Die "Archies" gewinnen den Watt d'Or - Stadt Solothurn: Legendär seit 2000 Jahren

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Die "Archies" gewinnen den Watt d'Or - Stadt Solothurn: Legendär seit 2000 Jahren
No 1/2020

Die «Archies»
gewinnen den
Watt d'Or
Seite 6

Stadt Solothurn:
Legendär seit 2000 Jahren
Seite 18
Die "Archies" gewinnen den Watt d'Or - Stadt Solothurn: Legendär seit 2000 Jahren
Wir bauen unsere Website strom-online.ch um. Sie soll informativer, übersichtlicher, lehrreicher und spannender
                                                              werden. Helfen Sie uns dabei und gewinnen Sie mit etwas Glück ein E-Bike oder ein Wellnessweekend.

                                                              Sagen Sie uns die Meinung
                                                              und gewinnen Sie
                                                              Unsere Zeitschrift gibt es auch online. Und im Internet wollen          eignetes Material, um komplexe Zusammenhänge verständlich
                                                              wir Ihnen noch viel mehr bieten. Bei der Neugestaltung unserer          zu erklären?
                                                              Website zählen wir nun auf Sie.                                         Wir laden Sie ein, uns Ihre Meinung zu sagen. Mit etwas Glück
                                                              Was mögen Sie an strom-online.ch? Sind es die Beiträge über             gewinnen Sie sogar ein E-Bike oder ein Wellnessweekend. Mit
                                                              Elektrizität? Oder möchten Sie mehr über Ökologie, Umwelt               Ihrer Hilfe gestalten wir einen neuen Online-Auftritt, der weit
                                                              oder nachhaltigen Lifestyle lesen? Würden Sie unsere Website            mehr sein kann als eine Sammlung von Bildern, Texten und
                                                              besuchen, wenn Sie ein umweltfreundlicheres Heizsystem su-              Infografiken. Er soll Ratgeber werden, Nachschlagewerk, Lehr-
                                                              chen? Oder unterrichten Sie an einer Schule und brauchen ge-            mittel und eine Quelle von sehr vielen Aha-Erlebnissen.

                                                                                                                                                                    Ihr «strom-online»-Redaktionsteam

                                                                                                                                              m
                                                                                                                                a g e bis zu
                                                                                                                          Umfr pril 2020 er
                                                                                                                            20. A füllen unt ge
                                                                                                                                 aus           mfra
                                                                                                                         online line.ch/u ück
                                                                                                                             -on             s Gl
                                                                                                                       strom d mit etwa innen.
                                                                                                                           un               ew
                                                                                                                               e n P reis g                        1. Preis: Ein E-Mountainbike
                                                                                                                           ein                                     der Marke BULLS

                                                                                                                                                            VON TOUR BIS TRAIL-ACTION
                                                                                                                                                            Mit dem SONIC EVO TR 2 steht dem Fahrspass
                                                                                                                                                            nichts mehr im Wege. Ob im anspruchsvollen
                                                                                                                                                            Gelände, auf einer spontanen Trail-Tour oder im
                                                                                                                                                            Grossstadtdschungel, dieses E-Mountainbike ist
                                                                                                                                                            der richtige Begleiter für ein sportliches und
                                                                                                                                                            zugleich sicheres Fahrerlebnis. (Abb. ähnlich,
                                                                                                                                                            Wert: CHF 4899.–)
                                                                                                                                                            bulls.de
Fotos: zVg BULLS / zVg Park-Hotel am Rhein / zVg Le Bristol

                                                                                              2. Preis: Genuss & Wellness                                  3. Preis: Genuss & Thermal-Wellness
                                                                                              Park-Hotel am Rhein****                                      Le Bristol**** Hotel & SPA

                                                                                              GENIESSER-WEEKEND AM RHEIN                                   OASE ALPINER RUHE UND HARMONIE
                                                                                              Verbringen Sie zu zweit ein entspanntes Wochen­              Geniessen Sie zu zweit ein erholsames Wochenende
                                                                                              ende im Park-Hotel am Rhein in Rheinfelden und               im Hotel Le Bristol in Leukerbad. Der Preis beinhaltet
                                                                                              geniessen Sie die wohltuende Ruhe. Der Preis                 2 Nächte im Superior-Doppelzimmer mit Südbalkon,
                                                                                              beinhaltet 2 Nächte im Doppelzimmer, Frühstücks-             Frühstücks­buffet, ein 4-Gang-Abendessen, ein Walliser
                                                                                              buffet, ein Galadiner sowie freien Eintritt in die           Käse­fondue sowie freien Zugang zur über 2000 m2
                                                                                              Wellnesswelt «sole uno». (Wert: CHF 935.–)                   grossen Wellnessoase. (Wert: CHF 758.–)
                                                                                              park-hotel.ch                                                lebristol.ch

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                                                                                                                     Energiewende                                             6	Grosser Preis für die kleinen Archies Hybrid-
                                                                                                                                                                                 werk-STORE&GO gewinnt den Watt d'Or
                                                                                                                     Erdgas und Biogas sind vielseitig. Mit ihrem Einsatz
                                                                                                                     bleiben unsere Wohnungen warm, wird das Essen gar        8	Der Anfang vom Ende der Kernenergie Das
                                                                                                                     und die Grillwurst knackig. Wir können Auto fahren          Kernkraftwerk Mühleberg ist vom Netz.
                                                                                                                     oder Dampf, heisses Wasser, Kälte und auch elektri-         Gleichzeitig werden die Vorbereitungen für
                                                                                                                     schen Strom erzeugen, sogar dezentral. Umgekehrt            ein definitives Tiefenlager immer konkreter
                                                                                                                     lässt sich erneuerbarer Strom zu erneuerbarem Gas
                                                                                                                     wandeln. Das dazu eingesetzte Power-to-Gas-Ver-         12	Infografik Stromerzeugung verursacht noch
                                                                                                                     fahren hat das Potenzial, eine Schlüsseltechnologie         immer sehr grosse Klimagas-Emissionen
                                                                                                                     fürs Gelingen der Energiewende zu werden. So kann
                                                                                                                     im Sommer überschüssiger Solarstrom in erneuer-         14	Erleuchtung in Lohn-Ammannsegg Die
                                                                                                                     bares Gas umgewandelt und über lange Zeiträume              Gemeinde hat auf einen Schlag die ganze
                                                                                                                     im Gassystem gespeichert werden. Das Power-to-              Strassenbeleuchtung ausgetauscht
                                                                                                                     Gas-Verfahren ist zurzeit eine der ganz wenigen
                                                                                                                     Technologien, die auch für sogenannte Saisonspei-       16	Wege und Ziele Die Aare ist der längste
                                                                                                                     cher tauglich sind. Zudem lässt sich die vorhandene,        Wasserweg der Schweiz
                                                                                                                     wertvolle Netzinfrastruktur nutzen. Es freut uns
                                                                                                                     sehr, dass unser Hybridwerk in Kombination mit der      18	Legendär seit 2000 Jahren Solothurn feiert
                                                                                                                     EU-Forschungsanlage STORE&GO mit dem Watt d’Or              2020 ein Jubiläum mit vielen Höhepunkten
                                                                                                                     2020 des Bundesamts für Energie ausgezeichnet
                                                                                                                     wurde. Nach dieser Anerkennung hoffen wir nun           20	Pellets für die Schule Das Schulhaus Vorstadt
                                                                                                                     auf konkrete Taten seitens des Gesetzgebers. So soll        hat eine neue Heizung
                                                                                                                     die Power-to-Gas-Technologie gegenüber Pumpspei-
                                                                                                                     cherkraftwerken nicht mehr benachteiligt, sondern       22	Saubere Energie aus Abfall Die Kehrichtver-
                                                                                                                     ebenso vom Netznutzungsentgelt befreit werden.              brennung erzeugt Fernwärme und Strom
                                                                                                                     Auch müssen das CO2-Gesetz sowie die kantonale
                                                                                                                     Gesetzgebung so ausgestaltet sein, dass dieses erneu-   23	Preisrätsel Gewinnen Sie ein Wochenende im
                                                                                                                     erbare Gas und seine Anwendungen Teil des neuen             Drei-Seen-Land oder eine Reise mit Eurobus
                                                                                                                     Energiesystems sein können. Wir sind bereit, mit
                                                                                                                     Vollgas und innovativen Ideen den Weg in Richtung
                                                                                                                     Energiewende zu gehen.
Titelbild: zVg Bundesamt für Energie (BFE) Fotos: Michel Lüthi, Bilderwerft media / Samuel Müller, Studio Jeker

