Ausgezeichnet! - Max-Planck-Gesellschaft
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PERSPEKTIVEN Ausgezeichnet! Leibniz-Preise 2019 für drei Max-Planck-Wissenschaftlerinnen Melina Schuh wird für ihre grundlegenden Arbeiten zur Fort- pflanzungsbiologie gewürdigt. Die Direktorin am Max- Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen hat wichtige Erkenntnisse dazu beigetragen, wie eine reife, be- fruchtungsfähige Eizelle entsteht und welche Folgen es hat, wenn bei diesem empfindlichen Vorgang Fehler passieren. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) erklärte die frisch gekürte Leibniz-Preisträgerin, wie ihre Forschung Frauen mit Kinderwunsch hilft. Und auch die Arbeiten von Ayelet Shachar, Direktorin am Max-Planck-Institut zur Erforschung multire- ligiöser und multiethnischer Gesellschaften in Göttingen, wa- ren der FAZ unter dem Titel „Das Recht der Entwurzelten“ ei- nen Beitrag wehrt. Ihre multidisziplinären Arbeiten zu Staats- bürgerschaft und rechtlichen Rahmenbedingungen in mul- Frauenpower aus der Max-Planck-Gesellschaft: die Leibniz-Preisträge- rinnen Melina Schuh, Ayelet Shachar und Brenda Schulman (von links). tikulturellen Gesellschaften haben Shachar zu einer der füh- renden Expertinnen auf diesem Gebiet werden lassen. Bren- In diesem Jahr erhalten gleich drei Max-Planck-Wissen- da Schulman, Direktorin am Max-Planck-Institut für Bioche- schaftlerinnen den wichtigsten deutschen Forschungsför- mie in Martinsried, wird für ihre biochemischen und struk- derpreis: Melina Schuh, Ayelet Shachar und Brenda Schul- turbiologischen Arbeiten zu den molekularen Mechanismen man werden den mit bis zu 2,5 Millionen Euro dotierten des Ubiquitin-Systems ausgezeichnet. Denn eine Fehlregula- Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis am 13. März 2019 in Ber- tion in diesem System führt zu zahlreichen Funktionsstörun- lin entgegennehmen. gen, wie etwa Krebs oder neurodegenerativen Erkrankungen. Pionierleistung in der Proteinforschung geehrt Franz-Ulrich Hartl erhält Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis 2019 Fotos: Frank Vinken (2, oben links) Peter Barta/BMC/St Jude (oben rechts); Paul-Ehrlich-Stiftung (unten) Für ihre Pionierarbeit in der Erfor- schung der Proteinentfaltung werden dieses Jahr zwei Wissenschaftler mit der besonderen Auszeichnung gewür- digt: Franz-Ulrich Hartl, Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in München, teilt sich den Preis mit sei- nem US-amerikanischen Kollegen Ar- thur L. Horwich von der Yale School of Medicine und dem Howard Hughes Medical Institute. Die Forscher neh- men den mit 120 000 Euro dotierten Preis am 14. März 2019 in der Frank- furter Paulskirche entgegen. Hartl und Meister der Proteinfaltung: Horwich haben gezeigt, dass die Prote- Franz-Ulrich Hartl, Direktor am Max- ine sämtlicher Organismen über einen Planck-Institut für Biochemie. komplizierten und energieaufwendi- gen Prozess gefaltet werden und dabei auf Faltungshelfer, sogenannte Chape- und verklumpte Proteine sind ein wich- könnte ein besseres Verständnis dieser rone, angewiesen sind. Die Arbeiten tiges Merkmal vieler neurodegenerati- Fehlfaltungen wichtige Ansatzpunkte sind auch für die Medizin von erhebli- ver Erkrankungen, etwa Alzheimer oder für die Behandlungen dieser Erkran- cher Relevanz. Denn falsch gefaltete Morbus Parkinson. Aus diesem Grund kungen liefern. 6 MaxPlanckForschung 1 | 19
