AUF DEM WEG ZU EINER NACHHALTIGEN REGION - Leitlinien einer nachhaltigen Entwicklung für den Regierungsbezirk Arnsberg
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AUF DEM WEG ZU EINER NACHHALTIGEN REGION Leitlinien einer nachhaltigen Entwicklung für den Regierungsbezirk Arnsberg www.bra.nrw.de
Impressum Bezirksregierung Arnsberg Seibertzstraße 1 59821 Arnsberg Telefon 02931 82-0 Telefax 02931 82-2520 poststelle@bra.nrw.de www.bra.nrw.de Gefördert durch Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen gedruckt auf 100 % Recyclingpapier Titelbild: Adam und Eva im Irdischen Paradies, Öl auf Leinwand – Wenzel Peter, Karlsbad 1745 – Rom 1829, (Vatikanisches Museum, Inv. 41266) Foto Vorwort: Hans-Josef Vogel © Thomas Gaspirini
INHALT VORWORT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1. NACHHALTIGKEITSSTRATEGIEN VON DER INTERNATIONALEN BIS ZUR KOMMUNALEN EBENE – KONTEXT DER LEITLINIEN FÜR DEN REGIERUNGSBEZIRK ARNSBERG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.1 Grundprinzipien einer Nachhaltigen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.2 Agenda 2030 und Globale Nachhaltigkeitsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1.3 Nachhaltige Entwicklung in der EU. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1.4 Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.5 Nachhaltigkeitsstrategie Nordrhein-Westfalen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.6 Global Nachhaltige Kommunen im Regierungsbezirk Arnsberg. . . . . . . . . . 19 2. DER WEG ZU DEN LEITLINIEN EINER NACHHALTIGEN ENTWICKLUNG FÜR DEN REGIERUNGSBEZIRK ARNSBERG . . . . . . . . . . . . 22 2.1 Regierungsbezirk und Bezirksregierung Arnsberg im Portrait . . . . . . . . . . . 22 2.2 Regionalforum Regierungsbezirk Arnsberg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.3 Entwicklung von Leitlinien und strategischen Zielen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3. STRATEGISCHES ZIELSYSTEM DER NHS FÜR DEN REGIERUNGSBEZIRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3.1 Präambel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3.2 Nachhaltiges Wirtschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3.3 Klimaschutz & erneuerbare Energien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.4 Klimafolgenanpassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3.5 Nachhaltige Mobilität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3.6 Umwelt- und Naturschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3.7 Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 3.8 Nachhaltige Regionalverwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4. VERSTETIGUNG UND AUSBLICK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4.1 Verstetigung der Nachhaltigkeitsleitlinien in einen Kontinuierlichen Verbesserungsprozess. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4.2 Ausblick auf die Dekade der Umsetzung im Regierungsbezirk Arnsberg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 ANHANG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 GLOSSAR. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 ABBILDUNGSVERZEICHNIS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 LITERATURVERZEICHNIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 5
VORWORT Mit den „Leitlinien einer nachhaltigen Entwicklung für den Regierungsbezirk Arnsberg“ wollen wir das Potenzial der Region als Verstärker nachhaltigen Handelns von Städten, Gemeinden und Kreisen zur Entfaltung bringen. Wir wollen einen starken Beitrag leisten, die 17 Nachhaltigkeitsziele der „Agenda 2030“ der Vereinten Nationen in konkretes regio- nales Handeln umzusetzen. Wir orientieren uns dazu an der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen. Viele Maßnahmen zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele erfordern regionale Koordinierung und ein Zusammenwirken über administrative Grenzen hinweg. Nur so können sie bestmögliche Wirkung erzielen. Wichtige Maßnahmen bei- spielsweise zur Mobilität, regionalen Innovationsfähigkeit und Versorgung mit erneuerbaren Energien bedürfen regionaler Planung und Zusammenarbeit. Der schnelle klimagerechte Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft ist sicherlich jetzt und in den kommenden Jahren die größte gemeinsame Herausforderung für Gesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Staat. Die Bezirksregierung Arnsberg will hier eine strukturschaffende und verlässliche Kraft für die Region sein. Mit der Entwicklung dieser Leitlinien und den darin enthaltenen strategischen Zielen für den Regierungsbezirk Arnsberg starten wir ein neues Unterstützungs- system für nachhaltige Entwicklung vor Ort und in Nordrhein-Westfalen. Die Leitlinien verstehen sich dynamisch und setzen auf lernende Steuerungs-, Unterstützungs- und Umsetzungsprozesse. Über messbare Fortschritte wird des- halb regelmäßig zu berichten sein, damit alle Akteure ihr Handeln kontinuierlich verbessern können. In diesem Sinne freue ich mich auf Begegnung, Diskussion und Zusammenarbeit mit Bürgerinnen und Bürgern, Vertreterinnen und Vertretern von Kommunalpoli- tik und -verwaltung, von Wirtschaft, Wissenschaft und Institutionen in unserem Regierungsbezirk. Ich danke allen, die beruflich und ehrenamtlich an den Leitlinien mitgearbeitet haben. Hans-Josef Vogel Regierungspräsident 7
1. NACHHALTIGKEITSSTRATEGIEN VON DER INTERNATIONALEN BIS ZUR KOMMUNALEN EBENE – KONTEXT DER LEITLINIEN FÜR DEN REGIERUNGSBEZIRK ARNSBERG Das folgende Kapitel stellt einführend den Kontext der Erarbeitung der nachhal- tigkeitsorientierten Leitlinien und strategischen Ziele für den Regierungsbezirk Arnsberg vor. Hierzu wird zunächst auf zentrale Grundprinzipien einer Nachhalti- gen Entwicklung, an denen sich der Prozess orientierte, eingegangen. Im Zentrum steht hier die integrative Verknüpfung sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Belange auf der Grundlage der natürlichen planetaren Belastungsgrenzen. Ein entscheidendes Ziel des Prozesses besteht dabei in der vertikalen Integration der verschiedenen politischen Handlungsebenen. Abbildung 1: Vertikale Integration von Nachhaltigkeitsstrategien © LAG 21 NRW Bei der Entwicklung der Leitlinien und strategischen Ziele für den Regierungs- bezirk Arnsberg werden die Zielsetzungen auf globaler Ebene (Agenda 2030), des Bundes (Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie – DNS) und des Landes NRW (Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen – NHS NRW) systema- tisch über die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals – SDGs) integriert. Eine Nachhaltige Entwicklung auf regionaler Ebene leistet somit insgesamt einen Beitrag zur vertikalen Integration von Nachhaltigkeit und fördert sektorenübergreifendes Denken und Handeln. 9
