Biogas-Kleinanlagen Ein Leitfaden für politische Akteure

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Biogas-Kleinanlagen
               Ein Leitfaden für politische Akteure

Verfasser       :   L. Mirosz, M. Amrozy, A. Trząski, A. Wiszniewska

Einrichtung     :   National Energy Conservation Agency (NAPE),Polen

Publikation     :   3.1

Berichts-Nr.    :   BEF2-15003-DE

Version         :   2.1

Status          :   Öffentlich

Übersetzung & :     Kuratorium für Technik und Bauwesen in
Überarbeitung       der Landwirtschaft e. V. (KTBL)

Stand           :   Oktober 2016
Gülle,

Impressum
Dieser Leitfaden ist im Rahmen des EU-Projekts “BioEnergy Farm 2 - Gülle, der nachhaltige Energieträger der Landwirt-
schaft“ entstanden. Finanziert wird das Projekt durch das Intelligent Energy Europe Programm der Europäischen Union
[IEE/13/683/SI2.675767].

 Verfasser          :   Liliana Mirosz, Marek Amrozy, Adrian Trząski,
                        Anna Wiszniewska

 Einrichtung        :   National Energy Conservation Agency (NAPE),
                        Polen

 Publikation        :   3.1

 Berichts-Nr.       :   BEF2-15003-DE

 Version            :   2.1

 Status             :   Öffentlich

 Übersetzung &      :   Kuratorium für Technik und Bauwesen in der
 Überarbeitung          Landwirtschaft e. V. (KTBL)

 Erstellt           :   November 2014

 Stand                  Oktober 2016

Dieses Handbuch enthält Beiträge von den Partnern des BioEnergy Farm 2-Projekts. Dieses Handbuch wurde übersetzt
in Dänisch, Englisch, Französisch, Niederländisch, Italienisch und Polnisch.

Die Übersetzung und grundlegende Überarbeitung dieser Ausgabe wurde realisiert von: Mark Paterson, Astrid Haupt-
mann, Ursula Roth, Dr. Sebastian Wulf | KTBL sowie Katrin Kayser | IBBK

Layout & Titelbild: BBPROJ & CCS

Alle Rechte vorbehalten.

Kein Teil dieser Veröffentlichung darf in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln ohne die schriftliche Erlaub-
nis des Herausgebers für gewerbliche Zwecke reproduziert werden.

Der Herausgeber übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit und die Vollständigkeit der Informationen in dieser Ver-
öffentlichung. Die alleinige Verantwortung für den Inhalt liegt bei den Partnern des BioEnergy Farm 2 -Projekts.

Die Inhalte des Handbuchs spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Europäischen Union wider. Die Europäische
Kommission ist nicht für die weitere Verwendung der im Handbuch enthaltenen Informationen verantwortlich.

www.bioenergyfarm.eu
Gülle,

INHALTSVERZEICHNIS
1.           Einführung                                                               6

1.1          Das BioEnergy Farm 2-Projekt                                              6

1.2          Was sind Biogas-Kleinanlagen?                                             8

1.3          Verbreitung von Biogas-Kleinanlagen in Europa                             9

1.4          Biogas-Kleinanlagen in der Energie Strategie 2020 der EU                  9

2.           Biogas-Kleinanlagen in der Praxis                                       11

2.1          Hintergründe zur Biogasproduktion                                        11

2.2          Wie funktionieren Biogas-Kleinanlagen?                                  12

2.3          Motivation für den Betrieb von Biogas-Kleinanlagen                      14

2.4          Beispiele aus der Praxis                                                14
     2.4.1   Anlagenbeispiel aus Belgien                                             14
     2.4.2   Anlagenbeispiel aus Dänemark                                             15
     2.4.3   Anlagenbeispiele aus Deutschland                                         15
     2.4.4   Anlagenbeispiel aus Frankreich                                          16
     2.4.5   Anlagenbeispiel aus den Niederlanden                                     17

3.           Marktpotenzial von Biogas-Kleinanlagen                                  17

3.1          Anzahl der potenziellen Höfe für den Betrieb einer Biogas-Kleinanlage   18

3.2          Anlagenpotenzial von Biogas-Kleinanlagen in Deutschland                 18

4.           Vorteile von Biogas-Kleinanlagen                                        20

4.1          Vorteile für Landwirte                                                  20

4.2          Vorteile für die Gesellschaft                                           21

5.           Emissionen und Emissionsminderungspotential                             21

5.1          Emissionsminderungspotenzial                                            23

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der nachhaltige Energieträger der Landwirtschaft

6.             Fördermaßnahmen für Biogas-Kleinanlagen                  25

6.1            Förderung von Investitionen                               26

6.2            Förderungen im laufenden Betrieb                          26

6.3            Fördermaßnahmen in ausgewählten EU Mitgliedsstaaten       29

7.             Zusammenfassung                                          30

Anhang 1. Rechtlicher Rahmen und Fördermaßnahmen für Biogas-Kleinanlagen in
          Deutschland                                                    31

1.1.           Grundlagen der Anlagengenehmigung                         31

1.2.           Emissionsvorschriften                                     32

1.3.           Fördermaßnahmen                                           34

Anhang 2. Berechnung der Emissionen klimarelevanter Gase                37

Anhang 3. Weiterführende Literatur                                      39

Anhang 4. Kontakte für Informationen und Beratung                       40

Literaturverzeichnis                                                    42

Projektpartner                                                          44

                                                                          |5
Gülle,

1. Einführung
Um die endlichen fossilen Energieträger zu schonen und gleichzeitig die anthropogenen Treibhausgasemissionen – zur
Begrenzung der Klimaerwärmung – zu verringern, ist die schrittweise Umstellung der Energiegewinnung hin zu regene-
rativen Energiequellen eine notwendige Aufgabe in den nächsten Jahrzehnten. Hier spielt die Bioenergie eine zentrale
Rolle – auch für die Landwirtschaft. Die Bioenergie ist eine erneuerbare und weitgehend CO2-neutrale Energiequelle,
da sie auf Biomasse basiert, welche die Solarenergie mittels Photosynthese speichert.

Die Nutzung von Biogas spielt eine besondere Rolle innerhalb der erneuerbaren Energien, da sie zur Erzeugung von
Strom, Wärme, Kraftstoff oder als Ersatz für Erdgas verwendet werden kann. Darüber hinaus ist Biogas ein flexibel ein-
setzbarer Energieträger der einfach speicherbar ist und keinen saisonalen, täglichen oder wetterbedingten Schwankun-
gen unterworfen ist. Zudem kann Biogas aus einer Vielfalt von Biomassen wie z. B. Gülle, Silagen von Kulturpflanzen
oder landwirtschaftlichen Reststoffen/Nebenprodukten erzeugt werden.

Die Produktion und Nutzung von Biogas bietet ökologische und sozioökonomische Vorteile sowohl für die Gesellschaft
als auch für die beteiligten Landwirte. Der entstehende Gärrest besitzt hervorragende Düngereigenschaften und kann
den Einsatz von Kunstdünger reduzieren (die energieintensiv hergestellt werden müssen). Die landwirtschaftliche Bio-
gastechnik kann die betrieblichen Möglichkeiten des Hofes und die lokale Wertschöpfung verbessern, Arbeitsplätze si-
chern und trägt so zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung im ländlichen Raum bei [SEADI ET AL., 2008].

Die Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen hin zu einer umweltfreundlichen und nachhaltig
produzierenden Landwirtschaft gewinnt mehr und mehr an Bedeutung, auch in der Tierhaltung. Der CO2-Fußabdruck
von Fleisch, Milch und deren Produkten ist, im Vergleich zu pflanzlichen Lebensmitteln, hoch. Einer der Gründe sind die
Methan-Emission aus der Tierhaltung und des anschließenden Güllemanagements. Eine gute Lösung zur Reduktion
dieser Emissionen ist die energetische Nutzung von Gülle in einer Biogasanlage (anstatt der üblichen unabgedeckten
Lagerung von Wirtschaftsdüngern). Auch deshalb interessieren sich zunehmend mehr Landwirte für die intelligente Ver-
knüpfung von Gülle-Nutzung und Klimaschutz.

