. „Veränderungen www. Marvin Bürmann, Frank Frick: Deutscher Weiterbildungsatlas Menschen Weiterbildung zu ermöglichen. So werden nur dann gelingen, wenn die Technik als www.deutscher-weiterbildungsatlas.de sind digitale Bildungsangebote immer, über- Hilfsmittel und nicht als Ersatz für Lehrpersonal www. Marcel Walter: Weiterbildungsfinanzierung all und für jeden verfügbar. Personalisierte verstanden wird. Die Digitalisierung ist keine in Deutschland. Aktueller Stand, Entwick- und spielerisch gestaltete Lerninhalte, die sich Einladung, unter dem Deckmantel des Fortschritts lung, Problemlagen und Perspektiven dem Lernstil sowie Lerntempo anpassen, wirken Kosten einzusparen“, so die Bildungsexperten www.tinyurl.com/Walter-Finanzierung motivierend. Online-Lerngruppen fördern den Jörg Dräger und Ralph Müller-Eiselt in ihrem Stefanie Velten, Gunvald Herdin: Aner- PDF kennung informellen und non-formalen Kompetenzerwerb im Austausch mit anderen. Buch „Die digitale Bildungsrevolution“. Lernens in Deutschland. Ergebnisse aus Badges und Microcredits – also digitale Zertifi- dem BIBB-Expertenmonitor Berufliche Digitale Zertifikate schaffen kate und Nachweise – machen die erworbenen Bildung 2015 Anschlüsse zwischen Bildung und Beruf www.tinyurl.com/BIBB-Expertenmonitor Kompetenzen im beruflichen Kontext verwertbar. Wenn passgenaue Angebote für jede Lernerin Kompetenzen sind dann beruflich verwert- www. Bertelsmann Stiftung: Projekt „Digitali- bar, wenn sie durch ein Zertifikat bescheinigt sierung der Bildung“, Beiträge zum Bereich und jeden Lerner bereitstehen und Gelerntes Weiterbildung stärker als bisher anerkannt wird, kann die werden. Das gilt vor allem auf dem deutschen www.digitalisierung-bildung.de/tag/ Digitalisierung die soziale Spaltung in der Wei- Arbeitsmarkt, wie der „Expertenmonitor Beruf- weiterbildung terbildung verringern. liche Bildung 2015“ des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hervorhebt. Ein Großteil des Passgenaue Angebote führen berufsrelevanten Wissens wird jedoch informell Monika Fischer jede und jeden zum Lernerfolg erworben. Der IT-Bereich greift diese Erkenntnis Projektmanagerin im Programm „Lernen fürs Leben“ der Bertelsmann Wer in der Weiterbildung tätig ist, weiß: Die bereits auf und rekrutiert MitarbeiterInnen über Stiftung Heterogenität der Lernenden ist der Normalfall. digitale Plattformen oder Tests. Digitale Badges Erwachsene LernerInnen bringen viele Vorerfah- und Microcredits machen das individuelle Kom- rungen mit. Digitale Angebote können dafür petenzprofil der LernerInnen sichtbar. Werden Frank Frick personalisierte Lernwege bereitstellen. Aufei- diese digitalen Kompetenznachweise nach ein- Direktor im Programm „Lernen fürs Leben“ der Bertelsmann Stiftung nander aufbauende Lerneinheiten, gesteuert zelnen Lernschritten vergeben, motiviert das die von intelligenten Algorithmen, passen sich den Lernenden und vereinfacht die Anerkennung der Voraussetzungen der Lernenden an. Durch Feed- Kompetenzen durch ArbeitgeberInnen. Foto: Sergey Nivens / fotolia.com
12 BILDUNG Bochumer Memorandum 2011 bis 2017: Armut und Schulbildung (Bildungs-)Reichtum umverteilen! Soziale Benachteiligung wirkt sich negativ auf die Bildungsbeteiligung aus: Sinne, dass Bildungsdefizite der Eltern die So finden beispielsweise Kinder aus einkommensschwachen Familien schlech- Kinderarmut herbeigeführt hätten. Kinder aus ter Zugang zu Bildung. Das Bochumer Memorandum forderte schon 2011 die sozial benachteiligten Familien gehören zwar Abschwächung dieses Zusammenhangs, doch bis zur Zwischenbilanz in 2015 zu den größten BildungsverliererInnen, ihre hatte sich die Situation nicht verändert. Was bei der Suche nach den Ursachen Armut basiert jedoch selten auf falschen oder häufig unberücksichtigt bleibt: