EINBLICKE 2020/2021 - IFZ-Salzburg
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INHALT VORWORT MARKUS WELTE: AUFMERKSAME ZEITGENOSSENSCHAFT.............................................................. 4 MICHAELA ROHRAUER: WOLLE DIE WANDLUNG … ........................................................................ 5 ABT THEODOR: FÖRDERUNG VON WISSENSCHAFT IN STÜRMISCHEN ZEITEN......................... 6 FORSCHUNG RESILIENTE GEMEINSCHAFTEN: WAS GEMEINSCHAFTEN IM ANGESICHT VON KRISEN ZUSAMMENHÄLT.................................... 8 OPPORTUNITIES: NEUES KRISENNARRATIV FÜR EUROPA............................................................... 10 LERNEN MACHT SCHULE: EIN JAHR VOLLER VERÄNDERUNGEN UND ERFOLGE .................... 12 SALZBURGER STUFENMODELL ZUM AUFBAU DER ARBEITSFÄHIGKEIT: FÜR EIN BESSERES LEBEN............................................................................................................................14 REGIONALE FRAUENFOREN 2022: HINHÖREN – FRAUEN IN DER KIRCHE ................................15 EINE KATHOLISCHE KIRCHE DER FRAUEN: CHANCENGERECHTIGKEIT UND GEGENSEITIGE UNTERSTÜTZUNG.............................................16 RÜCKBLICKE UND AUSBLICKE GESPRÄCHS- UND DISKUSSIONSREIHE „KRISE ALS CHANCE“ .................................................... 18 DER SOZIALROUTENPLAN WIRD DIGITALISIERT................................................................................. 19 NEUES BUCH: SUBSIDIARITÄT ALS GRUNDLAGE MENSCHLICHEN ZUSAMMENLEBENS ..... 20 NEUE MITARBEITERINNEN ........................................................................................................................ 21 PRESSESPIEGEL ............................................................................................................................................. 22 DANK UND IMPRESSUM......................................................................................................................... 23 3
MARKUS WELTE Interims-Präsident am ifz AUFMERKSAME ZEITGENOSSENSCHAFT Das Eintreten für Arme und Benachteiligte für einen gottgefälligen Kult. Ohne die Soli- ifz: Im Februar hat Helmut Gaisbauer sein gehört zum unverzichtbaren Kernbestand darität mit Benachteiligten kann es keine Ver- Amt als Präsident aus persönlichen Grün- jüdisch-christlicher Ethik. Folgt man Jan Ass- mittlung unmittelbarer Gottesnähe geben. den zurückgelegt. Auf Bitten von Erzbischof mann, dann ist es gerade im Bereich der Lackner übernahm daraufhin Vizepräsident Rechtspflege für vulnerable Gruppen zu einer Das jüdisch-christliche Ethos ist somit un- P. Virgil Steindlmüller und nach dessen Rück- entscheidenden Neuerung zwischen ägypti- trennbar verbunden mit einer Haltung der tritt ich als Bildungsreferent der Erzdiözese scher und altisraelitischer Kultur gekommen: aufmerksamen Zeitgenossenschaft. In ihr interimistisch die Leitung. In dieser Funktion In Ägypten wurden Gerechtigkeit und Kult als geht es wesentlich darum, die Zeichen der darf ich mich ganz herzlich bei allen bedan- zwei getrennte Bereiche verstanden, die al- Zeit über alle weltanschaulichen und religiö- ken, die das ifz die vergangenen Jahre mit lein durch die Person des Königs miteinander sen Grenzen hinweg wachsam zu beobach- einem hohen Maß an persönlichem Einsatz verbunden waren. Das Recht der Schwachen ten und sich für eine solidarische Gesellschaft geprägt haben: Ich danke Helmut Gaisbauer und die Gewährleistung des Kults waren für einzusetzen. Der vorliegende Jahresbericht für die engagierte Leitung des Instituts sowie den König „komplementäre aber wohlunter- dokumentiert unser Bemühen als Internatio- den VizepräsidentInnen Pater Virgil, Martin schiedene Aufgaben“. Diese Grenze wird in nales Forschungszentrum, an diesem Auftrag Dürnberger, Margareta Strasser und Micha- Israel eingeebnet: „Die beiden Handlungszie- mitzuarbeiten. Auf den folgenden Seiten dür- el König. Ein besonderer Dank gilt Michaela le des ägyptischen Königs, unter den Men- fen wir unsere laufenden Projekte vorstellen, Rohrauer, den Wissenschaftlerinnen und Wis- schen Gerechtigkeit herzustellen und die sowie jene, die seit Juli 2020 abgeschlossen senschaftlern sowie dem Organisationsteam Götter zufrieden zu stellen, fallen in eins. Der werden konnten. Ein besonderer Akzent liegt für ihr professionelles und beharrliches Wei- Gott Israels läßt sich mit Opfern nicht besänf- auf der Frage, wie es gelingen kann, For- terarbeiten in unruhigen Zeiten. tigen: Er fordert Gerechtigkeit.“ Damit wird schungsergebnisse in die Praxis zu vermit- die Rechtspflege zur unhintergehbaren Be- teln. Die Projekte „Lernen macht Schule“ und Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, danke ich zugsgröße jeder Gottesbeziehung. Auch die der „Sozialroutenplan“ sind dafür eingängige herzlich für Ihr Interesse an der Arbeit des ifz alttestamentlichen Propheten stehen in die- Beispiele. und bitte Sie auch weiterhin um Ihre Unter- ser Lehrtradition. So macht etwa Amos im 8. stützung für unsere Projekte. Jh. vor Christus deutlich: Die Sorge um Recht In den Berichtzeitraum fallen auch einige und Gerechtigkeit ist Grundvoraussetzung grundlegende personelle Veränderungen am Ihr Markus Welte 4
