Das Deutsche Rote Kreuz - nicht nur für Deutsche - Rahmenkonzeption Interkulturelle Öffnung im DRK
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Deutsches Rotes Kreuz e.V. Generalsekretariat Team Migration und Integration Das Deutsche Rote Kreuz – nicht nur für Deutsche Rahmenkonzeption Interkulturelle Öffnung im DRK
Deutsches Rotes Kreuz e.V. Generalsekretariat Team Migration und Integration Das Deutsche Rote Kreuz – nicht nur für Deutsche Rahmenkonzeption Interkulturelle Öffnung im DRK
Vorwort Inhaltsverzeichnis Mehr als 15 Millionen Menschen in Deutsch- Rote Kreuz? Welche Chancen bietet sie? land verfügen über einen so genannten „Mi- Welche Herausforderungen gibt es? Wie se- Vorwort 2 grationshintergrund“, so das Ergebnis des hen konkrete Maßnahmen aus? jüngsten Mikrozensus. Jeder zweite von I. Warum brauchen wir interkulturelle Öffnung? 4 ihnen ist Ausländer und nicht im Besitz ei- Auf diese Fragen will die vorliegende Rah- nes deutschen Passes. Alle anderen waren menkonzeption erste Antworten geben. Sie II. Erste Schritte – die Grundlagen der interkulturellen Öffnung 7 einmal Ausländer und haben sich einbür- will Impulse für einen Prozess geben, der gern lassen, sind Russlanddeutsche, die als alle im Deutschen Roten Kreuz angeht und III. Wie kann die interkulturelle Öffnung im Deutschen Roten Kreuz Deutsche aus dem Ausland einreisten, oder für den alle Verantwortung tragen: die Füh- durchgeführt werden? 10 Kinder von Eltern, von denen einer oder bei- rungs- und Aufsichtsgremien, aber auch alle de nach Deutschland einwanderten. Men- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den viel- IV. Vorschläge zur interkulturellen Öffnung in den 19 schen mit Migrationshintergrund bilden also fältigen Aufgabenfeldern. verschiedenen Arbeitsfeldern des DRK einen großen Teil der Bevölkerung der Bun- 1. Im Jugendrotkreuz 19 desrepublik Deutschland. Organisationen, In jeder Verbandsgliederung, jeder Einrich- 2. In der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe 20 Einrichtungen und Dienste verkennen deren tung und jedem Dienst, im Ersten Hilfe- 3. In der Altenhilfe und Gesundheitsförderung 24 Bedeutung aber noch oft. Training und in der Jugendgruppe – überall 4. Bedeutung für Erste Hilfe, Katastrophenschutz bieten sich Möglichkeiten, engagierte Men- und Rettungsdienste 26 Auch das Deutsche Rote Kreuz ist noch schen mit Migrationshintergrund aktiv ein- 5. Herausforderungen im Bereich Ehrenamt 28 nicht überall auf die Mitwirkung und gleich- zubeziehen. 6. In der Öffentlichkeitsarbeit 29 berechtigte Teilhabe von Migrantinnen und Migranten vorbereitet: weder als Institution, Schärfen wir unseren Blick dafür, was Men- V. ...und jetzt? 32 die vielen Menschen eine haupt- oder eh- schen mit Migrationshintergrund brauchen, renamtliche Betätigung ermöglicht, noch als was sie interessiert und was sie mitbringen Anhang Grundlegende Beschlüsse im Deutschen Roten Kreuz 33 Anbieter von Sozial- und Gesundheitsdiens- – und für die Chancen und Perspektiven, die Übersicht über die Fortbildungsmodule ten. ihre Integration bietet! des DRK-Generalsekretariats 34 Berlin, im November 2007 Hilfreiche Literatur und Adressen im Internet 36 Um das zu ändern, stellen wir die „interkul- turelle Öffnung“ seit einigen Jahren in den Im Interesse der Lesbarkeit wird nur die männliche Form verwendet. Fokus unserer Arbeit. Was aber bedeutet 2 „interkulturelle Öffnung“ für das Deutsche Dr. rer. pol. h.c. Rudolf Seiters, DRK-Präsident 3
I I Warum brauchen wir interkulturelle Öffnung? Z ugewanderte und Kinder von Zuge- wanderten sind ein wesentlicher Be- standteil der deutschen Gesellschaft. Mehr Zu einem Leben in Würde gehört auch ge- sellschaftliche Teilhabe und Chancengleich- heit für alle – unabhängig von ethnischer in Europa, „den Wert an[zuerkennen], den Migranten in sozialer, kultureller und wirt- schaftlicher Hinsicht in die Gesellschaften cen strukturelle Veränderungen der Aufnah- megesellschaft samt ihrer Institutionen und Organisationen unerlässlich sind. als 15 Millionen Einwohner, das sind knapp Herkunft, kultureller Prägung und religiöser der Aufnahmeländer einbringen und diese 20 Prozent der deutschen Bevölkerung, ha- oder weltanschaulicher Überzeugung. so bereichern“. Zudem verpflichteten sie In der Theorie leuchtet das vielen ein. Die ben einen Migrationshintergrund; etwa jeder sich dazu, „dafür Sorge zu tragen, dass Praxis zeigt aber, dass die Umsetzung ein zweite von ihnen ist laut Staatsbürgerschaft Um dieses Ziel umsetzen zu können, ist das Rote Kreuz und der Rote Halbmond die Weg ist, auf dem noch viele Schritte zu Ausländer. Mehr als jeder zweite, der mit die interkulturelle Öffnung des Deutschen Integration fördern, offen für alle sind, und gehen und viele Fragen offen sind. Warum einem ausländischen Pass in Deutschland Roten Kreuzes unerlässlich. Nur wenn es sich in der Bekämpfung von Rassismus, fühlen sich Migranten von den bestehenden lebt, tut das seit mehr als zehn Jahren, je- uns gelingt, unsere Grundsätze konsequent Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Angeboten oft nicht angesprochen? Was der dritte bereits 20 Jahre und länger. Ver- umzusetzen, wird der Verband als zentraler sozialer Ausgrenzung sowie für die Achtung schreckt sie ab? Was fehlt ihnen? Die Wei- gangenheit, Gegenwart und Zukunft der zivilgesellschaftlicher Akteur in einer plura- der Vielfalt und der menschlichen Würde un- terentwicklung bestehender Angebote und Bundesrepublik sind von Zuwanderung ge- listischen Gesellschaft den Herausforderun- eingeschränkt einsetzen“. Strukturen ist ein wichtiger Aspekt interkul- prägt. gen der Zukunft gerecht und gehört werden. tureller Öffnung. Es müssen aber auch neue Als Spitzenverband der Freien Wohlfahrts- Interkulturelle Öffnung – Projekte und Dienste entwickelt und auf Das Zusammenleben von Menschen ver- pflege möchte das DRK Migranten nicht nur was ist das eigentlich genau? neue Bedarfe zugeschnitten werden. schiedener Herkunft verändert nicht nur die als Kunden, sondern auch als Partner und deutsche Gesellschaft. Es ist auch eine He- Mitglieder gewinnen. Als weltweit größte Interkulturelle Öffnung beschreibt den Pro- Interkulturelle Öffnung bedeutet aber vor rausforderung für das Deutsche Rote Kreuz, humanitäre Organisation kann und muss zess, Menschen mit Migrationshintergrund allem, nicht allein die mit den Themen „Mi- das mit mehr als vier Millionen Mitgliedern in das Rote Kreuz mit gutem Beispiel voran – seien es Ausländer, Aussiedler, Flüchtlinge gration“ und „Integration“ befassten