PERSPEKTIVEN „Einer alternativlosen Zukunft ausgeliefert“ Lisa Suckert hinterfragt die Motive hinter der Brexit-Kampagne Wirtschaft zu stark ein. Sie wollen aus der sollte die Weltmacht Großbritannien hin- EU raus, um endlich wirklich freie Märkte gegen das Zukunftsprojekt Europa aktiv zu haben. Ein Teil der Brexit-Befürworter mitgestalten. Insgesamt war damals aber will Migration begrenzen und zurück zu die Stimmung optimistischer. Beide Seiten mehr nationaler Souveränität. Ein anderer fragten sich, wie man innerhalb oder au- Teil der Bewegung glaubt hingegen, die ßerhalb der EU eine bessere Zukunft ge- EU gehe schlecht und unmenschlich mit stalten könne. 2016 ging es sowohl bei der Flüchtlingen um. Sobald man raus sei, kön- Leave- als auch bei der Remain-Kampagne ne man das besser machen. Es sind also darum, wie man Risiken und Gefahren ver- stark widersprüchliche Meinungen, die ra- hindern kann. tional gar nicht in Einklang zu bringen sind. Lisa Suckert Die Vorstellungen von Zukunft waren in den Worum geht es den Brexit-Befürwortern 1970er-Jahren also andere? eigentlich? Inhaltlich nicht wirklich. Aber es herrsch- Die Gegenwart ist für viele und wahr- te eine andere Grundstimmung. Die Zu- Seit die Briten 2016 für den Austritt ihres scheinlich ja nicht nur für die Briten sehr kunft wurde als offen und beeinflussbar Landes aus der Europäischen Union ge- komplex. Es herrscht der Eindruck, keine dargestellt. Für eine Gesellschaft ist es stimmt haben, ringt die Nation um ihre Zu- Entscheidungsmacht mehr über die eige- zentral, wie sich ihre Mitglieder die Zu- kunft. Lisa Suckert vom Max-Planck-Insti- ne Lebenswelt zu haben, einer alternativ- kunft vorstellen. Wenn der Eindruck vor- tut für Gesellschaftsforschung in Köln hat losen Zukunft ausgeliefert zu sein. Der herrscht, dass es für die Zukunft keine Ge- die Kampagne für den Brexit analysiert. Aus Wunsch nach mehr Souveränität, nach ei- staltungsspielräume mehr gibt, kommt Sicht der Soziologin ist diese ein gutes Bei- nem Rückgewinn von Kontrolle, nach kla- vieles zum Erliegen. spiel dafür, wie Zukunftsvorstellungen eine ren Grenzen – all das ist in der Kampagne Gesellschaft prägen – ein Beispiel, aus dem sehr dominant gewesen. Es geht dabei Wie könnte heute eine „bessere“ Zukunft für die EU einiges lernen kann. eher um Sehnsüchte nach einer Zeit und die Briten aussehen? einer Welt, die als vermeintlich sicher und Das ist schwer zu sagen, die Situation ist Frau Suckert, das Votum für den Brexit war glücklich betrachtet werden. Für viele ist momentan verfahren. Das Land ist zu- ein Schock für Europa. Sind die Briten einem das die große Zeit des British Empire und tiefst gespalten. Langfristig muss es den neuen Nationalismus verfallen? später des Commonwealth. Man wärmt Briten gelingen, ihre widersprüchlichen Lisa Suckert: Man muss aufpassen, dass sich an dieser Vergangenheit. Bedürfnisse zusammenzubringen, näm- man diejenigen, die für den Austritt aus lich die Teilhabe an der Globalisierung so- der EU gestimmt haben, nicht in eine Haben die Leute nicht bedacht, welche Folgen wie eine gewisse Abschottung und Kont- Schublade steckt. Da ist schnell von „Natio ihr Votum hat? rolle über den eigenen Wirtschaftsraum. nalisten“, „stumpfen Rassisten“ und „Ewig- Tatsächlich haben 2016 viele Wählerinnen gestrigen“ die Rede, denen jedes Verständ- und Wähler abgestimmt, ohne die Konse- Wie kann die EU darauf reagieren? nis für ökonomische Zusammenhänge quenzen eines Austritts im Detail zu über- Sie könnte ein Beitrag zur Lösung sein, fehlt und die sich vor allem Fremdartigen legen. Rund 70 Prozent derjenigen, die für wenn sie sich ändert. Immer mehr Men- fürchten. Natürlich war die Zuwanderung den Brexit gestimmt haben, waren der An- schen sind unzufrieden mit der EU. Sie hat eines der wichtigen Themen, und Teile der sicht, dass der Ausgang des Referendums sich schon viel zu lange fast ausschließlich Leave-Kampagne waren klar fremden- keinen großen Unterschied machen wer- auf die Wirtschaft und den freien Markt feindlich. Aber alles auf diesen radikalen de, also dass sich so oder so nicht viel än- konzentriert. Das hat bisher nicht sehr Nenner zu bringen, ist viel zu einfach. Man dern werde. Das dürfte, sollte es tatsäch- überzeugt. Zumindest nicht, was die euro- muss genauer hinsehen. lich zu einem harten Brexit kommen, eine päische Integration angeht. Vielleicht soll- wirtschaftspolitische Fehleinschätzung