Arbeitsmarktprogramm 2021 - Jobcenter Lübeck
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3 Inhaltsverzeichnis 1. Was erwartet uns 2021? - Das Jobcenter Lübeck in Zeiten der Corona-Pandemie 5 2. Marktanalyse 9 2.1. Lokale Arbeitsmarktlage .................................................................... 9 2.1.1. Entwicklung der Arbeitslosenzahlen ................................................................ 10 2.1.2. gemeldete Stellen und Entwicklungserwartungen/Chancen ............................ 11 2.1.3. Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten............................. 13 2.1.4. Entwicklungschancen nach Branchen ............................................................. 14 2.1.5. Ausblick auf die Entwicklung des Arbeitsmarkts 2021 ..................................... 14 2.2. Kundenpotential ................................................................................ 16 2.2.1. Entwicklung und Personen der Bedarfsgemeinschaften .................................. 16 2.2.2. Entwicklung und Struktur der Langzeitleistungsbezieher (LZB) ....................... 18 2.2.3. Entwicklung und Struktur der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten .............. 21 2.2.4. Struktur der arbeitslosen Leistungsberechtigten .............................................. 22 2.2.5. Arbeitslose nach Integrationsprognosen.......................................................... 23 2.2.6. Arbeitslose nach Schulbildung ........................................................................ 24 2.2.7. Arbeitslose nach Ausbildung ........................................................................... 24 2.2.8. Entwicklung und Struktur der Langzeitarbeitslosen ......................................... 25 2.2.9. Ausblick auf die Kundenentwicklung 2021....................................................... 26 3. Ziele 2021 27 3.1. Ziel 1 “Verringerung der Hilfebedürftigkeit” ........................................................... 27 3.2. Ziel 2 “Verbesserung der Integration in Erwerbstätigkeit“ ..................................... 27 3.3. Ziel 3 “Vermeidung von langfristigem Leistungsbezug“ ......................................... 28 4. Geschäftspolitische Handlungsfelder 28 4.1. Verbesserung des Überganges Schule und Beruf ............................. 30 4.1.1 Jugendliche in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt integrieren ......................... 30 4.2. Sicherung des Arbeits- und Fachkräftebedarfs .................................. 32 4.2.1. gemeinsamer Arbeitgeber-Service (gAGS) mit der AA Lübeck ........................ 32 4.2.2. Vermittlungstandems....................................................................................... 33 4.2.3. Inklusion von Menschen mit Behinderung und Rehabilitanden ........................ 33 4.2.4. Selbständige ................................................................................................... 34 4.2.5. Qualifizierung von Beschäftigten ..................................................................... 35 4.3. Reduzierung von Langzeitarbeitslosigkeit............................................................. 35 4.3.1. Netzwerk ABCplus .......................................................................................... 35 4.3.2. Fallmanagement ............................................................................................. 36 4.3.3. Kooperation und Einsatz kommunaler Leistungen ........................................... 37 4.3.4. Soziale Teilhabe.............................................................................................. 37 4.3.5. LZA-Schwerpunktregion „Bedarfsgemeinschaften mit Kindern“ ....................... 38
4 4.4. Kunden ohne Abschluss zu Fachkräften ausbilden und in den Markt integrieren ................................................................................................................. 39 4.4.1. Erstausbildung für junge Erwachsene – Zukunftsstarter ............... 40 4.4.2. Absolventenmanagement ................................................................................ 41 4.5. Geflüchtete Menschen in Ausbildung und Arbeit integrieren .............. 42 4.6. Rechtmäßigkeit und Qualität der operativen Umsetzung sicherstellen 43 4.7. Beschäftigungschancen für Erziehende erschließen ......................... 43 4.7.1. Beschäftigungsorientiertes Fallmanagement für Erziehende und Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt (BCA) ............................................................... 43 4.7.2. Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit Unternehmen .................................... 44 4.7.3. Unterstützungsangebote für Erziehende ......................................................... 44 4.7.4 Frauen und Müttern mit Migrationshintergrund ................................................. 44 4.7.5. Kontakt halten in der Elternzeit ........................................................................ 44 4.7.6. Netzwerkarbeit ................................................................................................ 45 5. Personal/ Investitionen 45 5.1. Personal ............................................................................................ 46 5.2. Investitionen in arbeitsmarktpolitische Instrumente ............................ 46 5.2.1. Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) .............................................. 47 5.2.2. Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§45 SGB III) ...... 48 5.2.3. Eingliederungszuschüsse (EGZ) ..................................................................... 49 5.2.4. Einstiegsgeld (ESG) ........................................................................................ 49 5.2.5. Öffentlich geförderte Beschäftigung ................................................................ 50 5.2.6. Bereich der unter 25jährigen (U25) ................................................................. 51 5.2.7. Sonstige Förderinstrumente ............................................................................ 52 Anhang: Glossar 54
