Solarspar-Magazin Februar 2021, Nr.

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Solarspar-Magazin Februar 2021, Nr.
Solarspar-
                    Magazin                              Februar 2021, Nr. 1

       Fokus:

       Wie bauen wir
       klimafreundlich?
Projekte Schweiz: Solarstrom für einen Weltkonzern 8
Ratgeber: Ist Waschen in der Nacht noch zeitgemäss? 12
Solarnews: Die grösste Solaranlage der Welt 14
Solarspar-Magazin Februar 2021, Nr.
Solarspar in Zahlen

Auf was für Bauten sind unsere Solaranlagen installiert?
                                                                                                  49
Industrie- und Gewerbegebäude mit grossem Eigenverbrauch
sowie Bauernhöfe mit grossen ununterbrochenen Modul­-
flächen eignen sich sehr gut für Photovoltaik. Bei Wohngebäu-
den sind mit Eigentümer und Nutzerinnen mehrere Par-
teien involviert. Da braucht es oft mehr Überzeugungsarbeit,
auch die Abrechnung ist komplexer. Deshalb stehen die
­meisten Solarspar-Anlagen auf Dächern von Industrie, Land­            29
 wirtschaft und Schulen.

                                             18

                     8

               Wohngebäude               Schulhäuser            Landwirtschaft             Industrie / KMU

Verein Solarspar                                                                 Impressum
                                                                                 Redaktion: Markus Chrétien, Marion Elmer,
                                                                                 Eva Schumacher, Mirella Wepf
Solarspar setzt sich seit 30 Jahren für erneuerbare Energien und                 Titelillustration: Line Rime
Energieeffizienz ein. Der Verein baut und betreibt Solar­anlagen, wo             Gestaltung: Schön & Berger, Zürich
Elektrizitätswerke kostendeckende Preise für den Strom bezahlen                  Auflage: 15 600 Expl.
oder Eigenverbrauchsanlagen möglich sind.                                        Erscheint: viermal jährlich
                                                                                 Druck: Schaub Medien AG, Sissach
Wer keine eigene Photovoltaik-Anlage besitzt, kann bei Solarspar                 Papier: Refutura GSM, 100 %-Recycling
ein Solarstrom-Abo für 3 Rappen pro Kilowattstunde lösen.                        Solarspar, Bahnhofstrasse 29, 4450 Sissach
­Berechnungsbeispiele unter solarspar.ch / stromabo.                             Telefon 061 205 19 19, info@solarspar.ch,
                                                                                 www.solarspar.ch
Dank Mitgliederbeiträgen (mindestens 50 Franken pro Jahr) und                    IBAN: CH31 0900 0000 4001 4777 1
Spenden kann Solarspar auch in die Forschung im Bereich
Energieeffizienz und erneuerbare Energien investieren und sich
in der Entwicklungszusammenarbeit engagieren.
Werden Sie Mitglied: www.solarspar.ch / mitglied
Solarspar-Magazin Februar 2021, Nr.
Inhalt                                              Editorial

     Fokus                                               Liebe Leserinnen und Leser,
4    Wie bauen wir klima­                                Im vergangenen Pandemie-Jahr konnten wir live
     freundlich?                                         mitverfolgen, wie schnell Wissenschaftlerinnen
     Endlich geht die Baubranche das Energiesparen
     nicht nur beim Betreiben, sondern auch beim         und Forscher neue Lösungen entwickeln kön-
     ­Erstellen von Bauten an. Neue Materialien und      nen, wenn es sein muss. Und wie Unternehmen
      Methoden spielen dabei eine wichtige Rolle.
                                                         und Staaten bereit sind, sie zu finanzieren.
     Projekte Schweiz
                                                         Diese Innovationskraft und diesen Schwung
8    Strom für einen ­Weltkonzern                        brauchen wir auch, um unser Klima zu retten,
     Auf den Dächern des Schotterwerks von ­
     Holcim in Brunnen steht seit letztem Sommer         beispielsweise in der Bauwirtschaft. Denn nicht
     eine Photovoltaik-Anlage von Solarspar.             nur beim Gebäudebetrieb muss Energie gespart
                                                         werden, sondern auch beim Erstellen von Gebäu-
10   Smart duschen                                       den. Dazu braucht es neue Prozesse, aber auch
     Eine speziell für Solarspar entwickelte Steuerung
     sorgt dafür, dass hauptsächlich Solarstrom den      mehr CO2-freie Materialien. Daran forschen
     Boiler im Clubhaus Bubendorf erwärmt.               Teams an verschiedenen Hochschulen und Insti-
                                                         tutionen. Lesen Sie mehr dazu auf Seite 4.
     Markus’ Gehirntraining
11   Jubiläumsrätsel                                     Mit der neusten Solaranlage auf dem Schotter-
     Wie gut kennen Sie unseren Verein?                  werk des Baustoff-Weltkonzerns Holcim in
     Rätseln Sie mit, und gewinnen Sie eine Solaruhr.
                                                         Brunnen hilft auch Solarspar mit, die Baubranche
12 Mitgliederservice                                     von fossiler Energie zu befreien (S. 8).
   Beratung, Verein, Solar-ABC
                                                         In Bubendorf wiederum sorgt eine spezielle
14 Solarnews
                                                         Steuerung dafür, dass das Duschwasser im
     Klimanotizen                                        Sportclub wenn immer möglich mit Solarstrom
16   Platz da!                                           statt mit der Schnitzelheizung warm wird (S. 10).
     Die Nachteile unserer autofixierten Städte sind
                                                         Wenn der Photovoltaik-Zubau wie geplant
     längst bekannt. Endlich kommt Schwung in die        gelingt, werden solche smarten Geräte in jedem
     Neuverteilung des öffentlichen Raums.               Haushalt Standard sein. Bis dahin müssen Sie
     Standpunkt
                                                         allerdings Ihren Geschirrspüler weiterhin zur
                                                         gewohnten Zeit laufen lassen. Wann genau? –­
18   «Förderung soll Risiken
                                                         Das lesen Sie im Interview auf Seite 12.
     verringern »
     Die Energiewissenschaftlerin Léonore Hälg zeigt
                                                         Ich wünsche Ihnen spannende Lektüre!
     auf, welche Förderinstrumente sich eignen,
     um den Ausbau der Photovoltaik in der Schweiz
                                                         Marion Elmer
     ­effektiv voranzubringen.

19 Solarspar-Shop

                                 Solarspar-Magazin                                                       3
Solarspar-Magazin Februar 2021, Nr.
Fokus

                Wie bauen wir
               klima­freundlich?
              Der Schweizer Immobilienpark bietet grosses Potenzial
        für den Klimaschutz. Bisher standen vor allem das Strom­sparen und
                 die CO2-Reduktion beim Betrieb im Vordergrund.
          Wie viel graue Energie beim Bauen verbraucht wird, fragten nur
                wenige. Nun beginnt die Branche – auch dank neuen
                     Methoden und Materialien – umzudenken.

