ARUBA - KOLUMBIEN - SAN BLAS (Sept. bis Dez 2011)

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ARUBA - KOLUMBIEN - SAN BLAS (Sept. bis Dez 2011)
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ARUBA – KOLUMBIEN – SAN BLAS (Sept. bis Dez 2011)
Unvermeidlich, das Kribbeln im Bauch. Vor uns liegt eine knapp 2-tägige Strecke mit
Cabo de Vela, Cabo Santa Marta. Gefürchtete Kaps unter Seglern. Wind von hinten,
Strömung von vorne. Lässt bei Starkwind steile, kurze und hohe Wellen entstehen.
Ein Verhängnis für einen uns bekannten Einhandsegler, den wir in Curaçao trafen. Er
kenterte durch mit seinem 8m langen, resp. kurzen Segelboot ca. 15 Meilen ausser-
halb des Kaps Santa Marta. Seine Wetterprognosen entsprachen nicht denjenigen,
die er vor dem Start in Curaçao vom Internet holte. Unter Einsatz all seiner letzten
Kraftreserven brachte er sich und sein Schiff bis Cartagena an den Ankerplatz. Das
Boot ein Desaster, seine Moral für den Moment so ziemlich unten. Wir Segler wurden
kurz danach von ihm informiert. Klar, nun wurden alle erdenklichen Theorien und
Strategien untereinander entwickelt. Manch einer fragt sich: Wozu segeln wir???

Aruba: unsere Strategie – wir warten ein „Wetterfenster“ ab. Bei stärkerem Wind weg
und darauf achten, dass er vor der kolumbianischen Küste schwächer wird. Weiter
Bogen, d.h. auf die 1000 Tiefenmeter-Linie bis Santa Marta. Das bewährt sich. Ohne
Zwischenfälle kommen wir flott voran. Ca. 3 Stunden vor Santa Marta, es ist früher
Morgen, zeigen sich die beiden höchsten Schneegipfel der Sierra Nevada. Ihre Na-
men: Bolívar (Simón Bolívar: Befreier Südamerikas von der span. Herrschaft ) und
Columbus (der Seefahrer und Entdecker). Ein höchst seltener Anblick! Die Gipfel
erreichen eine Höhe von ca. 5000 Meter. Schon 1 Stunde später sind sie in dichtem
weissem Gewölk eingehüllt.

Ab jetzt verlangsamt sich unsere Fahrt, denn jetzt spüren wir deutlich die Gegen-
strömung. Mit diesem Leichtwind müssen wir den Motor zu Hilfe nehmen, damit wir
die Marina Santa Marta noch vor dem Eindunkeln erreichen können. Schon liegt sie
in Sichtweite. Also Funke an. Zuerst versucht es Annemarie international auf Eng-
lisch. Ein verlegenes Stottern kommt ihr als Antwort entgegen. Unverständlich. Puhh.
Nun wieder auf Spanisch. Bisher war Englisch gefragt. Annemarie kramt den „Spick“
von Funkspruch hervor und wird freudig begrüsst. Wir werden erwartet! „Buenas días
– welcome to Marina Santa Marta!“ Die Leinen werden entgegengenommen. Ruck-
zuck. Wir sind fest vertäut. Schon wird die Marina-Managerin in einem Elektro-Mobil
auf den Steg zum Schiff gefahren und wir von ihr begrüsst. Alle sind sehr freundlich,
hilfsbereit und kompetent. Ebenso Dino, der Agent, der auch schon für das Einklarie-
ren daher gelaufen kommt. Er informiert uns über das Prozedere. In diesem Land
dürfen wir nicht direkt mit den Behörden verhandeln. Andere Länder – andere Sitten.
Und es bringt den Einheimischen Geld.

Santa Marta

Wir schlafen erst mal tüchtig aus und spazieren danach in die nahe gelegene Altstadt
von Santa Marta. Sie wurde 1525 durch den Spanischen Eroberer Don Rodrigo de
Bastidas gegründet und soll die älteste spanische Stadt Kolumbiens und im Norden
Südamerikas überhaupt sein. Sie verfügt über einen wichtigen Handelshafen, eben-
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so wie Barranquilla und Cartagena. Auffallend: Polizei, Securitas, Militär an jeder er-
denklichen Ecke. Ist das hier so gefährlich? Während unseres Aufenthaltes in dieser
Gegend haben wir nicht einen einzigen gefährlichen Zwischenfall erlebt! Einheimi-
sche sagen, dank dieser Präsenz der Ordnungshüter wurde das Leben hier sicherer.
Der Drogen- und Warenschmuggel existiert zwar immer noch, doch sollen beide
rückläufig sein. Von Reisen in die Berge wird trotzdem abgeraten.

Anderntags fahren wir dann für umgerechnet Fr. 2.-- während 10 Minuten im Taxi!
zum Einkaufen ins Stadtzentrum. Unser Staunen nimmt kein Ende über die Anzahl
gelber Taxis in Santa Martas Strassen. Unser Chauffeur schätzt sie auf 4000 oder
mehr. Und das für eine Stadt von 450‘000 Einwohner. Alle fahren sie mit Gas oder
können umschalten auf einen Biodieseltank. Dieser Diesel wird aus Palmöl herge-
stellt. Billig-Benzin aus Venezuela beziehen Einheimische an Verkaufsständen an
der Landstrasse in Petflaschen zum halben Preis.

Unser Abendspaziergang am Strand entlang, durch die Hintergassen und Parkanla-
gen von Sta. Marta zeigen uns ein anderes Bild als tagsüber. Obdachlose, Arme,
dürftig gekleidet und schmutzig. Egal, ob Baby oder Grosseltern. Eine Jugendliche
liegt zusammengerollt wie eine Katze in einer Schubkarre, die normalerweise für den
Verkauf von Obst und Gemüse benützt wird. Vor dem leichten Regen schützt sich
dieses Kind mit Plastik, Karton und deckt sich mit einer kaum mehr erkennbaren De-
cke, die vor Dreck nur so strotzt, zu. Die Menschen, die noch etwas mehr als Nichts
besitzen, versuchen ins Geschäft zu kommen mit dem Verkauf von Essensresten,
Säften, unnützem „Klimbim“ oder Sonnenbrillen. Die ganze Szene wird ab und zu
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musikalisch „abgerundet“. Strassenmusik. Einige tanzen dazu. Mitreissende Fröh-
lichkeit und Ausgelassenheit trotz Armut!

