Arbeitshilfe zur Umwandlung von Präsenzseminaren in Online-Angebote - für Dozent*innen und Referent*innen

 
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Arbeitshilfe zur Umwandlung von Präsenzseminaren in Online-Angebote - für Dozent*innen und Referent*innen
Bundesverband e.V.

Arbeitshilfe
zur Umwandlung von
Präsenzseminaren
in Online-Angebote
für Dozent*innen und Referent*innen

AWO BUNDESAKADEMIE & AWO DIGITAL
Arbeitshilfe zur Umwandlung von Präsenzseminaren in Online-Angebote - für Dozent*innen und Referent*innen
ARBEITSHILFE ZUR UMWANDLUNG VON PRÄSENZSEMINAREN IN ONLINE-ANGEBOTE

          Impressum

          AWO Bundesverband e. V.
          Blücherstr. 62/63
          10961 Berlin
          Telefon: (+49) 30 – 263 09 – 0
          Telefax: (+49) 30 – 263 09 – 325 99
          E-Mail: info@awo.org
          Internet: awo.org

          Verantwortlich: apl. Prof. Dr. jur. habil. Jens M. Schubert, Vorsitzender des Vorstandes
          Redaktion: Juliana Abel, Bildungsreferentin für Mediendidaktik, juliana.abel@awo.org
          Satz und Layout: Linda Kutzki, www.textsalz.de
          Lektorat: Anne Vonderstein, www.die-textprofis.de
          Grafiken: Erfurth Kluger Infografik GbR, www.infografiker.com

          Bildnachweis
          Abb. 1 und 9: J. Abel; J. Abel CC BY-SA 3.0
          Abb. 2, 5, 6, 8, 11, 13, 14, 15, 17 und 18: J. Abel, Redesign von Erfurth Kluger Infografik GbR
          CC BY-SA 3.0
          Abb. 3: Martin Lehner: Didaktische Reduktion, 2. Auflage, Haupt Verlag Bern 2020, S. 121
          Abb. 4, 7, 10, 12 und 19: J. Abel, Redesign von Linda Kutzki CC BY-SA 3.0
          Abb. 16: Rdb, Vergessenskurve, Redesign von Linda Kutzki CC BY-SA 3.0

          © AWO Bundesverband e. V., Berlin.

          Texte und mit CC BY-SA 3.0 gekennzeichnete Illustrationen sind freigegeben als Open Educational
          Resources unter der Creative-Commons-Lizenz CC-BY-SA 3.0 DE. Unter der Bedingung, dass
          Autor*in und Herausgeber*in sowie die Lizenz als „Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE“ einschließlich der
          untenstehenden Lizenz-URL genannt werden, dürfen diese Inhalte vervielfältigt, weitergereicht
          und auf beliebige Weise genutzt werden, auch kommerziell und ebenso online wie in gedruckter
          oder anderer Form. Die Bearbeitung ist erlaubt unter der zusätzlichen Bedingung, dass das neu
          entstandene Werk als Bearbeitung gekennzeichnet wird und im Falle einer Veröffentlichung unter
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          Die vollständigen Lizenzbedingungen sind zu finden unter der URL https://creativecommons.org/
          licenses/by/3.0/de/legalcode. Eine vereinfachte Darstellung der durch die Lizenz gegebenen
          Freiheiten ist zu finden unter https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/.

          Diese Arbeitshilfe ist das Ergebnis einer Kooperation des Projekts AWO digital und der
          AWO Bundesakademie.

          Mai 2021

2
Vorwort

Vorwort

Die Umstellung von Präsenzveranstaltungen auf      Das Jahr 2020 hat uns allen reichhaltige
Distanzlernen in Zeiten von Corona stellt viele    Gelegenheit geben, den Umstieg von Präsenz-
Lehrende vor die Frage, wie sie die Lernenden      seminaren auf Online-Formate zu erproben,
bestmöglich betreuen und die Inhalte anspre-       Methoden zu vertiefen und Erfahrungen zu
chend und gut verständlich vermitteln können.      sammeln. Diese Erkenntnisse haben Eingang in
Dieser Leitfaden will ihnen Orientierung für den   unseren Leitfaden gefunden.
Einstieg und Anleitungen für den technischen
und didaktischen Aufbau der Online-Lehre           Neue Wege mussten wir vor allem beschreiten,
geben.                                             wenn es darum ging, affektive Lerninhalte in
                                                   das Online-Format hinüberzuretten. Bei jedem
Die Umstellung der Online-Lehre mag zwar           neuen Online-Durchlauf zeigte sich – und wird
„aus der Corona-Not“ geboren sein, aber            sich weiterhin zeigen –, was geändert, ange-
digitale Fernkurse auf der Basis der Technologie   passt und ggf. ganz neu gedacht werden muss.
des Internets und digitaler Programmanwen-         Der virtuelle Lehrraum erfordert also nicht nur
dungen bieten durchaus auch manche Vorteile:       die Beherrschung neuer Werkzeuge bzw.
Sie ermöglichen ein Lernen an jedem Ort und        digitaler Tools, sondern immer wieder modifi-
zu jeder Zeit. Gleichfalls werden gemeinsame       zierte und innovative Denkansätze in Didaktik
Online-Phasen von Theorie entlastet und auf        und Methodik. Er verlangt anders gesagt ein
die Klärung von praxisrelevanten Fragen und        hohes Maß an pädagogischer Kompetenz und
der gemeinsamen Einübung des Wissens               eine gehörige Portion Geduld. Das ist eine gute
fokussiert.                                        Nachricht, denn es bedeutet: Die wichtigsten
                                                   Voraussetzungen für gelingende Online-Lehre
Wie das gelingen kann, dazu gibt die folgende      bringen Sie bereits in Ihrer Person mit. Was
Arbeitshilfe viele anschauliche Tipps. Sie zeigt   sonst noch wichtig ist, erfahren Sie bei der
Ihnen, wie Sie Formen der Präsenzlehre Schritt     Lektüre dieser Handreichung. Wir wünschen
für Schritt in digitale Angebote umsetzen          Ihnen dabei viel Spaß und freuen uns über
können. Natürlich kommt die digitale Lehre         Anregungen, Fragen und Rückmeldungen.
nicht ohne eine Reihe von digitalen Werkzeu-
gen aus. Wie jedes Werkzeug erfordern auch
digitale Tools einen gekonnten Umgang – und
folglich modifizierte Methoden. Dabei hängt es
von den Beteiligten, den Inhalten und den
geforderten Zielstellungen ab, auf welche Werk-
zeuge und Methoden Sie aus der zur Verfügung       Brigitte Döcker
stehenden Vielzahl am besten zurückgreifen.        Vorstandsmitglied AWO Bundesverband e.V.

                                                                                                          3
ARBEITSHILFE ZUR UMWANDLUNG VON PRÄSENZSEMINAREN IN ONLINE-ANGEBOTE

                     Inhaltsverzeichnis

                     Vorwort3

                     Voraussetzungen und Medienkompetenz                                                6

                     Hardware/Technik6
                     Voraussetzungen für die Software­anwendungen 7
                     Sinnvolle Regeln                             7

                     Stufe 1
                     Schritt für Schritt: Von der Präsenzlehre zum Online-Angebot                       8

                     Analyse der Präsenzseminare                                         8
                     Inhaltsanalyse für Online- und Selbstlernphasen                     8
                     Grobkonzept9
                     Feinkonzept10
                     Didaktische Stoffreduktion für Online- und Selbstlernphasen        12
                     Inhaltliche und zeitliche Planung von Online- und Selbstlernphasen 16
                     Lernpfadaufbau                                                     19
                     Reflexion der Online-Seminare                                      22
                     Ablaufplan Tagesseminar                                            22
                     Zusammenfassung24

                     Stufe 2
                     Nutzung zusätzlicher digitaler Medien                                             25

                     Digitale Lernmedien und -interaktionen                                            25
                     Ranking der digitalen Lernmittel nach Umsetzbarkeit und Verfügbarkeit             26
                     Digitale Kommunikation und Zusammenarbeit                                         28
                     Funktionen von Videokonferenz-Tools                                               29
                     Überblick über geläufige Videokonferenz-Tools                                     30
                     Einsatz von kollaborativen Gruppeneditoren                                        31
                     Kollaborative Gruppeneditoren und was sie können                                  32
                     Inhaltliche und zeitliche Ablaufplanung mit digitalen Lernmedien und Werkzeugen   33
                     Vom Frontalunterricht zur Online-Lernbegleitung                                   34

4
Inhaltsverzeichnis

Stufe 3
Professionalisierung digitaler Lehr- und Lernformen              36

Blended Learning  36
Flipped Classroom 38
Microlearning41

Stufe 4
Lernplattformen – LMS/LXP                                        44

Was ist ein Learning Management System (LMS)?                    44
Learning Experience Plattformen LXP (Lernerfahrungs-Plattform)   44
Kriterien für den Einsatz eines LMS/LXP                          46

