Beethoven - Missa solemnis - Dresdner Philharmonie

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Beethoven - Missa solemnis - Dresdner Philharmonie
Beethoven – Missa solemnis
FR. 8. OKT, SA 9. OKT 2021 | 19.30 UHR | KULTURPALAST
SAISON 21—22
                                                          Konzerte mit

                                                          JANOWSKI
                                                          ZINMAN
                                                          NAGANO
                                                          BRINGUIER
                                                          DAUSGAARD
                                                          URBAŃSKI
                                                          SLOBODENIOUK
                                                          PETRENKO
                                                          PASCAL
                                                          NOTT
                                                          MÃCELARU
                                                          MALLWITZ
                                                          COLLON
                                                          CANELLAKIS
                                                          KULMAN
                                                          HAMPSON
                           Besondere
                      Veranstaltungen
                                                          NYLUND
                                                          KARG
               SHANKAR                                    ANDSNES
                 MARIZA                                   CHAMAYOU
     FILM UND LIVEMUSIK                                   HAMELIN
            THEMENTAGE                                    APKALNA
               OST-WEST                                   BATIASHVILI
              PIAZZOLLA                                   EHNES
         TANGO-ASPEKTE                                    FRANG
           BAROCKFOKUS                                    CAPUÇON
                 FRAUEN                                   QUATUOR ÉBÈNE
           KOMPONIEREN                                    BELCEA QUARTET
                    U.A.                                  U.A.

Marek Janowski | Chefdirigent und künstlerischer Leiter
dresdnerphilharmonie.de
PROGRAMM

           Ludwig van Beethoven (1770 – 1827)
           Missa solemnis D-Dur op. 123
           1. Kyrie. Assai sostenuto. Mit Andacht
           2. Gloria. Allegro vivace
           3. Credo. Allegro ma non troppo
           4. Sanctus. Adagio. Mit Andacht – Präludium. Sostenuto ma non troppo –
              Benedictus. Andante molto cantabile e non troppo mosso
           5. Agnus Dei. Adagio

           Marek Janowski | Dirigent
           Hanna-Elisabeth Müller | Sopran
           Elisabeth Kulman | Alt
           Christian Elsner | Tenor
           Franz-Josef Selig | Bass
           MDR-Rundfunkchor
           Dresdner Philharmonie
           Wolfgang Hentrich | Violin-Solo
JENS SCHUBBE

    Von Herzen …
    Beethovens Missa solemnis

                                                jedem gegenüber. Die Vernachlässigung
                                                seiner äußeren Erscheinung nahm zu-
    DIE ENTSTEHUNG                              weilen groteske Züge an. Die Hoffnung
    Überblickt man die Chronologie von          auf eine erfüllte Liebesbeziehung wurde
    Beethovens Œuvre, fällt ein merklicher      enttäuscht. Wirtschaftliche Schwierig-
    Rückgang der Produktivität des Kompo-       keiten ergaben sich. Ab 1815 setzten die
    nisten um 1817 herum auf. Im genannten      zermürbenden Sorgerechtsprozesse um
    Jahr stellte Beethoven nur ein neues        den Neffen Karl ein. Auch äußere Faktoren
    Werk fertig: die Fuge für Streichquintett   wie die mit dem Wiener Kongress ein-
    in D-Dur op. 137, ein gerade zweiminüti-    setzende Restauration mochten beim die
    ges Werk.                                   Zeitereignisse aufmerksam verfolgenden
    Biographische Faktoren mögen für das        Beethoven einiges zur Wandlung der
    Erlahmen der Produktivität mit ver-         schöpferischen Disposition beigetragen
    antwortlich sein. Beethovens Lebens-        haben. In der Öffentlichkeit wurde der
    umstände hatten sich seit 1812 in mehr-     Rückgang seiner Produktivität bemerkt,
    facher Hinsicht verschlechtert. Sein sich   und es ging in Wien das Gerücht, »Beet-
    verschlimmerndes Gehörleiden setzte         hoven hat sich ganz ausgeschrieben, er
    seinem Wirken als Pianist ein Ende und      vermag nichts mehr« (zitiert nach Anton
    erreichte um 1818 ein Maß, das ihn zur      Schindler).
    Benutzung der sogenannten Konversa-         Dem war freilich nicht so. Schon in
    tionshefte zwang. Unter den Bedingun-       manchen der Werke der Jahre ab 1812
    gen derart erschwerter Kommunikation        kündigt sich eine stilistische Wandlung
    verstärkten sich die ohnehin exzentri-      in Beethovens musikalischer Sprache an,
    schen Charakterzüge Beethovens, seine       die dann mit dem Wiederaufleben der
    Schroffheiten, sein Misstrauen allem und    Schaffenskraft ab etwa 1818 jene Eigen-
                                                arten aufweist, die für seine späten Werke
                                                typisch sind.

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Hatte Beethoven zumal in den Werken
der mittleren Schaffensperiode die
tradierten musikalischen Formen mit
usurpatorischem Zugriff gestaltet und
mit Subjektivität gefüllt, so fällt an den
späten Werken auf, dass sie einerseits
Konventionelles zulassen, manchmal
auf musikgeschichtlich weit zurücklie-
gende Modelle zurückgreifen, anderer-
seits traditionelle Formen aufgelöst und
neue Wege begangen werden. Die damals
verbindliche musikalische Sprache wird       Kardinal Rudolph von Österreich, Widmungsträger
                                             der Missa solemnis, Schüler, Freund und Förderer
gleichsam bis an ihre Grenzen und darüber    Beethovens, Gemälde von Johann Baptist Lampi.

hinaus ausgelotet.
Das Spektrum der Gattungen, in denen         Am 20. Januar 1819 starb der Erzbischof
sich das Spätwerk manifestiert, ist weit,    von Olmütz, Graf Maria Thaddäus von
wobei der Fokus auf der Klaviersonate        Trauttmansdorff-Weinsberg. Sein Koad-
und dem Streichquartett liegt, hingegen      jutor, also sein zur Amtsnachfolge ver-
Gattungen wie Sinfonie, Messe, Konzert-      pflichteter Stellvertreter, war Erzherzog
ouvertüre, Variation und Klavierstück je-    Rudolph, ein langjähriger Kompositions-
weils mit einem oder wenigen (oft außer-     schüler Beethovens und einer seiner
ordentlichen) Werken vertreten sind.         großherzigsten Freunde und Förderer.
                                             De facto übernahm er das Amt Mitte 1819,
                                             die offizielle Einsetzung war für den März
                                             1820 vorgesehen, und Beethovens Bio-

                                                                                                3
graph Anton Schindler berich-
    tet: »Ohne irgendwelche Auf-
    forderung fasste Beethoven den
    Entschluss, zu dieser Feierlich-
    keit eine Messe zu schreiben.«
    Schindler meint den Komposi-
    tionsbeginn für den Spätherbst
    1818 zu erinnern. Erste Skizzen
    zum Kyrie sind freilich erst vom
    April/Mai 1819 überliefert, was
    der Chronologie der Ereignisse
    besser entspricht. Beethoven
    konnte die Arbeit nicht recht-
    zeitig fertigstellen, »weil jeder
                                        Ludwig van Beethoven nach einem Ölgemälde von Joseph Karl Stieler aus dem
    Satz unter der Hand eine viel       Jahr 1820. Durch einen Eintrag in einem Konversationsheft wissen wir, dass der
    größere Ausdehnung gewonnen         Vorschlag, das auf dem Bild in Arbeit befindliche Manuskript mit der Aufschrift
                                        Missa solemnis zu versehen, von Beethoven selbst kam. Beethoven hat die Messe
    hatte, als es anfänglich im Plane   nur hier ausdrücklich als Missa solemnis bezeichnet, es sonst immer bei der
                                        schlichten Bezeichnung Missa belassen.
    gelegen.« – so nochmals Anton
    Schindler, dessen Mitteilungen
    auch etwas von der geradezu existentiel-            ich mir seine geistige Aufgeregtheit, so
    len Dimension des Kompositionsprozes-               muss ich gestehen, dass ich niemals nach
    ses ahnen lassen: »Gedenke ich der Erleb-           diesem Zeitpunkte völliger Erdenent-
    nisse aus dem Jahr 1819, vornehmlich der            rücktheit wieder Ähnliches an ihm wahr-
    Zeit, als der Tondichter im Hafnerhause             genommen habe. Es sei gestattet nur eines
    zu Mödling mit Ausarbeitung des Credo               auszuführen. […] In einem der Wohnzim-
    beschäftigt gewesen, vergegenwärtige                mer bei verschlossener Tür hörten wir den
                                                        Meister über der Fuge zum Credo singen,
                                                        heulen, stampfen. Nachdem wir dieser na-