5 1. Was erwartet uns 2021? - Das Jobcenter Lübeck in Zeiten der Corona-Pandemie Das aktuelle Jahr 2020 ist in jeder Hinsicht ein besonderes Jahr, wie wir es bisher noch nicht erlebt haben. Einige Politiker haben es sogar schon mit dem 2. Weltkrieg verglichen. Das An- steigen der Infektionszahlen im März führte zu einem Lockdown: Kund:innen hatten fortan keinen freien Zugang mehr ins Jobcenter und wurden auf „alternative Zugangswege“ verwie- sen. Gleichzeitig galt es für alle Jobcenter die Leistungsgewährung sicher zu stellen und für die Kund:innen erreichbar zu sein. Die Arbeitslosenzahlen und die Zahl der Hilfebedürftigen schnellten kurzfristig in die Höhe. Insbesondere Solo-Selbstständige beantragten Grundsiche- rungsleistungen in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Zurzeit ist zwar ein Rückgang der Zahlen zu beobachten, unklar bleibt jedoch der weitere Verlauf der Pandemie und damit die weitere Entwicklung der Kund:innenzahlen. Die Covid-19-Pandemie wirkt also bis heute und wird dies mit Sicherheit auch noch im kom- menden Jahr tun. Daher wird das Handeln im Jobcenter Lübeck vom Schutzgedanken für Mitarbeitende und Kund:innen geleitet. Mit Hilfe geeigneter infrastruktureller Maßnahmen wer- den Arbeitsplätze so eingerichtet, dass die Schutzbestimmungen des BMAS eingehalten wer- den. Ebenso wurden Prozessabläufe entsprechend angepasst. Das Jobcenter Lübeck hat mittlerweile ein Wiedereröffnungskonzept erstellt, das derzeit bereits in seiner dritten Stufe umgesetzt wird. Die Pandemie hat auch im Jobcenter Lübeck schneller als sonst üblich zu Fortschritten in der Digitalisierung geführt. Digitale Zugangswege für die Kund:innen neben dem telefonischen und schriftlichem Kontakt sind an der Tagesordnung. Besprechungsformate finden größtenteils per Skype- oder Telefonkonferenz statt. Präsenzformate werden vermieden. An weiteren digitalen Formen wird in Nürnberg mit Hochdruck gearbeitet. Dienstreisen wurden drastisch zurückge- fahren. Die Covid 19-Pandemie hat aber nicht nur Auswirkungen auf den Umgang mit unseren Kund:innen, sondern wirkt sich auch in der aktiven Arbeitsförderung aus. Auch die Aufnahme- fähigkeit des Arbeitsmarktes für unsere Kund:innen hat sich verändert. Dementsprechend sind die Einschätzungen zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit derzeit recht vage. Das IAB geht in seinem Kurzbericht 20/2020 für das kommende Jahr von einem Rückgang der Arbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein um - 2,9% aus, bezogen auf den Rechtskreis SGB II von - 2,7%. Die Beschäftigung soll in Schleswig-Holstein laut IAB um 1,1% steigen. Dabei sind große Steige- rungen der Infektionszahlen, ein eventueller 2. Lockdown und das Ausmaß möglicher Insol- venzen allerdings nicht näher eingepreist. Auch bezüglich der Zielerreichung am Ende des Jahres 2020 gibt es Zurückhaltung. Die Be- trachtungen für 2021 finden nur bezogen auf einen angebotenen „Korridor“ statt - auch dieses Planungsvorgehen ist ein Novum. Die laut Schätzwerten in 2021 zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bewegen sich fast auf dem diesjährigen Niveau. Wie stellt sich angesichts dieser Rahmenbedingungen das Jobcenter Lübeck für 2021 auf? Die Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit des Jobcenter Lübeck verlangt angesichts dieser un- sicheren Rahmenbedingungen, mehr denn je nach einer fundierten, geschlossenen Aufstel- lung des Hauses. Allen Mitarbeitenden sollte der Zweck des Jobcenter Lübeck, den sozialen Frieden zu sichern und den Kund:innen zügig ihre Leistungen zu gewähren, sowie ihnen Hilfe zur Selbsthilfe zu
6 geben für ein selbstbestimmtes Leben unabhängig von staatlicher Alimentierung, klar und ge- genwärtig sein und von ihnen mit Überzeugung gelebt werden. Das Jobcenter befindet sich daher bereits in einem weit fortgeschrittenen Identitätsbildungsprozess, in dem dies detailliert ausgearbeitet und festlegt wird, wie dies in der Zukunft zu überprüfen ist. Dazu gehört auch die Vision, die Abläufe aus der Perspektive der Kund:innen zu gestalten und die Dienstleistung im Netzwerk mit anderen Akteuren abgestimmt zu erbringen. Ein Menschenbild, bei dem den Kund:innen auf Augenhöhe begegnet wird und eine moderne digitale Serviceorientierung ge- lebt wird, runden das Bild ab. Alle Prozesse werden dynamisch in ihrer Entwicklung und Ge- staltung verstanden, um auf Entwicklungen und künftig erkannte Erfordernisse reagieren zu können. Die Umsetzung dieser hohen Ansprüche soll das operative Handeln wirkungsvoll und erfolg- reich unterstützen. Die strategische Ausrichtung des Jobcenter Lübeck beruht auch im kom- menden Jahr auf den bisherigen Erfahrungen und Erkenntnissen im arbeitsmarktpolitischen Handeln und wird den Entwicklungen des Marktes entsprechend weiterentwickelt. Das Jobcenter Lübeck setzt auf Prävention: Hilfebedürftigkeit darf sich nicht vererben. Als ausgewählte Schwerpunktregion zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit entwickeln wir eine Beratungskonzeption für die gesamte Bedarfsgemeinschaft. Dies setzen wir in der sozi- alen Stadt Moisling um. Bereits für den Zeitraum der Elternzeit wendet das Jobcenter Lübeck innovative Konzepte an. Am Übergang von der Schule in den Beruf entwickeln wir im kommenden Jahr die Zusammen- arbeit in der hiesigen Jugendberufsagentur weiter. Eine Priorisierung erfolgt zur Unterstützung der Langzeitleistungsbezieher und Langzeitar- beitslosen durch hohe Investitionen im Bereich der Sozialen Teilhabe. Wenn immer möglich werden wir durch Qualifizierungen den Ausbildungsstand erhöhen und damit zur Fachkräfte- sicherung beitragen. Auch im kommenden ist für das Jobcenter Lübeck der Ausbau der ohnehin schon umfangrei- chen Netzwerkarbeit eine wichtige Säule. Für 2021 ist steuerungspolitischer Schwerpunkt im SGB II die Umsetzung der Chancengleich- heit von Frauen und Männern. Hierbei kommt unserer Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt eine wichtige Rolle zu. Lage und Prognose(n) der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Deutschland Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland im Jahr 2020 ist ganz erheblich durch die Corona-Pandemie beeinflusst worden. Die Auswirkungen begannen am 13. März, als die meisten Bundesländer verkündeten, dass die Schulen zunächst bis zu den Osterferien ge- schlossen würden. Am 16. März gaben die Bundesregierung und die Bundesländer bekannt, dass erste Einrichtungen schließen müssen: Kneipen, Clubs, Theater, Museen, auch Spiel- plätze sollten fortan geschlossen werden, wie auch viele Einzelhändler. Infolge der im In- und Ausland ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pande- mie ist die deutsche Wirtschaftsleistung in der ersten Jahreshälfte 2020 so stark eingebrochen wie nie zuvor in einem Sechsmonatszeitraum seit Bestehen der Bundesrepublik; sie lag im zweiten Quartal um 11,5% unter ihrem Niveau vom Schlussquartal 2019(Gemeinschaftsdiag- nose). Der Einbruch konzentrierte sich auf die sechs Wochen ab Mitte März, sodass wichtige monatliche Aktivitätsmaße im April weit unter den Vorkrisenwerten aus dem Februar lagen. Schon im Mai setzte eine kräftige Erholung ein, die sich in nahezu allen Branchen bis zum aktuellen Rand fortsetzte. Die Einzelhandelsumsätze haben bereits im Mai ihr Vorkrisenniveau überschritten und im August ein Allzeithoch erreicht. In der Industrie wurde bis einschließlich August bereits etwa 60% des Einbruchs aufgeholt, wobei das Tempo zwischenzeitlich auch
