Berliner Ärzt:innen - Am Limit Gemeinsamer Protest- und Aktionstag am Brandenburger Tor - Ärztekammer Berlin

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Berliner Ärzt:innen - Am Limit Gemeinsamer Protest- und Aktionstag am Brandenburger Tor - Ärztekammer Berlin
Berliner

                                  MITGLIEDERZEITSCHRIFT
                                  ÄRZTEKAMMER BERLIN
                                  AUSGABE 10 / 2022
Ärzt:innen

Am Limit
Gemeinsamer Protest- und
Aktionstag am Brandenburger Tor
Berliner Ärzt:innen - Am Limit Gemeinsamer Protest- und Aktionstag am Brandenburger Tor - Ärztekammer Berlin
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Berliner Ärzt:innen - Am Limit Gemeinsamer Protest- und Aktionstag am Brandenburger Tor - Ärztekammer Berlin
BERLINER ÄRZT:INNEN
  EDITORIAL                                                                                    AUSGABE 10 / 2022 

                                   Unsere Mitarbeiterinnen
                                   und Mitarbeiter sind
                                   unersetzlich!
Dr. med. Matthias Bloechle         Am 7. September 2022 haben sich am Pariser Platz zahlreiche Arzthelferinnen und
ist Facharzt für Frauenheilkunde   -helfer sowie Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte zum Protest
und Geburtshilfe und Reproduk-
                                   versammelt. Sie sehen sich von den Verantwortlichen in der Politik und der Öffent-
tionsmedizin sowie Vizepräsident
der Ärztekammer Berlin.            lichkeit nicht wahrgenommen und beachtet – das fand nicht nur, aber auch seinen
Foto: André Wagenzik               Ausdruck in der Weigerung, unsere MFA in die Corona-Bonus-Regelung mit ein-
                                   zubeziehen. Daher wollten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ohne deren
                                   tägliche Unterstützung wir alle unseren Beruf nicht ausüben könnten, durch einen
                                   öffentlichen Aufschrei die Aufmerksamkeit für und die Wahrnehmung ihrer Be-
                                   dürfnisse und Interessen erlangen.

                                   Unsere Angestellten gehen einer interessanten und wichtigen Tätigkeit nach, die
                                   überwiegend als sehr befriedigend in Bezug auf die beruflichen Inhalte empfunden
                                   wird. Sie kümmern sich mit viel Engagement um unsere Patientinnen und Patienten,
                                   die in der Regel dankbar für diese Zuwendung und Fürsorge sind. Doch es gibt
                                   auch Schattenseiten im beruflichen Alltag. Patientinnen und Patienten sind zu-
                                   weilen beleidigend und aggressiv – verbal und auch physisch. Während wir in
                                   unseren Sprechzimmern beschäftigt sind, müssen unsere Mitarbeiterinnen und
                                   Mitarbeiter am Empfang den Betriebsablauf organisieren und zunehmend als
                                   Prellbock herhalten. Zu Hochzeiten der Pandemie traten negative Verhaltens-
                                   weisen von Patientinnen und Patienten häufiger und intensiver zutage.

                                   Den politisch Verantwortlichen war die Arbeit und Zuwendung unserer MFA eine
                                   Wertschätzung und Anerkennung nicht wert. Die abgabenfreie Auszahlung eines
                                   Corona-Bonus durch uns Arbeitgeberinnen und -geber an die MFA wurde verwehrt.
                                   Wie soll das jemand nicht als Missachtung und Geringschätzung empfinden, der
                                   sich am Empfang einer Arztpraxis und bei der Betreuung der Patientinnen und
                                   Patienten täglich einer Gefährdung durch Infektionserkrankungen und auch
                                   Aggressivität ausgesetzt sieht und einer hohen Arbeitsbelastung standhält?

                                   Wir alle müssen darauf achten, dass wir nicht bald ohne MFA dastehen. Bringen
                                   wir selbst unseren MFA genug Wertschätzung entgegen? Es geht auch, aber nicht
                                   nur um Bezahlung. Wie steht es um unsere Bemühungen um die Ausbildung und
                                   den Nachwuchs – viele Praxen bilden keine MFA aus? Ich höre die Klagen über
                                   Erziehungsdefizite und fehlende Disziplin der jüngeren Generation. Das Lamento
                                   über die Jugend ist so alt wie die Menschheit. Wir können uns keine anderen Men-
                                   schen schnitzen, wir müssen mit den jungen Menschen arbeiten, die zu uns zur
                                   beruflichen Ausbildung kommen. Das ist der Weg, der uns offen steht. Also lassen
                                   Sie uns alle junge Menschen für den schönen und wichtigen Beruf der oder des
                                   MFA begeistern, sie darin ausbilden und ihre berufliche Entwicklung fördern. Wir
                                   sitzen auf einem morschen Ast – sägen müssen wir daran gar nicht, er wird schon
                                   bald alleine brechen, wenn wir nicht entschlossen die Initiative ergreifen.

                                   Ihr

                                                                                                                        3
Berliner Ärzt:innen - Am Limit Gemeinsamer Protest- und Aktionstag am Brandenburger Tor - Ärztekammer Berlin
Inhalt
    EDITORIAL                                                   POLITIK & PRAXIS

Begrüßung von Matthias Bloechle                         3     3 Fragen an … Ulrike Sonntag und Antje Koch   34

                                                              Erfahrung und Wissen weitergeben              35
    KURZ NOTIERT                                              Von Bettina Hartmann, Yüksel König
                                                              und Klaus Gellert
Aktuelles / Nachrichten                                 6
                                                              Mobile Grundversorgung                        36
                                                              für geflüchtete Menschen
    AUS DER KAMMER                                            Von Sharie Kossatz

„Vorbilder für junge Menschen“                         20     Alles was Recht ist!                          37
Bericht vom Kammertag 2022                                    Von Frederic Kube
Von Anne Volkmann

Ärztliche Fortbildungen                                24       KULTUR & GESCHICHTE
Veranstaltungskalender
der Ärztekammer Berlin                                        Margot Hillel: Die bewegende                  38
                                                              Familiengeschichte einer jüdischen
Weiterbildung                                          27     Medizinstudentin und Krankenschwester
Veranstaltungen der Weiterbildung                             aus Berlin
                                                              Von Benjamin Kuntz
Medizinische Fachangestellte                           30
Informationen zur Ausbildung                                  Freitagabend.                                 40
und Weiterqualifizierung                                      Tischgespräche von Eva Mirasol

Ohne zusätzliche bürokratische                         32
Aufwände für die Mitarbeitenden                               Impressum                                     41
Von Werner Wyrwich

 Die fotografische Begleitung des Titelthemas
 Zur Gestaltung des aktuellen Schwerpunktthemas hat sich OSTKREUZ-Fotograf
 Emile Ducke am 7. September 2022 unter die Teilnehmenden des Protest- und
 Aktionstages am Brandenburger Tor gemischt.

 Titelbild
 „MFA am Limit“, Praxismanagerin Giuliana Cirillo protestiert am Brandenburger
 Tor gegen die fehlende Honorierung und für mehr Wertschätzung vonseiten
 der Politik und der Öffentlichkeit.

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Berliner Ärzt:innen - Am Limit Gemeinsamer Protest- und Aktionstag am Brandenburger Tor - Ärztekammer Berlin
BERLINER ÄRZT:INNEN
                                      AUSGABE 10 / 2022 

IM FOKUS

Am Limit                                         10
Ohne sie läuft in ärztlichen Praxen nichts:
Medizinische Fachangestellte (MFA). Und
obwohl sie die wichtigste Schnittstelle zwischen
Ärzt:innen und Patient:innen sind und ohne
sie unser Gesundheitssystem nicht funktionieren
würde, werden ihre Leistungen vielfach unterschätzt.
Nun wird ihr Protest lauter.
Von Anne Volkmann

                                                            5
Berliner Ärzt:innen - Am Limit Gemeinsamer Protest- und Aktionstag am Brandenburger Tor - Ärztekammer Berlin
KURZ NOTIERT

Hiroshimatag                                                           Online-Veranstaltung
Benefizkonzert zugunsten des IPPNW                                     Debatten aus intersektionaler
                                                                       feministischer Perspektive fortführen
                                                                       Der Humanitäre Kongress bietet seit mehr als 20 Jahren eine
                                                                       Plattform für den kritischen Austausch zur humanitären Arbeit.
                                                                       Vom 11. bis zum 13. Oktober laden Ärzte ohne Grenzen, das
                                                                       Deutsche Rote Kreuz, die Berliner Ärztekammer und Ärzte
                                                                       der Welt Interessierte zum Humanitarian Congress Berlin ein.
                                                                       Das diesjährige Thema lautet: „Feminist Humanitarian
                                                                       Action: From Affirmation to Transformation“.