Der Verkehr für unser Empfinden - ein wahres Chaos. Das Fürchten wird uns spätes-
tens jetzt auf unserer 2-tägigen Reise nach Cartagena und zurück im „Puerta-
Puerta“-Minibus für max. 10 Personen beigebracht. Die Passagiere müssen sich vor-
her telefonisch melden, wo sie „aufgepickt“ und auch wieder „abgeladen“ werden.
Überholt wird, wo sich gerade eine Lücke auftut. Egal ob rechts oder links. Einbahn-
strassen werden in der entgegengesetzten Richtung befahren. Kreuzungen bei rot
überfahren. In den Taxi- und Autoverkehr mischen sich unzählige „Töff“-Taxis,
Kleinbusse, grössere Busse, Cars, Lastwagen, Eselkarren, Rikschas, Pferdefuhrwer-
ke und an den Strassenrändern die Fussgänger. Glücklicherweise werden wir auf
dieser Fahrt nach Cartagena abgelenkt von dem, was wir zu Gesicht bekommen.
Kurz vor Barranquilla durchfahren wir 3 riesige, nicht endend wollende „Slums“ –
Elend pur! Verdreckt, verlumpt hocken die Menschen vor ihren armseligen Bretter-
verschlägen als Hütten. Zusammengezimmert aus Holzresten, Lumpen, Wellblech,
Plastik. Wir spüren den Stich durchs Herz. Hilflosigkeit macht sich breit. Auch Dank-
barkeit dafür, dass wir ein so privilegiertes Leben führen dürfen. Der Zufall wollte,
dass eine Sozialarbeiterin auf dem Rückweg neben uns im Bus zu sitzen kommt und
Annemarie löchert sie in Spanisch mit Fragen über Sozialhilfe, Arbeitsstellen, Ar-
beitslosigkeit, wann und wie diese Barrios entstanden, was denn der Staat unter-
nimmt, über die Politik im Allgemeinen. Sie scheint viel darüber zu wissen. Jedenfalls
scheint auch der Staat viel zu wissen, aber unternimmt dagegen wenig. Vorwiegend
sind es Privatorganisationen, die sich dieser Menschen annehmen.
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Cartagena

Weltkulturerbe - Die Historische Stadt Cartagena, gegründet 1533 durch Pedro de
Heredia, ist eine Reise wert. Der riesige Handelshafen wurde früher 2x jährlich von
den Spaniern angelaufen um Waren aus Spanien zu vermarkten, aber auch Gold,
Silber, Perlen und Edelsteine zu laden. Auch holländische und englische Sklaven-
schiffe mussten nach Cartagena. Aus diesen Gründen wurde diese Stadt häufig von
Piraten attackiert und geplündert. Deswegen befestigten die Einwohner die Stadt
durch einen 11km langen Schutzwall und auf der riesigen Festung

San Felipe ist die ganze Stadt überschaubar. Unser Blick verweilt nicht nur auf all
den imposanten Häuser, gebaut im Kolonialstil, nein, er ruht vor allem auch auf den
Details der Fassaden.

Wir geniessen auch das Wiedersehen mit Seglerfreunden, die wir irgendwo zuvor
kennen lernten und in Cartagena vor Anker liegen. Tatsächlich wird unser gesende-
tes sms vom Ufer aus an ein holländisches Paar durch Winken vom Schiff aus erwi-
dert und 5 Min. später sind sie schon bei uns an Land! Ja, die Seglergemeinschaft.
Wunderbar. Wir treffen einander immer wieder an irgendeiner Ecke dieser Welt.
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Wasserzigeuner! Wir gönnen uns wieder einmal ein luxuriöses Hotel und geniessen
all den Komfort, auf den wir auf dem Schiff verzichten (müssen/wollen).

Nachts zurück am Tor der Marina, fährt einer der freundlichen und aufgestellten Ma-
rineros mit dem Elektromobil auf uns zu und bringt uns mit einem freudigen Lachen
zum Schiff. Natürlich will er wissen, wie uns die Reise gefiel. So laden wir ihn auf ei-
nen Drink ein und erzählen.

Anderntags steht Dino, unser Agent, vor dem Schiff und fragt uns nach unserem Be-
finden und möchte natürlich auch wissen, was wir von Cartagena halten. Da ich alles
von Spanisch für Bernhard übersetze, fragt Dino: „Bernhard, sprichst du denn kein
Spanisch?“ „ No, no!“ „Oh, wie schade.“ Dino wechselt auf Englisch, damit er sich
mit Bernhard unterhalten kann und fragt ihn, ob er denn Lust hätte, mit ihm zusam-
                                                  men ein wenig Spanisch zu lernen.
                                                  Warum eigentlich nicht? So kommt
                                                  es, dass die Männer täglich für ca.
                                                  1 Stunde im Cockpit sitzen und
                                                  Dino den Capitán bei seinen ersten
                                                  Schritten Spanisch begleitet. Eine
                                                  Augenweide für mich, diese beiden
                                                  Männer zu beobachten. Welch
                                                  freundschaftliches Beisammensein!
                                                  Dino besorgt Bernhard ungefragt
                                                  sogar ein Anfängerheft. Toll, ein
paar Wörter bleiben bei unserer Abreise von Santa Marta hängen.

Unser Cockpit nimmt langsam die Form eines Sprachstudios an. Die Marineros
möchten gerne ein paar Brocken Englisch lernen, damit sie die Segler besser be-
grüssen und betreuen können. Ich möchte gerne besser Spanisch lernen. So kommt
es, dass fast täglich mindestens 1 oder 2 dieser Marineros bei uns auf einen Drink
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oder auch zum Essen vorbeikommen und da wird allerhand erzählt und ausge-
tauscht. Das Thema kommt auf das Militär. Jonys fragt Bernhard:

J: Bist du auch ins Militär gegangen?

B: Ja. 17 Wochen und dann alle Jahre 3 Wochen, bis ich 40 Jahre alt war

J: Mit 25 war ich 4 Jahre lang im Militär und musste gegen die Guerillas kämpfen.
Einmal geriet ich in einen Hinterhalt und wurde verletzt. (Zeigt eine Narbe von einem
9mm Durchschuss im linken Oberschenkel und eine Verletzung am Arm von einer
Granate.)