7 deswegen so hoch war, weil zuvor ausgefallene Produktion nachgeholt wurde. Die Stim- mungsindikatoren bestätigen ein ab Mai einsetzendes kräftiges Wiederanziehen der wirt- schaftlichen Aktivität. So zog die Erwartungskomponente der ifo Konjunkturumfragen nach dem historischen Tiefstand im April kräftig an und überstieg im Juni bereits das Vorkrisenni- veau deutlich. Dabei lag das Aktivitätsniveau weiterhin deutlich unter den Vorkrisenwerten. Dementsprechend blieb die Lageeinschätzung zuletzt immer noch rund 10 Indexpunkte hinter dem Vorkrisenniveau zurück. Die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute erwarten, wie aus der nachfolgenden Grafik er- sichtlich, daher in ihrer Gemeinschaftsdiagnose nach einem Rückgang des Bruttoinlandspro- duktes um 5,4% in diesem Jahr nur ein Zuwachs um 4,7% im kommenden Jahr und 2,7% im Jahr 2022. Sie revidieren damit ihre Prognose gegenüber dem Frühjahr für das laufende und das kommende Jahr um jeweils gut 1 Prozentpunkt nach unten. Grund dafür ist, dass der weitere Erholungsprozess nunmehr etwas schwächer eingeschätzt wird als noch im Frühjahr. Gebremst wird die Erholung zum einen durch jene Branchen, die in besonderem Maße auf soziale Kontakte angewiesen sind, etwa Gaststätten und Tourismus, das Veranstaltungsgewerbe oder der Luftverkehr. „Dieser Teil der deutschen Wirtschaft wird noch längere Zeit unter der Corona-Pandemie leiden und erst dann am Erholungsprozess teil- haben, wenn Maßnahmen zum Infektionsschutz weitgehend entfallen, womit wir erst im nächs- ten Sommerhalbjahr rechnen“, so die Experten. Zum anderen bremst die Investitionszurückhaltung der Unternehmen den Aufschwung, weil sich deren Eigenkapitalpositionen durch die Krise vielfach verschlechtert haben. Maßgeblich getragen wird die Erholung von den Exporten, die im Zuge der Krise besonders drastisch ein- gebrochen waren. Das Vorkrisenniveau der Wirtschaftsleistung soll voraussichtlich erst Ende 2021 erreicht wer- den. Die Wirtschaftsleistung liegt dann 2,5% unter dem Niveau, das ohne die Pandemie hätte erbracht werden können. Die Experten weisen jedoch auch darauf hin, dass „der Corona-Ef- fekt auf das Produktionspotenzial allerdings weiterhin sehr unsicher ist, weil sich derzeit kaum absehen lässt, welche längerfristigen Schäden die Krise hinterlässt und wie die wirtschaftspo- litischen Reaktionen wirken.“
8 Die Corona-Krise hat auch am Arbeitsmarkt deutliche Spuren gezeigt. Trotz massiver Kurzar- beit gingen bis zur Jahresmitte schätzungsweise 820 000 Stellen verloren. Seitdem steigt die Zahl der Erwerbstätigen wieder leicht, das Vorkrisenniveau soll aber erst wieder Mitte 2022 erreicht werden. Die Arbeitslosenquote soll dieses und nächstes Jahr auf 5,9% steigen und 2022 leicht auf 5,5% zurückgehen. Das größte Risiko für die Prognose sehen die Institute in dem ungewissen Pandemieverlauf. Die Institute nehmen an, dass die Infektionsschutzmaßnahmen im Verlauf des kommenden Sommerhalbjahrs soweit gedrosselt werden können, dass sie die ökonomische Aktivität nicht mehr nennenswert beeinträchtigen. Unsicher sei zudem, in welchem Umfang es noch zu Un- ternehmensinsolvenzen im In- und Ausland kommt. Ferner schwelen verschiedene Handels- konflikte weiter. Würde sich die zwischenzeitlich stark angeschwollene private Ersparnis ver- mehrt in zusätzliche Käufe übersetzen, könnten die konsumnahen Wirtschaftsbereiche hinge- gen stärker angeregt werden als in dieser Prognose unterstellt. Die Bundesregierung prognostiziert unter Federführung des Bundesministeriums für Wirt- schaft und Energie dreimal im Jahr die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands. Mit der Interimsprojektion 2020 die Anfang September veröffentlicht wurde, gab es in diesem Jahr eine Projektion außerhalb der Reihe. Die Bundesregierung rechnet aufgrund des starken Einbruchs in der ersten Jahreshälfte für das Jahr 2020 preisbereinigt mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5,8%. Allein im zweiten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt um 9,7% gegenüber dem Vorquartal zurück- gegangen. Der Tiefpunkt der Rezession wurde aber bereits im Mai durchschritten. Die Mo- natsindikatoren zeigen seitdem deutliche Erholungstendenzen. Für das kommende Jahr wird angesichts des sich abzeichnenden Aufholprozesses ein Plus von 4,4% erwartet. Das Vorkri- senniveau des Bruttoinlandsprodukts dürfte allerdings erst zu Beginn des Jahres 2022 wieder erreicht werden. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sieht den Arbeitsmarkt in seiner Prognose 2020/21 (IAB-Kurzbericht 19/2020) auf einem schwierigen Erholunkgskurs. Für das Jahr 2020 wird eine Schrumpfung des realen Bruttoinlandsprodukts von 5,2% erwartet. Im Jahr 2021 könnte die Wirtschaftsleistung wieder um 3,2% zulegen. Im Zuge der wirtschaftli- chen Erholung soll sich auch die Arbeitsmarktentwicklung verbessern. Für das Jahr 2021 geht das IAB von einem Anstieg der Erwerbstätigkeit um 130.000 und einem Rückgang der Arbeits- losigkeit um 100.000 Personen aus. Das Erwerbspersonenpotenzial sinke 2020 um 100.000 und 2021 um 50.000 Arbeitskräfte. Neben einer sehr geringen Nettomigration spiele dabei eine Rolle, dass sich potenzielle Arbeitskräfte vom Arbeitsmarkt zurückziehen und damit die Erwerbsbeteiligung deutlich schwächer wächst als in der Vergangenheit. Damit setze sich der immer stärker werdende negative demografische Trend nun durch. Nach einer regionalen Arbeitsmarktprognose 2020/21 (IAB-Kurzbericht 20/2020) des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) soll die Beschäftigung in Schleswig-Holstein im kommenden Jahr trotz Corona-Pandemie um 1,1% wachsen und die Arbeitslosigkeit um 2,9% sinken. Die Arbeitslosenquote würde damit bei 0,2% weniger und somit 6,3% liegen. Nur für Berlin und Niedersachen wird ein noch höherer Beschäftigungsanstieg erwartet. Ein möglicher zweiter Lockdown oder eine Insolvenzwelle wurden in der Prognose allerdings nicht berück- sichtigt. „Treffe nichts davon ein, stehe der Norden jedoch besser da als die meisten anderen Bundesländer“, so die Regionalchefin der Agentur für Arbeit, Margit Haupt-Koopmann. So werde im laufenden Jahr ein Anstieg der Arbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein um 16,9% er- wartet, während man bundesweit von 19,7% ausgehe. In der Beschäftigung werde sogar ein Plus von 0,4% erwartet.
9 2. Marktanalyse Eine ausführliche Analyse der Perspektiven auf dem lokalen Arbeitsmarkt, welche durch die Auswirkungen der Corona- Pandemie mit einer sehr großen Unsicherheit versehen sind, und der Struktur der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bilden die Basis für die Planungen im Rahmen des Arbeitsmarktprogrammes 2021. Diese Analyse unterteilt sich in eine Nachfrage (Arbeitsmarkt) und eine Angebotsseite (Kundenpotential). Zur Analyse der Strukturen wurden unterschiedliche Quellen (Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Controlling Daten) genutzt, was bei zunächst gleichem Auswertungsbegriff zu vonei- nander abweichenden Ergebnissen führen kann. Dies kann durch unterschiedliche Wartezei- ten bei Veröffentlichung der Daten oder in dem Unterschied zwischen Daten der Statistik und des Controllings begründet sein. Die Abweichungen haben jedoch im Wesentlichen keinen Einfluss auf die Aussagen der Auswertungen als solche. 