In den meisten europäischen Ländern hat die Biogasbranche ihren Ursprung in der Vergärung von Gülle in Kombination
mit Futterresten und Nebenprodukten. Die „Teller statt Tank“-Diskussion hat z. B. in Ländern wie Deutschland, Belgien
und den Niederlanden dazu geführt, dass nun vermehrt Reststoffe und Nebenprodukte für die Biogasproduktion ge-
nutzt werden und Kulturpflanzen, die eigens für die Energieproduktion angebaut werden, nicht mehr im Fokus stehen.

1.1 Das BioEnergy Farm 2-Projekt

Der Leitfaden richtet sich an politische Entscheidungsträger. Er enthält eine Einführung in die Technologie der Biogas-
Kleinanlagen, zeigt die ökologischen und sozioökonomischen Vorteile auf und gibt einen Überblick über die rechtlichen
Rahmenbedingungen für Biogas-Kleinanlagen. Er wurde im Rahmen des Europäischen Projekts "Gülle, der nachhaltige
Energieträger der Landwirtschaft (BioEnergy Farm 2)" erstellt, dass durch das “Intelligent Energy Europe” Programm
von der Europäischen Kommission gefördert wurde. Studien und Berichte der EU und Erfahrungen, die in anderen Pro-
jekten gemacht wurden und die die Machbarkeit von Bioenergie Projekten in Europa zum Thema hatten wurden mit
einbezogen. Dazu zählen unter anderem „BioEnergy Farm I, Sustaingas, Biogas3, BiogasHeat und Agrobiogas.

Die Motivation hinter dem Projekt BioEnergy Farm 2 ist die Hof-basierte Energiegewinnung durch Biogas-Kleinanlagen.
Als Substrate sollen dabei Gülle, Mist und landwirtschaftliche Reststoffe eingesetzt werden. Dem Konsortium des Pro-
jekts gehören Vertreter von landwirtschaftlichen Organisationen (Institute for Agri Technology and Food Innovation

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der nachhaltige Energieträger der Landwirtschaft

(DK), Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (DE), Cornelissen Consulting Services (NL), Bo-
erenbond (BE), Universität Turin (IT), National Energy Conservation Agency (PL), TRAME (FR)), die Fachwissen und In-
formationen in das Projekt einbringen sowie darüber hinaus Beratungseinrichtungen (Coldiretti Piemonte (IT), DCA
Multimedia (NL), IBBK Fachgruppe Biogas GmbH (DE), Foundation Science and Education for Agro-Food Sector (PL),
Organic Denmark (DK), Regionalwirtschaftskammer der Bretagne (FR)), die vor allem die Informationen und Angebote
des Projekts an die Zielgruppe bringen, an. Dem Konsortium gehören keine Anbieter von Biogastechnik oder -kompo-
nenten an.

Das Projekt basiert auf der Beobachtung, dass sich kleine Biogasanlagen trotz der vielfältigen Vorteile in den europäi-
schen Tierhaltungsbetrieben noch nicht weit verbreitet haben. Es trägt dazu bei, die öffentliche Meinung über die Bio-
gasproduktion zu verbessern, die landwirtschaftliche Tierhaltung nachhaltiger zu gestalten, indem diese Betriebe aus
ihren Reststoffen eigenständig Energie für den Eigenbedarf oder zur Einspeisung in das Stromnetz produzieren, die ent-
stehenden Klimagase hierdurch zu vermindern und gleichzeitig den Nährstoffkreislauf durch die verbesserte Dünger-
qualität der Gülle (als Gärprodukt) zu optimieren.

Die Aspekte, die das BioEnergy Farm 2-Projekt behandelt, sind vielfältig. Es liefert Landwirten, politischen Entschei-
dungsträgern und anderen interessierten Personen anhand einer Marktübersicht neutrale und fundierte Informationen
über bestehende Konzepte zu Klein-Biogasanlagen sowie eine Abschätzung des Marktpotenzials in Europa. Des Weite-
ren wird Landwirten im Rahmen des Projekts Unterstützung bei der Machbarkeitsprüfung eines Kleinanlagenprojekts
für ihren Betrieb angeboten. Im Rahmen dieser Machbarkeitsprüfungen können verschiedene Arten der Biogasnutzung
untersucht werden, wie z. B. Strom- und Wärme-Produktion durch eine KWK-Anlage, die Gasaufbereitung und Nutzung
als Kraftstoff oder als Erdgasersatz sowie die Erzeugung von Wärme in einem Biogaskessel. Zudem wird die weitere
Behandlung der Gärreste berücksichtigt. Das Projekt versucht auch bestehende Einschränkungen und Hürden für den
Bau und Betrieb von Kleinanlagen durch rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen zu identifizieren und soll Ver-
besserungsmöglichkeiten für den Ausbau der Hof-basierten Biogas-Kleinanlagen aufzeigen.

Neben diesem Leitfaden wurden im Rahmen des Projekts u.a. noch folgende Produkte und Veröffentlichungen erstellt,
um die Verbreitung von Hof-basierten Gülle-Kleinanlagen zu unterstützen:

       „Marktübersicht von Biogas-Kleinanlagen in Europa“
       Handbuch „Realisierung einer Biogas-Kleinanlage"
       Informationsblätter zu Beispielanlagen
       Biogas-Rechner (Online)
       Berechnungstool für Fachleute (Offline)
       Workshops für Berater und Landwirte
       Internetseite zum Projekt.

Auf der Internetseite www.bioenergyfarm.eu können alle Veröffentlichungen und Produkte eingesehen werden. Zudem
bietet die Seite Informationen z. B. zur Produktion und -nutzung von Biogas, zu Anlagenkonzepten von Biogas-Kleinan-
lagen, projektbezogene Informationen sowie einen Kalender mit bundesweiten Veranstaltungen zum Thema Biogas.

In mehreren europäischen Ländern sind die Bemühungen, die hofeigene Biomasse zur Energieerzeugung in kleinen Bi-
ogasanlagen einzusetzen, deutlich zu erkennen. Das BioEnergy Farm 2-Projekt will zum weiteren Ausbau dieser beson-
deren Art der Biogaserzeugung beitragen, indem wesentliche Kenntnisse zu hofbasierten Gülle-Kleinanlagen in die eu-
ropäischen Mitgliedsstaaten und an Entscheidungsträger auf allen Ebenen getragen werden.

Ziel ist es, damit das Bewusstsein für das Potenzial von Kleinbiogasanlagen zu erhöhen. Dies sollte das politische Umfeld
ermutigen Anreize zu schaffen die den Ausbau der lokalen, energetischen Gülle-Nutzung fördern und die Hof-basierte
Biogasanlage zu einem zukunftsträchtigen Teil einer nachhaltigen Energiepolitik macht.

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Gülle,

1.2 Was sind Biogas-Kleinanlagen?

Aufgrund der Unterschiede zwischen den energiepolitischen und landwirtschaftlichen Gegebenheiten in den jeweiligen
EU-Ländern war es nicht möglich, sich im Rahmen des Projektes auf eine eindeutige und für alle Länder gültige Defini-
tion für Biogas-Kleinanlagen zu einigen.

In einigen Ländern existieren bereits (spezielle) Fördermaßnahmen für Klein- oder Kleinst-Biogasanlagen, die durch eine
Obergrenze der installierten elektrischen Leistung oder anhand weiterer Kriterien (z.B. max. Anzahl Tierplätze) definiert
werden. Andere EU-Länder haben weder spezifische Definitionen noch spezielle Förderregelungen für Biogas-Kleinan-
lagen. Je nach Gegebenheiten in den Ländern unterschieden sich auch die Definitionen; was in Dänemark als kleine
Bauernhofanlage gilt, würde z.B. in Polen als Großanlage wahrgenommen. Folglich gibt es für jedes der sieben Projekt-
partnerländer sowie jedem der sechs angefragten EU-Länder eine nationale Definition für Biogas-Kleinanlagen (siehe
Tabelle 1).

Im Sinne dieses Leitfadens sind Biogas-Kleinanlagen als solche Biogasanlagen zu verstehen, die Wirtschaftsdünger als
Hauptsubstrat verwenden und ansonsten weitgehend organische Reststoffe einsetzen, die auf dem landwirtschaftli-
chen Betrieb anfallen.