B:Was wollen die Guerillas?

J:Sie bekämpfen die offizielle Regierung. Die Guerillas sind Verbrecherbanden, die
die Bauern in den Bergen zwingen, Koka anzubauen, machen die Gegend unsicher
und töten aus reiner Lust wahllos Frauen, Männer, Kinder. Als 7 jähriger habe ich im
Dorf wo ich aufgewachsen bin, 18 Leichen sehen müssen. Heute bekämpft die Re-
gierung die Kokainproduktion und will an
deren Stelle Palmölplantagen (Biodiesel)
einrichten. Den Bauern hilft das wenig,
weil sie deswegen ihr Land dafür billig
abgeben müssen oder gar vertrieben
werden, was erst recht ihre Existenz-
grundlage zerstört. Und die Konflikte
werden so nicht beseitigt.

B: Wir haben, trotz Armut, bisher noch
nie so fröhliche, nette, aufgestellte und
hilfsbereite Leute wie in Kolumbien an-
getroffen. Wie ist es möglich, dass es
gerade hier so brutale Typen gibt?

J: Es gibt eben hier besonders krasse
Unterschiede in der Erziehung. Man
muss Kinder liebevoll behandeln aber sie
müssen genau lernen, was sie dürfen
und was nicht. Sie müssen lernen, re-
spektvoll gegenüber anderen zu sein.
Man muss streng sein ohne zu schlagen.
(Er muss es ja wissen, hat er selber 3
Kinder zu erziehen).                            Sein Lachen ist ansteckend

Themawechsel: Der Reichtum der „Gringos“.

Wir fühlen uns inmitten dieser Armut oft unwohl. Die Leute sehen uns als Millionäre
und entsprechend werden wir überall angebettelt oder mit zu hohen Preisen beschis-
sen. Es ist nicht leicht ihnen zu erklären, dass dies unser einziges zu Hause ist und
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die Yacht fast alles Ersparte verschlang und die Unterhaltskosten hoch sind. Wir er-
klären jeweils, dass wir keine Kinder haben und beide bis vor den Reisebeginn Voll-
zeitpensum arbeiteten und so für das Boot sparen konnten. Wir lassen sie wissen,
dass sich aber ein Grossteil der Schweizer Familien sowas nicht leisten könnte. Ja,
ja. Der Traum vom Reich sein. Natürlich wollen die Marineros auch zu so viel Geld
kommen und in der Schweiz arbeiten, wo das Geld fast „vom Himmel fällt“. Preisver-
gleiche - Krankenkasse, Essen zu Hause und im Restaurant, Wohnen, Steuern,
Benzin, Diesel, fixe Kosten und andere Ausgaben. Arbeitsbedingungs-Vergleiche.
Jetzt beginnt ihnen zu dämmern, dass in unserem Land vielleicht doch nicht nur
„Milch und Honig“ fliesst. Und doch, letztlich bleiben wir in ihren Augen Millionäre. Wir
können uns ja auch eine Yacht leisten, was für den grössten Teil von ihnen niemals
Wirklichkeit wird. Ein Glück, dass die meisten Einheimischen glauben, wir müssten in
der Yacht herumkriechen, da sie ja nicht wissen, wie viel Raum noch unter der Was-
serlinie zum Wohnen vorhanden ist. Natürlich existieren in Kolumbien auch die Ultra-
reichen, die noch grössere und teurere Schiffe kaufen können, als die meisten von
uns Langzeitseglern.

Oviers zu Hause

Er, einer der Marineros, lädt uns ein, ihn frühmorgens nach seiner Nachtschicht nach
Hause zu begleiten, damit wir noch einen Aussenbezirk des historischen Zentrums
kennen lernen.

„Da sind wir!“ – wir stehen vor einem Reihenhäuschen einfachster Art und sehr klein.
Ovier klopft an die vergitterte Tür, die von Innen von seiner Frau geöffnet wird. Sie
beide bitten uns rein und wir stehen im Ess-/Wohn-zimmer. 1 kleiner Esstisch, 4 ein-
fache und verschiedene Stühle, 1 traditioneller Schaukelstuhl, 1 Clubtischchen, das
eine Blumenvase ziert, 2 Reproduktionen von Landschaftsbildern, 1 Mini-Aquarium.

Nächster Raum: völlig im Dunkeln und fensterlos das Elternschlafzimmer. Ein gros-
ses Bett. Mehr ist nicht zu erkennen.

Nächster Raum: Scheint auch fensterlos zu sein.1 grosses Bett. Momentan mit 2
tiefschlafenden Kindern.

Anschliessend eine Küche. Ein Teil davon offen zum Himmel und ein Regenfass un-
ter einem Abflussrohr. Ein echter Tropfstein dient als Lavabo. Wir entdecken als
Kochstelle einen einfachen Gasherd und daneben einen freistehenden Kühlschrank.
(Luxus!) Ein paar kleine Geschirrschränkchen sind vorhanden.

Innen im Haus und an der Fassade blättert die Farbe. Das Ganze, ein relativ lieblo-
ser und für unsere Begriffe trostloser, deprimierender Anblick.

Trotzdem – wir werden aufs herzlichste von Oviers Frau empfangen. Scheu, doch
hat sie Fragen an uns. Ein Kind erwacht, begrüsst uns mit der Hand, begrüsst den
von der Arbeit zurückgekehrten Papa und verschwindet wieder im hinteren Teil des
Häuschens.
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                                                    Wir lassen die Familie zurück,
                                                    damit sie nicht allzu sehr in ih-
                                                    rem gewohnten Tagesablauf
                                                    gestört werden und bummeln
                                                    zum nahe gelegenen Früchte-
                                                    und Gemüsemarkt, wo, wie
                                                    überall auf der Welt, buntes
                                                    Treiben herrscht.

                                                    Schumacher auch am Puls des
                                                    Marktes

I

Inzwischen sind unsere deutschen Seglerfreunde von dem Schiff VICTORIA aus Cu-
raçao eingetroffen. Das Wiedersehen ist von Freude geprägt. Die beiden aufgeweck-
ten Jungs (3 und 5 J.) hüpfen hinter unserem Schiffsheck hin und her, rufen unsere
Namen und können es kaum erwarten, bis wir uns zeigen. Gemeinsam unternehmen
wir in den folgenden Tagen einige Ausflüge.