                                                                       Feministische Ansätze sind unerlässlich, um globale Ungleich-
                                                                       heiten und Machtstrukturen zu analysieren und infrage zu
                                                                       stellen. Im humanitären Sektor werden sie bisher jedoch
                                                                       kaum beachtet, womit ihr Potenzial und ihre transformieren-
Pfarrer Martin Germer, ehemals Leiter der evangelischen Kirchenge-     de Kraft übersehen wird. Daher ist es an der Zeit, die Debatten
meinde der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, richtete ein Grußwort an   der vergangenen Jahre aus intersektionaler feministischer
die anwesenden Gäste und eröffnete den Abend des Benefizkonzertes.     Perspektive fortzuführen und weiterzuentwickeln: Um die
Foto: IPPNW Deutschland
                                                                       Zukunft der humanitären Arbeit zu überdenken, um sie zu
                                                                       verändern und zu verbessern, damit sie den Herausforde-
                                                                       rungen einer sich verändernden Welt gerecht wird.
Bei einem Benefizkonzert zugunsten des Vereins Internatio-
nale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW)              Thematisiert werden wird unter anderem die Zunahme von
gedachten die Teilnehmenden am 5. August 2022 in der Ber-              geschlechtsspezifischer und sexueller Gewalt in Krisenkon-
liner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche den Opfern des Atom-             texten und wie der Zugang für sexuelle und reproduktive
bombenabwurfs auf Hiroshima.                                           Gesundheit sichergestellt werden kann. Darüber hinaus wer-
                                                                       den sich die Teilnehmenden mit den Auswirkungen huma-
Das Berliner Orbis Quartett mit den Musiker:innen Tilman               nitärer Krisen auf LGBTQI+-Personen, ihrer marginalisierten
Hussla, Emilija Kortus, Kundri Lu Emma Schäfer und Felix               Sichtbarkeit im humanitären System und ihrem begrenzten
Eugen Thiemann spielte Stücke von Felix Mendelssohn Bar-               Zugang zu Gesundheitsdiensten befassen.
tholdy und Johannes Brahms. Das Benefizkonzert erbrachte
mehr als 1.400 Euro. Dr. med. Till Bastian, langjähriges Vor-          Ein weiteres Panel wird den Zustand und die Situation in der
standsmitglied der IPPNW wies in seiner Rede auf den im                Care-Arbeit beleuchten und die Frage stellen, was der huma-
Januar 2021 ratifizierten UN-Atomwaffenverbotsvertrag hin,             nitäre Sektor aus den feministischen Debatten der vergange-
den mittlerweile 83 Staaten unterzeichnet haben, nicht aber            nen Jahre lernen kann. Zusätzlich werden die Auswirkungen
die NATO-Staaten und ihre Alliierten – darunter die Bundes-            von strukturellen Ungerechtigkeiten im Zusammenhang mit
regierung. Der einzige dauerhaft wirksame Schutz vor dem               dem global ungleichen Zugang zu Brustkrebsbehandlungen
Einsatz von Atomwaffen sei deren vollständige Abschaffung.             diskutiert. Hierbei werden die zugrunde liegenden Hinder-
Im Anschluss an das Konzert organisierte die Internationale            nisse durch geistige Eigentumsrechte für den Zugang zu Me-
Kampagne für die Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) vor                 dikamenten und Impfstoffen in den Blick genommen und
der Kirche eine Kerzenaktion, um den Opfern von Hiroshima              feministische Bewegungen vorgestellt, die sich für einen ge-
und Nagasaki zu gedenken.                                              rechten Zugang einsetzen. Anknüpfend an den Kongress 2021,
                                                                       soll die Debatte über die humanitären Folgen der Klimakrise
Am 6. August 1945 wurde die Stadt Hiroshima durch den Ab-              vertieft werden. Außerdem wird die zunehmende Zahl von
wurf der ersten US-Atombombe vollständig zerstört. 45.000              Hunger- und Ernährungskrisen und deren Auswirkungen auf
Einwohner:innen starben noch am selben Tag an Verbren-                 humanitäre Projekte thematisiert.
nungen, der Strahlenkrankheit und unter den Trümmern zer-
störter Gebäude. Viele Überlebende trugen körperliche Be-              Auch in diesem Jahr findet der Kongress vollständig online
hinderungen und psychische Folgen ihr ganzes Leben mit                 und in englischer Sprache statt.
sich. Drei Tage später, am 9. August 1945, wurde eine wei-             Weitere Informationen und Updates finden Interessierte
tere Atombombe über der Stadt Nagasaki abgeworfen. ∕                   unter → www.humanitarian-congress-berlin.org. ∕

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Berliner Ärzt:innen - Am Limit Gemeinsamer Protest- und Aktionstag am Brandenburger Tor - Ärztekammer Berlin
BERLINER ÄRZT:INNEN
                                                                                        AUSGABE 10 / 2022 

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               Berliner Ärzt:innen
               können Sie auch auf unserer Website
               lesen: → www.aekb.de/mitgliederzeitschrift
                                                            Foto: Jörg Brüggemann, OSTKREUZ / Ärztekammer Berlin

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Berliner Ärzt:innen - Am Limit Gemeinsamer Protest- und Aktionstag am Brandenburger Tor - Ärztekammer Berlin
KURZ NOTIERT

Leitungswechsel und neue Strukturen

                           Aus Berliner Krankenhäusern wurden uns
                           folgende Änderungen gemeldet:
                           Informationen über Veränderungen in Ihrem Haus senden Sie bitte an:   E   redaktion@aekb.de

 Vivantes Klinikum Neukölln                  Helios Klinikum Berlin-Buch                  DRK Kliniken Berlin Westend
 Prof. Dr. med. Klemens Raile ist ab         Dr. med. David Schwaiberger leitet           Seit dem 1. September 2022 verant-
 dem 1. November 2022 neuer Chefarzt         seit dem 1. August 2022 als Chefarzt das     wortet Prof. Dr. med. Christhardt
 der Klinik für Kinder- und Jugendmedi-      Team der Anästhesie und perioperati-         Köhler als Leitender Arzt gemeinsam
 zin am Vivantes Klinikum Neukölln. Er       ven Medizin am Helios Klinikum Berlin-       mit Chefarzt Dr. med. Wolfgang Hart-
 folgt auf Prof. Dr. med. Rainer Rossi,      Buch. Er folgt auf Prof. Dr. med. Jochen     mann die spezielle operative und on-
 der in den Ruhestand geht. Von 1987         Strauß. Sein Studium absolvierte             kologische Gynäkologie an den DRK
 bis 1994 studierte Raile Humanmedizin       Schwaiberger an der Universität Witten/      Kliniken Berlin Westend. Zu den Spezi-
 an der Technischen Universität Mün-         Herdecke und schloss dort nach einem         algebieten des ausgewiesenen Exper-
 chen und promovierte an der Ludwig-         Auslandsaufenthalt am Vietnam Na-            ten zählen unter anderem das Zervix-,
 Maximilians-Universität München (LMU).      tional Institute and Hospital of Acu-        Vulva- und Endometriumkarzinom.
 Zu seinen beruflichen Stationen gehörte     puncture (VNIHA) in Hanoi seine Pro-         Köhler war von 2004 bis 2013 an der
 die Kinderklinik am Klinikum Augsburg,      motion an. Anschließend sammelte er          Charité – Universitätsmedizin Berlin
 das Dr. von Haunersche Kinderspital         Erfahrungen am Universitätsklinikum          tätig und ist auch an der Asklepios Kli-
 der LMU in München, die Universitäts-       Münster sowie in den Oberhavelkliniken       nik Altona in Hamburg beschäftigt. ∕
 kinderklinik Leipzig, an der er eine        Nauen und in Dortmund. Seit Mitte 2008
 wissenschaftliche Arbeitsgruppe lei-        war Schwaiberger Oberarzt an der Klinik
 tete und habilitierte sowie die Charité –   für Anästhesiologie mit dem Schwer-
 Universitätsmedizin Berlin in verschie-     punkt operative Intensivmedizin an der
 denen klinischen und wissenschaft-          Charité – Universitätsmedizin Berlin
 lichen Funktionen. ∕                        tätig. ∕

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Berliner Ärzt:innen - Am Limit Gemeinsamer Protest- und Aktionstag am Brandenburger Tor - Ärztekammer Berlin
BERLINER ÄRZT:INNEN

                                                            Anzeige
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Sagen Sie uns Ihre Meinung zu den Artikeln in „Berliner
Ärzt:innen“. Was gefällt Ihnen, was nicht und vor allem,
welche Themen fehlen Ihnen?
Schreiben Sie uns: E redaktion@aekb.de

Patientensicherheit
Gesucht: Starke Konzepte,
die täglich Anwendung finden
Hilfsmittel für die Arzneimitteltherapiesicherheit, neue Ope-
rations-Techniken, Apps und Zubehör oder systematisierte
Abläufe mit innovativen Tools – oft sind es verhältnismäßig
kleine Prozessveränderungen, die helfen können, Fehler
in der Arztpraxis oder im klinischen Alltag zu vermeiden
und die Sicherheit der medizinischen Behandlung zu er-
höhen. Diese verändernden Ideen suchen das Aktionsbünd-
nis Patientensicherheit und seine Kooperationspartner, um
die besten mit dem renommierten Preis auszuzeichnen.
Noch bis zum 11. November 2022 sind Einrichtungen des
Gesundheitswesens aufgerufen, ihre Ideen zur Verbesse-
rung von Patientensicherheit beim Deutschen Preis für Pa-
tientensicherheit einzureichen.