Bezugspunkt für fehlende Bildungschancen ist fehlenden Schulabschlüssen, denn Letztere sind nicht allein Armut, sondern die stetig wachsende Kluft zwischen Arm und Reich. höchstens Auslöser und Verstärker, aber nicht Verursacher materieller Not. Bildungsdefizite Um die Lebenssituation sozial benachteiligter dern je nach Alter 0,32 Euro, 1,30 Euro oder führen allerdings oft zu einer Verfestigung der SchülerInnen zu kennzeichnen, wird häufig der 1,61 Euro. Symptomatisch war auch das jüngste Armut, weil die Chancen eines Menschen auf zur Jahrtausendwende von Jutta Allmendinger Gutachten des Sachverständigenrates zur Begut- dem Arbeitsmarkt und Berufskarrieren heute in die Fachdebatte eingeführte Begriff „Bil- achtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung immer stärker an Kompetenzen gebunden sind, dungsarmut“ verwendet. Tatsächlich schlägt mit dem Titel „Zeit für Reformen“, welches statt die man an (Hoch-)Schulen erwirbt. sich Armut nicht bloß als chronisches Minus einer Wiedererhebung der Vermögensteuer die Wenn man so tut, als führten ausschließlich auf dem Bankkonto oder als gähnende Leere Einführung eines verpflichtenden Vorschuljahres oder hauptsächlich mangelnde Bildungsanstren- im Portemonnaie nieder, sondern führt auch empfiehlt – Bildung ja, Umverteilung nein. Letz- gungen zu materieller Armut, fällt ausgerechnet zu vielfältigen Benachteiligungen, gerade im tere ist aber die unabdingbare Voraussetzung den Betroffenen im Sinne eines individuellen Hinblick auf die Schulbildung der Betroffenen. dafür, wenn man Schulen besser ausstatten und Versagens (der Eltern) die Verantwortung dafür Es wäre jedoch ein Irrtum zu meinen, Armut Kinder umfassender bilden will. zu, während ihre gesellschaftlich bedingten erschöpfe sich in Bildungsdefiziten oder basiere Bildungsdefizite – Handlungsrestriktionen und die politischen primär darauf. Vielmehr ist das Verhältnis von Hauptursache von Kinderarmut? Strukturzusammenhänge aus dem Blick geraten. Armut und Schulbildung erheblich komplizierter Bildungsbeteiligung für die einen und Bildungs- Der Begriff „Bildungsarmut“ leistet dem als es zunächst scheint und der Begriff „Bildungs- benachteiligung für die anderen Kinder ergeben Irrglauben Vorschub, eine gute Schulbildung armut“ missverständlich, wenn nicht irreführend. garantiere einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz. sich aus der Tendenz zur sozialen Polarisierung, Durch eine Blickverengung auf (gescheiterte) Zweifellos verhindern Bildungsdefizite vielfach, die wiederum eine Folge der Globalisierung Bildungsbiografien sozial Benachteiligter wird dass junge Menschen auf liberalisierten Arbeits- beziehungsweise der neoliberalen Modernisie- nämlich von den eigentlichen Wurzeln der sich märkten sofort Fuß fassen. Auch führt die Armut rung darstellt. vertiefenden Kluft zwischen Arm und Reich ab- von Familien häufig dazu, dass deren Kinder So wenig ein ökonomistisch verkürzter Ar- gelenkt sowie eine Pädagogisierung, Subjektivie- keine weiterführende Schule besuchen oder mutsbegriff das Phänomen in seiner ganzen rung beziehungsweise Psychologisierung dieses sie ohne Abschlusszeugnis wieder verlassen. Komplexität erfasst, so wenig Sinn macht ein Kardinalproblems der Gesellschaftsentwicklung Armut in der Herkunftsfamilie zieht oftmals kulturalistisch verkürzter Armutsbegriff. Ohne betrieben, dessen erfolgreiche Lösung nur mittels Bildungsdefizite der davon betroffenen Kinder die Berücksichtigung der Schlüsselrolle ma- einer Umverteilung der materiellen Ressourcen nach sich. Der umgekehrte Effekt ist hingegen terieller Güter für die Existenz, das Ansehen von oben nach unten erfolgen kann. kaum signifikant: Ein schlechter oder fehlender und die Wertschätzung eines Menschen im WissenschaftlerInnen, verantwortliche