                                                                                                                     Kommen Sie mit?

                                                                                                                                                                                 6

                                                                                                                     Felix Strässle,
                                                                                                                     Direktor
                                                                                                                     Regio Energie
                                                                                                                     Solothurn

                                                                                                                  Regio Energie Solothurn
                                                                                                                  Rötistrasse 17, 4502 Solothurn
                                                                                                                                                                               14
                                                                                                                  Hauptnummer		                    032 626 94 94
                                                                                                                  Pikett Strom 		                  032 622 47 61
                                                                                                                  Pikett Gas/Wasser/Fernwärme      032 622 37 31
                                                                                                                  Energieberatung		                032 626 94 40
Die "Archies" gewinnen den Watt d'Or - Stadt Solothurn: Legendär seit 2000 Jahren
Spotlights

                                                                            Wo ist die nächste                                                   «StauWerke»
                                                                            Stromtankstelle?                                                     Der Fotograf Simon Walther zeigt in seinem
                                                                                                                                                 Bildband «StauWerke» 47 Stauanlagen aus
                                                                                                                                                 teilweise ungewohnter Perspektive. Fas­­
                                                                                                                                                 ziniert vom Zusammenspiel von Natur und
                                                                                                                                                 Technik unter den harschen Bedingungen
                                                                                                                                                 des alpinen Klimas, setzt er die Energie und
                                                                                                                                                 die Kraft, die jedes Stauwerk birgt, künst­
                                                                                                                                                 lerisch in Szene. Ergänzt werden die Bilder
                                                                                                                                                 durch Texte von Köbi Gantenbein, Verleger
                                                                                                                                                 der Architekturzeitschrift «Hochparterre».
                                                                                                                                                 196 Seiten, 120 Abbildungen (teilweise dop-
                                                                                                                                                 pelseitig), Hochformat 24 × 33 cm, Benteli-
                                                                                                                                                 Verlag, Bern.

                                                                            In einem neuen Verzeichnis sind schweizweit die meisten öffent-
                                                                            lichen Ladestationen für Elektrofahrzeuge aufgeführt. Bei einem
                                                                            Klick auf eine bestimmte Station werden die jeweiligen Objekt­
                                                                            informationen angezeigt, zum Beispiel Typ und Anzahl der Steck-
                                                                            dosen, die verfügbare elektrische Leistung und die genaue
                                                                            ­Adresse. Das Verzeichnis ist offen für alle Anbieter öffentlicher
                                                                             Elektroladestationen. ich-tanke-strom.ch

                                                                                                                     Insgesamt 41 grenzüberschreitende Strom­leitungen
Fotos: Alamy / zVg Simon Walther/Benteli, Imprint der Braun Publishing AG

                                                                                                                     verbinden die Schweiz mit dem benachbarten
                                                                                                                     Ausland. Kein anderes Land Europas hat mehr sol­che

                                                                            41
                                                                                                                     Grenzleitungen. Dass die Länder Europas durch
                                                                                                                     Stromleitungen mit­einan­der verbunden sind, trägt
                                                                                                                     sehr viel zur Sicherheit der Stromversorgung bei.
                                                                                                                     Der Ausfall einzelner Kraftwerke oder Verbindungs-
                                                                                                                     leitungen kann so kompensiert werden.

                                                                            4
Die "Archies" gewinnen den Watt d'Or - Stadt Solothurn: Legendär seit 2000 Jahren
Die LED wird zum Standard
Bei den Verkäufen von Leuchtmitteln haben im Jahr 2018 die Leuchtdioden
(LEDs) erstmals die Glühlampen überrundet. Die LEDs verzeichneten gegenüber
dem Jahr 2017 eine beeindruckende Steigerung von 28,3 auf 42,8 Prozent. Die
am meisten verkauften Lampen (40,8 Prozent) sind LED-Retrofitleuchtmittel,
das heisst, diese lassen sich in herkömm­liche Glühlampenfassungen schrauben.

50%
                                                                   Anteil
45%                                                                LED-Lampen
40%                                                                Anteil
                                                                   Glühlampen
35%

30%

25%

20%

15%

10%

 5%

 0%
      2015                            2016   2017           2018
      Quelle: Schweizer Licht-Gesellschaft

                                                                                5
Die "Archies" gewinnen den Watt d'Or - Stadt Solothurn: Legendär seit 2000 Jahren
Andrew Lochbrunner (links) und
                                                                                                                                                                      Felix Strässle mit den kleinen
                                                                                                                                                                   grünen Mitarbeitern im Glas. Sie
                                                                                                                                                                    wohnen und arbeiten in einem
                                                                                                                                                                   Wolkenkratzer in der STORE&GO-
                                                                           Das Hybridwerk der Regio Energie Solothurn in Verbindung mit dem                             Anlage in Zuchwil (unten).
                                                                           EU-Forschungsprojekt STORE&GO gewinnt den Watt d'Or 2020.

