Beidhändige Führung Entwicklung des Kienbaum Leadership Compass - Kienbaum Studie

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Beidhändige Führung Entwicklung des Kienbaum Leadership Compass - Kienbaum Studie
Kienbaum Studie

Beidhändige
Führung
Entwicklung des Kienbaum
Leadership Compass
Beidhändige Führung Entwicklung des Kienbaum Leadership Compass - Kienbaum Studie
Executive Summary

Kienbaum und das Kienbaum Institut @ ISM haben die Füh-               Die befragten Führungskräfte zeigen sich im Durchschnitt
rungsstile des erweiterten Full Range Leadership Models auf           stärker in den explorativen Führungsstilen, was eine stärkere
dem Kontinuum der Ambidextrie verortet, um einen Self-Check,          Ausrichtung auf das Innovationsgeschäft vermuten lässt. Des
den Kienbaum Leadership Compass, zu entwickeln. In einer              Weiteren konnten Risikofaktoren für negatives Führungs-
Befragung von 239 Führungskräften wurde dieses Modell                 verhalten ermittelt werden, die indirekt über das Antwort-
getestet. Die Ergebnisse unterstützen das postulierte Modell.         ver­halten zu den Führungsstilen des erweiterten Full Range
Passive und aufgabenorientierte Führungsstile (transaktional,         Leader­ship Models erfasst wurden. Abschließend werden die
direktiv, expertenorientiert) folgen einer exploitativen Ausrich-     Bedeutung und Implikationen explorativen bzw. exploitativen
tung auf das Kerngeschäft. Mitarbeiter- und veränderungs­             Führungsverhaltens diskutiert.
orientierte Führungsstile (transformational, digital, ethisch,
strategisch) können unter einer explorativen Ausrichtung auf
das Innovationsgeschäft zusammengefasst werden.

 Die Ergebnisse unterstützen
 das postulierte Modell.

BEIDHÄNDIGE FÜHRUNG – KIENBAUM LEADERSHIP COMPASS | KIENBAUM © 2019                                                                   2
Beidhändige Führung Entwicklung des Kienbaum Leadership Compass - Kienbaum Studie
Inhalt

Beidhändige Führung – Entwicklung des Kienbaum Leadership Compass

Einleitung ...................................................................................................................................... 4

Theoretischer Rahmen .............................................................................................................. 5

Stichprobenbeschreibung und Methodik ........................................................................................ 6

Ergebnisse
Ausprägungen der Führungsstile ....................................................................................................... 8
Explorative und exploitative Führungsstile ....................................................................................... 9
Risikofaktoren .....................................................................................................................................11

Zusammenfassung
Fazit und Implikationen ..................................................................................................................... 13

Kontakt .............................................................................................................................................. 15

Appendix ........................................................................................................................................... 16

BEIDHÄNDIGE FÜHRUNG – KIENBAUM LEADERSHIP COMPASS | KIENBAUM © 2019                                                                                         3
Beidhändige Führung Entwicklung des Kienbaum Leadership Compass - Kienbaum Studie
Einleitung

