Antrag des Landesvorstandes BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt für das Landtagswahlprogramm 2016
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Antrag des Landesvorstandes
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt für das
Landtagswahlprogramm 2016
Liebe Freundinnen und Freunde,
wie bereits angekündigt hat sich die Zeilennummerierung aus technischen Gründen noch einmal
verschoben. Bitte nutzt für eure Änderungsanträge / Änderungsvorschläge bitte unbedingt die
in diesem Dokument dargestellte Zeilennummerierung. Die jeweiligen Kapitel im
Programmentwurf haben eine fortlaufende Antragsnummerierung erhalten, Kapitel 1 = K-1;
Kapitel 2 = K-2 usw. Zur besseren Orientierung ist der komplette Programmentwurf mit
durchlaufender Zeilennummerierung versehen. Das Deckblatt ist von der Nummerierung
ausgenommen.
Inhaltsübersicht
Kapitel 1: Umwelt und Tiere schützen – Erneuerbare nützen ……………………1
Kapitel 2: Klasse statt Masse in der Landwirtschaft ………………….12
Kapitel 3: Mit Bildung in die Zukunft ………………….17
Kapitel 4: Willkommen in Sachsen-Anhalt ………………….25
Kapitel 5: Für ein junges Sachsen-Anhalt ………………….29
Kapitel 6: Mit grünem Wirtschaften zu besserer Lebensqualität ………………….33
Kapitel 7: Für eine nachhaltige Finanzpolitik in Sachsen-Anhalt ………………….39
Kapitel 8: Für ein mobiles Sachsen-Anhalt ………………….42
Kapitel 9: Für echte Gleichstellung in Sachsen-Anhalt ………………….46
Kapitel 10: Für ein soziales Sachsen-Anhalt ………………….51
Kapitel 11: Sachsen-Anhalt gesund und munter ………………….56
Kapitel 12: Verbraucherschutz ermöglicht Selbstbestimmung ………………….60
Kapitel 13: Für ein kulturell vielfältiges Sachsen-Anhalt ………………….63
Kapitel 14: Für freies Netz und unabhängige Medien ………………….67
Kapitel 15: Für einen demokratischen und verlässlichen Rechtsstaat
………………….71
eintretenK-1
Wahlprogramm
34. Landesparteitag in Halle (Saale) am 4. Juli 2015
VerfasserIn: Landesvorstand BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt
Gegenstand: Kapitel 1: Umwelt und Tiere schützen -
Erneuerbare nützen
Text
1 1. Umwelt und Tiere schützen - Erneuerbare nützen
2 Sachsen-Anhalt beeindruckt mit seiner Natur- und Landschaftsvielfalt. Zwischen
3 Elbaue und Harz leben eine große Zahl von Pflanzen- und Tierarten an und in
4 Flüssen, Wäldern, Dörfern, Städten, Feldern oder Naturschutzgebieten. Tiere
5 brauchen Schutz - seien es Rotmilan, Biber, Luchs oder Wolf – sie alle haben
6 ein Lebensrecht und ihre Existenz ist ein Wert an sich. Unsere natürlichen
7 Lebensgrundlagen zu schützen ist ein zentraler Gründungsimpuls und nach wie
8 vor zentrales Anliegen grüner Politik. Diesen Anspruch haben wir nicht nur für
9 Schutzzonen, sondern für alle Landschaften unseres Landes, auch für intensiv
10 genutzte Räume wie Ortschaften und landwirtschaftliche Nutzflächen. Intakte
11 Landschaften, eine gesunde Umwelt und saubere Gewässer sind nicht nur
12 bestimmend für die Lebensqualität in Sachsen-Anhalt, sondern auch die
13 Grundlage für die einheimische Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft,
14 Tourismus sowie Freizeit- und Erholungsnutzung. Die Verpflichtung, sich für
15 Umweltschutz zu engagieren, erwächst aber vor allem aus der Verantwortung
16 gegenüber künftigen Generationen, deren Lebensgrundlagen wir nicht gefährden
17 dürfen. Unser heutiges Energie- und Wirtschaftssystem schädigt das Klima. Um
18 unsere Existenzgrundlagen zu sichern, werden wir schnellstmöglich aus den
19 fossilen Energien wie der Kohle aussteigen und in eine hundertprozentige
20 Versorgung mit erneuerbaren Energien wechseln. Wir wollen eine sozial-
21 ökologische Transformation der Wirtschaft.
22 Umweltschutz geht alle an
23 Wir wollen unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützen und erhalten.
24 Schädliche Umweltwirkungen gehen von Abfallstoffen aus der industriellen
Seite 1 / 7825 Produktion und unserem Alltag aus, von Feinstaub und Stickoxiden und auch von
26 Lärm oder künstlichem Licht zu Nachtzeiten. Alle diese unnatürlichen Einträge
27 machen Mensch, Tier und Pflanze krank, schädigen unsere Umwelt und mindern
28 letztlich unsere Lebensqualität.
29 Gesunde Wälder, saubere Flüsse und dreckfreie Luft gibt es in unserer
30 industrialisierten Zeit nicht mehr von allein und nicht zum Nulltarif. Wir
31 setzen uns daher grundlegend für die Reduzierung von Emissionen aller Art in
32 Luft, Böden oder Gewässer ein. Umweltüberwachungsmaßnahmen müssen intensiv
33 fortgeführt, Informationen verfügbar gemacht und Verfehlungen schnell
34 abgestellt werden. Wir werden dafür sorgen, dass Naturschutzmaßnahmen auch
35 umgesetzt werden. Dazu werden wir die Behörde mit den notwendigen Maßnahmen
36 und Kompetenzen ausstatten. Konkret fordern wir außerdem Modellprojekte für
37 eine Weiterentwicklung der Abfallverwertung hin zu einer Kreislaufwirtschaft,
38 eine Stärkung von Beteiligungs- und Informationsrechten ohne abschreckende
39 Kosten, eine Weiterentwicklung und Ausweitung der Umweltzonen, eine zügige
40 Erstellung von Lärmaktionsplänen, ein Förderprogramm für Maßnahmen zur
41 Lärmminderung und ein generelles Nachtflugverbot.
42 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen den Flächenverbrauch drastisch zurückfahren. Wir
43 setzen uns für eine Bodennutzung ein, die dessen natürliche Funktionsfähigkeit
44 erhält. Hierzu muss sowohl die exzessive Neuversiegelung von Boden eingedämmt,
45 als auch das „Flächenrecycling“ – die Wiedernutzbarmachung von brachliegenden
46 Siedlungsflächen – deutlich ausgeweitet werden. Wir wollen die
47 Lebensgrundlagen in Sachsen-Anhalt auch für kommende Generationen erhalten und
48 brauchen deswegen eine nachhaltige Politik, die unsere natürlichen Ressourcen
49 schont. Die Landesverwaltung muss dabei mit einer ehrgeizigen
50 Nachhaltigkeitsstrategie eine Vorbildfunktion einnehmen, indem das Prinzip der
51 Nachhaltigkeitsabschätzung für sämtliche Handlungsfelder eingeführt und
52 insbesondere im Beschaffungswesen vorbildwirkend umgesetzt wird.
53 Natur braucht Schutz
54 Tiere und Pflanzen verdienen besonderen Schutz. Doch immer mehr Pflanzen- und
55 Tierarten aus Sachsen-Anhalt sind zunehmend vom Aussterben bedroht. So hat
56 sich beispielsweise die Anzahl der Vögel in unserer Agrarlandschaft halbiert.