                                                                           Grosser
                                                                           Preis für
                                                                           Milliarden
                                                                           kleiner
                                                                           «Archies»
                                                                               Text: Andreas Schwander

                                                                           «Archies» nennt man sie bei der Regio       STORE&GO umgesetzt wird, wurde nun
                                                                           Energie Solothurn, die vielen Milliarden    mit dem renommierten Watt d’Or des
                                                                           Archaeen, die in der STORE&GO-Anlage        Bundesamts für Energie (BFE) in der
Fotos: Michel Lüthi, Bilderwerft media / zVg Bundesamt für Energie (BFE)

                                                                           in Zuchwil leben. Diese Urbakterien exis-   Kategorie «Erneuerbare Energien» aus-
                                                                           tieren seit rund dreieinhalb Milliarden     gezeichnet. Dieses Power-to-Gas-Verfah-
                                                                           Jahren auf der Erde. Sie fressen Was-       ren, das elektrische Energie in chemische
                                                                           serstoff und Kohlendioxid, bekommen         Energie umwandelt und damit langfris-
                                                                           Blähungen und stossen dabei Methan          tig speicherbar macht, ist in Kombinati-
                                                                           aus. «Dieses Methan kann dann in unbe-      on mit der biologischen Methanisierung
                                                                           grenzten Mengen im Erdgasnetz eingela-      eine Schlüsseltechnologie für das künf-
                                                                           gert werden», sagt Andrew Lochbrunner,      tige Energiesystem.
                                                                           der «Adoptivvater» der «Archies» und
                                                                           Projektleiter STORE&GO bei der Regio        Lösung für Speicherung
                                                                           Energie Solothurn.                          und Transport
                                                                           Das Projekt «Biologische Methanisie-        Im Hybridwerk der Regio Energie Solo-
                                                                           rung mit Archaeen im Hybridwerk», das       thurn in Zuchwil wird erst mit zwei
                                                                           im sogenannten Power-to-Gas-Verfahren       Elektrolyseuren elektrisch erneuerbarer
                                                                           über die zwei Anlagen Hybridwerk und        Wasserstoff hergestellt. Diesen wandeln

                                                                           6
Die "Archies" gewinnen den Watt d'Or - Stadt Solothurn: Legendär seit 2000 Jahren
die Archaeen dann, zusätzlich gefüttert    beanspruchten Stromnetzes. Denn das            «Wir sind jetzt an jenem Punkt ange-
mit Kohlendioxid aus der nahen Abwas-      eingespeiste Gas kann an jedem belie-          langt, von dem aus man die Sache skalie-
serreinigungsanlage, in Methan um. Das     bigen anderen Ort verlustfrei wieder           ren kann», sagt Andrew Lochbrunner
erneuerbare Gas ist chemisch identisch     dem Gasnetz entnommen werden.                  deshalb. Das System funktioniert, und
mit dem fossilen Erdgas im Gasnetz.        Das Projekt STORE&GO war ein breit             das Prinzip hat sich bewährt. Die Schwie-
Zwar könnte der Wasserstoff auch di-       angelegtes EU-Projekt im Rahmen des            rigkeiten, die es im Pilotprojekt gab,
rekt eingespeist werden, allerdings aus    Forschungsprogramms «Horizon 2020»,            betrafen die Mess- und Regelsysteme.
technischen Gründen nur in viel kleine-    das während vier Jahren an mehreren            Doch solche bisher manuell ausgeführte
ren Mengen. Für Methan dagegen gibt es     Standorten in Europa unterschiedliche          Eingriffe in Schaltungen und Computer-
keine Einschränkungen.                     Technologien von Power-to-Gas testete.         programme zu übertragen, ist das tägli-
Ohne Kern- und Kohlekraftwerke sind        Projektleiter Andrew Lochbrunner ist           che Brot in der Prozessautomation. Ist es
wir immer stärker auf nur bedingt plan-    überzeugt von der Technologie der bio-         einmal so weit, kann die Präsenzzeit vor
bare Stromerzeuger wie Wind- und So-       logischen Methanisierung. «Ich bin ein         Ort auf Kontrollgänge reduziert werden.
laranlagen angewiesen. Mit Wärmepum-       grosser Fan von diesen Viechern gewor-
pen und Elektroautos in stark steigender   den», sagt er. «Sie verhalten sich sehr        Die «Archies» sind
Zahl nehmen zudem die Anforderungen        gutmütig. Man kann sie ‹wecken›, indem         politisch benachteiligt
ans Stromnetz stark zu. Das heutige Netz   man Wasserstoff und Kohlendioxid in das        Während die technischen Probleme wei-
genügt diesen neuen Anforderungen aber     System einleitet, und auch schnell wieder      testgehend gelöst sind, bestehen noch
nur bedingt, und der Ausbau hinkt den      ‹in die Ferien schicken›, wenn die Anlage      politische und regulatorische Schwie-
Bedürfnissen immer weiter hinterher.       abgeschaltet werden soll.» Zudem reagie-       rigkeiten. So müssen etwa Pumpspei-
                                           ren die Archaeen nur, wenn sie mit Gas         cherkraftwerke für den Strom, den sie
«Ich bin Fan von                           gefüttert werden. Das System kann sich         speichern, keine Netznutzungsgebühr
diesen Viechern!»                          demnach nie selbstständig machen und           zahlen. Dagegen wird für den Über-
Die Archaeen lösen deshalb gleich zwei     ausser Kontrolle geraten. Das macht die        schussstrom, den die Archaeen in Gas
Probleme der Energiewende: die Spei-       biologische Methanisierung ideal geeig-        verwandeln, eine Nutzungsgebühr fürs
cherung von Strom in Form von Gas          net für relativ spontane Einsätze, wie sie     Stromnetz fällig. Damit wird Power-to-
und den Transport der gespeicherten        in der zukünftigen Energiewelt immer           Gas gegenüber klassischen Speicherme-
Energie ausserhalb des immer stärker       gefragter werden.                              thoden finanziell massiv benachteiligt,
                                                                                          obwohl es nicht nur Energie speichert,
                                                                                          sondern das Stromnetz sogar entlastet.
                                                                                          Felix Strässle, Direktor der Regio Energie
                                                                                          Solothurn, sagte denn auch an der Preis-
                                                                                          verleihung des Watt d’Or in Bern: «Wir
                                                                                          müssen wegkommen von der gedank-
                                                                                          lichen Einbahnstrasse und ein neues
                                                                                          Systemdenken entwickeln.» So stehen
                                                                                          die Chancen gut, dass die Auszeichnung
                                                                                          ein erster Schritt und ein Denkanstoss
                                                                                          in diese Richtung wird. Dann könnte
                                                                                          Andrew Lochbrunner künftig Adoptiv-
                                                                                          vater von vielen Milliarden zusätzlichen
                                                                                          «Archies» werden.

                                                                            Maskottchen «Archie»
                                                                            sitzt stellvertretend
                                                                            für viele Millionen Kolle-
                                                                            gen auf den Armaturen
                                                                            der STORE&GO-Anlage.

                                                                                                                                  7
Die "Archies" gewinnen den Watt d'Or - Stadt Solothurn: Legendär seit 2000 Jahren
Abbruch: Im Kernkraftwerk
                                       Mühleberg wird mittlerweile
                                       kein Strom mehr produziert,
                                           die nächsten Jahrzehnte
                                       gehören der Demontage und
                                                     dem Rückbau.
Fotos: Michele Di Fede / zVg BKW

                                                                     Aufbruch: In den Kavernen
                                                                     des Felslabors im Mont
                                                                     Terri beginnt die atomare
                                                                     Zukunft. Mittlerweile ist
                                                                     klar, in welchen Gesteins-
                                                                     schichten und mit welchen
                                                                     Systemen die radioaktiven
                                                                     Abfälle gelagert werden.