Politi- Schulabschluss verringert zwar die Erwerbs- Gegenwartskapitalismus kann das Problem kerInnen oder PublizistInnen, die den privaten chancen, wirkt sich aber kaum nachteilig auf nicht verstanden werden. Geradezu paradox Reichtum nicht antasten wollen, können die den Wohlstand einer Person aus, wenn diese erscheint, dass die überragende Bedeutung des Armut in unserem reichen Land nicht verringern, vermögend ist oder Kapital besitzt. Armut macht Geldes sowie seiner halbwegs gleichmäßigen verweisen aber gern auf die überragende Rolle zwar auf die Dauer dumm, Dummheit deshalb und gerechten Verteilung auf die unterschied- der Bildung, ohne dafür mehr Geld bereitzustel- jedoch noch lange nicht arm. lichen Bevölkerungsgruppen ausgerechnet zu len. So wird Erwachsenen im Hartz-Regelbedarf Armut und Bildung stehen in einem Wech- einer Zeit immer häufiger angezweifelt wird, in 1,54 Euro pro Monat für Bildung gewährt, Kin- selverhältnis zueinander, aber nicht in dem der es aufgrund einer fortschreitenden Ökonomi-
nds 11/12-2016 13 Zum Weiterlesen Christoph Butterwegge: Fotos: suze, kemai / photocase.de Armut PapyRossa, 2016 ISBN: 978-3-89438-625-2 131 Seiten 9,90 Euro sierung, Privatisierung und Kommerzialisierung durch Förderung der Privatschulen, Beschnei- Christoph Butterwegge diskutiert den Armuts- in fast allen Gesellschaftsbereichen ständig an dung der Lernmittelfreiheit und (Wieder-)Einfüh- begriff, wirft einen Blick auf die Geschichte Relevanz für die Versorgung und den Status von der Armut und vermittelt die theoretischen rung von Studiengebühren die Bildungsbarrieren Grundlagen. Er stellt die Hauptrichtungen der Individuen gewinnt. für Kinder aus sozial benachteiligten Familien. Armutsforschung vor, erläutert die gängigen Me- thoden der Armutsmessung und hinterfragt die „Bildung für alle“ statt Bildung als Wunderwaffe gegen Armut? statistische Datenlage. Neben den unterschied- Umverteilung des Reichtums? lichen Erscheinungsformen und den Folgen der Bildungsbeteiligung ist kein Garant für eine Was unter günstigen Umständen fraglos zum Armut für die Betroffenen wie die Gesellschaft gesicherte materielle Existenz. Andernfalls hät- beschäftigen ihn die Entstehungsursachen und individuellen beruflichen Aufstieg taugt, versagt ten nicht elf Prozent aller Beschäftigten im die wenig überzeugenden Erklärungsansätze der als gesellschaftliches Patentrezept. Wenn alle Niedriglohnsektor einen Hochschulabschluss. So ( Medien-)Öffentlichkeit. Abschließend geht es Jugendlichen – nicht bloß jene mit Migrationshin- um den Kampf gegen die Armut sowie die Frage, wichtig Bildungs- und Kulturangebote für Kinder welche Maßnahmen hierbei Erfolg versprechen tergrund – mehr Bildungsmöglichkeiten bekämen, sind, so wenig taugen sie als Wunderwaffe im und ob das bedingungslose Grundeinkommen was sicherlich wünschenswert wäre, würden sie Kampf gegen die Armut. Zwar werden die Armen ein Patentrezept darstellt. um die wenigen Ausbildungs- und Arbeitsplätze häufig dumm (gemacht), die Klugen aber des- womöglich nur auf einem höheren geistigen Christoph Butterwegge: halb nicht automatisch reich. Bildung ist daher Niveau, aber nicht mit größeren Chancen kon- kurrieren. Eine bessere (Aus-)Bildung erhöht die auch nur ein begrenzt taugliches Mittel gegen Armut in einem reichen Land. (Kinder-)Armut, denn sie kann zwar durch soziale Wie das Problem verharmlost Konkurrenzfähigkeit eines Heranwachsenden auf Diskriminierung entstandene Partizipationsde- und verdrängt wird dem Arbeitsmarkt, ohne die Erwerbslosigkeit und fizite junger Menschen mildern, allerdings nicht die (Kinder-)Armut zu beseitigen. verhindern, dass materielle Ungleichgewichte Zwar kann ein Individuum durch die Betei- auf deren Arbeits- und Lebensbedingungen ligung