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hezu schauerlichen Szene lange schon zu-
gehorcht und uns eben entfernen wollten,
öffnete sich die Tür und Beethoven stand       dass Ihr Genius den Jahrhunderten
vor uns mit verstörten Gesichtszügen, die      vorgreift.« Jahre später mit Vorwürfen
Beängstigung einflößen konnten.«               konfrontiert, Beethoven Geld schuldig ge-
                                               blieben zu sein, bezeichnete Galitzin die
FRÜHE WIRKUNGSGESCHICHTE                       Missa als »unnütz«. Gleichzeitig suchte
Ende 1822 war die Missa im Wesentlichen        auch Beethoven nach einer Gelegenheit,
fertiggestellt. Am 19. März 1823 übergab der   die Missa und die ebenfalls fertiggestell-
Komponist das Widmungsexplar Erzherzog         te Neunte Sinfonie aufführen zulassen.
Rudolph. Zunächst verhandelte Beet-            Wien, das damals ganz in der Hand der
hoven mit mehreren Verlegern über die          italienischen Oper und einem Rossini-
Veröffentlichung des Werkes, entschied         Taumel erlegen war, schien ihm nicht
sich aber 1823, die Missa solemnis doch        der geeignete Ort, und so erwog er eine
keinem Verlag zu überlassen, sondern sie       Aufführung in Berlin. Als diese Absicht
in Abschriften allen größeren euro-            bekannt wurde, verfasste eine Reihe von
päischen Höfen anzubieten. Zehn Sub-           Mäzenen, Künstlern, Kunstfreunden und
skribenten fanden sich, an die das Werk        Verlegern eine Bittschrift, die Beethoven
für jeweils 50 Gulden veräußert wurde.         bewog, doch Wien den Vorzug zu geben.
Einer von ihnen, der russische Fürst           Nachdem er zu seinem eigenen Nach-
Galitzin, ein Bewunderer von Beethovens        teil ein günstiges Angebot des Theaters
Musik, organisierte die erste Aufführung       an der Wien ausgeschlagen hatte, wurde
des Werkes im April 1824 in St. Petersburg     schließlich das Kärtnertortheater als Auf-
und ließ Beethoven wissen: »Die Wirkung        führungsort ausersehen.
dieser Musik auf das Publikum kann man         Hier kam es nun zu jener denkwürdigen
nicht beschreiben. Ich glaube nicht zu         »Großen musikalischen Akademie von
übertreiben, wenn ich für meinen Teil          Herrn Ludwig van Beethoven« am 7. Mai
behaupte, noch niemals so etwas Erhabe-
nes gehört zu haben […] man kann sagen,

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Plakat zum Konzert am
    7. Mai 1824 im Wiener
    Kärntnertortheater

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Das Kärntertortheater in Wien nach einem
historisierenden, um 1900 entstandenen Aquarell
von Karl Wenzel Zajicek. Es befand sich in Wien   Der ertaubte Beethoven dirigierte, ihm
ungefähr am Ort des heutigen Hotels Sacher.
                                                  zur Seite stand Kärntnertor-Kapellmeis-
                                                  ter Michael Umlauf, dem die Musiker
                                                  eigentlich folgten. Der Chordirektor erbat
1824, bei der die Ouvertüre »Die Weihe            sich von Beethoven einige Erleichterun-
des Hauses« op. 124, Teile der Missa so-          gen, denn keine der Damen des Chores
lemnis – Kyrie, Credo und Agnus Dei – so-         konnte das b’’ erreichen, das Beethoven
wie die Uraufführung der Neunten Sinfo-           forderte. Beethoven aber zeigte sich zu
nie auf dem Programm standen, wobei die           keiner Konzession bereit. Die Proben-
Teile der Messe als »Drei große Hymnen«           zeit war für Werke dieses Ausmaßes und
angekündigt wurden, da es verboten war,           dieser Schwierigkeit knapp bemessen.
als solche deklarierte geistliche Werke in        Trotz dieser Unzulänglichkeiten muss der
Theatern aufzuführen. Die Umstände der            Erfolg des Konzertes groß gewesen sein.
Aufführung muten abenteuerlich an.                Allerdings gesellte sich der Ehrfurcht

                                                                                               7
vor den neuen Werken bald
    einige Ratlosigkeit. Die Missa
    betreffend irritierten vor allem
    die gewaltigen Ausmaße, die
    einen gottesdienstlichen Ge-
    brauch erschwerten. Darüber
    hinaus erregten das Credo und
    vor allem das Agnus Dei einiges
    Befremden. Am Credo wurde die
    angeblich mangelnde formale
    Geschlossenheit moniert und
    provozierten die vielen abrupten
    Tempo- und Harmoniewechsel
    Widerspruch. Erst recht stand
    man den martialischen Einbrü-
    chen kriegerischer Musik und
    dem geradezu surrealen Orches-
    terzwischenspiel im Agnus Dei
    ratlos gegenüber. Komplette
    Aufführungen des Werkes waren
    zunächst kaum zu erleben. Nach     Die Pforte der Kirche in Warnsdorf – gelegen in Nordböhmen – mit einer
                                       Tafel, die auf die Aufführung der Missa solemnis im Jahr 1830 hinweist.
    der Wiener Teilaufführung er-
    klang das vollständige Werk erst
    1830 im gottesdienstlichen Rahmen auf            1839 in Dresden, 1845 in Bonn und 1857 in
    Initiative und unter Leitung des Schul-          Berlin. Die herausragende Bedeutung der
    lehrers Johann Vincens Richter in der            Missa im Gesamtwerk Beethovens wurde
    kleinen nordböhmischen Stadt Warns-              erst allmählich erkannt. Bis heute aber
    dorf. Vollständige Aufführungen folgten          blieb ihr eine vergleichbare Popularität
                                                     wie der Neunten Sinfonie versagt.

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EIN AUSNAHMEWERK                           Elemente von Oratorium, Oper und Sinfo-
Die Gattung der Messe war zu Beethovens    nie fließen ein. So vielgestaltig die Missa
Zeit viel stärker durch bestimmte Tradi-   im Detail erscheint, so folgt sie doch einer
tionen und Konventionen bestimmt, als      geradezu sinfonischen Dramaturgie: Dem
das beispielsweise bei der autonomen       verhaltenen Vorspiel des Kyrie folgen
Instrumentalmusik der Fall war. Keines-    zwei monumentale Hauptsätze. Sanctus
wegs setzt sich Beethoven, der ein gläu-   und Benedictus wirken wie ein großes
biger Mensch war, über diese Konven-       sinfonisches Adagio und repräsentieren
tionen hinweg. Auch ist aus der Missa      das Herzstück des Werkes. Das Agnus
nicht etwa eine kritische Distanzierung    Dei dann erscheint als ein ins Offene
gegenüber der Institution Kirche heraus-   führendes Finale. Die Missa solemnis ist
zulesen wie bei Schubert, welcher jene     nicht mehr funktionale Musik für den
die Kirche betreffenden Glaubenssätze      Gottesdienst, sondern schafft dort, wo sie
in seinen Mess-Vertonungen ignorierte.     erklingt, einen Raum der Reflexion über
Stattdessen wirkt die Missa solemnis wie   Grundfragen der menschlichen Existenz.
ein Werk, bei dem Text, Tradition und      Eben deshalb vermag dieses aus dem
Konvention einem Prozess intensiver        christlichen Glauben und dem Ritus der
Reflektion unterzogen und gleichsam        Liturgie geborene Werk auch diejenigen
subjektiv durchglüht wurden. Im Er-        anzusprechen, die diesem Glauben und
gebnis entstand ein in jeder Hinsicht      seinen Institutionen fernstehen. Das
exzeptionelles Werk, das den archaisch     berühmte Motto im Autograph, »Von Her-
anmutenden Rückgriff ebenso kennt wie      zen – Möge es wieder – zu Herzen gehen«,
den futuristischen Ausbruch, ein Werk,     spiegelt dieses Bekenntnishafte, das dem
dessen Architektur monumental geweitet     Werk eingeschrieben ist.
scheint und das dennoch von Brüchen
und Schründen zeugt. Die tradierten
Grenzen der Gattung werden aufgehoben.

                                                                                          9
Erste Seite des heute in der Staatsbibliothek zu Berlin verwahrten Autographs mit der Widmung »Von Herzen –
     Möge es wieder – zu Herzen gehen.« Diese Widmung findet sich nur in diesem Autograph. Sie wurde weder in die
     später erstellten Abschriften noch in die Druckausgaben übernommen.