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Die "Archies" gewinnen den Watt d'Or - Stadt Solothurn: Legendär seit 2000 Jahren
Während in Mühleberg der Rückbau beginnt,            Das alte Kraftwerk
               plant die Nagra das Tiefenlager.          sieht aus wie neu
                                                          Während man im Labor und in der End-

      Die
                                                          lagerung alle Zeit der Welt hat, läuft die
                                                          Zeit im Kernkraftwerk Mühleberg ab. Im
                                                          September 2019 wurden die letzten Jour-
                                                          nalistengruppen durchs Werk geführt.
                                                          Die Vorbereitungen für das Abschalten
                                                          am 20. Dezember und die anschliessende

  nächste
                                                          Stilllegung waren schon alle im Gang. Die
                                                          Mitarbeiter haben sich damit abgefun-
                                                          den, dass sie von Betriebs- zu Abbauspe-
                                                          zialisten werden. Das gibt nicht weniger,
                                                          sondern andere Arbeit – auch wenn es sie
                                                          wurmt, ein funktionierendes Kraftwerk

   Eiszeit
                                                          in bestmöglichem Zustand abreissen zu
                                                          müssen. Alles in der Anlage sieht aus wie
                                                          neu, poliert, geputzt, jedes Detail sagt:
                                                          «Hier wurde nirgends gespart.»
                                                          Ursprünglich ging man bei der Tiefenla-
                                                          gerung davon aus – in einer Weiterent-

  kommt
                                                          wicklung des «Réduit-Gedankens» –, dass
                                                          der Granit der Alpen das richtige Gestein
                                                          sein könnte, um die Reste der atomaren
                                                          Stromproduktion für immer aufzuneh-
                                                          men. Deshalb gibt es auch im Grimsel
                                                          ein Felslabor. Vor allem in Finnland und

bestimmt
                                                          in Schweden, wo der Bau von Tiefenla-
                                                          gern für hochradioaktive Abfälle schon
                                                          weiter vorangeschritten ist, stellt Granit
                                                          das «Wirtsgestein der Wahl» dar, wie
                                                          Georg Fiedler von Swisstopo erklärt. In
                                                          Deutschland setzte man auf Salz, unter
                                  Text: Andreas Schwander anderem im stillgelegten Salzbergwerk
                                                          Asse. Das entpuppt sich nun als Fiasko.
                                                          In der Salzlauge konnte Radioaktivität
           Man hat Zeit hier. Unendlich viel Zeit. Die nachgewiesen werden, es gab Wasserein-
           Stollen des Felslabors ziehen sich Hun- brüche, und die Stollen drohen einzustür-
           derte von Metern durch den Mont Terri zen. Nun müssen alle bereits deponierten
           beim jurassischen Städtchen St-Ursanne. Abfälle wieder herausgeholt werden.
           Betrieben wird es vom Bundesamt für Das liegt allerdings nicht am Salz, das
           Landestopografie (Swisstopo). Hier su-­ Radioaktivität sehr gut eindämmt. Das
           chen 21 internationale Forschungspart- Pro­blem ist der alte menschliche Reflex,
           ner nach Lösungen, wie die Abfälle aus nicht mehr gebrauchte Hohlräume mit
           der Atomstromproduktion gelagert wer- Müll zu füllen. Aus Asse wurde so viel
           den können. «Uns interessiert die Klima­ Salz herausgeholt wie möglich, danach
           erwärmung weniger. Uns interessiert die konnten die Stollen einstürzen. Dass da
           nächste Eiszeit», sagt Patrick Studer, jemand später noch etwas hineinstellen
           Sprecher der Nagra, der Nationalen Ge- könnte, war nie vorgesehen.
           nossenschaft zur Lagerung radioaktiver
           Abfälle. An die leichten Absurditäten Neue Anlagen
           des superlangfristigen Denkens gewöhnt für die ewige Ruhe
           man sich nur allmählich. Entscheidend Auch das ist deshalb eine Erkenntnis des
           für die Lagerung von radioaktiven Ab­ Felslabors. Für ein Tiefenlager kommen
           fällen ist, dass sie nicht von einem künf- nur komplett neu gebaute Anlagen in Fra-
           tigen Reuss-, Aare- oder Rhonegletscher ge – keine alten Bergwerke, keine natür-
           aus der Versenkung gehobelt werden.            lichen Höhlen und keine Bunkeranlagen