57 Dies ist Folge großräumiger Veränderungen mit dem Verlust natürlicher
58 Lebensräume, einer zu intensiven Landwirtschaft, einer naturfernen
59 Bewirtschaftung der Wälder und noch immer zu häufigen Versiegelungen von
60 Flächen aufgrund unsinniger Baumaßnahmen. Der Rückgang des Rotmilans, Sachsen-
61 Anhalts heimliches Wappentier, ist ein Beispiel für die zu intensive
62 Landwirtschaft und eine naturferne Bewirtschaftung der Wälder. Der Rotmilan
63 ist eine von 19 Tierarten, für die wir hier in Sachsen-Anhalt besondere
64 Verantwortung tragen. Eine besondere Verantwortung für den Erhalt einer
65 Tierart ist z. B. darin begründet, dass diese Tiere fast nur in Sachsen-Anhalt
66 vorkommen oder sie hier ihre Jungen aufziehen. Mit speziellen Maßnahmen wollen
67 wir Biodiversität bei gleichzeitiger weiterer Nutzung erhalten. So fordern wir
68 z. B. dass der gesamte Landeswald nach FSC-Standard zertifiziert wird und dass
69 Gebiete des Natura 2000-Netzes (FFH- und Vogelschutzgebiete) einzeln als
70 Schutzgebiete ausgewiesen werden. Außerdem wollen wir mindestens zehn Prozent
71 des Waldes aus der Nutzung herausnehmen und damit echten Naturwald sichern.
Seite 2 / 7872 CDU und SPD sehen Natur- und Umweltschutz in Sachsen-Anhalt nur unter
73 negativen Vorzeichen – und als lästigen Verwaltungsakt. Wir wollen einen
74 Paradigmenwechsel, indem wir die Chancen des Natur- und Artenschutzes für das
75 Land Sachsen-Anhalt hervorheben. Daher setzen sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für
76 ein Umdenken bei der wirtschaftlichen Ausbeutung unserer Natur ein: Flüsse
77 brauchen ihren natürlichen Raum und Tiere ein ausgewogeneres Verhältnis
78 zwischen Bewirtschaftung und Rückzugsfläche. GRÜNE Naturschutzpolitik hat im
79 Regierungshandeln in Sachsen-Anhalt schon viel zu lange gefehlt! Die
80 Artenvielfalt sichert das Überleben auf unserem Planeten. Natürlichere
81 Fließgewässer, Grünbrücken, naturnahe Brachflächen, und biologischer Landbau
82 sind der richtige Weg.
83 Dies gilt insbesondere für die in Sachsen-Anhalt befindlichen Flächen des
84 Nationalen Naturerbes – speziell für das Grüne Band entlang der früheren
85 innerdeutschen Grenze. Wir wollen das Grüne Band entsprechend seiner
86 naturschutzfachlichen und zeitgeschichtlichen Bedeutung als Nationales
87 Naturmonument ausweisen. Damit fördern wir auch den Tourismus zu den
88 Naturschönheiten Sachsen-Anhalts und setzen ein Zeichen, wie nachhaltiges
89 Wirtschaften Realität werden kann. Außerdem setzen wir auf Biotopverbünde als
90 wichtiges Instrument und werten damit jedes einzelne Biotop auf.
91 Wir wollen auch die Anstrengungen verstärken, um das Biosphärenreservat
92 Karstlandschaft Südharz als UNESCO-Biosphärenreservat anerkennen zu lassen.
93 Die Chancen, die sich damit verbinden, wollen wir vor Ort stärker betonen und
94 damit die Menschen von dieser Idee weiter überzeugen. Wir unterstützen die
95 Initiative, den Naturpark Drömling zu einem Biosphärenreservat
96 weiterzuentwickeln und in der Colbitz-Letzlinger Heide - als einer der größten
97 zusammenhängenden unzerschnittenen Räume in Deutschland - einen Naturpark
98 auszuweisen. Der Nationalpark Harz war in der Vergangenheit eine
99 Erfolgsgeschichte. Dies darf nicht durch Infrastrukturprojekte, die die
100 Qualität des Nationalparks beeinträchtigen, auf das Spiel gesetzt werden.
101 Wir tragen in Sachsen-Anhalt für eine Reihe seltener Tier- und Pflanzenarten
102 eine besondere Verantwortung. Doch die Biodiversitätsstrategie des Landes ist
103 vollkommen unverbindlich. Sie muss deshalb grundlegend überarbeitet und dann
104 auch umgesetzt werden. Besonders wichtig ist es, Maßnahmen zur Verbesserung
105 der Lebensbedingungen der „Verantwortungsarten“ zügig umzusetzen. Zudem wollen
106 wir das Förderprogramm für die Erhaltung historischer Nutztierrassen
107 weiterführen, um auch in der Landwirtschaft unsere heimische Artenvielfalt zu
108 bewahren
109 In Sachsen-Anhalt sind die meisten Flächen bewirtschaftet, unser Land braucht
110 aber auch Wildnis. Unser Ziel ist ein sachsen-anhaltisches Netz von
111 Wildnisflächen als Refugium bedrohter Arten und Biotope.
112 Wenn wir Naturräume zerschneiden, greifen wir massiv in den Lebensraum unserer
113 Wildtiere ein. Deshalb setzen wir uns an den Autobahnen und an der B 6n für
114 den Bau weiterer Wildbrücken ein, um wichtige Wanderkorridore für das Wild zu
115 verbessern. Sie dienen auch einem besseren Biotopverbund.
Seite 3 / 78116 Die anerkannten Naturschutzverbände erledigen wichtige gesellschaftliche
117 Aufgaben. Deshalb muss ihre finanzielle Förderung durch das Land aufgestockt
118 werden. Die Naturschutzbeiräte haben sich als Instrument des kooperativen
119 Naturschutzes bewährt und sollen deshalb flächendeckend in allen Landkreisen
120 eingeführt werden.
121 Unser Klima - unsere Zukunft
122 Der Klimawandel ist die weltweite Herausforderung dieses Jahrhunderts. Der
123 Klimawandel betrifft nicht nur Menschen auf anderen Kontinenten oder in
124 späteren Zeiten, sondern wirkt sich schon jetzt in vielen unserer
125 Lebensbereiche negativ aus – zum Beispiel auf Gesundheit, Stadtklima, Land-
126 und Forstwirtschaft, Wasser- und Energiewirtschaft. Erste Auswirkungen sind
127 auch längst in Sachsen-Anhalt spürbar – das Hochwasser im Jahr 2013 hat
128 gezeigt, dass extreme Wetterereignisse immer häufiger und intensiver werden.
129 Wir sind gefordert, Vermeidungs- und Anpassungsstrategien zu entwickeln und
130 den Katastrophenschutz anzupassen.
131 Bis zum Jahre 2050 müssen in den Industrienationen die klimarelevanten
132 Emissionen wie CO2 drastisch reduziert worden sein, um wenigstens die
133 unkalkulierbarsten Folgen des Klimawandels zu vermeiden (2-Grad-Obergrenze).
134 Doch Sachsen-Anhalt hat bundesweit mit die höchsten pro Kopf-
135 Kohlendioxidemissionen – trotz des hohen Anteils der Erneuerbaren Energien.
136 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern vehement, dass Sachsen-Anhalt sich endlich
137 seiner Verantwortung stellt und sich zum Vorreiter bei der Klimaschutzpolitik
138 wandelt. Dazu werden wir die Anstrengungen auf Landes- und kommunaler Ebene
139 deutlich verstärken und eine neue Energiepolitik und ambitionierte
140 Energiesparmaßnahmen auf den Weg bringen. Diese würden mittel- bis langfristig
141 auch die öffentlichen und privaten Haushalte entlasten.
142 Glaubwürdige Klimaschutzpolitik braucht verbindliche Ziele. Diese sollten
143 durch ein Klimaschutzgesetz festgeschrieben werden, mit dem bis 2050 der
144 Ausstoß von Treibhausgasen weitgehend eingestellt wird.
145 Hochwasserschutz naturnah
146 Sachsen-Anhalt braucht angesichts des Klimawandels dringend einen vorsorgenden
147 ökologischen Hochwasserschutz. Wo Flüsse natürlich fließen können, sind
148 Hochwasserschäden viel geringer. Ziel muss es sein, den Flüssen mehr Raum
149 durch zusätzliche Überflutungsflächen zu geben und sie so weit wie möglich
150 natürlich und frei fließen zu lassen. Denn ansonsten nehmen sich die Flüsse im
151 Hochwasserfall den Raum zurück. Wir werden deswegen die richtigen Prioritäten
152 im Hochwasserschutz setzen und Deichrückverlegungen zügig umsetzen und auch
153 weitere Überflutungsflächen wieder nutzbar machen.