Tabelle 1: Definitionen des Begriffs „Biogas-Kleinanlage“ in ausgewählten europäischen Ländern (nach der instal-
lierten elektrischen Leistung oder anhand anderer Kriterien) [HJORT GREGERSEN ET AL., 2015]

                      DEFINITION ANHAND
 LAND                 DER INSTALLIERTEN           DEFINITION ANHAND WEITERER KRITERIEN
                         EL. LEISTUNG
 Niederlande                      --               80-250 Kühe, 250-1.000 Sauen, 50-50.000 Mastschweine,
                                                   5.000-75.000 Legehennen, 25.000-150.000 Masthühner
 Großbritannien               < 50 kWel            --
 Deutschland                   ≤ 75 kWel           --
 Österreich                   < 100 kWel           --
 Frankreich                   < 100 kWel           100-130 Milchkühe, 200-450 Sauen,
                                                   Schätzungsweise 4.000 t Rindergülle
 Ungarn                           --               < 80 Kühe
 Polen                        < 40 kWel
 Slowakei                         --               k. A.
 Belgien                    10 – 200 kWel          5.000 t Gülle oder (pflanzliche) Reststoffe pro Jahr
 Tschechien                  < 100 kWel            --
 Italien                     < 300 kWel            Min. 70 % Gülle, Max. 30 % weitere Substrate
 Spanien                     < 100 kWel            --
 Dänemark                         --               Ca. 200 Kühe + verschiedene Arten von Biomasse, 6.000 Schweine

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der nachhaltige Energieträger der Landwirtschaft

In Deutschland orientiert sich die Definition für Biogas-Kleinanlagen an den besonderen Förderbestimmungen gemäß
EEG 2014 §46 die im EEG 2017 §44 zur Vergärung von Güllefortgeschrieben werden:

„[…] Anlagen, in denen Biogas eingesetzt wird, das durch anaerobe Vergärung von Biomasse im Sinne der Biomasse-
verordnung gewonnen worden ist, […], wenn

 1. der Strom am Standort der Biogaserzeugungsanlage erzeugt wird

 2. die installierte Leistung am Standort der Biogaserzeugungsanlage insgesamt bis zu 75 kWel beträgt und

 3. zur Erzeugung des Biogases in dem jeweiligen Kalenderjahr durchschnittlich ein Anteil von Gülle mit Ausnahme
    von Geflügelmist und Geflügeltrockenkot von mindestens 80 Masseprozent eingesetzt wird.“

Der derzeitige EEG-Text [EEG 2017] sieht für Strom aus Biogas-Kleinanlagen eine Vergütung von 23,14 Cent pro Kilo-
wattstunde vor. Die Degression beträgt für Anlagen in der Einspeisevergütung 0,5 % im Halbjahr. Ebenfalls fortgeführt
wird die Regelung aus dem EEG 2014, dass für Anlagen, die nicht an der Direktvermarktung teilnehmen, die Förderung
um 0,2 Cent pro kWh gesenkt wird.

Das Gesetz liegt derzeit als Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages vor (Drucksache 355/16 vom 08.07.2016)
und soll ab 2017 in Krafttreten.

1.3 Verbreitung von Biogas-Kleinanlagen in Europa

Die Verbreitung von Biogas-Kleinanlagen in Europa ist regional sehr unterschiedlich. Sie hängt von vielen verschiede-
nen Faktoren ab. Dazu zählen die Betriebsgrößen, die Verfügbarkeit der Technik, die rechtlichen Rahmenbedingungen
und finanzielle Anreize und Unterstützung. Diese Faktoren werden in den folgenden Abschnitten näher erläutert.
Deutschland, Belgien und Italien haben in Bezug auf die Anlagenzahl einen Vorsprung gegenüber den anderen be-
trachteten EU-Mitgliedsstaaten, aber auch hier kann noch viel getan werden. Die Abbildung 1 zeigt die Anzahl von Bio-
gas-Kleinanlagen in den Projektpartnerländern und weiteren auswählten EU-Staaten.

Abbildung 1: Geschätzte Anzahl von landwirtschaftlichen Biogas-Kleinanlagen in ausgewählten EU-Ländern

                                                                                                                 |9
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1.4 Biogas-Kleinanlagen in der Energie Strategie 2020 der EU

Die Energie Strategie 2020 der Europäischen Union hat eine sichere, wirtschaftliche und nachhaltige Energieversor-
gung zum Ziel [Energie 2020 SEK (2010) 1346]. Dazu können Biogas-Kleinanlagen einen Beitrag zur Erreichung der
folgenden Nachhaltigkeitsziele der EU leisten, wie sie beispielsweise im „Energie und Klima Paket 2020“ beschrieben
sind:

        Reduktion der Emissionen klimawirksamer Gase um 20% im Vergleich zu 1990. (Das Energiekonzept 2010 der
        Bundesregierung sieht für Deutschland eine Reduzierung um 40 %vor [BMWI, 2010])
        Erhöhung des Anteils von Energie aus erneuerbaren Quellen am Gesamtenergieverbrauch auf 20% (Der Ziel-
        wert für Deutschland liegt bei 18% [BMWI, 2010])
        Erhöhung der Energieeffizienz um 20%.

Die Abbildung 2 zeigt den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch im Vergleich zu den bindenden
Zielen, die bis zum Jahr 2020 erreicht werden müssen. Die Abbildung zeigt, dass weitere Anstrengungen in den Mit-
gliedsstaaten zur Reduktion der Emissionen in Sektoren außerhalb des Emissionshandels notwendig sind, um die ge-
setzten Ziele zu erreichen.

Abbildung 2: Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch (Stand 2013) und Ziele der 2020 Strate-
gie [EUROPÄISCHE UMWELTAGENTUR, 2016]

Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich in der „Entscheidung über die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion
ihrer Treibhausgasemissionen mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft zur Reduktion der Treib-
hausgasemissionen bis 2020“ [ENTSCHEIDUNG NR. 406/2009/EG, 2009] auf verbindliche Ziele zur Reduktion der Emission
klimawirksamer Gase geeinigt. Diese Einigung betrifft Sektoren außerhalb des Emissionshandels wie beispielsweise
Landwirtschaft, Abfall oder Transport. In Abbildung 3 sind die nationalen Ziele und die Emissionen im Jahr 2012 darge-
stellt

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der nachhaltige Energieträger der Landwirtschaft

Abbildung 3: Emissionen klimawirksamer Gase in Sektoren außerhalb des Emissionshandels (ETS: Emissions Tra-
ding System) [EUROSTAT, 2016]

Die flächendeckende Nutzung von Biogas-Kleinanlagen in der Landwirtschaft könnten zu einer nachhaltigen Energie-
erzeugung und Emissionsminderung beitragen, indem sie:

      die Energieerzeugung aus erneuerbaren Ressourcen und Reststoffen erhöhen
      die Emissionen klimawirksamer Gase durch den Ersatz fossiler Energierohstoffe reduzieren
      die Methanemissionen aus der Lagerung von Wirtschaftsdüngern reduzieren.

2. Biogas-Kleinanlagen in der Praxis
2.1 Hintergründe zur Biogasproduktion

Wenn organische Masse (Biomasse) in Abwesenheit von Sauerstoff (anaerob) durch mikrobiologische Prozesse abge-
baut wird, bilden sich verschiedene Gase. Das durch die anaerobe Vergärung erzeugte Gasgemisch wird als Biogas be-
zeichnet. Biogas besteht im Wesentlichen aus Methan und Kohlendioxid.

Methan produzierende Bakterien sind an einer Vielzahl von natürlichen Prozessen beteiligt. Sie finden sich zum Beispiel
auch in der Verdauung von Wiederkäuern wieder. Diese Bakterien sind demnach auch in der Gülle enthalten und finden
in der Biogasanlage perfekte Bedingungen vor, um sich zu vermehren und aus Biomasse Biogas zu produzieren.

Die anaerobe Vergärung ist für landwirtschaftliche Betriebe gut geeignet, da dort anfallende Substrate wie organische
Reststoffe (z.B. Gülle, Festmist, Futterreste), Nebenprodukte (z.B. Obsttrester, Rapskuchen), Energiepflanzen (z.B.
Mais, Getreide) und organische Abfälle effizient zur Biogasproduktion genutzt werden können. Holzige Biomassen sind
jedoch nicht für die anaerobe Vergärung geeignet.