                                                                                                  9
Die "Archies" gewinnen den Watt d'Or - Stadt Solothurn: Legendär seit 2000 Jahren
den 1980er-Jahren beim Bau der Auto-                 sem Wasser auch Bakterien. Kaum erhal-
                                                                      bahn A16 «Transjurane» bei St-Ursanne                ten sie durch eine Bohrung mehr Platz,
                                                                      eine Tongesteinsschicht mit dem Na-                  werden sie aktiv und fressen Gas, das bei
                                                                      men Opalinuston anschnitt, erkannten                 der Korrosion der Stahlbehälter entsteht,
                                                                      die Geologen, dass sich ihnen hier ein               was erwünscht ist, da dies den Druck im
                                                                      ideales Spielfeld bot. Ab 1996 war es so             Gestein reduziert. Allerdings könnten die
                                                                      weit, das Labor wurde eröffnet. Tonge-               Bakterien in der Nähe des metallenen Be-
                                                                      steine sind schon lange dafür bekannt,               hälters auch die Korrosion fördern, und
                                                                      dass sie radioaktive Stoffe zurückhal-               das ist ganz und gar nicht erwünscht.
                                                                      ten können. Im Ton eingeschlossen und                Nun hat sich aber gezeigt, dass das Füll-
                         «Bei uns ist Opalinuston                     perfekt bis ins kleinste Detail erhalten,            material Bentonit die Bakterien vom La-
                         das Wirtsgestein der                         sind Fossilien des opalartig schillernden            gerbehälter fernhält.
                                                                      Leioceras opalinum, eines Ammoniten,                 Langfristige Experimente, Aha-Erleb-
                         Wahl. In Skandinavien                        der hier vor über 174 Millionen Jahren               nisse und der typisch wissenschaftlich-
                         dagegen ist es Granit.»                      in einem nur leicht salzigen Meer lebte.             spielerische Ansatz sind bezeichnend
                                                                      Ebenso wie Fossilien gibt es auch Reste              für die Arbeit im Felslabor, wie sie Georg
                         Georg Fiedler, Geologe, Swisstopo            des Salzwassers im Ton. Weil das Gestein             Fiedler zeigt. Forscher und Forscherin-
                                                                      die Tiere eingeschlossen, aber nicht zer-            nen aus Dutzenden Ländern und Orga-
                                                                      stört hat, ist es ideal, um auch die Reste           nisationen nutzen hier eine gemeinsame
                                                                      des Atomzeitalters für Jahrmillionen so              Infrastruktur. Bisher gab es 167 Experi-
                         aus dem Kalten Krieg, auch wenn das auf      aufzubewahren. Allerdings gibt es in die-            mente, von denen 45 derzeit noch lau-
                         den ersten Blick billiger erscheint.                                                              fen. Im Kernkraftwerk dagegen weht ein
                         Im Herbst 2019 läuft das Kraftwerk                                                                anderer Geist. Hier ist es staubtrockene
                         Mühleberg so, wie wenn es noch jahr-                                                              Sachlichkeit – absolute «Leftbrainers»,
                         zehntelang weiterlaufen würde. Von Ab-                                                            würde man in den USA sagen; Leute, die
                         bau noch keine Spur, auch wenn überall                                                            ausschliesslich mit der linken, rationalen
                         davon gesprochen wird. Doch dem glän-                                                             Hirnhälfte leben. Alles, was irgendwie
                         zenden neuen Eindruck zum Trotz: Im-                                                              nach Spass aussieht oder auch nur nach
                         mer mal wieder scheinen sie durch, die                                                            leisem Humor, scheint im Kraftwerk fehl
                         1970er-Jahre – mit einem Tritel-Telefon                                                           am Platz. Es ist hier definitiv nicht die
                         oder der einzigen Toilette im Kontroll-                                                           Welt von Homer Simpson.
                         raum –, weil Frauen damals im Atomkraft-
                         werk nicht vorgesehen waren. Und auch                                                             Ein Zürcher Korallenriff
                         die Maschinenhalle, auf den ersten Blick                                                          Vom Sicherheitsstollen des Autobahn-
                         so neu wie gerade eröffnet, sieht auf den                                                         tunnels im Mont Terri aus bot sich die
                         zweiten Blick aus wie das Mausoleum der                                                           Möglichkeit, den Opalinuston in seiner
                         Schweizer Industriegeschichte. Grosse                                                             für ein Tiefenlager schlechtestmöglichen
                         Geräte, auf denen «Gebr. Sulzer, Winter-                                                          Lage zu untersuchen: mit einer Neigung
                         thur» steht, und die beiden Generatoren,                                                          der Tonschicht von 45 Grad, die an der
                         in Gehäusen wie riesige Sarkophage, da-                                                           Oberfläche ansteht, und einer Bruchzo-
                         rauf eine Bronzeplatte mit dem Namen                                                              ne, die sich durch das gesamte Felslabor
                         «Brown Boveri». Es tönt, als ob die beiden                                                        hindurchzieht. Hier konnte auch eine
                         ehrwürdigen Herren hinter ihrer Grab-                                                             entscheidende Eigenschaft nachgewie-
                         platte vor dem drohenden Abriss noch                                                              sen werden, nämlich wie der Ton Spalten
                         besonders laut rotieren würden.                                                                   und Risse im Gestein selbstständig per-
                                                                                                                           fekt verschliesst.
                         Ton schützt die Brennstäbe                                                                        Die bestmögliche Lage ist da, wo die Se-
                         Allerdings werden zumindest Teile ei-                                                             dimentschicht nie gestört wurde – auch
                         nes der beiden Generatoren ein zwei-                                                              nicht von den vielen Eiszeiten, die es seit
                         tes Leben in einem anderen Kraftwerk                                                              der Bildung dieser Schichten gab. Das ist
                         haben. Mit anderen Komponenten geht                                                               im Zürcher Weinland so, in der Region
                         das nicht. Weil bei Siedewasserreakto-                                                            Jura Ost beim Bözberg sowie nördlich der
                         ren der Dampf mit dem Reaktor in Be-                                                              Lägern im Zürcher Unterland – weit weg
Fotos: Michele Di Fede

                         rührung kommt, bevor er die Turbine                                                               vom Granit und vom tauenden Perma-
                         dreht, sind die Turbinen kontaminiert        Der Leioceras opalinum (oben) kommt im Opalinus-­    frost der Alpen, in Gebieten, welche die
                                                                      ton sehr häufig vor. Die gelben Rohre der Verfüll-
                         und landen früher oder später im Tiefen­     maschinen bringen Bentonitgranulat auch in die       Geologen als «langweilig» bezeichnen.
                         lager. Als die Tunnelbohrmaschine in         kleinsten Ritzen hinter dem Behälter (unten).        Doch bis die ersten radioaktiven Abfälle

                         10
im Tiefenlager ankommen, dauert es
noch. Erst gehen die Abfälle aus dem
stillgelegten Kernkraftwerk Mühleberg
ins Zwischenlager und dann – ab etwa
2050 – ins künftige Tiefenlager. Mittler-
weile ist klar, wo es sein wird: etwa 400
bis 900 Meter tief im Boden, im unge-
störten Opalinuston. Mit den Sondier-
bohrungen konnte die Nagra das Gebiet
eingrenzen – und hat in der langweiligen
Geologie sogar noch etwas Aufregendes
gefunden: In der Region um Zürich gab
es einmal ein riesiges Korallenriff.         Ein Sarkophag für die nächsten Jahrtausende: Hermetisch verpackt in einem Behälter aus Spezialstahl
                                             (hier in einem 1:1-Schnittmodell), werden die verbrauchten Brennstäbe auf einen Sockel aus Tonsteinen
Schutz von drei Barrieren                    gestellt. Danach verfüllt eine speziell konstruierte Maschine den Tunnel bis in die kleinste Ritze mit Bentonit.
                                             Feuchtigkeit lässt dieses Tongestein aufquellen. Damit wird der Behälter fest im Tunnel eingeschlossen
Klar ist mittlerweile auch das System        (oben). Von den Hauptstollen (Bild oben links) gehen auch im künftigen Tiefenlager etwas engere Seiten­
der Lagerung. Die Radioaktivität wird        stollen seitlich ab, in welche die Endlagerbehälter gestellt werden.
von drei Barrieren zurückgehalten, zwei
künstlichen und einer natürlichen. Die
abgebrannten Brennstäbe werden in
Stahlbehälter mit bis zu 20 Zentimeter
dicken Wänden verpackt und in Abstän-                                 Gut zu wissen
den von etwa drei Metern in die Stollen
gestellt. Danach füllt eine speziell dafür                   Abschalten – und dann?
konstruierte Maschine den Stollen mög-
lichst dicht mit Bentonit auf, ebenfalls                     Nach 47 Betriebsjahren hat die BKW AG das Kernkraftwerk Mühleberg
einem Tongestein. Die dritte Barriere ist                    am 20. Dezember 2019 endgültig vom Netz genommen. Der Stilllegungs-
dann der natürliche Opalinuston. Der                         entscheid erfolgte schon 2013 – aus wirtschaftlichen Überlegungen.
Bentonit hat wie alle Tongesteine den                        Angesichts der tiefen Strom­preise erschienen der Betreiberin BKW In­
Vorteil, dass er Wasser aufnimmt und                         vestitionen für den Langzeitbetrieb nicht mehr sinnvoll. Der Nachbe-
dann aufquillt, sodass sich der Tunnel                       trieb und die Stilllegung kosten nach gegenwärtiger Planung 927 Mio.
mit den Behältern fugenlos auffüllt. Der                     Franken. Dazu kommen insbesondere ab etwa 2040 die Kosten für die
radioaktive Abfall wird so in den Boden                      geologische Tiefenlagerung des radioaktiven Abfalls in Höhe von rund
integriert wie die Fossilien des Leioceras                   1,4 Mrd. Franken. Bis 2030 werden alle radioaktiven Komponenten von
opalinum. Und genauso wie die Ammo-                          teilweise hoch spezialisierten Firmen entfernt. Danach können die rest-
niten werden sie dableiben, egal ob über                     lichen Gebäude konventionell abgerissen werden. Ab 2034 soll das Areal
ihnen gerade ein Gletscher Strassen und                      des Kraftwerks, idyllisch direkt an der Aare gelegen, bereit sein für
Häuser wegschleift oder ein neues Koral-                     eine neue Nutzung.
lenriff entsteht.