                           Die Natur bietet viel. Jedoch müssen wir das manchmal
                           teuer bezahlen, wenn Einheimische als Führer amten.
                           Aber das ist uns das Geld meistens wert. Viel üppiger
                           Urwald, interessante Flussläufe, Wasserfälle. Auf einem
                           dieser Ausflüge in die Natur, fällt uns eine grasgrüne,
                           dünne ca, 1m lange Schlange von einem Baum fast vor
                           die Füsse und richtete ihren Oberkörper zur Attacke auf.
                           Puhh. Das lässt uns dann doch nicht kalt. Doch Bern-
                           hard packt die Gelegenheit beim Schopf und fotografiert,
                           was das Zeug hält. Plötzlich merken wir, dass nicht der
                           Mensch der Grund für das Hypern der Schlange ist, son-
                           dern ein Frosch, der blitzschnell von der Schlange ge-
                           packt wird. Froschtransport über einen Plastikstuhl, der
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neben dem Baum steht und dann hoch in die Äste. Lange noch hören wir den Frosch
schreien. Obwohl der vom Sand wie paniert, muss ihn die Schlange schon länger
von oben gesehen haben. Faszinierend!

Auf einem anderen Ausflug im Tayrona Nationalpark am Fusse der Sierra Nevada,
mitten im Wald dann unsere erste Begegnung mit einem echten Indianer. Er kommt
uns entgegen. Kleinwüchsig, in weiss gekleidet, mantelartig, spitzer, weisser Hut. Er
gehört zum Stamm der Kogui. Weil er hoch oben in der Sierra Nevada zu Hause ist,
symbolisiert seine Bekleidung die weissverschneiten Gipfel. Er lässt sich gerne auf
einen kleinen Schwatz und zum Fotografieren ein. (2 US$ möchte er für das Foto).

Nebst den Kogui finden sich noch weitere 3
Stämme (Arhuaco, Wiwa und Kankuamo) die
die Sierra Nevada bevölkern. Alle stammen sie
vom Urvolk der Tayrona ab. Viele kauen Koka-
Blätter und die Männer nehmen ein Drogen-
Pulver ein, um für die tagelange Reise von den
Bergen runter ins Tal zum Einkauf oder auf
Besuch den Durst und Hunger sowie den Schlaf zu unterdrücken.
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Auf dem Rückweg mit unserem Führer haben wir dank seiner Aufmerksamkeit das
Vergnügen, kleine schreiende Affen hoch in den Baumwipfeln zu beobachten. Etwas
weiter unten im Gehölz kommen wir nicht aus dem Staunen ob der riesigen Blau-
Braunen Schmetterlinge. Handgrösse! Auch Vögel, so bunt und einzigartig, wie wir
sie zuvor noch nie zu Gesicht bekommen haben.

Der Pfad führt kurz dem Strand entlang, wo wir ein erfrischenden Bad nehmen.

Cafe de Colombia – natürlich müssen wir die Gelegenheit beim Schopf packen und
uns geführt eine Cafe-Plantage zeigen und erklären lassen! Der Strassenzustand in
die Höhe auf ca. 1000 Meter - eine Zumutung für die Bevölkerung, die dort wohnt.
Der Staat verspricht seit 5 Jahren, die Abrutsche zu sanieren, den Asphalt zu erneu-
ern. Ha! Ein Witz! Es wird wohl weiter versprochen! Die Cafe-Pflanzen allerdings, die
säumen den Weg zur Linken und Rechten, je mehr sich unser Privat-Jeep in die Hö-
he schraubt. Die Plantage wurde zu Beginn des 20. Jh. von einem deutschen Ehe-
paar gegründet. Heute leben ca. 100 Personen in verschiedenen Wohnhäusern rund
um das Hauptgebäude, wenn Erntezeit ist. Alles wird von Hand gepflückt. Steilhänge.
Oh, wir hätten da unsere Mühe, standfest zu bleiben. Der Plantagen-Führer, über 70
und seit Gründung im Hause, tritt uns mit einer gewissen körperlichen Frische entge-
gen. Fit steigt der die Treppen hoch und runter, erklärt geduldig, beantwortet unsere
Fragen und zum Schluss bekommen wir natürlich noch ein „Käfeli“ zur Degustation.
Wieviel er denn pro Tag trinke? „Mindestens 5-6. Aber leider müssen wir uns mit der
schlechteren Qualität zufrieden geben. Die gute wird exportiert. Nach Europa!“

Eigentlich wollen wir von hier, Santa Marta, nach 3-wöchigem Aufenthalt weiter Rich-
tung Kuna Yala reisen. Doch wir sind so zwiespältig. Die Wetterprognosen für die
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nächsten Tage: kaum etwas Wind, aber Strömung gegen uns. Dann wieder Wind,
aber voll auf die Nase. Verbunden mit Strömung gegen uns und schaurig-schönen
Gewittern rundum.

Wir fühlen uns nun etwas blockiert und wissen nicht so recht, ob die Warterei auf
vernünftigen Wind aus besserer Richtung etwas bringt. So konsultieren wir täglich
das Internet. Jetzt versuchen wir eben, das Beste aus der Situation hier zu machen
und den Luxus der Marina und das gut funktionierende WiFi (im Preis inbegriffen) zu
nutzen. Ebenso geniessen wir es, für das Einkaufen nicht zuerst das Dinghi benüt-
zen zu müssen. Für die Wäsche gibt’s Waschmaschine und Tumbler in der Marina.
Wir fühlen uns für all unsere Ausflüge auch ruhiger, wenn wir das Schiff gut vertäut
wissen. So hat eben alles auch seine positive Seite.