Auf- ihr verankert ist. Jeden Tag treffen engagier- gehen. National wie international hat eine oder eingebürgerte Zuwanderer – grund- gabenbereiche mit der Durchsetzung der te ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter auf Reihe von Rotkreuz-Beschlüssen die Not- sätzlich als gleichberechtigt anzuerkennen Interessen von Migranten zu betrauen. Inter- Menschen aus verschiedenen Ländern mit wendigkeit der interkulturellen Öffnung in und ihnen in allen gesellschaftlichen Berei- kulturelle Öffnung geht alle an und muss in unterschiedlichsten Bedürfnissen. den vergangenen Jahren bereits bekräftigt chen Teilhabe und Mitwirkung zu ermögli- allen Arbeitsfeldern verfolgt werden – in der (siehe Anhang). chen. Wichtige Grundlagen der interkultu- Kinder- und Jugendhilfe genauso wie in den Ausgehend von den Grundsätzen der Rot- rellen Öffnung bilden die Anerkennung, dass Gesundheitsdiensten und der Altenhilfe, im kreuz- und Rothalbmondbewegung sind wir So erklärten zuletzt auf der Europäischen Deutschland ein Zuwanderungsland ist, so- Hauptamt wie im Ehrenamt, im Katastro- dem Schutz der Menschenrechte und der Regionalkonferenz 2007 die Nationalen wie die Erkenntnis, dass zur Schaffung von phenschutz und in der Ersten Hilfe. 4 Achtung der Menschenwürde verpflichtet. Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften gleichen Teilhabemöglichkeiten und Chan- 5
I II Erste Schritte – die Grundlagen der interkulturellen Öffnung Interkulturelle Öffnung im Auftrag des Leitbildes Ziele der interkulturellen Öffnung im DRK D as Deutsche Rote Kreuz ist mehr und mehr herausgefordert, ein ethnisch und kulturell diversifiziertes Zusammenle- umsbeschluss hat das DRK dies im Jahr 2004 anerkannt und Grundsätze entwickelt, die interkulturelle Öffnung im Sinne unseres Den Grundsätzen des Roten Kreuzes und Einrichtungen, Dienste und Angebote ben zu gestalten, Integration sowie Parti- Selbstverständnisses zu verfestigen und vo- so gestalten, dass sie von Migranten Roten Halbmondes zu folgen heißt, sich für zipation und Chancengleichheit zu fördern ranzutreiben: und Einheimischen in gleicher Weise alle, insbesondere für hilfsbedürftige und be- und zu ermöglichen. Durch einen Präsidi- genutzt werden nachteiligte Menschen, solidarisch und un- Zuwanderer nicht nur als Adressaten parteilich einzusetzen. Das DRK fördert ein Grundsätze zur interkulturellen Öffnung im Deutschen Roten Kreuz sozialer Arbeit begreifen – sondern gleichberechtigtes, friedliches und respekt- auch als Kunden, ehren- und haupt- 1. Das DRK stellt die Teilhabe und Anerkennung von Migrantinnen und Migranten im volles Zusammenleben aller Menschen, amtliche Mitarbeiter sowie Leitungs- Verband sicher und trägt so auch zu ihrer Integration in die Gesellschaft bei. unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft, kräfte 2. Das DRK betrachtet die interkulturelle Öffnung als wichtigen und notwendigen Bei- kulturellen Prägung oder weltanschaulichen trag, seine Angebote und Dienste an die Herausforderung kultureller Vielfalt anzu- Angemessene Versorgung aller Men- passen und damit seine Zukunftsfähigkeit zu sichern. Überzeugung. Zur glaubwürdigen Umset- schen sicherstellen 3. Im DRK sind Menschen mit Migrationshintergrund gleichberechtigte Mitglieder, Füh- zung eigener Grundsätze und Leitbilder ist Image und Attraktivität der eigenen rungskräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Klientinnen und Klienten sowie Kun- das DRK zur interkulturellen Öffnung aufge- Einrichtungen verbessern dinnen und Kunden. rufen. Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit 4. Das DRK setzt sich dafür ein, dass niemand aufgrund seiner ethnischen Herkunft, des DRK sichern kulturellen Prägung oder weltanschaulichen Überzeugung diskriminiert wird. 5. Das DRK gestaltet seine Angebote so, dass sie jede(r) in Anspruch nehmen kann, unabhängig von ethnischer Herkunft, kultureller Prägung oder weltanschaulicher Überzeugung. 6. Das DRK fördert die interkulturelle Kompetenz seiner ehren- und hauptamtlichen Mit- arbeiterinnen und Mitarbeiter und erkennt interkulturelle Kompetenz bei der Einstel- lung als besondere Fähigkeit an. 7. Das DRK betreibt Öffentlichkeitsarbeit zum Thema interkulturelle Öffnung. 8. Das DRK pflegt eine interne und externe Kooperation und Vernetzung zur Förderung der interkulturellen Öffnung, insbesondere auch mit Vereinen und Selbsthilfeorgani- sationen von Migrantinnen und Migranten. 9. Das DRK überprüft in regelmäßigen Abständen den Prozess der interkulturellen Öffnung. 6 7
II. II III Wie lassen sich diese Prinzipien in der Eine Neuorientierung kann nur Erfolg haben, Good Practice Praxis umsetzen? Wo fängt man an? wenn sie in einen laufenden Prozess und be- Beispielhaft für Grundlagenarbeit der in- stehende Strukturen eingebettet wird, jeder terkulturellen Öffnung ist die Folienprä- Schon weil Migranten in manchen sozialen von ihr erfährt und sie jeden mitnimmt. Die sentation „Das Deutsche Rote Kreuz Diensten und Einrichtungen überrepräsen- Bedeutung der internen Öffentlichkeitsarbeit – nicht nur für Deutsche“. Zusammen tiert sind, neigen wir dazu, sie vor allem als kann deswegen auch für die interkulturel- mit einem Begleitheft informiert sie über Zuwanderung nach Deutschland, erläu- Empfänger von Hilfeleistungen anzusehen. le Öffnung kaum hoch genug eingeschätzt tert die damit verbundene Herausforde- Diese Sichtweise zu ändern ist so etwas werden. Jede Willenserklärung wie auch rung für das DRK und stellt DRK-Ange- wie der allererste Auftrag interkultureller Öff- jede anstehende Maßnahme müssen im bote für Zuwanderer vor. Mit ihrer Hilfe nung – oder auch eine Bedingung, ohne die Verband kommuniziert und – beispielsweise können Mitarbeiter der Kreisverbände für es nicht geht. mit Arbeitshilfen und Empfehlungen – ver- das Thema sensibilisiert und außerdem breitet werden. Für Grundlagenarbeit und motiviert werden, gewonnene Erkennt- nisse in die eigene Arbeit einzubringen Auch die Strategie 2010plus bietet für alle Motivation ist außerdem wichtig, positive und den Prozess der interkulturellen Öff- Bereiche des DRK im In- und Ausland we- Erfahrungen – so genannte „Good Practice- nung zu fördern. sentliche Anknüpfungspunkte für die Um- Beispiele“ – publik zu machen. Dazu bieten setzung interkultureller Öffnung. Im Kern sich Informationsmaterialien wie „Rotes sieht sie vor, die Vielzahl der Aufgaben nach Kreuz – Das Fachmagazin des DRK“ oder wettbewerblicher, wirtschaftlicher und ide- das Internet an. Auch die vorliegende Bro- eller Bedeutung zu gliedern – und zielgrup- schüre will hierzu einen Beitrag leisten. pengerechte Angebote zu machen, die mit Qualitätsstandards verknüpft werden. Au- ßerdem soll die ehrenamtliche Mitwirkung gestärkt werden. Diese ohnehin anstehen- den Reformen bilden eine gute Gelegenheit, Interkulturalität mitzudenken, einzubauen und umzusetzen. 8 9