                                                                                                                                                           11
Infografik

                                         Die Stromproduktion ist für rund 40 Prozent aller menschengemachten Treibhausgas-Emissionen
                                         verantwortlich. Die Kraftwerkstypen unterscheiden sich dabei bis über einen Faktor 100.

                                         Wie klimafreundlich
                                         ist Strom eigentlich?
                                              Text: Alexander Jacobi

                                         Strom wird im Allgemeinen als klimafreundlicher Energieträger empfunden, vor
                                         allem bei der Elektromobilität. Doch je nach Kraftwerkstyp gibt es grosse
                                         Unterschiede. Für einen Vergleich darf nicht nur der Betrieb, sondern muss der                               Braunkohle-
                                         ganze Lebenszyklus eines Kraftwerks berücksichtigt werden: Bau, gegebenen-                                   kraftwerk
                                         falls Brennstoffgewinnung, Betrieb, Unterhalt, Rückbau und Entsorgung. Zudem
                                         müssen die Treibhausgas-Emissionen auf die erzeugte Strommenge bezogen                                       1300 g CO2-eq/
                                         werden, also Gramm CO2-Äquivalente* pro Kilowattstunde (kWh).

                                         In der Grafik ist die Grösse der jeweiligen Grund­
                                         fläche bei jedem Kraftwerkstyp proportional
                                         zum Ausstoss an Treibhausgasen.

                                         Ölkraftwerk
                                         900 g CO2-eq/kWh

                                                                                                                          Photovoltaik-
                                                                                     Windkraftwerk                        anlage                  Gas-und-Dampf-
                                                                                   16 g CO2-eq/kWh                        90 g CO2-eq/kWh         turbinen-Kraftwerk
                                                                                                                                                  450 g CO2-eq/kWh

                                                                Laufwasserkraftwerk
                                                                     5 g CO2-eq/kWh                                       Pumpspeicherkraftwerk
                                                                                                                          50 g CO2-eq/kWh
                                                                                                      Kernkraftwerk
Illustration: Infel AG, Murielle Drack

                                                                                                     13 g CO2-eq/kWh

                                         * CO2-Äquivalente (CO2-eq) bedeutet,
                                         dass andere Treibhausgase auf eine CO2-
                                         Menge mit gleicher Treibhausgaswirkung
                                         umgerechnet sind.

                                         Quelle: Paul Scherrer Institut, 2014

                                         12
Globale Stromproduktion                                              Treibhausgas-Emissionen
       belastet Klima                                                               weltweit

                                                                                                                                                       THG-Belastung aus
       Weltweit gesehen ist die Strompro-                                                                                                               Stromproduktion
       duktion für etwa 40 Prozent aller
       menschengemachten Treibhausgas-                                                                                                                                25
                                                                                                    4                                                                   %
       (THG-)Emissionen verantwortlich.

                                                                                                    0%

                                                                                                                                                                               Üb
       ­Dabei stossen die Kohlekraftwerke

                                                                                                                                                 e
                                                                                                                                              erk

                                                                                                                                                                                 rige
        rund 75 Prozent der THG-Emissionen

                                                                                                     aus
                                                               60% Übrige

                                                                                                                                     hlekraftw
        aus, produzieren aber nur 40 Prozent

                                                                                                         Stromprodu
        des Stroms.

                                                                                                                                       % Ko
       Quellen: IEA, Key World Energy Statistics 2018;
       Wikipedia, Liste der grössten Kohlenstoff­
       dioxidemittenten

                                                                                                                   kti

                                                                                                                                     75
                                                                                                                      on
                                                                                                                                                        Stromproduktion

/kWh                                                                                                                                                                      40

                                                                                                                                                                           %
                                                                                                                                                                                Ko
                                                                                                                                                                                  hlek
                                                                                                                                                                                      raftwerke
                                                                                                                                     brige
                                                                                                                                           %Ü
                                                                                                                                         60
                                                              Steinkohle-
                                                              kraftwerk
                                                              1100 g CO2-eq/kWh

                                                  Wie klimafreundlich ist Schweizer Strom?
                                                  Der in der Schweiz produzierte Strom ist emissionsarm, weil er kaum mit fossilen Energie­
                                                  trägern erzeugt wird. Der in der Schweiz verbrauchte Strom hingegen ist deutlich
                                                  emissions­reicher, da die CO2-Emissionen des Importstroms berücksichtigt werden müssen.

                                                  Strom-Produktionsmix Schweiz 2014 1):

                                                                                56%                                                        38%                      6%
                                                                             Wasserkraft                                             Kernenergie                   Übrige

                                                  THG-Belastung aus Strom-Produktionsmix 2014 2):

                                                  30 g CO2-eq/kWh

                                                  Strom-Liefermix (ab Steckdose) Schweiz 2014 3):

                                                                             49%                                             26%                      7%       18%
                                                                        Wasserkraft                                        Kernenergie               Übrige Nicht über­
                                                                                                                                                             prüfbar 4)

                                                  THG-Belastung aus Strom-Liefermix 2014 2):

                                                  150 g CO2-eq/kWh

                                                  1) Quelle: Schweizerische Elektrizitätsstatistik 2014 | 2) Quelle: Umweltbilanz Strommix Schweiz 2014, Bundesamt
                                                  für Umwelt/treeze Ltd. 3) Quelle: Pronovo, Stromkennzeichnung Schweiz 2014 | 4) Der nicht überprüfbare Anteil
                                                  ist darauf zurückzuführen, dass stromintensive Unternehmen auf dem europäischen Markt Strom aus fossilen und
                                                  nuklearen Quellen beschaffen, ohne gleichzeitig auch die entsprechenden Herkunftsnachweise zuzukaufen.

                                                                                                                                                                            13
Die neue Strassenbeleuchtung der Gemeinde Lohn-Ammannsegg spart
                                          der heutigen Generation viel Strom und der künftigen viel Arbeit.

                                       Erleuchtung in
                                     Lohn-Ammannsegg             Text: Andreas Schwander
Fotos: Samuel Müller, Studio Jeker
Erfolgreiche Zusammenarbeit
(v.l.n.r.): Rolf Bischoff, der
bis Ende 2019 Präsident der
Bau- und Werkkommission
von Lohn-Ammannsegg war,
mit Michael Biedron, baulei-
tendem Netzelektriker bei der                                                                   lässt sich der Stromverbrauch fast so weit
Regio Energie Solothurn, sowie                                                                  senken wie mit kommunizierenden Lam-
Lichtplaner Philipp Hert von
der Luminum GmbH.                                                                               pen. Dieser sinkt dank der neuen LED-
                                                                                                Technik ohnehin um mehr als 60 Prozent.