Glossar48

                                                                                       5
ARBEITSHILFE ZUR UMWANDLUNG VON PRÄSENZSEMINAREN IN ONLINE-ANGEBOTE

                            Voraussetzungen und Medienkompetenz

                            Hier erfahren Sie zunächst alles über die         — Vor Durchführung/Beitritt in Online-Veran-
                            grundlegenden technischen Anforderungen für         staltung ➙ Technik testen
                            guten Online-Unterricht. Achten Sie bei der
                            Einrichtung des Arbeitsplatzes darauf, dass Sie   — Bildschirm: Moderator*innen/Dozent*innen
                            in störungsfreier, ruhiger Umgebung arbeiten,       sollten über 2 Bildschirme verfügen (siehe
                            um Hintergrundgeräusche zu vermeiden.               Abbildung – beide großen Bildschirme an
                            Dasselbe gilt für die Teilnehmenden (TN).           einem Rechnersystem)

                                                                              — Kamera: auf Augenhöhe ausrichten
                            Hardware/Technik
                                                                              — Für gute Sichtbarkeit sorgen: keine direkte
                            — Computer nicht älter als 10 Jahre (Arbeits-       Licht- oder Sonneneinstrahlung auf die
                              speicher, Prozessorleistung, Grafikleistung,      Kamera ➙ sonst Überbelichtung
                              Browser auf aktuellem Stand)
                                                                              — (System-)Einstellungen/Windows ➙ Daten-
                            — Schnelle, stabile Internetverbindung (LAN         schutzeinstellungen – Zugriff auf Kamera
                              mit Ethernet-Kabel); bei WLAN in Router-­         und Mikrofon aktivieren
                              Nähe arbeiten
                                                                              — ggf. in Firewall/Antiviren-Software – Zugriff
                            — Headsets (Kopfhörer mit Mikrofon): um             auf Kamera und Mikrofon den Anwendungs-
                              Rückkopplungen und Umgebungsgeräusche             zugriff aktivieren
                              zu vermeiden, in den (System-)Einstellungen
                              und/oder entsprechende Einstellungen im         Referent*innen/Moderator*innen einer Online-­
                              Videokonferenz-Tool aktivieren                  Sitzung sollten idealerweise zwei Bildschirme an
                                                                              einem Rechner anschließen: Der erste Bild-
                            — Integrierte Kamera oder externe Webcam.         schirm zeigt das Meeting-Fenster, der zweite
                              Wichtig: Bei externer Kamera und Headset        die freizugebende Präsentation. Empfehlens-
                              sollte das Mikrofon der internen Kamera         wert ist auch die Verwendung eines zweiten
                              (in den (System-)Einstellungen und/oder         Rechners, etwa eines Laptops. Über diesen
                              Einstellungen im Videokonferenz-Tool)           können sich die Referent*innen/Moderator*innen
                              ­deaktiviert werden                             selbst als Teilnehmende (TN) einloggen und
                                                                              deren Perspektive sehen, die sich von der der
                            — VPN (Virtual Private Network) – Verbindung      Moderator*innen unterscheidet.
                              beenden (in den (System-)Einstellungen –
                              Netzwerk-Internet-Verbindung)

Abbildung 1
Technische Ausstattung
für Moderator*innen
(Host, Co-Host) bei einer
Online-Sitzung

6
Voraussetzungen und Medienkompetenz

Voraussetzungen für die Software­                  Sinnvolle Regeln
anwendungen
                                                   — Beim Eintritt in ein Online-Meeting sollte die
— Alle Softwareanwendungen und Tools                 Moderation alle Teilnehmenden (TN) stumm-
  (Programm-Werkzeuge) vor Live-Schaltung            schalten; ggf. zusätzlich auch die Videoüber-
  mehrfach testen und Funktionen prüfen              tragung ausschalten – das empfiehlt sich vor
                                                     allem dann, wenn viele der Teilnehmenden
— Beherrschung der Bildschirmfreigabemög-            WLAN verwenden. Bei manchen Video­
  lichkeiten (z. B. Whiteboard) und Einrichtung      konferenz-­Tools müssen die Teilnehmenden
  von Breakout-Gruppen                               das Ausschalten von Mikro und Kamera
                                                     selbst vornehmen. Bitte teilen Sie den
— Anleitung/Einweisung der Teilnehmenden             Teilnehmenden das vor Beginn der Sitzung
                                                     mit. Das spart erstaunlich viel Zeit!
— Zusätzlich zum Videokonferenz-Tool max. 2
  zusätzliche Tools einsetzen ➙ Tools müssen für   — TN sollten bei Anmeldung bzw. nach Eintritt
  die Teilnehmenden intuitiv bedienbar sein          in die Online-Konferenz Vor- und Nachna-
                                                     men und ggf. auch ihre Institution/Organi-
— Wenn möglich, alle Tools/Apps auch für             sation eintragen.
  mobile Endgeräte testen (PC, Mac, Tablet mit
  den jeweiligen Betriebssystemen, iPad,           — Auch bei Vorträgen/Präsentationen seitens
  Smartphone, iPhone) ➙ um bei Nachfragen            der Moderation – alle TN stumm schalten
  von Teilnehmenden Bedienungshinweise               und ggf. ohne Videoübertragung.
  geben zu können
                                                   — Zu Beginn klären: Wann können Fragen
— Beherrschung digitaler Anwendungen zur             gestellt werden (während oder nach dem
  Dokumenterstellung und -anzeige für                Vortrag/Präsentation)?
  späteren Dateiaustausch und deren Bild-
  schirmfreigabe (z. B. für MS-Office-, PDF-       — Bei gewünschten Wortmeldungen/Fragen
  und Bild-Dateien)                                  müssen die TN sich entweder über Chat,
                                                     Handzeichen oder Fragebereich bemerkbar
— ggf. DSGVO-konforme Cloud mit Passwortzu-          machen. Die Moderation kann dann der
  gang oder Learning Management System LMS           betreffenden Person das Mikro und die
  für Dateiaustausch bzw. Dateiablage nutzen         Kamera zuschalten bzw. freigeben.

Die Softwareanwendungen und Tools erfordern        — Bei Diskussionsrunden hat nur der*die das
eine Lern- und Übungsphase – nicht nur für           Mikro an, der*die spricht – alle anderen sind
die Moderator*innen/Dozent*innen, sondern            ausgestellt (außer Moderator*in).
für alle Beteiligten. Deshalb wichtig: Machen
Sie sich gründlich mit der Technik vertraut,       — Bei eingeschaltetem Mikro sind Nebengeräu-
bevor Sie mit dem Unterricht beginnen. Vor           sche zu vermeiden.
dem ersten Online-Unterricht empfiehlt sich ein
Testlauf unter Realbedingungen. Planen Sie         — Hinweise zum Umgang miteinander ➙ Du
außerdem ausreichend Zeit ein für die Einwei-        oder Sie?
sung der Teilnehmenden. Dabei ist nicht nur an
die Erläuterung und Einweisung in die Technik      — Aufzeichnung kann nur mit Zustimmung
zu denken, bevor die Sitzung beginnt. Oft            aller Teilnehmer*innen erfolgen.
ergeben sich auch erst im konkreten Ablauf           Bei Videokonferenz-Tools darauf achten, ob
noch Nachfragen und die Notwendigkeit, die           diese den Präsentationsbildschirm oder die
Teilnehmenden mit erneuten Hinweisen zu              gesamte Programmoberfläche aufzeichnen.
unterstützen. Daher: Die ersten Unterrichtsein-      Wenn möglich, sollte nur der Präsentations-
heiten sollten genügend Luft lassen, bis der         bereich aufgezeichnet werden, so dass die
Umgang mit der Technik bei allen „sitzt“. Dann       Videobilder der TN nicht sichtbar sind.
steht der Konzentration auf die Inhalte nichts
mehr im Wege!

                                                                                                                   7
ARBEITSHILFE ZUR UMWANDLUNG VON PRÄSENZSEMINAREN IN ONLINE-ANGEBOTE

      Stufe 1 Schritt für Schritt: Von der Präsenzlehre zum
              Online-Angebot

                     Analyse der Präsenzseminare                       „Ablaufplan Tagesseminar“) und im Methoden­
                                                                       einsatz von digitalen Medien und Tools.
                     Was macht einen guten Online-Unterricht aus?
                     Wie stelle ich sicher, dass mein Präsenzseminar   Es erfordert weniger Aufwand, wenn ein
                     auch online gelingt?                              Online-­Angebot auf der Grundlage einer
                                                                       vorhandenen Präsenzschulung erstellt werden
                     Grundsätzlich gilt: Die inhaltliche Planung von   kann.
                     Online-Lehr- und Lernangeboten entspricht der
                     Planung von Präsenzkursen. Die Vorbereitung       Wenn Sie ein komplett neues Online-Angebot
                     erfolgt anhand folgender Analyseschritte:         erarbeiten, gehen Sie vor, wie in den links
                                                                       aufgeführten Analyseschritten. Planen Sie dafür
                     1. Analyse der Zielgruppe                         ausreichend Zeit ein!