an Bildungsprozessen einer prekären Lebenslage entkommen, eine gesamtgesell- durchschlagen. schaftliche Lösung bietet sie allein freilich Da die „Bildungsferne“ armer Familien eine Campus, 2016 nicht. Ohne eine spürbare Verbesserung der Folge gravierender materieller Defizite ist, die 4. aktualisierte Auflage Bildungseinrichtungen und der Bildungschancen teilweise über Generationen hinweg kumuliert ISBN: 978-3593506425 wurden, lässt sich die Benachteiligung von 400 Seiten für alle (Wohn-)BürgerInnen und ihre Kinder ist 24,95 Euro die Armut nicht erfolgreich zu bekämpfen. Aber Kindern nur verringern, wenn Schulbildung als Vermehrte Fluchtmigration, Angst vor gesell- nur mittels eines Ausbaus im Bildungsbereich integraler Bestandteil einer fortschrittlichen schaftlichem Abstieg und soziale Ungleichheit: lässt sich das Problem ebenso wenig lösen. Gesellschaftspolitik verstanden wird und eine Obwohl diese Themen viele Menschen umtrei- Vielmehr bedarf es darüber hinaus neben einer strukturelle Benachteiligung deprivierter Kinder ben, wird Armut in Deutschland, so Christoph Butterwegge, nicht konsequent bekämpft, son- Vielzahl anderer Maßnahmen, um die soziale unterbleibt. Inklusion sollte nicht bloß als sonder- dern verharmlost und „ideologisch entsorgt“. In Infrastruktur zu verbessern, der Umverteilung pädagogisches, vielmehr auch als gesellschafts- der aktualisierten Auflage seines Standardwerks von Arbeit, Einkommen und Vermögen. Schließ- politisches Paradigma verstanden werden. // diskutiert er auch, was getan werden muss, um lich kann die Pädagogik weder eine gerechte die Kluft zwischen Arm und Reich wieder zu schließen. Steuerpolitik noch eine die Armut konsequent bekämpfende Sozialpolitik ersetzen. Es ist heuchlerisch und purer Zynismus, den Armen „Bildet euch! Bildet euch! Bildet euch!“ Prof. Dr. Christoph Butterwegge zu predigen, ihnen jedoch die dafür notwendigen Armutsforscher, bis 2016 Professor für Politikwissenschaft an der Universität www. Webseite von Prof. Dr. Christoph Butter- materiellen Ressourcen vorzuenthalten. Politi- zu Köln, Kandidat der LINKEN für die wegge: aktuelle Infos, Publikationen und kerInnen, die in Sonntagsreden eine bessere Wahl des Bundespräsidenten 2017 Vorträge Bildung für alle versprechen, erhöhen im Alltag www.christophbutterwegge.de
14 BILDUNG Fünf Jahre Sekundarschule – eine Standortbestimmung Auf gutem Weg zu einer Schule für alle Fünf Jahre sind vergangen und der Schulkonsens hat in vielen Teilen NRWs für die Schule aktiv mitzugestalten. So arbeiteten sie eine Neuordnung der Bildungslandschaft gesorgt. Im August 2016 veröffent- als ElternvertreterInnen in der Schulpflegschaft lichte die Rosa-Luxemburg-Stiftung eine Studie mit der Fragestellung, wie sich mit, gründeten zügig Fördervereine für die neuen die Schullandschaft durch den Schulkonsens verändert hat. Der Sekundarschule Schulen und saßen oft stundenlang in den noch stellt die Studie kein gutes Zeugnis aus – zu Unrecht, meint die GEW NRW. sehr kleinen Schulkonferenzen, um über die Ausrichtung der Schule mitzubestimmen. Nach Von den 117 Sekundarschulen im Land seien gemeinsam mit vielen MitschülerInnen aus ihren außen hin standen sie anderen Eltern Rede und schon drei in Gesamtschulen umgewandelt Grundschulen, ohne auf einen Bildungsgang Antwort, warum sie gerade diese Schule für ihr worden und neun müssten ernsthaft um ihr festgelegt zu sein. Im Jahrgang 2015 / 2016 Kind ausgewählt haben und keine andere. Die Weiterbestehen bangen, so die Studie der Rosa- haben 49 Prozent der Lernenden Übergangs- Eltern stellen an den neu gegründeten Schulen Luxemburg-Stiftung. Wenige Chancen gebe man empfehlungen für die Hauptschule, 43 Prozent einen nicht unerheblichen Erfolgsfaktor dar. der Sekundarschule, insbesondere