                                                                                                Genaue Dokumentation
                                                                                                Um die Zahl der möglichen Leuchten-
                                                                                                produkte auf ein überschaubares Mass
     Lohn-Ammannsegg musste sich in den                                                         zu reduzieren und auch die Planung zu
     letzten Jahren mit einer Fragestellung                                                     vereinfachen, wurde das Strassennetz
     auseinandersetzen, die im Moment vie-                                                      in vier Kategorien eingeteilt: Haupt-
     le Gemeinden in der Schweiz umtreibt:                                                      strassen, Sammelstrassen, Quartierstras-
     «Was machen wir mit der Strassenbe-                                                        sen und Fusswege. Sammelstrassen sind
     leuchtung?» Denn die weit verbreiteten                                                     eigentliche Quartierstrassen, die aber
     alten Leuchtentypen sind oft nicht mehr                                                    trotz auf 30 km/h begrenzter Höchstge-
     erhältlich, der Unterhalt wird teurer, und                                                 schwindigkeit einen gewissen Durch-
     gerade die einst beliebten, aber hochgifti-                                                gangsverkehr aufweisen. Für die vier
     gen und ineffizienten Quecksilberdampf-                                                    Strassenkategorien wurden technische
     lampen sind mittlerweile verboten.                                                         Bestimmungen erarbeitet. Anschlies-
                                                                                                send gab es für jede einzelne Strassen-
                                                   Die lichtstreuenden Linsen hinter dem
     Sehr grosser Auftrag                          Schutzglas der Lampe projizieren das Licht   leuchte ein definiertes Arbeitspro-
     Die Gemeinde entschied sich für eine          der Leuchtdioden präzise auf die Strasse.    gramm. Bei den einen wurde nur der
     Komplettsanierung der rund 500 Licht-                                                      Leuchtkörper gewechselt, bei anderen
     punkte – ein ausgesprochen sportlicher                                                     auch der allenfalls angerostete Kande-
     Ansatz. Doch dadurch war für die In-                                                       laber, und ein paar wenige mussten ganz
     stallationsunternehmen und Lieferanten        Volle Leistung                               versetzt werden, inklusive des betonier-
     ein sehr grosser Auftrag zu holen, bei        für Fussgänger                               ten Fundaments und der Kabelschächte
     dem sie auch einen günstigen Preis of-        Moderne Strassenbeleuchtungen kom-           für die elektrischen Zuleitungen.
     ferieren konnten. Die Ausschreibung hat       munizieren mittels Funk, schalten sich       Und auch noch an einem anderen Ort hat
     die Regio Energie Solothurn gewonnen.         ein, wenn sich ein Fahrzeug oder ein Fuss-   Lohn-Ammannsegg grossen Aufwand
     Daniel Odermatt, Leiter Netze Strom bei       gänger nähert, und dimmen wieder her-        betrieben. Für jede Strasse wurde genau
     der Regio Energie Solothurn, sagt denn        unter. Allerdings machen sie das auch für    ermittelt und dokumentiert, wo die Kabel
     auch: «So grosse Ausschreibungen gibt         eine Katze oder einen Dachs. Zudem wer-      verlaufen und wie die Leuchten geschal-
     es nicht häufig, und wir haben uns sehr       den diese Systeme in Lohn-Ammannsegg         tet werden. Diese Dokumentation war
     gefreut, dass wir den Zuschlag erhiel-        und auch in anderen Gemeinden durch          vorher nur unvollständig vorhanden und
     ten und die Arbeiten auch termin- und         die Strassengeometrie oft behindert und      wird jenen Bürgern, die heute die Kinder-
     budgetgerecht ausführen konnten.»             entdecken Bewegungen vielfach erst viel      gärten der Gemeinde besuchen, dereinst
     Doch wie saniert man eine Strassen-           zu spät. Es gibt auch Systeme mit Daten-     viel Arbeit, Kosten und Ärger sparen.
     beleuchtung? Laut Lichtplaner Philipp         leitungen und Kameras, etwa um Müll-
     Hert, Geschäftsführer der Firma Lumi-         sammelplätze, Fussgängerstreifen oder
     num GmbH aus Messen, gibt es da ver-          den öffentlichen Raum zu überwachen,
     schiedene Möglichkeiten. Man kann es          etwa vor einer Bijouterie, die schon öfter
     über mehrere Jahre etappieren, mög-           überfallen wurde. Big Brother sitzt auf
     lichst Gleiches mit Gleichem ersetzen         dem Kandelaber. Will man so etwas? Und
                                                                                                Dank der neuen LED-Technik sinkt der
     und nur Leuchten austauschen. Oder            wenn ja, wo?                                 Stromverbrauch der Strassenbeleuchtung
     man macht sich, wie die Lohner Bau-           Lohn-Ammannsegg hat sich für eine ein-       um mehr als 60 Prozent.
     und Werkkommission unter ihrem Prä-           fachere Variante entschieden. Hier wird
     sidenten Rolf Bischoff, grundsätzliche        nicht kommuniziert und überwacht.
     Gedanken. Laut Philipp Hert kam die           Aber die Beleuchtung besteht aus mo-
     Kommission deshalb schon mit einem            dernsten LED-Leuchtmitteln und redu-
     ziemlich konkreten Grundkonzept zu            ziert die Lichtleistung während bestimm-
     ihm. Dieses legte nicht nur die Idee          ter Zeiten in der Nacht in mehreren
     dar, das ganze Projekt an einem Stück         Stufen. Lediglich die Fussgängerstreifen
     durchzuziehen, sondern ging oft auch          sind die ganze Nacht hindurch voll aus-
     schon ins Detail, etwa bei den bereits be-    geleuchtet. Damit werden hohe Kosten
     stimmten Lichtfarben.                         bei der Elektronik gespart, und trotzdem

                                                                                                                                         15
Die Schweiz lässt sich treiben auf der Aare, hier
                                   bei Rubigen. Aber auch der Abschnitt zwischen Biel
                                   und Solothurn ist beliebt bei Gummiboot-Fans.

                                                                                                                Mehr dazu auf strom-online.ch
                                                                                                                − Biel, ein Bijou für Architekturfans
                                                                                                                − Der vergessene Weg ans Meer
                                                                                                                − Schlauchbootspass auf Schweizer Flüssen

                                                                         Die Aare und die Juraseen sind vieles für die Schweiz – Energiequellen, Trinkwasserlieferanten
                                                                             und Naherholungsgebiete. Sie sind aber auch Verkehrswege – und eine verpasste Chance.