154 Deiche und andere Hochwasserschutzanlagen sind zwar unverzichtbar, das
155 Hochwasser 2013 hat aber gezeigt, dass technische Maßnahmen allein den
156 notwendigen Schutz der Bevölkerung nicht herstellen können. Zudem wollen wir
157 ein öffentlich zugängliches Kataster der Hochwasserschutzanlagen
158 („Deichkataster“) erstellen, damit die Bürgerinnen und Bürger sich jederzeit
159 über die jeweiligen Schutzanlagen vor Ort informieren können.
160 Notwendig ist auch eine bessere Information über Maßnahmen zur Eigenvorsorge,
Seite 4 / 78161 die von potenziell gefährdeten Hauseigentümern umgesetzt werden können.
162 Bebauung von Überschwemmungsgebieten und von Vernässungsgebieten mit neuen
163 Wohn-, Gewerbe- und Industriegebieten darf es zukünftig nicht geben.
164 Vorhandene Bauleitpläne müssen im Hinblick auf vorhandene Hochwasserrisiken
165 überarbeitet werden. Hochwasserschutz kann nur erfolgreich sein, wenn er
166 länderübergreifend erfolgt. Deshalb muss insbesondere der Dialog mit den
167 Landesregierungen in Sachsen (z. B. zum Hochwasserschutz an Elbe und Mulde)
168 und Thüringen (u.a. zur Verbesserung der Rückhaltefunktion der Saaletalsperren
169 für den Hochwasserschutz) intensiviert werden.
170 Elbe schützen
171 Die Elbe ist einer der letzten naturnahen Flüsse Europas und ein unfassbarer
172 Schatz für Sachsen-Anhalt. Ihre Auen haben eine herausragende Bedeutung für
173 den Schutz der biologischen Vielfalt, doch leider stehen heute nur noch ca. 20
174 Prozent ihrer ehemaligen Überflutungsflächen zur Verfügung – das erhöht auch
175 die Hochwassergefahr beträchtlich und nimmt Tieren und Pflanzen Lebensraum.
176 Wir wollen daher die Auen wieder naturgemäß an die Elbe anbinden.
177 Die Elbe ist ein natürlicher Niedrigwasserfluss. Deshalb kann es aufgrund
178 dieser natürlichen Bedingungen keine verlässliche Schiffbarkeit der Elbe für
179 große Containerschiffe geben. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnen daher jeglichen
180 Ausbau der Elbe ab. Dies betrifft Maßnahmen wie Buhnenverlängerung,
181 Uferschotterung, Ausbaggerung und neue Staustufen auch im Oberlauf. Denn diese
182 Maßnahmen würden die letzten Auenlandschaften und zum Beispiel auch den
183 Grundwasserspiegel gefährden. Dadurch würden die wertvollen Auenwälder
184 austrocknen und der Lebensraum für die vielen seltenen Tier- und Pflanzenarten
185 würde verschwinden. Die Elbe braucht ein politisches Gesamtkonzept und eine
186 Idee, um die einzigartige, naturnahe Elbe als Natur- und Kulturerbe der
187 Menschheit zu bewahren.
188 Gewässerzustand verbessern
189 In Sachsen-Anhalt existieren zahlreiche Fließgewässer. Durch Ausbaumaßnahmen
190 in der Vergangenheit ist deren Qualität jedoch teilweise beeinträchtigt. Eine
191 Verbesserung ihrer Gewässerstruktur und -qualität ist daher vielerorts
192 dringend geboten. Auch die Verwendung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln
193 belastet die Gewässerqualität und sollte in Gewässerrandstreifen grundsätzlich
194 untersagt werden.
195 Wir wollen die Flüsse und Bäche in Sachsen-Anhalt renaturieren. Das Anpflanzen
196 von Bäumen und Sträuchern im Gewässerrandstreifen darf deswegen nicht länger
197 durch die Unterhaltungsordnungen der Landkreise behindert werden. Weitere
198 Ausbauprojekte wie den Saalekanal lehnen wir ab. Die Herabstufung der Saale in
199 der Nutzgewässerkategorie halten wir, unter der Voraussetzung des
200 Schleusenerhalts, für einen Gewinn für den naturnahen Tourismus in unserem
201 Land.
202 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern die konsequente Umsetzung der europäischen
203 Wasser-Rahmenrichtlinie für eine nachhaltige und umweltverträgliche
204 Wassernutzung.
Seite 5 / 78205 Wildtiere gehören in die Natur
206 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich dafür ein, dass Haltung, Mitführen, Dressur
207 und Verwendung von Wildtieren in Zirkusbetrieben beendet werden. Tierhaltung
208 zur Pelzgewinnung lehnen wir ab. Wir möchten uns im Bundesrat (auch weiterhin)
209 dafür einsetzen, ein generelles Wildtierverbot für Zirkusse auf Bundesebene
210 einzuführen. Des Weiteren unterstützen wir die Kommunen bei lokalen
211 Auftrittsverboten von Zirkussen mit Wildtieren auf kommunalen Flächen.
212 Der Handel mit exotischen Tieren nimmt enorm zu. Millionen von Wildtieren
213 werden unter fragwürdigsten Bedingungen privat gehalten. Auf Tierbörsen können
214 auch völlig unerfahrene Besucherinnen und Besucher hochgiftige Tiere erwerben,
215 ohne einen Sachkunde-Nachweis erbringen zu müssen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
216 wollen deshalb den Kauf und Verkauf giftiger und exotischer Tiere
217 reglementieren.
218 Verantwortung für Wild-, Wald- und Heimtiere übernehmen
219 Der Wolf ist zurück in Deutschland. Sachsen-Anhalt gehört mit zu den Ländern,
220 in denen sich der Wolf wieder angesiedelt hat. Auch der Luchs konnte nach über
221 200 Jahren wieder im Harz angesiedelt werden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen
222 sich für den Schutz dieser Tiere ein. Wir müssen ihnen in Sachsen-Anhalt ein
223 Zuhause bieten.
224 Die Jagd muss sich an ökologischen Prinzipien orientieren. Wir brauchen in
225 Sachsen-Anhalt eine Novellierung des Jagdgesetzes. Die Fallenjagd und das
226 Verwenden von bleihaltiger Munition muss unterbunden werden. Jagdhunde dürfen
227 nicht am lebenden Tier ausgebildet werden. Außerdem fordert BÜNDNIS 90/DIE
228 GRÜNEN das Verbot des Abschusses von Haustieren wie zum Beispiel Hund und
229 Katze.
230 Tierheime erfüllen eine unersetzbare Funktion bei der Gewährleistung des
231 Tierschutzes. Die Tierheime werden vom Land nur gering oder gar nicht
232 unterstützt. Bestimmte Tiere, wie etwa Pferde, können zumeist nicht
233 untergebracht werden und werden aus „Platzmangel“ zum Schlachthof geführt.
234 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich dafür ein, dass die Unterhaltung von
235 Tierheimen, Tierauffangstationen und Gnadenhöfen unter Einbindung ehrenamtlich
236 tätiger Menschen öffentlich gefördert wird.
237 Das Hundegesetz in Sachsen-Anhalt wurde eingeführt, um die Menschen in
238 Sachsen-Anhalt vor Beißvorfällen zu schützen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert
239 deshalb eine Novellierung des Hundegesetzes, nach der die Halterinnen und
240 Halter ihre Sachkunde zur Führung eines Hundes belegen müssen und die
241 pauschale Rasseliste abgeschafft wird.