2.1. Lokale Arbeitsmarktlage In die Analyse des lokalen Arbeitsmarktes 2020 haben die Entwicklung der Arbeitslosen, die Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, gemeldete Stellen und Entwick- lungserwartungen/Chancen nach Wirtschaftszweigen und Berufen Eingang gefunden. Jedoch wurden aufgrund der aktuellen Verschiebungen durch die Corona-Pandemie, weniger die Ent- wicklungen im Vergleich zum Vorjahr, sondern vor allem die Entwicklungen seit März 2020 als Grundlage für die Planung und den Einsatz der arbeitsmarktpolitischen Instrumente genom- men. In der Zeit vor Corona hat in der Hansestadt Lübeck die Anzahl der sozialversicherungspflich- tig Beschäftigten 2019 im Vergleich zu 2018 um 1,7% auf 99.053 Personen zugenommen. Dieser Anstieg lag auf dem Niveau der Entwicklung in ganz Deutschland (1,6%). Aktuell dürfte diese positive Entwicklung jedoch pandemiebedingt rückläufig sein, allerdings liegen die aktu- ellen Zahlen aus der Beschäftigungsstatistik durch eine 6-monatige Wartezeit erst für März 2020 vor und spiegeln diese Auswirkungen nicht wieder. Die Beschäftigungsquote wuchs im Vergleich zu 2018 um 0,7% und lag damit insgesamt bei 56,6%. Wie in den Vorjahren war der Anstieg auf Bundesniveau mit 1,7% höher und diesmal sogar mehr als doppelt so hoch. Dadurch blieb die Entwicklung in Lübeck noch deutlich als in den Vorjahren hinter der Bundesentwicklung zurück. Hansestadt Hansestadt Bund Bund wirtschaftliche Situation Veränderung Veränderung Lübeck 2018 Lübeck 2019 2018 2019 Anzahl SvB 97.350 99.053 1,7% 32.870.228 33.407.262 1,6% Beschäftigungsquote (insgesamt) 56,2% 56,6% 0,7% 59,9% 60,9% 1,7% Beschäftigungsquote der Älteren (50- 47,8% 49,3% 3,1% 53,1% 54,6% 64 Jahre) 2,8% Anteil älterer Beschäftigter (50-64 18,5% 19,4% 4,9% 20,2% 21,0% Jahre) 4,0% Beschäftigungsquote der Frauen 53,8% 54,1% 0,6% 56,5% 57,4% 1,6% Entwicklung der Beschäftigung 27,5% 29,8% 8,4% 25,0% 27,0% 8,0% Arbeitslosenquote 7,8% 7,3% -6,4% 5,2% 5,0% -3,8% Saisonfaktor der Arbeitslosigkeit 36% 34% -3,9% 34,8% 32% -7,8% Unterbeschäftigungsquote 115,2% 113,2% -1,7% 117,6% 110,3% -6,2% Unterbeschäftigungsquote unter 25 11,0% 10,5% -4,5% 7,2% 6,9% -4,2% Quelle: BA-Statistik "Arbeitsmarktmonitor" - 2020
10 Entgegen der Entwicklung in den Vorjahren konnte die Beschäftigungsquote der Älteren in der Hansestadt Lübeck mit 3,1%, genauso wie der Anteil älterer Beschäftigter an allen Beschäf- tigten mit 4,9%, stärker als im Bund gesteigert werden. Trotz anhaltend positiver Entwicklung bei der Beschäftigungsquote der Frauen in der Hansestadt Lübeck, liegt wie in den Vorjahren die Steigerungsrate als auch die Quote jeweils unter dem Bundesniveau. Die Arbeitslosenquote in der Hansestadt Lübeck hat sich 2019 um 6,4% auf 7,3% verringert. Die Arbeitslosigkeit konnte damit wiederholt stärker als im Bundesgebiet reduziert werden, wo sich die Arbeitslosenquote von 5,2% auf 5,0% und damit um 3,8% verringert hat. Die Arbeitslosenquote liegt mit 7,3% weiterhin deutlich über der des Bundes mit 5,0%. 2.1.1. Entwicklung der Arbeitslosenzahlen Die Entwicklung der Arbeitszahlen ist in beiden Rechtskreisen stark von der Corona-Pandemie beeinflusst worden, wobei die Auswirkungen im SGB III stärker ausgefallen sind und die volle Wirkung im SGB II erfahrungsgemäß erst mit einiger zeitlicher Verzögerung eintritt. Im September 2020 waren in der Hansestadt Lübeck in beiden Rechtskreisen zusammen 9.592 Personen arbeitslos gemeldet. Dies waren zwar 315 Menschen weniger als im August, aber immer noch 1.380 mehr als im September 2019. Die Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen lag bei 8,2%; vor einem Jahr hatte sie sich auf 7,1% belaufen. Bei getrennter Betrachtung der Rechtskreise wird die unterschiedlich starke Wirkung der Pan- demie deutlich. Im Rechtskreis SGB III lag die Arbeitslosigkeit bei 3.135, das sind 126 weniger als im Vormonat und 823 oder 35,6% mehr als im Vorjahr. Die anteilige SGB III-Arbeitslosen- quote lag bei 2,7%. Im Rechtskreis SGB II gab es 6.457 Arbeitslose, das ist ein Minus von 189 gegenüber August; im Vergleich zum September 2019 waren es 557 oder 9,4% Arbeitslose mehr. Die anteilige SGB II-Arbeitslosenquote betrug 5,6%. Diese Entwicklung führt zu einer Verschiebung bei den Anteilen der im jeweiligen Rechtskreis betreuten Arbeitslosen. Wurden im Vorjahr noch 28% der Arbeitslosen von der Agentur für Arbeit und 72% vom Jobcenter Lübeck betreut, liegt dieses Verhältnis aktuell bei 33% zu 67%. Arbeitslose Insgesamt SGB III SGB II Bestand Insgesamt 9.592 3.135 6.457 Anteile nach Rechtskreisen in % 100 33% 67% Veränderungen: zum Vormonat Absolut -315 -126 -189 in % -3,2 -3,9 -2,8 zum Vorjahr Absolut 1.380 823 557 in % 16,8 35,6 9,4 Arbeitslosenquoten1) in Prozent Insgesamt SGB III SGB II bezogen auf alle zivile Erwerbspersonen 8,3 2,7 5,6 abhängige zivile Erwerbspersonen 9,1 3 6,2 Vormonat alle zivile Erwerbspersonen 8,6 2,8 5,8 abhängige zivile Erwerbspersonen 9,4 3,1 6,3 Vorjahr alle zivile Erwerbspersonen 7,1 2,0 5,1 abhängige zivile Erwerbspersonen 7,9 2,2 5,7 Quelle: Arbeitsmarktreport September 2020 (Zusammenfassung aus Eckwerte; Eckwerte SGB III; Eckwerte SGB II)
11 Auch wenn die Auswirkungen im SGB II etwas geringer ausfallen als im SGB III, sind sie den- noch deutlich erkennbar. Im Januar 2020 lag die Anzahl mit 5.995 Arbeitslosen noch 562 bzw. 3,7% unter dem Vorjahreswert. Die im März 2020 umgesetzten Einschränkungen waren erst- mals in den Arbeitslosenzahlen für April 2020 erkennbar. Hier gab es eine sprunghafte Zunahme zum Vormonat um 776 Arbeitslose, welche im Mai 2020 den bisherigen Jahreshöchstwert von 6.848 Arbeitslosen im SGB II erreichte, was einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 722 bzw. 11,8% entspricht. Dieser Anstieg ist neben der grundsätzlichen Zunahme der betreuten Kunden auch wesentlich durch die starke Redu- zierung der Teilnahme an Aktivierungsmaßnahmen beeinflusst. In den Folgemonaten reduzierte sich die Anzahl der Arbeitslosen wieder, liegt im September jedoch immer noch mit 462 Arbeitslosen bzw. 7,7% über dem Wert des Jahresanfangs. Entwicklung der Arbeitslosen (SGB II) 7.500 im Jobcenter Lübeck 7.000 6.500 6.000 5.500 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Alo SGB II 2019 6.357 6.172 6.110 6.064 6.126 5.962 6.070 6.050 5.900 5.811 5.721 5.729 Alo SGB II 2020 5.995 5.835 5.812 6.588 6.848 6.753 6.740 6.646 6.457 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit September 2020 2.1.2. gemeldete Stellen und Entwicklungserwartungen/Chancen Da die Auswirkungen der Corona-Pandemie durchaus regional unterschiedlich sind, erscheint hier der Vergleich der gemeldeten Stellen im Bundesland Schleswig-Holstein, dem Agentur- bezirk der Agentur für Arbeit Lübeck und der Hansestadt Lübeck sinnvoll. Bestand Zugang Gemeldete Stellen nach Wirtschaftsabschnitte, - Veränderung gegenüber Veränderung in abteilungen und -gruppen Berichtsmonat Summe seit Vorjahresmonat % gegenüber Schleswig-Holstein Sep 20 Jahresbeginn absolut in % Vorjahressumme Insgesamt 21.710 -4.907 -18,4% 41.018 -21,5% darunter: Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen 6.498 -1.980 -23,4% 8.438 -31,9% Dienstleistungen dar. Vermittlung und Überlassung von 5.314 -1.713 -24,4% 6.372 -34,6% Arbeitskräften dar. Befristete Überlassung von Arbeitskräften 5.061 -1.644 -24,5% 6.064 -34,8% Gastgewerbe 1.418 -269 -15,9% 2.649 -21,1% Gesundheits- und Sozialwesen 2.821 -309 -9,9% 6.079 -13,9% Handel; Instandhaltung und Reparatur von 2.866 -839 -22,6% 6.092 -21,2% Kraftfahrzeugen Verarbeitendes Gewerbe 1.441 -436 -23,2% 2.763 -28,8% Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen 1.413 -231 -14,1% 3.001 -20,2% und technischen Dienstleistungen Baugewerbe 1.770 -238 -11,9% 2.432 -13,1% Verkehr und Lagerei 670 -113 -14,4% 1.252 -11,5% Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; 1.003 16 1,6% 3.946 -3,2% Sozialversicherung Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit September 2020 (Auszug)