                     2. Recherche und Zusammenstellung
                        von Inhalten                                   Inhaltsanalyse für Online- und
                                                                       Selbstlernphasen
                     3. Definition der Lernziele
                                                                       Online-Angebote stellen alle Beteiligten vor
                     4. Grobstruktur der Inhalte                       neue Herausforderungen:

                     5. Analyse der Lehr- und Lernmethoden             — Höhere Anforderung an die Konzentrations-
                        und Prüfungen/Tests                              fähigkeit

                     Vor der Umstellung eines Präsenzseminars auf      — Nicht alle Lernkanäle können aktiviert
                     ein Online-Angebot sollten Sie das vorhandene       werden (kommunikatives Lernen ist in
                     Konzept für die Präsenzlehre noch einmal            Breakout-Gruppen und kollaborativen Tools
                     anschauen, die obigen Punkte auf ihre Aktuali-      nur eingeschränkt möglich; motorische und
                     tät hin überprüfen und Recherchelücken schlie-      haptische Lernerfahrungen fehlen weitge-
                     ßen. Eventuell empfiehlt es sich, Lernziele neu     hend)
                     zu definieren und Inhalte an das neue Format
                     anzupassen.                                       — Neue Formen der Zusammenarbeit und des
                                                                         Austausches zwischen den Beteiligten
                     Denn natürlich gibt es auch gewaltige Unter-        müssen eingeübt werden
                     schiede zwischen herkömmlicher Lehre und
                     virtuellen Seminaren. Der wichtigste: Es ist      — Wie können affektive Lerninhalte vermittelt
                     unsinnig, ein Präsensseminar 1:1 auf die            und transferiert werden?
                     Online-Lehre zu übertragen. Vielmehr gilt es zu
                     überlegen: Welche Inhalte eignen sich für die     — Es gibt technische Hard- und Software-­
                     Digitalisierung der Lehre, welche müssen            Voraussetzungen, und digitale Medien­
                     wegfallen oder umstrukturiert werden? Was ist       kompetenz aller Beteiligten ist notwendig
                     zu beachten, wenn ich Schulungsinhalte aus
                     der Präsenzlehre für die digitale Vermittlung     Dies alles erfordert ein Umdenken in Hinblick
                     aufbereiten will? Der Hauptunterschied besteht    auf Inhalte und ihre Vermittlung. Wichtig ist vor
                     also in der Online-Ablaufplanung (siehe Kapitel   allem der Wechsel von Vorträgen im Plenum
                                                                       sowie Einzel- und Gruppenarbeiten.

8
Stufe 1 – Schritt für Schritt: Von der Präsenzlehre zum Online-Angebot

Als Faustregel gilt: Nicht länger als 20 min          Diese Überlegungen fließen ein in die Erstellung
Input ohne Gelegenheit zur Interaktion.               eines Grobkonzeptes mit einer Strukturierung
Überfordern Sie Ihre Zielgruppe nicht mit zu          der Inhalte und Funktionen für den Lern­
langen Vorträgen und zu viel Information am           prozess.
Stück! Nach einem Input können
Selbstlernaufgaben, Gruppenarbeiten oder
Übungen stattfinden. Danach treffen sich alle         Grobkonzept
wieder im Plenum für Rücksprachen,
Auswertung oder Reflexionen. Aus diesem               Im Grobkonzept werden die folgenden Punkte
Grund sind die Zeiteinheiten neu zu                   festgehalten:
überdenken. Bei 60 min Unterrichtseinheiten
sollten daher nicht mehr als 2 Themen-Inputs          Inhalt (Hier geht es um die zu vermittelnden
erfolgen, im jeweiligen Wechsel von 10 bis            Inhalte und Medien):
20 min Gruppenarbeit oder Selbstlernphasen.
Und nicht zuletzt ist der Einsatz digitaler           — Welche Inhalte sollen gelernt bzw. vermittelt
Werkzeuge für Umfragen, Quizabfragen,                   werden?
Whiteboard und digitale Pinnwände für die
Interaktion mit den Teilnehmenden ratsam              — Welche Medien eignen sich dazu am besten?
(siehe ab Kapitel „Digitale Kommunikation und
Zusammenarbeit“).                                     Aufbau (Hier geht es um die Lernaktivitäten):
Für die Planung von Online-Angeboten emp-
fiehlt es sich also, die inhaltlichen und zeitli-     — Wie kann die aktive Auseinandersetzung der
chen Abläufe der bisherigen Präsenzphasen zu            Lernenden mit dem Lernstoff gefördert
überarbeiten und sich dabei an folgenden                werden?
Themenschwerpunkten zu orientieren:
                                                      — Welche Tätigkeiten und Befähigungen
1. Vortrag, Präsentation, Diskussion etc. im            werden von den Lernenden in der Praxis
   Plenum: Zielstellungen, Themen, Zeiteinhei-          erwartet?
   ten, Methoden, Arbeitsmaterialien
                                                      Kommunikation (Hier geht es um Fragen der
2. Einzel- und Gruppenarbeiten: Aufgaben-             Zusammenarbeit und der Betreuung):
   stellung, Zielstellung, Zeiteinheiten, Metho-
   den der Gruppenarbeit, Gruppengröße und            — Sollen Fakten gelernt oder neue Einsichten
   ggf. personelle Zusammensetzung, Arbeits-            gefördert werden?
   materialien
                                                      — Kann der Lernfortschritt von den Lernenden
3. Wechsel/Kombination zwischen Plenum und              selbst überprüft werden und/oder sind
   Einzel- bzw. Gruppenarbeit                           Hilfen notwendig?

4. Bisherige zeitliche Verteilung zwischen
   Plenum und Einzel- bzw. Gruppenarbeit der
   einzelnen Tage und aller Tage (bei mehrtägi-
   gen Seminaren)

                                                                                                                       9
ARBEITSHILFE ZUR UMWANDLUNG VON PRÄSENZSEMINAREN IN ONLINE-ANGEBOTE

                                                         Kommu-
                                                                            Lernziele
                                                         nikation

                                                                                           Lern-
                                          Betreuung
                                                                                          inhalte

                                                                  Fein-
                                                                konzeption

                                            Lern-                                          Lern-
                                            pfade                                         medien

                                                        Alternative        Lerninter-
                                                         Lernwege           aktionen
Abbildung 2
Elemente eines
Feinkonzepts

                     Feinkonzept                                         Es lohnt sich, Zeit in die Entwicklung eines
                                                                         Grob- und Feinkonzepts zu stecken, denn das
                     Das Feinkonzept leitet sich aus dem Grob­           erleichtert Absprachen mit dem Auftraggeber,
                     konzept ab. Dieses wird um erste konkrete           Anpassungen und Varianten für verschiedene
                     Lern­inhalte ergänzt. Es enthält die detaillierte   Zielgruppen sowie die Umsetzung.
                     Projektplanung und dient als Grundlage für die
                     Inhaltserstellung und die Seminar­                  Das Feinkonzept enthält auch die Festlegung
                     ablaufplanung.                                      und detaillierte Beschreibung von Lernzielen
                                                                         mit überprüfbarer Ergebniskomponente. Hier
                                                                         ein Beispiel aus einer Online-Lehreinheit zum
                                                                         Thema „Strategien der Konfliktlösung“:

                     Beispiel für ein Feinkonzept „Strategien der Konfliktlösung“

                       Lernziele                        Bedingungen                      Überprüfbares Ergebnis

                       Selbstreflexion der eigenen      Die wesentlichen Strategien      Eigene Strategie erkennen
                       Konfliktstrategie und der        der Konfliktlösung kennen        und reflektieren.
                       Fähigkeit, „Konsens“ zur         und Konfliktthemen und           Die Gegenstrategie erkennen.
                       Konfliktlösung herbeiführen      Dynamiken unterscheiden          Wege des Verhandelns und
                       zu können                        können                           Konsens erkennen und
                                                                                         Lösungsstrategien entwickeln

                     — Lerninhalte                                       können ➙ Konfliktszenarien analysieren ➙ die
                                                                         Interessen und Ziele der Konfliktparteien
                     Grundmuster des Konfliktverhaltens kennenler-       erkennen ➙ Gesprächstechniken lernen und
                     nen ➙ eigene Konfliktstrategie erkennen und         einsetzen ➙ Rollenspiele mit Perspektivwechsel
                     erweitern ➙ Konfliktthemen unterscheiden            ➙ eigene Strategie und Taktik ausbauen

10
Stufe 1 – Schritt für Schritt: Von der Präsenzlehre zum Online-Angebot

— Geplante Lernmedien mit Skizzierung                 — Überprüfung der Ergebnisse
  für die Umsetzung
                                                      In den Lernpfadstufen regelmäßig Tests/
Lernskripte mit aufeinander aufbauenden               Feedbackvarianten für die Selbstkontrolle
Lernanweisungen; Video-Tutorials mit jeweils          anbieten; Methoden und Testformen im Plenum
konkreten Konfliktsituationen; Videos mit             oder Gruppensettings bereitstellen; Rollenspiele
verschiedenen Strategien der Konfliktlösung im        mit Beobachtungs- und Bewertungskriterien;
Alltag; Selbsttest der eigenen Konfliktstrategie      interaktive Fragebögen mit Auswertungs­
                                                      schemata
— Alle Lerninteraktionen
                                                      — Kommunikative Elemente
 Übungen und Transferaufgaben;
­Video-Tutorials; interaktive Aufgaben-/              Austausch mit anderen Lernenden über
 Quiz-Abfragen; Selbsttest und Testabfragen zur       kollaborative Tools, wie Videomeetings, Chat,
 Überprüfung der Lernziele                            Whiteboard, Arbeitsgruppen, Foren und weitere
                                                      Online-Möglichkeiten – und nach Corona auch
Beispiele für Videos zum Thema Konfliktarten:         wieder persönliche Treffen
https://www.youtube.com/
watch?v=YYBCaGXN0FU                                   — Betreuungselemente

https://www.youtube.com/watch?v=VEZsjxlPPDg           Lernbegleitung durch Moderator*innen/
                                                      Dozent*innen/Tutor*innen/Lernbegleiter*innen
Simples Beispiel für interaktive Abfrage – „Wel-      per Chat, Video-Konferenz, Video-Arbeitsgrup-
cher Konflikttyp bist du?“, eingebunden in ein        penbetreuung, Konsultationen, ggf. Kurzde-
Learning Management System (LMS)                      monstrationen etc.