242 Müll reduzieren statt importieren
243 Sachsen-Anhalt darf nicht länger eine „Müllkippe der Nation“ bleiben. Die in
244 Sachsen-Anhalt entsorgten Müllmengen sind rund doppelt so hoch wie das
245 Aufkommen im Land. Dadurch werden die Altlasten von morgen in Sachsen-Anhalt
246 geschaffen, die in Zukunft hohe Kosten verursachen werden. Trotzdem setzt die
247 schwarz-rote Landesregierung weiterhin auf ein Wachstum in diesem Bereich.
248 Dies ist nicht hinnehmbar. Die Genehmigung neuer Anlagen soll daher am Bedarf
Seite 6 / 78249 ausgerichtet werden. Außerdem brauchen wir bessere Kontrollen der bestehenden
250 Betriebe – besonders der Betriebe, die mit gefährlichen Abfällen umgehen.
251 Außerdem muss die Abfallverwertung gestärkt werden. Hierfür wollen wir
252 Modellprojekte etablieren.
253 Nicht zuletzt bleibt Müllvermeidung ein zentrales Gebot der Vernunft und muss
254 entsprechend befördert werden.
255 Wasserversorgung und Abwasser
256 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnen eine Privatisierung der Aufgaben von
257 Wasserversorgung und Abwasserbehandlung strikt ab. Wir wollen, dass der
258 Bereich der Daseinsvorsorge generell bei der öffentlichen Hand bleibt. Wir
259 sprechen uns dafür aus, den zentralen Anschluss von kleinen Orten und
260 Ortsteilen an zentrale Kläranlagen nur dort vorzunehmen, wo dies die
261 volkswirtschaftlich sinnvollste Lösung darstellt. Ansonsten sind dezentrale
262 Anlagen vorzuziehen und vorrangig zu fördern.
263 Wir wollen eine Konkretisierung des Wassergesetzes. Es soll klargestellt
264 werden, dass der Anschluss- und Benutzungszwang für Anlagen zur Beseitigung
265 des Oberflächenwassers nur dann angeordnet werden kann, wenn das
266 Oberflächenwasser nicht schadlos auf dem jeweiligen Grundstück versickert.
267 Außerdem sollen gemeinnützige Stiftungen und Verbände von der Beitragspflicht
268 für die Gewässerunterhaltung befreit werden.
269 Gegen Lärm und für saubere Luft
270 Lärm macht krank und ist heute eines der größten Umweltprobleme. 70 Prozent
271 der Bevölkerung leiden in Deutschland unter Verkehrslärm. Wir fordern daher,
272 dass die Lärmkarten und –aktionspläne zügig fertiggestellt und dann wirksam
273 umgesetzt werden. Darüber hinaus wollen wir ein Förderprogramm etablieren, mit
274 dem Maßnahmen zur Lärmminderung finanziert werden sollen.
275 Beim Fluglärm haben für uns die Lärmschutzinteressen der Anwohnerinnen und
276 Anwohner Vorrang vor den Interessen der Luftverkehrswirtschaft. Wir engagieren
277 uns für ein Nachtflugverbot. Für den Bahnverkehr fordern wir die Umrüstung auf
278 leise Güterzüge, lärmabhängige Trassengebühren, Tempolimits in der Nacht für
279 laute Güterzüge sowie eine Förderung des aktiven Schallschutzes an den
280 Fahrwegen.
281 Noch immer ist an vielen Stellen die Belastung der Luft durch Feinstaub und
282 Stickoxide viel zu hoch. Dies verursacht schwere Gesundheitsschäden wie Asthma
283 und andere Atemwegserkrankungen, vor allem bei Kindern. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
284 stehen deshalb für konsequentes Handeln, damit die Konzentrationen von
285 Schadstoffen in der Luft sinkt.
286 Wir wollen zudem dafür sorgen, dass die Gartenabfallverbrennung landesweit nur
287 noch dann erlaubt wird, wenn dies z. B. für die Bekämpfung von
288 Pflanzenkrankheiten notwendig ist.
289 Lichtverschmutzung eindämmen
Seite 7 / 78290 Lichtverschmutzung hat negative Auswirkungen auf die nachtaktive Tierwelt, den
291 Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen und die Sichtbarkeit des Sternenhimmels und
292 stellt zudem eine erhebliche Energieverschwendung dar. Deshalb fordern wir die
293 Begrenzung von Lichtmenge, -intensität und Beleuchtungsdauer für die
294 öffentliche und kommerzielle Beleuchtung während der Nacht und die Nutzung
295 wirkungsminimierender Lichtfarben.
296 Wir wollen 100 Prozent Erneuerbare Energien!
297 Die Zukunft Sachsen-Anhalts liegt in den Erneuerbaren Energien. Wir wollen 100
298 Prozent Erneuerbare Energien und Sachsen-Anhalts Chancen nutzen. 100 Prozent
299 erneuerbar heißt für uns, dass wir nicht mit Statistiken mogeln, sondern alle
300 Bereiche der Energienutzungen einbeziehen, von der Wärme über den Verkehr bis
301 zur industriellen Produktion. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen wir noch
302 mehr Windenergieanlagen als heute. Da neue Anlagen aber wesentlich größer sind
303 und effizienter Strom erzeugen, brauchen wir nur rund 20 Prozent mehr
304 Windenergieanlagen.
305 Die Windenergie in Sachsen-Anhalt braucht politische Unterstützung, sonst kann
306 sie sich nicht entwickeln. Dazu ist es erforderlich, dass mehr Vorrang- und
307 Eignungsgebiete ausgewiesen werden. Wir wollen außerdem die Abstandsfläche
308 zwischen den Windenergieanlagen auf den Faktor 0,4 der Anlagenhöhe verringern.
309 So können erneuerte Anlagen auf weniger Fläche mehr Strom erzeugen.
310 Wir wollen sensible Lösungen für den Konflikt zwischen dem Ausbau von
311 Windenergie und dem Naturschutz, denn sowohl der Naturschutz als auch die
312 Erneuerbaren Energien sind existenziell für unser Land und müssen gemeinsam
313 gedacht werden. Auf der Ebene der Regionalplanung setzen wir uns deshalb dafür
314 ein, dass bessere Daten zum Vorkommen der relevanten Vogelarten zur Verfügung
315 stehen und Taburäume für bestimmte Landschaftsbilder definiert werden, in
316 denen keine Windenergieanlagen gebaut werden sollen. Dort, wo bereits Anlagen
317 stehen, werden wir alles tun, um die Tiere zu schützen und z. B. die Anlagen
318 zu Wetterlagen abschalten, bei denen Fledermäuse fliegen.
319 Naturschutzfachlich wertvolle Waldflächen mit Schutzstatus sind für uns tabu.
320 Für Wälder ohne Schutzstatus sollte hingegen die Errichtung von
321 Windenergieanlagen nicht von vorneherein ausgeschlossen werden. Dies gilt
322 insbesondere für artenarme und gleichförmige Nadelholzmonokulturen, wie
323 Kiefern- und Fichtenwäldern.
324 Um 100 Prozent Erneuerbare Energien zu schaffen, wollen wir Photovoltaik- und
325 Solarthermieanlagen auf allen geeigneten Dachflächen und auf Brachen
326 unterstützen und uns für eine ausgewogene Energiepflanzennutzung einsetzen.