Ein Nebenprodukt der Vergärung ist das Gärprodukt, auch Gärrest genannt. Dieser ist reich an Makro- und Mikronähr-
stoffen und daher gut zur Pflanzendüngung geeignet. Durch den Einsatz von Gärrest zur Pflanzendüngung kann Mine-
raldünger eingespart werden, dessen Produktion einen hohen Einsatz von Energie und endlichen Rohstoffen erfordert.

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Gülle,

Weitere Informationen zur Produktion und -nutzung von Biogas finden sich im Projekt-Handbuch „Realisierung einer
Biogas-Kleinanlage" des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL) unter www.bio-
energyfarm.eu/de/herunterladen/.

2.2 Wie funktionieren Biogas-Kleinanlagen?

In einem landwirtschaftlichen Tierhaltungsbetrieb fallen kostengünstig Wirtschaftsdünger (wie Gülle und Mist), Futter-
reste und Reststoffe an. Wirtschaftsdünger, vor allem Gülle, besitzen wegen ihres hohen Wassergehaltes sowie der eher
geringen spezifischen Gasausbeute jedoch nur eine geringe Energiedichte. Dies macht sie wenig transportwürdig und
für weit entfernte Biogasanlagen wirtschaftlich unattraktiv. Um das Potential dennoch zu nutzen, werden kostengüns-
tige und einfach zu betreibende Anlagen im kleinen Leistungsbereich angeboten.

Die Verwertungskette für Wirtschaftsdünger beginnt im Stall. Der Wirtschaftsdünger wird gesammelt und in einer Vor-
grube zwischengelagert oder in den Fermenter eingebracht. Während des Gärprozesses entsteht Biogas. Nach Ablauf
der Verweilzeit wird das Substrat in ein Gärrestlager gepumpt und schließlich als Dünger auf landwirtschaftlichen Flä-
chen ausgebracht.

Das produzierte Biogas ist vielseitig nutzbar (siehe Abbildung 5). Meistens wird es in einem Blockheizkraftwerk (BHKW)
verbrannt und der erzeugte Strom ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Der Eigenstrombedarf der Biogasanlage kann
dabei entweder aus dem Stromnetz oder direkt vom BHKW gedeckt werden. Neben Strom wird beim BHKW-Betrieb
auch Wärme produziert (Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)). Ein Teil der erzeugten BHKW-Abwärme wird zur Beheizung
der Fermenter verwendet. Der überwiegende Teil der erzeugten Wärme steht jedoch für eine anderweitige Nutzung zur
Verfügung.

Abbildung 4: Vereinfachte Schemazeichnung einer Gülle-Kleinanlage [FNR 2015]

 12 |
der nachhaltige Energieträger der Landwirtschaft

Biogas kann auch in Heizkesseln zur Niedertemperaturerzeugung für Heizungs- und Trocknungsanlagen oder für die
Dampferzeugung genutzt werden. Voraussetzung ist, dass die Biogasqualität den Anforderungen des Heizkessels ge-
nügt. Alternativ kann das Biogas durch Abtrennung des CO2 zu Biomethan aufbereitet und so als Erdgasersatz genutzt
werden. Eine für kleine Biogasanlagen finanzierbare Technik zur Biogasaufbereitung und Biomethaneinspeisung in das
erdgasnetz ist allerdings in Deutschlang bisher nicht verfügbar. Eine finanzierbare Option für kleine Biogasanlagen
könnte hingegen die lokale Kraftstoffbereitstellung sein.

Abbildung 5: Biogas – ein Funktionsschema [NAPE 2015]

Bioenergie-Projekte erfordern einen nicht unerheblichen Investitionsaufwand und strukturelle Maßnahmen auf dem
landwirtschaftlichen Betrieb. Aus diesem Grund ist es wichtig, ein Projekt dieser Art sehr gut zu planen und frühzeitig,
noch vor der Prüfung der technischen Machbarkeit, die ökonomische Machbarkeit zu prüfen.

Besonders in der Anfangsphase eines Projekts spielt der Landwirt eine wichtige Rolle. In die Ausarbeitung der Projekt-
skizze und für die folgende Machbarkeitsbewertung müssen die Informationen, Ideen, Wünsche und Erwartungen des
zukünftigen Anlagenbetreibers einfließen. Dadurch wird sichergestellt, dass das Biogasprojekt an die Rahmenbedin-
gungen vor Ort angepasst ist. Nur so ist ein solides und nachhaltiges Projekt realisierbar.

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Gülle,

2.3 Motivation für den Betrieb von Biogas-Kleinanlagen

Für den Gesetzgeber ergibt sich die Motivation für die Förderung von Biogas-Kleinanlagen aus der Vermeidung von
Klimagasemissionen aus Gülle und der energetischen Nutzung von landwirtschaftlichen Reststoffen (Bioenergiege-
winnung ohne Nutzungskonkurrenzen (Tank-Teller-Trog, Natur- und Landschaftsschutz)), die weitere Reduzierung
der anthropogenen Emissionen durch einen höheren Anteil an regenerativer Energie an der Energiebereitstellung so-
wie durch die Substituierung von Kunstdünger (Ressourcen- und Energie-Einsparung).

Für die Landwirte ergeben sich unter anderem folgende Vorteile durch den Bau einer Biogas-Kleinanlage: Zusätzliche
Einkommensquelle (die ggf. auch Einkommensschwankungen in anderen Betriebszeiten stabilisieren kann), Reduktion
der Geruchsemissionen, Verbesserung der Güllequalität (als Düngemittel) und Bereitstellung von regenerativem
Strom und Wärme für den Strommarkt bzw. den landwirtschaftlichen Betrieb.

2.4 Beispiele aus der Praxis

Im folgenden Abschnitt sind einige Biogas-Kleinanlagen mit ihren wichtigsten Kennzahlen beschrieben. Zu den mit ei-
nem Sternchen markierten Anlagen finden sie Steckbriefe zum Download auf der Projekt-Homepage (www.bioener-
gyfarm.eu/de/herunterladen/).

2.4.1 Anlagenbeispiel aus Belgien

                                                                        Substrate:
                                                                        2 900 t/Jahr Rindergülle
                                                                        Produzierte Biogasmenge:
                                                                        69 600 m3/Jahr
                                                                        Biogas Nutzung:
                                                                        BHKW
                                                                        Inst. el. Leistung:
                                                                        19,4 kW
                                                                        Energieproduktion:
                                                                        Strom: 155 200 kWh/a
                                                                        Wärme: 335 000 kWh/a
                                                                        Wärmenutzung:
                                                                        Deckung des Eigenbedarfs für die
                                                                        Anlage und das Wohnhaus

Abbildung 6: Biogas-Kleinanlage auf Wirtschaftsdüngerbasis in Oelegem, Belgien (Foto: Fa. Bioelectric)*

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der nachhaltige Energieträger der Landwirtschaft

2.4.2 Anlagenbeispiel aus Dänemark

                                                                      Substrate:
                                                                      2 100 t Schweinegülle/Jahr
                                                                      Produzierte Biogasmenge:
                                                                      120 000 m3/Jahr
                                                                      Biogas Nutzung:
                                                                      BHKW, Biogasbrenner
                                                                      Inst. el. Leistung: 30 kW
                                                                      Energieproduktion:
                                                                      Strom: 150 000 kWh/a
                                                                      Wärme: 360 000 kWh/a
                                                                                + 130 000 kWh/a (Brenner)
                                                                      Wärmenutzung:
                                                                      Wärmeversorgung der Ställe und
                                                                      des Wohnhauses

Abbildung 7: Wirtschaftsdüngerbasierte Biogas-Kleinanlage mit einfacher Separierung in Aarhus, Dänemark
(Foto: Fa. Gosmer Biogas)*

2.4.3 Anlagenbeispiele aus Deutschland

                                                                       Substrate:
                                                                       2 200 t Rindergülle/Jahr
                                                                       Produzierte Biogasmenge:
                                                                       80 000 m3/Jahr
                                                                       Biogas Nutzung: BHKW
                                                                       Inst. el. Leistung: 7-12 kW
                                                                       Energieproduktion:
                                                                       Strom: 90 000 kWh/a
                                                                       Wärme: 180 000 kWh/a
                                                                       Wärmenutzung:
                                                                       Deckung des Eigenbedarfs für die An-
                                                                       lage und das Wohnhaus