12 In Schleswig-Holstein liegt die Anzahl der gemeldeten Stellen im September 2020 mit 4.907 Stellen bzw. um 18,4% unter dem Vorjahresbestand. Bis auf den Wirtschaftsbereich Öffentliche Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung ist in allen anderen Wirtschaftsbereichen ein zweistelliger prozentualer Rückgang der gemel- deten Stellen zu verzeichnen, der auf die Maßnahmen des Lockdown zurückzuführen ist. Der stärkste Rückgang mit 23,4% bzw. 1.980 Stellen, ist im Bereich der Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen zu verzeichnen. Dieser Wirtschaftsabschnitt besteht zu 78% aus Stellen im Bereich befristete Überlassung von Arbeitskräften. Der Zugang der gemeldeten Stellen seit Jahresbeginn ist auf breiter Front sogar um 21,5% eingebrochen, was einem Rückgang um 11.237 gemeldeten Stellen in Schleswig-Holstein seit Jahresbeginn entspricht. Vergleicht man die Situation im Bundesland Schleswig-Holstein mit der im Agenturbezirk der Agentur für Arbeit Lübeck, ist auch hier im September ein starker Rückgang im Bestand der gemeldeten Stellen um 456 bzw. 10,7% zu verzeichnen. Gemeldete Arbeitsstellen nach Wirtschaftsabschnitten, -abteilungen und -gruppen Agentur für Arbeit Lübeck September 2020 Bestand Zugang Gemeldete Stellen nach Wirtschaftsabschnitte, - Veränderung gegenüber Veränderung in abteilungen und -gruppen Berichtsmonat Summe seit Vorjahresmonat % gegenüber Agentur für Arbeit Lübeck Sep 20 Jahresbeginn absolut in % Vorjahressumme Insgesamt 3.806 -456 -10,7% 6.783 -21,8% darunter: Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen 1.324 -193 -12,7% 1.450 -26,5% Dienstleistungen dar. Vermittlung und Überlassung von 1.060 -242 -18,6% 1.015 -32,8% Arbeitskräften dar. Befristete Überlassung von Arbeitskräften 1.035 -228 -18,1% 606 -59,2% Gastgewerbe 407 -45 -10,0% 713 -27,2% Gesundheits- und Sozialwesen 455 7 1,6% 1.069 -16,0% Handel; Instandhaltung und Reparatur von 426 33 8,4% 934 -11,5% Kraftfahrzeugen Verarbeitendes Gewerbe 225 -127 -36,1% 501 -27,3% Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen 252 -7 -2,7% 448 -30,5% und technischen Dienstleistungen Baugewerbe 205 -38 -15,6% 310 -12,2% Verkehr und Lagerei 135 18 15,4% 194 -17,4% Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; 106 -15 -12,4% 510 1,0% Sozialversicherung Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit September 2020 (Auszug) Jedoch fällt dieser deutlich schwächer aus und auch die Gewichtung des Rückgangs ist nicht komplett vergleichbar. Der größte Rückgang ist mit -36,1% im Wirtschaftsabschnitt Verarbei- tendes Gewerbe zu verzeichnen. In den Bereichen Gesundheits- und Sozialwesen, Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen und Verkehr und Lagerei ist sogar ein An- stieg der gemeldeten Stellen zu verzeichnen. Dagegen ist der Zugang der gemeldeten Stellen seit Jahresbeginn auf breiter Front sogar um 21,8% eingebrochen, was einem Rückgang um 1.893 gemeldeten Stellen in Schleswig-Hol- stein seit Jahresbeginn entspricht. In der Hansestadt Lübeck ist die Zahl der gemeldeten Arbeitsstellen im September geringfügig gesunken, und zwar um 2 zum Vormonat auf 2.219. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es 529 Stellen weniger (19%). Arbeitgeber meldeten im September 442 neue Arbeitsstellen, das waren 167 oder 27% weniger als ein Jahr zuvor. Seit Jahresbeginn sind damit 3.795 Stellen eingegangen, das ist eine Abnahme gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 1.743 oder 31%. Zudem wurden im September 451 Arbeitsstellen
13 abgemeldet, 119 oder 21% weniger als im Vorjahr. Von Januar bis September gab es insge- samt 4.200 Stellenabgänge, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das eine Abnahme von 1.191 oder 22%. Veränderung gegenüber Veränderung seit gegenüber Gemeldete Arbeitsstellen Sep 2020 Vormonat Vorjahresmonat Jahresbeginn1) Vorjahreszeitraum Hansestadt Lübeck absolut in % absolut in % absolut in % 1 2 3 4 5 6 7 8 Zugang 442 -2 -0,5 -167 -27,4 3.795 -1.743 -31,5 dar. sofort zu besetzen 242 -38 -13,6 -116 -32,4 2.030 -1.171 -36,6 sozialversicherungspflichtig 427 5 1,2 -161 -27,4 3.647 -1.594 -30,4 dar sofort zu besetzen 233 -27 -10,4 -109 -31,9 1.923 -1.059 -35,5 Bestand 2.219 -2 -0,1 -529 -19,3 2.315 -371 -13,8 dar. sofort zu besetzen 2.081 -42 -2,0 -495 -19,2 2.186 -324 -12,9 sozialversicherungspflichtig 2.170 11 0,5 -487 -18,3 2.259 -318 -12,3 dar sofort zu besetzen 2.035 -27 -1,3 -454 -18,2 2.133 -272 -11,3 Abgang 451 100 28,5 -119 -20,9 4.200 -1.191 -22,1 dar. sozialversicherungspflichtige Stellen 423 84 24,8 -118 -21,8 4.024 -1.100 -21,5 © Statistik der Bundesagentur für Arbeit 1) Zu- und A bgang (Summe) und B estand (Durchschnitt) jeweils vo n Januar bis zum aktuellen B erichtsmo nat. Der B estand gemeldeter A rbeitsstellen vo m A pril 2020 kann überhö ht sein, da info lge der Co ro na-Krise ab M itte M ärz 2020 der B eratungsbedarf vo n A rbeitgebern zum Kurzarbeitergeld stark anstieg. Es ist nicht auszuschließen, dass Stellenangebo te dadurch zeitweise weniger intensiv als üblich auf A ktualität geprüft wurden. Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit September 2020 Betrachtet man die aktuell gemeldeten Arbeitsstellen in der Hansestadt Lübeck nach den Be- rufsbereichen, so ist hier beim Gesamtrückgang von 19,3% gegenüber dem Vorjahr der Be- rufsbereich kaufmännische Dienstleistungen, Handel, Vertrieb und Tourismus mit einem Rück- gang um 27,5% am stärksten betroffen. Dieser Bereich macht jedoch nur 12,1% des Gesamt- stellenbestandes aus. Der größte Berufsbereich mit 27,4% aller gemeldeten Stellen ist Rohstoffgewinnung, Produk- tion und Fertigung, welcher einen Rückgang zum Vorjahr um 24,7% zu verzeichnen hat. Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen Anteil an Veränderung gegenüber Sep 20 nach Berufsbereichen insgesamt Vormonat Vorjahresmonat Hansestadt Lübeck Anzahl in % absolut in % absolut in % 1 2 3 4 5 6 Gemeldete Arbeitsstellen 2.219 100 -2 -0,1 -529 -19,3 dar. Land-, Forst-, Tierwirtschaft, Gartenbau 18 0,8 2 12,5 4 28,6 Rohstoffgewinnung, Produktion, Fertigung 608 27,4 -20 -3,2 -199 -24,7 Bau,Architektur,Vermessung,Gebäudetechn. 223 10,0 19 9,3 10 4,7 Naturwissenschaft, Geografie, Informatik 47 2,1 6 14,6 -13 -21,7 Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit 369 16,6 -12 -3,1 -107 -22,5 Kaufm.Dienstl.,Handel,Vertrieb,Tourismus 268 12,1 13 5,1 -100 -27,2 Unternehmensorga,Buchhalt,Recht,Verwalt. 162 7,3 -14 -8,0 -11 -6,4 Gesundheit, Soziales, Lehre u. Erziehung 473 21,3 7 1,5 -73 -13,4 Geisteswissenschaften, Kultur,Gestaltung 51 2,3 -3 -5,6 -40 -44,0 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit September 2020 2.1.3. Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Da die Statistik über die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgrund des Meldever- fahrens nur mit einer zeitlichen Verzögerung von 6 Monaten verfügbar ist, bildet die nachfol- gende Grafik die aktuellsten zur Verfügung stehenden Daten ab. Die Auswirkungen der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie werden frühestens mit den Daten Juni 2020 erkennbar sein, welche voraussichtlich im Januar 2021 zur Verfügung stehen werden.