327 Diese ist ohne Monokulturen oder Raubbau möglich – durch die Nutzung von nicht
328 für den Nahrungsmittelanbau benötigten Landwirtschaftsflächen für einen
329 extensiven, ökologischen Anbau von Energiepflanzen (Miscanthus,
330 Wildkräutermischungen, Sylphie, …), die Nutzung von Rest- und Abfallstoffen
331 sowie eines kleinen Anteils vom jährlichen Holzzuwachs aus nachhaltig
332 bewirtschafteten Wäldern. So kann vor allem ein Beitrag zum
333 Schwankungsausgleich gelingen.
Seite 8 / 78334 Energie sparen
335 An vielen Stellen gehen wir als Gesellschaft noch immer unglaublich
336 verschwenderisch mit Energie um, z. B. schlecht geregelte Heizungen, schlechte
337 Wirkungsgrade bei Elektrogeräten und zu große Autos. Zu unserem Klimakonzept
338 gehört deswegen das Energiesparen. Der aktuelle Stand der Technik lässt schon
339 heute zu, dass bei weniger Energieeinsatz gleiche Ergebnisse erzielt werden.
340 Durch die Reduzierung derartiger Verluste in Wohn- und Nutzgebäuden, bei
341 Alltagstechnik, im Verkehr und in der Wirtschaft können wir eine saubere
342 Energieversorgung der Zukunft erreichen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen die
343 Senkung des Energieverbrauchs mit einem Klimaschutzgebäudegesetz fördern. Auch
344 für die Landesverwaltung wollen wir ein transparentes und systematisches
345 Energiemanagement einführen, um Erdgas, Heizöl, Fernwärme und Elektroenergie
346 einzusparen. Ein sehr großes Potenzial zur Energieeinsparung ist die
347 Wärmerückgewinnung in Nicht-Wohngebäuden wie Industriehallen, Büros, Schulen
348 und Hotels. Hier wollen wir Pilotprojekte fördern. Im Bereich der Mobilität
349 muss das Land mit positivem Beispiel vorangehen und den Treibstoffverbrauch
350 reduzieren.
351 Wir wollen weiterhin ein systematisches Energiemanagement zur
352 Verbrauchssenkung in allen Landesliegenschaften verbindlich machen. Ein
353 Pilotprojekt zur Wärmerückgewinnung aus Nicht-Wohngebäuden soll deren
354 Schlüsselrolle bei den nötigen Energieeffizienzverbesserungen unterstreichen.
355 Den Umbau des Energiesystems beschleunigen
356 Die grundlegenden Techniken für die Erzeugung erneuerbarer Energien sind
357 vorhanden und haben ihr Ertragspotenzial längst bewiesen. Um den
358 versorgungssicheren Umbau des Energiesystems auf 100 Prozent zu erreichen, ist
359 die Forschung an vielen Stellen zu beschleunigen. Wir sehen vorrangig
360 Forschungs- und Entwicklungsbedarf bei Strom- und Wärmespeichern,
361 Wärmerückgewinnung, Systemdienstleistungen und Flexibiliätsoptionen wie
362 Lastmanagement. Wir setzen uns für die schnelle Umsetzung in Pilotprojekten
363 und eine wirtschaftlich tragfähige Infrastruktur ein.
364 Netzumbau voranbringen
365 Wir müssen den Netzausbau vorantreiben, um das Stromnetz für die erneuerbaren
366 Energien fit zu machen. Erneuerbare Energien fluktuieren und daher wird neben
367 Speichertechnologien auch das Stromleitungsnetz einen wichtigen Beitrag für
368 den Ausgleich zwischen Regionen und Tageszeiten leisten. Ein Netzausbau ist
369 daher sowohl im Lokalen als auch für große Übertragungsleitungen nötig, sollte
370 aber auf das absolut notwendige Maß beschränkt werden.
371 An diesen Ausbau stellen wir hohe Anforderungen. Die Hochspannungs-
372 Gleichstrom-Übertragungsleitung (HGÜ) von Wolmirstedt nach Grundremmingen in
373 Südbayern beispielsweise darf aus grüner Sicht nur für den Transport von
374 regenerativer Energie gebaut werden. Die HGÜ-Leitung darf nicht der Türöffner
375 für eine langfristige Verstetigung der klimaschädlichen Braunkohleverstromung
376 und schon gar nicht für den Neubau von Kohlekraftwerken werden. Eine
377 Braunkohlestromexporttrasse schließen wir aus. Dieser Ausbau funktioniert nur,
378 wenn die Bürgerinnen und Bürger ernsthaft beteiligt werden und es einen
379 demokratischen Interessenausgleich gibt. Daher sind wir in sensiblen Bereichen
380 und in der Nähe von Siedlungsgebieten für die Nutzung von Erdkabeln. Wir
Seite 9 / 78381 fordern eine bundesweit gleiche Umlage der Netznutzungsentgelte auf allen
382 Spannungsebenen, damit es keine regionalen Unterschiede mehr gibt.
383 Aus der Kohle aussteigen
384 Eine echte Energiewende ist mit Braunkohle nicht vereinbar, dennoch: Die
385 Braunkohleverstromung feiert nach dem Atomausstieg derzeit unter der aktuellen
386 schwarz-roten Bundesregierung eine Renaissance. Als vermeintliche
387 Brückentechnologie würde sie die erreichten CO2--Einsparungen durch den Ausbau
388 der EE sofort wieder zunichtemachen.
389 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN halten den vollständigen Ausstieg aus der Förderung und
390 Verbrennung von Kohle mittelfristig für erforderlich und machbar. Wir sind
391 daher gegen neue Tagebaue und gegen den Bau von neuen Kohlekraftwerken. Wir
392 lehnen es insbesondere ab, bei Profen im südlichen Sachsen-Anhalt ein neues
393 Kohlekraftwerk zu errichten und einen Tagebau in der Region Lützen
394 aufzuschließen. Wir wollen verhindern, dass noch mehr Menschen für einen
395 Energieträger von vorgestern aus ihrer Heimat vertrieben werden, Röcken und
396 Sössen sind nur einige der gefährdeten Ortschaften, die wir vor der
397 Abbaggerung bewahren wollen. Wir sind die einzige politische Kraft im Landtag,
398 die glaubhaft für den Kohleausstieg kämpft.
399 Wir wollen die Laufzeiten der vorhandenen Kohlekraftwerke bis spätestens 2030
400 begrenzen und alle direkten und indirekten Subventionen für die
401 Braunkohleindustrie schnellstmöglich abschaffen. Das gilt auch für ihre
402 bestehenden Privilegien im Emissionshandel, bei der Erhebung von Feldes- und
403 Förderabgaben bei Wasserentnahmeentgelten.
404 Braunkohle birgt auch erhebliche Gesundheitsrisiken. Daher wollen wir uns
405 gemäß der UN-Quecksilberkonvention von 2013 für einen strengeren Grenzwert für
406 den Quecksilberausstoß einsetzen. Die Novellierung des Bundesberggesetzes ist
407 aus unserer Sicht notwendig, um die Interessen der betroffenen Bürgerinnen und
408 Bürger sowie die Belange der Umwelt stärker zu berücksichtigen.
409 Wir nehmen die Zukunftsängste der Menschen ernst, die heute in Bergbau und
410 Kraftwerken tätig sind. Den Menschen muss eine berufliche Perspektive eröffnet
411 werden. Ein wirtschaftliches und soziales Umbaukonzept muss schnellst möglich
412 auf den Weg gebracht werden.
413 Neue Investitionen in fossile Energien lehnen wir ab, da sie den Ausbau der
414 Erneuerbaren Energien verhindern. Wir wollen keine neuen Gasbohrungen in der
415 Altmark. Das geplante neue Erdgasfeld würde sich sogar bis in den Naturpark
416 Drömling erstrecken. Es besteht auch keine Notwendigkeit für das hoch
417 kritische und schädliche Fracking-Verfahren zur Gewinnung von Erdgas, welches
418 wir auch für bestehende Felder ausschließen.
419 Keine Endlagerung von Kohlendioxid
420 Die Technologiekette zur Abscheidung, zum Transport und zur unterirdischen
421 Verpressung von Kohlendioxid - auch als CCS-Technologie (Carbon, Capture and
422 Storage) bezeichnet - lehnen wir ab. Diese Technologie ist keine Option für
Seite 10 / 78423 angeblich sauberen Strom aus fossilen Energien oder für den Klimaschutz.