II I III Interkulturelle Öffnung im Deutschen Roten Kreuz – wie geht das? U m die interkulturelle Öffnung zu för- dern, ist es wichtig, konkret zu werden – wirkliche Entwicklung braucht mehr als Good Practice Das Projekt „Migrationsbeauftragte“ Good Practice Der JRK-Landesverband Nordrhein veranstaltete im Februar 2004 als Auftaktver- ist ein gutes Beispiel interkultureller anstaltung des Jahresthemas „Grenzenlos gemeinsam – wir verbinden Men- Absichtserklärungen. Aus gewonnenen Er- Öffnung im Bereich Organisationsent- schen“ einen „Karneval der Kulturen“. In diesem Rahmen wurde unter anderem ein kenntnissen entwickelte Konzepte müssen „politischer Workshop“ unter dem Titel „Wie gewinne ich ausländische Kinder und wicklung. Das Modellprojekt wurde umgesetzt und notwendige Änderungen Jugendliche fürs JRK?“ durchgeführt. Ausgangspunkt war die bei der Mitglieder- 2003 im Landesverband Hessen ge- vorgenommen werden. Langfristiges Ziel ist startet. Die Vizepräsidentin des Lan- befragung gewonnene Erkenntnis, dass in allen Kreis- und Ortsverbänden nur ein nicht nur die Realisierung von Modellprojek- desverbandes wurde zur Migrations- geringer Prozentsatz von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien im JRK ten, sondern die grundsätzliche Einbezie- beauftragten ernannt, deren Aufgabe zu finden ist. Der Workshop stellte Überlegungen an, wie Jugendliche und Kinder mit es ist, sicherzustellen, dass das Thema Migrationshintergrund so angesprochen werden, dass ihr Interesse geweckt wird. hung von Menschen mit Migrationshinter- Migration auf allen Ebenen, in allen Vorgeschlagen wurden – neben einer kon- grund. Um die Angebote und Einrichtungen tinuierlichen Öffentlichkeitsarbeit – ganz Bereichen und bei allen Entscheidun- des DRK interkulturell zu öffnen, empfiehlt konkrete Schritte wie die Durchführung gen im Landesverband berücksichtigt sich zunächst eine intensive Überprüfung wird. Entsprechend wurden auch auf der Projektwochen an Schulen (z. B. Be- der Strukturen. Ebene der Kreisverbände Migrations- such einer Rettungswache / Besichtigung beauftragte berufen. Mit ihrer Hilfe soll eines Hubschraubers). Zudem wurde vor- ein anderes Verständnis für die Belan- geschlagen, alle JRK-Angebote auf ihre Sprechen vorhandene Angebote ge von Menschen mit Migrationshin- Attraktivität und Offenheit für Migranten Migranten an? Sind Strukturen und An- zu überprüfen und gegebenenfalls anzu- tergrund entstehen, das dazu anregt, gebote überhaupt geeignet, Menschen passen. auch eigene Strukturen und Angebote mit Migrationshintergrund für das DRK zu überdenken und den Anforderungen Beruhend auf seiner Resolution „Für Menschlichkeit – gegen Rassismus und zu gewinnen? anzupassen. Fremdenfeindlichkeit“ hat der DRK-Landesverband Sachsen-Anhalt aktiv interkul- Zur Beantwortung dieser Fragen reicht die turelle Sensibilisierung betrieben. Ziel war Feststellung, dass das DRK prinzipiell al- es, das Thema interkulturelle Öffnung in vorhandenen Arbeitskreisen verschiede- len offen steht und niemand von Angebo- ner Sachgebiete und in Fortbildungen zu ten ausgeschlossen ist, nicht aus. Vielmehr behandeln und zu verbreiten. Nach einer sollte untersucht werden, ob die Angebote vorbereitenden Veranstaltung mit Fachre- tatsächlich von Migranten ebenso besucht ferenten wurden Veranstaltungen in ver- werden, wie von Einheimischen – und wenn schiedenen Abteilungen und Bereichen nicht, was Menschen mit Migrationshinter- durchgeführt. 10 grund fernhält. 11
II I III Eine solche Untersuchung wird vermutlich forderungen eines interkulturellen Arbeitsall- teres ist wichtig, weil ein diskriminierungs- Zur Vertiefung bieten sich Fortbildungen auf ganz verschiedene Zugangsbarrieren tags vorzubereiten. Nur so kann kulturellen freies Arbeitsumfeld ein Qualitätsstandard an, in denen die interkulturelle Kompetenz stoßen: Von mangelnden Deutschkenntnis- Missverständnissen vorgebeugt und ein rei- ist, der die Produktivität steigert. gefestigt wird (siehe Anhang). Zielgruppe sen über fehlende Informationen über Ange- bungsloser Arbeitsablauf ermöglicht werden. sind neben den Mitarbeitern der Migrati- bote und Strukturen bis hin zu mangelndem Besondere Bedeutung kommt der Quali- onsarbeit in erster Linie ehren- und haupt- Vertrauen, Vorurteilen auf beiden Seiten und Was bedeutet interkulturelle Kompetenz fizierung von Kursleitern und Ausbildern amtliche Mitarbeiter, die aufgrund ihres einer tief sitzenden Angst vor Behörden und konkret und welche Qualifizierungsmög- zu. Diese kommen bei ihrer Arbeit mit vie- Arbeitsalltags oder anderen Erfahrungen Institutionen. lichkeiten gibt es? len Menschen – auch mit vielen Migranten ein besonderes Interesse für interkulturelle – zusammen und sind daher geeignete Mul- Kompetenz entwickelt haben. In den Fort- Interkulturelle Öffnung spielt deshalb eine Interkulturelle Kompetenz basiert auf der tiplikatoren. Bisher sprechen Fortbildungen bildungen kann mit externen Referenten, zentrale Rolle in der Kundenorientierung von Anerkennung kultureller Unterschiede und in interkultureller Kompetenz überwiegend auch aus Migrantenorganisationen, zu- DRK-Angeboten, von der alle Beteiligten nur Gemeinsamkeiten sowie eines bewussten Mitarbeiter an, die in der Migrationsarbeit sammengearbeitet werden. profitieren können: Menschen mit Migrati- Umgangs mit diesen. Das bedeutet, eigene tätig sind. Um möglichst alle ehren- und onshintergrund gewinnen neue Angebote; Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster zu hauptamtlichen Mitarbeiter des DRK zu er- Migranten als Mitarbeiter, Kursleiter und Dienste und Einrichtungen neue Kunden. hinterfragen und für Störungen in der Kom- reichen, ist ein modulares Fortbildungsan- Ausbilder... munikation und fremdes Verhalten sensibel gebot zu empfehlen: Wie kann man sich als DRK-Mitarbeiter zu sein. Soziale und interkulturelle Kompe- Ebenso wichtig wie die Fortbildung in inter- vorbereiten? tenz ist trainierbar und erweitert die Wahr- Als Einstieg bietet sich das Informations- kultureller Kompetenz ist es, Migranten als nehmung für das Miteinander. Und sie stärkt modul „Das Deutsche Rote Kreuz – nicht Mitarbeiter zu gewinnen und sie als Kurslei- „Interkulturelles Lernen“ und der Erwerb