14 SOZIALVERSICHERUNGSPFLICHTIG BESCHÄFTIGTE IN DER HANSESTADT LÜBECK (ARBEITSORT) 101.628 101.499 101.048 99.715 99.448 99.189 99.053 97.350 96.920 96.704 96.292 95.443 95.055 94.599 94.236 92.785 92.021 Mrz 16 Jun 16 Sep 16 Dez 16 Mrz 17 Jun 17 Sep 17 Dez 17 Mrz 18 Jun 18 Sep 18 Dez 18 Mrz 19 Jun 19 Sep 19 Dez 19 Mrz 20 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit September 2020 Die Anzahl der in der Hansestadt Lübeck sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Personen (Arbeitsort) hatte sich bis März 2020, gegenüber dem Vorjahr um 1.897 auf 101.048 Personen erhöht. Dies entspricht einer Steigerung von 1,9%. Der höchste Stand der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten seit 2015 wurde im Septem- ber 2019 mit 101.628 Personen erreicht. In 2019 waren im Jahresdurchschnitt insgesamt 100.342 Personen sozialversicherungspflich- tig beschäftigt. Dies entspricht einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 2,2%. 2.1.4. Entwicklungschancen nach Branchen Für den Arbeitsmarktmonitor wird regelmäßig eine Brancheneinschätzung vorgenommen um die Chancen und Risiken in den Branchen zu identifizieren. Die aktuelle Brancheneinschät- zung ist vom Herbst 2019 und hat die Entwicklungschancen bis Ende 2020 betrachtet und eingeschätzt. Zum damaligen Zeitpunkt waren die Einschränkungen der Corona-Pandemie noch nicht absehbar, so dass diese Einschätzung mittlerweile nicht mehr geeignet ist, als Grundlage für die Einschätzung der Entwicklungschancen für 2021 zu dienen. Die nächste regionale Brancheneinschätzung erfolgt im Frühjahr 2021. 2.1.5. Ausblick auf die Entwicklung des Arbeitsmarkts 2021 Die weitere Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, welche sich bis März 2020 unverändert positiv fortgesetzt hatte, bleibt pandemiebedingt ungewiss. Bisher hat sich in konjunkturell schwachen Phasen in der Vergangenheit gezeigt, dass die Unternehmen ver- suchen, ihre Beschäftigten zu halten. Die Arbeitslosenquote im SGB II stieg in diesem Zusammenhang zumindest auf 6,2% an. Da- mit lag im September die Zahl der Arbeitslosen im SGB II in der Hansestadt Lübeck über der Marke von 6.000. Nach Aussage des Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit Lübeck, befinden sich derzeit noch viele Firmen in Kurzarbeit. Auch wenn die Zahlen rückläufig sind, so sagen doch viele
15 Arbeitgeber am Telefon, dass die Auftragslage weiterhin unübersichtlich ist. Viele sind mit Ein- stellungen daher sehr zurückhaltend. Sie wollen sich noch nicht binden und wenden sich daher zum Teil auch an Zeitarbeitsunternehmen. Viele größere Firmen im verarbeitenden Gewerbe sind noch von Kurzarbeit betroffen Zum Teil wurden Entlassungen angekündigt und eine Transfergesellschaft geplant. Die Aussichten im Export sind weiterhin deutlich unter dem Vorjahr. Diese Unsicherheiten führen aktuell dazu, dass z.B. in dieser Branche ein deutlich geringerer Stellenzugang zu verzeichnen ist (35% zum Vorjahr in der Hansestadt (Statistik der Bundesagentur für Arbeit); gleitender Jahres- wert)). Die Corona-Pandemie hat weiterhin eine große Auswirkung auf den Bereich Hotel und Gast- ronomie. Hier werden auch Investitionen zurückgehalten, die sich langsam auch auf das Hand- werk auswirken. Stellen werden teilweise storniert oder erst zu einem späteren Zeitpunkt be- setzt. Firmen, die sich aktuell noch in Kurzarbeit befinden, müssen jede Neueinstellung sehr genau begründen. Auch dies führt tendenziell eher dazu, dass die Firmen geplante Neueinstellungen auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Die Arbeitnehmerüberlassung reagiert frühzeitig auf Änderungen der konjunkturellen Rahmen- bedingungen (seit Jahresbeginn 2020 bereits deutliche Einbußen) aber profitiert aktuell mit einem Stellenzugang. Daher gilt es, vor allem für den Bereich der Geringqualifizierten sowie der Helferarbeitsplätze schnell zu handeln. Die von der Großkundenbetreuung geführten Stellen sind vorwiegend im Handel zu finden. Insbesondere für den Lebensmittelbereich, da sie als systemrelevant gelten; die Stellenaus- schreibungen in diesem Bereich nehmen zu. Jedoch wird hier von den Bewerbern viel Flexi- bilität abverlangt, Arbeitsverhältnisse werden oftmals in Teilzeit abgeschlossen. Lt. Vorstandsbrief September 2020 werden im kommenden Jahr eine Vielzahl an befristeten Arbeitsstellen bei der Bundesagentur für Arbeit Haus ausgeschrieben. Das Team des gAGS ist federführend in der SteA Betreuung des Internen Service Kiel für den Agenturbezirk Lübeck und sieht hier gute Chancen für Bewerber/- innen aus dem kaufmännischen Bereich, verschiedener Anforderungsprofile. Aktuell ist festzuhalten, dass über alle Branchen hinweg in der Hansestadt Lübeck (ohne Be- rücksichtigung von Ostholstein) ein deutlicher Rückgang an Stellenzugängen zu verzeichnen ist (25,4%). Mit der Schließung von Karstadt Ende Januar 2021 wird es einen weiteren Leerstand in der Innenstadt geben. Der Handel hat insbesondere im Non-Food-Bereich mit Umsatzrückgängen zu kämpfen, die sich auch negativ bei der Arbeitskräftenachfrage auswirken. Im Ausbildungsbereich steigt die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen. In vielen Bereichen gibt es weiterhin kaum ausgebildete Fachkräfte (z.B. Elektrohandwerk, Anlagenmechaniker Klima/Heizung/Sanitär, Tiefbau, Altenpflege). Die Ausbildungsprämie führt bisher nicht dazu, dass mehr ausgebildet wird. In diesem Bera- tungsjahr wurden über 240 Ausbildungsstellen weniger gemeldet (6,6%). Im neuen Beratungs- /Schuljahr liegen wir geschätzt 300 Stellen unter dem Vorjahr.