MICHAELA ROHRAUER Geschäftsführerin am ifz WOLLE DEN WANDEL... EINNAHMEN 2020 Das ifz befindet sich organisatorisch in stürmischen Zeiten und gleichzeitig sind es inhaltlich sehr blühende Zeiten. Wir lernen auch hier, mit Widersprüchen zu leben und mit dem äußeren Wandel mitzugehen. Im Februar hat Helmut P. Gaisbauer nach In diesen turbulenten Zeiten sind wir umso etwas mehr als drei Jahren sein Präsidenten- dankbarer für ihre Unterstützung und Spen- amt aus persönlichen Gründen zurückgelegt. den. Sie geben uns Rückhalt und Kontinuität Er initiierte zahlreiche neue Forschungspro- für unsere Arbeit. Unser Dank geht an die jekte, unter anderem das Projekt „Resiliente Erzdiözese für die finanzielle Grundausstat- Gemeinschaften“. Auch half er dabei mit, tung, das Katholische Hochschulwerk, den ■ 61% Forschung/Drittmittel ein neues europäisches Forschungsprojekt Deutschen Verein der Freunde des ifz sowie ■ 29% Erzdiözese für das ifz an Land zu ziehen. Wir werden an Stadt und Land Salzburg – für deren lang- ■ 6% Stadt/Land Salzburg diese Projekte auf gute Weise weiterführen jährige Unterstützung sind wir sehr dankbar. ■ 4% Spenden und danken ihm für seinen großen Einsatz Und natürlich freuen wir uns ganz besonders und seine umsichtige Art, das ifz geleitet und über die vielen Privatspender, die mit ihrer uns MitarbeiterInnen begleitet zu haben. Wir Zuwendung ihre Wertschätzung für unsere AUSGABEN 2020 wünschen ihm alles Gute und freuen uns auf Arbeit zum Ausdruck bringen. zukünftige fruchtbare Kooperationen mit ihm und dem Zentrum für Ethik und Armuts- Herzlichen Dank für Ihre finanzielle forschung der Universität Salzburg, an dem und ideelle Unterstützung! Helmut P. Gaisbauer weiterhin als Senior Scientist tätig ist. Nach Helmut P. Gaisbauers Abschied leitet Werden Sie ProjektpartnerIn oder Dr. Markus Welte als Interims-Präsident das UnterstützerIn für eine Wissenschaft ifz. Herzlich Willkommen bei uns im Team! für Menschen – Danke für Ihre Spende! ■ 62% Projekte ■ 23% Personalaufwand Verwaltung ■ 8% Öffentlichkeitsarbeit ■ 7% Sonst. betrieblicher Aufwand 5
ABT THEODOR HAUSMANN OSB Obmann des Vereins der Freunde des ifz e.V. FÖRDERUNG VON WISSENSCHAFT IN STÜRMISCHEN ZEITEN Der Verein „Freunde des Internationalen For- unterstützt mit Fachwissen und philosophisch schungszentrums e.V.“ mit Sitz in München fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen ist in den vergangenen Jahren mehrfach mit Entscheidungsträger in zivilen und kirchlichen wohlwollenden Nachlässen bedacht worden. Institutionen. Es trägt zur wechselseitigen Be- Wir sind sehr glücklich darüber, gleichzeitig ist reicherung bei, dass dies mit Weitblick und es eine große Verantwortung, diese Zuwen- Offenheit und zugleich auf einem festen Fun- dungen im Sinne der Erblasser bestmöglich dament von christlichen Haltungen und Wer- einzusetzen. Der Vereinsvorstand freut sich ten geschieht. Das ifz soll ein Ort sein, an dem daher umso mehr, das von Helmut P. Gaisbauer Forschung mit Blick auf die Fragen für ein ge- iniziierte Projekt „Resiliente Gemeinschaften“ lingendes Leben möglich ist, ein Ort, der sich fördern zu dürfen. in verschiedenen gesellschaftlichen Feldern für die Würde des Menschen und gerechte Struk- Neben Buchpräsentationen, Fachartikeln und turen einsetzt. öffentlichen Veranstaltungen überzeugt das ifz schon seit vielen Jahren mit fachlich fundierter Ihre wohlwollende Begleitung und Ihr finanzi- Arbeit. Auch machte es sich mit dem Schwer- eller Beitrag helfen dem Internationalen For- punkt Sozialethik im wahrsten Sinne des Wor- schungszentrum für soziale und ethische Fra- tes einen Namen. gen, den Dialog von Glaube und Wissenschaft zum Nutzen der Menschen weiter zu führen. Gerade in aufgewühlten und oft hilflos wir- Sie tragen dazu bei, dass die in Artikel 5 des kenden Zeiten braucht es Perspektiven für die Grundgesetzes garantierte Freiheit der Wis- Zukunft. Es braucht Wissenschaftlerinnen und senschaft gelebt und zum Wohl der ganzen Wissenschaftler, es braucht Institutionen und Gesellschaft wirksam werden kann. Organisationen, die besonnen abwägen, die Argumenten Kraft verleihen und einen tat- Sehen wir mit Weitblick und Offenheit in die sächlichen Konsens schaffen können. Das ifz Zukunft! 6
SUSANNE LIEDAUER Geographie, Latein, Psychologie RESILIENTE GEMEINSCHAFTEN WAS GEMEINSCHAFTEN IM ANGESICHT VON KRISEN ZUSAMMENHÄLT Susanne Liedauer „Aufstehen, wenn man am Boden liegt“ – Im Rahmen des Forschungsprojekts „Resiliente studierte Geographie und Latein diese Kompetenz wird in aller Regel einzelnen Gemeinschaften“ spüren wir diesen kollekti- (Lehramt). Derzeit absolviert Menschen zugeschrieben oder abverlangt. Ihr ven Formen des „Wiederaufstehens“ nach. Als sie ein Psychologiestudium in unmittelbares Lebensumfeld bleibt in diesem Ausgangspunkt hierfür dient das Zeltfestun- Salzburg. Sie engagiert sich Zusammenhang häufig unterbelichtet. Dabei glück von St. Johann am Walde (OÖ), bei dem in der Nachhaltigkeitslehre spielen soziale Netzwerke und Gemeinschaf- zwei Menschen zu Tode kamen. Die Studie be- und -kommunikation. Ihr ten – wie Familie, Freundschaften, lokale Ein- leuchtet die gemeinschaftlichen Erfahrungen Forschungsinteresse gilt der richtungen und Initiativen – nicht nur für die mit und nach diesem Schicksalsschlag auf der Entfaltung individueller Widerstandskraft – Grundlage von Betroffeneninterviews. Verknüpfung intrapersoneller eine gewichtige Rolle. Handlungsperspektiven mit Ein zweiter Fokus liegt auf dem sozialen Hilfs- soziologischen Zusammenhängen. Diese Hilfssysteme sind zunehmend auch system in der Stadt Salzburg und dessen Um- selbst durch Krisen belastet. Das zeigen Ex- gang mit den Herausforderungen der Covid- tremwettereignisse, Terroranschläge oder 19-Pandemie. In dieser Studie wurde nicht nur nicht zuletzt die Corona-Pandemie auf bedrü- erhoben, welche Auswirkungen die Pandemie- ckende Weise. Gleichzeitig lässt sich infolge situation auf das soziale Hilfssystem hat, son- tragischer Ereignisse oft ein besonderer Sinn dern auch wie sie jene Menschen trifft, die bei für den Wert von Gemeinschaft beobachten. den Einrichtungen des Hilfssystems Beratung, 8