Ambidextrie (lat. Beidhändigkeit) als eine speziali-
sierte dynamische Fähigkeit der Organisation, die       Diese Studie testet die theoretische Annahme,             Führungsstile und Führungsrollen
Paradoxie einer komplexen, sich ständig verändern-      dass bestimmte Führungsstile eher das Kernge-
den Welt zu managen, genießt derzeit im strategi-       schäft und andere wiederum das Innovations­               Individuelle Perspektive
schen Management vermehrte Aufmerksamkeit.              geschäft fördern, und beabsichtigt so, die
Aus einer strategischen Perspektive müssen Orga-        folgenden Fragen zu beantworten:                          Führungsstile bezeichnen die
nisationen einerseits ihr Kerngeschäft zu maximaler                                                               individuelle Veranlagung zu führen
Effizienz ausbauen (Exploitation) und andererseits      > Welche Führungsstile stehen im Zusammenhang             und sind vorwiegend durch
aktiv Innovationen und neue Geschäftsmodelle              mit Exploration bzw. Exploitation?                      personenbezogene Faktoren wie
entwickeln (Exploration), um in einer disruptiven,                                                                Persönlichkeit, Motivation oder
digitalen Welt wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese       > Wie führen Führungskräfte in deutschen                  kognitive Leistungsfähigkeit
konträren strategischen Ausrichtungen müssen tief         Organisationen im Hinblick auf Ambidextrie?             determiniert. Diese Determinanten
in der Organisation verankert sein. Für diese Veran-                                                              sind relativ schwer zu verändern.
kerung zeichnen vor allem Führungskräfte verant-
wortlich. Das Verhalten der Führungskräfte inner-        Im Fokus dieser Studie steht deshalb eine individu-
halb einer Organisation stellt eine entscheidende        elle Perspektive der Ambidextrie. Deshalb unter-         Organisationale Perspektive
Antezedenz für die organisationale Ambidextrie dar       suchen wir Führungsstile und keine Führungsrollen
und weckt deshalb das Forschungsinteresse von            (siehe Infobox rechts), um als übergeordnetes Ziel       Führungsrollen rekurrieren auf
vor allem Ökonomen und Psychologen. Von zentra-          einen Fragebogen, den Kienbaum Leadership                Verantwortlichkeiten sowie
lem Interesse ist, welches Führungsverhalten oder,       Compass, zur Messung dieser Stile zu entwickeln.         Verhaltensweisen und Fähigkeiten,
spezifischer gefragt, welche Führungsstile Führungs-​    Ein sekundäres Ziel der Studie ist es, Risikofakto-      die für eine bestimmte Position
​kräfte pflegen müssen, um Exploitation und Explo-       ren im Führungsverhalten der Teilnehmer zu iden-         erforderlich sind. Führungsrollen
 ration zu fördern. Um diese Frage zu beantworten,       tifizieren, da verschiedene Führungsstile in der         erfordern deshalb vor allem
 hat das Kienbaum Institut @ ISM theoriegeleitet die     Literatur häufig mit Persönlichkeitseigenschaften        Kompetenzen (Wissen, Skills,
 in der Forschungsliteratur etablierten Führungsstile    in Zusammenhang stehen, die sich negativ auf             Einstellungen), die leichter zu
 auf dem Kontinuum der Ambidextrie verortet.            ­Mitarbei­­­­ten­­de und Organisation auswirken können.   verändern und zu trainieren sind.
                                                         Der Leadership Compass als Self-Check bietet so
                                                         die Möglichkeit, Führungskräften ihr Führungs-
                                                         verhalten im Hinblick auf Ambidextrie und Risiko-
                                                         faktoren rückzumelden, um Reflektionsprozesse
                                                         zur perspekti­vischen Verbesserung des eigenen
                                                         Führungsverhaltens anzuregen.

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Beidhändige Führung Entwicklung des Kienbaum Leadership Compass - Kienbaum Studie
Theoretischer Rahmen

Führung steht seit jeher im Fokus der Forschung, weshalb           Status quo einhergeht, während Exploration eine kontrol-
ein Fundus an Literatur, Studien und unterschiedlichen             lierte Aufmerksamkeit für die Umwelt umfasst, die Raum             Digitale Führungskompetenz
Konzepten zum Thema existiert. Insbesondere Führungs-              für Veränderung und neue Ideen schafft. Zum anderen gibt
stile, die bestimmte beobachtbare Verhaltensweisen                 es Ansätze, die Führungsverhalten in Metakategorien                Wir verstehen digitale
aggregieren, und ihre Auswirkungen werden intensiv                 zusammenfassen, wie beispielsweise Yukl (2012), der i.a.           Führungskompetenz als die
erforscht. In der Folge existiert eine Vielzahl an Führungs-       drei zentrale Meta­kategorien (aufgaben-, mitarbeiter- und         Fusion aus virtueller Führung,
stilen, die verschiedene Kontexte adressieren sowie                veränderungsorientiertes Verhalten) unterscheidet. Wir             geteilter Führung und Digital-
vielfältige Konsequenzen für Mitarbeitende und Organisa-           gehen davon aus, dass passive und aufgabenorientierte              kompetenz, die als eine
tionen implizieren. Wir untersuchen in dieser Studie vor­-         Führungsstile, die sich hauptsächlich auf Effizienz und            Kompetenz bestehende
nehmlich die Führungsstile des erweiterten Full Range              Konsolidierung des organisationalen Status quo fokussie-           Führungsstile ergänzt.
Leadership Models, welche in der Studie „Die Kunst                 ren, stärker mit Exploitation, also einem Fokus auf das            Im Kern geht es darum, dass
des Führens in der Digitalen Revolution“ von Kienbaum              Kerngeschäft, assoziiert sind, während mitarbeiter- und            Führungskräfte auch mittels
und StepStone (2018) vorgestellt wurden. Einzige Aus-              veränderungsorientierte Führungsstile stärker das Innova-          digitaler Technologien führen
nahme ist, dass wir negative Führung exkludieren, da               tionsgeschäft bespielen. Aufgabenorientierte und oft               können und zu geteilter
Tendenzen zu negativem Führungsverhalten über die                  passive Führungsstile sind unserer Ansicht nach ein experten-      Verantwortung im Team
Operationalisierung der Risikofaktoren abgedeckt werden            orientierter (Inhaltsfokus), direktiver (Delegation) und           ermutigen. Jeder Führungsstil
sollen. Dafür nehmen wir expertenorientierte Führung und           transaktionaler Führungsstil (Kontrolle). Dem entgegen             kann und sollte mittels digitaler
digitale Führungskompetenz als relevante Verhaltenswei-            sind insbesondere strategisches (Umweltanalyse), transfor-         Technologien ausgeführt und
sen in un­ser Modell mit auf. Unser Modell basiert auf zwei        mationales (Mitarbeiterentwicklung), ethisches (Mitarbei-          auch im Team geteilt werden.
An­nahmen. Zum einen zeigen neuropsychologische                    tende an erster Stelle) und digitales (geteilte Verantwor-
Befunde (Laureiro-Martínez et al., 2014), dass Exploitation        tung) Führungsverhalten stark mitarbeiter- bzw. verände-
mit fokussierter Aufmerksamkeit für Aufgaben und den               rungsorientiert und fördern Innovation und Veränderung.