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KYRIE
Ein Orchestervorspiel
eröffnet das Kyrie. Die
in gemessenem Tempo
vorgetragenen Akkor-
de wirken, als gelte es
das Wort »solemnis« =
»festlich« auszumusi-
zieren, ehe die Motive
der Holzbläser die
Atmosphäre andachts-
vollen Betens schaffen,
die vom Chor und den
aus dem Chorklang
sich herauslösenden
Solostimmen aufge-
nommen wird. Aber
man spitze die Ohren
und beachte die vielen
irritierenden Momente:
Schon der erste Chor-
einsatz erfolgt »zu
früh« auf der schwa-
chen Taktzeit. Ganz
abrupt ändert sich die
Dynamik, werden Forte
und Piano gegenein-
ander geblendet. Die
lyrische Grundstim-
mung des Kyrie wird       Eine Seite aus dem Autograph des Kyrie, die Spuren der intensiven Arbeit zeigt.

zwar gewahrt, aber so
gleichsam unter Span-
nung gesetzt.

                                                                                                            11
Der letzte Abschnitt des Gloria ist als eine
                                                 unerhörte Steigerung gestaltet, die von
     GLORIA                                      der wie gemeißelt wirkenden »Quoniam«-
     Diese Spannung entlädt sich im Gloria,      Passage ausgeht. Sie führt über flächige,
     einem gleichermaßen monumentalen            abermals an Bruckner gemahnende
     wie ekstatisch ausbrechenden Satz. Ganz     Partien zu einer sich aus der tiefen Lage
     drastisch wird der Text in Musik gesetzt:   empor kämpfenden, gewaltig ausgreifen-
     Zu den Worten »Gloria in excelsis Deo«      den Fuge. »Amen«-Rufe der Soli entzie-
     (Ehre sei Gott in der Höhe) stürmen die     hen dem Hörer rhythmisch den Boden.
     Klänge gleichsam den Himmel. Bei »et in     Als schon alles gesagt scheint, folgt völlig
     terra pax« (und Friede auf Erden) verhar-   überraschend eine im Dreiertakt heraus-
     ren sie in tiefen Regionen. Die Gloria-     springenden Passage, die das Gloria in
     Figur gliedert den ersten großen Teil des   einem ekstatischen Taumel beschließt,
     Satzes und wirkt wie das Ritornell eines    wie er bis dahin in einer Messe noch nicht
     Rondos, das die kontrastierenden Partien    gehört ward.
     zusammenhält. Aus großen Blöcken ist
     die Architektur dieses Satzteiles gefügt,   CREDO
     manche Passage nimmt schon den Duk-         Die Vertonung des Credo stellt jeden
     tus der Musik Bruckners vorweg. Abrupte     Komponisten vor große Herausforderun-
     dynamische Kontraste, die typisch Beet-     gen. Die Schwierigkeiten liegen darin,
     hovenschen Akzentuierungen, die oft von     »dass die dramatischen Episoden mit
     großen Tonsprüngen geprägte Melodik         den Wundern des Christus – sprachlich
     rauen die Klänge auf und verleihen der      allesamt in einem einzigen lateinischen
     Musik ein streckenweise wild exaltiertes    Nebensatz versammelt – den Bekenntnis-
     Gepräge.                                    rahmen mit seinen Glaubensartikeln zu
     Im Zentrum des Gloria steht das »Qui        zerreißen drohen, Hymnus und Drama
     tollis peccata mundi«, die Bitte um Ver-    stehen zueinander quer« (Harry Gold-
     gebung der Sünden. Ins Extrem getrieben     schmidt). Beethoven begegnet der Gefahr
     sind hier die Kontraste zwischen den mit    gewissermaßen durch »Flucht zum An-
     lyrischer Intensität vorgetragenen Bitten   greifer«. Seine Musik folgt dem Text ganz
     und den archaischen Unisono-Rufen »qui      rückhaltlos, deutet ihn Detail für Detail
     sedes ad dexteram Patris«.                  mit manchmal tonmalerischer Drastik
                                                 aus und reiht Episode an Episode. Als

12
Klammer, welche die zentrifugalen Kräfte
einbindet, funktioniert vor allem das sehr
plastische Credo-Motiv, das am Beginn         gegeben. Die Credo-Rufe des Beginns
allgegenwärtig ist und Reprisenwirkung        erscheinen wieder. Überwölbt von den
entfaltet, wenn es später im Satz erneut      deklamatorisch vom Chor vorgetragenen
erscheint. Im Zentrum des Satzes stehen       Glaubensartikeln leiten sie zur das Credo
die Erzählung von Menschwerdung,              krönenden Doppelfuge »et vitam venturi«
Kreuzigung und Auferstehung Christi.          – jener Fuge, von deren Entstehen Anton
Überaus wirkungsvoll sind diese Episo-        Schindler so anschaulich zu berichten
den gegen die vom massiven Chor- und          wusste –, die am Ende in verdoppeltem
Orchesterklang dominierten eröffnenden        Tempo Überhöhung erfährt. Umso über-
Partien des Credo abgesetzt. Hier (bei »Et    raschender wirkt in diesem Kontext der
incarnatus est«) wird hörbar, wie Beetho-     Piano-Schluss des Credo, der aller ab-
ven auf etwas Archaisches zurückgreift –      schließenden Bestimmtheit enträt.
nämlich den dorischen
Modus –, der aber im
Kontext der Tonalität            Carl Dahlhaus kommentiert das exponierte
fremdartig und modern            Flötensolo bei »Et incarnatus est…« im Zentrum des
wirkt. Ähnliches lässt sich      Credo folgendermaßen: »Das gleichsam flatternde
vom so bildhaft scheinen-        Flötensolo, das von Ignaz von Seyfried 1828 als
den Flötensolo in dieser         Sinnbild der Taube des Heiligen Geistes gedeutet
Episode sagen. Dissonante        wurde – und die Deutung ist keineswegs absurd –, ist
Akkorde, rhythmische             nicht ›alter Stil‹ – etwa eine barocke Hypotyposis-
Ballungen und Klagege-           Figur [eine musikalisch-rhetorische Figur, bei
sänge von Soli und Chor          der es sich um eine musikalische Ausdeutung
verleihen in einem Adagio        des Textinhalts handelt], sondern erinnert durch
espressivo der Kreuzigung        metrische Ungebundenheit oder deren Schein eher
und Grablegung Jesu              antizipierend an das Motiv des Waldvogels in Wagners
Ausdruck – die Messe             ›Siegfried‹ oder an die Berliozsche ›Scène au
wird zum Oratorium. In           champs‹ in der ›Symphonie fantastique‹.«
bewegten Aufwärtsläufen
wird tonmalerisch die
Auferstehung wieder-

                                                                                          13
»Präludium«. Es verdankt sich wohl der
                                                   Tradition, dass im Gottesdienst während
     SANCTUS – PRÄLUDIUM – BENEDICTUS              des Vorzeigens von Kelch und Hostie auf
     Sanctus und Benedictus hat Beethoven          der Orgel improvisiert wurde. Beetho-
     zu einem großen Satz zusammengezogen.         vens Phantasie entzündet sich an diesem
     »Mit Andacht« ist das Sanctus überschrie-     konventionellen Relikt und wandelt es zu
     ben (wie auch das Kyrie). Die Klangfarben     einem mit tiefen Streichern zuzüglich der
     sind abgedunkelt, tiefe Streicher und         Holzbläser höchst apart instrumentierten
     Bläser dominieren. Bald erlischt die melo-    Instrumentalsatz, der in seiner madri-
     dische Bewegung, wird über dem Tremolo        galesken Faktur und kühnen Harmonik
     der Streicher das »Sanctus Dominus Deus       innigste Empfindung verströmt. Ohne
     Sabaoth« gleichsam erschauernd de-            Unterbrechung schließt das Benedictus
     klamiert – harmonisch identisch mit der       an, das mit einer aus ätherischen Höhen
     Passage ȟber Sternen
     muss er wohnen« aus der
     Neunten Sinfonie: eine        Beethoven hat für das Sanctus – auch für das »Pleni
     auch inhaltlich schlüs-       sunt coeli« und das »Osanna« – ausschließlich
     sige Korrespondenz.           solistisch besetzte Vokalstimmen vorgesehen und auf
     Knapp sind die Freu-          die Kraft des vollen Chorklanges verzichtet. Damit
     denrufe des »Pleni sunt       entsteht eine merkwürdige Diskrepanz zwischen
     coeli« und die »Osanna«-      der triumphalen Geste der Lobpreisungen und der
     Fuge gehalten. In ihrer       klanglichen »Ohnmacht« der Solostimmen gegenüber
     Bewegtheit und strah-         dem recht massiv eingesetzten Orchester. Beethoven
     lenden Helligkeit geben       hat diese Irritation möglicherweise beabsichtigt
     sie den wirkungsvollen        und bestand entgegen dem Rat wohlmeinender
     Hintergrund ab für die        Freunde auf der Ausführung durch Solostimmen. In
     wohl merkwürdigste und        der Konzertpraxis wird zumeist – selbst in historisch
     gleichzeitig vielleicht       informierten Aufführungen – spätestens ab dem
     abgründigste Musik der        »Osanna« der Chor hinzugezogen.
     Missa solemnis: Zwi-
     schen Sanctus und Bene-
     dictus vermittelt ein