Kommunikations- und Konfliktfähigkeit und nur für Deutsche“ an. Es kann grundsätz- ter und Ausbilder zu qualifizieren. In jedem interkultureller Kompetenz sind wichtige ist damit ohnehin ein Gewinn für jede Team- lich in Einführungslehrgänge für ehren- und Arbeitsfeld kommen DRK-Mitarbeiter mit Bausteine der interkulturellen Öffnung. Der arbeit. hauptamtliche Mitarbeiter, aber auch in Migranten zusammen. Daher ist es sinn- Schlüsselbegriff lautet „Qualifizierung“. Jede andere Fortbildungslehrgänge, beispiels- voll, Mitarbeiter mit Migrationshintergrund Veränderung macht erst Sinn, wenn die von Ein Schwerpunkt in Fortbildungen liegt auf weise in Erster Hilfe, integriert werden. Ziel nicht nur in Migrationsdiensten einzusetzen, ihr Betroffenen für sie sensibilisiert und Sensibilisierungs- und Antidiskriminierungs- ist, dass jeder, der für das Rote Kreuz aktiv sondern in allen Arbeitsfeldern. In der Ein- gründlich informiert wurden. Es ist daher Trainings. Diese haben grundsätzlich zwei werden will, eine Einführung in das Thema stellungspolitik kann auf Erfahrungen der empfehlenswert, Mitarbeiter in die Verän- Stoßrichtungen: Sie thematisieren den Kon- Zuwanderung erhält und erfährt, was Mi- Frauenförderung zurückgegriffen werden derungsprozesse mit einzubeziehen und sie takt mit Kunden ebenso wie das Verhältnis gration und Integration mit der Rotkreuz- – beispielsweise kann die Anwendung der 12 durch Fortbildungsmaßnahmen auf die An- zu Kollegen mit Migrationshintergrund. Letz- arbeit zu tun haben. Klausel „Vorrang bei gleicher Eignung“ dazu 13
II I III beitragen, dass Positionen entsprechend – denn kulturelle Missverständnisse sind beitung einer Richtlinie zum Verhalten am mit attraktiven und adäquaten Angeboten der Zusammensetzung der Bevölkerung Sand im Getriebe internationaler Teams. Arbeitsplatz verwirklicht werden. Möglich an sie richtet. Migrantenorganisationen sind vergeben und Migranten gleichberechtigt ist aber auch die Aufnahme eines Verhal- mögliche Multiplikatoren für die Ansprache als Mitarbeiter und Führungskräfte einge- ...und ihre Bedeutung für Mitarbeiter- tenskodexes in bestehende Betriebsver- neuer Klienten oder Mitglieder. Das DRK stellt werden. teams des Deutschen Roten Kreuzes einbarungen oder der Abschluss einer An- sollte sich um enge und regelmäßige Kon- tidiskriminierungsvereinbarung. Auch kann takte bemühen, Migrantenorganisationen In der Mitarbeit von Migranten liegen viele Durch die Zusammenarbeit von Menschen in Erwägung gezogen werden, einen Anti- grundsätzlich gezielt über die Möglichkeiten Chancen für das Deutsche Rote Kreuz: mit und ohne Migrationshintergrund werden diskriminierungsbeauftragten zu benennen, einer Kooperation mit dem DRK informieren Die aktive Mitwirkung von Menschen mit der kulturelle Dialog gefördert, Vorurteile der die Einhaltung von Vereinbarungen prüft und sie an der Entwicklung neuer Projekte Migrationshintergrund in den Teams des ab- und Vertrauen aufgebaut. Interkulturelle und in Konfliktfällen schlichtet. beteiligen. Auch die Kooperation und Ver- DRK fördert die Überwindung kultureller, Teams unterstützen den Prozess interkultu- netzung mit anderen Organisationen und traditioneller und religiöser Barrieren. reller Öffnung – nach innen und außen. Aber: Interkulturelle Öffnung als Aspekt der Verbänden, die im Bereich interkulturelle Ausbilder und Kursleiter kommen mit einer Auch ein multikulturell zusammengesetztes Zusammenarbeit: Wer? Was? Wo? Öffnung aktiv sind, ist wichtig. Der Aus- Vielzahl von Personen in Kontakt. Wenn Team ist nicht per se interkulturell kompe- Mit wem? tausch hilft, eigene Schritte zu überdenken Migranten in dieser Funktion tätig sind, tent. Bei Schwierigkeiten helfen konkrete und weiterzuentwickeln sowie gemeinsame vermitteln sie der Öffentlichkeit ein positi- Fallbesprechungen, Fortbildungsmaßnah- Das Deutsche Rote Kreuz wird umso mehr Projekte durchzuführen. ves Bild des DRK. men sowie gezielte Beratungen bezüglich Migranten gewinnen, je intensiver es sich Mitarbeiter mit Migrationshintergrund kön- interkultureller Kontexte. Ein weiterer An- nen Migranten besser erreichen, für das satzpunkt ist die Thematisierung von inter- Good Practice DRK interessieren und zur ehren- oder kultureller Öffnung in Mitarbeitergesprächen. Im DRK gibt es viele positive Beispiele hauptamtlichen Mitarbeit im Roten Kreuz für die Ausbildung von Menschen mit motivieren. Sie erzeugen mehr Nähe. Respekt für kulturelle Verschiedenartigkeit Migrationshintergrund zu Kursleitern In vielen Aufgabenfeldern können Migranten und respektvolles Verhalten am Arbeitsplatz und Ausbildern, wie etwa türkische und mit spezifischen Kenntnissen qualifizierter sind Voraussetzungen für einen möglichst russlanddeutsche Ausbilder in Erster Hil- tätig sein. konfliktfreien Arbeitsalltag. Zur Vermeidung fe, Kursleiterinnen türkischer, spanischer und russlanddeutscher Herkunft für „Seni- Interkulturelle und sprachliche Kompeten- von diskriminierendem Verhalten am Ar- orengymnastik“ oder Kursleiterinnen türki- zen werden in vielen Arbeitsgebieten immer beitsplatz ist daher ein strukturelles Konzept scher Herkunft für „Krankenpflege in der wichtiger. Der Bedarf an Mitarbeitern mit zum Umgang mit Vorurteilen und Konflikten Familie“. 14 interkultureller Kompetenz steigt ständig empfehlenswert. Dies kann durch die Erar- 15
III. II I III Erfolge sichtbar machen! Wer Konzepte weiter entwickeln will, muss der Frage, wie hoch der Anteil von Mitar- Good Practice sie evaluieren. Weil Qualität sich in den all- beitern mit Migrationshintergrund ist, sollte Der Betriebsrat der „Volunta gGmbH Wirksamkeit und Effekte einzelner Maß- täglichen Arbeitsabläufen der betreffenden ebenfalls regelmäßig geprüft werden, wie – Partner für Freiwilligendienste und nahmen zur interkulturellen Öffnung sollten Einrichtung entscheidet, ist Qualitätsma- zufrieden Migranten als Kunden sind. Die mehr“ des Deutschen Roten Kreuzes zur eigenen Motivation erfasst, dokumen- nagement in erster Linie Sache der Einrich- Auswertung sollte in einen kontinuierlichen in Hessen hat mit der Geschäftsfüh- tiert und sichtbar gemacht werden. Es ist tungen selber. Es unterstützt sie dabei, ihre Prozess der Verbesserung einmünden. rung eine „Umsetzungsvereinbarung Diversity Management“ abgeschlos- wichtig, im Sinne einer Qualitätssicherung Leistungen und Angebote effektiv, effizient sen, um „gemeinsam am Ziel einer die praktische Durchführung zu begleiten und am Bedarf von Kunden mit oder ohne Ein geeignetes Instrument der Erfolgskon- pluralistischen