dann, wenn haben Realschul- und acht Prozent Gymnasial- Deshalb trifft auch sie das Urteil der Studie der es in unmittelbarer Nähe eine Gesamtschule empfehlungen. Die Mehrzahl der Sekundar- Rosa-Luxemburg-Stiftung hart. gebe. Ihre Überlebensnische sehe man im länd- schülerInnen wird teilintegriert unterrichtet: In LehrerInnen: Raum für Ideen lichen Raum, wo sie je nach Ausgestaltung der den Klassen 5 und 6 lernen sie gemeinsam im und hohe Belastung dortigen Schullandschaft als Restschule für alle Klassenverband, in der siebten Klasse belegen SchülerInnen fungiere, die nicht das Gymnasium sie dann Grund- und Erweiterungskurse in den Die Sekundarschule gilt mit einer Schüle- besuchen. Die Sekundarschule, bilanziert die Hauptfächern. Ein Fünftel aller Sekundarschulen rInnen-LehrerInnen-Relation pro Stelle von 16,27, Studie, sei aus Sicht der Eltern und der Kom- unterrichtet sogar komplett integrativ. Nur zwei einem Klassenfrequenzrichtwert von 25 Schüle- mune die schlechtere Wahl, denn die Kinder Schulen unterrichten kooperativ und bieten zwei rInnen pro Klasse und einem Stundendeputat müssten nach der zehnten Klasse die Schule Bildungsgänge parallel an. Der überwiegende von 25,5 Stunden als eine Schule mit guter und manchmal sogar die Stadt verlassen, um Teil der Sekundarschulen orientiert sich somit an Ausstattung. Trotzdem können die Belastungen einen weiterführenden Abschluss zu erwerben. der Sekundarstufe I der Gesamtschulen, ebenso des Aufbaus so nicht aufgefangen werden. Ein düsteres Fazit für eine Schulform, die als die Lehrpläne. Welchen Abschluss die Schüle- Knapp 3.400 KollegInnen unterrichteten im Schule der Zukunft gestartet ist. rInnen einmal erhalten werden, das wird sich Schuljahr 2015 / 2016 an den 114 Sekundarschu- Den circa 3.400 KollegInnen und 38.851 in den kommenden Jahren ihrer Schullaufbahn len und ähnlich wie seine SchülerInnenschaft SchülerInnen an 114 Sekundarschulen in NRW noch herausstellen. Ein Manko, das auch die ist auch das Kollegium jeder Schule heterogen wird dieses Fazit nicht gerecht. Und auch nicht MacherInnen der Studie erkannt haben, denn zusammengesetzt. LehrerInnen aus allen Schul- den Tausenden Eltern, die ihre Kinder diesen es gibt noch keine Daten über die erreichten formen arbeiten eng zusammen. Zu Beginn jeden noch neuen Schulen anvertraut haben. Im Ver- Abschlüsse der SekundarschülerInnen, und Pro- neuen Schuljahres erweitert sich das Kollegium gleich zu anderen Schulformen eine vielleicht gnosen sind nur schwer möglich. durch Versetzungen und Neueinstellungen. All kleine Anzahl von Personen, die aber in einem diese neuen KollegInnen müssen in das Team in- Eltern: Eine große Chance, tegriert und eingearbeitet werden. Und trotz der spannenden, abwechslungsreichen, kreativen Schule mitzugestalten vielen Personalbewegungen sind die wenigsten und fordernden Schulumfeld lernt, arbeitet und mitgestaltet. Die Eltern waren mutig, als sie ihre Kinder Schulen voll besetzt: Die durchschnittliche Stel- 2012 an den ersten gegründeten Sekundar- lenbesetzung liegt laut Schul-Informations- und SchülerInnen: Gemeinsames Lernen schulen anmeldeten. Sie wussten nicht, ob die -Planungs-System (SchIPS) für die Schulaufsicht nahe dem Wohnort Schulform überhaupt zustande kommen würde nur bei 96 Prozent, sollte bei Schulen im Aufbau Den SchülerInnen ist die Umstellung auf die und wenn ja, wie erfolgreich die neue Schule am aber eigentlich bei 110 Prozent liegen. Der neue Schulform wohl am leichtesten gefallen. Wohnort arbeiten würde. Allerdings begriffen Mangel an KollegInnen zeigt sich insbesondere Sie besuchen eine Schule nah an ihrem Wohnort, viele, dass sich hier eine große Chance für sie bot, in den Fächern Chemie oder Physik, da diese
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