Umgang mit dem Unerbittlichen: Was macht Gemeinschaften resilient? Betreuung und Unterstützung suchen. Mithilfe Tagesstruktur, Probleme beim Finden oder Be- eines Onlinefragenbogens wurden von Febru- halten der Arbeitsstelle und psychische Prob- ar bis März 2021 Daten von 94 Einrichtungen leme. Auch „Wachstumspotenziale“ des Hilfs- gesammelt. Die Ergebnisse der Auswertung systems, wie die zunehmende Digitalisierung sind in einem Zwischenbericht zusammenge- von Beratungs- und Betreuungsangeboten fasst (zu finden auf der ifz-Homepage). sowie deren Grenzen wurden sichtbar – nicht jede Person verfügt über digitale Medien und Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Definiti- Mittel, um die Angebote auch entsprechend on eines „sozialen Hilfssystems für die Stadt wahrnehmen zu können. Die Pandemie wirkte Salzburg“ ein Novum. Dafür wurden die ent- gewissermaßen wie ein Vergrößerungsglas, sprechenden Einrichtungen aufgelistet und unter welchem die Stärken und Schwächen nach „Art der Not“, welche diese zu lindern des sozialen Hilfssystems, seiner Einrichtun- Gefördert vom Verein der versuchen, kategorisiert. Es konnte festge- gen und den betreuten KlientInnen sichtbar Freunde des ifz e.V. stellt werden, dass die Pandemie zu einer wurden. Verschlechterung des Wohlbefindens und der Lebenslagen von KlientInnen der sozia- In den nächsten Monaten werden ausgewähl- len Hilfseinrichtungen beigetragen hat – vor te Fragen und Themen weiter vertieft und allem durch soziale Isolation, eine fehlende Ende 2021 in einem finalen Bericht vorgestellt. 9
BIRGIT BAHTIC-KUNRATH Politikwissenschaft FÜR EINEN RESPEKTVOLLEN AUSTAUSCH AUF AUGENHÖHE ZWISCHEN MENSCHEN MIT UND OHNE MIGRATIONSGESCHICHTE OPPORTUNITIES: NEUES KRISENNARRATIV FÜR EUROPA Birgit Bahtic-Kunrath Seit März 2021 ist das ifz Teil eines Konsor- laufenden Projekts am ifz konnten die drei tiums, bestehend aus 14 wissenschaftlichen Wissenschaftlerinnen Birgit Bahtic-Kunrath, studierte Politik- Einrichtungen und NGOs, die gemeinsam das Fatemeh Rezaee und Mona Röhm gewonnen wissenschaft und absolvierte ein Horizon2020-Projekt „Crises as Opportuni- werden. Masterstudium in Menschenrechte ties: towards a Level Telling Field on Migration und Demokratisierung. Welche Ziele verfolgt OPPORTUNITIES? and a New Narrative of Successful Integrati- Ihre Forschungsinteressen on“ (kurz: OPPORTUNITIES) umsetzen – ein Die Flucht- und Migrationsbewegungen in liegen in den Bereichen soziale Projekt, dass sowohl gängige Krisennarrative den Jahren 2015 und 2016 haben einen all- Grundrechte, Demokratie und im Bereich von Migration wissenschaftlich auf- gegenwärtigen Krisendiskurs in Europa an- politische Partizipation, Integration arbeitet, als auch diesen Narrativen mit der gestoßen: Migration als Krise von Identi- und Umwelt. Schaffung eines neuen Dialogformats prak- tät, staatlicher Steuerungsfähigkeit und tisch entgegentreten will. Verteilung, die folglich in eine Krise Europas mündet. RechtspopulistInnen und mediale OPPORTUNITIES ist auf mehreren Ebenen ein Darstellungen, die Migration und Integrati- herausragendes Projekt; nicht nur, indem es on vor allem als Problemfelder bearbeiten, Wissenschaft und Praxis miteinander verbin- treiben diesen Diskurs zusätzlich voran. Eu- det, sondern weil es zahlreiche Perspektiven ropa wird in der Öffentlichkeit in Folge als zu Migration und Integration gezielt in einen krisenanfälliges Gebilde wahrgenommen, Dialog miteinander bringt: So finden sich im welches für das „Problem Migration“ keinen Konsortium Einrichtungen aus afrikanischen adäquaten Umgang findet. Die Krise wird Ländern („countries of origin“), Ankunftsstaa- zum übermächtigen Narrativ, welches anti- ten („countries of transit“) und Zielländern europäische und anti-humanitäre Einstellun- („countries of destination“), in denen Debat- gen befeuert – und schließlich unsere hu- ten zu Migration und Integration unterschied- manitären Werte zunehmend in Frage stellt. lich verlaufen. Für die Umsetzung des bis 2025 OPPORTUNITIES setzt der aktuellen Krisen- 10
FATEMEH REZAEE, Bildungswissenschaft (li.) MONA RÖHM, Kultur- und Sozialanthropologie (re.) Fatemeh Rezaee studierte Bildungsmanagement an der Universität Alzahra im Iran. rhetorik ein neues Narrativ entgegen, welches Die Cross-Talks zielen darauf ab, in einem par- In Salzburg absolviert sie derzeit die unterschiedlichen Perspektiven auf Mig- tizipativen Ansatz gemeinsam mit MigrantIn- ein PHD-Studium in Erziehungs- ration nicht nur zulässt, sondern faire Bedin- nen, StakeholderInnen und BürgerInnen ein wissenschaften.Ihre Forschungs- gungen für einen gegenseitigen Austausch neues Integrations- und Migrationsnarrativ zu interessen liegen in den Bereichen schafft – ein sogenanntes „Level Telling Field“. entwickeln. Dialog, gegenseitiges Verständnis, Bildung und Gender. Dieses erzeugt einen Raum für einen Dialog Zuhören sowie Vertrauen zählen zu den we- auf Augenhöhe zwischen Menschen mit und sentlichen Pfeilern der