Belegschaft zu arbei- sowie Erfahrungen festzuhalten und wei- Migrationshintergrund auszurichten. Ein trolle ist ein regelmäßiger „interkultureller ten“. Mit der Vereinbarung stellt sich terzuvermitteln. Bis heute wird – gerade in Baustein für die quantitative Überprüfung Selbstcheck“, der durch verschiedene Fra- die Volunta gGmbH gegen „Belästi- diesem Bereich – viel mit Eindrücken und der interkulturellen Öffnung ist die regel- gen neben der Standortbestimmung auch gungen und Diskriminierungen“ sowie Erfahrungswerten gearbeitet und wenig mit mäßige Analyse der Zusammensetzung der Anknüpfungspunkte für Veränderungen er- „mittelbare und unmittelbare Benach- teiligungen“. Als Chancen der Vielfalt verlässlichen Daten. Gerade anfangs bietet Beschäftigten. Neben der Beantwortung mittelt. erkennen die Vertragsparteien u.a. eine es sich daher an, regelrechte Erhebungen „bessere Ansprache der unterschied- durchzuführen, die einen Überblick über die lichen Kundengruppen“, die „Nutzung Good Practice Ausgangssituation sowie über die Rolle von der besonderen Erfahrungen und Kom- Migranten im DRK liefern können. Ein positives Beispiel im Bereich Vernetzung ist die Kampagne für eine kultursensib- petenzen einzelner Gruppen“ und nicht le Altenhilfe des gleichnamigen Arbeitskreises. In der Kampagne haben sich 2005 zuletzt eine „steigende Produktivität“. verschiedene Institutionen, Verbände und Einzelpersonen, Um die Vielfalt in der Belegschaft zu Grundsätzlich hilfreich ist auch die Formu- unter ihnen auch Migranten, zusammenge- steigern, werden bei lierung von Zielvereinbarungen und ein- schlossen, um das „Memorandum für eine der Volunta gGmbH zelnen Umsetzungsschritten. Die Frage, kultursensible Altenhilfe“ bundesweit publik gemäß Umsetzungs- inwiefern das Deutsche Rote Kreuz auf die zu machen. Aktionen, Informationen und inter- vereinbarung „bei Bedürfnisse von Migranten eingeht, ist ein kulturelle Erfahrungen geben auf der Grundla- Vorstellungsgesprä- ge des Memorandums für eine kultursensible wichtiges Qualitätsmerkmal seiner Arbeit. chen solche Bewer- Altenhilfe Anstöße für Maßnahmen in den Ein- ber bevorzugt, die Interkulturelle Öffnung sollte daher fester richtungen der Altenpflege. So wird Migranten in der jeweiligen Ge- Bestandteil von Qualitätsmanagement und der Zugang zu den Institutionen der Altenhilfe schäftsstelle unter- -entwicklung sein. erleichtert, Mitgestaltung ermöglicht und ihre repräsentiert sind.“ Lebenssituation verbessert. 16 17
II I IV Vorschläge zur interkulturellen Öffnung in den verschiedenen Arbeitsfeldern des DRK Fragen eines Selbstchecks könnten u. a. sein: „Spiegelt die Zusammensetzung der Grup- pe bezüglich der kulturellen Herkunft die Good Practice Im Mai 2004 wurde die interkulturelle D ie Besonderheiten, Chancen und Mög- lichkeiten im Umgang mit Migranten können in den breit gefächerten Arbeits- mit Migrationshintergrund im Jugendrot- kreuz eher gering. Laut Mitgliederumfrage 2003/2004 sind lediglich 15 von 1.000 Mit- Struktur des Einzugsgebiets wider?“ Öffnung zum strategischen Ziel des bereichen ganz verschiedene sein. Diese gliedern im Ausland geboren. Der Anteil Ju- „Was könnte Migranten abhalten, vorhande- Badischen Roten Kreuzes erklärt. Mit müssen jeweils erkannt und berücksichtigt gendlicher, deren Eltern aus einem anderen Hilfe einer Erhebung in den Kreisver- ne Angebote wahrzunehmen?“ werden. Gleichzeitig bieten sich in jedem Land stammen, liegt unter 4 Prozent. Auch bänden des Badischen Roten Kreu- „Werden Menschen mit Migrationshinter- zes sollten zunächst Angebote für Arbeitsfeld vielfältige Chancen und Möglich- um den Grundsätzen des JRK treu zu blei- grund gezielt angesprochen?“ Migranten erfasst werden. Außerdem keiten, die interkulturelle Öffnung innerhalb ben, empfiehlt es sich, die interkulturelle wollte man Einblicke in die Ausgangs- des Deutschen Roten Kreuzes zu fördern. Öffnung in konzeptionellen Überlegungen situation und einen Überblick erhalten, Dazu gehört z. B. das entschlossene Vorge- und als innerverbandliche Priorität zu ver- Good Practice welche Rolle Migranten im Badischen hen gegen Diskriminierung und das aktive In der Mitgliederumfrage 2003/2004 Roten Kreuz einnehmen. Darüber hin- Werben für den Respekt der Vielfalt. Im Fol- Good Practice des Jugendrotkreuzes wurde un- aus wurde explizit nach den Gründen ter dem Aspekt des Mitgliederprofils für die bislang eher gering ausge- genden wird die Ausgangslage in den ein- In dem Modellprojekt „Ankommen auch der Migrationshintergrund der prägte Beteiligung von Migranten ge- zelnen Arbeitsfeldern des DRK beschrieben, und dazu gehören“ können JRK- Mitglieder abgefragt. Die Ergebnisse, fragt. Auf Grundlage der gewonnenen wobei insbesondere auf praktische Aspekte Gruppen in Rheinland-Pfalz und aus Tendenzen und Erkenntnisse können Erkenntnisse wurden Empfehlungen Unna-Massen Partnerschaften mit ju- der interkulturellen Öffnung eingegangen Grundlage und Ausgangspunkt für für eine zielgenauere Arbeit gegeben gendlichen Migranten aus DRK-Über- wird. gangswohnheimen aufbauen. Den entsprechende Entwicklungsprozes- und Pers- se im Jugendrotkreuz bilden. pektiven der jugendlichen Migranten wird so die interkulturel- 1. Im Jugendrotkreuz Arbeit des Jugendrotkreuzes näher len Öffnung gebracht, der Einstieg in die deutsche aufgezeigt. Eine herausragende Zielsetzung des Ju- Sprache erleichtert und eine sinnvol- le Freizeitgestaltung geboten. Zudem gendrotkreuzes ist das Handeln für Frieden leistet das Projekt einen Beitrag zur und Völkerverständigung. Dies gilt auch Verhütung von Ausgrenzung bei Ju- für ein konfliktfreies Zusammenleben ver- gendlichen mit Migrationshintergrund. schiedener Kulturen in Deutschland. Die Die Jugendrotkreuzler gestalten die internationale JRK-Arbeit ermöglicht den Partnerschaften gemeinsam mit den Jugendlichen das Sammeln interkulturel- jugendlichen Migranten, können eige- ne Ideen einbringen und lernen andere ler Erfahrungen und interkulturelles Ler- Kulturen kennen. 18 nen. Trotzdem ist die Anzahl der Mitglieder 19