Eine Jury begutachtet alle eingegangenen Einreichungen
fachlich und wissenschaftlich nach einem transparenten
Bewertungsverfahren und wählt die Sieger. Teilnehmende
Institutionen und Einrichtungen haben die Chance auf eine
Platzierung unter den ersten drei Plätzen. Die beeindru-
ckendsten Einsendungen sind mit 10.000 Euro für den 1. Platz,
6.000 Euro für den 2. Platz und 3.500 Euro für den 3. Platz
dotiert. Dabei möchten die Preisausrichter nicht nur den
stationären, sondern verstärkt auch den ambulanten Be-
reich des Gesundheitswesens ermutigen, starke Konzepte,
die täglich Anwendung finden, einzureichen.

Alle Informationen und Bedingungen finden Interessierte
unter → www.aps-ev.de/dpfp/.

Gemeinsam mit seinen Kooperationspartnern schreibt das
Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V. (APS) den Deut-
schen Preis für Patientensicherheit bereits zum zehnten Mal
aus. In den vergangenen Jahren konnten 33 Leuchtturm-
Ideen, die Patientensicherheit fördern und verbessern sol-
len, ausgezeichnet werden, darunter auch einige spezielle
Sonderpreise. ∕

                                                                                            9
Berliner Ärzt:innen - Am Limit Gemeinsamer Protest- und Aktionstag am Brandenburger Tor - Ärztekammer Berlin
IM FOKUS

            Am Limit
            Ohne sie läuft in Arztpraxen nichts:
            Medizinische Fach­angestellte (MFA).
            Ihre Aufgaben sind vielfältig, die Ver-
            antwortung ist hoch und der Zeitdruck
            oft immens – und das alles bei einem
            eher niedrigen Gehalt. Obwohl sie die
            wichtigste Schnittstelle zwischen
            Ärzt:innen und Patient:innen sind, wird
            ihre Bedeutung häufig unterschätzt –
            von der Öffentlichkeit und der Politik.

            Text: Anne Volkmann
            Fotos: Emile Ducke, OSTKREUZ / Ärztekammer Berlin

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BERLINER ÄRZT:INNEN
                                                                                             AUSGABE 10 / 2022 

„Wir haben die Nase voll“ – mit diesen Worten eröffnete Ingrid   beiden Tarifparteien sind: auf Arbeitnehmerseite beim Ver-
Gerlach, 1. Vorsitzende des Verbandes medizinischer Fach-        band medizinischer Fachberufe e. V. und auf Arbeitgeber-
berufe e. V., die Protestveranstaltung der MFA und ZFA am        seite bei der Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeits-
7. September 2022. Mit Trillerpfeifen, Plakaten und Schildern    bedingungen der Arzthelferinnen / Medizinischen Fachan-
hatten sich die Protestierenden vor dem Brandenburger Tor        gestellten (AAA). Trotzdem entfaltet der Tarifvertrag eine
versammelt und forderten mit der Parole „Wir sind wichtig!“      relativ hohe Bindungswirkung von rund 65 Prozent, weil in
bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung.           vielen Arbeitsverträgen darauf Bezug genommen wird.

Nicht zum ersten Mal waren die MFA und ZFA dem Aufruf des        Was nach einer positiven Regelung für die MFA klingt, ist für
Verbandes zu einer Protestaktion gefolgt. Doch so viele wie      Praxisärzt:innen durchaus ein Problem. Denn die genannte
an diesem Tag waren es noch nie. Rund 600 Teilnehmende           Tarifsteigerung von 6 bis 11,8 Prozent wird aufgrund der Re-
zählte die Polizei. Die Stimmung war friedlich und offensicht-   gelungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erst
lich freute man sich über die Gelegenheit, vor großer Kulisse    2023 von den Krankenkassen über höhere Honorare gegen-
auf das eigene Anliegen aufmerksam machen zu können.             finanziert – und auch dann nur zu einem Teil. Daher können
Sogar Rosen wurden verteilt – an Teilnehmende und Zuschau-       nicht alle Praxen die erhöhten Personalkosten stemmen. Für
ende. Gleichzeitig zeugten die dramatischen, teilweise fast      König ist die Sache klar: „Wir brauchen die vollumfängliche
verzweifelt wirkenden Appelle der Redner:innen auf der           Gegenfinanzierung der Tarifsteigerungen, und zwar zeitnah
Bühne davon, wie ernst die Lage ist.                             und nicht mit einer Verzögerung von zwei Jahren.“ Diese For-
                                                                 derung wurde auch auf dem Protesttag immer wieder laut.
Etwa 2.600 Euro brutto verdienen Medizinische Fachangestell-
te laut Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit monatlich      Die „Sprechstundenhilfe“ gibt es nicht mehr
im Durchschnitt – das ist weiter weniger als beispielsweise      Klar ist auch, dass dem niedrigen Gehalt der Medizinischen
ausgebildete Pflegekräfte erhalten. „Ich kann diejenigen ver-    Fachangestellten eine hohe Verantwortung gegenübersteht.
stehen, die den Beruf verlassen und beim Discounter an der       In der öffentlichen Wahrnehmung geht oft unter, welche viel-
Kasse arbeiten, weil sie dort weniger Stress haben und mehr      fältigen Kompetenzen der komplexe Beruf der MFA erfordert.
verdienen“, sagte Torben Vogler, MFA aus Dortmund, auf der       Die fehlende Sichtbarkeit hat dabei vor allem auch histori-
Protestveranstaltung. „Wir wollen von unserem Gehalt leben       sche Gründe. Das Berufsbild hat sich während der vergan-
können“, ergänzte sein Kollege Bastian Thumser aus Bayern.       genen Jahre und Jahrzehnte verändert. Die früheren „Sprech-
                                                                 stundenhilfen“ oder „Arzthelfer:innen“ sind den heutigen
Ambulanter Bereich benachteiligt                                 MFA mit vielfältigeren und anspruchsvolleren Aufgaben ge-
„Unser Anliegen ist es, die Medizinischen und Zahnmedizi-        wichen. Die Gehaltsentwicklung hat mit diesen Veränderun-
nischen Fachangestellten als systemrelevante Gesundheits-        gen jedoch nicht Schritt gehalten. So formulierte denn auch
berufe zu stärken“, erklärte Hannelore König, Präsidentin des    ein MFA auf der Protestveranstaltung deutlich: „Die Arzt-Ehe-
Verbandes medizinischer Fachberufe e. V., in einer Presse-       frau von damals, die sich in der Praxis ihres Mannes etwas
mitteilung zum Protesttag. „Wir brauchen eine breite öffent-     dazuverdiente, die gibt es nicht mehr. Wir müssen mit unse-
liche Diskussion des Wertes von Arbeit im Gesundheitswe-         rem Beruf unsere Familien ernähren.“
sen – nicht nur im Bereich der Krankenhäuser und Pflege-
einrichtungen“, so König.                                        Die Palette der heutigen Anforderungen umfasst neben der
                                                                 Kommunikation mit den Patient:innen umfangreiche medi-
Damit ruft die Verbandspräsidentin ein zentrales Problem auf,    zinische, technische und organisatorische Aufgaben. MFA
denn in den Kliniken verdienen MFA in der Regel mehr als in      vergeben nicht nur Termine und dokumentieren Behand-
ärztlichen Praxen. Den Fachkräftemangel bekommen daher           lungsabläufe. In Ihren Verantwortungsbereich fallen die Ab-
vor allem niedergelassene Ärzt:innen zu spüren: Sie finden       rechnung und die allgemeine Organisation der Praxisabläufe,
nur noch schwer Mitarbeitende. Zwar hat sich für MFA in den      das Wechseln von Verbänden, das Vorbereiten von Spritzen,
Arztpraxen die Situation durch die Erhöhungen im Gehalts-        Laborarbeiten, Blutabnahmen und das Durchführen von
tarifvertrag, der seit dem 1. Januar 2021 gilt, etwas verbes-    EKGs oder Röntgenuntersuchungen. Vor allem aber sind Me-
sert. Mit der Anpassung ist man den MFA-Gehältern in Kran-       dizinische Fachangestellte die erste Anlaufstelle für die Pa-
kenhäusern ein ganzes Stück nähergekommen, aber noch             tient:innen. Daher benötigen sie ausgeprägte soziale Kom-
sind die Rahmenbedingungen im TVÖD attraktiver, sodass           petenzen, um verängstigte Patient:innen zu beruhigen oder
viele MFA in den stationären Bereich oder den öffentlichen       aufgebrachte zu besänftigen. Freud und Leid, Ärger und Ag-
Gesundheitsdienst abwandern. Der Tarifvertrag gilt nicht         gression entladen sich oft bei den Mitarbeitenden. Zugleich
automatisch für alle MFA, sondern zunächst nur dann, wenn        wird von ihnen erwartet, dass sie ihre Professionalität stets
Angestellte und Praxisinhaber:innen Mitglieder bei einer der     bewahren.