Aber dann kommt der Tag des Abschieds. Die Marineros, die Marina-Managerin, der
Agent, sie alle sind traurig, dass wir weiterziehen. Auch wir sind traurig, haben wir
doch wieder eine so reichhaltige Zeit in Freundschaft mit Jung und Alt verbringen
dürfen. Wir werden sie als fröhliche, lustige, tanzfreudige, ernsthafte, respektvolle
und hilfsbereite Menschen in Erinnerung behalten. Und doch, wir sind voller Erwar-
tung auf die neuen Abenteuer, die uns in Kuna Yala erwarten. Ein letztes Winken, ein
letzter Blick zurück bevor wir die Hafenausfahrt hinter uns lasssen. Herzschmerz!
Kaum richtig draussen auf See, entdeckt Bernhard auf Deck eine Namensplaquette
eines Marineros, der darin ein gefaltetes Zettelchen für uns hinterliess:

Son Especiales

Ana y Bernal

Que dios los protega y los vendiga. Que vuelvan muy pronto. Su amigo. JOHNYS

Fast kommen uns die Tränen vor Rührung!

Während der Fahrt frischt der Wind heftig auf und dreht zu unseren Ungunsten. Das
Wetter-Grib, welches wir über Funk holen, verspricht auch nichts Gutes. Wir ent-
schliessen uns bei den Islas de Rosario, ca. 20 Seemeilen südlich von Cartagena, zu
ankern. Beinahe wären wir auf ein vorgelagertes Riff aufgelaufen, weil die Seekarte
etwas ungenau ist. Aber Einheimische fahren uns mit ihrem Boot voraus und zeigen
uns den Weg an den Ankerplatz, wo wir eine ganze Woche die Schlechtwetter-Front
durchziehen lassen. Immerhin klart der Himmel mal kurz auf und so zeigt uns Manólo
den Tierpark und das ärmliche Dorf auf der Insel, wobei er mit uns in trübem Wasser
(überschwemmte Pfade) durch die Mangrovenwälder watet. Niemals hätten wir auch
nur einen dieser Wege selber gefunden. Ein recht abenteuerlicher Spaziergang. Jetzt
sind wir das erste Mal seit unserem Reiseantritt weit ab der Zivilisation. Keine Stras-
sen, nur kleine Naturpfade, entsprechend keine Fahrzeuge auf der Insel. Die Men-
schen bewegen sich hier zu Fuss oder auf dem Wasser mit verschiedensten Kanus
oder anderen Holzbooten fort.
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Wir “springen auf die letzten Wagen des fahrenden
Zuges auf“, d.h. wir nutzen den Schluss der Stark-
windphase und geniessen eine rasante Fahrt direkt
auf die Coco Bandero Cays in Kuna Yala zu, wo
unsere Schweizer Freunde auf uns warten. Wir
hatten mit ihnen vor zwei Jahren Weihnachten und
Neujahr auf Lanzarote gefeiert und sind seither
stets in Mail-Kontakt geblieben.

Kuna Yala

Für uns Europäer als San Blas bekannt, wird dieses Gebiet von den Einheimischen
Kuna Yala genannt. Nun befinden wir uns wirklich ausserhalb der Zivilisation. Wie auf
Rosarios, keine Autos, keine Motorräder, keine Strassen. Von den 360 nur Meterho-
hen Inseln werden heute ca. 50 bewohnt. Das Gebiet stellt wegen den unzähligen
Riffen eine navigatorische Herausforderung dar. Für Yachten eigentlich erst wirklich
passierbar , seit es 2002 den sehr detaillierten Cruising Guide of Panama von Eric
Bauhaus gibt. Papierkarten und elektronische Kartenplotter führen mit Sicherheit auf
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Riffe und über Land, was immer wieder für Nervenkitzel sorgt. Sie sind ganz einfach
falsch! Auch Sextantennavigation kann man hier vergessen (macht heute sowieso
praktisch niemand mehr).

Ist Nachts zu nahe an die Riffs gekommen        Wurden Zeugen der Strandung

So werden auch wir „Opfer“ von einer nicht eingezeichneten Untiefe in „Bauhauses-
Werk“, als wir nach zwei länger anhaltenden Windböen mit Regen endlich hinter die
Riffe kommen und den Anker fallen lassen wollen. Vorher aber prüfen wir mit lang-
samer Fahrt den Schwojkreis für unser Schiff am Anker. Plötzlich macht es abrupt
von 5 auf 0 Meter Wassertiefe „rummms“. Wir hocken auf einer Sandbank. Alles Mo-
toren gegen die Mitte des „Schwimmbeckens“ nützt nichts. Wir steckten fest. Mist! So
schnell haben wir unser Beiboot samt Aussenbordmotor wohl noch nie vom Schiff
runter bekommen. Mit einem Fall (langes Seil) vom Mast kommend und einer Seil-
verlängerung zieht Bernhard mit dem Dingimotor das Schiff in Seitenlage und ich, A.,
gebe Vorwärtsschub mit dem Hauptmotor in Bernhards Richtung, als der Bug des
Schiffes sich in seine Richtung stellt. Es gelingt. Nach bangen Minuten kommen wir
frei! Schon so manch Segler blieb auf einem Riff stecken und konnte mit Hilfe von
Aussen nicht mehr freikommen und musste das Schiff aufgeben. Ihr seht, liebe Lese-
rInnen, nicht das offene Meer ist eine grosse Gefahr für das Schiff, nein, Land und
Riff-Nähe! Ankerplätze sind hinter den Riffen jeweils windig aber meist gut geschützt
in relativ ruhigem Gewässer. Das Brandungsrauschen ist allgegenwärtig. Diese Situ-
ation erklärt vielleicht, warum hier die spanischen Konquistadoren nicht richtig Fuss

Erste Kontakte mit Kuna-Indianern
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fassen konnten und es so viele überlebende Ureinwohner gibt. Hier leben fast aus-
schliesslich Kunas, reinrassige Indianer. Sie sind freundlich, ruhig und immer für ei-
nen längeren Schwatz zu haben. Sie kommen mit ihren Ulus (Einbaum-Kanus) ge-
schickt an die Yachten gepaddelt und verkaufen Kokosnüsse, Bananen, Yams-
Wurzeln, Fische und Langusten für sehr wenig Geld. Molas, eine mehrlagige Stoff-
Stickerei, die sie selber auf ihre Kleider nähen sind etwas teurer, aber dennoch für
die grosse Arbeit, die dahintersteckt, immer noch günstig. Es sind diese kunstvoll
verarbeiteten, farbenfrohen Molas, für die die Kunas berühmt sind.