1.1 Grundprinzipien einer Nachhaltigen Entwicklung Die im Rahmen des Prozesses entwickelten Inhalte zielen auf die Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung im Kontext der Agenda 2030 ab. Vor diesem Hintergrund orientieren sich die Inhalte an drei Grundprinzipien: 1.) Starke Nach- haltigkeit, 2.) Generationengerechtigkeit sowie 3.) Menschenrechte. Im Folgenden werden diese drei Grundprinzipien kurz vorgestellt. Starke Nachhaltigkeit Das Konzept der Starken Nachhaltigkeit (s. Döring/Ott 2008) geht von einer zeitlichen Konstanz des Naturkapitals aus, eine Substitution zwischen den Nach- haltigkeitsdimensionen – insbesondere des Naturkapitals über Sachkapital – ist nicht in der starken Nachhaltigkeit möglich. Die ökologische Dimension der Nach- haltigkeit rückt in den Mittelpunkt - die natürlichen Ressourcen und die Umwelt bilden somit die Grundlage für alle menschlichen Entwicklungsfelder inklusive der entsprechenden ökonomischen und sozialen Subsysteme. Am Konzept der Star- ken Nachhaltigkeit orientiert sich z. B. auch das Konzept der planetaren Grenzen nach Steffen et al. (2015). Abbildung 1 zeigt, wie das anthropogene Handeln das Naturkapital negativ beeinflusst und inwiefern die natürlichen planetaren Grenzen (engl. planetary boundaries) bereits überschritten werden. Steffen et al. gehen in ihrer Veröffentlichung „Planetary boundaries: Guiding human development on a changing planet“ davon aus, dass bereits vier der neun definierten planetaren Belastungsgrenzen (Klimawandel, Biodiversitätsverlust, Stickstoffkreislauf und Flächennutzung)1 überschritten wurden und diese Überbeanspruchung mittel- bis langfristig die menschlichen Lebensgrundlagen bedroht. 1 Vgl. Steffen et al. (2015) 10
Abbildung 2: Planetare Grenzen / © LAG 21 NRW nach Steffen et al. 2015 Der Begriff der Nachhaltigen Entwicklung ist eng mit jenem der Generationenge- rechtigkeit verbunden. Die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED) hat 1987 in ihrem wegweisenden „Brundtland-Bericht“ Nachhaltige Entwicklung definiert als eine „[…] Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“2 Damit ist die heutige Generation in der Verantwortung, im Interesse der Perspektiven späterer Generationen ihren Lebensstil und den damit verbundenen Energie- und Ressourcenverbrauch entsprechend zu gestalten und anzupassen. Dabei adressiert die Generationengerechtigkeit mehrere Ebenen, wie z. B. die zwischen Jung und Alt, heutiger und künftiger Generationen aber auch die Gerechtigkeit zwischen Angehörigen einer gemeinsamen Generation, die gerech- te Verteilung der Lebenschancen und -qualität sowie die Zukunftsfähigkeit des sozialen Sicherungssystems. Auch im Urteil des Ersten Senats des Bundesverfas- sungsgerichts aus dem Mai 2021 zum Klimaschutzgesetz wurde das Prinzip der Generationengerechtigkeit jüngst auf der bundespolitischen Ebene hervorgeho- ben und als Leitprinzip für Klimaschutzaktivitäten gestärkt. Intergenerationenge- rechtigkeit und intertemporale Freiheitssicherung in Klimaschutzfragen sind nun einklagbare subjektiv-öffentliche Rechte auf Grundrechtsniveau. 2 Vgl. Hauff (1987) 11
Menschenrechte Die allgemeinen Menschenrechte bilden die Grundlage demokratischer Rechts- systeme. Es handelt sich um universelle Grundrechte, die allen Menschen zuste- hen. Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UN) haben diese Rechte in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 verabschiedet.3 In den meis- ten Staaten haben sie Verfassungscharakter, so auch in Deutschland. Im Kontext der Agenda 2030 hat insbesondere der universelle Charakter der Menschenrech- te konzeptionelle Bedeutung. Denn die UN-Mitgliedstaaten haben die Globalen Nachhaltigkeitsziele explizit am Prinzip „niemanden zurücklassen“ ausgerichtet. Auch das Indikatorensystem der Agenda 2030 berücksichtigt dieses durch eine ausdifferenzierte Messung der Zielerreichung in Bezug auf verschiedene gesell- schaftliche Gruppen. 4 1.2 Agenda 2030 und Globale Nachhaltigkeitsziele Im Jahr 2015 endete der Zeithorizont der acht Millennium-Entwicklungsziele (engl. Millennium Development Goals, MDGs). Sie waren ein globales Zielsystem mit primär entwicklungspolitischen Zielsetzungen: Überwindung von Hunger, Armut und Krankheit, das Ermöglichen von Bildungschancen, Geschlechtergerechtig- keit, ökologischer Nachhaltigkeit sowie die Etablierung globaler Partnerschaften. Mit dem Auslaufen der Millennium-Entwicklungsziele stellte sich die Frage, wie die globalen Herausforderungen von allen Staaten gemeinsam auch in Zukunft bewältigt werden können. Die UN entwarfen unter Mithilfe von internationalen Expert*innen ein neues Zielsystem, die Globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustaina- ble Development Goals, SDGs). Es ist Teil der UN-Resolution aus dem Jahr 2015 „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ und bildet die messbare Grundlage für deren Umsetzung. Auf der UN-Vollversamm- lung in New York verabschiedeten am 25. September 2015 die Regierungschef*in- nen der UN-Mitgliedsstaaten die Resolution zur Agenda 2030.5 Die Agenda 2030 besteht zunächst aus einer kurzen Einführung. Diese beinhaltet im Wesentlichen eine Vision, Grundsätze, eine Beschreibung der aktuellen welt- weiten Herausforderungen, eine Darstellung der inhaltlichen Schwerpunkte sowie eine Erläuterung des Zielsystems, der Umsetzungsmittel und des Monitorings. Das Zielsystem beinhaltet 17 Oberziele (goals, siehe Abbildung 2) und 169 Unter- ziele (targets). Die Zielerreichung soll anhand von rund 231 Indikatoren6 gemes- sen werden, die von einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Fachorganisationen und Expert*innen der Mitgliedsstaaten, erarbeitet wurden. 3 Vgl. UN-Generalsversammlung (1948) 4 Vgl. UN-Generalversammlung (2015) 5 Vgl. Ebd. 6 Vgl. United Nations Statistics Division (o. D) 12