16 2.2. Kundenpotential Zur Kundenpotentialanalyse wurde der Bestand und die Entwicklung der Bedarfsgemeinschaf- ten, die Struktur der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und insbesondere der Anteil der arbeitslosen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten betrachtet. Die Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit und –bezug stellt auch im Jahre 2021 einen ge- schäftspolitischen Schwerpunkt dar, deshalb wird der Analyse der Struktur dieses Personen- kreises ein eigener Abschnitt gewidmet. Bei den Indikatoren zur Entwicklung der sozialen Strukturen ist in 2019 eine leichte Reduzie- rung der Betreuungsquote der Vorschulkinder gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen, wel- ches jedoch immer noch über dem Bundeswert liegt. Weiterhin deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt die SGB II Quote insgesamt und auch die SGB II Quote der unter 15- jährigen, auch wenn es bei beiden gegenüber 2018 eine posi- tive Entwicklung gab. Hansestadt Hansestadt Bund Bund soziale Struktur/Lage Lübeck 2018 Lübeck 2019 2018 2019 Betreuungsquote der Vorschulkinder 63,9% 63,6% 62,5% 63,0% SGB II-Quote (insgesamt) 15,7% 14,8% 8,9% 8,4% SGB II-Quote der unter 15-jährigen 25,4% 24,4% 14,3% 13,6% Quelle: BA-Statistik "Arbeitsmarktmonitor" - 2020 Bei den Indikatoren zur Bildungslage ist lediglich der Wert zu den Beschäftigten mit komplexer Tätigkeit auswertbar, da alle weiteren Indikatoren nur einmal jährlich aktualisiert werden. Der Anteil der Beschäftigten mit komplexen Tätigkeiten in der Hansestadt Lübeck liegt weiterhin unter dem Anteil im Bund, hat sich jedoch etwas stärker als im Bund erhöht. Hansestadt Hansestadt Bund Bund Bildungslage Lübeck 2018 Lübeck 2019 2018 2019 Beschäftigte mit komplexer Tätigkeit 24,5% 25,0% 25,8% 26,1% Quelle: BA-Statistik "Arbeitsmarktmonitor" - 2020 2.2.1. Entwicklung und Personen der Bedarfsgemeinschaften Die Daten zu den Bedarfsgemeinschaften und deren Personen stammen aus der Grundsiche- rungsstatistik. Diese Daten unterliegen einer Wartezeit von 3 Monaten, so dass die aktuellsten Daten für den Monat Juni 2020 vorliegen. Bei den Werten ab Juli 2020 handelt es sich um vorläufige, hochgerechnete Werte. An der Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Rechtskreis SGB II im Jobcenter Lübeck erkennbar. So lag die Zahl der betreuten Bedarfs- gemeinschaften zu Beginn des Jahres 2020 mit 12.858 noch 862 bzw. 6,3% unter dem Vor- jahreswert. Durch den signifikanten Anstieg ab März 2020 erhöhte sich die Anzahl der betreu- ten Bedarfsgemeinschaften bis Juni 2020 auf 13.532 Bedarfsgemeinschaften, was nicht nur einem Anstieg seit Januar 2020 um 674 bzw. 5,2% entspricht, sondern dieser übersteigt auch den Wert des Vorjahresmonates Juni 2019 um 89 bzw. 0,7%. Nach den vorläufigen Werten ist seit Juni 2020 ein Rückgang der betreuten Bedarfsgemein- schaften auf das Niveau des Vorjahres zu verzeichnen. Im September sind dies 13.037 Be- darfsgemeinschaften und damit immer noch 179 bzw. 1,4% mehr als im Januar 2020.
17 ENTWICKLUNG DER BEDARFSGEMEINSCHAFTEN IM JOBCENTER LÜBECK D AT E N AB J U L I 2 0 2 0 V O R L ÄU F I G 14.000 13.500 13.000 12.500 12.000 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 2019 13.720 13.759 13.700 13.607 13.537 13.443 13.321 13.176 13.035 12.957 12.905 12.862 2020 12.858 12.829 12.999 13.393 13.538 13.532 13.397 13.204 13.037 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit September 2020 Im Juni 2020 (feste Daten nach 3 Monaten Wartezeit) lebten in den 13.532 betreuten Bedarfs- gemeinschaften insgesamt 25.813 Personen. Obwohl die Anzahl der betreuten Bedarfsge- meinschaften größer als im Vorjahr war (vgl. oben), lag die Anzahl der Personen in den Be- darfsgemeinschaften um 118 Personen bzw. 0,5% unter dem Wert des Vorjahresmonats. erwerbsfähige Leistungsberechtigte 17.946 (17.906) Regelleistungsberechtigte 24.725 (24.915) nicht erwerbsfähige 13.532 (Vorjahr 13.443) Bedarfsgemeinschaften Leistungsberechtigte 25.121 (25.223) Leistungsberechtigte sonstige Leistungsberechtigte 6.779 (7.009) mit insgesamt 25.813 396 (308) Personen (25.931) vom Leistungsanspruch ausgeschlossene Nicht Personen 492 (463) Leistungsberechtigte 692 (708) Kinder ohne Leistungsanspruch 200 (245) Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit September 2020 Die Personen in Bedarfsgemeinschaften schlüsseln sich in 25.121 Leistungsberechtigte und 692 nicht Leistungsberechtigte auf. Danach gab es im Juni 2020 102 Leistungsberechtigte weniger als 2019. Von den Leistungsberechtigten waren insgesamt 24.725 Regelleistungsberechtigte. Hierunter befanden sich dann 17.946 erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Dies entspricht wie in den Vorjahren einem Anteil von 71% erwerbsfähiger Leistungsberechtigter an allen Leistungsbe- rechtigten und 70 % an den in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Sowohl bei den Leistungsberechtigten (102 Personen, 0,4%) als auch bei den Nicht-Leistungs- berechtigten (16 Personen, 2,3%) ist ein Rückgang der Personen zu verzeichnen. In den je- weiligen Unterkategorien gab es jedoch gegensätzliche Entwicklungen. Bei den Leistungsberechtigten gab es zwar einen Rückgang der Regelleistungsberechtigten um 190 Personen bzw. 0,8%, dafür stieg die Anzahl der sonstigen Leistungsberechtigten um