te man die ökonomische Integration zu- Foto: MPI für Gesellschaftsforschung Inwiefern? gewesen sein. rückfahren und viel stärker Sozialstan- Die Brexit-Befürworter decken ein breites dards und europäische Kultur in den Spektrum ab, das von ganz rechts bis ganz 1975 haben die Briten schon einmal über Mittelpunkt stellen. Und es würde sich be- links reicht und die EU aus sehr verschiede- einen Austritt abgestimmt, zwei Drittel stimmt auch lohnen, noch einmal ganz ge- nen Perspektiven kritisiert. Für die einen stimmten für einen Verbleib. Was waren nau hinzuschauen, welche Bedürfnisse die ist die Europäische Union das neoliberale damals die Argumente? Brexit-Befürworter zu ihrer Entscheidung Feindbild, das zu wirtschaftsfreundlich ist Im Grunde ganz ähnliche wie heute. Groß- bewogen haben, um daraus zu lernen. und allein die freien Märkte im Sinn hat. britannien träumte davon, wieder Welt- Für die anderen greift die EU gerade in die macht zu sein. Für die EU-Befürworter Interview: Martin Roos 1 | 19 MaxPlanckForschung 7
PERSPEKTIVEN Dem Ozean auf den Grund gehen Bremer Start-up gewinnt europäischen Gründerpreis „95 Prozent des Meeresbodens sind un- up aus dem Max-Planck-Institut für wandels an der Veränderung von Ko- erforscht“, sagt Hannah Brocke. Ge- marine Mikrobiologie in Bremen. Die rallenriffen ablesen. Eine spezielle hy- meinsam mit Guy Rigot, Joost den Vision der vier: den gesamten Meeres- perspektrale Kamera ermöglicht die Haan und Raja Kandukuri will die Bio- boden vermessen und damit wichtigen Messungen unter Wasser: Die Techno- login das ändern. Die vier Wissenschaft- Problemen der Menschheit begegnen. logie dafür entstand am Max-Planck- ler haben PlanBlue gegründet – als Start- So lassen sich etwa Effekte des Klima- Institut für marine Mikrobiologie, PlanBlue hat sie nun zu einem neuen und benutzerfreundlichen Produkt weiterentwickelt. Die Kamera scannt automatisch Meeres- und Seeböden so- wie Flussbetten. Genutzt werden kann sie von jedem erfahrenen Taucher – nicht ausschließlich von Experten. Ins- gesamt ist die Technologie von Plan- Blue schneller, präziser und günstiger als bisherige Methoden, Böden unter Wasser zu untersuchen. Das neue Geschäftsmodell feiert be- reits erste Erfolge: So gewann PlanBlue im Dezember 2018 die Galileo Masters – einen europäischen Start-up-Wettbe- werb für die Raumfahrtbranche, der Ideen in Zusammenhang mit dem gleichnamigen europäischen Navigati- onssystem auszeichnet. PlanBlue ver- wendet Galileo, um die gesammelten Daten später auf der Landkarte veror- ten zu können. Die Vermessung der Unterwasserwelt: Mit einer von Max-Planck-Forschern entwickelten Spezialkamera können Taucher den Meeresboden kartieren. Masernviren gegen Krebs Max-Planck-Innovation schließt Lizenzvereinbarung mit Themis Bioscience ab Foto: Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie Ob als Auslöser von Grippe, Herpes, Masern oder Pocken – Planck-Institut für Biochemie in Martinsried gemeinsam mit Viren sind eigentlich unsere Feinde. Doch in der Krebsthera- der Eberhard Karls Universität Tübingen. Dabei handelt es pie können sie zu ungeahnten Helfern werden. Denn Viren sich um ein modifiziertes Masernvirus auf der Basis der Virus- sind in der Lage, Krebszellen besonders gut zu infizieren und genomsequenz des etablierten Masernimpfstoffstammes, mit dabei hocheffizient zu zerstören. Wissenschaftler sprechen dem weltweit Milliarden Menschen geimpft werden. Die on- hierbei von Onkolyse. Das Biotech-Unternehmen Themis kolytischen Masern-impfviren sollen Krebszellen künftig ef- Bioscience mit Sitz in Wien hat nun die Lizenz zur Entwick- fizienter zerstören, wodurch das bis dahin nicht ausreichend lung, Herstellung und Vermarktung von Therapien auf der aktive Immunsystem „wachgerüttelt“ und gestärkt werden Grundlage einer onkolytischen Masernvirus-Plattform erwor- soll. Im Idealfall werden dabei sämtliche Tumorherde dauer- ben. Entwickelt wurde die lizenzierte Technologie vom Max- haft unter die Kontrolle der Immunabwehr gebracht. 8 MaxPlanckForschung 1 | 19