Gerne tauschen sie auch Kokosnüsse und Bananen gegen Kugelschreiber, Malstifte
oder Handy laden, denn Strom gibt es auf vielen Inseln nicht, d.h. auch, ausser Feu-
er und kleinen Laternen, keine Beleuchtung. Ein paar wenige haben einen Stromge-
nerator um etwas Licht in ihr Haus zu bekommen. Die Einheimischen sind nicht so
aufdringlich wie die Kariben, ja wir sind sogar froh, dass sie kommen, weil Frischwa-
ren nur in den wenigen, grösseren Dörfern, wo wir uns wegen dem Dreckwasser
nicht so gern aufhalten, zu bekommen sind. Einige paddeln frühmorgens zu ihren
Pflanzplätzen am Festland oder andere zu ihren Fischfanggründen. Bevor sie am
frühen Nachmittag die Ernte heim bringen, fahren sie bei den Yachties vorbei und
verkaufen einen Teil davon.

                                         Wir müssen lernen, die Tiere
                                         selbst zu töten und auszu-
                                         nehmen, da sie lebend gelie-
                                         fert werden.

Unser Haustier hatte ein kurzes Leben, da wir es gegessen haben
15

Kunas, die noch traditionell leben, bauen Häuser, Ulus etc. mit Materialien aus der
Natur, woher sie auch ihr Essen herhaben. Dadurch sind sie unabhängig. Reparieren
gestaltet sich einfacher. Nicht wie wir, mit komplizierter Technik umgeben, benötigen
für deren Reparatur Zeit für den Erwerb der Ersatzteile und es entstehen uns
manchmal auch erhebliche Kosten. Ein Paket aus den USA braucht zwei bis drei
Wochen hierher und die Transportkosten übersteigen oftmals den Wert des für uns
so wichtigen Ersatzteils.

Angenehmes Klima, da luftdurchlässig .Ordentlicher Regenschutz. Hält etwa 20 Jahre

Wir besuchen ein noch sehr traditionelles Dorf wie zum Beispiel Ticantiki (Niadup),
wo wir zuerst beim Saila (Gemeindepräsident) vorsprechen müssen, der dann ent-
scheidet, ob wir bleiben dürfen. Er möchte auch ein Geschenk, eine Lesebrille, die
wir am nächsten Tag bringen. Unser “Guía“ Aquilino führt uns durch das Dorf, erklärt
und zeigt uns alles, auch seine traditionell gebauten Hütten mit Küchen, Bad, Kuna-
Toilette, Schweinestall, Wohnhaus. Ebenso stellt er uns dem einzigen Holzschnitzer
im Dorf vor, wo wir ihm beim Herstellen eines Ulus in Kleinformat über die Schultern
gucken können. Und wir dürfen fotografieren. Dieser Holzschnitzer möchte unser
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Bilder von oben links bis unten rechts: Dorfladen, Haus mit Garten, Küche, Bad, Toi-
lette, Aquilino, mit Frau und Enkelin, Holzschnitzer Victoriano mit Enkel.
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Schiff besuchen und benötigt unsere Anwesenheit beim Saila, um die Besuchsbewil-
ligung zu bekommen. Diese Dorfpolitik geht dahin, dass sich kein Einheimischer un-
gefragt einer Yacht nähern soll. Aquilino erzählt nicht nur gerne über Politik, nein,
auch über die Geschichte der Kunas, die etwas abweicht von jener, die im Internet zu
finden ist. Interessant für uns zu wissen, warum die Kunas vor ca. 100 Jahren das
Festland verliessen und fast ausschliesslich die Inseln besiedelten. Das war nämlich
nicht immer so:

„Lange davor lebten die Kunas an Bächen und Flüssen einer Bergkette nördlich von
Panama bis an die kolumbianische Grenze. Für den Panama-Kanal wurden einige
Kunas als billigste Arbeitskräfte eingespannt und erkrankten an Malaria, Während
ihrer zwischenzeitlichen Aufenthalte in ihren Dörfern übertrug sich diese Krankheit
durch die Mückenplage auf ihre Familienmitglieder. Einige bezahlten mit dem Tod.
So entschieden Kuna-Oberhäupter, diese Berg-Fluss-Gegenden zu verlassen um mit
Flössen talwärts an den Uferzonen Land zu finden, wo sie weniger von den Stech-
                                        viechern geplagt werden sollten. Die Trans-
                                        portmittel allerdings erwiesen sich als nicht
                                        sehr tauglich, doch unten angekommen,
                                        staunten sie über die Existenz von vorgela-
                                        gerten Inseln. Die ersten, die sie „unter die
                                        Lupe“ nahmen, befanden sich nahe der ko-
                                        lumbianischen Grenze. Diese Inseln wiesen
                                        sich durch einen Reichtum an Kokospalmen
                                        aus. Ebenfalls stiessen sie auch auf Wild-
                                        schweine und Hasen. Diese Entdeckungen
                                        wurden an all die zurückgebliebenen Kunas
                                        an den Flüssen weitergemeldet. Nun entwi-
                                        ckelten sie die Idee, mit ausgehöhlten Ein-
                                        bäumen (Ulus) die Flüsse runterzufahren. Der
                                        Natur entnommen, wurden diese wie Fische
                                        strömungstauglich gebaut. Ein befreundeter
                                        Amerikaner soll ihnen aus Panama Äxte, Sä-
                                        gen und anderes Werkzeug besorgt haben
                                        und so wurden diese Ulus zur Perfektion ge-
                                        baut und dienten ihrem Vorwärtskommen.
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Insel um Insel wurde von Ost nach West entdeckt. Sie bekamen Namen, die im Zu-
sammenhang mit den dort angetroffenen Tieren, Blumen oder Bäume oder auch de-
ren Form standen. Z.B. Wildschwein-Insel (natürlich auf Kuna). Einige dieser Inseln
wurden mit ihren heute noch traditionellen Häusern aus Bambus und Palmenmaterial
bebaut. Diese gut belüfteten Häuser trotzen ca. 20 Jahre gegen Wind und Wetter
und die Dächer halten den starken Regen zurück . Insgesamt entdeckten die Kunas
360 Inseln, wovon heute 50 bewohnt sind. Die anderen Inseln dienen dem Erhalt der
Kokos-Palmen. Lange Zeit dienten diese Nüsse als Zahlungsmittel. Der Mückenpla-
ge wurde also erfolgreich ein Ende gesetzt und ebenso dem Sterben dieser Men-
schen. Heute stechen noch immer Mücken, vor allem in Mangroven-Nähe an wind-
stillen Tagen. Doch je weiter weg vom Festland, umso grösser der Schutz vor ihnen.“