14
niederschwebenden Melodie der Solovio-
line einsetzt: Gleichnis der Ausschüttung
des Heiligen Geistes. Wenn irgendwo in       überschrieb, und führt zum Schluss der
der Missa solemnis Erfüllung musiziert       Missa, der merkwürdig offen wirkt, die
wird, dann in diesem Satz. Die kleinglied-   Gefährdungen nicht vergessen macht
rige, kreisende Metrik suggeriert einen      und uns zurücklässt, ungewiss, ob wir des
Stillstand der Zeit. Die sich entspannt      erbetenen Friedens je teilhaftig werden.
entfaltende Melodik vermittelt vollkom-
mene Ruhe und Gelöstheit. Das »Osan-
na« hebt zwar mit einer ausladenden
Fugenexposition an, die aber gleichsam       LUDWIG VAN BEETHOVEN
mit einer laxen Handbewegung beiseite        getauft am 17. Dezember 1770 in Bonn
                                             † 26. März 1827 in Wien
geschoben wird, als sei in diesem Engels-
konzert kein Platz für ambitionierte
                                             Missa solemnis D-Dur
Kontrapunktik.
                                             op. 123
AGNUS DEI
                                             ENTSTEHUNG
In die Sphäre irdischer Unversöhntheit       April 1819 bis Januar 1823
führt das Agnus Dei zurück. Dunkel und       URAUFFÜHRUNG
von Klageintonationen geprägt ist die        7. oder 18. April 1824
Bitte um Erbarmen. Eine Aufhellung           (Angaben in der Literatur sind
                                             unterschiedlich), St. Petersburg,
bringt zunächst das »Dona nobis pacem«.      Philharmonische Gesellschaft
Doch dann erfolgen bedrohliche Ein-
                                             ZULETZT VON DER DRESDNER
brüche einer kriegerischen Musik. Angst      PHILHARMONIE GESPIELT
und Schrecken der Menschen gewin-            26. April 2015 unter Leitung von
nen Klang. Noch nachhaltiger wird die        Sebastian Weigle

Friedensbitte durch ein dahinjagendes        BESETZUNG
                                             Sopran, Alt, Tenor, Bass, vierstimmig
Orchesterzwischenspiel gestört, durch-
                                             gemischter Chor, 2 Flöten*, 2 Oboen*,
hallt von »miserere«-Aufschreien des         2 Klarinetten*, 2 Fagotte*, 4 Hörner,
Chores. Ein letztes Mal hebt die »Bitte      2 Trompeten, 3 Posaunen, Pauken, Streicher
um inneren und äußeren Frieden« an,          * Die Holzbläser werden in unserer Aufführung verdoppelt.

wie Beethoven das »Dona nobis pacem«         DAUER
                                             ca. 75 Minuten

                                                                                                         15
DIE GESANGSTEXTE

                                       Kyrie Kyrie
                               Kyrie eleison. Herr, erbarme dich.
                             Christe eleison. Christus, erbarme dich.
                               Kyrie eleison. Herr, erbarme dich.

                                      Gloria Gloria
                       Gloria in excelsis Deo. Ehre sei Gott in der Höhe.
                   Et in terra pax hominibus Und auf Erden Friede den Menschen,
                           bonae voluntatis. die guten Willens sind.
               Laudamus te. Benedicimus te. Wir loben Dich, wir preisen Dich.
               Adoramus te. Glorificamus te. Wir beten Dich an. Wir verherrlichen Dich.

                  Gratias agimus tibi propter Wir sagen Dir Dank ob Deiner
                      magnam gloriam tuam. großen Herrlichkeit.
                 Domine Deus, Rex coelestis, Herr und Gott, König des Himmels,
                    Deus Pater omnipotens. Gott, allmächtiger Vater!
          Domine Fili unigenite, Jesu Christe. Herr Jesus Christus, eingeborener Sohn!
                    Domine Deus, Agnus Dei, Herr und Gott, Lamm Gottes,
                                 Filius Patris. Sohn des Vaters!

                    Qui tollis peccata mundi, Der Du hinwegnimmst die Sünden der Welt:
                             miserere nobis. Erbarme Dich unser.
                    Qui tollis peccata mundi, Der Du hinwegnimmst die Sünden der Welt,
            suscipe deprecationem nostram. nimm unser Flehen gnädig auf.
               Qui sedes ad dexteram Patris, Der Du sitzest zur Rechten des Vaters,
                             miserere nobis. erbarme Dich unser.

                  Quoniam tu solus Sanctus. Denn Du allein bist der Heilige.
                          Tu solus Dominus. Du allein der Herr.
            Tu solus Altissimus, Jesu Christe. Du allein der Höchste, Jesus Christus.
                         Cum Sancto Spiritu Mit dem Heiligen Geiste
                          in gloria Dei Patris. in der Herrlichkeit Gottes des Vaters.
                                      Amen. Amen.

16
Credo Credo
            Credo in unum Deum, Ich glaube an den einen Gott.
           Patrem omnipotentem, Den allmächtigen Vater,
         factorem coeli et terrae, Schöpfer des Himmels und der Erde,
 visibilium omnium et invisibilium. aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge.

         Credo in unum Dominum Ich glaube an den einen Herrn
                 Jesum Christum, Jesus Christus,
            Filium Dei unigenitum. Gottes eingeborenen Sohn.
                Et ex Patre natum Er ist aus dem Vater geboren
              ante omnia saecula. vor aller Zeit.
  Deum de Deo, lumen de lumine, Gott von Gott, Licht vom Lichte,
        Deum verum de Deo vero. wahrer Gott vom wahren Gott.
            Genitum, non factum, Gezeugt, nicht geschaffen,
          consubstantialem Patri: eines Wesens mit dem Vater;
      per quem omnia facta sunt. durch Ihn ist alles geschaffen.
         Qui propter nos homines Für uns Menschen und
      et propter nostram salutem um unsres Heiles willen
             descendit des coelis. ist Er vom Himmel herabgestiegen.

Et incarnatus est de Spiritu Sancto Er ist Fleisch geworden durch den Heiligen Geist
                 ex Maria Virgine. aus Maria, der Jungfrau.
               Et homo factus est. Und ist Mensch geworden.
        Crucifixus etiam pro nobis Gekreuzigt wurde Er für uns;
         sub Pontio Pilato passus, Unter Pontius Pilatus hat Er den Tod erlitten
                   et sepultus est. und ist begraben worden.

                                                                                       17
Et resurrexit tertia die Er ist auferstanden am dritten Tage,
                    secundum Scripturas. gemäß der Schrift.
                   Et ascendit in coelum: Er ist aufgefahren in den Himmel
                sedet ad dexteram Patris. und sitzet zur Rechten des Vaters.
        Et iterum venturus est cum gloria, Er wird wiederkommen in Herrlichkeit,
                judicare vivos et mortuos: Gericht zu halten über Lebende und Tote:
                 cujus regni non erit finis. und Seines Reiches wird kein Ende sein.

              Credo in Spiritum Sanctum, Ich glaube an den Heiligen Geist,
                Dominum et vivificantem: den Herrn und Lebensspender,
            qui ex Patre Filioque procedit. der vom Vater und vom Sohne ausgeht.
                    Qui cum Patre et Filio Er wird mit dem Vater und dem Sohne
         simul adoratur et conglorificatur: zugleich angebetet und verherrlicht;
            qui locutus est per Prophetas. Er hat gesprochen durch die Propheten.

                  Credo in unam sanctam Ich glaube an die eine, heilige,
     catholicam et apostolicam Ecclesiam. katholische und apostolische Kirche.
               Confiteor unum baptisma, Ich bekenne die eine Taufe
             in remissionem peccatorum. zur Vergebung der Sünden.
      expecto resurrectionem mortuorum Ich erwarte die Auferstehung der Toten.
                  Et vitam venturi saeculi. Und das Leben der zukünftigen Welt.
                                    Amen. Amen

18
Sanctus Sanctus
    Sanctus, Sanctus, Sanctus Heilig, Heilig, Heilig,
     Dominus, Deus Sabaoth. Herr, Gott der Heerscharen.
      Pleni sunt coeli et terra Himmel und Erde sind erfüllt von
                    gloria tua. Deiner Herrlichkeit.
           Osanna in excelsis. Hosanna in der Höhe!
        Benedictus, qui venit Hochgelobt sei, der da kommt
           in nomine Domini. im Namen des Herrn!
           Osanna in excelsis. Hosanna in der Höhe!

                    Agnus Dei Agnus Dei
                    Agnus Dei, Lamm Gottes,
     qui tollis peccata mundi: das Du hinweg nimmst die Sünden der Welt:
              miserere nobis. erbarme dich unser.
Agnus Dei: Dona nobis pacem. Lamm Gottes: Gib uns Frieden.