https://moodle.awo.org/moodle/course/view.            Die Ablaufplanung für digitale Lerneinheiten
php?id=11&sectionid=57                                erfordert also intensive Vorbereitung, wie
                                                      dieses Beispiel zeigt. Dies sollten Sie bei Ihrer
„Anmelden als Gast“ ➙ Gastzugangsschlüssel =          Zeitplanung unbedingt berücksichtigen!
Gast eintragen und bestätigen
                                                      Weiterführende Links
— Alternative Lernwege
                                                      „Effektives Lernen per Video“ in 5 Schritten
Hinweise zu aufbauenden und weiterführenden           zum nachhaltigen Erfolg (Pink University):
Lernquellen und Übungen; Lernende suchen in           https://www.youtube.com/watch?v=g-
Selbstlernphasen nach ergänzenden Lernquel-           pyedDBwwQ
len (z. B. YouTube; andere Lernplattformen;
Lernmaterialien) und können diese auch den            „Online-Lernen – Das Stufenmodell von Gilly
anderen Lernenden als Anregung zur Verfügung          Salmon“ (wb-web – ein Projekt des Deutschen
stellen                                               Instituts für Erwachsenenbildung (DIE)):
                                                      https://www.wb-web.de/material/methoden/
— Lernpfade                                           das-aktive-online-lernen-und-lehren-das-
                                                      stufenmodell-von-gilly-salmon.html
Strukturierte Wege durch eine Reihe von
aufeinander abgestimmten Arbeitsaufträgen,
mit denen die Lernenden in Selbstlernphasen
eigenverantwortlich arbeiten und üben kön-
nen, sowohl im Seminar als auch zu Hause;
Lernpfade möglichst in kurze Sequenzen
(„Learning Nugget“) unterteilen
(ideal: max. 15 min)

                                                                                                                      11
ARBEITSHILFE ZUR UMWANDLUNG VON PRÄSENZSEMINAREN IN ONLINE-ANGEBOTE

                     Didaktische Stoffreduktion für Online-             das Wissen schnell in der Praxis umgesetzt
                     und Selbstlernphasen                               und konkret angewendet werden?

                     Eine Faustregel für die Unterrichtsplanung       Didaktische Stoffreduktion gliedert sich also in
                     lautet: Die Stoffmenge steht in umgekehrtem      zwei Elemente: Einerseits die quantitative
                     Verhältnis zum Lernerfolg. Anders gesagt: In     Reduktion und Konzentration des Lernstoffes in
                     Seminaren, in denen weniger Inhalte vermittelt   gut dosierte „Lernhappen“ (Abstraktion).
                     werden, haben Teilnehmende das Gefühl, viel
                     gelernt zu haben.                                Andererseits die qualitative Reduktion dieser
                                                                      „Lernhappen“ in pointiert formulierte und
                     Wer allein vor dem Bildschirm sitzend            anschaulich visualisierte Darstellungen der
                     Online-Vorträgen folgt oder an Web-Kursen        Sachverhalte (Konkretisierung).
                     teilnimmt, muss sehr viel mehr Konzentration
                     aufbringen als in einer Präsenzveranstaltung.    Die vier wichtigsten Vorgehensweisen bei der
                     Es werden weniger Aufnahmekanäle aktiviert       didaktischen Reduktion1:
                     – man wird zum Stillsitzen und konzentrierten
                     Hinschauen oder Hinhören „verdonnert“.           — Elementarisierung: Reduzieren auf grundle-
                                                                        gende Strukturen, Gesetzmäßigkeiten und
                     Daher sollten komplexe Unterrichtsinhalte auf      Begriffe
                     die wesentlichen und praxisrelevanten Ele-
                     mente reduziert und in einfachere Sachver-       — Schlüsselbegriffe: Reduzieren auf bestimmte
                     halte, Zusammenhänge und Problemstellungen         Themenkreise
                     überführt werden. Leitfragen bei der Stoff­
                     reduktion sind: Was haben die Teilnehmenden      — Verwendungssituationen: Reduzieren auf die
                     im „echten Leben“ von Ihrer Lehrveranstal-         wichtigsten Praxissituationen
                     tung? Was eignet sich für den Transfer in den
                     Berufsalltag?                                    — Exemplarische Auswahl: Inhaltsbearbeitung
                                                                        anhand von Fällen und Beispielen.
                     Um möglichst viele Sinne anzusprechen und die
                     Lernenden bei der Stange zu halten, ist          Dabei helfen folgende Fragestellungen:
                     Abwechslung von passiven und aktiven Ele-
                     menten in überschaubaren Sequenzen daher         — Welche Voraussetzungen bringt die Ziel-
                     das erste Gebot in der Online-Lehre bzw. im        gruppe mit?
                     Online-Lernen (siehe die Kapitel „Ablaufplan
                     Tagesseminar“ und „Inhaltliche und zeitliche     — Welche Begriffe, Aspekte, Elemente sind
                     Ablaufplanung mit digitalen Lernmedien und         zentral für den zu vermittelnden Inhalt?
                     Werkzeugen“).
                                                                      — Welche Inhalte sind praxisrelevant?
                     Haben Sie dabei immer Ihre Zielgruppe genau
                     im Auge: Welche Vorkenntnisse sind bei den       — Welche grundlegenden Zusammenhänge
                     Lernenden vorhanden – wo können Sie                müssen die Lernenden erkennen?
                     ansetzen?
                                                                      — Welche Beispiele, Analogien, Erläuterungen,
                     — Je weniger Vorwissen über die Inhalte in der     Visualisierungen tragen zu einem besseren
                       Zielgruppe bekannt ist, umso mehr müssen         Verständnis bei?
                       Sie sich in der Vermittlung darauf konzen­
                       trieren, WARUM diese Inhalte wichtig sind      — Wie viel Differenzierung, Problematisierung
                       (Praxisbezug).                                   oder Perspektivenvielfalt ist wirklich not-
                                                                        wendig?
                     — Verfügen die Teilnehmenden über Vorwissen,
                       richtet sich Ihr Fokus auf das WIE: Wie kann   — Woran sind die Lernenden interessiert?

                     1 Vgl. Siebert, H.: Didaktisches Handeln in der Erwachsenenbildung. 4. Aufl. München 2003

12
Stufe 1 – Schritt für Schritt: Von der Präsenzlehre zum Online-Angebot

— Welche Inhalte sind im gegebenen Kontext         Nützliche Beispiele für die Umsetzung von
  nicht wesentlich und können ausgefiltert         Lerngegenständen/Lerninhalten mithilfe von
  werden?                                          Lernvideos, Zuordnungsaufgaben, Quiz- und
                                                   Abfragefunktionen zu bestimmten Themen
— Wie viel Zeit steht zur Verfügung?               finden Sie anschaulich aufbereitet auf der
                                                   AWO-moodle-Plattform: https://moodle.awo.
Grundsätzlich gilt: Insbesondere konkrete          org/moodle/login/index.php
Beispiele und Fallbesprechungen verbessern und
ermöglichen das Verständnis komplexer Sach-        Anmelden als Gast ➙ unter Kurse: „Freie
verhalte und tragen zur Anschaulichkeit bei.       Kursaktivitäten“ anklicken ➙ bei
                                                   „­Gastschlüssel“ Gast eintragen und mit
Praktische Bezüge helfen, theoretische Sachver-    „speichern“ bestätigen.
halte anschaulicher und transparenter zu
gestalten. Aus konkreten Fällen können             Ein Klassiker in der reduzierten und visualisier-
allgemeine Rückschlüsse, Zusammenfassungen         ten Stoffvermittlung sind Power-Point-Präsen-
und Erkenntnisse erarbeitet und nachhaltiger       tationen. Die Regeln für eine gute und über-
verankert werden.                                  sichtliche Präsentation sind dieselben wie für
                                                   eine gute didaktische Reduktion. Ab der
 ➙ Kurz: Nutzen Sie die Praxis, um Theorien        Office-Version 2016 können solche PPT-Präsen-
 transparent zu machen!                            tationen als Video mit Sprachaufnahme
                                                   aufgezeichnet werden. Für eine griffige Veran-
                                                   schaulichung der Lerngegenstände/Lerninhalte
                                                   in digitalen Lerneinheiten eignen sich aber
                                                   auch Lernvideos, kurze interaktive Lernformen,
                                                   Quiz-Angebote und/oder ­Gamification etc.