             EXPLOITATION                                              AMBIDEXTRIE                                                 EXPLORATION

           Expertenorientierte   Direktive        Transaktionale         Strategische       Transformationale   Ethische           Digitale
           Führung               Führung          Führung                Führung            Führung             Führung            Führungskompetenz

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Beidhändige Führung Entwicklung des Kienbaum Leadership Compass - Kienbaum Studie
Stichprobenbeschreibung und Methodik

Im Rahmen einer anonymen Online-Befragung hat                   GESCHLECHT                        ALTER     FÜHRUNGSERFAHRUNG          FÜHRUNGSSPANNE
das Kienbaum Institut @ ISM 239 Führungskräfte
zu ihrem individuellen Führungsverhalten befragt.
Der Fragebogen umfasste ca. 100 Fragen, die die
unterschiedlichen Führungsstile und -kompetenzen
des Leadership Compass operationalisierten. Die
befragten Führungskräfte offenbarten ein hetero-
genes Bild im Hinblick auf Führungsebene, -spanne,
Unternehmensgröße und Branchenzugehörigkeit.
Das Geschlecht bildete hierbei die einzige Aus-                  66,1 % M                      41,8                 10,3                   18
nahme, da rund zwei Drittel der Teil­nehmer männ-                33,9 % W                     Jahre*               Jahre*            Mitarbeitende*
lich waren.

Insgesamt sind die Teilnehmenden 15 verschiede-
nen Branchen zuzuordnen, wobei die Mehrheit den                               UNTERNEHMENSGRÖSSE                              FÜHRUNGSEBENE
Branchen IT & Internet (13,0 %), Bildung & Training
(8,8 %) und Fahrzeugbau & -zulieferer (7,5 %) ent-
                                                                      18,0%                       34,7 %       26,4%                          21,3 %
stammt. Insbesondere die Verteilungen bezüglich                       > 10.000                      < 250   Projektleiter/                    Vorstand/
der Unternehmensgröße sowie der Führungsebene                                                                  Teamleiter                     Geschäftsführer
zeigen, dass die Stichprobe aus unterschiedlich er­
fahrenen Führungskräften diverser Hierarchie­stufen
und Unternehmensgrößen besteht. Aus­ge­hend
von der Varianz hinsichtlich der unter­schied­lichen
sozioökonomischen Merkmale ist die Stichprobe als
                                                              23,9 %                                                                              21,8 %
                                                             1.001 – 10.000                                                                     Bereichsleiter
ausreichend repräsentativ zu bewerten.

                                                                                                                  27,6 %                        2,9% Sonstige
                                                                                    23,4 %                     Abteilungsleiter
                                                                                    251 – 1.000

                                                            * Mittelwertangaben

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Beidhändige Führung Entwicklung des Kienbaum Leadership Compass - Kienbaum Studie
Ergebnisse