                                                                                                                          11
IM FOKUS

„Die, die das beschließen, können nur Menschen sein, die mit dem Beruf nichts zu tun haben.“
Giuliana Cirillo hat ab 2010 ihre Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten absolviert. Seit fünf Jahren
ist sie auch als Praxismanagerin tätig. Anne Volkmann hat nach dem Protesttag mit ihr gesprochen.

                                            Aber das hat es früher?                     dem Arztnetz aus. Am Brandenburger
                                            Auf jeden Fall! MFA war ein angenehmer      Tor ging es auch um die üblichen The-
                                            Beruf. Stress mit Patient:innen hat man     men: Überarbeitung, dünne Personal-
                                            immer mal und man ist es auch gewohnt,      decken etc. Aber auch darum, den Un-
                                            unter einem gewissen Druck zu arbeiten.     mut über die aktuelle Situation raus-
                                            Aber jetzt ist das nicht mehr zu verglei-   zulassen – es hilft ja, auch mal Dampf
 GC   Giuliana Cirillo                      chen. Früher war es angenehmer.             abzulassen.
      Foto: Emile Ducke
                                            Wann haben Sie das erste Mal von            Was ist denn aus Ihrer Sicht das
 AV
      Wie hat sich Ihre Arbeit in den       der Aktion „MFA am Limit!“ gehört?          drängendste Problem?
      vergangenen Jahren verändert?         Vor ungefähr zwei Monaten. Wir nehmen       Der Personalmangel: Soviel ich weiß,
 GC
       Sehr stark, zu Beginn der Impfzeit   am Arztnetz „City Nord“ teil. Darüber       kämpfen 60 Prozent aller Praxen damit.
       bin ich das erste Mal in meinem      haben wir erfahren, dass diese Demons-      Das ist eine Katastrophe und es wird
Berufsleben an meine Grenzen gekom-         tration zu „MFA am Limit“ stattfindet.      nur noch schlimmer. Ich weiß nicht wie,
men. Die Bürokratie hat so stark zuge-      Glücklicherweise haben einige Ärzt:in-      aber da muss auf jeden Fall etwas pas-
nommen, sie ist regelrecht ausgeartet.      nen des Netzes – leider nicht alle – ge-    sieren.
Auch die Anforderungen an die Abrech-       sagt, dass sie den Protest unterstützen
nungen verändern sich ständig. Für die      und dafür ihre Praxen schließen.            Wie bewerten Sie den Protesttag?
Biontech-Impfung gibt es drei Abrech-                                                   Allgemein finde ich es gut, dass der Tag
nungsziffern, für AstraZeneca drei an-      Warum waren Sie persönlich am               stattgefunden hat, er war ziemlich gut
dere. Alles ist kompliziert: Bei den Ab-    Brandenburger Tor dabei?                    organisiert, die Redner auf der Bühne
strichen hat man zehn Schritte, um          Weil die Rahmenbedingungen nicht            waren sehr motiviert und die Reden
einen Abstrich zu versenden, die Ziffern,   mehr rechtfertigen, was für einen Druck     selbst waren gut. Außerdem waren viel
die Diagnosen, ist der Abstrich positiv,    wir MFA haben. Für das, was wir leisten,    mehr Leute da, als ich erwartet hatte.
muss man die Patient:innen anrufen          fehlt einfach die gerechte Entlohnung.      Trotzdem denke ich, dass er nur halb
und so weiter. Wir haben so viele zu-       Und natürlich ist es nicht zufriedenstel-   erfolgreich war. Vermutlich muss eine
sätzliche Aufgaben, dass wir die mit un-    lend, dass sehr viele Bereiche einen Co-    ganze Reihe solcher Tage stattfinden,
serer Personaldecke, die nicht besser       rona-Bonus erhalten haben, auch Be-         bevor da überhaupt etwas nach oben
wird, sondern nur noch schlechter, kaum     reiche, bei denen wir es gar nicht nach-    wandert. Ich habe im Nachhinein im
schaffen. Insgesamt ist der Druck extrem    vollziehen können, weil sie mit Corona      Internet gesucht und ein paar Zeitungen
gewachsen. Früher gab es auch mal 5         selbst gar nichts zu tun hatten. Wir ha-    überflogen – das Thema wurde viel zu
bis 10 Minuten Leerlauf, in denen wir       ben nicht wirklich was bekommen und         wenig publik gemacht.
über das Wochenende quatschen konn-         das sorgt natürlich für Unmut. Jetzt
ten. Dafür haben wir seit über zwei Jah-    kommt noch die super Idee mit der           Wie können Ärzt:innen oder
ren einfach keine Zeit mehr.                „Nullrunde“ hinzu. Durch die Demons-        Patient:innen Ihren Protest künftig
                                            tration habe ich das Thema für mich         unterstützen?
Haben Kolleg:innen aus Ihrer Praxis         noch einmal verinnerlicht und muss sa-      Natürlich wünschen wir uns etwas mehr
seit Ausbruch der Pandemie aufgehört        gen, dass einem bei den Plänen nur          Verständnis, beispielsweise wenn die
oder sind gewechselt?                       schlecht werden kann. Die, die das be-      Patient:innen telefonisch nicht durch-
Wir haben schon seit drei bis vier Jahren   schließen, können nur Menschen sein,        kommen, weil so viel zu tun ist. Wir ge-
Personalmangel und einen stetigen           die mit dem Beruf nichts zu tun haben.      ben unser Bestes, aber, wie schon ge-
Wechsel, weil entweder wir nicht zufrie-                                                sagt: Jede MFA, die diesen Beruf gerne
den sind, weil die Leute mehr Geld ver-     Bei dem Protest waren viele Men-            macht, ist momentan am Limit. In un-
dienen wollen oder weil sie den Bereich     schen auf und auch vor der Bühne.           serer Praxis haben wir das große Glück,
ganz verlassen. Es ist wirklich ex­trem     Worum ging es in den Gesprächen             dass unsere beiden Ärzt:innen unsere
schwierig, Personal zu finden, vor allem    vor der Bühne?                              Arbeit sehr schätzen und diese auch
gutes Personal. Das macht gerade alles      Wir tauschen uns auch so regelmäßig         honorieren. Es wäre toll, wenn sich das
nicht so viel Spaß.                         mit den MFA der anderen Praxen aus          noch mehr Praxen aneignen. ∕

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BERLINER ÄRZT:INNEN
                                                                                                 AUSGABE 10 / 2022 

„Ihre Sekretärin da vorne“
Seit 2005 ist Dr. med. Nicolette Juche als niedergelassene Ärztin in eigener Praxis in Berlin-Weddig tätig.
Gemeinsam mit drei Angestellten hat die Fachärztin für Allgemeinmedizin am Protest vor dem Branden-
burger Tor teilgenommen. Anne Volkmann hat danach mit ihr gesprochen.