                                    Didaktische Transformation
  Fachlichkeit                                                                   Fasslichkeit

  fachwissenschaftliche Begriffe,                            didaktische rekonstruierte Begriffe,
  Aussagen und Strukturen                                              Aussagen und Strukturen

                                         Konzentration
                                       auf das Wesentliche

                                                                Zerlegen und               Lern-
                                                                  Anordnen               gegen-
  Inhalte            Auswahl
                                                               Verstehen und             stände        Abbildung 3
                                                             erinnerbar machen                         Prinzipien der Reduktion
                                                                                                       von komplexen Themen
                                                                                                       auf anschauliche
                    Reduktion der                                Reduktion der                         Lehrinhalte
                    Stofffülle           Vereinfachung           inhaltlichen
                                        des Komplizierten                                              Quelle: Martin Lehner:
                                                                 Komplexität                           Didaktische Reduktion,
                                                                                                       2. Auflage, Bern 2020,
                                                                                                       S.121

Um einen Lehrgegenstand an konkreten               als Einzelfall für große Bereiche eines Sachge-
Beispielen aufzuzeigen, empfiehlt es sich,         biets dienen. Nach Wolfgang Klafki lassen sich
einfache und grundlegende Sachverhalte             solche Fallbeispiele in sieben Kategorien
auszuwählen, die über sich hinausweisen und        unterteilen:

                                                                                                                                13
ARBEITSHILFE ZUR UMWANDLUNG VON PRÄSENZSEMINAREN IN ONLINE-ANGEBOTE

                            Tabelle 1
                            Formen des Elementaren nach Klafki
                            Fundamentales            Nur als Erlebnis existent und        Selbsterfahrung in einer
                                                     erfahrbar.                           Grenzsituation
                            Exemplarisches           Allgemeines wird am Besonderen       An einem fallenden Gegenstand,
                                                     erfahren.                            z. B. Schlüssel das Fallgesetz

                            Typisches                Allgemeines wird im Besonderen       Im Kölner Dom beim Betrachten
                                                     erfahren.                            usw. – der gotische Baustil

                            Klassisches              Allgemeines wird als Wert            An der Geschichte des barmher-
                                                     erfahren.                            zigen Samariters – die Nächs-
                                                                                          tenliebe
                            Repräsentatives          Allgemeines wird als                 An einer Windmühle in einer
                                                     Vergegenwärtigung erfahrbar.         alten Stadt wird Vergangenheit
                                                                                          lebendig
                            Einfache Zweckform       Allgemeines (Form) und               Durch Lesen das Lesen lernen
                                                     Besonderes (Zweck) fallen            (Lesefertigkeit)
                                                     zusammen.
Quelle: reduktion_oeco-                              Das Allgemeine wird durch das
nomix_referendariat_ein-                             Tun des Besonderen erlernt.
bindung_im_studiense-
minar_-_reduktion-_ziel-    Einfache ästhetische     Allgemeines und Besonderes           An einem speziellen Bild der
gruppenadaequate_ver-       Form                     fallen zusammen.                     „Goldene Schnitt“
einfachung_von_themen.                               Das Allgemeine wird durch das
pdf; AR Dr. M. Beutner;                              Einmalige anschaubar.
S. 6; 2008

                           Eine mögliche Form der anschaulich visualisier-   Format-­Kombinationen und deren Zusammen-
                           ten Stoffreduktion ist die mehrstufige Gliede-    hang untereinander. Die Demonstration und
                           rung. Die folgenden Abbildungen zeigen dies am    Übung erfolgt anhand eines einfachen Beispiels
                           Aufbau eines Seminars zur Textformatierung.       in einem Zeitumfang von ca. 4 Stunden.
                           Ausgehend von einer allgemeinen Übersicht in
                           ca. 20 min wird in vertiefenden Anwendungs-       In der dritten Ebene (Anwendungsfunktionen)
                           beispielen die konkrete Handhabung praxis­        (siehe Abbildung 4.3) wird auf spezielle
                           relevant innerhalb eines Zeitrahmens von bis      Anwendungsbeispiele und deren Komplexität
                           zu 3 Tagen demonstriert und geübt.                verwiesen. Hier ist es besonders wichtig, mit
                                                                             unterschiedlichen branchenbezogenen Fallbei-
                           Die erste Ebene (siehe Abbildung 4.1) gibt        spielen den effi­zienten und professionellen
                           einen allgemeinen Überblick zu den Hauptthe-      Umgang der Textformatierung zu erlernen und
                           men und Bereichen der Textformatierung. Die       auszubauen. Je nach Branche und deren
                           Formatierung wird exemplarisch in 15–20 min       speziellen Anforderungen kann dafür ein
                           mit einfachen und allgemein verständlichen        Zeitumfang von 3 Tagen benötigt werden.
                           Beispielen demonstriert. Dabei kann bereits
                           kurz auf darauffolgende spezielle branchen­       Weiterführende Links
                           bezogene Anwendungsbeispiele hingewiesen
                           werden. Einfache Übungen dienen dem               Didaktische Reduktion: Ein Ausweg aus dem
                           funktionalen Grundverständnis und der             Stoffmengenproblem (wb-web – Projekt des
                           Orientierung im Textprogramm.                     Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung
                                                                             (DIE)): https://wb-web.de/wissen/lehren-
                           In der zweiten Ebene (Grundlagen) (siehe          lernen/didaktische-reduktion.html
                           Abbildung 4.2) werden zu den 4 Hauptthemen
                           branchentypische und häufig vorkommende
                           Anwendungsbeispiele gezeigt und geübt.
                           Zielstellung ist das Erlernen der ersten

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Stufe 1 – Schritt für Schritt: Von der Präsenzlehre zum Online-Angebot

                                                                          20 Min.
     1. Ebene: übersicht – einführende Funktionen
                                                                                                      Abbildung 4.1
       Schrift–Format         Absatz–Format            Seiten–Format           Objekt–Format          Erste Ebene: Überblick zu
                                                                                                      den 4 Funktionsbereichen
                                                                                                      der Textformatierung

                                                                          4 Std.
     2. Ebene: grundlegende Funktionen

          Schriftart            Ausrichtung             Hoch- oder                   Tabellen
                                                        Querformat

        Schrifteffekte            Einzug               Seitenränder            Bilder, Formen
                                                                                                      Abbildung 4.2
                                                                                                      Zweite Ebene: Grundlagen

                                                                          3 Tage
     3. Ebene: vertiefende Funktionen

                                                       Rahmen und
         Schriftfont          Zeilenabstand           Schattierungen                  Größe

        Schriftschnitt        Nummerierung             Formatgröße             Farbe, Fläche,
                                                                                   Linien

         Schriftgröße           Gliederung                Spalten                   Positionen

       Unterstreichung         Rahmen und               Abschnitte
                              Schattierungen

         Schriftfarbe           Aufzählung           Inhaltsverzeichnis

         Hoch- und                                      Kopf- und
          Tiefgest.           Absatz-Abstand             Fußzeilen

       Zeichenabstand

                                                                                                      Abbildung 4.3
       Zeichenposition                                                                                Dritte Ebene: kombinierte
                                                                                                      und branchentypische
                                                                                                      Anwendungsfunktionen

„Kennen Sie schon … Didaktische Reduktion?“         www/Downloads/Themen/Lehre_im_Dialog__
(FernUniversität Hagen): https://ekoo.fernuni-      Veranstaltungen/Symposium_Lehre/Lehner.pdf
hagen.de/kennen-sie-schon-didaktische-
reduktion/                                          „Toolbox der Reduktion“ (Prof. Dr. Martin
                                                    Lehner): https://fd.phwa.ch/wordpress/
https://www.youtube.com/watch?v=6stJUYTNopY         wp-content/uploads/2015/02/Toolbox_
                                                    Reduktion_Lehner.pdf
„Viel Stoff – wenig Zeit“: Mit Stoffreduktion
Freiräume schaffen (Prof. Dr. Martin Lehner):       Yvo Wüest, Spezialgebiet Didaktische Reduktion:
https://www.lehren.tum.de/fileadmin/w00bmo/         https://didacticalreduction.com/