4                   Solarspar-Magazin                                    Februar 2021, Nr. 1
Solarspar-Magazin Februar 2021, Nr.
W        er in den Wintermonaten am Zürcher
                                      Mythenquai entlangspazierte, wurde
                             Zeuge oder Zeugin eines denkwürdigen Spek-
                                                                                   Doch langsam kommt Bewegung in die Branche. 2020 hat
                                                                               der SIA das Positionspapier «Klimaschutz, Klimaanpassung
                                                                               und Energie» publiziert und das Merkblatt «Graue Energie von
                             takels: Stock um Stock, Gebäudeteil um Ge-        Gebäuden» neu aufgelegt. Die Architekturzeitschrift « Hoch-
                             bäudeteil wurde das Mythenschloss abgetra-        parterre » hat ihre Leserschaft mit 33 Klimatipps fürs Bauen ver-
                             gen. Rückbau nennt sich heute dieser Prozess      sorgt. Und immer mehr Architekturschaffende stossen zum
                             schönfärberisch, bei dem ein bestehendes          Verein Countdown 2030, der die Auswirkungen der Bauwirt-
                             Haus bis auf sein Fundament zerstört wird.        schaft auf den Klimawandel bewusster machen will. Eine Aus-
                                  Das historisch wirkende Mythenschloss,       stellung im Zürcher Architektur Zentrum soll diesen Frühling
                             das der Swiss Re gehört, war nur scheinbar alt.   erste Visionen für eine zukunftsfähige Baukultur zeigen.
                             In den 1980er-Jahren wurde es vorderseitig als        Also was nun? Umbau oder Neubau? Im Zweifelsfall sei
                             Abbild seines Vorgängerbaus aus den 1920ern       Umbau die bessere Variante, schreibt Hochparterre-Redaktor
                             rekonstruiert; auf der Rückseite präsentierte     Andres Herzog. Er brauche zwar im Betrieb mehr Energie, pro-
                             es sich als Bürogebäude mit Metallfassade.        duziere aber im Bau weniger Treibhausgase. Gerade in der dicht
                             Deshalb massen weder die Stadt Zürich noch        bebauten Schweiz machten Umbauten und Sanierungen oft
                             das Baurekursgericht dem Bau ausreichend          Sinn. Dabei solle man die Tragstruktur möglichst erhalten.
                             ­architektonische Qualität für eine Unter-        Denn sie ist für rund ein Drittel der Treibhausgasbilanz eines
                              schutzstellung zu. Nun entsteht hier also ein    Gebäudes verantwortlich. Und bei einem Neubau sollte man
                              Neubau.                                          sie möglichst einfach konstruieren, also hervorragende Ge-
                                  Vielleicht hätte das Gebäude aber gerade     bäudeecken oder grosse Spannweiten vermeiden.
                              wegen seines geringen Alters Schutz verdient         Auch Settembrini bestätigt, dass Tragwerksstruktur und
                              gehabt? Denn die graue Energie (s. Kasten        Hülle als wichtigste Einflussfaktoren gälten, um die graue
                              S. 6), die im Tragwerk eines Baus steckt, gilt   Energie zu reduzieren. Dagegen hätten «Materialisierungsent-
                              laut dem Schweizerischen Ingenieur- und Ar-      scheide im Innenbau meist einen deutlich geringeren Einfluss».
                              chitektenverein (SIA) erst nach 60 Jahren als    Trotzdem lohnt es sich auch da, den Hebel anzusetzen.
                              amortisiert, bei der Haustechnik liegt der
                              Wert bei 30 Jahren.                              Aushub verbauen
                                                                               Rund zehn Prozent der Treibhausgase beim Bauen gehen aufs
                             Die grössten Hebel: Tragwerk und Hülle            Konto von Aushub und Fundament. Wer den Aushub vor Ort
                             Sanieren oder ersetzen? Das ist eine zentrale     lagert oder weiterverwendet, spart sich den Transport, zusätz-
                             Frage beim klima­gerechten Bauen. Leider lässt    liches Material und damit viel CO2. Drei Millionen Kubikme-
                             sie sich nicht eindeutig beantworten. Es gilt     ter Aushub würden jedes Jahr ungenutzt aus dem Kanton Genf
                             vor allem, den Verbrauch von sogenannt grau-      abtransportiert, sagt Rodrigo Fernandez, Materialwissen-
                             er Energie zu betrachten. Denn beim Bauen         schaftler und Mitgründer der Westschweizer Firma Terrabloc.
                             beziffert man die Nachhaltigkeit statt in Kilo-   Im Kanton Zürich ist es gar doppelt so viel. Deshalb hat Fer­
                             wattstunden mittels CO2-Aus­        stoss. Der    nandez vor rund zehn Jahren ein Unternehmen gegründet mit
                             grösste Teil an grauer Energie eines Gebäudes     dem Ziel, aus dem Lehm des Aushubs Bausteine zu pressen.
                             fällt bei seiner Erstellung an: 70 Prozent sind   Die ersten Projekte wurden mit manuell produzierten Steinen
                             es gemäss SIA-Energie­effizienzpfad bei einem     gebaut; heute kommen die Terrablocs aus dem Werk der Firma
                             vorbildlichen Neubau, bei einem Umbau rund        Cornaz, die sonst Pflastersteine und Betonplatten fertigt. Mit
                             50 Prozent. Bisher habe die Bauwirtschaft         Terrablocs könne ein Handwerker konventionell mauern, so
                             diese Zahl vernachlässigt, sagt Gianrico Set-     Fernandez.
                             tembrini gegenüber der Fachzeitschrift                 So wie Terrabloc ein Spin-off der École polytechnique
                             «Haus­tech». Der Berner Architekt leitet am       ­fédérale de Lausanne (EPFL) ist, so ist Oxara ein Spin-off der
                             Zentrum für Integrale Gebäudetechnik der           ETH Zürich. Die Firma des 31-jährigen Materialforschers
                             Hochschule Luzern die Forschungsgruppe             Gnan­li Landrou aus Togo produziert Cleancrete, einen Erdbe-
                             «Nachhaltiges bauen». Dafür hätten «bei den        ton, der umweltfreundlicher und günstiger ist als herkömmli-
                             gängigen Energiestandards die Vermeidung           cher Beton. Er besteht ebenfalls aus Aushubmaterial, der ohne
                             von Erdöl fürs Heizen, Warmwasseraufberei-         Zement und mit Lehm als Bindemittel in 24 bis 48 Stunden ab-
                             tung oder von Strom für den Haushalt im Vor-       härtet. Der Baustoff eignet sich für nichttragende Elemente in
                             dergrund» gestanden.                               bis zu dreistöckigen Häusern, ist aber derzeit noch nicht für

Nach 40 Jahren ist bereits Schluss: Das Mythenschloss in
Zürich wird « rück­gebaut » und durch einen Neubau ersetzt.
Foto: Baugeschichtliches Archiv, Zürich

                                             Solarspar-Magazin                                                                                5
Solarspar-Magazin Februar 2021, Nr.
Fokus

        den Hochbau zugelassen. Oxara forscht daran,          1,7 Millionen Tonnen; zusammen mit der Betriebsenergie für
        Cleancrete wasserresistenter und druckbe-             die Öfen macht das gut fünf Prozent der CO2-Emissionen
        ständiger zu machen. In fünf Jahren soll das          der Schweiz. Indem die Schweizer Zementfabriken fossile
        Baumaterial für grosse Bauprojekte zur Ver­           Brennstoffe reduzierten, haben sie zwar schon viel erreicht.
        fügung stehen, meint Landrou. Es werde aber           Einige bieten auch umweltfreundliche Baustoffe oder klima­
        den Standardbeton nicht ersetzen, sondern             neutralen Beton an. Diese Produkte «ent­stehen» aber mehr-
        ihn ergänzen.                                         heitlich, indem die CO2-Belastung durch Klimaprojekte kom-
                                                              pensiert wird.
        Welches Material ist klimafreundlich?                     Der WWF fordert, dass auf Zement oder auf den CO2-­
        Beton ist das meistverwendete Baumaterial,            Ausstoss bei dessen Herstellung höhere Steuern erhoben wer-
        seine Herstellung aber besonders klima­               den müssen. Mit diesen Einnahmen könne man klimaverträg-
        schädlich. Neben dem Stahl für die Armierung          lichere Materialien entwickeln.
        fällt vor allem die Zementherstellung ins
        Gewicht: Ein Gemisch aus Kalkstein und
        Ton wird dafür gemahlen und bei 1450 Grad                         Was ist graue Energie?
        mitein­ander zu Zementklinker verschmolzen.
        Dabei wird sehr viel CO2 freigesetzt. Gemäss                      Als graue Energie bezeichnet man den energe­
        Bundesamt für Umwelt waren es 2018 rund                           tischen Aufwand, den es benötigt, um ein ­Produkt
                                                                          herzustellen. Dazu gerechnet werden alle
                                                                          vor­gelagerten Prozesse der Erstellung sowie der
                                                                          Aufwand für die Entsorgung des Produkts.

        Bei diesem Einfamilienhaus in Alpnach wurde der
        Aushub für den ­Treppenkern weiterverwendet.
        In einer Halle in der Nähe wurden daraus 52 Stampf-
        lehmelemente gefertigt. Nach etwa einem Monat
        Trocknungszeit wurden sie zeitgleich mit den
        Zimmermannsarbeiten ­innerhalb von einer Woche
        Geschoss für Geschoss aufgebaut.
        Fotos: Lehmag / Samuel Büttler