             7
Beidhändige Führung Entwicklung des Kienbaum Leadership Compass - Kienbaum Studie
Ausprägungen der Führungsstile

Die Führungskräfte in dieser Studie schätzten sich besonders in                              RANGORDNUNG DER FÜHRUNGSSTILE
mitarbeiter- und veränderungsorientierten Führungsstilen hoch
ein. Transformationale Führung erzielte den höchsten Mittelwert.        Transformationale
                                                                                                                            5,05
Allerdings sind die Unterschiede zwischen diesen als explorativ                  Führung
klassifizierten Stilen marginal. Ähnliche Ergebnisse legen die Mit-
telwerte der passiven und aufgabenorientierten (exploitativen)                   Digitale
                                                                                                                       4,89
                                                                      Führungskompetenz
Stile nahe, die sich ebenfalls untereinander nur marginal unter-
scheiden, aber insgesamt deutlich niedriger ausgeprägt sind                  Strategische
als die explorativen Führungsstile. Dennoch verzeichnen beson-                                                        4,85
                                                                                  Führung
ders der transaktionale und der direktive Führungsstil deutliche
Ausprägungen und unterstützen die Annahme, dass sowohl auf                       Ethische
                                                                                 Führung                             4,66
Exploration als auch auf Exploitation ausgerichtete Verhaltens-
weisen in der digitalen Transformation relevant sind.
                                                                           Transaktionale
                                                                                                              3,97
                                                                                 Führung
Insgesamt zeigten die Analysen, dass die Werte der einzelnen
Stile hinreichend normalverteilt sind. Das bedeutet, dass der                    Direktive
                                                                                                              3,83
Gesamtmittelwert der Stichprobe für den jeweiligen Führungsstil                  Führung
zwar teilweise als sehr hoch zu bewerten ist, aber dennoch unter-
und überdurchschnittliche Ausprägungen um diesen Mittelwert           Expertenorientierte
                                                                                                          3,34
                                                                                 Führung
zu verzeichnen sind.

                                                                                             1       2       3        4            5   6
Um herauszufinden, ob bestimmte Führungsstile mit einer
bestimmten Führungsebene, dem Alter oder der Führungser-                                     Mittelwerte auf einer 6-stufigen Skala
fahrung einhergehen, wurden Varianz- und Korrelationsanalysen                                von 1 (Stimme gar nicht zu) bis 6 (Stimme voll zu).

berechnet. Es zeigten sich weder statistisch signifikante Unter-
schiede zwischen den Führungsebenen, noch signifikante Korre-
lationen für das Alter oder die Führungserfahrung. Diese Ergeb-
nisse lassen den Schluss zu, dass die Führungsstile des Kienbaum
Leadership Compass unabhängig von Führungsebene, Alter und
Führungserfahrung von den Führungskräften präferiert werden.
                                                                                                 Transformationale Führung
                                                                                                 erzielte den höchsten Mittelwert.

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Beidhändige Führung Entwicklung des Kienbaum Leadership Compass - Kienbaum Studie
Explorative und exploitative Führungsstile

EXPLORATION VS. EXPLOITATION                         Um unsere Annahme, dass sich die unterschiedlichen                Um die Validität der extrahierten Faktoren zu untersuchen,
6                                                    etablierten Führungsstile auf dem Kontinuum der Ambi-             wurden diese mit bestehenden Skalen zu exploitativer
                                                     dextrie abbilden lassen, statistisch zu untersuchen, wurde        (schließender Führung) und explorativer (eröffnender
                                                     eine explorative Faktorenanalyse gerechnet. Dieses                Führung) korreliert (Zacher & Rosing, 2015). Für den ersten
5
                                                     komplexe statistische Verfahren reduziert eine Vielzahl           Faktor konnte ein starker Zusammenhang zu eröffnender
                            4,86                     von Variablen (hier die Führungsstile) auf ein Minimum an         Führung (r = .68, p < .001) sowie eine Nullkorrelation
 4                                                   inhaltlich relevanten Faktoren. Die Faktorenanalyse konnte        (r = .08, p = .201) zu schließender Führung detektiert
                                                     zwei Faktoren mit überwiegend sehr hohen Faktorladun-             werden. Die Korrelationsanalysen zum zweiten Faktor
 3         3,81                                      gen extrahieren. Der erste Faktor reflektiert Führungsver-        konvergieren mit diesem Befund und zeigen einen ­starken
                                                     halten, das stark mitarbeiter- und innovationsorientiert          Zusammenhang mit schließender Führung (r = .55,
                                                     (strategisch, transformational, digital und ethisch) ist und      p < .001) sowie eine Nullkorrelation (r = -.08, p = .197) mit
 2                                                   kann so als exploratives Führungsverhalten verstanden             eröffnender Führung. Diese Ergebnisse liefern erste
                                                     werden. Der zweite Faktor deckt Führungsstile ab, die             Evidenz für die Existenz und Validität unserer Annahme
 1                                                   stark aufgabenorientiertes und teilweise passives Füh-            und zeigen, dass bestimmtes Führungsverhalten, welches
                                                     rungsverhalten adressieren (expertenorientiert, direktiv          in der Forschung unter verschiedenen Führungsstilen
       Exploitation       Exploration
                                                     und transaktional), welches sich auf Fehlermanagement             aggregiert wird, mit Verhaltensweisen assoziiert ist, die
Mittelwerte auf einer 6-stufigen Skala               und -kontrolle konzentriert und somit als exploitatives           die Ausrichtung auf das Kern- bzw. Innovationsgeschäft
von 1 (Stimme gar nicht zu)                          Führungsverhalten bezeichnet werden kann.                         fokussieren. Vertiefende Analysen konnten zeigen, dass
bis 6 (Stimme voll zu).
                                                                                                                       exploitatives und exploratives Führungsverhalten, ähnlich
                                                                                                                       wie auf der Ebene der Führungsstile, unabhängig von der
                                                                                                                       Führungsebene, dem Alter und der Führungserfahrung sind.