                                                                                                                            15
ARBEITSHILFE ZUR UMWANDLUNG VON PRÄSENZSEMINAREN IN ONLINE-ANGEBOTE

                     Inhaltliche und zeitliche Planung                 Beispielfragen:
                     von Online- und Selbstlernphasen                  Wer bin ich und was will ich hier?
                                                                       Was war der beste Job, den ich je hatte?
                     Das bisher Gesagte soll nun an einem prakti-      Welche Sache würde ich am liebsten aus
                     schen Beispiel für ein mehrtägiges Online-Se-     meinem beruflichen Alltag entfernen?
                     minar veranschaulicht werden. Die folgenden
                     Hinweise geben Orientierungshilfe bei der         Für diese 4 Punkte sollte bei einer neuen
                     Ablaufplanung und der inhaltlichen Stoffvertei-   Seminarveranstaltung deutlich mehr Zeit als in
                     lung, stellen aktivierende Methoden und den       Präsenzveranstaltungen eingeplant werden
                     Einsatz von Lehr- und Lernmitteln vor und         (1,5–3 Stunden je nach Gruppengröße und
                     richten den Fokus auf die wichtigsten Unter-      Seminardauer, vor allem für Seminare aus
                     schiede zur Präsenzlehre.                         mehreren Modulen, die über einen längeren
                                                                       Zeitraum verteilt sind.)
                     Erster Tag
                                                                       Input/inhaltliche Vermittlungsphasen
                      1    Vor Beginn sollten Sie genügend Zeit zum
                     Einloggen, zur Technikprüfung und zum             1    Input, Vorträge, Präsentationen im
                     Kennenlernen des Videokonferenz-Tools             Plenum nicht länger als max. 15–20 min
                     einplanen. Der Zeitrahmen richtet sich nach
                     Größe der Gruppe und den technischen              •    ggf. an die Teilnehmenden vor dem
                     Vorkenntnissen der Teilnehmenden – das kann            Vortrag inhaltliche Fragestellungen oder
                     vorab durch E-Mail-Abfragen oder Online-Um-            Aufgaben verteilen – wer beobachtet, wer
                     fragen eruiert werden. Legen Sie vorher fest,          protokolliert, wer kommentiert … (kann
                     was die Teilnehmenden mit dem Tool umset-              auch gruppenweise erfolgen, durchzäh-
                     zen sollen (Bildschirmfreigabe, Arbeit in              len, bestimmen, freiwillig melden
                     Breakout-Gruppen, Whiteboard …) und sorgen             lassen …)
                     Sie dafür, dass alle Teilnehmenden mit den
                     dafür relevanten Funktionen vertraut sind und     Beispiel: Bitte beobachten Sie …
                     diese beherrschen – und zwar nur diese! Je        Was ist neu für mich?
                     schlanker die technischen Details, umso           Was ist schwer für mich umsetzbar?
                     schneller und genüsslicher kann es an die         Was möchte ich unbedingt umsetzen? usw.
                     Inhalte gehen!
                                                                       2     Nutzen Sie die Möglichkeit von Online-­
                      2    Planen Sie für die Vorstellungsrunde der    Umfragen (siehe ab Kapitel „Digitale Kommuni-
                     Teilnehmenden Vorstellungsfragen oder             kation und Zusammenarbeit“), um ein Mei-
                     -themen/Kennenlernspiele ein bzw. lassen Sie      nungs- bzw. Wissensbild zu erstellen
                     diese den Teilnehmenden vorab zukommen.           (anonym). Das können etwa Fragen sein, die
                     Geben Sie eine Zeitbegrenzung für die Vorstel-    man während eines Präsenz-Vortrages als
                     lung an.                                          offene Frage an die Plenumsrunde richten
                                                                       würde.
                      3    Kennen sich die Teilnehmenden bereits,
                     treffen sich aber erst nach einer längeren Zeit   a)   Was vermuten Sie …
                     wieder? Planen Sie auch dann einen längeren       b)   Was schätzen Sie …
                     Zeitraum für ein virtuelles Wiedersehen und       c)   Wie beurteilen Sie …
                     Austausch ein als in Präsenz. Geben Sie bei-
                     spielsweise Fragen vor. (Wie geht es Ihnen? Wie   3     Bei kleinerer Gruppengröße
                     haben Sie die Zeit verbracht? …)                  (max. 12–16 TN) können solche Fragen auch
                                                                       ins Plenum gegeben werden und wechselseitige
                      4    Auch Arbeitsgruppen können ein guter        Rückmeldungen/Diskussionen erfolgen.
                     Einstieg in die Vorstellungsrunde sein. Hier
                     lernen sich die Teilnehmenden in kleinerem        4     Immer im Wechsel zwischen Plenum und
                     Rahmen (Breakout-Rooms) kennen und können         Arbeitsgruppen/Einzelarbeit planen
                     danach im Plenum durch vorgegebene Frage-
                     stellungen einander vorstellen (z. B. in
                     4er-Gruppen 20 min–30 min).

16
Stufe 1 – Schritt für Schritt: Von der Präsenzlehre zum Online-Angebot

     Plenum      Gruppenarbeit         Plenum         Einzelarbeit   Gruppenarbeit       Plenum

     Plenum        Einzelarbeit & Tests         Plenum       Gruppenarbeit & Tests       Plenum

                                                                                                          Abbildung 5
     Plenum       Gruppenarbeit & Tests         Plenum       Gruppenarbeit & Tests       Plenum
                                                                                                          Kombinationen von
                                                                                                          Online-Phasen

1      Arbeitsgruppen (z. B. in Breakout-­            2    Einzelarbeit
        Rooms): je nach Thema immer wieder
        neu mischen oder mit fester Zusammen-         a)    Einzelarbeit kann in Vorbereitung auf das
        setzung                                             Seminar erfolgen und bietet einen guten
                                                            Einstieg in das Online-Seminar.
a)     Gruppengröße zwischen 2 bis max.                     Voraussetzung: Sie senden den Teilneh-
       7 Personen                                           menden die erforderlichen Unterlagen,
                                                            Lern-Tutorials und Aufgabenstellungen
b)     Gruppenarbeit mit konkreten Fragestel-               zu. Mit konkreten Fragestellungen sorgen
       lungen anbieten. Zeitrahmen: je nach                 Sie dafür, dass die Teilnehmenden sich
       Thema/Methode zwischen 5 min bis                     vorab mit grundlegenden Informationen
       max. 50 min, wenn länger, dann mit                   und Inhalten befassen. Erläutern Sie
       Pausenregelungen                                     dabei auch schon die Arbeitsweise und
                                                            den Ablauf des Seminars. Im Online-
c)     Kollaborative Werkzeuge nutzen lassen:               Plenum kann man sich dann auf das
       Whiteboard, Mentimeter, CryptPad,                    zuvor Erarbeitete beziehen.
       Conceptboard, Padlet (siehe Kapitel                  Wichtig: Bei berufsbegleitenden Fort- und
       „Einsatz von kollaborativen Gruppenedi-              Weiterbildungen sollten Sie zuvor mit den
       toren“), Cloud-Nutzung für Dateiaus-                 Teilnehmenden klären, ob für eine solche
       tausch                                               Selbstlernphase auch die zeitlichen
                                                            Kapazitäten zur Verfügung stehen!
d)     Bieten Sie nicht mehr als 1 bis 2 kollabo-
       rative Tools an, die leicht verständlich für   b)    Einzelarbeit kann auch als Vorbereitung
       alle sind. So stellen Sie sicher, dass die           auf die Gruppenarbeit erfolgen. Dabei
       Teilnehmenden nicht überfordert sind                 verschafft sich jede Person zunächst allein
       und sich die Ergebnisdarstellung über-               einen Überblick über das zu bearbeitende
       sichtlich gestaltet. Auch die Auswertung             Thema/die Aufgabenstellung. Anschlie-
       und Speicherung der Ergebnisse bleibt so             ßend werden Kleingruppen gebildet
       leicht bedienbar und übersichtlich.                  (Breakout-Rooms), um Ergebnisse in der
                                                            Gruppe zu erarbeiten bzw. zu diskutieren.
                                                            Kalkulieren Sie je nach Thema zwischen

                                                                                                                              17
ARBEITSHILFE ZUR UMWANDLUNG VON PRÄSENZSEMINAREN IN ONLINE-ANGEBOTE

                           15 min–45 min (nach 45 min Einzelarbeit     Die aktive Einbindung der Teilnehmenden ist
                           eine Pause von ca. 10–15 min, dann          besonders im Online-Setting wichtig. Länger als
                           Gruppenarbeit).                             20 min fällt die Konzentration allein vor dem
                                                                       Bildschirm schwer. Gute Möglichkeiten für die
                     c)    Im Sandwich-Wechsel: Einzel-­Gruppen-       Einbindung bieten offene, einfache und kurze
                           Einzelarbeit oder Gruppen-Einzel-­          Aktivierungsübungen im Plenum. Diese Aktivi-
                           Gruppenarbeit (pro Arbeitsphase zwi-        täten müssen nicht immer unmittelbar mit den
                           schen 15 min–60 min). Wichtig: Pausen       Vermittlungsthemen in Beziehung stehen,
                           nicht vergessen! (spätestens nach 60 min)   sondern können auch körperliche Lockerungs-
                                                                       übungen sein oder der gedanklichen Auflocke-
                      3    Mit Tests, kleinen Prüfungen, Quizfor-      rung dienen: von der Einbindung visueller
                     men, Umfragen können Sie den erarbeiteten         Materialien (Videos) über Pod­casts bis hin zu
                     Wissenstand zwischenzeitlich abfragen und         Abstimmungen etc.
                     kontrollieren und zugleich für Abwechslung
                     sorgen. Insbesondere bei Selbstlernphasen soll-
                     ten diese Abfragen für die Teilnehmenden
                     eigenständig aufrufbar sein. So können die
                     Teilnehmenden ihren Lernerfolg selbstständig
                     testen, um ggf. Aufgaben zu wiederholen.