                                             bestimmt schon längst die Hutschnur          Kollegen Lauterbach, die Neupatienten-
                                             geplatzt und sie hätte gesagt: ‚Ich tue      regelung zu kippen, weil diese nichts
                                             mir das nicht mehr an.‘ Die Patient:innen    gebracht habe. Sie hat sehr wohl etwas
                                             sehen die hohe Arbeitsbelastung in           gebracht, das haben die Kolleg:innen
                                             sämtlichen Bereichen meist nicht, oft        in ihren Vorträgen mit Zahlen belegt.
                                             heißt es: ‚Ihre Sekretärin da vorne‘. Um     Wir fürchten uns wirklich davor, dass
 NJ   Dr. med. Nicolette Juche               die fehlende Anerkennung für MFA ging        sie wieder rückgängig gemacht wird,
      Foto: Emile Ducke                      es bei der Demonstration.                    weil wir nicht wissen, wie wir die Pati-
                                                                                          ent:innen ambulant zum Facharzt krie-
 AV
     Sie arbeiten schon länger in der        Wo sehen Sie die Gründe für den              gen sollen. Allein schon die Terminser-
     Niederlassung: Wie war denn die         Fachkräftemangel bei den MFA?                vicestelle mit dem Eilverfahren war eine
Entwicklung der vergangenen Jahre?           Es ist zu einem Teil eben die fehlende       große Erleichterung, ebenso wie die zu-
 NJ
       Die Patientenzahlen sind stetig       Anerkennung. In der Hausarztpraxis hat       sätzlichen offenen Sprechstunden. Das
       angestiegen. Eigentlich haben wir     man natürlich viele langjährige, ganz        wird uns allen auf die Füße fallen, wenn
es immer vermieden, neue Patient:in-         liebe Patient:innen. Es gibt aber auch       wir unsere Patient:innen wieder nur mit
nen abzulehnen, aber seit ungefähr ei-       viele, die nicht verstehen, wie wir arbei-   Bitten und Betteln und persönlichen
nem Jahr geht es gar nicht anders. Das       ten, beispielsweise mit Terminen, oder       Kontakten zu einer dringenden Magen-
ist eine neue Entwicklung.                   solche, die eine 24/7-Mentalität haben:      spiegelung schicken können.
                                             Bei denen muss immer alles gleich und
Was sind aus Ihrer Sicht die Ursachen?       sofort passieren. Da werden nachts           Bei dem Protest waren viele Men-
Da kommen mehrere Sachen zusam-              E-Mails geschrieben und dann wundern         schen auf und auch vor der Bühne.
men. Durch die Pandemie ist der Bera-        sie sich, wenn das Rezept morgens um         Worum ging es in den Gesprächen
tungsaufwand mehr geworden, und              8 Uhr noch nicht fertig ist. Hinzukommt,     vor der Bühne?
auch die Impfsprechstunden kosten            dass etwa Krankenhäuser eine deutlich        Viele haben über die Veranstaltung und
sehr viel Zeit. Wenn man dann seinen         bessere Bezahlung bieten und eben            den Workshop der KV Berlin am Vormit-
Patient:innen, auch mit Hausbesuchen         auch stemmen können, sodass Fach-            tag gesprochen, die beide gut ankamen.
etc. weiter gerecht werden will, fehlt       kräfte abgeworben werden.                    Sonst waren es eher die üblichen The-
Zeit. Man kann seine eigene und die der                                                   men, Personalsituation, neue Impfstoffe
MFA ja nicht unendlich ausdehnen. Künf-      Warum waren Sie persönlich am                etc. – also das, was man so austauscht,
tig werden mehr Patient:innen Schwie-        Brandenburger Tor dabei?                     wenn man sich mit anderen Praxen un-
rigkeiten haben, eine Hausarztpraxis         Ich fand es wirklich toll, wie die KBV und   terhält. Und die politischen Vorgänge
zu finden, zumal in den nächsten Jah-        die KV Berlin den Aufruf unterstützt und     waren Thema: ‚Was glaubt ihr, wird das
ren viele Kolleg:innen in den Ruhestand      frühzeitig gesagt haben: ‚Das ist der Ter-   durchkommen, wie wird sich das auswir-
gehen werden.                                min, das ist der Tag – da machen wir un-     ken?‘ Also es war ein Spiegelbild dessen,
                                             seren Aktionstag zusammen mit den            was auch auf der Bühne stattfand.
Kämpfen Sie mit Personalmangel?              MFA.‘ Und vor Ort war ein super Ge-
Natürlich, das betrifft auch alle Praxen     meinschaftsgefühl. Es war ein tolles Er-     Wie wurde die Frage denn
im Arztnetz City Nord e V., in dem ich       lebnis und dahingehend auch wirklich         beantwortet?
aktiv bin. Soviel ich weiß, sind fast alle   ein Erfolg, dass Ärzt:innen und ihre MFA     Dass wir uns ein größeres Echo erhofft
auf der Suche, fast alle arbeiten mit ei-    zusammen auf der Straße sind und sa-         hätten und, dass wir glauben, dass bei
ner zu dünnen Personaldecke. Das er-         gen: ‚So geht es nicht weiter.‘ Der am-      manchen Kolleg:innen noch nicht richtig
schwert vieles. Immer mal wieder muss        bulante Bereich hat einen Großteil der       angekommen ist, was das an Einbußen
eine Praxis dichtmachen, denn uns be-        Pandemie gestemmt und dafür wenig            und an Erschwernis unserer täglichen
treffen die COVID-Erkrankungen ja auch.      Anerkennung erhalten: kein Bonus, kein       Arbeit bedeuten wird. Deshalb kann
Wir haben aber das große Glück, dass         Klatschen vom Balkon. Das Einzige, das       man nur hoffen, dass noch mehr Kol-
wir ein sehr nettes Team haben, das          wir als Praxisinhaber:innen dürfen, ist      leg:innen und die Bevölkerung alarmiert
toll zusammenhält. Ohne das, denke           einen steuerfreien Bonus zu zahlen. Und      werden und sich dann an solchen Aktio-
ich, wäre bei der einen oder anderen         dann natürlich die Ankündigung des           nen beteiligen. ∕