6                                   Solarspar-Magazin                                                       Februar 2021, Nr. 1
Solarspar-Magazin Februar 2021, Nr.
Einige gibt es schon. Vor zehn Jahren hat die EPFL beispiels-   geschosse, die zu 60 Prozent aus wiederverwendeten Stahl­
weise LC3-Zement entwickelt, der rund 30 Prozent weniger            trägern, Fassadenblechen, Bodenplatten und Lavabos beste-
Treibhausgase verursacht. Die Empa testet derzeit sogenann-         hen. Dass bei diesem Vorgehen und besonders bei grösseren
ten Olivin-Zement, der aus einem grünlichen Mineral ­besteht        Bauprojekten ebenfalls die Planung elementar ist, versteht sich
und CO2 aus der Atmos­phäre bindet. Damit hat er sogar eine         von selbst. Passende Bauteile findet man nicht eben mal so an
negative CO2-Bilanz. Allerdings ist Olivin-Zement weniger           der nächsten Strassenecke.
belastbar, eignet sich also nur für nichttragende Wände oder
Gehwegplatten. Das Produkt wird frühestens in 15 bis 20 Jah-        Haustechnik: der zweitgrösste Posten
ren auf den Markt kommen.                                           Die Haustechnik ist nach der Tragstruktur die zweitgrösste
    Recyclingbeton, der sich auch nicht für hohe Traglasten         Treibhaussünderin: Bei einem Neubau macht sie 20 bis 30 Pro-
eignet, ist übrigens nur bedingt klimafreundlich: Er schont         zent des Treibhausgasausstosses aus; bei einem Umbau kön-
zwar die Ressourcen, braucht aber bei der Herstellung fast          nen es auch mal 40 Prozent sein, wenn viel ersetzt werden
gleich viel Energie wie normaler Beton.                             muss. Auch hier gilt es bei der Planung abzuwägen: Eine hoch-
    Dennoch ist Beton manchmal die richtige Wahl – auch aus         komplexe Haustechnik kann zu einem sparsameren Energie-
Klimasicht. Denn Bauteile, die gleichzeitig mehrere Funktio-        verbrauch beitragen, sie ist aber auch fehleranfällig – etwa bei
nen übernehmen, sparen Material. Eine Betonmauer ist nicht          schlechter Wartung oder unsachgemässer Nutzung. Lowtech
nur eine Mauer, die hohe Lasten tragen kann, sie bietet auch        macht dafür eine robustere Architektur nötig, braucht also
Erdbeben-, Schall- und Brandschutz. Ein weiterer Vorteil:           mehr graue Energie.
Beton ist überall auf der Welt lokal verfügbar, die Transport-             Bisher seien «die Daten und Kennwerte zu dürftig, um
wege sind kurz.                                                     ­daraus eine Entscheidungsgrundlage zu Beginn eines Pla-
    Das Klimamaterial erster Wahl ist – sofern vor Ort verfüg-       nungsprozesses zu ­erarbeiten», sagt Settembrini. Er untersucht
bar – Holz. Denn es ist ein nachwachsender Rohstoff, der             deshalb mit dem vom Bundesamt für Energie initiierten For-
sogar CO2 bindet, wenigstens t­ emporär. Dank den seit 2015          schungsprojekt «Systemkennwerte Graue Energie Gebäude-
geltenden Brandschutzvorschriften können in der Schweiz              technik» (SYGREN), an welchem Punkt eines Projekts die
auch Hochhäuser aus Holz errichtet werden. In einigen Jah-           ­Planer Einfluss auf die Reduktion der grauen Energie nehmen
ren wird das 27-geschossige, 80 Meter hohe Holzhaus Pi in             können. Bis diese Ergebnisse vorliegen, hält man sich am
Zug mit dem jetzigen Rekordhalter, dem Mjøsa Tower im                 ­besten an das SIA-Merkblatt, das zu massvollem Haustechnik­
norwegischen Brumunddal, gleichziehen.                                 einsatz rät.
    Allerdings ist Holz nicht gleich Holz. Am besten schneidet             Was also nun? Umbau oder Neubau? Beton oder Holz?
Massivholz ab, weil es kaum verarbeitet wird und keine Zu-             High- oder Lowtech? Ein einfaches Rezept scheint es bisher
satzstoffe braucht. Bei Holzwerkstoffen können Bindemittel             nicht zu geben. Und eine schweizweit einheitliche Regelung
bis zu 60 Prozent der grauen Energie ausmachen.                        auch nicht. Bezüglich der Fördermittel der Kantone sei es heute
                                                                       immer noch so, sagt Settembrini, «dass nur die Energiereduk-
Gut planen, schlank bauen, wiederverwenden                             tion beim Betrieb gefördert wird», nicht aber die Reduktion der
Wer Material effizienter nutzt, verbessert die CO2-Bilanz deut-        grauen Energie in der Herstellung, die Kreislaufwirtschaft oder
lich. In diese Richtung forschen der Architekturprofessor              Betrachtungen über den gesamten Lebenszyklus. Hier ist also
Philippe Block und seine Forschungsgruppe am Institut für              einmal mehr die Politik gefordert.
Technologie der ETH Zürich. Sie schräubeln an der Geometrie                Richtig angewendet könnten aber bestehende Labels und
des Tragwerks, um weniger Material zu verbrauchen, oder                SIA-Merkblätter Architektinnen und Bauherren bereits heute
suchen nach neuen Konstruktionsformen, um auch weniger                 den klimafreundlichen Weg weisen. Zudem lassen uns neue
druckresistentes Material, etwa Recyclingbeton, verwenden              Materialien, Methoden und Prozesse hoffen, dass klimafreund-
zu können. Zudem beschäftigen sie sich mit der digitalen               liches Bauen zum Standard wird.
Herstellung von Bauelementen, um weniger Abfall zu produ-                                                               Marion Elmer
zieren.
    Besonders im Holzbau geht der Trend in Richtung Vorfer-              Quellen und weiterführende Literatur
                                                                         – «33 Architekturtipps für die Klimabilanz», Hochparterre 5 / 2020
tigung. Das heisst, dass in der Werkstatt ganze Wände, Decken
                                                                         – «1450°», Republik vom 2. 12. 2020
oder Module bereits mit Leitungen, Kabeln oder gar Einbauten             – «Wie grau ist die Gebäudetechnik?», Haustech 6 / 2017
ausgestattet werden. Diese Art der Produktion bedingt eine               – «Öko-Beton – Zementfrei bauen», Film, 16 Min., srf.ch, 5. 1. 2021
längere, detailliertere Planung, hat aber zur Folge, dass weniger        – SIA-Merkblatt 2032, Graue Energie – Ökobilanzierung für
Fehler passieren und auf der Baustelle weniger Abfall entsteht.            die ­Erstellung von Gebäuden, 2020
                                                                         – SIA-Positionspapier «Klimaschutz, Klimaanpassung und
Doch auch hier gilt: Vorfabrikation ist nur dann klima­
                                                                           Energie», 2020
freundlich, wenn die fixfertigen Hauselemente oder ­Module               – countdown2030.ch
nicht um die halbe Welt transportiert werden.
    Bauelemente wiederzuverwenden, ist ebenfalls eine sinn-
volle Option: Das Baubüro in situ, das 2020 mit dem Prix
Meret Oppenheim in Architektur ausgezeichnet wurde, prak-
tiziert diese Methode seit vielen Jahren. In Winterthur setzte
es etwa auf eine bestehende Industriehalle drei Gewerbe­

                                  Solarspar-Magazin                                                                                        7
Solarspar-Magazin Februar 2021, Nr.
Projekte Schweiz

                     Kiesabbau mit S
                                   ­ olarspar-Energie
                     Lafarge-Holcim ist ein Weltkonzern und seit Kurzem
                     auch Kunde von Solarspar: Im Juni 2020 ist auf den
                     Dächern des Schotterwerks Brunnen im Kanton Schwyz
                     eine ­Photo­voltaik-Anlage in Betrieb gegangen.

                                            Holderbank! – Vor allem die älteren Semester wis-          2020 erfolgte ein weiterer – zumindest aus un-
                                            sen noch, dass die 1400-Seelen-Gemeinde im Kan-        serer Sicht – bemerkenswerter Schritt in der Fir-
                                            ton Aargau einem Weltkonzern den Namen ge­             mengeschichte: die Kooperation mit Solarspar.
                                            liehen hat. Hier wurde 1912 die Aargauische Port-      ­Anfang Juni 2020 ist im Kanton Schwyz, auf den
                                            landcementfabrik Holderbank-Wildegg gegründet.          Dächern des Schotterwerks Brunnen, eine Photo-
                                            Zehn Jahre später expandierte das Unternehmen           voltaik-Anlage von Solarspar in Betrieb gegangen.
                                            in zahlreiche europäische Länder und 1927 nach          Das Werk gehört zu den 55 Standorten der Landes-
                                            Ägypten.                                                gesellschaft Holcim Schweiz.
                     Die Solar­panels auf       Der Firmenname wechselte zu «Holderbank»
                     dem Schotterwerk in    und später zu «Holcim» (cim steht für das französi-    Schlüsselbranche für den Klimaschutz
                     Brunnen wurden auf
                     allen Gebäuden
                                            sche «ciments»). 2015 folgte schliesslich die Fusion   Natürlich ist der Bau einer Photovoltaik-Anlage, die
                     mit grünen Dächern     mit einer anderen Gigantin auf dem Weltmarkt, der      jährlich 130 000 Kilowattstunden Strom produ-
                     installiert.           französischen Lafarge SA. Die Geschichte dieses        ziert, ein Klacks, wenn man sich den Gesamtener-
                                                                                                               gieverbrauch eines derart grossen Bau­
                                                                                                               stoffkonzerns vor Augen führt. Den-
                                                                                                               noch ist es ein Grund zur Freude, wenn
                                                                                                               ein Kieswerk seine Aufgabe neu auch
                                                                                                               mithilfe von Sonnenenergie erfüllt. Die
                                                                                                               ­Solaranlage deckt rund zehn Prozent des
                                                                                                                Strombedarfs im Werk ab und leistet
                                                                                                                damit einen Beitrag zur Umsetzung der
                                                                                                                Nachhaltigkeitsstrategie des Konzerns.
                                                                                                                Diese wird von Umweltorganisationen
                                                                                                                äusserst aufmerksam verfolgt und in
                                                                                                                einzelnen Punkten durchaus auch kri-
                                                                                                                tisch beurteilt.
                                                                                                                    Unambitioniert ist die Strategie aber
                                                                                                                sicher nicht: Im September 2020 hat sich
                                                                                                                Lafarge-Holcim der Science Based Tar-
                                                                                                                gets Initiative (SBTI) angeschlossen, die
                                                                                                                unter anderem durch den WWF und
                                                                                                                den Globalen Pakt der Vereinten Natio-
                                                                                                                nen getragen wird. Mit einer SBTI-­
Foto: Mirella Wepf