                                                                           19
CHEFDIRIGENT DER DRESDNER PHILHARMONIE

     MAREK
     JANOWSKI
                                                      auf eine umfangreiche und erfolg-
                                                      reiche Laufbahn sowohl als Opern-
                                                      dirigent als auch als künstlerischer
                                                      Leiter bedeutender Konzertorches-
                                                      ter zurück. Sein künstlerischer
                                                      Weg führte nach Assistenten- und
                                                      Kapellmeisterjahren in Aachen,
                                                      Köln, Düsseldorf und Hamburg
                                                      als GMD nach Freiburg i. Br. und
                                                      Dortmund. Es gibt zwischen der
                                                      Metropolitan Opera New York
                                                      und der Bayerischen Staatsoper
                                                      München, zwischen Chicago, San
                                                      Francisco, Hamburg, Wien, Berlin
                                                      und Paris kein Opernhaus von
                Zur Dresdner Philharmonie kam         Weltruf, an dem er seit den späten
                Marek Janowski das erste Mal als      1970er Jahren nicht regelmäßig zu
                Chefdirigent von 2001 bis 2003.       Gast war.
                Bereits in dieser Zeit überzeugte     Im Konzertbetrieb, auf den er sich
                er durch ungewöhnliche und an-        seit den späten 1990er Jahren
                spruchsvolle Programme. Mit Be-       konzentriert, führt er die große
                ginn der Konzertsaison 2019/2020      deutsche Dirigententradition fort.
                ist er als Chefdirigent und künst-    Von 2002 bis 2016 war er Chefdi-
                lerischer Leiter zur Dresdner Phil-   rigent des Rundfunk-Sinfonieor-
                harmonie zurückgekehrt.               chesters Berlin (RSB). Zuvor und
                1939 geboren in Warschau, auf-        teilweise parallel amtierte er u.a.
                gewachsen und ausgebildet in
                Deutschland, blickt Marek Janowski

20
als Chefdirigent des Orchestre de
la Suisse Romande (2005 – 2012),
des Orchestre Philharmonique de      internationalen Solisten zwischen
Monte-Carlo (2000 – 2005) und        2010 und 2013 in der Berliner Phil-
des Orchestre Philharmonique de      harmonie konzertant realisierte.
Radio France (1984 – 2000), das      Sämtliche Konzerte wurden in
er zum Spitzenorchester Frank-       Kooperation mit Deutschlandradio
reichs entwickelte. Außerdem war     von Pentatone auf SACD veröffent-
er mehrere Jahre Chef am Pult        licht. Für Wagner kehrte Marek
des Gürzenich-Orchesters in Köln     Janowski auch noch einmal in
(1986 – 1990).                       ein Opernhaus zurück und leitete
Weltweit gilt Marek Janowski         2016 und 2017 den »Ring« bei den
als herausragender Beethoven-,       Bayreuther Festspielen. Bereits in
Schumann-, Brahms-, Bruckner-        den Jahren 1980 bis 1983 hatte er
und Strauss-Dirigent, aber auch      diesen Zyklus mit der Sächsischen
als Fachmann für das französi-       Staatskapelle Dresden für die
sche Repertoire. Mehr als 50 zu-     Schallplatte eingespielt. Für die
meist mit internationalen Preisen    Jahre 2014 bis 2017 wurde er vom
ausgezeichnete Schallplatten –       NHK Symphony (dem bedeutends-
darunter mehrere Operngesamt-        ten Orchester Japans) eingeladen,
aufnahmen und komplette sinfo-       in Tokio Wagners Tetralogie konzer-
nische Zyklen – tragen seit über     tant zu dirigieren.
35 Jahren dazu bei, die besonderen   Nach »Cavalleria rusticana« und
Fähigkeiten Marek Janowskis als      »Il Tabarro«, den beiden Einaktern
Dirigent international bekannt zu    von Mascagni und Puccini, die er
machen.                              mit der Dresdner Philharmonie
Einen besonderen Schwerpunkt         bereits aufgenommen hat, entstand
bilden für ihn die zehn Opern und    zuletzt eine Aufnahme von
Musikdramen Richard Wagners,         Beethovens »Fidelio« für das Label
die er mit dem Rundfunk-Sinfonie-    Pentatone.
orchester Berlin, dem Rundfunk-
chor Berlin und einer Phalanx von

                                                                           21
SOPRAN

     HANNA-ELISABETH
     MÜLLER

                                                           Salzburger Osterfestspie-
                                                           len ihren internationalen
                                                           Durchbruch und wurde kurz
                                                           darauf von der Zeitschrift
                                                           Opernwelt als Nachwuchs-
                                                           künstlerin des Jahres ausge-
                                                           zeichnet. Von 2012 bis 2016
                                                           gehörte sie dem Ensemble
                                                           der Bayerischen Staatsoper
                                                           an. Bei den Opernfestspie-
                                                           len 2017 verabschiedete
              Hanna-Elisabeth Müller studierte      sie sich als umjubelte Sophie in
              bei Rudolf Piernay, mit dem sie       Strauss’ »Rosenkavalier« von dem
              nach wie vor eng zusammenarbei-       Ensemble, blieb dem Haus seitdem
              tet. Die vielfach ausgezeichnete      aber weiterhin als Gast verbunden.
              Sopranistin holte sich weiteren       So begleitete sie das Bayerische
              Feinschliff in Meisterklassen von     Staatsorchester auf Tourneen nach
              Dietrich Fischer-Dieskau, Julia       Japan (Pamina), in die Carnegie
              Varady, Elly Ameling und Thomas       Hall New York (Sophie im »Rosen-
              Hampson.                              kavalier«) und an das Pariser Théâ-
              2014 erlebte Hanna-Elisabeth Müller   tre des Champs-Elysées.
              mit ihrem Auftritt als Zdenka in      Es folgte ein großes Hausdebüt
              Richard Strauss’ »Arabella« an der    dem nächsten: Im Frühjahr 2017
              Seite von Renée Fleming und Tho-      sang Hanna-Elisabeth Müller als
              mas Hampson unter der Leitung         Marzelline in Jürgen Flimms
              von Christian Thielemann bei den      »Fidelio« erstmals an der MET in
                                                    New York. Kurz darauf machte sie

22
ihr Opern- und Rollendebüt als         Semyon Bychkov in Paris zu hören.
Donna Anna in Robert Carsens           Einige Höhepunkte der letzten
»Don Giovanni« an der Mailänder        Jahre waren Strauss’ »Vier letzte
Scala, in der gleichen Rolle war       Lieder« und Orchesterlieder mit
sie seitdem an der Bayerischen         dem WDR Sinfonieorchester Köln
Staatsoper und an der Wiener           und Christoph Eschenbach, Bergs
Staatsoper zu erleben. 2018 gab        »Sieben Frühen Lieder« bei den
sie ihr Debüt an der Oper Zürich       Berliner Philharmonikern und
als Ilia in Mozarts »Idomeneo«.        Paavo Järvi oder Schumanns
Anfang 2020 kehrte sie an die MET      »Faustszenen« beim Eröffnungs-
nach New York zurück, diesmal          konzert von Daniel Harding beim
als Susanna in Mozarts »Le nozze       Orchestre de Paris.
di Figaro«. Geplante Auftritte als     Mit ihrer festen Klavierpartnerin
Marzelline (»Fidelio«) in Baden-       Juliane Ruf gab die Sopranistin
Baden und Eva (»Meistersinger«)        2018 ihr Lied-Debüt an der Mai-
in München mussten im Frühjahr         länder Scala und in der Londoner
2020 aufgrund der Corona-Pan-          Wigmore Hall, nachdem die beiden
demie abgesagt werden. In der          bereits in weiteren wichtigen
Saison 2020/21 kehrte sie an die       Liedzentren wie dem Heidelberger
Bayerische Staatsoper zurück: als      Frühling, in der Kölner Philharmo-
Cordelia in der Neuproduktion          nie, im De Singel Antwerpen, dem
von »Lear« unter der Leitung von       Teatro de la Zarzuela Madrid, der
Jukka-Pekka Saraste, außerdem          Schubertiada Vilabertran und dem
übernahm sie die Rolle der Elettra     Festival Rheinvokal zu erleben
in Mozarts »Idomeneo«.                 waren. 2017 erschien ihr erstes
Mit ihrer Vielseitigkeit ist Hanna-    Album »Traumgekrönt« (belvedere)
Elisabeth Müller auch regelmäßi-       mit Liedern von Strauss, Berg und
ger Gast auf den Konzertpodien. In     Schönberg. Anfang 2020 folgte ein
der aktuellen Spielzeit ist sie u.a.   weiteres Lied-Album, »Reine de
in Beethovens Neunter Sinfonie         Coeur«, mit Werken von Schumann,
bei der Sächsischen Staatskapelle      Zemlinsky und Poulenc beim
unter Christian Thielemann und         Label Pentatone, mit dem sie eine
mit Mahlers Zweiter Sinfonie und       Exklusivvereinbarung eingegan-
dem Orchestre de Paris unter           gen ist.