IV IV Einbindung des Themas in Kampagnen und Good Practice Good Practice Medien des Jugendrotkreuzes sorgt dafür, Was tun, wenn in einem Landkreis 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen Spätaus- Jugendliche, die Streit nicht einfach siedler sind, diese aber so gut wie gar nicht an DRK-Aktionen teilnehmen? Das JRK aus dem Weg gehen wollen, konnten dass sich mehr jugendliche Migranten an- und die Wasserwacht des Kreisverbandes Altötting entschlossen sich, gemeinsam ein sich bei einem inzwischen beendeten gesprochen fühlen. Zudem rücken Jugend- attraktives Angebot auf die Beine zu stellen: Um jugendliche Migranten zu integrieren Projekt des Landesverbandes Hes- liche mit Migrationshintergrund so auch für und in den eigenen Verband mit einzubeziehen, wurde im April 2004 die integrative sen zu „Streitschlichtern zwischen bereits aktive Jugendrotkreuzler als Ziel- Kinder- und Jugendgruppe „Mira“ gegründet. Das Projekt richtete sich an Spät- den Kulturen“ ausbilden lassen. gruppe der Mitgliedergewinnung in den aussiedlerkinder und -jugendliche wie an ausländi- Gemeinsam lernten Jugendliche mit Blickpunkt. sche und einheimische Kinder und Jugendliche und und ohne Migrationshintergrund, wie sollte durch verschiedene Freizeitaktivitäten Iso- Menschen in unterschiedlichen Kultu- lation abbauen und Hemmschwellen überwinden. ren mit Konflikten umgehen und wie 2. In der Kinder-, Jugend- und Die freizeit- und erlebnispädagogischen Angebote Familienhilfe wurden sehr gut angenommen. Knapp 120 Kinder und Jugendliche nahmen aktiv an Ausflügen, Tanz-, Die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe des Mal- und Bastelkursen, Schwimmkursen und Zelt- Deutschen Roten Kreuzes bietet vielfältige lagern der Wasserwacht teil. Angebote der Unterstützung und Bildung für junge Menschen und ihre Familien. Sie wird ankern. Nicht nur für das JRK ist interkul- ger von Hilfe denn als potenzielle Mitglieder dabei getragen von dem Anspruch, für alle turelle Öffnung eine Bereicherung. Für das gesehen. Kinder, Jugendlichen und Familien fördern- gesamte DRK bedeutet die Förderung der man Streit zwischen Jugendlichen mit de Lebensbedingungen zu schaffen sowie verschiedenen kulturellen Hintergrün- interkulturellen Öffnung im Jugendrotkreuz Der beste Weg für die Werbung neuer Mit- Selbsthilfepotenziale zu entwickeln. den konstruktiv und gewaltfrei lösen eine Investition in die Zukunft. glieder für das JRK führt über die Jugend- kann. In Seminaren setzten sich die rotkreuzler als Multiplikatoren. Aktiv aufein- Teilnehmer mit Normen und Werten Kinder, Jugendliche und Familien mit Mig- Interkulturelle Öffnung im Jugendrotkreuz ander zugehen ist ein wichtiger Baustein im fremder Kulturen, Formen der Konflik- rationshintergrund verfügen über viele Kom- bedeutet, sich für soziale Gerechtigkeit und Prozess der interkulturellen Öffnung. Eben- taustragung und Gewalt auseinander petenzen: Sie sprechen in der Regel mehre- gleiche Partizipationschancen von Kindern so wichtig ist die Förderung interkultureller und verbrachten. Im Anschluss daran re Sprachen, Mobilität und Flexibilität sind verbrachten sie eine gemeinsames und Jugendlichen mit Migrationshintergrund Öffnung durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit ein Teil ihrer Familiengeschichte, sie sind Wochenende mit Paragliding- oder einzusetzen und sie in bestehende Struk- und konzeptionelle Verankerung. Bei Akti- Selbstverteidigungskursen und mit es gewohnt mit anderen Kulturen zu koo- turen zu integrieren. Auch im JRK werden onsplanungen sollten kulturelle Besonder- paddeln oder klettern. perieren. Kinder und Jugendliche mit Mig- 20 Migranten zum Teil noch eher als Empfän- heiten von Anfang an beachtet werden. Die rationshintergrund bringen also schon jene 21
IV IV reichen Übernahme von gesellschaftlichen Mitarbeiter der Jugendsozialarbeit unter- Good Practice Aufgaben andererseits durch sie selbst und nehmen mit den jungen Frauen und Män- Zahlreiche Kreisverbände des DRK sind Ko- ihre Kinder. nern eine Exkursion zu einem erfolgreichen operationspartner beim Home Instruction Arbeitgeber mit Migrationshintergrund. Program for Preschool Youngsters (HIPPY). HIPPY ist ein international bewährtes kinder- Interkulturelle Öffnung und interkulturelles gartenergänzendes Lernprogramm, welches Lernen kann durchaus vor Ort, bei jedem Interkulturelle Arbeit in der Kinder-, Jugend- die kognitiven Fähigkeiten und Sprachkom- einzelnen Mitarbeiter beginnen. Dazu einige und Familienhilfe ist aber immer auch eine petenzen von Kindern fördert. Es wird vor al- nachahmenswerte Beispiele: Leitungsaufgabe. Dazu einige Anregungen: lem zur Förderung der sozialen Integration von Migrantenkindern eingesetzt. Die Besonder- In der Kita berichten z. B. bei einem Eltern- Es werden Workshops mit Migrantenor- heit besteht darin, dass die Mutter ausdrücklich als erste und wichtigste Lehrerin des Kindes anerkannt wird. Mittels Bilderbüchern und Arbeitsblättern übt sie täglich abend alle über ihre Familiengeschichte ganisationen veranstaltet, um zu erfahren, mit dem Kind. Dadurch verbessern die Mütter von HIPPY-Kindern auch ihre eigenen und stellen ihre (Familien-)Kultur vor. Wei- was Migranten von den Einrichtungen der Deutschkenntnisse. tere Themen könnten sein: Familienwerte, Jugendhilfe vor Ort erwarten und welche Seit März 2005 führt der Landesverband Sachsen-Anhalt gemeinsam mit den Euro- die Großfamilie etc. Kompetenzen sie in die Einrichtungen ein- Schulen Bitterfeld/Wolfen das Projekt „Tiefe Wasser“ durch. Interkulturelle Semina- In der offenen Jugendarbeit geben sich bringen können. re sollen Mitarbeiter von öffentlichen Einrichtungen für die Situation von Migranten Jugendliche gegenseitig Sprachunterricht, Es werden Gelder bereitgestellt für einen in Deutschland sensibilisieren. So beschäftigen sich Lehrer der Sekundarstufe mit kochen internationale Gerichte, beginnen Pool professioneller Dolmetscher (etwa für Möglichkeiten interkultureller Arbeit an der Schule. Mitarbeiter der ARGE und von Bildungsprojekte, in denen sie etwas über Hilfeplangespräche). Suchtberatungsstellen nehmen an Workshops zur interkulturellen Kommunikation teil. Einen weiteren Schwerpunkt des Projektes bildet die aktive Mitarbeit in regionalen andere Länder erfahren. Die Beratungsstelle, das Jugendzentrum Netzwerken zur Thematik Integration. Die Kita-Gruppe geht in ein afrikanisches oder die Kita sind so ausgestattet, dass Lebensmittelgeschäft und lässt sich erklä- auch Menschen aus anderen Ländern sich Fähigkeiten mit, die für unsere globalisierte Da diese Fähigkeiten aber in vielen Lebens- ren, wie die Lebensmittel heißen und was ein wenig zuhause fühlen können, indem Gesellschaft immer wichtiger werden und bereichen nicht gewürdigt werden, benöti- man damit kochen kann. sie Gegenstände oder Bilder aus ihrem die alle Menschen erlernen müssen. gen diese Kinder und Jugendlichen nicht nur Die Heimgruppe besucht zum Tag der offe- Herkunftsland vorfinden oder Informatio- die Unterstützung ihrer Eltern, sondern auch nen Moschee ein islamisches Gotteshaus nen in ihrer Muttersprache. Gleichzeitig stehen Kinder und Jugendliche der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Das und lässt sich von einem muslimischen Ju- Aktivitäten zur interkulturellen Öffnung ge- mit Migrationshintergrund vor der Heraus- DRK unterstützt die Eltern dabei, Brücken gendlichen der Einrichtung einige Abläufe ben haupt- und ehrenamtlichen Mitarbei- forderung, mit diesen Kompetenzen ihren zu bauen zwischen dem Bewahren der kul- und Gebräuche erklären. tern und den von ihnen betreuten Kindern 22 Platz in der Mitte der Gesellschaft zu finden. turellen Wurzeln einerseits und der erfolg- und Jugendlichen die Chance zu kleinen 23