                                                                                                                Vereinbarung verpflichten sich Unter-
                                                                                                                nehmen, langfristige und messbare Ziele
                                                                                                                für die Reduktion ihrer CO2-Emissio-
                                                                                                                nen festzulegen, um das Ziel des Pariser
                                            Unternehmens begann 1833 – mit einem Steinbruch        Klimaabkommens zu unterstützen.
                                            in der französischen Ardèche. 1864 lieferte Lafarge        Der Fahrplan von Lafarge-Holcim: Bis im Jahr
                                            110 000 Tonnen Kalkstein für den Bau des Suez-­        2030 soll bei der Produk­t ion von zementartigen
                                            kanals. Die heutige LafargeHolcim Ltd. gehört zu       Rohstoffen der Ausstoss von Treibhausgasen im
                                            den grössten Baustoffproduzentinnen der Welt und       Vergleich zu 2018 um 21 Prozent pro Tonne redu-
                                            hat ihren Hauptsitz in Rapperswil-Jona.                ziert werden.

                     8                                 Solarspar-Magazin                                                                Februar 2021, Nr. 1
Solarspar-Magazin Februar 2021, Nr.
In guter Nachbarschaft
                                                                                                               Nur einen Steinwurf vom Schotterwerk
                                                                                                               Brunnen entfernt, auf einem direkt
                                                                                                               angrenzenden Grundstück (im Bild hin-
                                                                                                               ter dem Wäldchen sichtbar), wird derzeit
                                                                                                               ­Energiegeschichte geschrieben: Die
                                                                                                                Firma MW Storage AG hat im Herbst
                                                                                                                2020 die grösste und mit 20 Megawatt
                                                                                                                leistungsstärkste Batterie der Schweiz
                                                                                                                in Betrieb genommen. Diese soll zur
                                                                                                                Stabilisierung des Stromnetzes beitragen
                                                                                                                und befindet sich in mehreren blau-
                                                                                                                weissen Schiffscontainern.

                                                                                       Foto: Markus Chrétien

Vorreiterrolle von Holcim Schweiz                       Splitt, Schotter für den Gleisbau, Kiessand, Filter-
Holcim Schweiz will bei der Umsetzung dieser            material und Betonkies her. Insgesamt erstreckt sich
Nachhaltigkeitsstrategie eine Vorreiterrolle über-      der Betrieb auf rund 21 Hektar, aufgeteilt in die Be-
nehmen, beispielsweise durch die Entwicklung            reiche Steinbruch, Schotterwerk und Lagerplatz.
von innovativen Materialien, den Ausbau des                 Die Installation der Photovoltaik-Anlage auf
Rohstoff-Recyclings oder durch die Verwertung           dem Schotterwerk bot für Solarspar-Geschäftsleiter
von Abfall als alternativen Brennstoff.                 Markus Chrétien ein paar spezielle Herausforderun-
    Im Vergleich zu 1990 hat Holcim Schweiz bis         gen: Die Solarpanels mussten auf mehreren Gebäu-
heute rund 30 Prozent CO2 pro Tonne Zement ein-         den installiert werden, die teilweise auch schon
gespart. Seit Anfang 2019 verwendet das Unterneh-       etwas älter sind. In der Folge fielen auch die Leitun-
men an allen Standorten hundert Prozent erneuer-        gen zu den Stromtransformatoren insgesamt etwas
bare elektrische Energie aus Wasserkraft. Zusätzlich    lang aus. «Letztlich konnten wir die Probleme je-
will Holcim bis 2030 in der Schweiz und in Italien      doch gut lösen », sagt Markus Chrétien rückbli-
einen wesentlichen Teil des verbrauchten Stroms         ckend. Die Anlage laufe jedenfalls tadellos, bestätigt
selbst produzieren. Die Konzernleitung plant des-       ­Lorenzo Silvani, der Projektverantwortliche von
halb, die Abwärme von Drehöfen, in denen Ze-             Lafarge-Holcim.
mentklinker gebrannt wird, vermehrt zur Strom-                                                  Mirella Wepf
produktion zu nutzen, und will mehrere Standorte
mit Photovoltaik-Anlagen ausrüsten.

Kalkstein – ein vielseitiger Rohstoff
Beim Standort Brunnen hat Solarspar mit seiner
­Offerte für die Photovoltaik-Anlage das Rennen
 gemacht. Da – im Einzugsgebiet des Flusses Muota –
 ­baut Holcim seit 1965 Kalkstein ab. Das Werk be-
  schäftigt rund 20 Personen und stellt hauptsächlich

                                 Solarspar-Magazin                                                                                                     9
Solarspar-Magazin Februar 2021, Nr.
Projekte Schweiz

             Soll Solarenergie abends oder an trüben Tagen genutzt werden,
     braucht es eine Batterie – oder smarte Technik. Deshalb hat die Firma Solaik für
         die ­Solarspar-Anlage in Bubendorf ein spezielles Zubehör entwickelt.

          Dank smarter Technik
     100 Prozent erneuerbar duschen
                                           Photovoltaik                Holzschnitzel

Seit letztem Frühjahr duschen                                                            Um diesen Prozess zu steuern,
die Bubendorfer Sportlerinnen                                                            braucht es ein Messgerät, das die
und Sportler mit «sauberem»                                                              Boilertemperatur konstant
Wasser. Der 4000-Liter-Boiler                                                            misst; und ein Signal des Wech-
wird nämlich mit Solarstrom                                                              selrichters, das dem Boiler zu
aus der Photovoltaik-Anlage                                                              verstehen gibt, dass er – bei
aufgeheizt, die Solarspar auf                              Steuerung                     Sonnenschein – Solarstrom
dem Dach des Clubhauses in­                                                              beziehen soll. Da das Modell des
stalliert hat. Für sonnenarme                                                            Wechselrichterherstellers kein
Zeiten gibt es eine Holzschnit-                                                          solches Signal abgab, entwi­
zelheizung.                                                  Boiler                      ckelte der Solarteur Laurent
Da aber meist abends trainiert                                                           Schwärzler der Firma Solaik ein
und geduscht wird, wenn die                                                              Spezialteil, dessen Komponen-
Sonne längst untergegangen ist,                                                          ten im Zusammenspiel die ge-
braucht es einen ausgeklügelten         Stromnetz                                        wünschte Regelung vornehmen
Mechanismus, um das Solar­                                                               (siehe Grafik). Für kleinere An-
potenzial optimal zu nutzen.                                                             lagen gibt es solche technischen
Der Boiler soll also tagsüber mit                                                        Zusätze ab Stange, für grosse
Strom der Photovoltaik-Anlage                                                            Anlagen nicht, weil diese selten
fürs abendliche Duschen geheizt                           Warmwasser                     so realisiert werden. Der eigens
werden; die Holzschnitzelhei-                                                            für das Clubhaus in Bubendorf
zung ist in dieser Zeit gesperrt.                                                        entwickelte Zusatz sorgt nun
Sie kommt an trüben, sonnen­                                                             zuverlässig dafür, dass das
armen Tagen ab 16 Uhr zum
                                        So funktioniert die neue Steuerung               Dusch­wasser stets genug warm
Zug. Zusätzlich setzt sie abends        – ein SmartMeter misst die Ströme in beide       ist und «sauber» produziert
dann ein, wenn alles warme                Richtungen (Produktion und Verbrauch);         wird.
Wasser verbraucht ist, aber noch        – ein Datenlogger zeichnet die Energie auf und                      Marion Elmer
mehr Leute duschen möchten.               berechnet die Energieflussrichtung;
Allerdings wird dann der Boiler         – ein 9-kW-Leistungssteller steuert den regel­
nicht aufs Maximum geheizt,               baren Heizstab an;
da man sonst am nächsten Tag            – ein zweiter Ausgang des Leistungsstellers
nicht voll vom Sonnenstrom                steuert den zweiten 9-kW-Heizstab an;
profitieren könnte.                     – eine Schaltbox steuert zwei weitere
                                          9-kW-­Heizstäbe an;
                                        – und ein Temperaturfühler dient der Anzeige
                                          und ­Regelung.