Abbildung 3: Die 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele/© United Nations Agenda 2030 definiert fünf zentrale Themenfelder einer Nachhaltigen Entwick- lung als inhaltlichen Kern der Globalen Nachhaltigkeitsziele: Menschen, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft. Die globalen Nachhaltigkeitsziele bilden erstmals für alle Staaten einen gemeinsamen Bezugsrahmen und sind auch in Deutschland für Bund, Länder und Kommunen handlungsleitend. So waren sie im Jahr 2016 bereits die zentrale Grundlage für die Fortschreibung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) und haben die Landesnachhaltigkeitsstrategie für Nordrhein-Westfalen (NHS NRW) 2016 entscheidend beeinflusst. Die Agenda 2030 und die Globalen Nachhaltigkeitsziele zeichnen sich aus Sicht von Expert*innen durch eine Reihe von Spezifika aus: • Die Agenda 21 (Nachhaltigkeitsagenda auf Grundlage der Rio-Deklaration) und die entwicklungspolitische Agenda mit den Millenniums-Entwicklungszielen werden erstmals auf globaler Ebene zur Agenda 2030 zusammengeführt. • Die Globalen Nachhaltigkeitsziele umfassen alle Themenfelder einer Nachhal- tigen Entwicklung in der Breite: vom Meeres- und Klimaschutz über Armutsbe- kämpfung bis hin zu menschenwürdiger Arbeit und Rechtsstaatlichkeit. • Die Globalen Nachhaltigkeitsziele sind ein für alle UN-Mitgliedsstaaten geltendes Zielsystem, dessen Umsetzung auf UN-Ebene regelmäßig überprüft wird. • Die Globalen Nachhaltigkeitsziele gehen in die Tiefe: das sehr detaillierte und ausdifferenzierte Zielsystem umfasst 17 Oberziele und 169 Unterziele. 13
Die Autor*innen der Agenda 2030 regen eine regelmäßige Berichterstattung zur Umsetzung auf der nationalen und subnationalen Ebene an. Im Jahr 2016 haben erstmals Mitgliedstaaten auf UN-Ebene freiwillig über die Umsetzung der Agen- da 2030 Bericht erstattet, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland. Im Rahmen des sogenannten „Hochrangigen Politischen Forums für Nachhaltige Entwicklung“ der UN legen jährlich verschiedene UN-Mitgliedsstaaten einen ent- sprechenden Bericht vor. Das Indikatorensystem zur Messung der Fortschritte bei der weltweiten Umsetzung der Agenda 2030 wird jährlich überprüft und weiter- entwickelt. Daten und Erhebungsmethodik liegen im Wesentlichen für etwa 60 % der Indikatoren vor. Die UN erstellt jährliche Fortschrittsberichte zu den SDG-Indi- katoren, deren Messbarkeit bereits gegeben ist. Seit 2018 veröffentlichen weltwei- te Pionierkommunen (u. a. die Städte Bonn und Mannheim) freiwillige Berichte zur Umsetzung der Agenda 2030 auf der kommunalen Ebene an die UN – sogenannte Voluntary Local Reviews (VLR). 1.3 Nachhaltige Entwicklung in der EU Reflexionspapier der Europäischen Kommission Als Reaktion auf die Agenda 2030 hat die Europäische Kommission Anfang 2019 ein Reflexionspapier mit dem Titel „Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030“ vorgelegt.7 Darin werden zentrale Herausforderungen, vor denen Euro- pa steht, bewertet und mögliche Zukunftsszenarien dargestellt. Die EU-Mitglieds- staaten haben anschließend ihre Schlussfolgerungen im Rat verabschiedet. Der Rat betont die Ambition der EU, bei der Umsetzung der Agenda 2030 eine führen- de Rolle zu spielen. Zu den wesentlichen Grundlagen für eine nachhaltige Zukunft werden folgende Themenbereiche identifiziert: ein Übergang von der linearen zur Kreislaufwirtschaft; eine nachhaltige Ausrichtung der Landwirtschaft und des Le- bensmittelsystems; eine zukunftssichere, kohlenstoffarme Gestaltung der Ener- gieversorgung, Gebäude und Mobilität; die Sicherstellung einer sozial gerechten Nachhaltigkeitswende; der Schutz der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme sowie die Bekämpfung des Klimawandels. Das Reflexionspapier führt beispiels- weise das Projekt Global Nachhaltige Kommune (s. Kapitel 1.6) als europäisches Best-Practice-Beispiel für SDG 11 („Nachhaltige Städte und Gemeinden“) auf. Europäischer „Green Deal“ Ende 2019 stellte die Europäische Kommission den sogenannten „Europäischen Grünen Deal“ vor, als integralen Bestandteil zur Umsetzung der Agenda 2030.8 Der „Green Deal“ umfasst einen Fahrplan zur Umgestaltung der EU-Wirtschaft für eine nachhaltige Zukunft. Er stellt als übergeordnetes Ziel auf, Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Bis 2050 sollen in der EU die Netto-Emis- 7 Vgl. Europäische Kommission (2019a) 8 Vgl. Europäische Kommission (2019b) 14
sionen von Treibhausgasen auf null reduziert werden. Dieses Ziel wurde im Früh- jahr 2020 in einem Vorschlag für ein europäisches Klimagesetz verankert. Darüber hinaus werden folgende weitere zentrale Themenbereiche identifiziert, für die im Rahmen des Fahrplans jeweils nächste Schritte der EU formuliert werden (insbe- sondere die Vorlage einer europäischen Industriestrategie, ein Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft sowie eine neue Landwirtschafts- und Biodiversitätsstrategie): • Versorgung mit sauberer, erschwinglicher und sicherer Energie, • Mobilisierung der Industrie für eine saubere und kreislauforientierte Wirtschaft, • Energie- und ressourcenschonendes Bauen und Renovieren, • Nachhaltige und intelligente Mobilität, • Entwicklung eines fairen, gesunden und umweltfreundlichen Lebensmittelsystems, • Ökosysteme und Biodiversität erhalten und wiederherstellen, • eine schadstofffreie Umwelt. Insgesamt soll das Leitbild der Nachhaltigkeit in alle Politikbereiche der EU inte- griert werden. Zur Finanzierung kündigte die Kommission an, eine Billion Euro zu mobilisieren. Über den sogenannten „Mechanismus für einen gerechten Über- gang“ soll sichergestellt werden, dass Strukturwandelprozesse hin zu einer klima- neutralen Wirtschaft sozial verträglich verlaufen. Hier sieht die Kommission einen Fonds für die am stärksten betroffenen Regionen vor, der insgesamt 100 Milliar- den Euro im Zeitraum 2021 bis 2027 zur Verfügung stellen soll. Mit dem konkretisierenden Programm „Fit for 55“9 hat die Europäische Kommissi- on am 14. Juli 2021 ein Paket von Vorschlägen zur Neuausrichtung von Wirtschaft und Gesellschaft in der EU vorgelegte, um die Klimaziele zu erreichen. Die Politik in der EU in den Bereichen Klima, Energie, Landnutzung, Verkehr und Steuern soll so gestaltet werden, dass die Netto-Treibhausgasemission bis 2030 um mindes- tens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden können. Dies ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg Europas, bis 2050 zum ersten Klimaneutra- len Kontinent der Welt zu werden und den europäischen „Green Deal“ zu verwirk- lichen. 1.4 Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie Die erste nationale Nachhaltigkeitsstrategie für Deutschland legte die Bundes- regierung im Jahr 2002 zum Weltgipfel der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg vor. Sie kam damit einer auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro formulierten Aufforderung nach, Nachhaltigkeitsstrategien auf nationaler Ebene zu entwickeln. Seit 2004 wird 9 Vgl. Europäische Kommission, Mitteilung (KOM/2021/550 endgültig), 2021 15