                  EXPLOITATION                                                 AMBIDEXTRIE                                                  EXPLORATION

              (.35)                      (.69)               (.72)              (.75)              (.87)                (.85)               (.63)
              Expertenorientierte        Direktive           Transaktionale     Strategische       Transformationale    Ethische             Digitale
              Führung                    Führung             Führung            Führung            Führung              Führung              Führungskompetenz

                  KERNGESCHÄFT                                                                                                  INNOVATIONSGESCHÄFT

                  Hauptachsenanalyse mit obliquer Rotation. KMO = .756, Chi² = 636.757, p < .001. Angegeben sind die Faktorladungen in Klammern.

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Beidhändige Führung Entwicklung des Kienbaum Leadership Compass - Kienbaum Studie
Explorative und exploitative Führungsstile

                                                                                   Unsere Auswertung deutet eine im Mittel ausgeprägtere Fokussierung auf das
                                                               5,0%                Innovationsgeschäft an. Die Gegenüberstellung der Gruppenmittelwerte der bei-
 Hoch

                                                                                   den extrahierten Faktoren erlaubt jedoch keine Aussage darüber, wie viele Füh-
                                                               Explorativ +
                                             Ambidextrie       Exploitativ +       rungskräfte ihr Führungsverhalten hinsichtlich beider Faktoren als hoch bewerten.
                                                                                   Deshalb wurden die Testwerte der Teilnehmer zu den beiden Faktoren standardi-
                       11,3%                     13,8%                             siert, um das einzelne Ergebnis in Relation zu den anderen Teilnehmern setzen zu
                                                                                   können. Die Ergebnisse wurden in einem Schaubild visualisiert (linke Abbildung).

                                                                                   Das Schaubild zeigt deutlich, dass nicht jede Führungskraft ihr Führungsverhalten
                                                                                   als gleichermaßen explorativ und exploitativ ausgerichtet beschreibt. Rund
Explorativ

                                                                                   54,0% der Teilnehmenden liegen hinsichtlich beider Faktoren im Durchschnitt der
                                  53,6%                                            Stichprobe und nehmen ihr Führungsverhalten weder übermäßig explorativ noch
                                                                                   übermäßig exploitativ wahr. Weiterhin gibt es ähnliche Anteile an Führungskräf-
                                                                                   ten, die vergleichsweise unter- bzw. überdurchschnittlich in einer oder beiden
                                                                                   Dimensionen abschneiden (grau schraffierte Bereiche). Auch scheint es Führungs-
                                                                                   kräfte zu geben, die eine über- bzw. unterdurchschnittliche Ausprägung beider
                                                                                   Ausrichtungen aufweisen. Andererseits gibt es Führungskräfte, die eine über-
                       11,3%                     10,0%                             durchschnittliche Ausprägung einer der beiden Ausrichtungen mit einer un­ter­
                                                                                   durchschnittlichen Ausprägung der anderen vereinen. Lediglich 5,0% der Teilneh-
                                                                                   menden schätzen ihr Führungsverhalten in Bezug auf beide Ausprägungen als
                                                                                   überdurchschnittlich ein und attestieren sich eine fortgeschrittene beidhändige
             Niedrig               Exploitativ                Hoch                 Führung.