10                              Solarspar-Magazin                                                          Februar 2021, Nr. 1
Projekte Süd

                                                                                                     Medikamente mit
                                                                                                     Solarstrom kühlen
                                                                                                     Das Projekt Klima-Karawane von
                                                                                                     Solafrica ermöglicht in Kamerun
                                                                                                     eine nachhaltige Entwicklung dank
                                                                                                     Solar­energie. Bis 2022 werden
                                                                                                     60 ländliche Gesundheitszentren für
                                                                                                     die Solarstromproduktion ausgerüs-
                                                                                                     tet, damit sie Medikamente und
                                                                                                     Impfstoffe kühlen können. Solarspar
                                                                                                     unterstützt das Projekt auch dieses
                                                                                                     Jahr wieder mit 20 000 Franken.
                                                                                                     Während der SolarChill-Konferenz
                                                                                                     2018 besichtigten Teilnehmende
                                                                                                     das Zentrum in Mbanga im Westen
                                                                                                     des Landes (Bild).
Foto: Solafrica

                  MARKUS’ GEHIRNTRAINING                                                         Lösungswort
                                                             Wie viele fest angestellte
                                                             ­Mitarbeitende hat ­Solarspar?
                  Das Jubiläumsrätsel
                                                                                                 1    2    3    4    5    6

                                                               2 Angestellte (A)
                  Wie alt wird Solarspar 2021?                 5 Angestellte (U)
                                                                                                 Das Lösungswort des neuen Rätsels
                   25 Jahre (B)                               10 Angestellte (G)
                                                                                                 per Mail an info@solarspar.ch oder
                   30 Jahre (S)                                                                 per Post an: Solarspar,
                   35 Jahre (U)                             Was für ein Elektro-Geschäftsauto
                                                                                                 Bahnhofstrasse 29, 4450 Sissach
                                                             besitzt ­Solarspar?
                  Wo wurde Solarspar gegründet?               Tesla (M)                         Einsendeschluss: 14. März 2021
                   in Basel-Stadt (T)                        Renault Zoe (R)
                                                                                                 1. Preis: Solaruhr (Herren oder Damen)
                   im Kanton Zürich (L)                      Nissan Leaf (N)
                                                                                                 2. Preis: Sonnenglas gross
                   im Kanton Baselland (O)                                                      3. Preis: Luminaid Solarlampe
                                                             Wie viel Strom produziert
                  Wie viele eigene Solaranlagen hat          Solarspar pro Jahr?
                  Solarspar (Stand Anfang 2021)?              8 GWh (!)
                   über 90 PV-Anlagen (A)                    3 GWh (?)
                   über 100 PV-Anlagen (L)                   6 GWh (*)
                   über 110 PV-Anlagen (E)

                                                 Solarspar-Magazin                                                                      11
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BERATUNG

Waschen in der Nacht –                                                                           Doch selbst dann, wenn man nicht
                                                                                                 über einen smarten Haushalt verfügt,

ist das noch zeitgemäss?                                                                         kann man den Stromverbrauch gezielt
                                                                                                 planen.

                                                                                                 Wie zum Beispiel?
Als Kind haben wir gelernt, dass man          Normalerweise ist aber nicht                       Mithilfe von Zeitschaltuhren. In vielen
Geräte mit hohem Stromverbrauch am            immer jemand zu Hause, um bei                      Elektrogeräten sind diese heute bereits
besten nachts laufen lassen sollte. Doch      Sonnenschein die Abwasch­                          integriert. Man könnte also schon am
stimmt das heute noch? Denn Photo-            maschine einzuschalten.                            Morgen den Geschirrspüler beladen
voltaik-Anlagen produzieren tagsüber          Stimmt. Dieses Problem lässt sich be-              und den Startzeitpunkt je nach Bedarf
Strom. Markus Chrétien, Geschäfts­            sonders einfach in smarten Haushalten              auf die sonnige Mittagszeit oder in
leiter von Solarspar, weiss Rat.              lösen. Sind die Haushaltsgeräte mit                die Nacht verlegen. Auch moderne Back­-
                                              WLAN-Funktion ausgestattet, können                 ­öfen lassen sich zeitversetzt nutzen.
Früher hiess es, dass man Boiler,             sie via App gesteuert werden. Sobald
Wasch- und Abwaschmaschine in                 die Sonne scheint, kann man Wasch-                 Machst du das bei dir zu Hause so?
der Nacht anstellen soll. Gilt das            maschine, Trockner oder Geschirr­spüler            Nein. Wir haben zwar schon länger eine
noch, obwohl heute Solaranlagen               von unterwegs starten. Für Haushalte               eigene Photovoltaik-Anlage, aber keine
am Tag viel Strom liefern?                    mit Solaranlage ist diese Option natür-            für den Eigenverbrauch. Den Strom,
Wer eine Photovoltaik-Anlage auf dem          lich besonders interessant.                        den sie produziert, vergütet uns der
Dach hat, die für den Eigenverbrauch
konzipiert ist, sollte den Strom natürlich
dann konsumieren, wenn er anfällt –
also am Tag, wenn die Sonne scheint.
Aber für Stromkunden, die die Energie
noch vom örtlichen Elekt­rizitätswerk
beziehen, gilt nach wie vor die alte
Faustregel.

Warum?
Erstens ist der Strom dann am günstigs-
ten, und zweitens hatte diese Preispoli-
tik auch zum Ziel, dass der Strom der
Atomkraftwerke, die nachts ja weiter-
laufen, verbraucht wird. Sobald die
AKWs einmal stillgelegt sind, wie das
die nationale Energiestrategie vorsieht,
werden wir nachts weniger Strom
haben. In der Folge wird man bei der
Preispolitik neue Akzente setzen müs-
                                                      Der Geschäftsleiter von Solarspar, Markus Chrétien, berät ­Mitglieder
sen, um den Verbrauch zu steuern.                     bei Fragen rund um Solarenergie.

Also macht es keinen Sinn, als
«normale» Konsumentin am Mittag               Moderne Photovoltaik-Anlagen sind                  Bund (KEV), und wir beziehen unseren
viel Strom zu verbrauchen, um                 bereits heute mit einem Monitoring                 Strom ganz normal vom lokalen Elek­
solidarisch das Netz zu entlasten?            ausgestattet, das via App anzeigt, wann            trizitätswerk. Und da wir zusätzlich
Im Moment nicht. Aber im Jahr 2050            am meisten Strom produziert wird.                  eine Solaranlage zur Warmwasser­
wird dies anders aussehen. Bis dann           Zusätzlich können die Daten der Anla-              produktion auf dem Dach haben, haben
sollte die Sonnenenergie gemäss               ge mit den Wetterprognosen kombi-                  wir die Waschmaschine daran ange-
der nationalen Energiestrategie rund          niert werden, um die perfekte Betriebs-            schlossen. Wir waschen also tendenziell
40 Prozent der Stromproduktion                zeit für Haushalts- oder Batterie­lade-            an sonnigen Tagen. Die Wasch­maschine
ausmachen. Vermutlich wird dann               ­geräte zu ermitteln.                              braucht dank sonnengewärmtem
der Stromtarif eher am Mittag                  Dazu ein kleiner Tipp: Manchmal soll-             Wasser weniger Strom für den Betrieb.
günstig sein.                                  ten die einzelnen Geräte etwas zeit­                             Interview: Mirella Wepf
                                               versetzt arbeiten, damit der erzeugte
                                               Sonnenstrom für alles ausreicht.