                                                                            23
ALT

     ELISABETH
     KULMAN

           Elisabeth Kulman zählt zu den         ZDF-Silvesterkonzert 2017 unter
           gefragtesten Sängerinnen und          Christian Thielemann, »Mussorgs-
           Künstlerpersönlichkeiten der          ky Dis-Covered« mit internationa-
           internationalen Klassikwelt. Sie      lem Jazzquartett sowie »Hungaro
           begeistert Publikum und Kritik        Tune« mit Sinfonieorchester und
           mit ihrem warmen, farbenreichen       Jazzsolisten.
           Timbre, Charisma und kreativer        Besonderes Lob finden Elisabeth
           Eigenständigkeit.                     Kulmans dramaturgisch »durch-
           Ihre Multi-Genre-Musikshow »La        komponierten« Liederabende mit
           femme c’est moi« präsentiert sie in   ihrem langjährigen Klavierpartner
           bedeutenden Sälen von Wien bis        Eduard Kutrowatz. Regelmäßige
           Tokio. Mit Raffinesse und feinem      Auftritte bei der Schubertiade
           Humor verschmilzt Elisabeth           und anderen bedeutenden Lied-
           Kulman darin verschiedene Musik-      Festivals sowie CDs dokumentieren
           stile von Oper, klassischem Lied      ihre gemeinsame Arbeit.
           über Musical bis Pop zu stimmiger     Nach einer fast zwanzigjährigen
           Einheit und zeigt ihre virtuose       internationalen Opernkarriere
           Wandelbarkeit. Wichtiger Partner      mit allen wichtigen Fachpartien
           ist ihr dabei der Wiener Arrangeur    von Gluck über Wagner und Verdi
           Tscho Theissing. Mit ihm ent-         bis Weill entschloss sich Elisabeth
           standen auch Bearbeitungen            Kulman im Jahr 2015, ihren
           von Zarah Leander-Songs für das       Schwerpunkt auf Konzerte zu
                                                 verlegen. Sie ist regelmäßiger Gast
                                                 bei den führenden Orchestern der

24
internationalen Musikmetropolen
und singt ein weitgespanntes
Repertoire unter Dirigenten wie
Kirill Petrenko, Christian Thiele-
mann, Simon Rattle, Philippe
Jordan, Herbert Blomstedt, Mariss
Jansons, Zubin Mehta, Teodor
Currentzis und Marek Janowski.
Eine besonders enge Zusammen-
arbeit verband sie mit Nikolaus
Harnoncourt.
Ihre Ausbildung erhielt Elisabeth
Kulman an der Wiener Musik-
universität bei Helena Lazarska.
2001 debütierte sie an der Wiener
Volksoper in der Sopran-Partie der
Pamina. 2005 wechselte sie in das
dramatische Mezzosopran- und         ein. Sie ist Mitbegründerin des
Altfach. Als Ensemblemitglied der    Vereins art but fair, Betreiberin
Wiener Staatsoper avancierte sie     des Youtube-Kanals What’s Opera
rasch zum Publikumsliebling. Ihre    Doc und Initiatorin von #voiceit
Bekanntheit setzt sie für gerechte   für eine Kultur der Würde.
Verhältnisse in der Klassikwelt

                                                                         25
TENOR

     CHRISTIAN
     ELSNER

                                                    Feldkirch. Zahlreiche CD-Aufnah-
             Der in Freiburg im Breisgau gebo-      men mit Lied, Konzert und Oper
             rene Tenor Christian Elsner ist seit   zeugen von seinem vielfältigen
             vielen Jahren ein international        Repertoire. Seine neue CD »Urge-
             gefragter Solist, der inzwischen       danken« mit Liedern von Mahler,
             auch als Professor für Gesang lei-     Brahms, Wagner und Beethoven
             denschaftlich gerne seine Erfah-       erscheint im Herbst 2021.
             rungen an die kommende Genera-         Unter den zahlreichen Auftritten
             tion weitergibt. Voll Dankbarkeit      in allen wichtigen Zentren der
             erinnert er sich dabei oft an sein     klassischen Musik wie der Phil-
             Gesangsstudium bei Prof. Martin        harmonie Berlin, dem Wiener
             Gründler.                              Musikverein, der Carnegie Hall
             In der Liedklasse von Dietrich         New York, der Mailänder Scala
             Fischer-Dieskau vertiefte er seine     oder der Suntory Hall Tokyo ge-
             Leidenschaft für die Interpretation    hören Haydns »Schöpfung« unter
             des Kunstliedes, das ihm bis heute     Zubin Mehta, Dvoraks »Stabat
             sehr am Herzen liegt. Liederabende     Mater« unter Mariss Jansons,
             mit Begleitern wie Hartmut Höll,       Mahlers »Lied von der Erde« unter
             Gerold Huber oder Burkhard             Yannick Nézet-Séguin, Franz
             Kehring gab der Tenor unter            Schmidts »Das Buch mit sieben
             anderem in Dresden, München,           Siegeln« unter Manfred Honeck
             Köln, Schwetzingen, Brüssel,           oder Beethovens Neunte Sinfonie
             Paris und bei der Schubertiade         im Rahmen einer Welttournee mit
                                                    den Berliner Philharmonikern
                                                    unter Sir Simon Rattle zu seinen
                                                    persönlich wertvollsten musikali-
                                                    schen Höhepunkten.

26
am Teatro Real Madrid zum
                                          Mittelpunkt seiner Opern-
                                          karriere. Davon inspiriert
                                          veröffentlichte der Künstler
                                          als Kinderbuchautor zuletzt
                                          »Lennie und der Ring des
                                          Nibelungen«.
                                          In der Spielzeit 2021/22 wird
                                          Christian Elsner unter ande-
                                          rem in einem Liederabend
                                          mit Hartmut Höll in Karls-
Besonders prägend ist die seit       ruhe sowie in Konzerten mit der
vielen Jahren andauernde Zusam-      Deutschen Radio Philharmonie
menarbeit mit Marek Janowski,        Saarbrücken und Kaiserslautern
unter dessen Leitung Christian       oder dem Prague Radio Symphony
Elsner neben Parsifal, Loge und      Orchestra zu hören sein. Außer-
Mime auch die Hexe in Humper-        dem tritt der Tenor als Siegmund
dincks »Hänsel und Gretel« und       in konzertanten Vorstellungen von
den Florestan in Beethovens          Wagners »Walküre« in Porto und
»Fidelio« singen durfte. Die Opern   Stavanger auf.
Richard Wagners wurden durch
Auftritte als Siegmund und als
Parsifal am Deutschen National-
theater Weimar, am Staatstheater
Kassel, an der Semperoper Dres-
den, an der Wiener Staatsoper und

                                                                          27
BASS

     FRANZ-JOSEF                                  Hochschulklasse Gesang von

     SELIG
                                                  Claudio Nicolai wechselte. An-
                                                  fangs gehörte er sechs Jahre als
                                                  Ensemblemitglied dem Essener
                                                  Aalto-Theater an. Seither ist
            Franz-Josef Selig ist international   Franz-Josef Selig als freischaffen-
            einer der renommiertesten Sänger      der Sänger tätig.
            der Rollen des seriösen Bass-Fachs    Auch für 2021/22 stehen zahlreiche
            wie Gurnemanz, König Marke,           internationale Opernprojekte auf
            Sarastro, Rocco, Osmin, Daland,       dem Programm: u.a. Schumanns
            Fiesco und Fasolt und an allen        Szenen aus Goethes »Faust« an
            großen Opernhäusern der Welt          der Hamburgischen Staatsoper
            (u.a. Bayerische Staatsoper, Wiener   unter Kent Nagano, als Daland in
            Staatsoper, Mailänder Scala, Teatro   Wagners »Der fliegende Holländer«
            Real Madrid, die Pariser Opernhäu-    unter Bertrand de Billy an der
            ser, Metropolitan Opera New York)     Wiener Staatsoper und als Rocco in
            sowie bei renommier-ten Festivals     Beethovens »Fidelio« in einer Neu-
            wie den Bayreuther, Baden Bade-       inszenierung in Florenz. Am Gran
            ner und Salzburger Festspielen und    Teatre del Liceu in Barcelona wird
            dem Festival d’Aix-en-Provence zu     er Debussys »Pelléas et Mélisande«
            Hause. Dabei waren und sind nam-      (Arkel) aufführen, in Brüssel eine
            hafte Orchester und Dirigenten        konzertante Version von Wagners
            seine Partner, darunter Christian     »Parsifal« unter Alain Altinoglu so-
            Thielemann, Sir Simon Rattle,         wie am Opernhaus Zürich Wagners
            Marek Janowski, Zubin Mehta,          »Tristan und Isolde« unter Gianan-
            Semyon Bychkov, Riccardo Muti,        drea Noseda (Regie: Claus Guth).
            Yannick Nezét-Séguin, Antonio         Im Konzertbereich wird der
            Pappano, Philippe Jordan, Daniel      Künstler u. a. in Dresden und
            Harding und viele andere.             Salzburg in Bruckners »Te Deum«
            Der Künstler schloss zunächst an      mit der Sächsischen Staatskapelle
            der Staatlichen Hochschule für        unter Christian Thielemann und
            Musik in Köln das Studium der         in Florenz unter Zubin Mehta in
            Kirchenmusik ab, bevor er in die      Beethovens Neunter Sinfonie zu
                                                  erleben sein. Zusätzlich zu seinen