                                                                                                                               13
IM FOKUS

Die fehlende Sichtbarkeit all dieser Hausforderungen trägt          Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie durch eine an-
wesentlich zur Unzufriedenheit der MFA bei – das zeigen Um-         gemessene Honorierung und Wertschätzung erhöht werden
fragen sehr deutlich (ab Seite 16). Dennoch ist der Beruf bei       könnte.
jungen Menschen nach wie vor beliebt. So lag der Ausbildungs-
beruf „Medizinische:r Fachangestellte:r (MFA)“ im Ranking           Wertschätzung und Unterstützung durch die Vorgesetzten
des Bundesinstitutes für Berufsbildung (BIBB) auch im Jahr          spielen überhaupt eine große Rolle, betont auch Verbands-
2021 auf Platz eins der neu abgeschlossenen Ausbildungs-            präsidentin König. Vor allem jüngere MFA bräuchten Unter-
verhältnisse – zumindest bei den Frauen.1 Im Gesamtranking          stützung. Die Mitarbeitenden müssten das Gefühl haben, sich
von Frauen und Männern lag er bundesweit auf dem fünften,           immer auf ihre Arbeitgeber:innen verlassen zu können. „MFA
in Berlin auf dem vierten Platz. Allerdings reicht die Zahl der     dürfen sich nicht alleingelassen fühlen. Die Rückendeckung
vorhandenen Ausbildungsplätze nicht aus, um den Bedarf              durch die Chefin oder den Chef ist etwas ganz Wichtiges –
der Praxen zu decken. Gerade junge Menschen können nicht            ganz besonders in Krisensituationen“, so König.
im Beruf gehalten werden und so führt die Bundesagentur
für Arbeit den Beruf trotz der grundsätzlichen Beliebtheit          Protest gegen Neupatientenregelung
seit 2019 als Engpassberuf.2                                        Umgekehrt ist auch den Ärzt:innen bewusst, wie sehr sie auf
                                                                    die Medizinischen Fachangestellten, deren Engagement und
Unverständnis für fehlende Wertschätzung                            Fachkompetenz angewiesen sind. Der Protest am 7. Septem-
Umso schwerer ist es für Medizinische Fachangestellte nach-         ber 2022 wurde daher auch von vielen ärztlichen Verbänden,
zuvollziehen, dass sie auch vonseiten der Politik kaum Wert-        unter anderem der Ärztekammer Berlin und der Kassenärzt-
schätzung erfahren. Besonders deutlich hat sich dies darin          lichen Vereinigung Berlin (KV Berlin) unterstützt. Zudem nutz-
gezeigt, dass MFA und ZFA in allen bisherigen Runden beim           ten viele niedergelassene Ärzt:innen den Tag, um gegen die
Corona-Bonus übergangen wurden. Dabei waren und sind                geplanten Kürzungen im ambulanten Bereich zu protestieren.
gerade die Praxismitarbeitenden während der Pandemie er-            Laut der KV Berlin blieben rund 2.000 der 6.500 Berliner ärzt-
heblichen Mehrbelastungen ausgesetzt. „Wir haben unsere             lichen Praxen geschlossen.
Gesundheit riskiert“, kritisiert Thumser. Hinzukomme, dass
gerade die MFA zunehmend Aggressionen der Patient:innen             Hintergrund des ärztlichen Protestes ist das geplante GKV-
erleben, so Vogler: „Wir wurden bespuckt, geschlagen, ge-           Finanzstabilisierungsgesetz, das 2023 in Kraft treten soll. Der
kniffen und getreten. Kolleg:innen von mir wurden zum Bei-          Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, die erst 2019 mit dem
spiel mit Messern bedroht, damit sie ein negatives Testergeb-       Terminservice- und Versorgungsgesetze (TSVG) eingeführte
nis ausstellen“, erzählt der MFA und fügt hinzu: „Kaum jemand       Neupatientenregelung wieder zu streichen. Ziel des TSVG
weiß, wie sehr wir MFA am Limit sind.“ Einen Bonus wie die          war es, Patient:innen schneller Termine zu verschaffen und
Pflegekräfte haben sie dennoch nicht erhalten.                      die Leistungen der Krankenkassen sowie die Versorgung zu
                                                                    verbessern. Das Gesetz sah unter anderem vor, dass Leistun-
Dass tatsächlich viele von ihnen am Ende ihrer Kräfte und           gen für die Behandlung neuer Patient:innen außerhalb des
auch ihrer Geduld sind, wurde bei der Veranstaltung mehr            Budgets für Kassenärzt:innen in voller Höhe beglichen wer-
als deutlich. Bestätigt wird das zudem durch eine aktuelle          den. Diese extrabudgetierte Vergütung bei Neupatient:innen
Umfrage des Verbandes der medizinischen Fachangestellten            soll nun wieder gestrichen werden.
e. V. Demnach haben 46 Prozent der MFA in den vergangen
zwölf Monaten mehrere Male im Monat daran gedacht, aus              Dabei hatte der amtierende Bundesgesundheitsminister Karl
ihrem Beruf auszusteigen.3 Vogler selbst würde das nicht tun,       Lauterbach im Jahr 2019 das TSVG als einen Schritt weg von
weil er, wie er sagt, seinen Beruf zu sehr liebt – und auch, weil   der Zweiklassenmedizin gewertet. Gesetzlich versicherte
er durch Weiterbildungen nun besser verdiene und interes-           Patient:innen müssten, so seine damalige Argumentation,
santeren Tätigkeiten nachgehe. Dies entspricht den Ergeb-           teilweise monatelang auf einen Arzttermin warten. Das sei
nissen einer Studie zu Einflussgrößen auf die Arbeitszufrie-        unwürdig für ein so reiches Land wie Deutschland. Die außer-
denheit von Medizinischen Fachangestellten aus dem Jahr             budgetären Vergütungen für Ärzt:innen seien sinnvoll, da
2021. Demnach wird die Gesamtzufriedenheit durch Zusatz-
qualifikationen positiv beeinflusst.4 So waren MFA mit einer        1	Bundesinstitut für Berufsbildung: → www.bibb.de/de/141929.php
Qualifizierung zur bzw. zum Versorgungsassistent:in in der          2	Bundesagentur für Arbeit: → https://statistik.arbeitsagentur.de/
Hausarztpraxis (VERAH) oder zur bzw. zum Nichtärztlichen               DE/Navigation/Statistiken/Interaktive-Statistiken/Fachkraeftebedarf/
Praxisassistent:in (NäPa) in fast allen Bereichen ihrer Tätig-         Engpassanalyse-Nav.html
                                                                    3	Verband medizinischer Fachberufe e. V.: → www.vmf-online.de/
keit zufriedener als MFA ohne Zusatzqualifikation. Insgesamt           verband/presse-news/2022-02-25-mfa-wechsel
kamen die Autor:innen der Studie zu dem Schluss, dass die           4	Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen:
Attraktivität des Berufes durch den weiteren Ausbau der                → www.zefq-journal.com/article/S1865-9217(21)00172-0/fulltext

14
BERLINER ÄRZT:INNEN
                                      AUSGABE 10 / 2022 

1. Reihe
Gemeinsam: Mehr als 600 MFA,
ZFA und Ärzt:innen protestier-
ten Anfang September vor dem
Brandenburger Tor für mehr
Wertschätzung ihrer Leistungen,
für eine gerechte Bezahlung
und gegen die Streichung der
Neupatientenregelung.

2. Reihe
links
Die 1. Vorsitzende im geschäfts-
führenden Vorstand des Verbands
medizinischer Fachberufe e. V.,
Ingrid Gerlach, begrüßte die Teil-
nehmenden.

Mitte
Die Ankündigung des Gesund-
heitsministers Prof. Dr. med.
Karl Lauterbach sorgt auch bei
Dr. med. Nicolette Juche für
großes Unverständnis. Werden
die Pläne umgesetzt, weiß sie
nicht, wie sie für ihre Patient:in-
nen zeitnah dringend notwendige
Facharzttermine bekommen soll.

rechts
Superpower ist heute schon
fast eine Grundvoraussetzung,
um MFA zu werden. Der Beruf
beinhaltet sehr viel mehr, als
nur das Telefon zu bedienen
und mit einem netten Lächeln
die Krankenkassenkarte ent-
gegenzunehmen.

                                                            15
IM FOKUS

Online-Umfrage, Teil 2: Auszubildende MFA auf der Suche nach Orientierung, Sicherheit und Unterstützung

In der Ausgabe 09/2022 von „Berliner Ärzt:innen“ wurden die         Auf die Frage, was den Beruf für sie attraktiv macht, haben
zentralen Ergebnisse einer Online-Umfrage unter Ärzt:innen          die Auszubildenden am häufigsten geantwortet:
und Medizinischen Fachangestellten (MFA) zur Situation der
MFA in den Praxen vorgestellt. In der heutigen Ausgabe möch-        → die Arbeit im Gesundheitsbereich (70 Prozent)
ten wir gern die Ergebnisse einer Umfrage unter dem beruf-          → die Möglichkeit, sich medizinische Kenntnisse und Fertig-
lichen Nachwuchs – den Auszubildenden – präsentieren.                 keiten anzueignen (65 Prozent)
                                                                    → die Arbeit mit den Menschen/Patient:innen (62 Prozent)
Ab dem 15. Juni hatten auszubildende Medizinische Fach-
angestellte einen Monat lang die Gelegenheit, sich zu ihrer         Finanziell scheint es für den Nachwuchs jedoch kaum Anreize
aktuellen beruflichen Situation zu äußern. Die Umfrage wurde        zu geben, um diesen Berufsweg langfristig einzuschlagen.
ganz wesentlich im Rahmen des Berufsschulunterrichts be-            Die Ausbildungsvergütung beziehungsweise die Höhe des
gleitet. Ein herzliches Dankeschön daher an die beiden Ber-         Gehalts ausgelernter MFA sind mit 4 und 6 Prozent die letzten
liner Oberstufenzentren, die das Vorhaben intensiv unter-           Gründe, die motivieren, den Beruf der oder des Medizinischen
stützt und dafür gesorgt haben, dass ein aussagekräftiges           Fachangestellten zu wählen. Das weist unmissverständlich
Meinungsbild entstanden ist.                                        darauf hin, dass die Gehaltssituation von den Auszubildenden
                                                                    als unattraktiv empfunden wird.
Insgesamt haben sich 308 Auszubildende an der Umfrage be-
teiligt. 43 Prozent der Antwortenden waren im ersten Ausbil-        Nur die Hälfte der Auszubildenden, die aktuell in der ambu-
dungsjahr, 40 Prozent im zweiten, 12 Prozent im dritten Lehrjahr    lanten Versorgung tätig sind, sieht hier auch ihre Zukunft.
und 5 Prozent hatten die Ausbildung kürzlich abgeschlossen.         Immerhin 92 Prozent der Befragten werden in der ambulan-
                                                                    ten Versorgung ausgebildet, knapp 7 Prozent im stationären
Das Gehalt verführt nicht: Wer sich für den Beruf MFA               Bereich und 1 Prozent in „anderen Arbeitsstätten“, beispiels-
entscheidet, hat andere Motive.                                     weise in der Labormedizin oder im Gesundheitsamt.

Was muss für Sie in jedem Fall gegeben sein, damit Sie sich als MFA wertgeschätzt fühlen?