Cross-Talks. Ziel ist es, ohne Flucht- oder Migrationsgeschichte. So durch den wertschätzenden Austausch einen Mona Röhm sollen die aktuellen Krisennarrative überwun- Pespektivenwechsel bei den TeilnehmerInnen studierte Kultur- und Sozial- den werden und humanitäre Aspekte stärker anzuregen, durch künstlerische Visualisierung anthropologie in Wien. Derzeit die öffentliche Debatte prägen. (Theaterproduktionen) ein breites Publikum zu schreibt sie ihre Dissertation zum erreichen und durch konkrete Empfehlungen Thema Intime Beziehungen/ Konkret werden dafür zwei große Ansätze politische Entscheidungen und gesellschaftli- Migration in Salzburg. miteinander verbunden: Zum einen findet che Veränderungen anzustoßen, die nicht im Ihre Forschungsinteressen eine wissenschaftliche Aufarbeitung der mi- Vorhinein festgelegt sind. umfassen Themen wie Migration, grations- und europakritischen Diskurse der vergangenen Jahre statt. Hierfür werden so- Gemeinsam mit den Ergebnissen der empiri- gesellschaftliche Normen, intime wohl veränderte Einstellungen der europä- schen Forschung in OPPORTUNITIES werden Beziehungen und Geschlecht. ischen Bevölkerung zu Migration statistisch so neue Grundlagen für positive Narrative zu analysiert, als auch eine qualitative Medien- Migration, Integration und Europa gelegt und analyse durchgeführt, um den europäischen ein Beitrag zu einem guten Miteinander ge- Diskurs zu Migration möglichst breit zu erfas- schaffen – eine zentrale Voraussetzung für ein sen. Zum anderen sollen sogenannte „Cross- geeintes Europa der Zukunft, welches Men- Talks“ als innovatives Format einen Raum für schen verschiedener Herkunft eine gemeinsa- inklusive Erzählungen zu Migration schaffen. me Heimat bietet. 11
ANGELIKA EISL Soziologie MENTORING-PROJEKT „LERNEN MACHT SCHULE“ EIN JAHR VOLLER VERÄNDERUNGEN UND ERFOLGE Angelika Eisl Im vergangenen Jahr wurde Schülerinnen und Trotzdem ließen sich die Lernbuddys nicht un- studierte Soziologie in Salzburg Schülern so einiges zugemutet. Die Einschrän- terkriegen und passten sich den Umständen und war als sozialpädagogische kungen aufgrund der Pandemie betrafen an. Die Treffen fanden online oder über das Lernbetreuerin beim Land junge Menschen und sozial benachteiligte Fa- Mobiltelefon statt. Wenn das Wetter es zuließ, Salzburg tätig. Sie koordiniert mit milien besonders hart. Auch beim Mentoring- trafen sich die Studierenden mit ihren Lernkin- Suzana Antonijevic (Caritas) als Projekt „Lernen macht Schule“ war der Bedarf dern im Freien. Die Online-Treffen beschränk- wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer zusätzlichen Unterstützung - sowohl ten sich meist auf das schulische Lernen. Per- das Mentoring-Projekt „Lernen von Seiten der Schulen als auch von Seiten der sönliche Gespräche oder gemeinsamer Spaß macht Schule“ am ifz. Parallel dazu Eltern - so hoch wie noch nie. So arbeiten wir kamen im Online-Modus manchmal zu kurz. absolviert sie an der FH Salzburg seit Herbst 2020 neben der NMS Schlossstras- Das zeigt, wie wichtig der persönliche Kontakt den Masterlehrgang „Soziale se und der NMS Campus Mirabell nun auch für den Aufbau und den Erhalt einer gelun- mit der NMS Maxglan 2 zusammen. Die Zahl genen Lernbeziehung ist. Dennoch können Innovation“. der Lerntandems hat sich mehr als verdoppelt. Handy oder Internet auch eine Bereicherung sein. Für viele Kinder und Studierende ist das Corona hat bei „Lernen macht Schule“ eini- Arbeiten mit Mobiltelefon oder mittels Online- ges verändert. Viele Aktivitäten oder persönli- Meetings alltäglich geworden. Die Kinder kön- che Treffen konnten nicht mehr wie gewohnt nen ihre Lernbuddys nun schneller erreichen, durchgeführt werden. Hinzu kam eine ständi- wenn sie beispielsweise Unterstützung bei ge Unsicherheit, ob und wie geplante Aktivi- einer Hausübung brauchen. Ein einfacher und täten tatsächlich umgesetzt werden können. niederschwelliger Kontakt ist damit möglich. Immer wieder kam es vor, dass Kinder oder Studierende in Quarantäne mussten. Auch Ehrenamt in Krisenzeiten allgemeine Einschränkungen wie Lockdowns Die Studierenden engagieren sich bei „Ler- oder Schulschließungen forderten die Studie- nen macht Schule“ ehrenamtlich. Sie sind sich renden und ihre Lernkinder. ihrer privilegierten Lage bewusst und wollen 12
Gemeinsame Aktivitäten fördern gelingendes Lernen und Gemeinschaft. Kindern und Jugendlichen mit sozialen Benach- konnten und sich die Studierenden und die teiligungen von ihrer Zeit und ihrem Wissen Kinder sicher fühlten. Die Mühe hat sich ge- schenken, ihnen etwas zurückgeben. Dieses lohnt: Das Ferienpicknick in Hellbrunn oder Bewusstsein ist im vergangenen Jahr stark ge- der Spielenachmittag am Mönchsberg waren stiegen. Seit Herbst 2020 haben sich so viele besondere Highlights für alle Beteiligten. Und Lernbuddys für das Projekt beworben wie noch statt des gemeinsamen, traditionellen Kekse- nie. Insgesamt engagierten sich 56 Studieren- backens in der ifz-Küche kurz vor Weihnach- de. Zwei Mal im Semester findet eine Gruppen- ten besuchten die Tandems gemeinsam das Supervision mit August Heidl statt. Hier haben Haus der Natur. die Studierenden die Möglichkeit, über ihre Lernbeziehung zu reflektieren und neue Strate- Wissenschaftliche Begleitung gien zu erarbeiten. Im vergangenen Jahr wurde Glücklicherweise gibt es mittlerweile viele diese online über Zoom abgehalten. Mentoring-Projekte, die sich um Kinder und Jugendliche kümmern, die Hilfe