28
zahlreichen Konzert- und Opern-
engagements findet der Sänger
Zeit für Liederabende, zuletzt mit
Gerold Huber in London, Madrid,
Katowice und Köln.
Sein neues Liedprogramm mit
Gerold Huber wird er in Brüssel
am Théâtre Royal de la Monnaie
vorstellen.
Zahlreiche CD- und DVD-Produk-
tionen dokumentieren die künst-
lerische Bandbreite dieses außer-     lungen« (DG, Metropolitan Opera
gewöhnlichen Sängers – von Bachs      New York, 2010) mit Franz-Josef
Matthäuspassion über Mozarts          Selig als Fasolt erhielt 2013 den
»Zauberflöte« (Royal Opera            Grammy Award als beste Opern-
London/Sir Colin Davis), »Don         aufnahme. Aus dem Jahr 2013 ist
Giovanni« (Wiener Staatsoper/Ric-     inzwischen auch eine DVD »Der
cardo Muti), »Le nozze di Figaro«     Fliegende Holländer« von den
(Salzburger Festspiele/Nikolaus       Bayreuther Festspielen erschienen
Harnoncourt), »Die Entführung aus     (Thielemann/Gloger). Unter dem
dem Serail« (Gran Teatre del Liceu/   Titel »Prometheus« (AVI) vereinigt
Ivor Bolton/Christoph Loy) bis        er Lieder von Schubert, Wolf und
»L’incoronazione di Poppea« (Gran     Strauss. Im Juli 2015 wurde von
Teatre del Liceu/David Alden/         der Deutschen Grammophon eine
Harry Bicket).                        neue Aufnahme von Mozarts »Ent-
Die Partie des Gurnemanz in           führung aus dem Serail« unter der
Wagners »Parsifal« nahm er so-        Leitung von Yannick Nezét-Séguin
wohl unter Christian Thielemann       (Produktion Sommer 2014 am Fest-
(Wiener Staatsoper, erschienen        spielhaus Baden-Baden) und gerade
bei Deutsche Grammophon) als          erst die »Zauberflöte« (Produktion
auch mit Marek Janowski und           Frühjahr 2018 ebendort) auf CD ver-
dem Rundfunk-Sinfonieorchester        öffentlicht.
Berlin (Pentatone) auf. Die DVD der
Produktion »Der Ring des Nibe-

                                                                            29
CHOR

     MDR-RUNDFUNKCHOR

            Der MDR-Rundfunkchor ist nicht       Dass das Ensemble nicht nur exzel-
            nur der größte und traditions-       lenter Partner der bedeutendsten
            reichste Chor des öffentlich-        Orchester ist, beweist es mit viel
            rechtlichen Rundfunks, sondern       beachteten A-cappella-Interpreta-
            gilt weltweit auch als eines der     tionen. Weltliche und geistliche
            gefragtesten Ensembles seiner        Musik, Ensemblegesang sowie
            Art. Dirigenten wie Herbert von      Chorsinfonik gehören gleicherma-
            Karajan, Kurt Masur, Colin Davis,    ßen zum Repertoire, das beinahe
            Claudio Abbado, Simon Rattle,        ein Jahrtausend Musikgeschichte
            Neville Marriner, Seiji Ozawa,       umspannt. Als Spezialensemble
            Lorin Maazel, Bernard Haitink,       für zeitgenössische Musik haben
            Riccardo Muti, Georges Prêtre        sich die 73 Choristen zudem durch
            oder Roger Norrington haben dem      zahlreiche Ur- und Erstauffüh-
            MDR-Rundfunkchor ihre Reverenz       rungen einen Namen gemacht. Im
            erwiesen. Regelmäßig konzertie-      Sommer 2020 erlangte der Chor
            ren die Sängerinnen und Sänger       besondere Aufmerksamkeit mit
            auch mit dem MDR-Sinfonie-           der virtuellen Uraufführung des
            orchester und dem neuen Chef-        MDR-Auftragswerkes »Inseln«
            dirigenten Dennis Russell Davies.    von Michael Langemann, das die
            Weitere künstlerische Partner der    gesellschaftliche Situation unter
            Saison 2021/2022 sind u.a. das Ge-   Pandemie-Bedingungen reflektiert.
            wandhausorchester unter Andris       Seit Januar 2020 hat Philipp
            Nelsons, die Dresdner Philhar-       Ahmann in der Nachfolge des
            monie und das Sinfonieorchester      estnischen Dirigenten Risto
            Basel unter Marek Janowski, das      Joost die künstlerische Leitung
            NDR Elbphilharmonie Orchester        des MDR-Rundfunkchores inne.
            unter Esa-Pekka Salonen sowie das    Philipp Ahmann war dem Chor
            hr-Sinfonieorchester unter Alain     bereits als Gastdirigent verbunden
            Altinoglu.                           und prägte in den letzten Jahren

30
u. a. mit A-cappella-Programmen,   von Rachmaninows Vesper unter
Uraufführungen und CD-Aufnah-      Leitung von Risto Joost im März
men das musikalische Profil des    2018 den Diapason d’Or. Zuletzt
Chores. Unter seinen Vorgängern    erschien im März 2021 beim Label
finden sich Namen wie Herbert      Pentatone eine von der Kritik hoch-
Kegel, Gert Frischmuth und Ho-     gelobte Aufnahme mit Motetten
ward Arman, der auch das überaus   Anton Bruckners und Michael
erfolgreiche Format der Nachtge-   Haydns.
sänge entwickelte.                 Über die Europäische Rundfunk-
Nahezu 200 Schallplatten und       union wie auch auf Tourneen
CDs – viele davon preisgekrönt –   und Gastspielen weltweit zu
hat das Ensemble aufgenommen.      hören, fungiert der 2013 mit dem
So erhielten die Sängerinnen und   Europäischen Kulturpreis aus-
Sänger für die Einspielung von     gezeichnete MDR-Rundfunkchor
Max Regers Motetten op. 110 den    erfolgreich als musikalischer Bot-
International Classical Music      schafter Mitteldeutschlands.
Award 2017 und für die Aufnahme

                                                                         31
ORCHESTER

     DRESDNER
     PHILHARMONIE
                                                       Fokus, den er in seinen Program-
                                                       men auf die Musik Anton Bruck-
                                                       ners legte, trug dem Orchester den
                 Die Dresdner Philharmonie blickt      Ruf eines »Bruckner-Orchesters«
                 als Orchester der Landeshaupt-        ein. Zu den namhaften Gastdiri-
                 stadt Dresden auf eine 150-jährige    genten, die damals zur Dresdner
                 Geschichte zurück. Mit der Eröff-     Philharmonie kamen, zählten
                 nung des sogenannten Gewerbe-         Hermann Abendroth, Eduard
                 haussaals am 29. November 1870        van Beinum, Fritz Busch, Eugen
                 erhielt die Bürgerschaft Gelegen-     Jochum, Joseph Keilberth, Erich
                 heit zur Organisation großer          Kleiber, Hans Knappertsbusch
                 Orchesterkonzerte. Ab 1885 wurden     und Franz Konwitschny.
                 regelmäßig Philharmonische            Nach 1945 bis in die 1990er Jahre
                 Konzerte veranstaltet, bis sich das   waren Heinz Bongartz, Horst
                 Orchester 1923 seinen heutigen        Förster, Kurt Masur (seit 1994
                 Namen gab. In den ersten Jahr-        auch Ehrendirigent), Günther
                 zehnten standen Komponisten           Herbig, Herbert Kegel, Jörg-Peter
                 wie Brahms, Tschaikowski, Dvořák      Weigle und Michel Plasson als
                 und Strauss mit eigenen Werken        Chefdirigenten tätig. In jüngster
                 am Pult der Dresdner Philharmo-       Zeit prägten Dirigenten wie Marek
                 nie. Im Orchester spielten heraus-    Janowski, Rafael Frühbeck de
                 ragende Konzertmeister wie Stefan     Burgos und Michael Sanderling das
                 Frenkel, Simon Goldberg oder die      Orchester. Mit Beginn der Saison
                 Cellisten Stefan Auber und Enrico     2019/2020 ist Marek Janowski
                 Mainardi. Carl Schuricht und Paul     noch einmal als Chefdirigent und
                 van Kempen leiteten ab 1934 das       künstlerischer Leiter zur Dredsner
                 Orchester; besonders van Kempen       Philharmonie zurückgekehrt.
                 führte die Dresdner Philharmonie
                 zu Spitzenleistungen. Der starke