18 88 Personen bzw. 28,6% an. Die sonstige Leistungsberechtigten sind dadurch gekennzeich- net, dass sie eben keinen Anspruch auf Gesamtregelleistung haben, sondern lediglich einma- lige Leistungen bzw. Leistungen in besonderen Lebenssituationen (Leistungen für Auszubil- dende, Sozialversicherungsleistungen zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit) beanspruchen. Im Bereich der Regelleistungsberechtigten wiederum ist eine leichte Zunahme der erwerbsfä- higen Leistungsberechtigten um 40 Personen bzw. 0,2% zu verzeichnen, wogegen die Anzahl der nicht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten deutlich um 230 Personen bzw. 3,3% sank. In der Gruppe der Nicht-Leistungsberechtigten ist nur eine geringe Veränderung um -16 Per- sonen bzw. -2,3% zu verzeichnen. Sie beziehen individuell keine Leistungen, werden aber als Personen einer Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt. Dabei handelt es sich einerseits um Per- sonen, die vom Leistungsanspruch ausgeschlossen (+29 Personen, +6,3%) sind z. B. Leis- tungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder Bezieher von Altersrente. An- dererseits handelt es sich um minderjährige Kinder ohne Leistungsanspruch (-45 Personen bzw. -18,4%), die in der Bedarfsgemeinschaft der Eltern leben und deren eigenes Einkommen ihren Bedarf übersteigt. 2.2.2. Entwicklung und Struktur der Langzeitleistungsbezieher (LZB) Im Hinblick auf die gestiegenen Kundenzahlen seit März 2020 bleibt die Vermeidung und Ver- ringerung von Langzeitleistungsbezug, idealerweise durch existenzsichernde und nachhaltige Integration, ein wesentlicher Schwerpunkt und wird auch in 2021 ein Handlungsschwerpunkt sein. Es gilt den Übergang der neuen Kunden in den Langzeitleistungsbezug zu verhindern. Da zu den Langzeitleistungsbeziehern alle Personen gezählt werden, die in den letzten 24 Monaten insgesamt 21 Monate Leistungen nach dem SGB II bezogen haben, ist die Entwick- lung der Langzeitleistungsbezieher zunächst nicht direkt durch den Anstieg der erwerbsfähi- gen Leistungsberechtigten beeinflusst. Lediglich die pandemiebedingt gesunkenen Integrati- onszahlen verringern bei einem Anteil von 72% Langzeitleistungsbeziehern den Abgang der bereits im Bestand befindlichen Langzeitleistungsbezieher. In der folgenden Grafik ist die Entwicklung der Langzeitleistungsbezieher als Jahresdurch- schnittswert seit 2009 dargestellt. Darin zeigt sich im Jobcenter Lübeck seit 2009 sowohl eine kontinuierliche Abnahme der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, als auch der Langzeit- leistungsbezieher, obwohl die Monatswerte seit März 2020 eine andere Entwicklung verdeut- lichen (vgl. oben). Waren 2009 im Jahresdurchschnittswert (JDW) noch 15.638 Personen Langzeitleistungsbe- zieher, hat sich diese Zahl bis 2020 um 3.081 Personen oder 19,7% reduziert. Damit war die- ser Rückgang etwas schwächer als bei den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die sich seit 2009 um 4.715 oder 21,3% verringert haben. Der Prozentuale Anteil der Langzeitleis- tungsbezieher an allen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist von 70% auf 72% gestiegen und hat sich gegenüber 2019 leicht reduziert.
19 22.100 21.836 21.115 20.650 20.457 20.335 20.226 20.114 20.066 18.818 17.697 17.385 15.638 15.525 15.372 14.916 14.637 14.339 14.235 13.933 13.616 13.242 13.052 12.558 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 JDW LZB JDW eLB Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit September 2020 Im Monat Mai 2020 waren insgesamt 12.529 Personen im Langzeitleistungsbezug. Hiervon waren wie in den Vorjahren 48% Männer und 52% Frauen. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein Rückgang um 5,2%, jedoch ein Anstieg zum Vormonat um 0,2%. Der Ausländeranteil der Langzeitleistungsbezieher ist gegenüber dem Vorjahr von 27% auf aktuell 28,9% angestiegen. Veränderung in % zum Mai 2020 Langzeitleistungsbezieher April 2020 Mai 2019 12.529 0,2 - 5,2 davon nach Geschlecht männlich 6.120 0,1 - 4,5 weiblich 6.409 0,3 - 5,9 darunter Ausländer 3.615 0,2 0,1 Arbeitslose 5.081 3,6 12,3 nichtarbeitslose Arbeitsuchende 4.188 - 2,8 - 16,8 Erwerbstätige Leistungsbezieher 3.256 - 4,6 - 19,6 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit September 2020 (Datenstand Mai 2020 mit 3 Monaten Wartezeit) 5.081 Personen oder 40% der Langzeitleistungsbezieher waren im Mai 2020 arbeitslos ge- meldet und damit 12,3% mehr als im Vorjahresmonat. Dagegen hat die Anzahl der nichtar- beitslosen Arbeitssuchenden gegenüber dem Vorjahr um 16,8% abgenommen. 3.256 Personen oder 26% der Langzeitleistungsbezieher waren erwerbstätig und damit 16,8% weniger als im Vorjahresmonat. Die Zahl der Integration von Langzeitleistungsbeziehern lag im Mai 2020 mit 73 Integrationen um 65,3% unter dem Wert von Mai 2019. Bei der Altersstruktur der Langzeitleistungsbezieher liegen die Schwerpunkte unverändert mit jeweils über 30% bei den 35-50-jährigen und den über 50-jährigen.
20 Von den 25 bis 35-jährigen, die einen Anteil von 22% aller Langzeitleistungsbezieher ausma- chen, haben 51% keine abgeschlossene Berufsausbildung. Dieser Anteil hat sich gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Altersstruktur LZB 516 1.102 4.209 2.719 3.983 unter 19 Jahre 19 bis unter 25 Jahre 25 bis unter 35 Jahre 35 bis unter 50 Jahre 50 Jahre und älter Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit September 2020 (Datenstand Mai 2020 nach 3 Monaten Wartezeit) Der Rückgang der Langzeitleistungsbezieher gegenüber dem Vorjahr ist in allen Altersgrup- pen auf Niveau der Gesamtreduzierung vorhanden. Am stärksten ist dieser bei den unter 19- jährigen mit 12,8%. Die Anzahl der arbeitslosen Langzeitleistungsbezieher ohne einen Schulabschluss hat sich gegenüber dem Vorjahr (VJ) um 16,5% erhöht und macht nun einen Anteil von 22,3% (VJ 21,5%) an allen arbeitslosen Langzeitleistungsbeziehern aus. Der Anteil mit Hauptschulab- schluss hat sich gegenüber dem Vorjahr von 40% auf 38,7% verringert, da hier der geringste Anstieg gegenüber dem Vorjahr mit 7,6% zu verzeichnen ist. Die Veränderung bei den Ab- schlüssen Mittlere Reife, Fachhochschulreife und Abitur liegt auf dem Niveau der Gesamtent- wicklung von +12,3%. Veränderung in % zum Mai 2020 Langzeitleistungsbezieher April 2020 Mai 2019 12.529 0,2 - 5,2 1) Arbeitslose 5.081 3,6 12,3 davon nach Schulabschluss Kein Hauptschulabschluss 1.134 3,0 16,5 Hauptschulabschluss 1.965 4,1 7,6 Mittlere Reife 726 4,9 12,0 Fachhochschulreife 237 3,0 10,7 Abitur/Hochschulreife 334 2,1 15,6 Keine Angabe/Keine Zuordnung möglich 685 2,7 19,3 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit September 2020 (Datenstand Mai 2020 nach 3 Monaten Wartezeit) Der gestiegene Anteil von 61% der arbeitslosen Langzeitleistungsbezieher ohne oder mit ei- nem Hauptschulabschluss zeigt, dass das vorhanden sein eines höheren Schulabschlusses die Gefahr arbeitsloser Langzeitbezieher zu werden verringert.
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