                      4    Auswertungen, Ergebnispräsentationen,
                     Feedback, Diskussionen, Fallbesprechungen im
                     Plenum (max. 50 min – danach eine Pause).
                     Dabei sollte gleich zu Beginn einer Online-­
                     Veranstaltung geklärt werden, wie Wortmel-
                     dungen, Fragen und die Anrede erfolgen sollen,
                     wann der Chat verwendet wird und wann das
                     Einschalten des Mikrofons gestattet ist.

                     a)    Abwechslung durch Wechsel:
                           Präsentation
                           ➙ Diskussion/Feedback

                     b)    Abwechslung durch Quiz-Formen und
                           Umfragen im Plenum

                      c)   Abwechslung durch Fragen bzw. auch
                           Thesen, Behauptungen im Plenum – ggf.
                           auch etwas provokativ, paradox:

                           • Wie gelingt es Ihnen, Ihre
                             Mitarbeiter*innen zu demotivieren?

                           • Wie fördern Sie Konflikte im Team?

                           • Was können Sie unternehmen, damit
                             sich niemand für Ihre Produkte
                             interessiert?

18
Stufe 1 – Schritt für Schritt: Von der Präsenzlehre zum Online-Angebot

Lernpfadaufbau

Alle oben genannten Elemente und Schritte
fließen ein in den Aufbau eines Lernpfades: Aus
der inhaltlichen und zeitlichen Planung unter
Berücksichtigung der Stoffreduktion und der
Kombination kleiner Lehr- und Lerneinheiten
können Sie eine Lernpfadstruktur entwickeln.

             Lektion

              Start

         Selbststudium
         Lehrpfadanweisungen
         Videos

                                                                Austausch
              Test 1                Transferübungen
                                                              Gruppenarbeit

                          Task 2                  Test 2              Task 1

                           Test 3           Transferübungen           Test 4

                          Auswertung
                          Reflexion           Abschluss-
                                                              Transferübungen
                          Feedback             prüfung
                          (Test-)Ergebnis

              Ende

                                                                                               Abbildung 6
        Nächste Lektion                                                                        Schematischer Überblick
                                                                                               eines beispielhaften
                                                                                               Lernpfadaufbaus

                                                                                                                     19
ARBEITSHILFE ZUR UMWANDLUNG VON PRÄSENZSEMINAREN IN ONLINE-ANGEBOTE

                     An zwei konkreten Beispielen sei das im           1     Aufgabenstellung für ein 4-seitiges
                     Folgenden verdeutlicht:                           Dokument und Anzeige des Ergebnisses: Wie
                                                                       soll das Dokument am Ende aussehen?
                     Beispiel 1
                     Lernpfad zum Erstellen einer PowerPoint-          2    Einrichten des Seiten- bzw. Dokument-
                     Präsentation                                      Formates – Hinweis/Link zu entsprechendem
                                                                       Video-Tutorial oder Anleitungsmaterial
                      1  Einen Überblick über das Programm
                     bekommen                                           3    Fragen und Tests zu Varianten und Einsatz
                                                                       verschiedener Seiten-Formate
                      2   Eine Vorlage auswählen
                                                                       4    Erfassen der ersten Textseite
                      3   Einfügen von Elementen
                                                                       5     Schrift- und Absatzformatierung erstel-
                      4   Animationen                                  len – Hinweis/Link zu entsprechenden
                                                                       Video-Tutorials oder Anleitungsmaterial
                      5   Übergänge gestalten
                                                                       6    Fragen und Test zur Textformatierung
                      6   Grundregeln einer guten Animation
                                                                       7     Demonstration zur Erstellung von Format-
                     Quelle: https://lernpfad.ch/pfad/pyp90m3xlksb/    vorlagen für Zeichen und Absätze – Hinweis/
                     vorschau                                          Link zu entsprechenden Video-Tutorials oder
                                                                       Anleitungsmaterial
                     Beispiel 2
                     Lernpfadplanung für einen Word-Kurs               8    Erfassen der Textseiten 2–3
                     „Textformatierungen“
                                                                       9    Anwenden der Formatvorlagen
                     Lernpfad Ebene 1
                                                                       10   Fragen und Tests zu Formatvorlagen
                      1   Übersicht der Formatfunktionen auf der
                     Programmoberfläche                                11   Demonstration – Einfügen von Grafiken
                                                                       und Fotos – Hinweis/Link zu entsprechendem
                      2    Einteilung und Erläuterung der Format­      Video-Tutorial oder Anleitungsmaterial
                     bereiche (Schrift-Format, Absatz-Format,
                     Seiten-Format)                                    12    Lernen, die Größe und Position der
                                                                       Grafiken festzulegen
                      3    Unterschied zwischen Schrift- und
                     ­Absatz-Format                                    13   Grafiken in das Übungsdokument einfü-
                                                                       gen und entsprechend nach Vorbild formatie-
                      4   Was wird beim Seiten-Format festgelegt       ren

                      5    Allgemeines Beispiel für Textformatierung   14    Demonstration der Erstellung einer
                     auf einer DIN-A4-Seite – Demonstration            einfachen Tabelle in Word und deren Formatie-
                     und Übung                                         rung – Hinweis/Link zu entsprechendem
                                                                       Video-Tutorial oder Anleitungsmaterial
                      6    Überblick zu Möglichkeiten der
                     ­Objekt-Formatierung                              15    Auf der 4. Seite entsprechend der Vorgabe
                                                                       eine Tabelle erstellen und formatieren
                     Die Beispiele sollten zusammenhängende
                     Formatierungen und Variationen z. B. zwischen     16   Fragen und Tests zu Text-Tabellen in Word
                     Schrift- und Absatz-Format aufweisen. Dabei
                     sind branchenübliche Fallbeispiele der Ziel-
                     gruppe zu berücksichtigen. Der Ablauf eines
                     entsprechenden Lernpfades für Ebene 2 könnte
                     folgendermaßen verlaufen:

20
Stufe 1 – Schritt für Schritt: Von der Präsenzlehre zum Online-Angebot

                                                                          20 Min.
     1. Ebene: übersicht – einführende Funktionen

        Schrift–Format         Absatz–Format           Seiten–Format           Objekt–Format        Abbildung 7.1
                                                                                                    Lernpfadinhalte
                                                                                                    für Ebene 1

                                                                          4 Std.
     2. Ebene: grundlegende Funktionen

          Schriftart            Ausrichtung             Hoch- oder                   Tabellen
                                                        Querformat
                                                                                                    Abbildung 7.2
        Schrifteffekte             Einzug              Seitenränder            Bilder, Formen       Lernpfadbeispiel(e) für
                                                                                                    eine grundlegende
                                                                                                    Textformatierung (Ebene 2)

                                                                          3 Tage
     3. Ebene: vertiefende Funktionen

                                                       Rahmen und
          Schriftfont          Zeilenabstand          Schattierungen                  Größe

        Schriftschnitt        Nummerierung             Formatgröße             Farbe, Fläche,
                                                                                   Linien

         Schriftgröße            Gliederung               Spalten                   Positionen

       Unterstreichung         Rahmen und               Abschnitte
                              Schattierungen

         Schriftfarbe           Aufzählung           Inhaltsverzeichnis

         Hoch- und                                      Kopf- und
          Tiefgest.           Absatz-Abstand             Fußzeilen

       Zeichenabstand

       Zeichenposition                                                                              Abbildung 7.3
                                                                                                    Vertiefende und spezielle
                                                                                                    Formatierungen

In der Ebene 3 erfolgen spezialisierte und          In Videos können bestimmte Techniken gezeigt
fortgeschrittene Techniken.                         werden, die die Lernenden in den Fallbeispie-
                                                    len anwenden sollen. In den jeweiligen
Für diese vertiefenden und speziellen Forma-        Lernpfaden ermöglicht ein Link den Aufruf
tierungen sollte ein Pool von Übungsbeispielen      dieser Video-Tutorials.
mit unterschiedlichen Schwerpunkten zur
Verfügung gestellt werden. Für jedes Fallbei-
spiel wird eine Vorgehensweise vorgeschlagen
(Lernpfad) und notwendiges Material
(z. B. Grafiken, Fotos, Text) angeboten.

                                                                                                                           21
ARBEITSHILFE ZUR UMWANDLUNG VON PRÄSENZSEMINAREN IN ONLINE-ANGEBOTE

                     Reflexion der Online-Seminare                     — Muss ggf. inhaltlich umstrukturiert werden
                                                                         bzw. sind andere oder weiterführende
                     Nach jedem Online-Seminar – bei mehrtägigen         Schwerpunkte in den Unterricht einzubezie-
                     Seminaren auch nach jedem Tag – sollte der          hen?
                     Ablauf reflektiert werden. Folgende Fragestel-
                     lungen bieten sich dafür an:                      — Waren die Aufgabenstellungen für Einzel-
                                                                         und Gruppenarbeit verständlich und in der
                     — Hat die Technik funktioniert und konnten          vorgegebenen Zeit umsetzbar?
                       alle mit einer stabilen Verbindung teilneh-
                       men?                                            — Hatten die Teilnehmenden genügend Zeit
                                                                         zum Austausch? Welche Methoden könnten
                     — Konnten alle der Bedienung und Funktiona-         oder müssten dafür angepasst werden?
                       lität der angewendeten Tools folgen?
                                                                       — Sind weitere Aktivitäten nötig, um die
                     — War für die angegebenen Lehr- und Lern­           Aufmerksamkeit zu erhalten?
                       einheiten genügend Zeit eingeplant?
                                                                       — usw.
                     — Welche Rückmeldungen gibt es von den
                       Teilnehmenden?
                                                                       Ablaufplan Tagesseminar
                     — Welche Kritik gab es? Sind die Punkte schnell
                       zu beheben? Was muss längerfristig geändert     Dieses Beispiel aus der Praxis gibt Ihnen eine
                       werden?                                         grobe Orientierung für den zeitlichen Ablauf
                                                                       eines Tagesseminars. Die Umsetzung im
                     — Wie gut war die technische und die inhaltli-    konkreten Fall kann je nach Größe und Vor-
                       che Moderation?                                 kenntnissen der Zielgruppe, je nach Inhalten
                                                                       und Zielstellung variieren.