Abbildung 8: Biogas-Kleinanlage in Containerbauweise in Birkenhof (Foto: Fa. DynaHeat-HPE)*

                                                                                                            | 15
Gülle,

                                                                          Substrate:
                                                                          6 800 t Rindergülle /Jahr
                                                                          780 t Rinderfestmist/Jahr
                                                                          Produzierte Biogasmenge:
                                                                          321 000 m3/Jahr
                                                                          Biogas Nutzung: BHKW
                                                                          Inst. el. Leistung: 75 kW
                                                                          Energieproduktion:
                                                                          Strom: 630 000 kWh/a
                                                                          Wärme: 749 400 kWh/a
                                                                          Wärmenutzung: Deckung des Eigenbe-
                                                                          darfs der Anlage, Wohnhaus und Milch-
                                                                          gewinnung

Abbildung 9: Biogas-Kleinanlage in Balve (Foto: Fa. NQ Anlagentechnik)*

2.4.4 Anlagenbeispiel aus Frankreich

                                                                        Substrate:
                                                                        4 000 t Schweinegülle/Jahr
                                                                        + 50 t Reststoffe/Jahr
                                                                        + 100 t Grassilage/Jahr
                                                                        Produzierte Biogasmenge:
                                                                        100 000 m3/Jahr
                                                                        Biogas Nutzung: Biogasbrenner
                                                                        Inst.therm. Leistung: 110 kW
                                                                        Wärmenutzung: Deckung des Eigenbe-
                                                                        darfs der Anlage, Wärmebedarf im Stall

Abbildung 10: Biogas-Kleinanlage in Saint Lambert la Potherie, Frankreich (Foto: Fa. Evalor)*

 16 |
der nachhaltige Energieträger der Landwirtschaft

2.4.5 Anlagenbeispiel aus den Niederlanden

                                                                          Substrate:
                                                                          6 000 – 8 000 t Rinder- und Schweine-
                                                                          gülle/Jahr
                                                                          Produzierte Biogasmenge:
                                                                          200 000 – 260 000 m3/Jahr
                                                                          Biogas Nutzung: BHKW
                                                                          Inst. el. Leistung: 65 kW
                                                                          Thermische Leistung: 95 kW
                                                                          Energieproduktion:
                                                                          Strom: 550 000 kWh/a
                                                                          Wärmenutzung: Deckung des Eigenbedarfs
                                                                          für die Anlage und Milchverarbeitung

Abbildung 11: Biogas-Kleinanlage in Well, Niederlande (Foto: Fa. HoSt Bio-Energy Installations)

3. Marktpotenzial von Biogas-Kleinanlagen
In südlichen Teilen von Deutschland gibt es eine gewisse Tradition für Biogas-Kleinanlagen. Davon abgesehen, ist der
Markt für Biogas-Kleinanlagen in Europa derzeit eher klein. Eine Analyse der Marktsituation (siehe HJORT-GREGER-
SEN, K. et al.: Marktübersicht von Biogas-Kleinanlagen in Europa, Veröffentlichung des EU-Projekts BioEnergy Farm 2,
2015) zeigt dennoch innovative Anlagenkonzepte und dass bereits einige europäische Unternehmen an kostengünsti-
gen und einfachen Systemen für den Hof-basierten Einsatz arbeiten. Diese zielen auf ein neues Marktsegment ab: den
landwirtschaftlichen Familienbetrieb.

Die Unternehmen scheinen von den Erfahrungen aus der Entwicklung der konventionellen Biogastechnologie der letz-
ten 15 Jahre zu profitieren und entwickeln kleinere und vereinfachte Ausführungen der Standard-Biogasanlagentypen.
Dies ist ein vielversprechendes Vorgehen was die Vermeidung von technischen Problemen und niedrigen Wirtschafts-
leistungen angeht.

Im Rahmen der Daten- und Informationserhebung wurden Branchenakteure in den einzelnen Ländern um ihre Einschät-
zung des Marktpotenzials für Biogas-Kleinanlagen sowie um eine Bewertung der gegenwärtigen Rahmenbedingungen
und deren Einfluss auf die künftige Entwicklung dieser Biogastechnik in ihren Ländern gebeten. Darüber hinaus wurden
die Akteure um Empfehlungen zu möglichen Initiativen gebeten, welche die Marktentwicklung für Kleinanlagen in den
einzelnen Ländern verbessern bzw. ermöglichen könnte.

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Gülle,

3.1 Anzahl der potenziellen Höfe für den Betrieb einer Biogas-Kleinanlage

In Deutschland gab es, laut Situationsbericht 2014/15 des Deutschen Bauernverbands e.V. [DBV 2014], 2013 rund
285.000 landwirtschaftliche Betriebe, von denen rund 70 % Tiere halten (ca. 199.200 Betriebe). Von den 199.200 Betrie-
ben sind ca. 78.000 Milchviehbetriebe.

In deren Ställen oder Weiden standen 2013 in Deutschland etwa 12,4 Mio. Rinder, 28,7 Mio. Schweine, 177,3 Mio. Stück
Geflügel, 461.000 Pferde und Esel, 1,9 Mio. Schafe sowie 130.000 Ziegen [DBV 2014]. Laut Situationsbericht werden
72 % der Rinder in Betrieben mit einem Tierbestand von mehr als 100 und 74 % der Schweine in Betrieben mit einem
Bestand von mehr als 1.000 Tieren gehalten. Das entspricht in etwa 145.000 verhaltende Betriebe in Deutschland, die
rechnerisch ein Potenzial für eine Kleinst-oder Kleinbiogasanlage aufweisen.

Branchenakteure in Europa (in Deutschland: Fachverband Biogas e.V., Deutsche Biomasseforschungszentrum gGmbH)
wurden im Rahmen des Projekts befragt, wie viele landwirtschaftliche Betriebe es in dem jeweiligen Land gibt, die ent-
sprechend ihres Viehbestandes eine Biogas-Kleinanlage (gemäß der jeweiligen nationalen Definition (siehe 1.2)) betrei-
ben könnten. Die Angaben für die einzelnen Länder sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

Tabelle 2: Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe, die eine Biogas-Kleinanlage (gem. nationaler Definition) be-
treiben könnten (Schätzung Branchenakteure)

                      ANZAHL LANDWIRTSCHAFTLICHER BETRIEBE, DIE AUFGRUND IHRER BETRIEBSGRÖßE
        LAND          (IHRES VIEHBESTANDES) EINE ENTSPRECHENDE BIOGAS-KLEINANLAGE BETREIBEN
                      KÖNNTEN
  Niederlande         15.000
  Deutschland         grob geschätzt 75.000
  Österreich          grob geschätzt 10.400
  Frankreich          ca. 8.000
  Polen               7.600
  Belgien             ca. 1.000
  Italien             15.000-20.000 (Bereich < 100 kWel), 1.000-1.500 (Bereich 200-300 kWel)
  Dänemark            1.500

Weitere Anmerkungen der Branchenakteure können in der „Markübersicht von Biogas-Kleinanlagen in Europa“ einge-
sehen werden (siehe www.bioenergyfarm.eu/de/herunterladen/).

3.2 Anlagenpotenzial von Biogas-Kleinanlagen in Deutschland

Der Trend in der Viehwirtschaft geht tendenziell zur Vergrößerung der Bestände, wodurch sich auch das technisch nutz-
bare Wirtschaftsdüngerpotenzial für Biogas-Kleinanlagen verbessert. Das theoretische Potenzial, welches aufgrund
kleiner Betriebsstrukturen technisch nur schwer nutzbar ist (Differenz zwischen grünen und gelben Balken in der folgen-
den Abbildung), wird durch die fortschreitende Konzentration des Viehs in Wachstumsbetrieben nutzbar [FNR 2015].

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der nachhaltige Energieträger der Landwirtschaft

Abbildung 12: Schätzung des bisher ungenutzten technischen Potenzials von Wirtschaftsdünger in Deutschland
[FNR 2015]

Nach einer Schätzung des IBBK im Rahmen des BioEnergy Farm-Projekts, basierend auf dem ungenutzten, technischen
Potenzial für die jeweiligen Wirtschaftsdünger [FNR 2015], könnten in Deutschland ca.