32
Ihre Heimstätte ist der im April      Angebot für junge Menschen; mit
2017 eröffnete hochmoderne            Probenbesuchen und Schulkon-
Konzertsaal im Kulturpalast im        zerten werden bereits die jüngsten
Herzen der Altstadt.                  Konzertbesucher an die Welt der
Im romantischen Repertoire hat        klassischen Musik herangeführt.
sich das Orchester einen ganz ei-     Den musikalischen Spitzennach-
genen »Dresdner Klang« bewahrt.       wuchs fördert das Orchester in der
Darüber hinaus zeichnet es sich       Kurt Masur Akademie.
durch klangliche und stilistische     Von ihrem breiten Spektrum zeugt
Flexibilität sowohl für die Musik     auch die seit 1937 gewachsene
des Barock und der Wiener Klassik     Diskographie der Philharmonie.
als auch für moderne Werke aus.       Ein neuer Höhepunkt wurde mit
Bis heute spielen Uraufführungen      dem CD-Zyklus unter der Leitung
eine wichtige Rolle in den Program-   von Michael Sanderling erreicht,
men des Orchesters. Gastspiele in     der sich sämtlichen Sinfonien
den bedeutenden Konzertsälen          von Dmitri Schostakowitsch und
weltweit zeugen vom hohen An-         Ludwig van Beethoven widmet
sehen, das die Dresdner Philhar-      (Sony Classical).
monie in der Klassikwelt genießt.
Hochkarätig besetzte Bildungs-
und Familienformate ergänzen das

                                                                           33
ORCHESTERBESETZUNG

     DIE DRESDNER PHILHARMONIE
     IM HEUTIGEN KONZERT

                                  2. VIOLINEN
                                  Reinhard Krauß *
                                  Cordula Fest KV
                                  Adela Bratu
     1. VIOLINEN                  Andreas Hoene KV              VIOLONCELLI
                                  Andrea Dittrich KV
     Prof. Wolfgang Hentrich KV                                 Prof. Matthias Bräutigam KV
                                  Constanze Sandmann KV
     Dalia Richter KV                                           Victor Meister KV
                                  Jörn Hettfleisch
     Christoph Lindemann KV                                     Olena Guliei
                                  Dorit Schwarz KM
     Marcus Gottwald KV                                         Karl-Bernhard von Stumpff KV
                                  Susanne Herberg KM
     Ute Kelemen KV                                             Clemens Krieger KV
                                  Christiane Liskowsky KM
     Johannes Groth KV                                          Daniel Thiele KV
                                  Teresa Novák
     Alexander Teichmann KV                                     Alexander Will KM
                                  Nathan Giem
     Annegret Teichmann KV                                      Bruno Borralhinho KM
                                  Steffen Gaitzsch
     Thomas Otto KM                                             Dorothea Plans Casal
                                  Elsa Klockenbring
     Theresia Hänzsche                                          Michael Schmitz **
     Xianbo Wen
     August Magnusson
     Sofija Radic
     Tatjana Reuter
                                  BRATSCHEN
     Hobin Yi **                                                KONTRABÄSSE
     Naoko Fujita ***             Hanno Felthaus KV
                                                                Prof. Benedikt Hübner KM
                                  Matan Gilitchensky
                                                                Tobias Glöckler KV
                                  Beate Müller KV
                                                                Olaf Kindel KM
                                  Steffen Seifert KV
                                                                Thilo Ermold KV
                                  Steffen Neumann KV
                                                                Donatus Bergemann KV
                                  Heiko Mürbe KV
                                                                Matthias Bohrig KV
                                  Andreas Kuhlmann KV
                                                                Ilie Cozmaţchi
                                  Tilman Baubkus KM
                                                                Philipp Könen-Dose
                                  Irena Dietze
                                  Sonsoles Jouve del Castillo
                                  Hyelin Yun **
                                  Caroline Spengler ***

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FAGOTTE
                                      Daniel Bäz KM
                                      Robert-Christian Schuster KV
                                      Michael Lang KV
FLÖTEN                                Prof. Mario Hendel KV                 TROMPETEN
Kathrin Bäz                                                                 Andreas Jainz KV
Karin Hofmann KV                                                            Prof. Björn Kadenbach
Claudia Rose KM
Friederike Herfurth-Bäz
                                      HÖRNER
                                      Sarah Ennouhi
                                      Prof. Friedrich Kettschau KV          POSAUNEN
                                      Dietrich Schlät KV
                                                                            Stefan Langbein KM
OBOEN                                 David Coral
                                                                            Dietmar Pester KV
Johannes Pfeiffer KV                                                        Peter Conrad KV
Prof. Guido Titze KV
Jens Prasse KV
Isabel Kern

                                                                            PAUKE
                                                                            Oliver Mills KV
KLARINETTEN
Daniel Hochstöger
Prof. Henry Philipp KV
Dittmar Trebeljahr KV
Klaus Jopp KV

KM --> Kammermusiker | KV -> Kammervirtuos | * -> Gast | ** -> Akademie | *** -> Substitut

                                                                                                    35
IMPRESSUM

HERAUSGEBER                           TEXT                                      BILDNACHWEISE
Intendanz                             Jens Schubbe                              Wikimedia Commons:
der Dresdner Philharmonie                                                       S. 3, 4, 6, 7, 8, 10
                                      Jens Schubbe, geboren 1962 in der
Schloßstraße 2, 01067 Dresden                                                   omyfaksimiles.com: S. 11
                                      Mecklenburgischen Schweiz, arbeitet
T +49 351 4866-282                                                              Markenfotografie: S. 20, 33
                                      als Dramaturg für die Dresdner
                                                                                Chris Gonz: S. 22
dresdnerphilharmonie.de               Philharmonie. Darüber hinaus ist er
                                                                                Marija Kanizaj: S. 25
                                      als Autor bzw. beratend für diverse
                                                                                Ellen Schmauss: S. 27
                                      Institutionen tätig, u.a. Wiener Musik-
                                                                                Marion Köll: S. 29
                                      verein, Konzerthaus Berlin, Schwet-
CHEFDIRIGENT UND                                                                Andreas Lander: S. 31
                                      zinger Festspiele, Wittener Tage für
KÜNSTLERISCHER LEITER
                                      neue Kammermusik, AuditivVokal.
Marek Janowski                        Zuvor Tätigkeiten für das Collegium
                                      Novum Zürich (Künstlerischer Leiter/      MUSIKBIBLIOTHEK
                                      Geschäftsführer), das Konzerthaus
                                                                                Die Musikabteilung der
                                      Berlin (Dramaturg), die Berliner
INTENDANTIN                                                                     Zentralbibliothek (2. OG) hält
                                      Kammeroper (Dramaturg) und das
                                                                                zu den aktuellen Programmen
Frauke Roth (V.i.S.d.P.)              Theater Vorpommern (Chorsänger
                                                                                der Philharmonie für Sie in
                                      und Dramaturg).
                                                                                einem speziellen Regal Parti-
                                                                                turen, Bücher und CDs bereit.

                                      REDAKTION
                                      Jens Schubbe                              Preis: 2,50 €

                                                                                Änderungen vorbehalten.

                                                                                Wir weisen ausdrücklich
                                                                                darauf hin, dass Bild- und
                                                                                Tonaufnahmen jeglicher Art
                                                                                während des Konzertes durch
                                                                                Besucher grundsätzlich
                                                                                untersagt sind.

         Die Dresdner Philharmonie als      MEDIZINISCHES Gesundheitsparter
         Kultureinrichtung der Landes-              LABOR der Dresdner
                                              OSTSACHSEN Philharmonie
         hauptstadt Dresden (Kulturraum)     D RESDEN
         wird mitfinanziert durch            BAU TZEN
                                              GÖRLITZ
         Steuermittel auf der Grundlage
         des vom Sächsischen Landtag
         beschlossenen Haushaltes.
Mit

                          # HÖR MAL!
                                   philharmo-
                                   nischen
                                   Herztönen
                                   Der
                                   Kultur-
                                   palast als
                                   Klang-
                                   skulptur
                                   Der Kulturpalast
                                   klingt: Ab 7. Oktober
                                   sind aus leise tönen-
                                   den Lautsprechern
                                   auf den Balkonen viel-
                                   fältige Klänge der
                                   Dresdner Philharmonie
                                   zu hören. Verweilen
                                   Sie und erkunden Sie
                                   ein Klangpanorama
                                   rund um das Gebäude!

                                   Konzept:
                                   Franz Martin Olbrisch
                                                            © Felix Ermacora

dresdnerphilharmonie.de
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