                                                                                   Inwiefern Führungskräfte sowohl gleichermaßen explorativ als auch exploitativ
                                                                                   oder zu Gunsten einer Ausrichtung führen müssen, hängt jedoch vom jeweiligen
                                                                                   Kontext ab. Beispielsweise würde eine Führungskraft, deren Aufgabe die Ent-
                                                                                   wicklung neuer Produkte ist, von einer stärkeren Ausrichtung auf Exploration
                                                                                   profitieren, während eine Führungskraft im Controlling vermutlich eher beste-
                                                                                   hende exploitative Prozesse effizienter zu gestalten versucht.

             BEIDHÄNDIGE FÜHRUNG – KIENBAUM LEADERSHIP COMPASS | KIENBAUM © 2019                                                                                       10
Risikofaktoren

Risikofaktoren verstehen wir als relativ stabile Verhaltensmuster, die
sich in hoher Ausprägung destruktiv auf die Organisation, Mitarbei-                                                 Unnahbarkeit
tende und die Führungskraft selbst auswirken. Diese Verhaltens-           Indirekte Risikofaktoren                  „Andere als Objekt“
muster fallen besonders durch interpersonelle, emotionale und                                                       Tendenz zu rationalem, unsensiblen
moralische Defizite auf. Ausgehend von der Führungsliteratur unter-                                                 Verhalten, welches oft in risikobe­
scheiden wir drei Persönlichkeitsmuster (siehe Infoboxen rechts),                      Unnahbarkeit                 hafteten Entscheidungen resultiert
                                                                          r = .62
die nachweislich in positivem Zusammenhang zu passiver, direktiver
und aufgabenorientierter sowie in negativem Zusammenhang zu
ethischer und transformationaler Führung stehen. Diese Persönlich-                                                  Pragmatismus
keitsmuster können demnach – abhängig vom Kontext – auch als                                                          „Der Zweck heiligt die Mittel“
Risikofaktoren für eine zu starke exploitative Ausrichtung und zu         r = .51      Pragmatismus
                                                                                                                      Tendenz, ethische und moralische
wenig mitarbeiterorientierte Führung angesehen werden.                                                                Standards im Hinblick auf die
                                                                                                                    ­­Zielerreichung zu ignorieren
Zur Identifikation von risikobehafteten, oft negativen Führungs-
verhaltensweisen verfolgen wir eine indirekte Operationalisierung
                                                                          r = .48      Selbstüberschätzung
der Risikofaktoren. Wir nehmen deshalb an, dass wir über das
                                                                                                                    Selbstüberschätzung
Antwortverhalten zu den Fragen der Führungsstile aus unserem
theoretischen Modell indirekt auf diese Persönlichkeitsmuster                                                       „Die Anderen sind da, um mich
schließen können. Um diese Annahme zu überprüfen, haben wir die                                                     zu bewundern“
drei Persönlichkeitsmuster mit etablierten Skalen in dieser Studie                                                  Fokus auf die eigene Person und Stre-
                                                                          Korrelationen bei p < .001 signifikant.   ben nach Bewunderung durch Andere
erfasst. In der Folge haben wir Regressionsanalysen angewandt, um
diese Persönlichkeitsmuster durch die Fragen zu den Führungsstilen
vorherzusagen. In der Tat konnten Fragenkombinationen gefunden
werden, die Unnahbarkeit (44,5%), Pragmatismus (37,3%) und
Selbst­überschätzung (25,2%) zu einem beachtlichen Teil erklären
konnten. Diese Kombinationen haben wir mit den direkt erfassten
Skalen korreliert, um ihre Validität zu überprüfen. Starke signifikante
Zu­sammenhänge (siehe Abbildung rechts) unterstützen die Validität
und zeigen, dass es möglich ist, Tendenzen zu risikobehaftetem
Führungsverhalten indirekt über das Antwortverhalten zu den unter-
schiedlichen Führungsstilen vorherzusagen.