      14.000 Kleinstbiogasanlagen mit 30 kWel Leistung oder
      9.500 Kleinanlagen mit 75 kWel Leistung

betrieben werden [IBBK 2016].

Neben den vielen Vorteilen von Biogas-Kleinanlagen gibt es aber auch Hemmnisse, die der Verbreitung im Wege stehen.
Hierzu zählen:

      aufwändige und teure Genehmigungsverfahren (in Relation zur Anlagengröße bzw. Biogasproduktionsrate)
      Schwierigkeiten bei der Finanzierung der Anlagen durch
       -   fehlende Verlässlichkeit bei den Rahmenbedingungen (Einspeisetarife, technische Anforderungen, etc.)
       -   hohen Investitionsbedarf
      fehlendes Bewusstsein vieler politischer Akteure hinsichtlich der Potenziale und des Nutzens von Biogas-Klein-
      anlagen
      Akzeptanz in der Bevölkerung.

Biogas-Kleinanlagen sind in der Regel auf landwirtschaftlichen Betrieben angesiedelt, unter Umständen mit nur gerin-
gem Abstand zur Wohnbebauung. Die Nachbarschaft sollte deshalb bereits in der Planungsphase einbezogen werden
um Konflikte zu vermeiden. Die Geräusch- und Geruchsbelästigung sollte so gering wie möglich gehalten werden. Eine
gut betriebene Anlage wird nur wenig negative Auswirkungen auf die Umgebung haben.

Ein Großteil der deutschen Bevölkerung steht nach Umfragen dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien positiv
gegenüber. Doch besonders die Biogastechnologie wird, trotz ihrer vielen Vorzüge, in den Medien negativ dargestellt.
Und nahezu jeder zukünftige Anlagenbetreiber muss sich beim Bau einer Anlage mit Bürgerinitiativen o.ä. auseinander
setzten. Hier müssen zunächst viele Vorurteile abgebaut werden. Oft ist der Einsatz von Mais in der Biogasanlage ein
Konfliktpunkt. Die Gegner behaupten z.B., dass der Maisanbau einen negativen Einfluss auf das Landschaftsbild, die

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Gülle,

Biodiversität und die Bodenfruchtbarkeit habe. Zudem werden Überdüngung und übermäßiger Einsatz von Pestiziden
und Herbiziden als negative Punkte angeführt. Auch der Verkehr, der durch die Ernte und das Einsilieren entsteht sei ein
Problem - in einem kurzen Zeitraum würden zu viele Fahrzeuge fahren, die zu hohen Lärm und Luftschadstoffen führen.
Neben diesen Problemen wird Biogas zudem oft als zu teuer angesehen.

Für die Entwicklung von Biogas-Kleinanlagen ist die Überwindung der oben genannten Barrieren bzw. Verbesserung der
Akzeptanz durch Aufklärung entscheidend. Insbesondere die Informationen aller wichtigen Akteure und die Gewähr-
leistung stabiler Rahmenbedingungen sind für dieses Ziel wichtig [DG INTERNAL POLICIES, 2010].

4. Vorteile von Biogas-Kleinanlagen
4.1 Vorteile für Landwirte

Biogas-Kleinanlagen sind mit einem vergleichsweise kleinen Aufwand an Arbeitszeit zu betreiben. Der Aufwand kann in
der Regel durch den Betreiber abgedeckt werden. So kann ein zusätzlicher Betriebszweig auf dem Hof etabliert werden,
der unabhängiger ist von der Preisentwicklung landwirtschaftlicher Produkte und somit zur Zukunftssicherung beiträgt.
Ebenso wird die Liquidität des Betriebs erhöht.

Viele landwirtschaftliche Aktivitäten sind mit dem Einsatz von Energie verbunden. Durch den Betrieb einer Biogas-Klein-
anlage können Kostenvorteile durch vermiedene Energieeinkäufe entstehen. Zusätzlich kann überschüssige Energie
verkauft werden. Inwieweit dies sinnvoll realisiert werden kann, hängt in hohem Maße von den nationalen Bedingungen
in Bezug auf die Förderung und Genehmigung von Biogas-Kleinanlagen ab.

Die entstehende Abwärme aus dem BHKW kann zum Heizen von Gebäuden oder Stallungen genutzt, oder über ein
Nahwärmenetz verkauft werden. So spart der Landwirt langfristig Energiekosten oder erzielt zusätzliche Gewinne.

Kleinere Betriebe könnten gemeinsam mit benachbarten Betrieben eine Biogas-Kleinanlage realisieren. Dadurch wird
zudem der Zusammenhalt zwischen den Beteiligten gestärkt.

Ein weiterer Vorteil für die Landwirte ergibt sich aus der Nutzung des Gärrestes als Dünger. Gegenüber unvergorenen
Wirtschaftsdüngern hat das Düngen mit Gärresten folgende Vorteile:

        die Nährstoffverfügbarkeit für die Pflanzen ist erhöht
        Krankheitskeime sind abgetötet
        die Geruchsemissionen sind verringert
        die Keimzahl ist reduziert
        die Verätzungsgefahr ist verringert
        Unkrautsamen sind abgetötet, z.B. Ampfer
        die Fließfähigkeit ist verbessert
        Fliegenplagen werden durch Nahrungsentzug gemindert.

Durch die verbesserte Nährstoffverfügbarkeit kann die Pflanze die Nähstoffe schneller aufnehmen. Die N-Freisetzung
in % des Gesamt-N ist im Falle von vergorener Schweine- oder Rindergülle höher [SORENSEN ET AL, 2008]. In unbehan-
delter Gülle beträgt der Ammonium-N Anteil 50% in Rindergülle und etwa 70% in Schweinegülle.
In einem Gärrest bestehend aus 50% Schweinegülle, 25% Rindergülle und 25% Bioabfall beträgt der Anteil ca. 80%
Ammonium-N [BIRKMOSE ET AL, 2009]. Durch das verbesserte Wirtschaftsdüngermanagement verbunden mit dem Ein-

 20 |
der nachhaltige Energieträger der Landwirtschaft

satz von Gärresten, anstelle von unvergorenen Wirtschaftsdüngern lässt sich Mineraldünger einsparen, ohne die Er-
träge zu beeinträchtigen. Nachdem die Produktion von Mineraldüngern sehr energieintensiv ist, ist mit dem Ersatz
von Mineraldüngern auch eine Energieeinsparung verbunden.

Zudem wird durch den geringeren Anteil an flüchtigen organischen Säuren im Gärrest eine Reduktion der Geruchsbe-
lastung erreicht. Bei Umfragen im Rahmen des Projekts BioEnergy Farm I waren Geruchsprobleme mit unbehandelten
Wirtschaftsdüngern eines der am Häufigsten genannten Probleme von Landwirten. Zahlreiche Studien bestätigen, dass
die Geruchsbelastung bei der Ausbringung von Gärresten im Vergleich zu unvergorenen Wirtschaftsdüngern deutlich
verringert ist.

4.2 Vorteile für die Gesellschaft

Eine nachhaltige Energieversorgung deckt die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generationen, ohne zukünftige Genera-
tionen zu beeinträchtigen. Biogas-Kleinanlagen leisten einen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung indem sie fos-
sile Energierohstoffe ersetzen und außerdem deutlich die Emissionen klimawirksamer Gase (siehe hierzu Kapitel 5) ver-
mindern. Im Vergleich zu anderen Techniken wie Windenergie- oder Fotovoltaikanlagen sind Biogasanlagen wetterun-
abhängig, was die Energieerzeugung stabil und planbar macht.

Die dezentrale Energiebereitstellung durch Biogas ist für die Stärkung des ländlichen Raumes bedeutsam. Dies führt
nicht nur zu besseren Einkommenssituationen bei Landwirten, sondern zieht auch Folgeinvestitionen nach sich, die zu
Wertschöpfungen vor Ort führen [FNR 2012]. Auf nationaler Ebene betrachtet, verringert die Nutzung von Wirtschafts-
düngern und Reststoffen zur Energiebereitstellung die Abhängigkeit von Energieimporten und vermindert die damit
verbundenen Risiken hinsichtlich der Versorgungssicherheit und der wechselkursbedingten Kosten.