benötigen. Sie Gemeinsame Aktivitäten alle kämpften und kämpfen noch immer mit Gemeinsame Aktivitäten wie erlebnispäda- den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Um gogische Spielenachmittage sind für den Be- die Lernerfahrungen des vergangenen Jahres ziehungsaufbau von großer Bedeutung. Ge- zu sammeln, befragten wir zahlreiche Mento- meinsames Entdecken, Rätseln und Erleben ring-Projekte aus Salzburg über ihre Erfahrun- fördert auf spielerische Art und Weise eine ge- gen mit Digitalisierung und Betreuungsange- lingende Lernbeziehung. Das dabei entstehen- boten während der Pandemie. Die Ergebnisse de Gemeinschaftsgefühl ist ein wertvoller Teil dieser Befragung sollen Hinweise geben, wo des Projekts. Daher wurden Veranstaltungen Potenziale und Herausforderungen in einer und Aktivitäten so geplant, dass alle Vorgaben digitalen Mentoring-Betreuung bestehen und und Corona-Maßnahmen eingehalten werden wie ein guter Umgang damit aussehen kann. 13
ELISABETH BUCHNER Politikwissenschaft und Soziologie WISSENSCHAFTLICHE BEGLEITUNG „SALZBURGER STUFENMODELL ZUM AUFBAU DER ARBEITSFÄHIGKEIT“ FÜR EIN BESSERES LEBEN Elisabeth Buchner Seit 2018 begleitet das ifz soziale Projekte, die Perspektive wird durch einen schriftlichen Fra- studierte Politikwissenschaft armuts- und ausgrenzungsbetroffene Men- gebogen sowie Interviews und Gruppendis- und Soziologie an schen in komplexen Problemsituationen durch kussionen laufend erhoben. Das Ziel ist, mög- der Universität Salzburg. ein individuell angepasstes Vorgehen unter- liche Wirkungen der Projektteilnahme auf die Ihre Forschungsinteressen liegen stützen. Ziel ist es, ihre Lebenssituation zu ver- Lebensqualität und persönlichen Fähigkeiten im Grenzbereich zwischen bessern und ihre Arbeitsfähigkeit zu stärken. differenziert zu messen. Auch wollen wir he- Soziologie, Politikwissenschaft und rausfinden, welche Faktoren ausschlaggebend Philosophie, mit Schwerpunkt auf Diese Projekte sind Teil des „Salzburger Stu- sind, damit die Projekte eine positive Verände- fenmodells zum Aufbau der Arbeitsfähigkeit“, rung im Leben der Betroffenen bewirken. Erste der Verbindung von empirischer welches vom Land Salzburg auf Basis einer Stu- Ergebnisse wurden 2020 in zwei wissenschaft- Sozialforschung und die des ifz entwickelt wurde. Zielgruppe sind lichen Zeitschriften publiziert.* angewandter Ethik. Personen, die aufgrund verschiedener Fakto- ren ein höheres Risiko für Arbeitslosigkeit und Seit 2021 beforschen wir auch das Netzwerk soziale Ausgrenzung haben. Im Stufenmodell rund um die Projekte und befragen Mitarbei- sollen sie je nach Art und Ausmaß des Unter- terInnen der zuständigen Behörden und an- stützungsbedarfs ein für sie passendes Projekt derer Projekte über ihre Einschätzung des Stu- vorfinden, von dem aus auch ein Übergang in fenmodells. Ebenso untersuchen wir die Aus- die anderen Angebote erfolgen kann. wirkungen der Pandemie und die Reform der Mindestsicherung auf die Lebenssituation der Die Begleitforschung durch das ifz bezieht Betroffenen und bestehende Projekte. Die For- sowohl die TeilnehmerInnen an den Projek- schungsergebnisse werden bis November 2022 ten als auch die MitarbeiterInnen mit ein. Ihre in einem Bericht publiziert. *Buchner, E./Gaisbauer H. P. (2020). Aufbau der Arbeitsfähigkeit und Erhöhung von Verwirklichungschancen. Evidenzen aus der Arbeit mit BMS-BezieherInnen im Salzburger Stufenmodell. SWS-Rundschau, Heft 2/2020, S. 189–210 *Buchner, E./Gaisbauer H. P. (2020). Unterstützungsangebote für arbeitsmarktferne MindestsicherungsbezieherInnen: Chancen und Barrieren. WISO, 43(2), S. 53–70 14
WISSENSCHAFTLICHES BEGLEITPROJEKT: REGIONALE FRAUENFOREN HINHÖREN: FRAUEN IN DER KIRCHE Die Mehrheit der haupt- und ehrenamtlichen und ehrenamtlicher Aufgabenbereiche kom- MitarbeiterInnen in der Erzdiözese Salzburg men miteinander ins Gespräch, sie reflektie- sind Frauen. Für die Gestaltung der Kirche der ren, was sie zur Arbeit für die Kirche bewegt Zukunft ist es daher von großer Bedeutung, und was sich in der Kirche bewegen sollte. Die- die Lebenssituation und Anliegen kirchlich en- ser Dialog ist wichtig, handelt es sich doch um gagierter Frauen zu kennen und aufzugreifen. sehr unterschiedliche Gruppen, die oft wenig 2018 führten wir im Rahmen des Zukunfts- voneinander wissen – von Pastoralassistentin- prozesses der Erzdiözese Salzburg eine Inter- nen, über Religionslehrerinnen bis hin zu Frau- viewstudie mit Frauen, die in der Erzdiözese enorden oder weiblichen Pfarrgemeinderats- tätig sind, durch. Das Projekt hatte zum Ziel, mitgliedern, um nur einige zu nennen. Themen zu identifizieren, die einer vertieften Auseinandersetzung bedürfen. Insgesamt werden fünf regionale Frauenfo- ren 2022 in der Stadt Salzburg, Salzburg Um- Aktuell arbeiten wir zusammen mit der Diöze- gebung, Innergebirge und im Tiroler Anteil sanen Frauenkommission (DFK) am Folgepro- der Diözese durchgeführt. Vorbereitend dazu jekt „Regionale Frauenforen“. Es geht darum, führen die Mitglieder der DFK Interviews mit die Themen der ersten Studie durch weitere Frauen, die gut regional vernetzt sind und Erhebungen zu vertiefen und diese an die Di- Multiplikatorinnen-Funktion haben. Wir am özesanleitung zu kommunizieren. Außerdem ifz begleiten die Konzeption und Umsetzung soll die regionale Vernetzung gestärkt werden: und sind für die Auswertung und Ergebnissi- Kolleginnen unterschiedlicher Berufsgruppen cherung verantwortlich. 15