die Strategie in Form von Fortschrittsberichten alle vier Jahre regelmäßig fortge- schrieben. Alle zwei Jahre dokumentieren zudem Indikatorenberichte des Statisti- schen Bundesamtes die Fortschritte bei der Umsetzung der Strategie. Vor dem Hintergrund der nationalen Umsetzung der globalen Agenda 2030 ver- abschiedete die Bundesregierung Anfang des Jahres 2017 eine umfassend über- arbeitete Neuauflage mit dem Titel „Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie“ (DNS), damit hat die Bundesregierung die 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Agenda 2030 als zentrales Strukturelement für die Nachhaltigkeitsstrategie auf Bundesebene eingeführt10. Kern der DNS ist ein Nachhaltigkeitsmanagementsys- tem, welches Ziele mit Zeitrahmen zur Erfüllung, Indikatoren für ein kontinuierli- ches Monitoring, Regelungen zur Steuerung sowie Festlegungen zur institutionel- len Ausgestaltung beinhaltet. Die DNS zielt auf eine wirtschaftlich leistungsfähige, sozial ausgewogene und öko- logisch verträgliche Entwicklung ab, wobei die „planetaren Belastungsgrenzen“11 zusammen mit der „Orientierung an einem Leben in Würde für alle“ die absolute äußere Beschränkung vorgeben. Die planetaren ökologischen Grenzen definieren demnach einen ‚sicheren Handlungsraum‘, innerhalb dessen Entwicklung, glo- bale Gerechtigkeit, Wohlstand und ein ‚gutes Leben‘ dauerhaft gesichert werden können. In der DNS wird außerdem der erforderliche Transformationsprozess, die internationale Perspektive sowie der ebenen- und akteursübergreifende Ansatz hervorgehoben. Die Strategie sieht Maßnahmen zur Umsetzung der SDGs auf drei Ebenen vor: Maßnahmen mit Wirkung in Deutschland, Maßnahmen durch Deutschland mit weltweiten Wirkungen sowie Maßnahmen mit Deutschland im Rahmen der Zusammenarbeit mit anderen Ländern. Ende 2018 beschloss das Bundeskabinett eine Aktualisierung der DNS, welche die bisherige Strategie ergänzt. Die Aktualisierung umfasst neben einer Anpas- sung der Indikatoren unter anderem neu formulierte Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung sowie einen Bericht zu institutionellen Strukturen und zum Einbezug gesellschaftlicher Akteursgruppen. Weiterhin wurde das Projekt GNK vom Staats- sekretärsausschuss der Bundesregierung als Leuchtturmprojekt 2018 zur Deut- schen Nachhaltigkeitsstrategie ausgezeichnet. Zur Weiterentwicklung wurde 2018 ein „Peer Review“-Verfahren vom Rat für Nachhaltige Entwicklung durchgeführt, um Empfehlungen internationaler Expert*innen einzuholen.12 Für eine breite Konsultati- on der Öffentlichkeit fanden von Oktober 2019 bis Februar 2020 zudem bundesweit Dialogkonferenzen statt. Die Ergebnisse der Konsultationen mündeten in eine über- arbeitete Dialogfassung der DNS, die Anfang Oktober 2020 veröffentlicht wurde.13 10 Vgl. Bundesregierung (2017) 11 Vgl. Steffen et al. (2015) 12 Vgl. Bundesregierung (2018) 13 Vgl. Bundesregierung (2020) 16
Am 10. März 2021 veröffentlichte die Bundesregierung turnusgemäß eine Neufas- sung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Die Weiterentwicklung der Strategie wurde durch einen breit angelegten Dialogprozess vorbereitet, aus dem sich auch ergab, sogenannte Transformationsbereiche stärker in der Deutschen Nachhaltig- keitsstrategie zu berücksichtigen. Für die Erreichung der Ziele der Agenda 2030 werden daher nunmehr Fortschritte in Deutschland in den folgenden Transformationsbereichen für besonders relevant erachtet: • menschliches Wohlbefinden und Fähigkeiten, soziale Gerechtigkeit, • Energiewende und Klimaschutz, • Kreislaufwirtschaft, • nachhaltiges Bauen und Verkehrswende, • nachhaltige Agrar- und Ernährungssysteme, • schadstofffreie Umwelt. Die Ergebnisse zu den Zielen werden in einem Indikatorenbericht „Nachhaltige Ent- wicklung in Deutschland“ dargestellt und deren Umsetzung durch neu eingeführte Berichterstattende auf Abteilungsleitungsebene zur Nachhaltigkeit in den Bundesministerien koordiniert.14 Weiterhin berät der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) die Bundesregierung seit 2001 in allen Fragen der Nachhaltigkeit und erarbeitet Beiträge zur Fortent- wicklung der Nachhaltigkeitsstrategie. Der RNE veröffentlicht Stellungnahmen zu relevanten Themen mit Nachhaltigkeitsbezug und trägt zur öffentlichen Bewusst- seinsbildung und zum gesellschaftlichen Dialog zur Nachhaltigkeit bei. Seine zuletzt zum 1. Januar 2020 für die Dauer von drei Jahren berufenen 15 Mitglieder stehen nach ihrem fachlichen und persönlichen Hintergrund für die drei Dimen- sionen der Nachhaltigkeit. Der RNE ist fachlich unabhängig. Zu den vielen Aktivi- täten des Rates zählen unter anderem ein regionales Netzwerk von Nachhaltigkeitsstrategien (RENN – Regionale Netzstel- len Nachhaltigkeitsstrategien). Die RENN bilden mit 20 Partnern aus allen 16 Bun- desländern ein regionales Netzwerk für nachhaltiges Handeln und gesellschaftli- che Transformation im Sinne der globalen Nachhaltigkeitsziele. 14 Vgl. Destatis (2021) 17
1.5 Nachhaltigkeitsstrategie Nordrhein-Westfalen Neben der Bundesregierung verfügt die große Mehrzahl der Bundesländer über eigene Nachhaltigkeitsstrategien. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat erstmals im Juni 2016 eine Nachhaltigkeitsstrategie für NRW (NHS NRW) beschlos- sen. Diese war die erste Strategie eines Bundeslandes, welche die globale Agenda 2030 und die 17 SDGs systematisch berücksichtigt. Sie wurde im Rahmen einer breiten öffentlichen Konsultation diskutiert, unter anderem auf jährlichen Nach- haltigkeitstagungen und in Online-Beteiligungsformaten. Im September 2020 wurde eine umfangreiche Aktualisierung der NHS NRW durch einen Kabinettsbeschluss der Landesregierung verabschiedet. 15 Die weiterentwickelte Strategie folgt dabei zwei Grundprinzipien: Zum einen greift die Strategie die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele noch stärker nun auch in ihrer Glie- derung auf und reiht sich damit im Sinne einer vertikalen Integration zwischen die Nachhaltigkeitsstrategien auf UN-, EU-, Bundes- und der kommunalen Ebene ein. Zum anderen nimmt die NHS NRW vierzehn besondere Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung in Nordrhein-Westfalen besonders in den Fokus, darunter u. a. der strukturelle Wandel des Wirtschaftsstandorts, die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, die Förderung des gesellschaftlichen Zusammen- halts, die Sicherstellung tragfähiger öffentlicher Finanzen und die Bewahrung der regionalen Vielfalt. Den inhaltlichen Kern der aktualisierten NHS NRW 2020 bilden 67 Ziele und In- dikatoren, die sich am strukturellen Rahmen der 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele und sich in großen Teilen an den Indikatoren der Deutschen Nachhaltigkeits- strategie orientieren (s. Anhang). Jedes SDG wird außerdem durch Nachhaltig- keitspostulate und Vertiefungsbeispiele zur praktischen Umsetzung auf den NRW-spezifischen Kontext heruntergebrochen. Themenübergreifende Umset- zungsinstrumente und -strukturen werden in spezifischen Unterkapiteln der Strategie aufgeführt und durch die NRW-Nachhaltigkeitsberichterstattung 15 Vgl. Landesregierung NRW (2020) 18