IV IV Reisen in andere Kulturen – und das mitten Krankheitsempfinden und -verhalten von Konzepte und Angebote sollten, um Good Practice im normalen Alltag. Das kann Abenteuer Kultur zu Kultur verschieden, was zu Kom- Migranten anzusprechen, kulturelle Beson- Mehrere Kreisverbände des DRK be- bedeuten und lässt Neues und auch schon munikationsschwierigkeiten führen kann. derheiten berücksichtigen. Genesung kann teiligen sich als Kooperationspart- Bekanntes entdecken – und sollte immer ner an dem Gesundheitsprojekt „Mit Das deutsche Gesundheitssystem ist für kaum gelingen, wenn sich Migranten als auch Spaß machen. Migranten für Migranten – Interkul- Menschen mit Migrationshintergrund oft nur Patienten in ihrem Umfeld unwohl und unter turelle Gesundheit in Deutschland“ schwer nachvollziehbar. Integrationsdruck fühlen. Besonders wichtig 3. In der Altenhilfe und Gesundheits- (kurz MiMi), das seit 2003 im Auftrag förderung des Bundesverbandes der Betriebs- Good Practice krankenkassen vom Ethno-medizini- schen Zentrum in Hannover durch- Ein Beispiel aus der Altenpflege ist das Projekt „Älter werden in Deutschland“. Immer mehr Migranten bleiben, anders geführt wird. In dem Projekt werden Die Inforeihe wurde im Februar 2001 erstmalig gemeinsam vom DRK-Kreisverband als ursprünglich geplant, auch im Alter in Migranten als Gesundheitsmediatoren Stuttgart e.V. und einem türkischen Frauenverein durchgeführt. Die Werbung wurde Deutschland. Gründe dafür sind oft die fa- ausgebildet, die ihre Landsleute im An- gemeinsam vorbereitet und zweisprachig angefertigt. Dadurch konnte die Erreich- miliäre Situation oder auch die medizinische schluss an die Schulung mehrsprachig barkeit der türkischen Bevölkerung deutlich verbessert werden. Eines der Ziele der und kultursensibel über Themen der Inforeihe bestand darin, herauszufinden, welche Wün- Versorgung. Die Zahl älterer Migranten in Gesundheitsförderung, Prävention und sche und Interessen Migranten mit dem „Älter werden in Deutschland wird in den nächsten Jahren Deutschland“ verbinden. Ein Ergebnis ist, dass das Inte- das deutsche Gesundheitssystem in- stark zunehmen. Einrichtungen der Alten- formieren. Ziel ist, die Eigenverantwor- resse an Gesundheitskursen, an Kursen zur Ersten Hilfe hilfe und Gesundheitsförderung stehen des- tung von Menschen mit Migrationshin- (auch für jüngere Frauen) und zur Krankenpflege in der halb vor der Herausforderung, den Anspruch tergrund für ihre Gesundheit zu stärken Familie hoch ist. Im Anschluss an das Projekt wurden von Menschen mit Migrationshintergrund und ungleiche Gesundheitschancen zwei Teilnehmerinnen als Kursleiterinnen für die Senio- langfristig zu reduzieren. rengymnastik ausgebildet. Drei türkische Kräfte wurden auf Beratung, Betreuung und Pflege sicher- im Pflegedienst angestellt, was zu einer Steigerung der zustellen und ihre Angebote kultursensibel Nachfrage von türkischen Patienten führte. auszurichten. Sprachbarrieren, mangelnde Eine interkulturell geöffnete Altenhilfe muss Der DRK-Landesverband Bremen e.V. hat einen Lehrgang „Krankenpflege in Information und traditionelles kulturspezi- Verschiedenes bedenken: Migranten hal- der Familie“ mit einer Gruppe türkischer Frauen durchgeführt. Ziel des Lehr- fisches Denken führen bisher dazu, dass ten sich mit zunehmendem Alter verstärkt gangs war es, Migrantinnen auf durch die Pflege von Familienangehörigen be- Dienste und Einrichtungen der Altenhilfe im eigenen Kulturkreis auf. Ihr Leben ist lastende Alltagssituationen vorzubereiten. Den Frauen wurden unter Berück- und Gesundheitsförderung – trotz des Bera- durch ihre Biographie geprägt und weist sichtigung ihrer besonderen Lebenslage einfache Fertigkeiten der häuslichen tungsbedarfs – nur selten von Migranten in migrationsspezifische Merkmale und Be- Betreuung und Pflege von Familienangehörigen vermittelt. Zudem sollten den Frauen neue Möglichkeiten der Berufstätigkeit eröffnet werden. Ein vergleich- Anspruch genommen werden. sonderheiten auf, die bei der Versorgung bares Projekt wurde auch im DRK-Kreisverband Stuttgart e.V. durchgeführt. 24 berücksichtigt werden müssen. So ist z.B. 25
IV IV ist, Migranten bereits mit Präventionskon- die Wettbewerbsfähigkeit des Deutschen zepten und -strategien zu erreichen, so dass Roten Kreuzes. Aber auch der Umgang mit Good Practice sie nicht erst bei einer stationären Behand- Patienten unterschiedlicher Herkunftsländer Im Rahmen der Breitenausbildung des lung mit dem DRK in Kontakt kommen. will gelernt sein. Kreisverbandes Coburg werden in dem Projekt „Zweisprachig“ die Ausbildung 4. Bedeutung für Erste Hilfe, Katastro- Im Arbeitsfeld Bevölkerungsschutz finden zum Ersthelfer mit Hilfe einer Dolmetsche- rin in den Sprachen Deutsch und Russisch phenschutz und Rettungsdienste sich ebenfalls wenig Migranten. Da eine An- durchgeführt. Die Motivation für das Projekt werbung neuer Mitglieder hier meist über entstand aus Gesprächen mit den Ausbil- Mehr als eine Million Menschen bildet das die Jugend erfolgt, empfiehlt es sich, auch dern, welche auf Verständigungsprobleme Deutsche Rote Kreuz jährlich in Erster Hil- bei der Gewinnung von Migranten für den in den Kursen aufmerksam machten. Neben fe aus. Die meisten sind Jugendliche, die Zivil- und Katastrophenschutz beim Ju- den Unterrichtsmaterialien wurden auch An- Kenntnisse in Erster Hilfe nachweisen müs- gendrotkreuz anzusetzen. Doch nicht nur meldeformulare, Flyer und Plakate in beiden Sprachen angefertigt. Der Erfolg kam prompt. Nicht nur die russischsprachigen Kursteilnehmer profitierten von der ziel- sen, wenn sie ihren Führerschein machen. als neue Mitglieder, auch als Opfer einer Ka- gruppenspezifischen Ausrichtung des Angebotes, sondern auch der Kreisverband, Analog zu ihrem Anteil an der Gesellschaft tastrophe sollte die kulturelle Besonderheit der neue