FABIAN MATTHIAS KOS Philosophie und Geowissenschaften ANERKENNUNG, CHANCENGERECHTIGKEIT UND GEGENSEITIGE UNTERSTÜTZUNG EINE KATHOLISCHE KIRCHE DER FRAUEN ZUR PERSON Wie kann es gelingen, den besonderen Le- Diversitätsdebatte im Nonprofit-Sektor bezo- bensbedingungen und Anliegen von Frauen gen und vor diesem Hintergrund reflektiert. Fabian Matthias Kos im Kontext der Kirche besser gerecht zu wer- studierte Philosophie und Geo- den? Welche Maßnahmen sind erforderlich, Der zweite Teil der Studie beschäftigt sich da- wissenschaften in Wien und Rom. damit sie ihre Potenziale im Rahmen eines rauf aufbauend mit Erfahrungen zur Umset- Er arbeitete unter anderem für das beruflichen oder ehrenamtlichen Engage- zung einschlägiger Maßnahmen in der Praxis. Messerli Forschungsinstitut an der ments bestmöglich entfalten können? Was Zu diesem Zweck wurden rund 20 qualitative Vetmeduni Wien. Am ifz ist er für braucht es für eine inklusive Atmosphäre von Interviews mit ExpertInnen aus dem kirchlichen verschiedene Forschungs- und Ver- Anerkennung, Chancengerechtigkeit und ge- und außerkirchlichen Bereich geführt. Das Ziel mittlungsprojekte im Bereich der genseitiger Unterstützung? Das ifz wendet dieser Gespräche lag darin, herauszufinden, angewandten Ethik verantwortlich. sich diesen zukunftsweisenden Fragen im welche Zugänge sich als besonders wirksam Auftrag der Österreichischen Pastoralkom- hinsichtlich Gleichstellung erweisen und wel- mission (PKÖ) aus einer doppelten Perspek- che formellen und informellen Voraussetzun- tive zu. gen dabei eine Rolle spielen. Durch das breite Spektrum an InterviewpartnerInnen wird hier Grundlage für das Forschungsprojekt ist der Vielfalt an Stimmen und Interessen beson- eine Dokumentenanalyse. Diese gibt anhand derer Raum gegeben. Die Ergebnisse der Studie von diözesanen Leitbildern und Statuten der dienen der Pastoralkommission als Grundlage Frauenkommissionen einen Überblick über für konkrete Vorschläge an die Österreichische die strukturellen Gleichstellungsbemühun- Bischofskonferenz, um ein höheres Maß an gen innerhalb der katholischen Kirche. Die Gleichstellung von Männern und Frauen in der Befunde werden punktuell auf die laufende Kirche Österreichs zu erreichen. 16
RÜCKBLICK UND AUSBLICK 17
RÜCKBLICK UND AUSBLICK Von links: Katharina Mader, Markus Pausch und Monika Pietrzak-Franger GESPRÄCHS- UND DISKUSSIONSREIHE „KRISE ALS CHANCE“: WAS GEMEINSCHAFTEN RESILIENT MACHT UND ENTWICKLUNGSFÄHIG HÄLT Es ist gegenwärtig offen, ob und wie die Markus Pausch. Er gab einen anschaulichen Den dritten und abschließenden Vortrag der Coronapandemie unser gesellschaftliches Überblick über die jüngere Geschichte der Reihe gestaltete Ende Juni 2021 die Ökono- Selbstverständnis auf lange Sicht prägen Demokratie in Österreich und Europa. Darauf min Katharina Mader. Sie nahm die aktuellen wird. Das führt zu Diskussionsbedarf: Was aufbauend machte er deutlich, wie deren la- Krisenerfahrungen zum Anlass, um die wirt- können wir aus der Krise lernen? Was sollte tente Krise durch akute Krisen verstärkt wird. schaftliche und soziale Situation von Frauen uns zum Nachdenken bringen? Was wollen In der Diskussion mit den Teilnehmenden be- in den Fokus zu rücken und kam dabei über wir in Zukunft beibehalten oder verändern? leuchtete er mögliche Innovationspotenzia- geschlechtergerechte Wege aus der Pande- Mit diesen Fragen beschäftigten wir uns in le und die Bedeutung zivilgesellschaftlichen mie ins Gespräch. der von der Österreichischen Gesellschaft für Engagements. Politische Bildung (ÖGPB) geförderte Diskus- Weitere Informationen und Videos zur Veran- sionsreihe „Krise als Chance? Was Gemein- Die Kulturwissenschaftlerin Monika Pietrzak- staltungsreihe „Krise als Chance?“ finden Sie schaften resilient macht und entwicklungsfä- Franger zeigte in ihrem Beitrag, wie die bild- auf unserer Homepage www.ifz-salzburg.at hig hält“. Jede der drei Veranstaltungen war hafte Darstellung des Coronavirus unser Den- und auf unseren YouTube-Kanal. einem eigenen Schwerpunkt gewidmet. ken darüber prägt. Gemeinsam mit dem Pu- blikum diskutierte sie, welche Konsequenzen Eröffnet wurde die Reihe im April 2021 daraus für eine verantwortungsvolle Nutzung mit dem Salzburger Politikwissenschaftler sozialer Medien folgen. 18
RÜCKBLICK UND AUSBLICK WEGWEISER FÜR MENSCHEN IN NOTSITUATIONEN FÜR WESTÖSTERREICH DER SOZIALROUTENPLAN WIRD DIGITALISIERT Bis zu 300.000 Menschen sind in Westöster- Leitung von Andreas Exenberger (Universität reich (Tirol, Vorarlberg, Salzburg) von Armut Innsbruck) erstellt wird. Dieses Forschungspro- und Ausgrenzung betroffen. Durch die Covid- jekt wird durch eine Förderung der Österreichi- 19-Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer schen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) Eindämmung wird diese Zahl in den kommen- ermöglicht. den Jahren vermutlich steigen. Hinzu kommt, dass oftmals nur wenig Wissen über beste- Im Fokus stehen dabei die unmittelbaren Be- hende Sozialeinrichtungen vorhanden ist und dürfnisse und Lebenssituationen von Men- die Scham ob der eigenen Situation die In- schen, die sich in Notsituationen oder am Rand anspruchnahme von sozialen Hilfsleistungen der Gesellschaft befinden, und Unterstützung behindert. durch das soziale Hilfssystem benötigen. Durch die Einbindung von Betroffenen ist es möglich, Informationsbroschüren über bestehende An- die wichtigsten Grundprinzipien des Projekts, gebote gibt es bereits in analoger Form, wie nämlich Nicht-Diskriminierung, Barrierefreiheit etwa den vom ifz im Jahr 2019 herausgege- und Usability proaktiv auszuführen. Das ifz benen Sozialroutenplan für die Stadt Salzburg. übernimmt dabei die wissenschaftliche Analy- In Reaktion auf die allgemein zunehmende se sowie die Begleitung des Prozesses im Bun- Digitalisierung des alltäglichen Lebens ent- desland Salzburg (Gestaltung und Planung von steht bis April 2024 nun auch ein digitaler So- Workshops, Vernetzung mit Sozialeinrichtun- zialroutenplan, der von fünf wissenschaftli- gen) und steuert gemeinsam mit dem Zentrum chen Instituten, 14 Sozialeinrichtungen und für Ethik und Armutsforschung der Universität drei Unternehmen aus der IT-Branche unter Salzburg (ZEA) seine fundierte Expertise bei. Zentrum für Ethik und Armutsforschung 19