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Zusammenfassung

                  12
Zusammenfassung

Fazit und Implikationen

Ziel dieser Studie war die Erforschung von Ambidextrie auf der individuellen    gefragt ist, hängt auf individueller Ebene von der Fähigkeit der Führungskräfte
Ebene. Im Fokus standen hier Führungskräfte und ihre Führungsstile nach         ab, zu erkennen, welches Verhalten die jeweilige Situation erfordert. Aus orga-
dem erweiterten Full Range Leadership Model, welche im Hinblick auf eine        nisationaler Perspektive hängt die Präferenz für eine der beiden Ausrichtungen
exploitative bzw. explorative Ausrichtung analysiert wurden, um die theore-     vom jeweiligen Kontext und den Anforderungen, d.h. der entsprechenden Füh-
tische Fundierung des Kienbaum Leadership Compass zu untersuchen. Die           rungsrolle, ab. Personalabteilungen benötigen ein Bewusstsein dafür, inwie-
Ergebnisse unterstützen diese Fundierung insofern, dass aufgabenorientierte     weit die Anforderungsprofile von Führungspositionen auf exploratives bzw.
und passive Führungsstile stärker auf das Kerngeschäft (Exploitation) und       exploitatives Führungsverhalten ausgerichtet sind, um diese mit den geeig-
veränderungs- und mitarbeiterorientierte Führungsstile stärker auf das Inno-    neten Führungskräften zu besetzen, die die gewünschte Ausrichtung in ihrem
vationsgeschäft (Exploration) ausgerichtet sind. Insgesamt attestieren sich     Führungsverhalten reflektieren.
Führungskräfte ein ausgeprägtes exploratives und exploitatives Führungs-
verhalten, wobei exploratives Führungsverhalten im Mittel deutlich höher        Die Studienergebnisse liefern somit erste Hinweise auf die Validität des Lea-
bewertet wird. Zusätzlich konnten Risikofaktoren für negatives Führungsver-     dership Compass. Der Kienbaum Leadership Compass kann als o     ­ nlinebasierter­­­
halten identifiziert werden, die durch ihre indirekte Messung nicht durch die   Self-Check für Führungskräfte eingesetzt werden, um der Führungskraft
Selbstauskunft der Führungskräfte konfundiert wurden.                           selbst, aber auch der Organisation die Ausrichtung des vorherrschenden Füh-
                                                                                rungsverhaltens rückzumelden. So stellt der Leadership Compass ein kontem-
Aus den Ergebnissen der Studie lassen sich Implikationen für Führungskräfte     poräres, praxisrelevantes Feedbackinstrument dar, das Entwicklungs- und
und Personalabteilungen ableiten. Die konträren Ausrichtungen im Führungs-      Recruiting-Prozesse unterstützen kann. Beispielsweise kann der Leadership
verhalten schließen sich nicht gegenseitig aus. Führungskräfte können sowohl    Compass genutzt werden, um zu überprüfen, ob der individuell priorisierte
exploratives als auch exploitatives Führungsverhalten pflegen – allerdings      Führungsstil auch zu der gegenwärtigen Position, also zur Führungsrolle passt.
nicht gleichzeitig, da diese Verhaltensweisen unterschiedliche kognitive        Darauf basierend können dann Maßnahmen wie bspw. Trainings oder Coachings
­Prozesse erfordern. Inwiefern ein exploratives oder exploitatives Vorgehen     eingeleitet werden.

                                                                                 Die Studienergebnisse liefern somit
                                                                                 erste Hinweise auf die Validität des
                                                                                 Leadership Compass.

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Zusammenfassung

Fazit und Implikationen

   AUSBLICK: FREMDWAHRNEHMUNG

   Um Führungskräfte zu motivieren, ihr Führungsverhalten und damit ihren Füh-
   rungsstil zu hinterfragen, spielt nicht nur die Selbstwahrnehmung, sondern
   auch die Wahrnehmung durch ihre Mitarbeitenden eine entscheidende Rolle.
   Deshalb wird der Kienbaum Leadership Compass in Selbst- und Fremdwahr­
   nehmung verfügbar sein, um diese beiden Perspektiven gegenüberzustellen.

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          Kienbaum Consultants International GmbH                     Kienbaum Institut @ ISM
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          Prof. Dr. Walter Jochmann                                   Prof. Dr. Michael Knappstein
          Geschäftsführer und Partner                                 Akademischer Leiter
          walter.jochmann@kienbaum.de                                 michael.knappstein@kienbauminstitut-ism.de
          www.kienbaum.de                                             www.kienbauminstitut-ism.de

          Alexander Höpfner                                           Lukas Maximilian Fastenroth
          Consultant                                                  Doktorand und Wissenschaftlicher Mitarbeiter
          alexander.hoepfner@kienbaum.de                              lukas.fastenroth@kienbauminstitut-ism.de
          www.kienbaum.de                                             www.kienbauminstitut-ism.de

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Appendix

Explorative Führungsstile

    DIGITALE FÜHRUNGSKOMPETENZ                                               ETHISCHE FÜHRUNG

    Führungskräfte mit einer ausgeprägten digitalen Führungskompetenz        Anders als bei transformationaler Führung stehen für ethische Füh-
    sind Pioniere im Umgang mit digitalen Technologien. Sie verstehen        rungskräfte die Mitarbeitenden an erster Stelle. Ethische Führungs-
    es, ihre Mitarbeitenden im virtuellen Team zu führen und binden          kräfte handeln wertorientiert und transparent. Durch Vertrauen
    diese aktiv in die Entscheidungsfindung ein. Veränderungen sehen         fördern sie aktiv die Selbstständigkeit ihrer Mitarbeitenden und
    sie als Chance und spornen so ihre Mitarbeitenden an, mit neuen          ­ermutigen diese so, Verantwortung zu übernehmen. Emotionale
    Ideen zu experimentieren.                                                 Unterstützung der Mitarbeiter sowie soziale Verantwortung sind
                                                                              ­wichtige Anker ethischer Führung.