424 Vielmehr birgt die unterirdische Verpressung von Kohlendioxid sehr hohe
425 Risiken für das Trinkwasser oder Ausgasungen an die Oberfläche (zum Beispiel
426 durch Erdbeben). BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich daher weiterhin dafür ein,
427 dass über ein Landesgesetz die Erprobung und Demonstration der dauerhaften
428 Speicherung von Kohlendioxid mittels CCS in den Gebieten des Landes unzulässig
429 wird.
430 Alternativen Ansätzen, um abgeschiedenes CO2 aus Industrieprozessen dezentral
431 zur Methanisierung mit regenerativ hergestelltem Wasserstoff zu nutzen, stehen
432 wir offen gegenüber.
433 Atommüll-Endlager Morsleben: Sicherheit muss Priorität haben
434 Eine sichere Endlagerung von radioaktiven Abfällen wird es nicht geben können.
435 Deshalb muss die verantwortungslose Atomenergie schnell beendet werden und das
436 weitere Anwachsen von radioaktivem Abfall gestoppt werden.
437 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern ein tragfähiges Stilllegungskonzept für das
438 einsturzgefährdete „Endlager“ für radioaktive Abfälle in Morsleben (ERAM), an
439 dessen Kosten die Energieversorger umfänglich beteiligt werden müssen. Dabei
440 wollen wir, dass die sicherste Lösung für Morsleben gefunden wird. Die
441 Schließung durch Verfüllung mit Salzbeton ist schon bei den ersten Tests
442 gescheitert. Deshalb und wegen der dramatischen Entwicklungen in der Asse II
443 fordern BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN von der Bundesregierung ein neues
444 Schließungskonzept, welches Reversibilität und dauerhafte Überwachung
445 vorsieht. Denn das ehemalige Salzbergwerk Morsleben ist als Atommüll-Endlager
446 ungeeignet, daher müssen die zwischengelagerten Abfälle (Radiumfass), für die
447 es keine Endlagergenehmigung gibt, ausgelagert und das nicht genehmigte
448 Ostfeld geräumt werden.
449 Wir sind besorgt über die Folgen für die Bürgerinnen und Bürger, die in der
450 näheren Umgebung mit Schacht Konrad, Asse II und Gorleben weitere atomare
451 Müllkippen akzeptieren sollen. Alle potentiell möglichen Stadtorte müssen bei
452 der Endlagersuche einbezogen werden.
453 Wer GRÜN wählt, …
454 … tritt für einen echten Natur-, Umwelt- und Klimaschutzschutz ein;
455 … erhält die Elbe als natürlichen Lebensraum und will die Saale naturnah
456 touristisch genießen;
457 … gibt den Flüssen mehr Raum und gewährleistet funktionierenden
458 Hochwasserschutz;
459 … stärkt Sachsen-Anhalt als Standort moderner Energietechnologien, die das
460 Klima schützen;
461 … erteilt CCS und Fracking eine Absage.
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Wahlprogramm
34. Landesparteitag in Halle (Saale) am 4. Juli 2015
VerfasserIn: Landesvorstand BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt
Gegenstand: Kapitel 2: Klasse statt Masse in der
Landwirtschaft
Text
475 2. Klasse statt Masse in der Landwirtschaft
476 Fruchtbare Böden, saubere Luft und sauberes Wasser, Tiere, denen es gut geht
477 und eine reiche Tier- und Pflanzenwelt: Diese Art der Landwirtschaft, die gute
478 und gesunde Lebensmittel produziert, wollen die meisten Menschen in unserem
479 Land. Doch die Realität ist davon noch ein viel zu großes Stück entfernt.
480 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt so
481 verändern, dass die Qualität der Arbeit und der Lebensmittel, der Schutz der
482 Umwelt und der Tiere im Vordergrund stehen. Wir wollen, dass unsere
483 Landwirtschaft an das Morgen denkt und unser Klima sowie unsere natürlichen
484 Ressourcen schont. Wir wollen öffentliche Mittel viel stärker für eine
485 naturverträgliche Landwirtschaft einsetzen, die die Tiere schützt und ihren
486 Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt, dem Schutz des Wassers und im Kampf
487 gegen den Klimawandel leistet. Zudem wollen wir, dass alle Landwirte, ihre
488 Familien und Angestellte ein auskömmliches und anständiges Einkommen beziehen,
489 anstatt mit Dumpingpreisen kämpfen zu müssen. Dies stärkt den ländlichen Raum
490 und bietet langfristige Entwicklungsmöglichkeiten.
491 Tierquälerische Haltungsbedingungen müssen endgültig beendet werden! Dank
492 unserer Initiativen sind z. B. der Ausstieg aus dem Schnäbelkürzen, die
493 Verbreiterung der Kastenstände und das Verbot des Ferkeltötens aus
494 wirtschaftlichen Gründen beschlossen worden. Darüber hinaus machen wir uns für
495 grundsätzlich bessere Haltungsbedingungen stark: mehr Platz im Stall, Auslauf,
496 Einstreu, die Abschaffung von Kastenständen und ausreichend
497 Beschäftigungsmaterial. Ein Abschneiden von Körperteilen darf es nicht mehr
498 geben. Das Töten von männlichen Küken bei der Eierproduktion wollen wir
Seite 12 / 78499 verbieten. Diese Vorgaben müssen in Gesetzen und Verordnungen festgeschrieben
500 werden – dann sind die Spielregeln für alle gleich und eine tiergerechte
501 Haltung ist kein wirtschaftlicher Nachteil mehr.
502 Tierschutz erhöhen – Tiertransporte und Qualen in der Zucht verringern
503 Tiere müssen als fühlende Mitgeschöpfe wahrgenommen werden, und ihren
504 Bedürfnissen muss entsprochen werden. Viele Menschen kämpfen mit Erfolg und
505 Engagement für den Tierschutz und dennoch: Tausende Tiertransporte der EU
506 gehen nach Deutschland. Schweine werden hierher gebracht, geschlachtet und
507 wieder exportiert. Wir wollen keine Mega-Schlachthöfe, sondern dezentrale
508 Schlachtstrukturen. Das reduziert die Transportzeiten und verringert das Leid
509 der Tiere.
510 Die industrielle Tierhaltung entwickelt sich zu einem Wettlauf um die größten
511 Stallanlagen, wo Tiere eingepfercht sind und zum maximalen Fleischertrag
512 gezüchtet werden. Wir unterstützen ein Klagerecht für anerkannte
513 Tierschutzverbände, damit Tiere bei der Durchsetzung ihrer Rechte eine Stimme
514 haben. Wir wollen einen Tierschutzplan wie in Niedersachsen, welcher konkrete
515 Schritte zur schrittweisen Verbesserung der Tierhaltung vorgibt. Auf
516 Landesebene wollen wir eine unabhängige Tierschutzbeauftragte einsetzen, die
517 sich hauptamtlich für eine bessere Entwicklung der Zustände einsetzt. Zudem
518 wollen wir ab einer bestimmten Tierplatzzahl Präsenztierärztinnen und
519 Präsenztierärzte einsetzen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für eine Reform der
520 tierschutzrechtlichen Kontrollen und fordern, dass systematisch
521 vollumfängliche und grundsätzlich unangekündigte Kontrollen durchgeführt
522 werden. Wir wollen prüfen, ob die entstehenden Kosten kostendeckend über
523 Gebühren zu finanzieren sind.
524 Wir wollen, dass sich Bundesländer besser koordinieren, zum Beispiel im Rahmen
525 der Gremien der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV). Außerdem
526 werden wir dem Land die zentrale Zuständigkeit für tierschutzrechtliche
527 Kontrollen bei Tierhaltern geben, die in mehreren Bundesländern Tiere halten.
528 So bündeln wir Fachwissen und Erfahrung und schaffen eine Gesamtschau über die
529 Haltungsbedingungen bei einem Halter. Außerdem schaffen wir gleiche hohe
530 Standards beim Vollzug des Tierschutzrechts und setzen es besser durch.
531 Die Tiere und auch wir Menschen haben die Schnauze voll von Antibiotika! Der
532 übermäßige Einsatz verschlechtert die medizinische Wirkung auch für uns
533 Menschen und Tiere brauchen immer höhere Dosen. Wir setzen dagegen auf eine
534 bessere Tiergesundheit durch bessere Haltungsbedingungen und eine längere
535 Mastdauer. Dann erübrigt sich der Einsatz von Antibiotika weitgehend. Für
536 kranke Tiere müssen separate Krankenställe für ihre Behandlung bereit stehen,
537 damit Antibiotika gezielt und nicht vorsorglich eingesetzt werden müssen.