BUCH Die Autoren (von links): Wilhelm Blum, Hel- mut P. Gaisbauer und Clemens Sedmak SUBSIDIARITÄT ALS GRUNDLAGE MENSCHLICHEN ZUSAMMENLEBENS Der Begriff der Subsidiarität ist laut der Autoren Wilhelm Blum, Helmut P. Gaisbauer und Clemens Sedmak ein moderner Begriff für ein uraltes Prinzip. Die Brockhaus-Enzyklopädie beschreibt den bei dem drei Nichtregierungsorganisationen im Begriff im Groben so: Das, was der Einzelne Einvernehmen mit der italienischen Regierung aus eigener Initiative leisten kann, darf ihm 500 Menschen von einem äthiopischen Flücht- nicht entzogen und der Gemeinschaft über- lingslager nach Italien brachten. Der Politik- tragen werden. Andererseits ist aber diese Ge- wissenschaftler Helmut P. Gaisbauer berichtet meinschaft im Bedarfsfalle zur Hilfeleistung über das 2015 ins Leben gerufene Bildungspro- verpflichtet. Erst wenn die untere Ebene nicht gramm für Kinder im rumänischen Dumbraveni mehr kann oder will, soll die nächsthöhere – (Elisabethstadt), das zum Ziel hat, Kinder aus eben subsidiär – eintreten. Dieser Grundge- ihrer drückenden Armut und ihrer existenziel- danke gilt für viele Bereiche des alltäglichen len Bildungsarmut zu befreien. Lebens: Familie, Gemeinde, Land bis hinauf zur höchsten Ebene, zum Abstraktum Staat. Wilhelm Blum legt das theoretische Fundament dieses Bandes: Dabei springt er zwischen den Das Buch „Subsidiarität“ besteht aus drei Tei- Zeiten und Orten hin und her. Er zitiert Homer len. Clemens Sedmak und Helmut P. Gaisbauer und Franz Grillparzer, den Apostel Paulus und widmen sich in ihren Beiträgen der Armutsfor- Lenin. Und er beweist damit, dass das Prinzip schung. So behandelt der Philosoph und Theo- der Subsidiarität allumfassend und menschlich loge Clemens Sedmak in seinem Fallbeispiel ist und sich auch heute noch als Grundlage un- jenen im Jahr 2017 vereinbarten Fluchtkorridor, seres menschlichen Zusammenlebens erweist. 20
WIR BEGRÜSSEN Birgit Bahtic-Kunrath Susanne Liedauer Fatemeh Rezaee Mona Röhm Sie studierte Politikwissen- Sie ist seit Dezember 2020 als Sie studierte Bildungsmanage- Die Kultur- und Sozialanth- schaft und absolvierte wissenschaftliche Mitarbei- ment an der Universität Al- ropologin schreibt derzeit als anschließend ein Master- terin im Projekt „Resiliente zahra im Iran und arbeitete als wissenschaftliche Mitarbei- studium in Menschenrechte Gemeinschaften“ am ifz Forschungsassistentin an der terin der Universität Salzburg und Demokratisierung. Ihre in Salzburg tätig. Susanne Farhangyian Universität. Ihr ihre Dissertation zum Thema Dissertation verfasste sie an Liedauer studierte Geographie Schwerpunkt lag auf Gender Intime Beziehungen/Migra- der Universität Salzburg und und Latein an der Paris Lodron und Bildung. Seit vier Jahren tion. Zuvor arbeitete sie unter der Universität Sarajewo. Universität Salzburg. Derzeit lebt Fatemeh Rezaee in Öster- anderem am Institut für Stadt- Birgit Bahtic-Kunrath leitete absolviert sie ein Psychologie- reich. Derzeit absolviert sie ein und Regionalforschung der unter anderem die Geschäfte studium, ebenfalls in Salzburg. PHD-Studium an der Univer- Österreichischen Akademie der Österreichischen Gesell- Ihr Forschungsinteresse gilt sität Salzburg am Fachbereich der Wissenschaften. Mona schaft für Politikwissenschaft der Verknüpfung intraper- Erziehungswissenschaften. Röhm ist seit April 2021 wis- und arbeitete als wissen- soneller Handlungsperspek- Im April 2021 startete sie als senschaftliche Mitarbeiterin schaftliche Mitarbeiterin an tiven mit interpersonellen wissenschaftliche Mitarbeite- am ifz. Im Horizon 2020 Pro- der Robert-Jungk-Bibliothek und damit soziologischen rin im Horizon 2020 Projekt jekt „Crises as Opportunities“ für Zukunftsfragen. Seit April Zusammenhängen. Diesen „Crises as Opportunities“ am ist sie für die Entwicklung der 2021 ist sie wissenschaftliche Zugang bringt sie sowohl in ifz. Neben dieser Tätigkeit passenden Methodologie und Mitarbeiterin am ifz. Ihre die Nachhaltigkeits- als auch arbeitet sie weiterhin für SAFI, deren Umsetzung verantwort- Forschungsinteressen liegen in in die Resilienzforschung ein. ein Projekt, das Frauen dabei lich. Ihre Forschungsinteres- den Bereichen soziale Grund- Eine philosophische Grund- unterstützt, ihre Situation zu sen umfassen Themen wie rechte, Demokratie und politi- haltung ist in ihren Zugängen stabilisieren und ein unabhän- Migration, gesellschaftliche sche Partizipation, Integration omnipräsent. giges und autonomes Leben Normen, intime Beziehungen, und Umweltthemen. zu führen. Geschlecht. 21