ergänzt, die der Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) über das Portal www.nachhaltigkeitsindikatoren.nrw.de veröffentlicht (Überarbeitung des Portals und Veröffentlichung eines aktuellen Indikatorenbe- richts im 2. Quartal 2021). Über den Fortschritt der Umsetzung der NHS NRW soll einmal pro Legislaturpe- riode online Bericht erstattet werden. Begleitet werden soll die Vorbereitung des Fortschrittsberichts von einem breiten Beteiligungsprozess unterschiedlicher Sta- keholder*innen. Zudem wird ein Nachhaltigkeitsbeirat von der Landesregierung eingesetzt, der bei der Umsetzung, Evaluierung und Weiterentwicklung der Nach- haltigkeitsstrategie beratend zur Seite steht. Die weiterentwickelte NHS NRW adressiert die regionale Ebene bei der Umset- zung von Nachhaltigkeitsaktivitäten erstmals ausdrücklich. Dabei werden die zahlreichen Anknüpfungspunkte für Nachhaltigkeitsinitiativen und -projekte, wie z. B. in den Regierungsbezirken, beim Regionalverband Ruhr (RVR), in den Land- schaftsverbänden und in den „REGIONALEN“ hervorgehoben. Um die regionale Ebene stärker zu adressieren, fanden in den Jahren 2018 und 2019 in Kooperation mit den Bezirksregierungen und dem RVR zudem sechs Regionalforen Nach- haltigkeit in den fünf Regierungsbezirken sowie der Metropole Ruhr statt (siehe Kapitel 3.1). Mit insgesamt über 650 Teilnehmer*innen wurde dabei über Heraus- forderungen und Chancen landesweiter sowie regionalspezifischer Nachhaltig- keitsprozesse debattiert. In der Umsetzung der NHS NRW strebt die Landesregie- rung an, das Nachhaltigkeitsengagement unterhalb der Landesebene weiter zu stärken und auszubauen.16 Flankierendes und unterstützendes Mittel soll dabei die Nachhaltigkeitskommunikation der Landesregierung sein, die seit der Verab- schiedung der weiterentwickelten NRW-Nachhaltigkeitsstrategie die Dachmarke „Gemeinsam. Nachhaltig. Handeln.“ trägt und lebt. 1.6 Global Nachhaltige Kommunen im Regierungsbezirk Arnsberg Angesichts aktueller und zukünftiger Herausforderungen, die sich in den Zielsetzun- gen der Agenda 2030 und den damit verbundenen globalen Nachhaltigkeitszielen manifestieren, sehen sich Kommunen einer zunehmenden Komplexität in ihrem Handeln ausgesetzt. Dabei besteht derzeit die große Verantwortung für alle darin, wie die Corona-Pandemie mit der Bewältigung des Klimawandels, des Artenster- bens oder auch sozialer Gerechtigkeit in Einklang gebracht werden können. Das gilt sowohl in Deutschland als auch in einem globalen Maßstab. 16 Vgl. Nachhaltigkeitsstrategie NRW (2020) 19
Vor diesem Hintergrund werden bundesweit Kommunen, durch das Projekt „Global Nachhaltige Kommune“ (GNK), bei der Entwicklung von kommunalen Nachhaltig- keitsstrategien, ein Fahrplan für eine nachhaltige Kommunalentwicklung, begleitet und beraten.17 So haben sich im April 2019 erneut auch in Nordrhein-Westfalen 15 Kommunen im Projekt „Global Nachhaltige Kommune in NRW“ (GNK NRW) auf den Weg gemacht, eigene Nachhaltigkeitsstrategien im Kontext der Agenda 2030 zu entwickeln. Gemeinsam mit der Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 NRW e. V. (LAG 21 NRW) wurde das Projekt von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) mit den Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenar- beit und Entwicklung (BMZ) umgesetzt. Es war bereits das zweite Mal, dass dieses Projekt in NRW durchgeführt wurde. Die Projektkommunen konnten von den Erfol- gen und Erfahrungen der 15 Pilotkommunen des ersten Projekts in der Entwicklung und Umsetzung kommunaler Nachhaltigkeitsstrategien lernen. „In der Kommune für die Kommunen, in der Kommune für die Welt“ war insgesamt der Anspruch an die kooperative Entwicklung der Nachhaltigkeitsstrategien mit Vertreter*innen aus Verwaltung, Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesell- schaft. Denn Nachhaltigkeit kann nur gelingen, wenn ein offener Dialog sektorale Grenzen aufbricht und den Fokus auf gemeinsam getragene Ziele legt. Über alle Kommunen hinweg waren mehr als 450 Personen aus den genannten Akteurs- gruppen beteiligt, die „ihre“ kommunalen Nachhaltigkeitsstrategien erarbeitet haben. Im fachlichen Austausch innerhalb der Kommunen wurde bestätigt, dass die SDGs eine hohe Relevanz für das Handeln der Städte, Gemeinden und Kreise besitzen. Angesichts der globalen Verantwortung werden z. B. Nord-Süd-Part- nerschaften zu Klimaschutz und -anpassung angestoßen, kommunale Produkti- ons- und Konsummuster überdacht und der Erhalt der natürlichen Lebensgrund- lagen im Sinne „planetarer Grenzen“ als Grundlage anerkannt. Eine Analyse der 15 Nachhaltigkeitsstrategien der zweiten Projektlaufzeit zeigt, dass sich in diesen insgesamt mehr als 1500 Bezüge zur Agenda 2030 befinden und mehr als 2.000 konkrete Maßnahmen entwickelt werden. Der Regierungsbezirk Arnsberg ist mit elf der insgesamt 39 GNK NRW Kommunen besonders stark im Projekt vertreten. Die Kreise Siegen-Wittgenstein und Unna sowie die Städte Arnsberg, Bad Berleburg, Dortmund, Hagen, Herdecke, Herne, Lüdenscheid und Witten haben bereits eine handlungsleitende Nachhaltigkeits- strategie erarbeitet und setzen diese in Kooperation mit den Menschen, Unter- nehmen und Institutionen vor Ort um. Mit der neuen, mittlerweile dritten Laufzeit des Projekts GNK NRW (von April 2021 bis Dezember 2022) werden auch die Städte Soest und Bochum global nachhaltige Kommunen. 17 Weitere Informationen unter: https://skew.engagement-global.de/global-nachhaltige-kommune.html oder https://www.lag21.de/projekte/details/global-nachhaltige-kommune/ 20