Kundengruppen gewinnen konnte. Die Kurse wurden von in Deutschland sind unter ihnen immer mehr Jugendliche von Migranten berücksichtigt und in Schu- ansässigen russischen Firmen gebucht. Darüber hinaus fragten andere Interessen- aus Zuwandererfamilien. Manche haben lungen an Helfer vermittelt werden. Not- ten auch Kurse in weiteren Sprachen an. dabei so große Probleme mit der deutschen fallunterkünfte, Verpflegung und Betreuung Das Bayerische Rote Kreuz schult seit Anfang der 1990er Jahre Ausbilder als Multi- Sprache, dass sie den Kursen schlechter fol- sollten entsprechend angepasst werden. plikatoren, um langfristig fremdsprachige Ausbildungen in den Bereichen „Erste gen können als ihre Altersgenossen und des- Hilfe“ und „Lebensrettende Sofortmaßnahmen“ mit entsprechenden Unterrichts- wegen auch weniger motiviert sind, die drin- Anders als bei der Ersten Hilfe und im Zivil- materialien durchführen zu können. Als fremdsprachige Materialien sind der Folien- gend benötigten Kenntnisse zu erwerben. und Katastrophenschutz bringen die Mit- satz „Erste-Hilfe-Lehrunterlagen“ in englischer, russischer und türkischer Sprache sowie die Broschüre „Lebensrettende Sofortmaßnahmen“ in Russisch erhältlich. Der arbeiter der Rettungsdienste bereits Kom- Text der Folien aus der neuen Lehrunterlage „Erste Hilfe für Sportgruppen“ wurde In der Ersten Hilfe gehört eine Verbesserung petenz im interkulturellen Umgang mit, da bereits ins Englische übersetzt; eine türkische und eine russische Übersetzung sind der Angebote und Kursattraktivität für alle der theoretische Teil der berufsspezifischen ebenfalls vorgesehen. Beteiligten zu den zentralen Aufgaben. Ein Qualifikation eine Grundausbildung hierzu zweisprachiges Kursangebot mit passen- beinhaltet. In Gegenden mit hohem Migran- den mehrsprachigen Unterlagen bedeutet tenanteil wären allerdings Fortbildungen, die der Rettungsdienste mit Migrantenorgani- darfsgerechten Versorgung aller Bevölke- eine breitere Kundenorientierung, öffnet über diese Grundausbildung hinausgehen, sationen – z. B. bei Rettungsübungen – ein rungsgruppen. 26 neue Kundenkreise und verbessert zudem sinnvoll. Ebenso wäre die Zusammenarbeit wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer be- 27
IV IV 5. Herausforderungen im Bereich DRK für die Migranten die Förderung von Good Practice Ehrenamt beruflichen Kompetenzen und Integration. Wichtig ist, bestehende kulturelle Unter- Im DRK-Kreisverband Stendal e.V. wurde das Modellprojekt „Migrantinnen und Ehrenamtliches Engagement ist eine der tra- schiede auch bezüglich des Ehrenamtes zu Migranten im Ehrenamt in Stendal“ durchgeführt. Ziel war erstens, dass sich Migranten in das Gemeinwesen integrieren, indem sie ihre im Herkunftsland erwor- genden Säulen des Deutschen Roten Kreu- beachten. Diese beziehen sich sowohl auf benen Kompetenzen ehrenamtlich anwenden, und zweitens, dass Zugewanderte zes. Erfahrungen zeigen, dass gerade in die- unterschiedliche gesellschaftliche Veran- neue Kompetenzen erwerben. Innerhalb von zwei Dokumentation eines Modellprojektes im DRK-Kreisverband Östliche Altmark e.V. sem Bereich die Mitwirkung von Migranten kerungen als auch auf die mit dem Begriff Jahren konnten zahlreiche Menschen mit Migrations- Ehrenamt und Integration bislang eher Ausnahme als Regel ist. Dabei „Ehrenamt“ verbundenen Assoziationen. hintergrund für verschiedene ehrenamtliche Tätigkei- bieten sich unter dem Rotkreuzprinzip der In anderen Kulturen ist freiwilliges soziales ten im DRK gewonnen werden. Das Engagement der Freiwilligkeit große Chancen zur Begeg- Engagement kaum verbandlich organisiert, Migranten hat den Kreisverband auch bei der Erwei- terung seiner Aktivitäten und Kursangebote für die nung und Zusammenarbeit unter Wahrung sondern beruht auf dem Prinzip der Nach- gesamte lokale Bevölkerung unterstützt. der kulturellen Identität. Als nationale Rot- barschafts- oder Familienhilfe. Oft müssen Im DRK-Landesverband Baden-Württemberg e.V. hat das Präsidium die Arbeits- kreuzorganisation und Spitzenverband der Migranten daher erst mit organisierter ehren- gruppe „Öffnung des Verbandes“ mit überwiegend ehrenamtlicher Besetzung ins Freien Wohlfahrtspflege ist das Deutsche amtlicher Tätigkeit vertraut gemacht werden. Leben gerufen. Sie soll die Aufnahme von Migranten als Ehrenamtliche durch die Rote Kreuz in besonderer Weise aufgeru- Entwicklung von strategischen Zielen und entsprechenden Umsetzungskonzepten fen, Zuwanderern ehrenamtliche Mitarbeit Angebote sollten so gestaltet und gege- unterstützen. Interkulturelle Öffnung soll so thematisiert und die interkulturelle Kom- zu ermöglichen sowie die aus sozialen und benenfalls geändert werden, dass sich petenz der Ehren- und Hauptamtlichen gefördert werden. gesellschaftlichen Gründen notwendige Zu- Migranten angesprochen fühlen und zu frei- Der DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz e.V. baut das „Integrationsprojekt sammenarbeit zu fördern. Bereits 1986 hat em bürgerschaftlichem Engagement moti- Sprachpartnerschaften“ nach einem gelungenen Start im Juni 2006 weiter aus. Die das Deutsche Rote Kreuz auf Beschluss des viert werden. Grundsätzlich sorgen konkre- Sprachpartner treffen sich mindestens einmal pro Woche, um den alltäglichen Ge- Präsidiums den Arbeitskreis „Migranten als te Benennungen von Aufgabenfeldern für brauch der deutschen Sprache zu üben. Für die Integration der Migranten ist das Erlernen der deutschen Sprache äußerst wichtig – aber auch die deutschen Sprach- Partner im DRK“ eingesetzt. mehr Interesse. Wie Einheimische müssen partner profitieren. auch Migranten zunächst die Möglichkeit Bei der interkulturellen Öffnung des Ehren- haben, sich mit ehrenamtlichen Aufgaben amts stehen zwei Ziele im Vordergrund: Ei- zu identifizieren. Dazu können aktive Eh- schließlich potenzielle Berater von anderen 6. In der Öffentlichkeitsarbeit nerseits besteht angesichts der Zunahme renamtliche – mit und ohne Migrationshin- Migranten. Interkulturelle Öffnung bedeutet sozialer Aufgaben ein steigender Bedarf an tergrund – einen wichtigen Beitrag leisten. die Einbeziehung von Migranten in die brei- Der Öffentlichkeitsarbeit kommen auch bei ehrenamtlichen Mitarbeitern. Andererseits Migranten im Ehrenamt sind weder lediglich te Palette der ehrenamtlichen Mitwirkung im der interkulturellen Öffnung wichtige Auf- 28 bedeutet die ehrenamtliche Mitarbeit im Zielgruppe von Dienstleistungen noch aus- Deutschen Roten Kreuz. gaben zu. Erstens weckt sie durch gezielte 29
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