                       Uhrzeit        Inhalt/Thema             Sichtbarkeit               Aktion

                       08:00–08:10    Beitritt Warteraum       Hinweis „Warteraum“        TN warten auf Zugang
                       08:10–08:45    Check von Mikro, Ton,    Webcam, Symbole für        Handzeichen, Ein/Aus Mikro
                                      Video, Chat, TN-Liste    Mikro, Plenum              und Video; Bildschirm­
                                                                                          freigabe testen. TN-Liste
                                                                                          einblenden und sich ggf.
                                                                                          umbenennen, Chat nutzen
                       08:45–08:50    Vorstellung ­Moderator   Webcam, Plenum             TN-Mikro stumm

                       08:50–09:05    Verortung der Teilneh-   Link im Chat z. B.         Link auf eine externe
                                      menden anhand einer      Padlet – dann zurück       Landkarte – TN tragen sich
                                      Landkarte                ins Plenum                 dort ein; Ergebnis kann
                                                                                          abgespeichert und freige-
                                                                                          schaltet werden
                       09:05–09:45    Vorstellung der TN;      Webcam; im Plenum          Moderator*in weist dem*-
                                      ca. 1,5 min/pro TN                                  der TN Mikro zu;
                                                                                          Moderator*in gibt Vorgaben
                                                                                          zur Vorstellung (Name, Ort,
                                                                                          Funktion)
                       09:45–10:15    Videokonferenz-­         Bildschirmfreigabe         Bildschirmfreigabe mit
                                      Software                 (Desktop-Sharing),         allen üben, White-
                                      vorstellen               Whiteboard aus dem         board-Übungen und
                                                               Plenum                     Abspeicherung

22
Stufe 1 – Schritt für Schritt: Von der Präsenzlehre zum Online-Angebot

 Uhrzeit           Inhalt/Thema                Sichtbarkeit           Aktion

 10:15–10:30       Pause
 10:30–10:45       Thema vorstellen            Präsentation im
                                               Plenum
 10:45–11:00       Erwartungen der TN          Webcam, Chat, Umfra-   Chat, Umfrage-Tools, Quiz
                   abfragen, Vorwissen         ge-Tools, Quiz im      muss vorbereitet sein – ggf.
                   ermitteln                   Plenum                 Link zu externem Tool
 11:00–11:15       Vortrag                     Wissensinput z. B.     Nur Moderator*in – andere
                                               mit Präsentation im    Aktivitäten sind zuvor
                                               Plenum                 abzuklären (Chat-Fragen,
                                                                      Handzeichen, Mikro
                                                                      einschalten usw.)
 11:15–11:25       Einweisung Selbstlern-      Webcam; Gruppen-       Ggf. Breakout-Räume
                   phasen und/oder             räume = Breakout-­     einrichten; auf Lernmittel
                   Gruppensetting mit          Räume                  verweisen; Dokumente/
                   Transferübungen;                                   Lernaktivitäten freigeben;
                   Hinweis auf Lernmittel                             Links für Tutorials
 11:25–12:00       Selbstlern- bzw.            Gruppen unter sich     Selbstlern- und Gruppen-
                   Gruppenlernphase,           Webcam; Tests,         setting; Moderator*in kann
                   Transferübungen Teil I      Übungen, Aufgaben,     sich bei Bedarf zuschalten
                                               Whiteboard; externe    oder z. B. per Chat kontak-
                                               Tools                  tiert werden; Ergebnisse
                                               Breakout-Gruppen       mit Whiteboard oder
                                                                      externen Tools gemeinsam
                                                                      erstellen
 12:00–13:00       Pause
 13:00–13:30       Klärung von Verständ-       Alle wieder im Web-    ggf. Rollenzuweisung an TN
                   nisfragen, Diskussion,      Plenum; Webcam         als Referent*innen oder
                   Reflexion zum Lern-                                Präsentator*innen
                   prozess Teil I
 13:30–14:00       Selbstlern- bzw.            Gruppen unter sich     Selbstlern- und Gruppen-
                   Gruppenlernphase,           Webcam; Tests,         setting; Moderator*in kann
                   Transferübungen,            Übungen, Aufgaben,     sich bei Bedarf zuschalten
                   Teil II                     Whiteboard, externe    bzw. per Chat kontaktieren;
                                               Tools                  Ergebnisse mit Whiteboard
                                               Breakout-Gruppen       oder externen Tools
                                                                      gemeinsam erstellen
 14:00–14:15       Pause
 14:15–15:00       Klärung von Verständ-       Alle wieder im Web-    ggf. Rollenzuweisung an TN
                   nisfragen, Ergeb-           Plenum; Webcam         als Referent*innen/­
                   nispräsentationen;                                 Präsentator*innen
                   Diskussion, Reflexion
                   zum Lernprozess Teil II
 15:00–15:15       Abschluss; Feedback         Plenum, Webcam         Gesamtreflexion zum
                                                                      Online-­Seminar, Umfra-
                                                                      ge-Tool, Feedback-­(bögen)
Teilnehmer*innen-Anzahl = 16; Teilnehmer*innen kennen sich nicht

                                                                                                                     23
ARBEITSHILFE ZUR UMWANDLUNG VON PRÄSENZSEMINAREN IN ONLINE-ANGEBOTE

                     Zusammenfassung                                   Weiterführende Links

                      1    Alle Beteiligten (Lehrende und Lernende)    Yvo Wüest – Spezialgebiet Didaktische Reduk­
                     sollten sich vorab mit den digitalen Tools        tion; äußerst empfehlenswerte Webseite mit
                     vertraut machen können.                           vielen Informationen, Tipps und hilfreichen
                                                                       Links zu anschaulichen Übersichten und
                      2    Konzentrierte Formate für Stoffvermitt-     Zusammenfassungen:
                     lung (max. 20 min) – d. h. Inhalte auf Kern-      https://didacticalreduction.com/
                     aussagen reduzieren und mit begleitenden
                     Visualisierungen veranschaulichen.                Übersichtliche Seite mit vielen Informationen
                                                                       und Zusammenfassungen zum Thema Online-
                      3    Umfangreichen Input auf praktische          Lehre:
                     Beispiele oder Fallbesprechungen reduzieren.      e-teaching.org
                     Aus dem Konkreten allgemeine Rückschlüsse
                     und Erkenntnisse ziehen. So kann der Stoff von    Die Pädagogische Hochschule Schwyz bietet
                     den Teilnehmenden besser nachvollzogen,           eine Plattform mit zahlreichen Hilfestellungen
                     verstanden und rekapituliert werden.              zum „LernenTrotzCorona“:
                                                                       https://www.lernentrotzcorona.ch/
                      4   Mehr Zeit für Einzel- und Gruppenarbeit      Lernentrotzcorona/WebHome
                     und für kollaborativen Austausch berücksichti-
                     gen.                                              Eine „Digitale Schatzkiste“ findet sich auf der
                                                                       Webseite Hochschuldidaktik-Online an:
                      5    Verschiedene Methoden und Tools der         https://hochschuldidaktik-online.de/
                     kollaborativen Arbeit verwenden – Voraus­         schatzkiste-digitale-lehre/
                     setzung: Alle können damit umgehen (z. B.
                     Whiteboard oder Padlet).                          Für Coaching und Supervisionsangebote gibt es
                                                                       ein interaktives Tool mit der Möglichkeit,
                      6   Digitale Lernmedien einbeziehen (Erklär-     Aufstellungen auch online durchzuführen:
                     videos, Quiz, Umfragen, interaktive Tutorials).   https://www.online-systembrett.com/

                     Für den Transfer einer Präsenzveranstaltung in    Der Deutsche Bildungsserver hat Übersichten
                     ein Online-Format verschiebt sich die Ablauf-     und Anleitungen zur Online-Lehre zusammen­
                     planung also auf folgende Punkte: mehr            gestellt:
                     Methodenvielfalt; kürzere Zeiteinheiten;          https://www.bildungsserver.de/Praesenzkurse-
                     Schwerpunkte setzen; mehr Pausen einplanen;       in-Onlinekurse-umwandeln-12769-de.html
                     regelmäßig Feedback einholen.
                                                                       Nützlich auch die Webseite von wb-web.de
                                                                       – ein Projekt des Institutes für Erwachsenen­
                                                                       bildung (DIE):
                                                                       https://wb-web.de/dossiers/Digitalisierung-in-
                                                                       der-Erwachsenenbildung-1.html

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Sie können auch lesen