Weiterhin sorgt der gesamte Bereich der Erneuerbaren Energien auch für neue Arbeitsplätze. Von 2007 bis 2012 stieg
die Zahl der Beschäftigten von 277.300 auf 399.800 im Bundesgebiet. Allerdings musste im Jahr 2013 ein Rückgang auf
371.400 verzeichnet werden. Im Bereich der Biomasse waren im Jahr 2012 ca. 127.500 Personen beschäftigt und im Jahr
2013 ca. 126.400 [LEHR ET AL, 2015].

5.Emissionen und Emissionsminderungspotential
Die mögliche Einsparung von Treibhausgasemissionen im Vergleich zur Energieerzeugung aus fossilen Ressourcen ist
ein wichtiger Faktor für die Beurteilung der Umweltwirkung der Biogaserzeugung. Weitere Effekte, wie z.B. der Beitrag
zu Versauerung und Eutrophierung oder auch die Wirkung auf die Biodiversität, sind für eine umfassende Betrachtung
auch zu berücksichtigen, werden hier jedoch nicht dargestellt.

Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) sind die wichtigsten klimarelevanten Gase. Als Vergleichs-
maßstab wird der Begriff der CO2-Äquivalente verwendet, der die Wirkung eines Gases im Vergleich zu CO2 beschreibt.
Die Klimawirkung von Methan beträgt das 28-fache, diejenige von Lachgas das 296-fache von CO2 [IPCC, 2006].

In Abbildung 13 ist zu erkennen, dass die Landwirtschaft der Sektor mit der größten Emissionen für Methan und Lachgas
ist. Beide spielen in der Landwirtschaft eine größere Rolle als die Emissionen von CO2. Lachgasemissionen gehen vor
allem auf die Stickstoffdüngung zurück. Diese verursacht zum einen direkte N2O-Emissionen aus den gedüngten Flä-
chen. Zum anderen kommt es zu Stickstoffverlusten in Form von Ammoniak (NH3) über die Atmosphäre oder Nitrat

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Gülle,

(NO32-) durch Oberflächenabfluss bzw. Auswaschung und damit zur Verfrachtung in andere Naturräume. Diese Einträge
verursachen ihrerseits sog. indirekte Lachgasemissionen.

Die Hauptquelle der Methanemissionen sind die Emissionen aus der Verdauung von Wiederkäuern, also insbesondere
aus der Rinderhaltung. Aber auch bei der Lagerung von unbehandelten Wirtschaftsdüngern entsteht Methan (Anhang
II, Tabelle 8). Durch die Vergärung von Wirtschaftsdüngern und anschließende Nutzung in einer Biogasanlage können
diese CH4-Emissionen vermieden werden.

Abbildung 13: Emissionen von CO2, CH4 und N2O nach Sektoren, in EU-28, im Jahr 2012 [EUROSTAT 2012/1]

Der Anteil der Landwirtschaft an den globalen Gesamtemissionen beträgt rund 10%. Davon entfallen 1,63 % auf das
Wirtschaftsdüngermanagement (Abbildung 14).

Abbildung 14: Beitrag der Landwirtschaft zu den Emissionen klimarelevanter Gase 2010, in EU 27, ohne Energie-
einsatz, LULUCF1 CO2-Äq. [EUROSTAT 2012/2]

1
    LULUCF steht für „Land use, Land Use Change and Forestry“

    22 |
der nachhaltige Energieträger der Landwirtschaft

5.1 Emissionsminderungspotenzial

Die Vergärung von Gülle stellt einen Ansatzpunkt dar, Methanemissionen aus dem Wirtschaftsdüngermanagement zu
minimieren. Zur Bewertung der Klimawirksamkeit der landwirtschaftlichen Biogaserzeugung muss allerdings die ge-
samte Prozesskette von der Substratbereitstellung über Anlagenerrichtung und -betrieb (einschl. der Konversion zu
Strom und Wärme im BHKW) bis hin zur Gärrestausbringung berücksichtigt werden. Den Emissionen stehen Einsparun-
gen z. B. aus dem Ersatz von Wärme gegenüber.

Die wichtigsten Emissionsquellen der Biogaserzeugung und -konversion zu Strom sind in Tabelle 8 in Anhang 2 darge-
stellt. Auf Basis der ebenfalls in Annex II aufgeführten Kennwerte wurden für drei landwirtschaftliche Kleinbiogasanla-
gen mit überwiegendem bzw. ausschließlichem Gülleeinsatz die Emissionen berechnet, die bei der Produktion von Bio-
gasstrom auftreten (Abbildung 15). Um die Emissionen einer reinen Gülleanlage der Situation bei NawaRo-Einsatz ge-
genüberstellen zu können, wurden auch Anlagen mit geringen Anteilen an Maissilage im Substratinput betrachtet.

Die Gesamtemissionen summieren sich auf 0,24 (100 % Rindergülle) bis 0,27 kg CO2-Äq. (80 % Rindergülle, 20 % Maissi-
lage). Auffällig ist der Beitrag selbst geringer Mengen an Energiepflanzen zu den Gesamtemissionen: Bereits bei 5 %
Frischmasseninput sind fast 20 % der Emissionen auf den Anbau von Maissilage zurückzuführen. Demgegenüber steigen
mit zunehmendem Gülleeinsatz die Emissionen aus dem Transport, da bei der gleichen Menge an produziertem Strom
weitaus größere Gärrestvolumina für Transport und Ausbringung anfallen. Weitere wichtige Treibhausgasquellen sind
der Prozessenergiebedarf (s. Betriebsmittel) sowie die diffusen Emissionen aus dem Anlagenbetrieb. Die Emissionen
aus BHKW-Schlupf und Leckagen lassen sich jedoch nicht vollständig vermeiden. Zugleich zeigt sich, dass bereits bei
geringen Methanverlusten (hier 1,5 % der produzierten Menge; vgl. Annex 2, Tabelle 8) ein signifikanter Anteil der Ge-
samtemissionen auf diese Quellen zurückzuführen ist; Übermäßige Methanverluste, z.B. durch größere Leckagen, sind
daher unbedingt zu unterbinden bzw. schnellstmöglich zu beheben. Restgasemissionen aus den Gärrestlagern sind in
den Berechnungen nicht enthalten. Für reine Gülleanlagen sind diese vernachlässigbar. Für die Anlagen mit NawaRo-
Einsatz wurde von gasdicht ausgeführten Behältern ausgegangen.

Abbildung 15 : Treibhausgasemissionen bei der Biogasproduktion und -konversion auf landwirtschaftlichen Klein-
biogasanlagen mit überwiegendem bzw. ausschließlichem Gülleeinsatz (Wirtschaftsdünger: Rindergülle)
[KTBL 2016]

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Gülle,

Ein entscheidender Vorteil der Vergärung von Gülle in Biogasanlagen liegt, wie bereits erwähnt, in der Vermeidung von
Methanemissionen aus der Lagerung. Diese betragen für Rindergülle 10 und für Schweinegülle sogar 17 % des mögli-
chen Methanertrags [IPCC 2006]. Daher kann dem erzeugten Strom die in CO2-Äquivalente umgerechnete Menge an
Treibhausgasemissionen gutgeschrieben werden. Aufgrund der hohen Klimawirksamkeit von Methan (1 kg CH4 = 28 kg
CO2-äq) wirkt sich dies deutlich auf die Treibhausgasbilanz von Biogasstrom aus (Abbildung 16).

Den Emissionen der Erzeugung von Biogasstrom stehen außerdem Einsparungen aus dem Ersatz von Strom und Wärme
aus konventionellen Quellen gegenüber. Eine für alle im Projekt beteiligten Länder gültige Gegenüberstellung ist jedoch
nicht möglich, da je nach Land unterschiedliche fossile Ressourcen für die Herstellung von Strom und Wärme verwendet
werden. Vor allem der sog. Strommix basiert normalerweise auf mehreren Brennstoffen. Zudem stammen je nach Land
zusätzlich zu den fossilen Ressourcen Öl, Gas und Kohle unterschiedlich hohe Anteile aus Kernenergie bzw. erneuerba-
ren Quellen. Im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen ist Strom aus den beiden letztgenannten jedoch nur mit geringen
Treibhausgasemissionen verbunden. So ergeben sich jeweils länderspezifische Referenzen (Tabelle 3), denen die weit-
gehend länderunabhängigen Emissionen aus der Produktion von Biogasstrom aus Abbildung 15 gegenüberzustellen
sind.