                                                       79 % Gute Arbeitsatmosphäre / guter Umgang miteinander im Team
                                                           71 % Angemessenes Gehalt (mindestens nach Tarif)
                                           67 % Freundlicher Umgangston der Patient:innen mit den MFA
                                  58 % Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Corona-Bonus)
        55 % Geregelte Arbeitszeiten (Einhaltung der Pausenzeiten, keine Überstunden)
                                               54 % Kommunikation auf Augenhöhe
                    48 % Lob und Anerkennung durch Arbeitgeber:innen
                                                    36 %     Teilnahme an Fortbildungen
                                                    36 %     Gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (Work-Life-Balance)
                                    26 %      Wertschätzung des Berufsbildes in der Öffentlichkeit
                                    26 %      Möglichkeit, selbst aktiv mitzugestalten (Arbeitsabläufe, Dienstplan)
                                    26 %      Regelmäßige Teambesprechungen
                             22 %     Austausch mit Vorgesetzten über die berufliche Entwicklung
                           21 %      Angemessenes Arbeitspensum

0              10              20              30              40              50             60              70             80
Mehrfachantworten möglich, Angaben in Prozent, n=326

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BERLINER ÄRZT:INNEN
                                                                                                AUSGABE 10 / 2022 

Jedoch nur knapp die Hälfte, 48 Prozent, gab an, auch in
Zukunft in der ambulanten Versorgung arbeiten zu wollen.           Ausbilden leicht gemacht
24 Prozent sehen sich eher im Krankenhaus und 11 Prozent
in anderen Arbeitsstätten. Außerdem antworteten 18 Prozent         Wir möchten Ihnen helfen. Wir möchten Barrieren ab-
der Befragten, dass sie ganz „andere Pläne haben und in Zu-        bauen. Wir möchten Ausbilden leichter machen!
kunft (gar nicht) nicht als MFA arbeiten wollen“.
                                                                   Kostenfrei und modular aufgebaut bieten wir Ihnen
Die Ursachen für diesen grundsätzlichen Blick in die Zukunft       Informationen zu folgenden Aspekten der Ausbildung
liegen möglicherweise auch in aktuellen Ausbildungserfah-          „Medizinische:r Fachangestellte:r“:
rungen. Hinweise auf häufig vorkommende Beweggründe,               → Teil 1: Ausbildungsvoraussetzungen
die einen Wechsel der Ausbildungs- bzw. Arbeitsstätte zur          → Teil 2: Ausbildungsdurchführung
Folge haben, liefert die Betrachtung der nachfolgenden Um-         → Teil 3: Konfliktmanagement
frageergebnisse.                                                   → Teil 4: Prüfungswesen

Rund 55 Prozent der Auszubildenden haben über einen                An wen richtet sich die Veranstaltungsreihe?
Wechsel ihrer Ausbildungsstätte nachgedacht oder sind              An erstmals Ausbildende, an erfahrenere Ausbildende und
bereits mindestens einmal gewechselt.                              an in die Ausbildungsdurchführung involviertes Personal.

Welche Motive haben Auszubildende, die Ausbildungsstätte           Was ist das Ziel?
zu wechseln, was wünschen sie sich von künftigen Vorgesetz-        Wir möchten Sie darin unterstützen, ein Ausbildungsver-
ten und: Was brauchen sie, damit sie am Arbeitsort ärztliche       hältnis „Medizinische:r Fachangestellte:r“ erfolgreich auf-
Praxis langfristig gut aufgehoben sind und sich wertgeschätzt      zunehmen, anzuleiten und abzuschließen.
fühlen? All das haben wir gefragt. Und wir haben es in diesem
Zusammenhang als besonders lohnend eingeschätzt, die 484           Wann sind die nächsten Termine?
Freitextrückmeldungen, die wir als Wünsche an künftige Vor-        Am 12. Oktober 2022 findet von 18 bis 21 Uhr Teil 4 zum
gesetzte oder an die Arbeitsumgebung bekommen haben,               Thema „Prüfungswesen“ statt.
auszuwerten.
                                                                   Im November wird dann thematisch in oben genannter
Folgende Wünsche wurden besonders häufig genannt:                  Reihenfolge ein neuer Durchlauf gestartet:
→ Mehr Fairness, zum Beispiel Einhaltung der vertraglichen         → Teil 1: 21.11.2022 (18:30–21:30 Uhr)
  oder rechtlichen Rahmenbedingungen (Arbeitszeiten,               → Teil 2: 28.02.2023 (18:00–21:00 Uhr)
  Pausen usw.)                                                     → Teil 3: 21.06.2023 (18:00–21:00 Uhr)
→ Mehr Gehalt / finanzielle Benefits und „Aktionen“, die
  Wertschätzung transportieren (wie ein zeitnaher Über-            Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website
  stundenausgleich)                                                → www.aekb.de/mfa.
→ Verständnis, Anleitung und Wirksamwerden der besonde-
  ren Fürsorge, die Auszubildende besonders stark benötigen
  (etwa regelmäßige Feedback-Gespräche, Toleranz im Um-
  gang mit Fehlern)
→ Investitionen in ein angenehmes Arbeitsklima                    und Unterstützung. Dieses Hintergrundrauschen lässt sich
                                                                  in vielen Botschaften der Befragten einfangen.
Exemplarisch ist folgende Rückmeldung: „Ich würde mir wün-
schen, dass sich mein Ausbilder mit mir zusammen hinsetzt, wir    Das Berufsbildungsgesetz bestätigt dieses Bedürfnis. Es weist
uns gemeinsam auf die Prüfung vorbereiten und mir das etwas       Ausbildenden ausdrücklich die Aufgabe zu, Auszubildende
die Angst nimmt. Ich habe das Gefühl, allein damit dazustehen.“   „charakterlich [… ] zu fördern“. Vor allem aber liegt in der Be-
                                                                  reitschaft, sich menschlich auf die Auszubildenden einzulas-
Auf der Suche nach Orientierung, Sicherheit und                   sen, eine sehr große Chance. Die gute Begleitung und Unter-
Unterstützung                                                     stützung, die Vermittlung von Wertschätzung und Sicherheit
Aus Rückmeldungen wie dieser wird deutlich, dass Auszu-           sowie das Schaffen eines angenehmen Ausbildungsumfeldes
bildende „auf der Suche“ sind. Sie stehen am Anfang ihres         erhöhen die Wahrscheinlichkeit, die Auszubildenden nach ei-
beruflichen Lebens, sie brauchen Orientierung, Sicherheit         nem erfolgreichen Abschluss an die eigene Praxis zu binden.

                                                                                                                              17
IM FOKUS

Auszubildende brauchen Mentor:innen
Die einschlägigen Gesetze und Verordnungen machen es                 Gut zu wissen!
Ärzt:innen, die MFA ausbilden möchten, nicht allzu schwer.
Die berufsfachliche Kompetenz hierzu wird von Rechts wegen
vermutet. Zudem müssen Ärzt:innen die notwendigen ar-
beitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkei-
ten, die für die Vermittlung der Ausbildungsinhalte erforder-
lich sind, nicht gesondert erwerben. Das ist ein echtes Privileg.
Aber wenn die Entscheidung fällt, auszubilden und junge              Das Projekt „JA zur Ausbildung“ hilft, Ausbildungsabbrü-
Menschen auf dem Weg zu einem Berufsabschluss zu be-                 che präventiv zu vermeiden.
gleiten, ist nicht nur fachliche, sondern auch pädagogische
Kompetenz tatsächlich gefragt und – wie es die Umfrage-              An den Oberstufenzentren für Gesundheit 1 und Gesund-
ergebnisse zeigen – ausdrücklich erwünscht. Auszubildende            heit/Medizin in Berlin bieten zwei Ausbildungsbegleiterin-
brauchen Mentor:innen, Menschen, die nicht nur ihr fach-             nen individuelle kostenfreie Beratung, Begleitung und Un-
liches Wissen beziehungsweise Erfahrungswissen weiter-               terstützung rund um die duale Berufsausbildung für ange-
geben, sondern auch ihre Persönlichkeitsentwicklung för-             hende Medizinische Fachangestellte, Zahnmedizinische
dern. Daher möchte die Ärztekammer Berlin Sie und dieje-             Fachangestellte und ihre ausbildenden Arztpraxen an.
nigen, die in Ihrem Team in Ausbildung eingebunden sind,
künftig noch stärker mit berufspädagogischen Angeboten               Bei Bedarf führen die Ausbildungsbegleiterinnen auch per-
unterstützen.                                                        sönliche Beratungsgespräche vor Ort in den Arztpraxen
                                                                     durch.
Entwicklungsmöglichkeiten sind gefragt
Ein weiteres zentrales Ergebnis der Umfrage ist der hohe             Ihre Ansprechpartnerin am OSZ Gesundheit 1, Janine
Stellenwert, den die berufliche Fortbildung hat. Dieser As-          Ruttge, erreichen Sie telefonisch unter T 0159 06 12 78 62
pekt steht auf Platz 2 im Ranking der „Erwartungen an den            oder per E-Mail: E janine.ruttge@inbas.com.
zukünftigen Arbeitsort“. Den ersten Platz belegte das „(über-)
tarifliche Gehalt“, auf dem dritten Platz landete die „Mit-          Ihre Ansprechpartnerin am OSZ Gesundheit/Medizin,
bestimmungsmöglichkeit (beispielsweise bei der Dienst-               Kathrin Volbracht, erreichen Sie unter T 0159 06 12 78 83
plangestaltung)“. Als ähnlich relevant wurde das „gute Ar-           oder per E-Mail: E kathrin.volbracht@inbas.com.
beitsklima“ eingeschätzt. Die Umfrage ergab außerdem,
dass rund 60 Prozent der Befragten beabsichtigen, sich nach          Weitere Informationen finden Sie demnächst auf der Web-
ihrer Ausbildung fortzubilden oder zu spezialisieren. Diese          site → www.jaza.berlin. Das Projekt wird gefördert aus
Rückmeldungen bestätigen sich durch die Eindrücke, die               Mitteln der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und
wir zunehmend auf Bildungsmessen bekommen. Junge Men-                Soziales. Die Umsetzung übernimmt die INBAS Institut für
schen, die sich für den Beruf MFA interessieren, fragen be-          berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik GmbH.
sonders intensiv zu den Entwicklungsmöglichkeiten, die
sie nach der Ausbildung haben werden.