PRESSESPIEGEL Zeltfest-Drama wissenschaftlich analysiert Forschungsprojekt: Das ifz beschäftigt sich mit Krisen und resilienten Gemeinschaften VON LISA PENZ erfahrene Krise kann trennen, sie kann aber auch einen“, sagt der ifz- SANKT JOHANN AM WALDE. August Präsident. Was waren die größten 2017. Die Vorbereitungen in Frau- Herausforderungen? Wie sind die schereck laufen, wie jedes Jahr lädt Menschen an die Aufgabe herange- die Feuerwehr zum beliebten Fest. gangen? Wie aus ihr heraus gekom- Keiner ahnt, was sich in der Nacht men? Das Forschungsteam habe des 18. August ereignen wird. Kei- zu diesen Fragen konstruktive und ner sieht kommen, dass tags da- vertrauensvolle Gespräche mit Be- rauf in St. Johann nichts ist, wie es troffenen geführt und einen guten war. Als sich gegen 22.30 Uhr or- Einblick gewonnen, sagt Gaisbau- kanartige Böen näherten, war das er. Fest in vollem Gange. Was folgte, ist OÖNACHRICHTEN bekannt. Das Zelt stürzte ein. Es Parallelen zu Coronakrise Elisabeth Buchner (ifz-Wissenschafter), Fabian Kos (ifz-Wissenschafter), Diakon Anton Baumkirchner, Helmut P. Gaisbauer ,, gab zwei Tote, Dutzende Schwer- Krisen führen die Menschen an die (ifz-Präsident ), Margareta Strasser (ifz-Präsidiumsmitglied). Foto: ifz verletzte. Die Folgen sitzen in der Grenzen der Machbarkeit. Sie sind zu.“ Auch auf die Stärkung einer stände. Sie sind mit Orientierungs- Gemeinde bis heute tief. „Es sind Momente, die das Leben teilen, in ein Zuvor und ein Da- mit Leid und Schmerz verbunden. Was aber bedeutet das für Gemein- schaften? Auch sie können Krisen Gemeinschaft in „guten Zeiten“ wird ein Augenmerk gelegt. Dazu losigkeit, Schmerz und Verlust ver- bunden. Hier ist die Grenze des ● 12/2020 nach“, sagt Helmut Gaisbauer, Lei- erfahren, die zu leidvollen Lerner- zählt etwa ein reges Gemeindele- Versteh- und Kontrollierbaren er- „Es gibt Zeltfestunglück St. ter des Internationalen For- fahrungen zwingen. Um sie zu ben. reicht.“ schungsinstituts für soziale und überwinden, bedarf es an besonne- Im weiteren Verlauf der Arbeit Heuer im Mai wurde das For- gewisse Parallelen ethische Fragen (IFZ) in Salzburg. In ner, kompetenter Verantwortungs- wird auf Organisationen eingegan- schungsprojekt gestartet, bis Ende zwischen der einem Forschungsprojekt beschäf- träger. „Im Zentrum stehen immer gen, die in verschiedenen Situatio- nächsten Jahres sollen Erkenntnis- Corona-Krise und dem tigen sich Gaisbauer und sein Team mit der verhängnisvollen Nacht, die weit über die Gemeindegren- auch gewisse Personen, die Ver- trauen in der Gemeinschaft genie- ßen. In dem Fall Frauschereck sind nen Nothilfe leisten. Ein Schwer- punkt liegt dabei auch auf der Co- ronakrise. „Es gibt gewisse Paralle- se vorliegen. Die Idee, Frausche- reck in die Forschung miteinzubin- den, kam von ifz-Präsidiumsmit- Zeltfest-Unglück in St. Johann.“ Johann am Walde – zen hinaus bewegt. Sie gehen der das etwa der Bürgermeister, der len zwischen dem Vorfall in St. Jo- glied Margareta Strasser. Die Wis- Frage nach, was Gemeinschaften dabei hilft, unerbittliche Tragödien zu bewältigen. „Eine gemeinsam Pfarrer, der Feuerwehrkomman- dant. Ihnen kommt in der Krisen- bewältigung eine wichtige Rolle hann und der Herausforderung mit dem Coronavirus. In beiden Fällen handelt es sich um Ausnahmezu- senschaftlerin ist gebürtige Saiga Hanserin und mit der Gemeinde verwurzelt. ❚ Helmut Gaisbauer, Leiter des ifz Salzburg Resiliente Gemeinschaften SALZBURGER RUPERTUSBLATT, 04/2021 NACHRICHTEN 06/2020 Sind Krisen Chancen? Schutzbedürftig? Selbstbestimmt? Fabian M. Kos Fabian M. Kos SALZBURGER NACHRICHTEN, 06/2020 DERSTANDARD FORSCHUNG SPEZIAL, 10/2020 Großer und kleiner Zorn, Clemens Sedmak Elisabeth Buchner Geistesblitze 22
DANKE VIELEN DANK, DASS SIE UNS UNTERSTÜTZEN! SIE MÖCHTEN EINES DER IFZ-PROJEKTE UNTERSTÜTZEN, EINE PROJEKTPATENSCHAFT ÜBERNEHMEN ODER UNS MIT EINEM FORSCHUNGSPROJEKT BEAUFTRAGEN? Nehmen Sie Kontakt mit uns auf (office@ifz-salzburg.at) oder unterstützen Sie ein konkretes Projekt. Spenden können als Betriebs- oder Sonderausgabe steuermindernd geltend gemacht werden, da das ifz zum Kreis der spendenbegünstigten Einrichtungen zählt. Bankverbindung: Internationales Forschungszentrum Salzburger Landes-Hypothekenbank AG IBAN: AT37 5500 0000 0239 3128 BIC: SL HY AT 2S Für Spenden aus Deutschland: Spendenkonto des Deutschen Vereins der IMPRESSUM: Freunde des IFZ e.V. Herausgeber und Verleger: ifz. internationales forschungszentrum Deutsche Postbank AG für soziale und ethische fragen IBAN: DE46 7001 0080 0186 6098 07 mönchsberg 2a, 5020 salzburg, BIC: PB NK DE FF tel. 0043.(0)662.842 521.161. SPENDENABSETZBARKEIT Für den Inhalt verantwortlich: Mag.a Michaela Rohrauer Ihre Spende wird automatisch in Ihrer Veranlagung berücksichtigt. Voraussetzung dafür ist, dass wir die erforderlichen Daten an das Finanzamt melden. Damit eine eindeutige Identifika- Cover: Tarik Kizilkaya/istockphoto.com tion Ihrer Person beim Finanzamt möglich ist, benötigen wir Ihren Vor- und Zunamen sowie einmalig Ihr Geburtsdatum (Ihr Name muss gleich lauten, wie auf Ihrem Meldezettel). Fotos: ifz, Kolarik, Robert Maybach, ZUM SCHUTZ IHRER DATEN Konrad Pietrzak, Pamela Rußmann, unsplash.com Uns ist wichtig, dass Ihre Daten geschützt werden und gehen sorgsam damit um! Wir verarbeiten Ihre Daten ausschließlich auf Grundlage der gesetzlichen Bestim- mungen (DSVGO, TKG 2003). Lesen Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung unter www.ifz-salzburg/datenschutz. 23
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