12                                Solarspar-Magazin                                                                           Februar 2021, Nr. 1
VEREIN                             AUSSTELLUNG                     BUCHTIPP                         unsere Zivilisation immer
                                                                                                    weniger auf fossile Energie-
Vernehmlassungs-                   Braschler / Fischer             Jeremy Rifkin                    träger angewiesen. Die dritte
antwort zur                        Heisse Zeiten.                  Der globale                      industrielle Revolution, die
                                                                                                    durch das Internet der Dinge
­Gletscherinitiative               Klimaportraits                  Green New Deal                   gesteuert wird, werde nicht
 und zum direkten                  Im Zentrum der Sonderaus-       Warum die fossil befeuerte       nur den fossilen Sektor
 Gegenentwurf                      stellung stehen 22 gross­       Zivilisation um 2028 kol­        zerstören, sondern auch den
                                   formatige Porträts von Men-     labiert – und ein kühner         heutigen Kapitalismus
Solarspar nimmt befriedigt         schen auf allen Kontinenten,    ökonomischer Plan das            in einen Sozialkapitalismus
zur Kenntnis, dass der                                             Leben auf Erden retten kann.     überführen. Ein überra-
­Bundesrat die Grundanlie-                                         Im Kampf gegen den Klima-        schend optimistisches Buch
 gen der Initiative teilt und                                      wandel sei, so Jeremy Rifkin,    des Gründers und Vorsit­
 nur wenige Änderungen                                             die Lösung nicht in der          zenden der Foundation on
 vorschlägt. Trotzdem ist der                                      ­Politik, sondern im Markt zu    ­Economic Trends.
 Verein mit einigen Änderun-                                        finden. Denn durch ihn sei      Frankfurt 2019, ca. 36 Franken.
 gen nicht einverstanden.
 Die Dekarbonisierung be-
 dingt den praktisch lücken-                                                              SOLAR-ABC
 losen Ausstieg aus den
 fos­silen Energien, nicht bloss
 ein Minderungsgebot. Der                                             Was ist Contracting?
 Begriff der Senken wird im
 Gegenentwurf so uminter-                                          Wer für eine Liegenschaft        Sie müssen zum Beispiel
 pretiert, dass der Verfas-                                        eine neue Anlage braucht, die    keine Investitionen in
 sungsartikel nur den Status                                       Energie liefert – etwa Wärme     die Energieanlage tätigen.
 quo bestätigt. Die Schweiz                                        oder Strom –, kann die           Dank des Vertrags mit dem
 soll zwar Emissionsreduk­                                         ­Anlage selbst installieren      Con­t ractor können Energie-
 tionen im Ausland mit­                                             oder diesen Service bei einem   kosten besser budgetiert
 initiieren und -finanzieren                                        Energieunternehmen ein­         werden, und dank der exter-
 können, aber nicht an den                                          kaufen. Zweiteres nennt sich    nen Abrechnung ist immer
 schweizerischen Dekarboni-                                         Contracting. Der Contrac-       die Übersicht garantiert.
 sierungspfad anrechnen                                             ting-Auftrag kann die Liefe-    Die Kundschaft muss sich
 dürfen. Der Verein fordert        die den Klimawandel haut-        rung von Wärme, Kälte,          also nicht mit der Technik
 den Bundesrat auf, einen          nah erleben. Das renom-          Strom oder auch Prozess­        abmühen und kann stets eine
 indirekten Gegenvorschlag,        mierte Schweizer Fotogra-        energie wie etwa Dampf          optimale Leistung der Anlage
 also eine Gesetzesänderung        fenteam Braschler / Fischer      umfassen sowie Wartung          erwarten.
 statt einer Verfassungs­          zeigt eindrücklich, wie viel­    und Betrieb der zugehörigen     Auch Solarspar bietet diese
 änderung, zu unterbreiten.        fältig die Effekte des Klima-    Anlagen. Der Bezug von          Dienstleistung an und
 Das würde es erlauben,            wandels sind und wo­r unter      Energie über einen Contrac-     ­übernimmt dabei Planung,
 auf das Anliegen der Initiati-    die Betroffenen leiden.          tor kann für die Kundinnen       Finanzierung, Bau und
 ve einzugehen, ohne               Falls die Ausstellung ge-        verschiedene Vorteile haben.     ­Unterhalt der Anlage.
 die Verfassung zu ändern.         schlossen bleibt, gibt es al-
 Alternativ macht Solarspar        ternativ die Publikation
 einen Vorschlag, wie              «The Human Face of Climate                                                      Solarspar übernimmt:

 der direkte Gegenvorschlag        Change» von Braschler /
 umzu­formulieren wäre.            Fischer oder den Blick auf                                                                 Planung

 Ganze Vernehmlassungs­            braschlerfischer.com.
 antwort lesen:                    Ausstellung im Naturama in
 solarspar.ch/verein               Aarau, bis 14. März 2021,                                                                  Finanzierung
                                   naturama.ch.

                                                                                                                              Bau

                                                                                                                              Betrieb

                                   Solarspar-Magazin                                                                                      13
Solarnews

                                           FORSCHUNG                                           REKORDE

                                 Windanlage                                      Die grösste
                                 ohne Flügel                                   Anlage der Welt
                            Windkraftanlagen stehen stark in der Kritik.       Im Oktober 2020 erreichte Solarspar dieser
                            Beanstandet wird unter anderem, dass sie           Pressetext: «Weltgrösstes Photovoltaik-Kraft-
                            Schall erzeugen, die Landschaft verschandeln       werk geht in China ans Netz». Solche Head-
                            und mit ihren Rotoren Vögel und Fleder­mäuse       lines sind meist nicht lange gültig, denn die
                            bedrohen.                                          Rekorde jagen sich. Noch im Jahr 2005 konnte
                            Die spanische Firma «Vortex Bladeless» will        Deutschland mit dem Solarpark Bavaria in
                            die Windenergie nun mit einer sanfteren            Mühlhausen den Spitzenplatz für sich in An-
                            Technik nutzen. Ihre Anlagen haben keine           spruch nehmen. Die Leistung der Anlage:
                            Propeller, sondern sehen je nach Prototyp wie      10 Megawattpeak. Im Jahr 2015 standen meh-
                            eine weisse, stangenförmige Designerlampe          rere Solarkraftwerke in den USA mit Leis­
                            oder gar wie ein Phallussymbol aus. Die Idee       tungen zwischen 550 und 747 Megawattpeak
                            dahinter: Starker Wind bringt bekanntlich          nacheinander an erster Stelle.
                            auch Brücken und Hochhäuser ins Schwingen.         Und nun hat also der Energiekonzern Huanghe
                            Dieses Prinzip macht sich das spanische Un-        Hydropower Development in einem Wüsten-
                            ternehmen zunutze: Die vorbeiströmende             gebiet in Chinas abgelegener Provinz Qinghai
                            Luft lässt die Stelen vibrieren. Daraus entsteht   ein 2,2-Gigawatt-Photovoltaik-Kraftwerk
                            Schwingungsenergie, die in Strom umge­             ans Netz angeschlossen. Dieser Solarpark ist
                            wandelt wird.                                      damit fast so potent wie sämtliche Photo­
                                                                               voltaik-Anlagen der Schweiz zusammen (2019
                                                                               knapp 2,5 GW). Besonders interessant: Er
                                                                               wurde zusätzlich mit einem Speicher von
                                                                               202 Megawattstunden versehen. Kosten-
                                                                               punkt: um­gerechnet rund 1,9 Milliarden Euro.
                                                                               Bauzeit: 11 Monate.
                                                                               Der Energieexperte Hans-Josef Fell, Mitautor
                                                                               des deutschen Erneuerbare-Energien-Geset-
                                                                               zes 2020, kommentierte das ambitionierte
                                                                               Energieprojekt in der Zeitschrift «PV-Magazi-
                                                                               ne»: «Dieser Solarpark liefert verlässlich
                                                                               die Menge Strom eines Atomkraftwerks – ist
                                                                               jedoch viel billiger und schneller gebaut.»
                                                                               Dieser Artikel für das Solarspar-Magazin war
                                                                               gerade mal zur Hälfte geschrieben, da be­
Foto: vortexbladeless.com

                                                                               richtete das IT-Newsportal «golem.de», das
                                                                               aktuell grösste Solarkraftwerk der Welt
                                                                               sei der Bhadla Solar Park im indischen Bun-
                                                                               desstaat Rajasthan. Die Anlage befindet
                                                                               sich ­ebenfalls in einer Wüste und liefert
                                                                               2,245 Giga­watt.
                            Ob das spanische Start-up mit dieser Geschäfts-
                            idee dereinst tatsächlich reüssieren wird, steht
                            noch in den Sternen. Es wurde zwar durch das
                            europäische Forschungsprogramm «Horizon
                            2020» unterstützt, doch viele Energiefachleute
                            äussern sich skeptisch. Moniert wird unter
                            anderem, dass die Leistung dieser Windanla-
                            gen viel geringer ausfällt als diejenige von
                            herkömmlichen. Einige Versuchsanlagen ste-
                            hen bereits, kommerziell genutzt wird die
                            Technik noch nicht.

 14                                                  Solarspar-Magazin                                               Februar 2021, Nr. 1
STROMMARKT

                                        Afrika holt auf
         Afrika bietet ein enormes Potenzial zur Gewinnung von Sonnenenergie –
        leider wurde dieses bisher noch zu wenig genutzt. Doch nun macht sich auf
            dem zweitgrössten Kontinent der Welt Aufbruchsstimmung breit:
         Viele Länder stellen die Weichen für ambitionierte Photovoltaik-Projekte.

Es erscheint paradox: Während die
Photovoltaik weltweit den Markt
­erobert, entstehen ausgerechnet in
 einer der sonnenreichsten Regionen der
 Erde kaum neue Anlagen. 2019 ent-
 fiel mit rund 6,6 Gigawatt nur rund ein
 Prozent der weltweit installierten
 ­Photovoltaik-Leistung auf den afrika­
  nischen Kontinent.