Ulu im Bau                                    Kind im Ulu

Auch Julián, der Bäcker von Nargana ist ganz gesprächig und erzählt eifrig:

„In Kuna Yala wählen meistens die Frauen die Männer. Wenn die Eltern der jungen
Frau mit der Heirat einverstanden sind, ziehen in der Regel die Männer zur Familie
der Frau. Dass sie sich nur mit Kunas vermählen dürfen ist nicht mehr länger Vor-
schrift, weil Inzuchtprobleme entstanden. Was immer noch gilt: Kein Ausländer darf
hier Land erwerben, Geschäfte machen, oder sich niederlassen.“

                                                            Nargana
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Benefiz-Veranstaltung für körperlich und geistig Behinderte. Es gibt auffallend viele Albinos.
Sie leiden unter der Kuna-Yala-Sonne.

Auch wir Yachties bekommen nur eine halbjährige Aufenthaltsbewilligung. Sie kostet
uns den höchsten bisher bezahlten Preis, nämlich insgesamt 240 US$. Und in den
meisten Dörfern bezahlen wir zusätzlich 5 bis 10$ extra für das Ankern auf ihrem
Grund.

Beim Rundgang durch ein Kuna Dorf fallen uns die vielen jugendlichen Frauen mit
dicken Bäuchen auf. Auf unsere Frage, ob sie denn alle schwanger sind meint Victo-
riano: „Ja, ja, alle schwanger. Viel zu jung. Eigentlich sollten sie zuerst mal die Schu-
len beenden, etwas lernen, etwas arbeiten und dann Kinder kriegen. Aber sie hören
nicht mehr auf den Rat der Eltern.“ – „Wann bekommen dann die jüngsten Mädchen
ihr erstes Kind?“ – „Wenn sie selber noch Kind sind. Mit 13! Die Babies werden dann
meistens von den Grosseltern oder Urgrosseltern versorgt und so können diese jun-
gen Mütter dann doch noch die Schule beenden. Aber viele dieser Frauen lernen
keinen Beruf.“ Sie lernen auch nur spärlich Spanisch und können sich entsprechend
wenig unterhalten, wenn sie für den Mola-Verkauf die Touristen ansprechen. Die Bil-
dung und Weiterbildung ist eher den Männern vorbehalten. Viele Kuna-Männer sind
lernbegierig, teilweise auch sehr intelligent und schon mancher hat sich in Panama
als Studierender ein Stipendium erarbeitet, um dann in europäischen Ländern wie
Spanien, Portugal, einer sogar in der Schweiz oder auch in Kuba weiter zu studieren.

Am 8. Dezember wird in ganz Panama und Kuna Yala Muttertag gefeiert. So kommt
es, dass die Besatzung von 3 Segelschiffen auf Isla Maquina daran teilnimmt.
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0500 h. In der nahe gelegenen Ankerbucht, wo wir übernachten, hören wir aus Rich-
tung der Insel Trommeln. Das Ankündigen des Muttertages.

0800 h wir fahren alle mit unseren Dingis auf die Insel rüber und werden von der Or-
ganisation über das Programm informiert und auch um einen kleinen finanziellen Bei-
trag gefragt. Kurz darauf werden uns Stühle unter das Schulhausdach hingestellt,
von wo wir unseren Beobachtungsposten aufstellen können.

Frauen, immer mehr Frauen finden sich auf dem Dorfplatz ein. Traditionell gekleidet.
Kopftücher in dominierendem Rot. Blusen. Vorne und hinten eine traditionelle Mola
aufgenäht. Wickeltücher als Röcke. Waden verziert, mit strumpfähnlichen Perlenfäd-
lereien. Ein farbenfrohes Bild. Einige dieser Frauen tragen eine Trommel auf sich.

Nach Tänzen zu Trommelklängen formieren sie sich zu einem Umzug. Hinterher alle
Zuschauer und so zwängt sich der Umzug durch die engsten Gässchen dieses 150
Einwohner-Dorfes bis alle wieder zurück auf dem Festplatz sind.
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Ein Frühstück wird verteilt. Auch wir dürfen uns in die Reihe stellen. Leckere Kuna-
Brötchen und wer mag, Haferschleimsuppe.

Eine Ansprache der Organisation. Dann beginnen die sportlichen Spiele für die
Frauen. Einige von diesen Aktivitäten sind uns bekannt. So das Tragen einer Limone
auf einem Löffel, dessen Stiel im Mund festgehalten wird oder das Sackhüpfen.
Ebenfalls: Wer von den Frauen trinkt am schnellsten eine Flasche Cola mit viel Koh-
lensäure leer? Neu für uns: Welche Frau fädelt am schnellsten den Faden durch ein
hauchdünnes Nadelöhr? Kurz vor Schluss dürfen sich die Frauen einen richtigen
Schweinekopf ergattern, indem sie irgendwie den ca. 5 Meter hohen Holzpfahl hoch-
kommen und den Schweinekopf mit der Hand berühren. Dieser Tierkopf als Preis,
für uns eher gewöhnungsbedürftig, aber für sie - d i e Köstlichkeit. Die meisten essen
Schwein nur 1-2 x pro Jahr als absolut kulinarischen Höhepunkt. Als krönender Ab-
schluss des sportlichen Teils: Welche Frauengruppe paddelt am schnellsten eine
vorgegebene Strecke mit dem Ulu (Einbaum)? Das braucht sie nämlich Mut. Die
meisten Frauen können nicht schwimmen, sollte das Boot kippen. So werden dann
auch ein paar Dingi-Besitzer als Rettungshelfer eingesetzt. Es wird aber keine Ret-
tung nötig.
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Zum Mittagessen bekommen wir Reis mit Schweinefleisch verteilt. Leider besteht das
Fleisch aus mehrheitlich für uns ungeniessbarer Schwarte. Das wenige wirkliche
Fleisch so zäh – lange hält es sich zwischen den Zahnspalten!

Für uns ist somit der offizielle Teil vorbei. Wir fahren mit unseren Dingis zu den Schif-
fen zurück. Abends dann nochmals Programm: Die Königin der Mütter wird gewählt
und gekrönt. Es wird getrommelt, auf einfachen Panflöten gespielt, gesungen und
getanzt.