538 Mengenrabattierungen auf Antibiotika wollen wir verbieten, damit kein Anreiz
539 mehr besteht, mehr Antibiotika als notwendig zu kaufen und zu verabreichen.
540 Klasse Tierhaltung ohne Geruchsbelästigung
541 Unsere Nase, unsere Gesundheit und unser Ökosystem werden es uns danken: Bei
542 allen großen Tierhaltungsanlagen sollen Filteranlagen verpflichtend eingebaut
543 werden. Bei allen kleinen Anlagen soll geruchsbindende Einstreu eingeführt
Seite 13 / 78544 werden. Filteranlagen können einen Großteil der Ammoniakemissionen und
545 Bioaerosole zurückhalten. Bislang verfügt nur etwa ein Prozent aller
546 Tierhaltungsanlagen in Deutschland über Filteranlagen. Dort zeigen sie große
547 Wirkung. Geruchsemissionen und die Konzentration von Bioaerosolen in der
548 unmittelbaren Umgebung sind deutlich niedriger als in der Nähe von anderen
549 Tierhaltungsanlagen.
550 Vielfalt für Biene und Co.
551 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich für den Erhalt der Lebensräume vielfältiger
552 Pflanzen und Tieren ein, welche von unschätzbarem Wert sind. Darum wollen wir
553 Feldraine für Insekten, Bienen, Kleinsäuger und Füchse sowie
554 Wasserrandstreifen für Wasservögel, Frösche und Fische erhalten und
555 renaturieren. Die Bienen am wildbewachsenen Feldrand sind nicht nur Symbol für
556 eine natürliche Landwirtschaft sondern auch Garant für wirtschaftlichen
557 Erfolg. Deshalb werden wir den Grünlanderhalt und Weideprogramme fördern.
558 Außerdem setzen wir uns für ein Maßnahmenpaket für die Bienen ein, das unter
559 anderem die Unterstützung der Bienensachverständigen, ein besseres
560 Blühstreifenprogramm und die Förderung des Anbaus von Eiweißpflanzen enthält.
561 Sauberes Wasser statt Nitratbelastung
562 Wir wollen unsere Böden und unser Wasser schützen und treten daher für eine
563 bodengebundene Landwirtschaft ein. Der Anbau von Futtermitteln und die
564 Ausbringung von Wirtschaftsdünger müssen eine ökologisch sinnvolle
565 Kreislaufwirtschaft ergeben.
566 Für Wirtschaftsdünger muss ein funktionierendes Kataster aufgebaut werden, um
567 die anfallenden Mengen und Im- und Exporte je Tierhaltungsbetrieb zu erfassen.
568 So kann die Einhaltung der Düngeverordnung besser kontrolliert und die
569 Nitratgrenzwerte im Grundwasser eingehalten werden. Auch Mais für
570 Biogasanlagen soll maximal 10 Prozent der Ausgangsmasse betragen, denn Mais
571 benötigt viel Dünger (Stickstoff) und nimmt dabei kaum Stickstoff auf. Das
572 erhöht das Risiko hoher Nitratkonzentrationen im Grundwasser.
573 Heimische Eiweißpflanzen statt Sojaimporte
574 Für eine umweltgerechtere Landbewirtschaftung wollen wir die Forschung,
575 Entwicklung und Anwendung von Fruchtfolgen, Eiweißpflanzen und
576 Zwischenfrüchten fördern. Heimische Eiweißpflanzen, sogenannte Leguminosen,
577 sind die Lösung vieler unserer ökologischen Sorgen. Körnerleguminosen können
578 Sojaimporte aus Übersee ersetzen und feinsämige Eiweißpflanzen können
579 teilweise als Grundfutter statt Maissilage eingesetzt werden. Eiweißpflanzen
580 lassen sich gut in Fruchtfolgen integrieren. Sie tragen zur Artenvielfalt auf
581 dem Acker bei und verbessern die Böden. Auch Schädlinge können sich dann nicht
582 mehr so stark vermehren. Da der Anbau dieser Pflanzen eine emissionsarme und
583 umweltschonende Stickstoffdüngung darstellt, wollen wir den Anbau von
584 Eiweißpflanzen auch als Hauptkultur, also über die gesamte Vegetationsperiode,
585 fördern. Weiterhin wollen wir an einheimischen Eiweißpflanzen forschen, um sie
586 gegen die Folgen des Klimawandels fit zu machen und den Landwirten eine
587 verlässliche Ernte gewährleisten zu können.
588 Mit Böden spekuliert man nicht
589 Unsere kostbaren Böden sind heißbegehrt. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehört der
590 Boden in die Hände derjenigen, die ihn bewirtschaften. Daher wollen wir
Seite 14 / 78591 außerlandwirtschaftliche Investorinnen und Investoren vom Bodenmarkt
592 zurückdrängen. Landwirtschaftliche Betriebe sollen die Flächen zu angemessenen
593 Preisen kaufen oder pachten können.
594 Wir wollen die Vielfalt im ländlichen Raum erhalten und kleine sowie mittlere
595 Strukturen in der Landwirtschaft schützen. Gemeinden sollen besser
596 mitentscheiden können, ob sie eine große Tierhaltungsanlage auf ihrem
597 Gemeindegebiet haben wollen. Dazu wollen wir ihre kommunale Planungshoheit
598 stärken. Wir setzen uns deshalb auf Bundesebene für die Änderung des
599 Baugesetzbuches ein, damit die Privilegierung von Nutztierhaltungsanlagen im
600 Außenbereich für alle Anlagen wegfällt, die nach dem
601 Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungspflichtig sind.
602 Mehr Öko in der Landwirtschaft
603 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich für die Stärkung des Ökolandbaus als
604 umweltfreundlichste und ressourcenschonendste Landbewirtschaftung ein und
605 wollen erreichen, dass 20 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche nach den
606 Ökorichtlinien bewirtschaftet werden. Damit sich dieser Herausforderung auch
607 kleinere Betriebe stellen, sehen wir in einem pauschalen und erhöhten
608 Kontrollkostenzuschuss pro Betrieb einen Anreiz. Landeseigene Flächen und
609 BVVG-Flächen sollen vorrangig an Ökobetriebe zu solchen Konditionen verpachtet
610 oder verkauft werden, die einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichen. Eine
611 Teilbetriebsumstellung auf Ökolandbau soll wieder möglich werden, damit
612 Betriebe den Schritt zu mehr Ökolandbau wagen. Um dem Ökolandbau einen höheren
613 Stellenwert einzuräumen, soll es dafür einen separaten Ausbildungszweig geben
614 und in den landwirtschaftlichen Ausbildungen soll der Ökolandbau als Fach
615 angeboten werden. Um die wirtschaftlichen Nachteile aufgrund der besonders
616 umweltgerechten Wirtschaftsweise auszugleichen, muss auf Bundesebene auf eine
617 weitere Erhöhung der Ökoprämie hingewirkt werden.
618 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen eine Landwirtschaft, die ohne Pestizide auskommt.