Tabelle 3: Länderspezifische Referenzen für Strom und fossile Wärme

                                             DÄNE-       FRANK-     DEUTSCH                    NIEDER-
 REFERENZ                      BELGIEN                                            ITALIEN                   POLEN
                                             MARK         REICH      -LAND                     LANDE
STROMMIX
Emissionsfaktor nationaler
                                 0,29         0,36         0,06         0,57        0,43         0,46         0,81
Strommix (kg CO2eq/kWhel)
FOSSILE WÄRME
                                                                                                Erdgas
Brennstoff                      Strom        Heizöl       Erdgas       Heizöl       LPG                      Kohle
                                                                                                (89%)
Unterer Heizwert
                                   -          39,8         57,5         39,8        46,1         31,6         20,7
(MJ/kg oder MJ/m3)
Emissionsfaktor Wärme-
                                 0,285        0,074       0,0589       0,078       0,0736       0,0568       0,0927
nutzung (kg CO2/MJ)

Für eine Anrechnung der durch Kraft-Wärme-Kopplung ersetzten Menge an fossilem Brennstoff auf den Biogasstrom
muss zunächst die Menge der tatsächlich nutzbaren BHWK-Abwärme ermittelt werden. Diese liegt bei Gülleanlagen
niedriger als bei Anlagen mit NawaRo-Anteil, da der Eigenwärmebedarf des Biogasprozesses aufgrund des größeren
Volumens höher ist. Dies hängt nicht zuletzt von der Umgebungstemperatur im Winter ab. Daher werden z.B. in
Deutschland im Jahresmittel lediglich 30 % der BHKW-Abwärme für externe Nutzung als verfügbar angenommen. Im
Einzelfall sind durch abgestimmte Wärmekonzepte gegebenenfalls auch höhere Nutzungsgrade realisierbar.

Beispielhaft für Deutschland wurde auf Basis einer durchschnittlichen Wärmeauskopplung von 30 % und Heizöl als nati-
onale Referenz die Treibhausgasbilanz für den Biogasstrom der drei betrachteten Kleinanlagen berechnet (Abbildung
16). Dabei wurden neben den Einsparungen aus der Wärmenutzung auch die vermiedenen Methanemissionen durch
Güllevergärung berücksichtigt. Die sich daraus ergebende Bilanz (‚CO2eq-Emission Biogasstrom‘) liegt in allen drei Fäl-
len deutlich unter den Emissionen des deutschen Strommix (gestrichelte Linie). Die reine Gülleanlage (‚100%‘) sowie die
Anlage mit nur 5% NawaRo-Anteil (‚95%‘) sind sogar klimaneutral, d.h. die Bilanz je Kilowattstunde Strom ist negativ.
Aufgrund der hohen Gutschriften für die Wirtschaftsdüngernutzung wäre dies sogar ohne Wärmenutzung der Fall.
Selbst die Anlage mit 20 % Maissilage könnte unter diesen Voraussetzungen noch klimafreundlicheren Strom erzeugen
als durch den deutschen Strommix. Unter Einbeziehung der Wärmegutschrift gelingt es auch bei dieser Anlage fast,
klimaneutralen Strom, d.h. ohne Netto-Emissionen an Treibhausgasen zu erzeugen.

 24 |
der nachhaltige Energieträger der Landwirtschaft

Abbildung 16: Treibhausgasbilanz von Biogasstrom aus landwirtschaftlichen Kleinbiogasanlagen mit überwie-
gendem bzw. ausschließlichem Gülleeinsatz (Wirtschaftsdünger: Rindergülle) [KTBL 2016]

Legt man andere nationale Referenzen zugrunde, verändern sich die Aussagen entsprechend. So würden sich für Frank-
reich mit hohen Kernenergieanteilen im Strommix und klimafreundlicherem Erdgas als überwiegende Wärmequelle
durch die Anlage mit 20 % Maissilage keine Einsparungen durch die Nutzung von Biogas gegenüber konventionellen
Ressourcen erzielen lassen. In Belgien würden deutliche Treibhausgasminderungen vor allem aufgrund der vergleichs-
weise ineffizienten Nutzung von Strom zur Wärmeerzeugung erreicht. Über den Ersatz von Strom wären nur bei sehr
hohen Gülleanteilen Einsparungen möglich, da die Emissionen des belgischen Strommix im Bereich derer des Bio-
gasstroms liegen (nur Emissionen).

Insgesamt gesehen ergibt sich jedoch ein mehrheitlich positives Bild für überwiegend mit Gülle betriebene Anlagen. Vor
allem der ökologische Vorteil durch die Vermeidung von Methanemissionen gegenüber der Lagerung von unbehandel-
ter Gülle ist ein wichtiges Argument für die Erzeugung von Strom und Wärme auf den in diesem Projekt betrachteten
Kleinanlagen.

6. Fördermaßnahmen für Biogas-Kleinanlagen
Die Förderung von Biogas-Kleinanlagen kann sowohl bei den notwendigen Investitionen als auch beim laufenden Be-
trieb ansetzen. Die wichtigsten Maßnahmen sind:

Für die Investition:
       Investitionsförderprogramme,
       vereinfachte Anforderungen an die Anlagentechnik,
       vereinfachte Anforderungen an den Netzanschluss,

                                                                                                                | 25
Gülle,

        Übernahme der Netzanschlusskosten durch den Netzbetreiber.

Für den laufenden Betrieb:
      Einspeisetarife,
      Steuerliche Erleichterungen,
      Zertifikate (z.B. CO2-Handel).

Die Unterstützung einer bestimmten Art von erneuerbaren Energie über Fördermaßnahmen muss nicht zwingend mit
höheren Ausgaben für den Haushalt verbunden sein; dies ist vom gewählten Fördermechanismus abhängig. Von hoher
Bedeutung ist auch eine verbesserte öffentliche Wahrnehmung der Vorteile einer Biogasproduktion auf Basis von Wirt-
schaftsdüngern.

6.1 Förderung von Investitionen

Auch für hoch effiziente Technologien gilt, dass die Umsetzung durch komplizierte Genehmigungsprozesse behindert
werden kann. Daher wurden in vielen europäischen Ländern vereinfachte Vorgaben für die Anlagentechnik und den
Netzanschluss eingeführt.

Eines der größten Probleme ist das komplizierte und häufig kostenintensive Genehmigungsverfahren für Biogas-Klein-
anlagen, das potenzielle Investoren abschreckt. Abgesehen von den Vorgaben für das Genehmigungsverfahren spielen
auch die Vorgaben für den Netzanschluss eine große Rolle für die Umsetzung eines Biogas-Kleinanlagen Projekts. Wenn
z.B. die Netzbetreiber verpflichtet wären die Anschlusskosten zu übernehmen, könnte so eine soziale Lastenverteilung
für die Umsetzung der energiepolitischen Ziele bzw. hin zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft erreicht werden. Müs-
sen die Anlagenbetreiber diese Kosten tragen, kann dies ein Stolperstein für die Umsetzung einer Biogas-Kleinanlage
sein.

6.2 Förderungen im laufenden Betrieb

Der wirtschaftliche Betrieb einer Biogas-Kleinanlage hängt von den Markbedingungen ab. Eine stabile Marktsituation
für Biogas-Kleinanlagen ist wichtig und Änderungen bei den Erlösen für Strom können die Wirtschaftlichkeit schnell
gefährden.

Die Refinanzierung von Biogas-Kleinanlagen basiert in Deutschland überwiegend auf dem Verkauf von Strom über das
EEG und zu einem kleineren Teil auf den Verkauf von Wärme oder durch die Reduzierung von zugekaufter Energie durch
die Substituierung von eigens produzierter Energie. Daher haben neben den notwendigen Investitionen auch die Ener-
giepreise einen entscheidenden Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit.

Die Haushaltspreise für Strom sind, bedingt durch Kosten für die Energieverteilung und die Besteuerung, sehr viel höher
als die Großhandelspreise (Abbildung 17).

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