    TRANSFORMATIONALE FÜHRUNG                                                STRATEGISCHE FÜHRUNG

    Als Vorbild kommunizieren transformationale Führungskräfte klare,        Strategische Führung ist ein funktionaler, pragmatischer Führungs-
    anspruchsvolle Ziele und bieten ihren Mitarbeitenden Freiraum und        ansatz, der primär die Realisierung von Zielen verfolgt. Strategische
    Selbstbestimmung, um diese zu erreichen. Sie vermitteln eine ins-        Führungskräfte analysieren ihr Umfeld und leiten daraus konkrete
    pirierende Vision und einen Sinn in der Arbeit, der die Mitarbeitenden   (Teil-)Ziele ab. Sie versorgen ihre Mitarbeitenden mit den für die
    motiviert. Dennoch steht für transformationale Führungskräfte die        Zielerreichung nötigen Ressourcen und versuchen, Hindernisse zu
    Erreichung der Unternehmensziele an erster Stelle.                       beseitigen. Durch konstruktives Feedback lernen ihre Mitarbeiten-
                                                                             den aus Fehlern.

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Appendix

Exploitative Führungsstile

    TRANSAKTIONALE FÜHRUNG                                                 DIREKTIVE FÜHRUNG

    Transaktionale Führung basiert auf einem Austauschverhältnis. Ziele    Direktive Führungskräfte pflegen eine klare Rollen- und Aufgaben-
    sind an klare Erwartungen geknüpft. Je nach Erfüllung der Erwar-       verteilung. Sie sind leistungsorientiert und erwarten stets Disziplin.
    tung werden ihre Mitarbeitenden belohnt oder bestraft. Verantwor-      Aufgaben werden mit der klaren Erwartung, dass ihren Anweisun-
    tung wird delegiert und die Mitarbeitenden kontrolliert. Das Behe-     gen Folge geleistet wird, an ihre Mitarbeitenden delegiert. Eine
    ben und Monitoring von Fehlern sowie die Einhaltung von Regeln,        hohe Arbeitsmoral wird vorausgesetzt.
    Routinen und Plänen bestimmen den Arbeitsalltag.

    EXPERTENORIENTIERTE FÜHRUNG

    Für expertenorientierte Führungskräfte steht die intellektuelle Kom-
    petenz im Vordergrund. Sie sind inhalts- und ergebnisorientiert.
    Zwar sind ihnen ihre Mitarbeitenden nicht gleichgültig, doch führen
    sie eher auf einer fachlichen Ebene und nehmen nur wenig diszipli-
    narische Führungsverantwortung wahr.

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Literatur

Kienbaum & StepStone (2018). Die Kunst des Führens in der
Digitalen Revolution.
Hier abrufbar: https://www.kienbaum.com/de/publikationen/
ueber-die-wichtigkeit-von-fuehrung-in-der-digitalen-revolution/

Laureiro-Martínez, D., Brusoni, S., Canessa, N., & Zollo, M. (2015).
Understanding the Exploration–Exploitation Dilemma: An fMRI
Study of Attention Control and Decision-Making Performance.
Strategic Management Journal, 36(3). 319-338.

Yukl, G. (2012). Effective Leadership Behavior: What We Know
and What Questions Need More Attention. Academy of
Management Perspectives, 26(4), 66-85.

Zacher, H., & Rosing, K. (2015). Ambidextrous Leadership and
Team Innovation. Leadership & Organization Development
Journal, 36(1), 54-68.

Fotonachweis:
Fotos Seite 15: © Kienbaum; alle weiteren: © istockphoto

BEIDHÄNDIGE FÜHRUNG – KIENBAUM LEADERSHIP COMPASS | KIENBAUM © 2019    18
Hinweis:
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Publikation auf die
gleichzeitige Verwendung geschlechterspezifischer Sprachformen verzichtet.

Kienbaum Consultants International GmbH             Kienbaum Institut @ ISM
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                                                                                                                 19
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