619 Um auf diesem Weg ein Stück weiter zu kommen, wollen wir die Förderpraxis der
620 EU-Mittel neu ausrichten und einen stärkere Bindung der Mittel für eine
621 Landwirtschaft, die mit dem Naturschutz vereinbar ist, festlegen. Außerdem
622 werden wir kurzfristig ein Glyphosat-Reduzierungsprogramm umsetzen, um schnell
623 ein paar der schlimmsten Arten der konventionellen Landwirtschaft zu
624 regulieren. Wir stehen für eine sinnvolle Kreislaufwirtschaft, indem der
625 verpflichtende Einsatz von Einstreu in der Tierhaltung durch die anschließende
626 Ausbringung als Wirtschaftsdünger in räumlicher Nähe mit dem Pflanzenbau
627 kombiniert wird.
628 Natürlichkeit statt Gentechnik
629 Im Jahr 2012 lagen die drei deutschen Gentechnik-Versuchsfelder in Sachsen-
630 Anhalt. Kein Zufall, denn in Sachsen-Anhalt wurde seit Jahrzehnten trotz
631 erheblicher Bedenken und Ablehnung in der Mehrheit der Bevölkerung in diese
632 Technologie und die Gentechniklobby investiert. Wir wollen aus der Agro-
633 Gentechnik aussteigen und Anbauverbote national umsetzen. Unser Ziel ist es,
634 dass Sachsen-Anhalt in das „Europäische Netzwerk gentechnikfreier Regionen“
635 aufgenommen wird. Zudem müssen Lebensmittel gekennzeichnet werden, wenn die
636 Tiere mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert worden sind.
Seite 15 / 78637 Wer GRÜN wählt, …
638 … fordert gesunde, ökologische und regionale Lebensmittel;
639 … hat ein Herz für unsere tierischen Mitgeschöpfe;
640 … stimmt gegen Gentechnik.
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Wahlprogramm
34. Landesparteitag in Halle (Saale) am 4. Juli 2015
VerfasserIn: Landesvorstand BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt
Gegenstand: Kapitel 3: Mit Bildung in die Zukunft
Text
648 3. Mit Bildung in die Zukunft
649 Mehr Gerechtigkeit und höhere Qualität: darauf kommt es uns an. Gemeinsam mit
650 allen Beteiligten wollen wir unsere Bildungslandschaft weiterentwickeln. Sie
651 soll allen Menschen gute Bildungsangebote unterbreiten, sie befähigen, sich zu
652 entfalten und an der Gesellschaft teilzuhaben. So sind wir den
653 Herausforderungen der Zukunft gewachsen und können ein Leben lang lernen.
654 Kitas sind der erste Baustein im Bildungssystem
655 Der positive Bildungseffekt des Krippenbesuchs ist belegt. Insbesondere kann
656 der Krippenbesuch die Bildungschancen von Kindern aus benachteiligten
657 Verhältnissen deutlich verbessern. Deshalb wollen wir die politische
658 Verantwortung für Krippen und Kindergärten in das Bildungsressort legen. Für
659 uns sind Kitas auch Kinderstuben der Demokratie, in denen Kinder bei allen sie
660 betreffenden Angelegenheiten mitentscheiden und -handeln.
661 Wir begrüßen den Rechtsanspruch für alle Kinder auf ganztägige Bildung und
662 Betreuung in einer Kindertagestätte. Unsere Kinder brauchen mehr Erzieherinnen
663 und Erzieher, damit jedes Kind angemessen gefördert werden kann. Jede Familie
664 soll sich einen Kitaplatz leisten können. Die Gebühren sind darum nach
665 Einkommen zu staffeln und zu deckeln. Für einen guten Start in die Schule
666 müssen sprachliche Defizite möglichst früh erkannt und behoben werden. Wir
667 wollen die verbindliche Sprachstands-Erhebung bei allen Vierjährigen wieder
668 einführen, um gezielte Unterstützungsangebote zu unterbreiten. Die
669 Öffnungszeiten der Kitas müssen sich noch flexibler den individuellen
670 familiären Situationen anpassen.
Seite 17 / 78671 Die Ausbildungsanforderungen an die Erzieherinnen und Erzieher wachsen mit
672 deren Aufgaben. Eine praxisorientierte berufliche Erstausbildung muss über die
673 gesamte Ausbildungsdauer einen kontinuierlichen Wechsel von Theorie und Praxis
674 gewährleisten und diese Ausbildung angemessen vergütet werden. Eine Offensive
675 für den Ausbau von pädagogischen Studiengängen und die Nachqualifizierung in
676 der Frühpädagogik an den Hochschulen ist dringend notwendig. Eine der
677 gestiegenen Qualifikation entsprechende Bezahlung der Erzieherinnen und
678 Erzieher sollte selbstverständlich sein.
679 Qualität in Krippe, Kindergarten und Schule sichern
680 Durch das Konzept der Ganztagsschulen erhält die pädagogische Arbeit an den
681 Schulen eine stärkere Bedeutung. Qualitätsstandards an den Schulen und
682 vorschulischen Bildungseinrichtungen sollen deshalb sowohl die pädagogische
683 Qualität und den Bildungserfolg, als auch die materielle und personelle
684 Ausstattung definieren und vergleichbar machen. Der Bildungserfolg misst sich
685 am Kompetenzzuwachs und nicht nur einseitig an Testergebnissen der
686 Schülerinnen und Schüler in den unterschiedlichen Fächern. Multiprofessionelle
687 Teams, ausreichend gut ausgebildetes Personal, sehr gute
688 Fortbildungsmöglichkeiten und inklusive Bildungskonzepte sind unsere
689 Eckpfeiler für Qualitätsstandards in Bildungseinrichtungen. Qualifizierungen
690 hierzu müssen durch das Land zielgenau angeboten werden. Die Eltern können
691 anhand der Konzepte verschiedene Bildungsanbieter vergleichen und informiert
692 entscheiden.
693 Kurze Beine, kurze Wege, lokale Lösungen
694 Jede lokale Situation sieht anders aus, daher kann direkt vor Ort besser
695 geplant werden, ob eine Schule eröffnet oder geschlossen werden soll, ob es
696 Schulverbünde auch unterschiedlicher Schulformen geben soll, wie der
697 Unterricht organisiert wird. Längeres gemeinsames Lernen wird durch die
698 Gemeinschaftsschule ermöglicht. Verbünde von Grundschulen mit einer
699 Gemeinschaftsschule können darüber hinaus das längere gemeinsame Lernen
700 befördern, so dass alle Schulabschlüsse, vom Sekundarschulabschluss bis zum
701 Abitur, ermöglicht werden. Ganztägiger Unterricht fördert gezielt besondere
702 Fähigkeiten, einschließlich musischer und sportlicher, gleicht Schwächen aus
703 und schließt Wissenslücken. Bürgerinnen und Bürger, Schulträger und Gemeinden
704 vor Ort benötigen von der Landesregierung erheblich mehr Gestaltungspielräume.
705 Mindestgrößen für Schulen und Klassen sind der falsche Weg.
706 Wir wollen Kommunale Bildungslandschaften, die alle Angebote und Ideen von
707 Kinder- und Jugendhilfe, Schule, Wirtschaft, Sport, Kultur, Politik und
708 Verwaltung zusammenführt. Derartige Konzepte müssen in den Kommunen
709 ausgearbeitet und umgesetzt werden. Sie geben mehr jungen Menschen Chancen,
710 beugen Abwanderung vor und verbessern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
711 Auch die Wege zu den weiterführenden Schulen sind zu lang. Ein dichtes und
712 bedarfsgerechtes Netz von ganztägigen Gemeinschaftsschulen soll entstehen und
713 so zu kurzen Schulwegen führen. Gemeinschaftsschulen können sich zu sozialen
714 und kulturellen Zentren vor Ort entwickeln. Sie können aus bereits
715 existierenden Schulen heraus entstehen und unterschiedliche Profile und
716 Schwerpunkte setzen.
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