Marktanalyse in 16 Ländern
Der «Intersolar Solarize Africa Market
Report 2020» stimmt dennoch opti-
mistisch. Er analysiert den Photovol-
taik-Markt in 16 afrikanischen Ländern

                                                                                                                                              Foto: AfricaGreentec
und zeigt, dass sich einiges tut: So sind
diverse grosse Projekte geplant, und
die politischen Rahmenbedingungen
verbessern sich stetig.
Algerien hat zum Beispiel vor, bis 2024       Eine Photovoltaik-Anlage mit Microgrid für ein Dorf in Westafrika. Im Container, dem
Photovoltaik-Anlagen mit einer Leis-          sogenannten Solartainer, ist auch eine Lithium-Ionen-Batterie, eine Wasseraufbereitungs-
                                              anlage und eine Wifi-Satelliten-Verbindung integriert.
tung von insgesamt 4 Gigawatt zu in­
stallieren. Ägypten hat Ende 2019 den
Solarpark Benban fertiggestellt. Mit          menarbeit mit dem belgischen Becque-              Trinkwasser. Ein Baustein für eine
einer installierten Endkapazität von          rel-Institut und der Intersolar Europe,           künftige umweltfreundliche Trink­
1,5 Gigawatt und sechs Millionen              einer Fachmesse für Solarenergie.                 wasserversorgung sind Wasserent­
Photo­voltaik-Panels handelt es sich um                                                         salzungs- und -aufbereitungsanlagen
eine der grössten Anlagen weltweit. Bis       Sauberes Wasser und Elektrizität                  sowie Pumpanlagen, die mithilfe
2027 plant das Land am Nil die                Da eine halbe Milliarde Menschen in               von Sonnen­energie betrieben werden.
­Installation weiterer 3,5 Gigawatt Solar­    Subsahara-Afrika ohne Zugang zu                   Damit wird der Wassermangel zu
 energie. In Kenia waren 2019 gewer­b­        ­Elektrizität lebt, analysiert der Bericht        einem zusätzlichen Treiber für die Pho-
 liche Photovoltaik-Anlagen mit einer          auch die Wettbewerbsfähigkeit von                tovoltaik. Dass innovative Lösungen
 Gesamtleistung von 500 Megawatt               lokal abgetrennten Stromnetzen,                  im Bereich Wasser in Afrika auf dem
 geplant, und in Mali wurden jüngst            ­sogenannten Microgrids. Schätzungen             Vormarsch sind, zeigt sich in Kenia:
 Verträge für einen Solarpark mit dem-          ­zufolge liegt etwa die Hälfte des              An der Küste ist eine solarbetriebene
 selben Volumen finalisiert.                     Weltmarkt­potenzials für solche Netze          Micro­grid-Entsalzungsanlage in
 «Afrika steht am Anfang einer grossen           auf dem afrikanischen Kontinent.               ­Betrieb, die täglich 25 000 Menschen
 Entwicklung. Es lässt sich wie eine             ­Saubere und zuverlässige Elektrizität          mit Frisch­wasser versorgt. Auch
 Art Welle beschreiben, die sich immer            ist einer der Schlüsselfaktoren für            schwimmende Solaranlagen gibt es in
 weiter aufbaut. Wir sind gespannt,               die ­wirtschaftliche und gesellschaft­         Afrika bereits.
 wie es weitergeht », erklärt David We-           liche Entwicklung Afrikas.                     Download des vollständigen Reports
 depohl, Geschäftsführer beim deut-               Zusätzlich befasst sich der Report mit         auf intersolar.de (Suchwort: Publi­
 schen Bundesverband für die Solarwirt-           den Synergien von Solarenergie und             kationen).
 schaft (BSW-Solar). BSW-Solar hat                Wasser. Eine Milliarde Menschen in
 den Market Report erstellt – in Zusam-           Afrika hat keinen Zugang zu sauberem                                 Texte: Mirella Wepf

                                  Solarspar-Magazin                                                                                      15
Klimanotizen

     Platz
      da!
               Die Nachteile unserer autofixier-
                ten Städteplanung sind längst
                   bekannt. Doch lange änderte sich
                     – nichts. Dank Klimajugend und
                       umsichtiger Verkehrsplanung
                         kommt endlich mehr Schwung in
                           die Neuverteilung des öffentlichen
                             Raums.

                                                                                      Foto: Keystone/Alessandro della Bella

16                      Solarspar-Magazin                       Februar 2021, Nr. 1
Foto: Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik, TU Wien
Kurz vor Weihnachten setzten Mitglie-           Bereits in den
der des Klimastreiks Schweiz nochmals           1970ern zeigte der
                                                Verkehrsforscher
zum Twittersturm an. Der Grund: Der             Hermann Knoflacher
Verband der Strassen- und Verkehrsfach-         mit seinem «Geh­
leute (VSS) hatte vorgeschlagen, die            zeug» den absurden
Parkplätze wegen der vielen grösser di-         Platzverbrauch
mensionierten Autos zu verbreitern:             von Autos auf.
von 2,35 auf 2,5 Meter. Einer der zahlrei-
chen Retweeter schrieb: «Mich faszinie-
ren Filme aus dem frühen 20. Jahrhun-
dert: auf der Strasse gehen Menschen,
keine markierten Übergänge nötig,
Autos fahren langsam und respektvoll.
Die Zukunft liegt in der Vergangenheit.»
    Die ersten Automobile waren unpo-
pulär: Weil sie Platz brauchten und Lärm      mals zurückgegangen, nachdem ab 2014          Ursula Wyss vermutet dahinter eher ein
und Staub machten. Dennoch setzte             ein Seine-Ufer für Autos gesperrt und         System: Da berufstätige Männer für be-
nach dem Zweiten Weltkrieg die grosse         der Bau von Velowegen priorisiert             rufstätige Männer planten, sei die bishe-
Massenmotorisierung ein. 2020 zählte          wurde. Dahinter steht die Bürgermeiste-       rige Verkehrsplanung hauptsächlich auf
man in der Schweiz 4,7 Millionen Perso-       rin Anne Hidalgo, die sich für die «Ville     die Spitzenzeiten morgens und abends,
nenwagen, mehr als einer pro zwei Ein-        du ¼ h» einsetzt: Jede Pariserin, jeder       von Montag bis Freitag, ausgelegt. Was
wohner. Dabei besitzt fast die Hälfte der     Pariser soll alles, was sie oder er im All-   dazwischen passiere, wenn ältere Men-
heute in einer Stadt lebenden Menschen        tag braucht, innert 15 Minuten erreichen.     schen oder Eltern mit Kindern im öf-
kein Auto. Ein Drittel des CO2-Ausstos-       Dafür sollen künftig die grössten Ver-        fentlichen Raum unterwegs sind, werde
ses geht aufs Konto des Verkehrs (Flug-       kehrswege für den motorisierten Ver-          untergeordnet.
verkehr nicht mitgerechnet) – den             kehr gesperrt und stattdessen mit siche-          In den Tessiner Dörfern Canobbio
Gross­teil (73 %) davon verursachen Per-      ren Velowegen ausgestattet werden.            und Giubiasco hat dennoch ein Mann die
sonenwagen. Und auch der Platz, den           E-Lastkarren und E-Lastenräder über-          Aufwertung des öffentlichen Raums er-
Autos beanspruchen, mindert unsere            nehmen den Transport von Gütern.              möglicht: der Architekt und Verkehrs­
Lebensqualität; zudem erhitzen die vie-       60 000 Parkplätze (72 %) sollen aufge-        planer Lorenzo Custer. Mit langjähriger
len asphaltierten Flächen unsere Städte.      hoben werden für Fussgängerzonen,             Überzeugungsarbeit bewies er der Dorf-
Das Platz- und Hitzeproblem werden            Grünflächen und Spielplätze.                  bevölkerung, wie aus öden Parkplätzen
auch Elektromobile nicht lösen.                                                             offene Begegnungsräume mit Sitzgele-
                                              Für alle Nutzergruppen planen                 genheiten, Brunnen oder einer Boccia-
Vortritt für flächeneffiziente                Hierzulande gilt die frühere SP-Natio-        bahn werden können.
Verkehrsmittel                                nalrätin und heutige Berner Verkehrsdi-
Ein heutiger Parkplatz misst zwölf Qua-       rektorin Ursula Wyss als Vorreiterin          Vorteil fürs Stadtklima
dratmeter und ist damit grösser als viele     einer neuen städtischen Verkehrspolitik.      Werden Parkplätze aufgehoben, ent-
Kinderzimmer. Im Vergleich dazu               Was ist ihr Rezept? «Je enger es ist, desto   steht nicht nur mehr Raum für Men-
braucht das Tram bei Stillstand lediglich     mehr spricht für flächeneffiziente Ver-       schen und Begegnungen, sondern auch
2,8 Quadratmeter pro Person. Unschlag-        kehrsmittel wie zu Fuss gehen, ÖV und         für Bäume und Pflanzen. Bäume kühlen
bar ist der Raumbedarf einer Fussgän­         das Velo», sagte sie in einem Interview       die Luft in ihrer näheren Umgebung um
gerin oder eines Velofahrers: circa ein       zum «Beobachter». Essenziell für die Si-      zwei bis vier Grad; und Grünflächen tra-
Quadratmeter bei Stillstand und sechs         cherheit seien abgetrennte Velowege.          gen zur Versickerung des Regenwassers
Quadratmeter bei Fahrt mit Tempo 30.          Dafür müssen in Bern mittelfristig die        bei. Vielerorts entstehen zurzeit Bürger­
    Der Verkehrsforscher Hermann              Hälfte der öffentlichen Parkplätze aufge-     initiativen, die die Stadt grüner und «fit
Knoflacher führte mit seinem Gehmobil         hoben werden. Auch in Zürich überlegt         für heisse Sommer» machen wollen, wie
bereits in den 1970er-Jahren den absur-       die rot-grüne Regierung, den histori-         der 2020 in Zürich gegründete Verein
den Platzbedarf eines Autos vor. Mit Er-      schen Parkplatzkompromiss aus den             Stadtgrün. In St. Gallen und Basel lan-
folg: Sein Konzept – Vorfahrt für effizi-     Neunzigerjahren umzustossen. Daran            cierte Umverkehr 2020 die Stadtkli-
ente Verkehrsmittel sowie Marktpreise         führt wohl kein Weg vorbei, wenn die          ma-Initiativen – Bern, Genf, Winterthur
für Parkplätze – wurde in Wien, Inns-         Stadt die siegreiche Volksinitiative «Si-     und Zürich folgen diesen Frühling: Die
bruck und anderen Städten teilweise           chere Velowege jetzt!» von Herbst 2020        Initiative verlangt, einen Teil des Stras-
umgesetzt.                                    umsetzen will.                                senraums in Grünraum mit vielen
    In den letzten Jahren hat die Neuver-        Ist es ein Zufall, dass mit Ursula         ­Bäumen umzuwandeln, um die Städte
teilung des Strassenraums auch in ande-       Wyss in Bern, Karin Rykart in Zürich           hitzebeständiger und lebenswerter zu
ren Städten Fahrt aufgenommen. In Paris       und Anne Hidalgo in Paris gerade drei          ­machen.
ist die Nutzung von Autos seit 1940 erst-     Frauen den Stadtverkehr umkrempeln?                                      Marion Elmer