Rückwirkend lassen sich viele positive Entwicklungen im Regierungsbezirk Arns- berg verzeichnen, so hat beispielsweise die Stadt Arnsberg einen Nachhaltig- keitscheck für die Nachhaltigkeitseinschätzung zur Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt, außerdem wurde das „Zukunfts- und Strategiebüro Nachhaltigkeit“ eingerichtet. Die Zivilgesellschaft kann sich über das regelmäßig initiierte Nach- haltigkeitsfestival „Schlabberkappes“ u. a. über einen nachhaltigen Lebensstil informieren und weiterbilden. Die Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Herdecke umfasst insgesamt 53 Maßnahmen. Zu ihnen gehören u. a. die Förderung der Kli- mapartnerschaft mit der Stadt Dumangas (Philippinen), Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Fuß- & Radverkehr, Informationsmaterial zum fairen Handel, Bienenvolkpa- ten, die Aktion „Herdecke räumt auf“, eine Studienfahrt ins Klimahaus in Bremer- haven oder das Agendakino, welches Filme zeigt, die sich mit den thematischen Arbeitsfeldern der lokalen Agenda beschäftigen. Seit der zweiten GNK-Laufzeit trägt beispielsweise die Stadt Hagen mit insgesamt 86 Maßnahmen zu einer Nachhaltigen Entwicklung bei. Die Hagener Nachhaltig- keitsstrategie beinhaltet z. B. das Ziel, Bildung für Nachhaltige Entwicklung zu stärken und dafür regelmäßig eine Messe für schulische und außerschulische Bildungseinrichtungen zu initiieren. Dabei soll der Fokus auf der globalen Verant- wortung und der Agenda 2030 der Vereinten Nationen liegen – bereits verankert durch eine Projektpartnerschaft mit Portmore auf Jamaika im Rahmen des Pro- jekts Kommunale Klimapartnerschaften. Ebenfalls in der zweiten Laufzeit hat die Stadt Lüdenscheid den Grundstein für die Entwicklung zu einer global nachhal- tigen Kommune gelegt. Die Stadt Lüdenscheid hat über 100 Maßnahmen in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie verankert und möchte u. a. mit dem Projekt „Deutsch- Palästinensische Kommunale Partnerschaften“ mehr globale Verantwortung übernehmen. Darüber hinaus haben sich sowohl der Kreis Unna als auch die Stadt Lüdenscheid im Projekt Nachhaltigkeitshaushalt des MULNV NRW und der LAG 21 NRW aktiv beteiligt und damit die Verknüpfung von Nachhaltigkeitszielsetzungen mit dem kommunalen Haushalt erprobt. Mit dem Start der dritten Laufzeit des Projekts Global Nachhaltige Kommune NRW werden die Städte Bochum und Soest ihre Teile zur Agenda 2030 und damit auch zu mehr Nachhaltigkeit im Regierungsbezirk Arnsberg beitragen. 21
Abbildung 4: Die 39 Kommunen des GNK NRW Netzwerks (Städte und Gemeinden dunkelblau, Kreise hellblau) © LAG 21 NRW 2. Der Weg zu den Leitlinien einer Nachhaltigen Entwicklung für den Regierungs- bezirk Arnsberg 2. DER WEG ZU DEN LEITLINIEN EINER NACHHALTIGEN ENTWICKLUNG FÜR DEN REGIERUNGSBEZIRK ARNSBERG Anknüpfend an die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen und der kommunalen Nachhaltigkeitsstrategien im Regierungsbezirk Arnsberg bietet auch die regionale Ebene Potenzial für eine strategische Steuerung im Kontext der Nachhaltigen Entwicklung. Die Bezirksregierung Arnsberg hat mit der Erarbeitung von Leitlinien und strategischen Zielen eine deutschlandweite Vorreiterrolle einge- nommen. Als Bündelungsbehörde hat die Bezirksregierung Arnsberg eine Vielzahl von Aufgaben und Zuständigkeiten auf regionaler Ebene, die mit einer Nachhalti- gen Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 mit ihren 17 globalen Nachhaltigkeits- zielen verknüpft werden können. Sie ist beispielsweise als Aufsichts- und Geneh- migungsbehörde für unterschiedliche Ordnungsaufgaben zuständig und kann so Einfluss auf die Entwicklung der Region nehmen. Da die Bezirksregierung nur in Ausnahmefällen operativ tätig ist, wurde der Fokus bei der Entwicklung von den vorliegenden Inhalten auf die strategische Ausrich- tung gelegt. Ziel des Prozesses ist es, das Leitprinzip einer nachhaltigen Entwick- lung fest zu verankern und dieses gleichermaßen in Politik, Verwaltung, Gesell- schaft und Wirtschaftsleben wirken zu lassen. 22
2.1 Regierungsbezirk und Bezirksregierung Arnsberg im Portrait Als besondere Herausforderung bei der Entwicklung von nachhaltigkeitsorientier- ten Leitlinien und strategischen Zielen im Regierungsbezirk Arnsberg lassen sich die unterschiedlichen Interessen und Belange in einer ebenso dynamischen wie heterogenen Region festhalten. Der Regierungsbezirk Arnsberg umfasst sowohl den Ballungsraum des mittleren und östlichen Ruhrgebiets mit den Großstädten Bochum, Dortmund, Hagen, Herne und Hamm als auch den ländlich geprägten Raum mit dem Sauerland als Mittelgebirgsregion im östlichen und südlichen Teil der Region. In Zahlen ausgedrückt leben ca. 3.580.568 (31. Dezember 2019) Menschen auf einer Fläche von 8.012,41 km² in sieben Kreisen mit 78 kreisange- hörigen Gemeinden und Städten sowie fünf kreisfreien Städten. Besonders süd- westfälische Unternehmen besetzen Marktnischen, in denen sie oftmals weltweit führend sind. Da es in diesem Teil des Regierungsbezirks viele Industrieunter- nehmen gibt, ist Südwestfalen mit einem Beschäftigtenanteil von rund 47 % im produzierenden Gewerbe Deutschlands Industrieregion Nummer 3. In Nordrhein- Westfalen ist Südwestfalen sogar die unangefochten die Nummer 1. Abbildung 5: Die Kreise und Kommunen des Regierungsbezirks Arnsberg © Bezirksregierung Arnsberg Der Sitz der Bezirksregierung ist die Stadt Arnsberg. Die Bezirksregierung Arns- berg ist eine von fünf regionalen Bündelungsbehörden des Landes NRW, bei der die wesentlichen Aufgabenstränge fast aller Landesministerien für die jeweiligen Regierungsbezirke zusammenlaufen. Die Bezirksregierungen sind nach dem Ge- bietsorganisationsmodell organisiert. Das bedeutet: Die wesentlichen Landesauf- 23
gaben werden in und für die Region von einer Verwaltungseinheit erfüllt, die die Einheit der Verwaltung sichert und die demokratische Kontrolle „vor Ort“ erleich- tert. Im Einzelfall nimmt eine Bezirksregierung auch Aufgaben für das ganze Land NRW wahr – die Bezirksregierung Arnsberg ist so Bergbau- und Energiebehörde für Nordrhein-Westfalen und trägt damit eine wesentliche Verantwortung für das Thema der Energiewende und für die Förderung von Klimaschutztechnologien. Die Bezirksregierung verfügt über einen breiten Aufgaben- und Verantwortungs- bereich. 2.2 Regionalforum Regierungsbezirk Arnsberg Das Regionalforum Nachhaltigkeit im Regierungsbezirk Arnsberg war Teil einer Veranstaltungsreihe im Zeitraum Dezember 2018 bis März 2019, die in den fünf Regierungsbezirken (Arnsberg, Münster, Köln, Detmold, Düsseldorf) und in der Metropole Ruhr stattgefunden hat. Die Veranstaltungsreihe wurde von der NRW- Landesregierung gefördert, um die regionale Ebene systematischer in Nachhaltig- keitsfragen zu adressieren. Nachhaltigkeit in der Region stärken und das Zusammenwirken mit landesweiten Prozessen vertiefen: Das war die Grundidee hinter den Regionalforen Nachhaltig- keit. Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wissenschaft stellen sich der Gesellschaftsaufgabe einer nachhaltigen Entwicklung, um soziale Gerech- tigkeit zu stärken, die Umwelt zu schützen und die Wirtschaftsstandorte in den Regionen unter Beachtung der planetaren Grenzen zukunftsfähig zu gestalten. Die Regionalforen Nachhaltigkeit richteten sich gleichermaßen an alle Akteur*in- nen, die strategisch und praktisch denken und handeln, Entscheidungen tragen, innovative Ideen mitbringen, sich informieren und mitgestalten wollen, um einer Nachhaltigen Entwicklung vor Ort, in der Region und in Nordrhein-Westfalen Durchsetzungskraft zu verleihen. Entstanden aus dem Regionalforum im Regierungsbezirk Arnsberg vom 12. De- zember 2018 sind dabei u. a. die besonderen Impulse wie zur Nutzung von Chan- cen, die in den neuen wirtschaftlichen Bereichen Wasser, Wind, Holz für die Region liegen und die Beachtung des zunehmenden Fachkräftemangels, bspw. durch bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, verbesserte Mobilität, Hilfen für zugezogene Fachkräfte, Förderung von Netzwerken für berufliche Weiterbildung, verbesserte Kommunikation von Standortvorteilen des ländlichen Raums. 24
Abbildung 6: Rede von Staatssekretär Bottermann im Rahmen des Regionalforums am 12.12.2018 © LAG 21 NRW 2.3 Entwicklung von Leitlinien und strategischen Zielen Im Mai 2019 wurde – unter anderem mit Blick auf das Regionalforum Nachhaltig- keit – im Dezernat 35 der Bezirksregierung Arnsberg das Fachgebiet „Nachhaltige Entwicklung“ eingerichtet. Nach zweijähriger Tätigkeit wurde dieses Fachgebiet im Mai 2021 in die Stabstelle Klimaschutz, Energie und Nachhaltigkeit überführt. Mit Einrichtung der Stabsstelle unterstreicht die Bezirksregierung Arnsberg die zunehmende Bedeutung des Themenfeldes der Nachhaltigen Entwicklung und der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele auf regionaler Ebene. Für die Entwicklung von Leitlinien und die langfristige Erreichung von strategi- schen Zielen war es erforderlich, funktionale und verbindliche Arbeitsstrukturen in der Bezirksregierung Arnsberg zu etablieren, ohne dabei Doppelstrukturen zu schaffen. Die sogenannte Aufbauorganisation besteht dabei aus der Koordination, der hauptverantwortlichen Person, dem Kernteam, zusammengesetzt aus reprä- sentativen Vertreter*innen der Regionalverwaltung unter Abdeckung möglichst aller Dezernate und dem Beirat, welcher aus ca. 25 Personen u. a. aus dem Kern- team, Vertreter*innen und Expert*innen den im Regierungsbezirk liegenden GNK NRW Kommunen, aus der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft besteht. Im Laufe des Prozesses wurden vier Kernteamsitzungen und zwei Bei- ratssitzungen durchgeführt deren Inhalte im Folgenden dargelegt werden. 25
Funktion: Inhaltliche Schwerpunktsetzung und Beirat impulsgebende Funktion bei der Erarbeitung von Leitlinien und strategischen Zielen. Kernteam Funktion: Ämterübergreifende fachliche Prüfung und Begleitung der Vor- und Nachbereitungen durch die LAG 21 NRW vor dem kommunalen Kontext. Koordination Funktion: Organisatorische und inhaltliche Koordination sowie Kontaktperson der am Prozess beteiligten Akteure. Abbildung 7: Aufbauorganisation zur Nachhaltigkeitsstrategie für den Regierungsbezirk Arnsberg © LAG 21 NRW Die erste Kernteamsitzung fand am 02. Oktober 2020 in Anwesenheit von Ver- treter*innen der Dezernate 14 (Organisationsangelegenheiten, IuK-Technik, Innen- revision), 32 (Regionalentwicklung), 43 (Gymnasien, Sekundarstufe I und II, schul- formbezogene Fachaufsicht in Unterrichtsfächern/Unterrichtsinhalten zugleich für die gymnasiale Oberstufe der Gesamtschulen Sekundarstufe I u. II - sowie Zweiter Bildungsweg), 51 (Natur- und Landschaftsschutz, Fischerei), 53 (Immis- sionsschutz - einschl. anlagenbezogener Umweltschutz -), 54 (Wasserwirtschaft - einschl. anlagenbezogener Umweltschutz -), 66 (Energieinfrastruktur), des Mi- nisteriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW und der Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 NRW statt. Inhaltlich zielte die Sitzung darauf ab, den Beteiligten den anstehenden Prozess zu erläutern, eine grundle- gende Einführung in die Agenda 2030 und die bestehenden Nachhaltigkeitsstrate- gien der Bundesregierung und des Landes NRW zu geben und Informationen aus dem Kernteam in Bezug auf die Bestandsaufnahme einzuholen. Die Bestandsauf- nahme wurde im Rahmen der zweiten Kernteamsitzung am 27. November 2020 ausführlich besprochen und deren Ergebnisse in erste Empfehlungen für Leitlinien und strategische Ziele transformiert. Die dritte Kernteamsitzung folgte am 23. Ap- ril 2021 und diente der Vorstellung und Reflexion des ersten Entwurfsdokuments und der Ergänzung noch fehlender Inhalte – primär im Bereich des strategischen Zielsystems. Die vierte und letzte Kernteamsitzung am 21. Mai 2021 stellte die finale Abstimmung des Strategiepapiers und der darin verankerten Vorschläge zur Verstetigung des Prozesses in den Fokus. 26
Parallel zu den vor- und nachbereitenden Kernteamsitzungen wurden im Rahmen der Erarbeitung des Strategiepapiers zwei Beiratssitzungen durchgeführt. Die ers- te Beiratssitzung am 10. Dezember 2020 fand aufgrund der anhaltenden Covid- 19-Pandemie im digitalen Raum statt. Nach einer Einführung in die Entwicklung von nachhaltigkeitsorientierten Leitlinien und strategischen Zielen für den Regie- rungsbezirk Arnsberg und der Vorstellung der Bestandsaufnahme, hatten die Teil- nehmenden des Beirats die Möglichkeit, Vorschläge und Impulse für die Erarbei- tung von strategischen Zielen und mögliche Handlungsfelder für die Erreichung der Ziele einzubringen, welche im Nachgang der Sitzung aufbereitet und vom Kernteam und der LAG 21 NRW geschärft und ergänzt wurden. Die überarbeitete Entwurfsfassung der Leitlinien und strategischen Zielen wurde dann im Rahmen der zweiten Beiratssitzung am 17. März 2021 final diskutiert und im Anschluss im Kernteam mit Unterstützung der LAG21 NRW finalisiert. Abbildung 8: Gruppenfoto zur zweiten Sitzung des Beirats am 17.03.2021 © LAG 21 NRW Mitglieder des Beirats • Colette Siebert, Stadt Bad Berleburg • Domenik Treß, Vernetzungsstelle Nachhaltigkeit, Universität Witten/Herdecke • Dr. Andreas Kaiser, Kreis Siegen-Wittgenstein • Dr. Dirk Bieker, RVR Ruhr Grün • Hans-Joachim Wittkowski, Stadt Hagen • Helga Jänsch, Stadt Dortmund • Holger Stoye, Wirtschaftsförderungsgesellschaft Herne • Klaus Breyer, Institut für Kirche und Gesellschaft • Ludwig Holzbeck, Kreis Unna 27