Anderntags sollten wir das „Chicha-Fuerte-Fest“ miterleben. Sollten. Frühmorgens
bis Nachmittags so starke Regengüsse – ununterbrochen. Wir wagen uns nicht weg
vom Schiff. Dann ein wirrer Anruf auf mein Handy von einem Inselbewohner. Wo wir
denn steckten. Also fahren wir alle wieder rüber. Wo sind die bloss geblieben? In den
verregneten Gässchen stehen einige plaudernd umher und dann, dann sehen und
hören wir sie. Viele hocken oder torkeln betrunken in einer grossen Hütte, wo sie
tagszuvor Essen für das Fest kochten. Die „Chicha“ – ein gegorener Zuckerrohrsaft,
der zu Alkohol wurde – schon alles weggetrunken. Darauf folgte der Rum. Deshalb
„Chicha fuerte“. Nicht nur etliche leere Rum-Flaschen liegen an der Hüttenwand,
nein, auch Betrunkene lehnen sich dort an und lallen sich gegenseitig an, wenn sie
dann noch können. Einige torkeln in uns hinein, wollen mit uns sprechen. Es gelingt
ihnen aber nicht mehr wirklich. Also fahren wir wieder zu unseren Booten zurück.

Nun aber wird es Zeit, uns nochmals mit unseren Schweizer Freunden in einer ande-
ren Inselgruppe zu treffen. Nachdem sie uns innert Kürze professionell Näharbeiten
erledigt haben, verabschieden wir uns ein paar Tage nach Weihnachten von ihnen.
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Sie wollen noch länger in Kuna Yala bleiben, während es uns drängt, neue Ufer zu
entdecken.

Am 29.12.2011 klarieren wir uns in Porvenir von Kuna Yala aus um anderntags die
50 Meilen nach Isla Linton zu bewältigen. Halb seekrank von der nächtlichen Schau-
kelei am Anker fahren wir los. Ca. 3 Stunden ausserhalb der gefährlichen Riffe auf
ca. 60 Meter Wassertiefe segeln wir durch 3 Meter hohe und brechende Wellen.
Dann plötzlich lässt ein heftiger, dumpfer Knall durchs Schiff die Fahrt abbremsen.
Einen Moment sind wir wie gelähmt vor Schreck. Eine nicht eingezeichnete Untiefe?
Das kann doch nicht wahr sein! Bernhard, der am Ruder steht schaut zurück. Hinter
dem Heck taucht ein Tierkopf und nach ca. 4 Metern eine Schwanzflosse auf. Nicht
genügend erkennbar. Ein Pilotwal? Ein Hai? Weg war das Tier. Nur noch schäumen-
des Wasser rund um unser Schiff. Jetzt aber schnell den Rumpf rundum besichtigen.
Wars das? Dringt irgendwo Wasser ein? Rettungsinsel parat machen? Wir suchen
alle Bilgen (tiefster Schiffspunkt) nach evtl. eindringendem Salzwasser ab, nachdem
wir an der Aussenhülle nichts entdecken konnten. Alle paar Minuten, später in länge-
ren Abständen, kontrollieren wir wieder. Glück gehabt. Die Bilgen bleiben trocken.
Wir machen weiter Fahrt mit ca. 6 ½ kn durch das gurgelnde, gischtende Nass. Der
Zusammenprall mit dem Tier lässt uns nicht wirklich los. Kommt da was im Nachhi-
nein zum Vorschein? Ja, wirklich! Plötzlich piepst der Tiefenalarm wieder wie wild
und meldet uns alle paar Sekunden, dass wir die minimale Wassertiefe unterschritten
haben. Das kann doch nicht sein. Überall tiefes Wasser um uns. Wir löschen den
Tiefenalarm. Langsam sind unsere Nerven etwas sehr strapaziert. Und wir haben
mindestens noch 5 Stunden Reise vor uns! Wir werden von den Wellen und dem
Wind in die richtige Richtung gestossen und kommen gut voran. Kurz vor dem Ein-
laufen in die Bucht dann eine erneute Probe. Wir schleppen irgend welches zähes
Krautzeug vermutlich in der Schiffsschraube und im Ruderblatt hinter uns her. Die
Strömung ist so stark, die Wellen zu hoch um das Kraut mit dem Bootshaken raus-
zubekommen. Was, wenn bei der Einfahrt plötzlich die Schraube nicht mehr dreht?
Wir bereiten uns schon vor, im schlimmsten Fall unter Segel einzulaufen und den
Anker fallen zu lassen. Doch der Motor hält bis zum Schluss durch. Auch das Echolot
funktioniert wieder normal (Das Echolot hat bei der Kollision 0 m gemessen und kurz
danach eine grosse Tiefe, die es nicht mehr messen konnte, wodurch es bei zu we-
nig Tiefe stehen blieb und uns alarmierte). Kaum am Anker, untersucht Bernhard mit
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Taucherbrille und Schnorchel „bewaffnet“ das Unterschiff. Die Farbe auf der Stirnsei-
te des Blei-Kiels ist bis aufs Metall weg. Armes Tier, das dagegen prallte. Das muss
geschmerzt haben! Propeller und Schraube werden von Bernhard durch mehreres
Untertauchen vom zähen, hölzernen Kraut befreit. Hätten wir keinen „Rope-Cutter“,
hätte die Schraube vermutlich wirklich ihre Umdrehungen nicht mehr geschafft. So
wurde wenigstens ein Teil dieser Pflanzen zerschnitten.

Nun liegen wir hier am Anker für ein paar Ruhetage und wollen dann am 4.1.2012 in
der Shelter Bay Marina, Colon, vor dem Panamakanal unser Schiff festmachen. Von
dort aus seht uns das Abenteuer Kanalpassage bevor. Gerne möchten wir noch im
Januar durchkommen. Dann heisst es für uns – neues Kapitel. Die Pazifikseite war-
tet, von uns und vielen anderen Seglern entdeckt zu werden.

Wir wünschen euch nun allen von Herzen Wohlergehen, Glück, Gesundheit und viele
glückliche Momente im 2012.

Herzlichst

Annemarie und Bernhard

Segelndes Ulu

Fischender Pelikan

Blumen auf den Inseln
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