                                  Solarspar-Magazin                                                                                 17
Standpunkt

«Die Förderung
 soll ­Risiken                                                                   Wie sollte die zukünftige Photovoltaik-För-
                                                                           derung also aussehen? Grundsätzlich soll die

 ­verringern»
                                                                           Förderung die Risiken von Photovoltaik-Anla-
                                                                           gen minimieren. Denn aufgrund der aktuellen
                                                                           Rahmenbedingungen bleiben interessierte In-
                                                                           vestorinnen derzeit zurückhaltend. Zum einen
                                                                           muss die Investitionssicherheit erhöht werden,
 Die Energiewissenschaftlerin Léonore Hälg                                 indem die Unterstützung zeitnah, also ohne
 zeigt auf, welche Förderinstrumente sich                                  lange Wartefristen, zugesichert wird. Dafür
                                                                           muss die vom Bundesrat angedachte Obergren-
 ­eignen, um den Ausbau der Photovoltaik in                                ze des Netzzuschlags bei 2,3 Rappen pro Kilo-
  der Schweiz effektiv voranzubringen.                                     wattstunde mindestens flexibilisiert oder ganz
                                                                           weggelassen werden, um einen genug grossen
                                                                           Fördertopf bereitzustellen.
                                                                                 Zum anderen sollen zukünftige Anlagenbe-
                        Die Schweiz braucht mehr Photovoltaik – weil       sitzer damit rechnen dürfen, mit dem einge-
                        wir in Zukunft mehr Strom brauchen werden.         speisten Strom einen sicheren Ertrag zu erzie-
                        Der Ersatz der Kernkraftwerke und die Schwei-      len. Für kleine Photovoltaik-Anlagen lässt sich
                        zer Klimaziele bedingen eine zusätzliche jähr­     dieses Problem durch fixe kostendeckende
                        liche Stromproduktion von 35 bis 45 Terawatt-      Rückliefertarife lösen. Die Tarife sollen in der
                        stunden aus neuen erneuerbaren Quellen.            ganzen Schweiz gleich sein und den heutigen
                            Die Schweiz braucht mehr Photovoltaik –        Flickenteppich ablösen, wo jedes Energie­
                        weil die Sonnenenergie das grösste ungenutzte      versorgungsunternehmen den Rückliefertarif
                        Potenzial hat. Die Berechnungen gehen zwar         selbst festlegt.
                        auseinander, aber 30 bis 33 Terawattstunden auf          Insbesondere bei Photovoltaik-Grossanla-
                        Dachflächen und Fassaden scheinen realistisch.     gen erhöhen Unsicherheiten über den zukünf-
                            Nun wurde in den letzten Jahren die Photo-     tigen Kapitalfluss die Risikomarge von Geld­
                        voltaik-Stromproduktion ausgebaut – im Jahr        gebern und verteuern so die Investitionen. Effi-
                        2019 erreichte die Sonnenenergie rund 2,2 Tera-    zient Abhilfe schaffen können wettbewerbliche
                        wattstunden. Wenn wir aber in diesem Tempo         Ausschreibungen – allerdings nicht wie vom
                        weitermachen, erreichen wir die benötigten         Bundesrat vorgeschlagen für einmalige Investi-
 Dr. Léonore Hälg ist   40 Terawattstunden erst im Jahr 2127.              tionsbeiträge, sondern für gleitende Markt­
 wissenschaftliche          Obwohl der Bau von Photovoltaik-Anlagen        prämien. Diese garantieren einen fixen Min-
 Mitarbeiterin am       seit 2009 gefördert wird, hapert es also mit dem   destpreis, indem sie bei tiefen Strompreisen den
 Institut für Umwelt    Ausbau. Wo liegen die Probleme? Einerseits         Unterschied decken. So wird das Risiko von
 und Natürliche         führte die Limitierung der verfügbaren Förder-     ­t iefen und schwankenden Strompreisen vom
 Ressourcen der
                        mittel zu langen Wartezeiten für Unterstüt-         Photovoltaik-Anlagenbesitzer auf den Förder-
 ZHAW und Mitglied
                        zungsleistungen. Andererseits werden durch          topf übertragen.
 der Forschungs-
 gruppe für Erneuer-    die Abschaffung der kostendeckenden Einspei-             Die Schweiz muss den Photovoltaik-Ausbau
 bare Energien.         severgütung und die tiefen Rückliefertarife         massiv beschleunigen. Dies ist nur mit einer
                        kleine Anlagen auf Eigenverbrauch optimiert         umfassenden und risikomindernden Förderung
                        und grosse Anlagen ohne Eigenverbrauch gar          möglich. Lasst uns diese endlich umsetzen.
                        nicht erst realisiert.
                            Mit der anstehenden Revision des Energie-
                        gesetzes – beziehungsweise der angedachten
                        Zusammenführung der Energie- und Strom­
                        versorgungsgesetze – können diese Probleme
                        angegangen und die Weichen für einen gross­
                        flächigen Ausbau der Photovoltaik gestellt
                        ­werden.

 18                            Solarspar-Magazin                                                                Februar 2021, Nr. 1
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Solarbetriebene Laterne aus Glas
Eine Stunde Sonne für eine Stunde Licht. Ein Photovoltaik-Modul im
­Deckel fängt die Sonnenenergie für die Akkus ein, die vier kleine LEDs
 zum Leuchten bringen.
Einmal aufgeladen, spendet das Sonnenglas weiches, helles Licht: für
den romantisch gedeckten Tisch, als Aufsteller in dunklen Wintertagen
oder mit Kugeln gefüllt als Dekoration für Weihnachten. Das Glas wird in
Südafrika von Hand und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt.
Das Glas gibt es in zwei Grössen.
■ 18 × 11,5 cm (Durchmesser), 31.50 statt 35 Franken
■ 11 × 8,5 cm (Durchmesser), 28.80 statt 32 Franken
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                                              LuminAID: aufblasbare Solarlampe, die schwimmt
                                              Die PackLite Nova USB ist mit ihren 75 Lumen Helligkeit ideal für
                                              ­Balkon-, Garten- oder Campingfreunde. Die Leuchte enthält zwölf LEDs
                                               und kann über das eingebaute Solarpanel oder mit Kabel aufgeladen
                                               werden. Sie bietet vier Helligkeitsstufen und eine Blinkfunktion.
                                               Alle Be­stand­teile sind bleifrei und entsprechen den EU-Umwelt­-
                                               richt­linien. Die Hülle besteht aus Kunststoff (TPU).
                                              12 × 12 × 2 cm gefaltet, 12 × 12 × 12 cm aufgeblasen, 100 Gramm
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Bestellungen: Solarspar, Bahnhofstrasse 29, 4450 Sissach
Bestelltelefon: 061 205 19 19, Webshop: www.solarspar.ch/online-shop
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