PERSPEKTIVEN Etappensieg für Open Access Vertragsabschluss zwischen DEAL und Wiley erzielt Nach fast drei Jahren Verhandlungen hat das Projekt DEAL, das rund 700 akademische Einrichtungen in Deutschland als Konsortium repräsentiert, im Januar einen ersten Abschluss erzielt: Mit dem US-amerikanischen Verlag John Wiley & Sons, einem der weltweit führenden Verlagshäuser im Be- reich Forschung und Lehre, vereinbarte das Konsortium eine richtungsweisende bundesweite Partnerschaft. Gegen eine jährliche Gebühr ermöglicht die geschlossene Dreijahres vereinbarung allen im Projekt DEAL vertretenen Institutio- nen Zugang zu den wissenschaftlichen Journalen von Wiley bis in das Jahr 1997 zurück. Zudem können Forscherinnen und Forscher der beteiligten Wissenschaftseinrichtungen ihre Artikel als Open-Access-Veröffentlichungen in den Zeit- schriften von Wiley publizieren. Um die Unterzeichnung des Vertrags zwischen dem Projekt DEAL und Wiley zu ermögli- chen, gründete die Max-Planck-Gesellschaft – als Mitglied der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen, die hinter dem Projekt-DEAL-Konsortium steht – die Max Planck Digital Library Services GmbH. Der Vertrag ist mittlerweile Bei der Vertragsunterzeichnung: Guido Herrmann, Managing Director auch öffentlich zugänglich. von Wiley, und Frank Sander, Managing Director bei der Max Planck www.projekt-deal.de Digital Library Services GmbH. s Ins Netz gegangen Mit Licht musizieren Kunst im Kopf Offener Brief für grüne Gentechnik Höhepunkt der Ausstellung „Laser, Licht, Wenn wir ein Museum besuchen, gibt es 98 führende Forschungsinstitute haben Leben“ im Supernova-Planetarium der einige Kunstwerke, an denen laufen wir sich in einem Schreiben an EU-Kommis- Europäischen Südsternwarte (ESO) in einfach vorbei. Andere faszinieren uns so sionspräsident Jean-Claude Juncker ge- Garching ist eine zwei Meter große La- sehr, dass wir sie stundenlang betrachten wandt, um ihre Besorgnis zum Ausdruck serharfe. Besucherinnen und Besucher könnten. Was passiert dabei in unserem zu bringen, die mit einer Einschränkung haben die Chance, dieses futuristische Gehirn? Das haben Wissenschaftlerinnen der CRISPR-Cas9-Technologie im Bereich Musikinstrument zu spielen, indem sie und Wissenschaftler vom Max-Planck-In- der Pflanzenzüchtung einhergeht. Dabei die Strahlengänge von grünem Laser- stitut für empirische Ästhetik untersucht werden keine artfremden Erbinformati- licht unterbrechen. An Experimentier- und dabei die Gehirnaktivitäten ange- onen mehr wie früher in Soja oder Kar- stationen kann man zudem mithilfe von schaut – und zwar in der Zeitspanne, in toffeln verschoben. Und: Die im Labor er- Lichtwellen Musik übertragen und selber der sich ästhetische Erfahrungen entfal- zeugten Pflanzensorten hätten ebenso einen Laser justieren, ähnlich wie im ten. Der Radiosender detektor.fm hat Ed- gut in der Natur entstehen können – Labor. Die Schau, die von der Ludwig- ward Vessel interviewt. Er ist Neurowis- durch natürliche Mutation oder konven- Maximilians-Universität und dem Max- senschaftler am Frankfurter Institut und tionelle Kreuzung. Der offene Brief, der Foto: Tanja M. Marotzke Planck-Institut für Quantenoptik konzi- erklärt im Podcast die wichtigsten For- in Englisch verfasst ist, wird von mehre- piert wurde, ist noch bis 26. Mai 2019 zu schungsergebnisse. Erhellend nicht nur ren Max-Planck-Instituten mitgetragen besichtigen. Sie vermittelt einen Über- für Kunstliebhaber. und kann unter folgendem Link nachge- blick über die Lasertechnologie von ih- https://detektor.fm/wissen/ lesen werden. ren Anfängen bis heute. forschungsquartett-wie-nimmt-unser- https://bit.ly/2DK4je6 www.laserlichtleben.de gehirn-kunst-wahr 1 | 19 MaxPlanckForschung 9
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