• Marcus Müller, Stadt Lüdenscheid • Prof‘in. Dr. Mi-Yong Becker, Hochschule Bochum • Prof’in. Dr. Klaudia Witte, Institut für Biologie, Universität Siegen • Sebastian Marcel Witte, Stadt Arnsberg • Sonja Fielenbach, Stadt Herdecke • Thomas Ressel, Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe • Thomas Weber, Sauerland-Tourismus 3. STRATEGISCHES ZIELSYSTEM DER NHS FÜR DEN REGIERUNGSBEZIRK Im Folgenden werden die Präambel der Bezirksregierung Arnsberg sowie die im Projektprozess priorisierten Themenfelder mit den erarbeiteten Inhalten vorge- stellt. Zu Beginn eines jeden Unterkapitels 3.1 bis 3.7 erfolgt ein kurzer einführen- der Textabschnitt, welcher eine Inhaltsangabe zum Themenfeld, sowie Beispiele zu Handlungsbereichen oder Herausforderungen umfasst. Daraufhin folgt eine Kurzzusammenfassung der strategischen Ausrichtung im Regierungsbezirk Arns- berg sowie die entwickelte Leitlinie als „Dach“ zur Erreichung der strategischen Ziele. 3.1 Präambel Mit der Agenda 2030 wurde auf der UN-Vollversammlung im Jahr 2015 erstmals ein weltweit gültiges Zielsystem für eine Nachhaltige Entwicklung verabschiedet. Das Kernstück der Agenda 2030 – die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele – stellen dabei einen gemeinsamen Wegweiser für das Handeln aller UN-Mitgliedsstaaten dar. Insbesondere die Kommunen nehmen eine zentrale Rolle ein, denn vor Ort werden die Nachhaltigkeitsziele, wie Klimaschutz, Förderung der Erneuerbaren Energien, aber auch hochwertige Bildung, menschenwürdige Arbeit und nachhal- tiges Wirtschaften usw. umgesetzt. Als regionale Landesbehörde ist es Kernauf- gabe der Bezirksregierung, die Kommunen auf ihrem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung zu unterstützen und zu stärken. Die Bezirksregierung Arnsberg ist sich der großen Herausforderung für die Kom- munen auch in Anbetracht des fortschreitenden Klimawandels einerseits und der auf Bundesebene eingeleiteten Energiewende andererseits bewusst. Sie setzt sich im Sinne der Agenda 2030 für eine ökologisch, sozial sowie wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung der gesamten Region ein. 28
Im Regierungsbezirk Arnsberg befinden sich elf von 39 Kommunen, die in NRW kommunale Nachhaltigkeitsstrategien bzw. Nachhaltigkeitsberichte entwickeln. Durch dieses starke kommunale Engagement hat die Region des Regierungs- bezirks Arnsberg bereits landesweit eine Vorreiterrolle übernommen und es war daher naheliegend auch für den gesamten Regierungsbezirk Arnsberg eine Nach- haltigkeitskonzeption zu entwickeln. Da es sich erstmalig um eine regionale Befas- sung mit einer nachhaltigen Entwicklung handelt, sind mit dieser Konzeption zum einen Schwerpunktsetzungen erfolgt und zum anderen erhebt damit diese Kon- zipierung auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Gerade dieser „Pilotcharak- ter“ soll Möglichkeiten eines einsetzenden regionalen Diskurses „auf dem Weg zu einer nachhaltigen Region“ eröffnen und im weiteren Verlauf zusammen mit den Kommunen Verbesserungen und Konkretisierungen erfahren. Nicht zuletzt sollen Bürger*innen, Unternehmen und Institutionen aller Art als Akteur*innen gewon- nen, anstatt mit etwas scheinbar „Fertigem“ und von oben „Vorgesetztem“ in eine Zuschauerrolle gedrängt zu werden. Im Zeitraum von Oktober 2020 bis zum Juni 2021 hat die Bezirksregierung Arns- berg in einem intensiven Arbeitsprozess unter Beteiligung verschiedener Vertre- tungen aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Bildung, nachhal- tigkeitsorientierte Leitlinien und strategische Ziele erarbeitet. Das Kernstück zeigt Leitlinien, Kompetenzbereiche der Bezirksregierungen, Kooperationspartner*in- nen, Indikatoren sowie Handlungsempfehlungen einer nachhaltigen Entwicklung für die Region auf und dient als Orientierungsrahmen für die Umsetzung einer nachhaltigen Regionalentwicklung. Da die Erreichung einer nachhaltigen Regio- nalentwicklung nur als Gemeinschaftsaufgabe bewältigt werden kann, adressiert das Zielsystem neben der Bezirksregierung explizit auch die zahlreichen sozialen Einrichtungen, Unternehmen, Verbände und weiteren Akteur*innen. Das Zielsystem ist zugleich sowohl als Produkt sowie als Prozess zu verstehen. Re- gionale Gegebenheiten und Herausforderungen unterliegen einem stetigen Wan- del, die entsprechende Anpassungen für das Zielsystem nötig machen. Als „leben- des Dokument“ gilt es daher, die Ziele und Handlungsempfehlungen auch nach der Veröffentlichung im Sinne eines Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses zu überarbeiten und aktuell zu halten (siehe Kapitel 4). Insbesondere die Handlungs- empfehlungen sind weder abschließend noch auf die Wirkungsmöglichkeiten der Region beschränkt. Mit Hilfe des Zielsystems und der Handlungsempfehlungen ist der Regierungs- bezirk Arnsberg in der Lage, die Umsetzung der Agenda 2030 systematisch zu unterstützen. So trägt er vor Ort sowie in der gesamten Region zu einer erhöhten Lebensqualität bei und berücksichtigt dabei stets die Bedürfnisse zukünftiger Generationen. 29
Einführung und Erläuterung zum strategischen Zielsystem Das strategische Zielsystem für den Regierungsbezirk Arnsberg ist tabellarisch dargestellt, die Inhalte der einzelnen Felder werden in der nachfolgenden Tabelle beschrieben: Strategisches Ziel X.Y Hier ist das vom Kernteam und dem „Kurzversion des strategischen Ziels“ Beirat entwickelte strategische Ziel aufgeführt. Hinweise zu Kompetenzbereichen Diese Zelle beinhaltet die jeweiligen der Bezirksregierung Kompetenzbereiche und verant- wortlichen Dezernate innerhalb der Bezirksregierung Arnsberg zur Er- reichung/Überprüfung des strategi- schen Ziels. Kooperationspartner*innen für Hier werden identifizierte externe Ko- gemeinschaftliche Umsetzung operationspartner*innen zur gemein- schaftlichen Umsetzung aufgeführt, die von Kernteam und Beirat identi- fiziert wurden. Handlungsempfehlungen zur Errei- Hier werden gesammelte Ideen zu chung des strategischen Ziels Handlungsempfehlungen aus beste- henden Konzepten sowie Impulse des Kernteams und des Beirats für die Umsetzung des jeweiligen strategi- schen Ziels gelistet. Es gilt zu beach- ten, dass es sich dabei lediglich um Empfehlungen handelt und die Um- setzbarkeit im Einzelfall zu prüfen ist. Die Kompetenzbereiche der gelis- teten Handlungsempfehlungen sind dabei nicht auf die Bezirksregierung beschränkt, sondern adressieren alle für die regionale Zielerreichung not- wendigen Akteur*innen und Institu- tionen. Ausgewähltes Leuchtturmprojekt Hier werden bestehende Leuchtturm- aus der Region projekte aus der Region mit Links zu weiterführenden Informationen aufgeführt, die bereits zur Erreichung des strategischen Ziels beitragen. 30
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