Worauf kommt es also ganz besonders an?
In der Online-Umfrage sind junge Menschen zu Wort ge-               in der sie sich befinden, ganz besonders darauf angewiesen
kommen, die sich bereits für eine Ausbildung zur oder zum           sind.
Medizinische:n Fachangestellte:n entschieden haben. Wie
viele andere Berufsanfänger:innen suchen sie nicht nur einen        Was brauchen meine Mitarbeitenden und Auszubildenden,
Arbeitsplatz, an dem es sich aushalten lässt, sondern einen         damit sie gut arbeiten und sich zugleich wohlfühlen können?
Ort, an dem sie sich mit dem, was sie mitbringen, aufgeho-          Wie sind wir als Team im Kontakt und was macht für uns eine
ben fühlen. Bessere Gehälter sind wichtig. Die Umfrage zeigt        gute Zusammenarbeit aus? Dieser prüfende Blick, das Aus-
jedoch auch, dass die wertschätzende Zusammenarbeit,                loten eigener Handlungsmöglichkeiten, lohnt bei all den An-
die Kommunikation auf Augenhöhe und das spürbare In-                forderungen und Zumutungen, die im Alltag auf Ihre Praxis
teresse am Gegenüber und seinen Bedürfnissen für die At-            niederprasseln.
traktivität eines Arbeitsortes zunehmend bedeutsamer wer-
den. Das Fehlen dieser Faktoren wird von Auszubildenden
ganz besonders beklagt. Das verwundert nicht, weil sie in           Abteilung Kammermitgliedschaft / Berufsbildung /
der Phase der beruflichen und menschlichen Entwicklung,             EU- und Kammerrecht

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BERLINER ÄRZT:INNEN
                                                                                               AUSGABE 10 / 2022 

gerade neue Patient:innen viel Arbeit machten und mehr Zeit     Gegen die Rückabwicklung der erst 2019 eingeführten Neu-
in Anspruch nähmen. Eine unterbezahlte Leistung besser zu       patientenregelung würden sie nun Sturm laufen und unver-
bezahlen, sei richtig, zumal Patient:innen zur Behandlung       hohlen mit Behandlungseinschränkung drohen.
in die Kliniken auswichen, wenn sie keine Ärzt:innen fänden.5
                                                                Einschränkungen befürchtet Verbandspräsidentin Hannelore
Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes hat die Neupatien-        König vor allem bei den Personalkosten. Durch die Streichung
tenregelung jedoch nicht die erhofften Vorteile für die me-     der Regelung werde in den niedergelassenen Arztpraxen dafür
dizinische Versorgung erzielt. Dem widerspricht das Zentral-    noch weniger Geld zur Verfügung stehen – was wieder den
institut für die Kassenärztliche Versorgung (Zi). Deren Aus-    MFA schaden wird. Am Ende, da sind sich alle einig, werden
wertungen ergaben, dass die Anzahl der behandelten Neu-         die Patient:innen die Leidtragenden sein.
patient:innen zwischen dem vierten Quartal 2019 und dem
vierten Quartal 2021 um zwölf Prozent gestiegen ist. Zwar       „Wir sind ein Team“
schränkt das Zi ein, dass die Abrechnungsdaten keinen Hin-      Deshalb, so die Grundaussage beim Protest am Brandenbur-
weis darauf geben, ob und inwieweit sich Wartezeiten tat-       ger Tor, müsse man zusammenhalten. Die geladenen Vertre-
sächlich verändert haben. Doch könne aus den Daten abge-        ter:innen der Ärzteverbände sagten den MFA und ZFA ihre
lesen werden, dass die Praxen schneller auf Behandlungs-        volle Unterstützung zu. Dr. med. (I) Klaus Reinhardt, Präsi-
wünsche der Patient:innen reagiert hätten. Von der Regelung     dent der Bundesärztekammer, erklärte beispielsweise, dass
hätte mehr als jede oder jeder vierte gesetzlich krankenver-    die Medizinischen Fachangestellten beim Corona-Bonus nicht
sicherte Patient:in profitiert, so das Zi.6                     vergessen, sondern „bewusst nicht mit einer Prämie bedacht“
                                                                worden seien. Aus seiner Sicht sei dies als „Affront“ zu werten.
Ärzt:innen befürchten durch die geplante Streichung und die     Man werde daher nicht müde werden, so sein Versprechen,
ebenfalls geplante unbefristete Bereinigung der offenen         weiter für einen Corona-Bonus für die MFA zu kämpfen.
Sprechstunde massive Auswirkungen auf die ambulante Ver-
sorgung und auf das ärztliche Honorar. Würde das Gesetz         Wie wichtig der Zusammenhalt zwischen den Gesundheits-
kommen, wäre die medizinische Betreuung gerade von Neu-         berufen ist, betonte auch PD Dr. med. Peter Bobbert, Präsi-
patient:innen nur noch eingeschränkt möglich, konstatiert       dent der Ärztekammer Berlin, in seiner Rede. „Wir alle sind
beispielsweise die KV Berlin.7 Die Patient:innen müssten wie-   ein Team!“, rief er aus. Die tägliche Arbeit in der Gesundheits-
der länger auf Termine warten. Und die Suche nach einer         versorgung funktioniere nur als Teamleistung und wenn jedes
neuen Praxis würde sich deutlich schwieriger gestalten. Ähn-    Teammitglied wertgeschätzt werde.
lich argumentiert auch die Kassenärztliche Bundesvereini-
gung (KBV). „Nun wird es so sein, dass die Kolleginnen und      Dass verschiedene Gesundheitsberufe bei einer Protestaktion
Kollegen gar nicht mehr anders können, als das Terminan-        erstmals gemeinsam aufgetreten sind, wurde allgemein als
gebot zurückzufahren“, so Dr. med. Andreas Gassen, Vor-         etwas Besonderes wahrgenommen. „Es ist großartig, dass
standsvorsitzender der KBV.8 Verschärft werde das Problem,      wir hier gemeinsam zusammenstehen, Arbeitnehmer und
so viele Ärzt:innen, durch die angekündigte Nullrunde des       Arbeitgeber – nicht gegeneinander, sondern mit einem ge-
GKV-Spitzenverbandes bei den ärztlichen Honoraren.              meinsamen Ziel“, betonte Ingrid Gerlach zum Ende der Ver-
                                                                anstaltung. Und Hannelore König erklärte gegenüber der
Doch nicht alle Arzt:innen sind mit der Argumentation ein-      Ärztekammer Berlin: „Wir sind sehr zufrieden mit der tollen
verstanden. Es gibt auch Stimmen, die anmerken, dass die        Beteiligung der MFA und ZFA sowie der breiten Unterstützung
KV-Ankündigung, Neupatient:innen künftig nicht mehr oder        der Ärztekammern und der anderen Institutionen. Vor allem
erst nach noch längeren Wartezeiten zu behandeln, aus ärzt-     die deutlichen Worte in Richtung Politik haben uns den Rücken
licher Sicht kaum zu vertreten ist. „Die KBV und die KVen       gestärkt.“ Die Veranstaltung werde nicht die letzte dieser
haben seit jeher das Ziel, möglichst viele Leistungen aus       Art sein: „Wir machen weiter, bis sich die Politik bewegt.“ ∕
mengenbegrenzenden Maßnahmen herauszulösen: ‚Weg
mit den Budgets!‘“, so Allgemeinmediziner Michael Janßen.

5	Deutscher Bundestag: → www.bundestag.de/dokumente/
   textarchiv/2019/kw11-de-tsvg-595172
6	Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung:
   → www.zi.de/presse/presseinformationen/27-juli-2022
7	Kassenärztliche Vereinigung Berlin:→ www.kvberlin.de/
   die-kv-berlin/pressemitteilungen/detailansicht/pm220830      Anne Volkmann
8	Kassenärztliche Bundesvereinigung: → www.kbv.de/html/        Stabsstelle Presse / Gesundheitspolitik
   2022_59232.php                                               Foto: privat

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