                                                                                  Der längste
                                                                              Wasserweg der
                                                                                  Schweiz ist
Foto: Keystone-SDA, Manuel Lopez

                                                                              zu kurz geraten                                                               Text: Andreas Schwander
Die Schifflände in Solothurn liegt lauschig   serweg noch viel länger hätte werden          sich verbotenerweise am Wein. So kamen
an der Grenze der historischen Altstadt,      sollen. In der Ebene von Orbe und in der      sie reichlich verladen in Solothurn an.
beim Krummturm, einem mittelalterli-          Nähe von La Sarraz sind noch immer            Noch heute kennt die Romandie den Aus-
chen Festungsturm. Von hier aus führt         Gräben und tiefe, mit Wasser gefüllte         druck «Chargé pour Soleure» – für «stock­
der «längste Wasserweg der Schweiz» die       Einschnitte im Wald zu sehen. Es sind         be­soffen, verladen nach Solothurn».
Aare hoch nach Biel. Vom Schiff aus sieht     die Reste des Canal d’Entreroches. Er hät-
man Reiher, wie sie bewegungslos ins          te eine schiffbare Verbindung zwischen        «Kopf einziehen!»
Wasser starren – bis sie einen Fisch sehen    der Nordsee und dem Mittelmeer bilden         Als 1829 bei Chavornay ein Aquädukt ein-
und dann blitzschnell zuschnappen. Ab         sollen und wurde von der europäischen         stürzte, der das Flüsschen Talent über den
und zu springt ein Fisch, und manchmal        Handels-Supermacht des 17. Jahrhun-           Kanal führte, wurde der Betrieb des Ka-
fliegt ein Storch die Storchenstation in      derts, den Niederländern, vorangetrieben.     nals aufgegeben. Die Schifffahrt auf den
Altreu an.                                    Sie wollten eine Verbindung ins Mittel-       drei Seen und auf der Aare litt ab Mitte des
                                              meer, die den weiten und gefährlichen         19. Jahrhunderts immer mehr unter der
Weite Landschaft                              Weg um Spanien herum vermied, ihre            Konkurrenz der Eisenbahn. Doch die Idee
Die Aare ist hier ein gemütliches Gewäs-      frühere Besatzungsmacht. 1640 ging der        eines grossen Kanals hielt sich noch lange.
ser. Da ist ihr nichts mehr anzumerken        erste Abschnitt mit sieben Schleusen          Bis 2006 wurde der Kanalperimeter in den
vom wilden Gebirgsfluss von oberhalb          zwischen dem Neuenburgersee und der           Richtplänen freigehalten, und auch eine
des Brienzersees. Bis zur Mündung in den      Wasserscheide bei Entreroches in Betrieb.     neue Autobahnbrücke der A1 über den al-
Bielersee hat sie schon Dutzende Was-         Acht Jahre später waren acht weitere          ten Kanal ist so hoch, dass grosse Schiffe
serturbinen angetrieben und bis Ende          Kilometer mit sechs Schleusen hinunter        darunter hindurchfahren könnten.
2019 auch den Kernreaktor in Mühleberg        bis Cossonay fertig. Doch die noch nöti-      Diese Höhe fehlt zwischen Solothurn
gekühlt. Doch hier entspannt sie sich,        gen 40 Schleusen auf einer Strecke von        und Biel manchmal. Die Wasserstände
zieht sich in mehreren Schlaufen durch ei-    12 Kilo­ metern bis zum Genfersee bei         sind immer mal wieder so hoch, dass die
nes der am dichtes­ten besiedelten Gebiete    Morges liessen sich nicht finanzieren.        Schifffahrt nicht möglich ist. Die Schif-
der Schweiz. Und doch erscheint die Aare                                                    fe der Bielersee-Schifffahrt sind deshalb
hier so ländlich und unberührt wie die        Chargé pour Soleure                           flach gebaut, können Masten umlegen und
grossen Flüsse Europas. Erst nordöstlich      Die Fracht, hauptsächlich Fässer mit          Führerstände absenken. Bisweilen geht
von Solothurn erreicht sie dann weitere       Weisswein aus dem Lavaux, musste              das Personal übers Deck und ermahnt
Kraftwerke – und die beiden Reaktoren         deshalb auf Karren bis zum Anfang des         die Passagiere, sich hinzusetzen und den
von Beznau.                                   Kanals transportiert werden. Abnehmer         Kopf einzuziehen. Das macht ihn aller-
Der Eindruck der Unberührtheit ändert         waren die Ambassadoren, die Gesandten         dings nur noch reizvoller, den längsten
sich allerdings bei Badewetter. «An war-      des französischen Königs, die im katho-       Wasserweg der Schweiz. Er führt unter
men Sommertagen sehe ich hier vor lau-        lischen Solothurn residierten. Sie rekru-     der währschaften Holzbrücke von Büren
ter Schlauchbooten und Stand-up-Padd-         tierten hier Söldner und pflegten einen       an der Aare hindurch, durch die grosse
lern das Wasser fast nicht mehr», erzählt     von Versailles inspirierten Lebensstil. Die   Schleuse bei Port in den Bielersee und von
Reto Wahlen, Schiffsführer bei der Bieler-    Schiffer, welche ihre Lastkähne zu dritt an   da aus über die Drei-Seen-Region. Hier ist
see-Schifffahrt, welche die Ausflugsschif-    Seilen durch den Kanal zogen und dann         die Schweiz gross und warm und weitläu-
fe auf der Aare betreibt. Dann scheint        über die Juraseen manövrierten, bedienten     fig und reicht fast bis ans Mittelmeer. Fast.
sich das halbe Mittelland auf der Aare
treiben zu lassen, und Wahlen muss mit
seinem grossen Schiff äusserst vorsich-                        Gut zu wissen
tig navi­gieren. Eigentlich hat er immer
Vortritt. Doch die wenigsten Schwimmer                 Bauhaus und Art déco in Biel
und Gummi­böötler wissen das. Darunter
leidet dann manchmal der Fahrplan. Doch                Biel ist unter Architektur- und Designliebhabern ein Geheimtipp. Das Bahn-
der Schiffsführer ist der Einzige, der es              hofquartier ist in der Schweiz das grösste zusammenhängende Ensemble
mit der Zeit auf der Aare genau nimmt –                des Neuen Bauens. Der lässig-elegante Stil der 1920er- und 1930er-Jahre
genau nehmen muss. Alle andern ver-                    zieht sich durch die ganze Stadt, sei es beim Volkshaus, beim Art Déco
gessen sie sofort nach der Abfahrt in                  Hotel Elite, bei vielen Wohnhäusern oder auch dem ehemaligen Montage-
Solothurn oder Biel – oder wenn Boot und               werk von General Motors (GM) zwischen Bahnhof und See. Der riesige Kom-
Luftmatratzen aufgepumpt sind.                         plex aus dem Jahr 1934 mit sehr viel Glas ist heute ein Einkaufszentrum. Doch
Der längste Wasserweg der Schweiz er-                  ein genauerer Blick zeigt noch immer, dass hier Autos der Marken Cadillac,
streckt sich heute noch von Solothurn                  Oldsmobile, Buick, Chevrolet oder Opel aus in Kisten gelieferten Bausätzen
bis über die Drei-Seen-Region. Zwischen                zusammengeschraubt wurden. Mit den breiten Rampen der Autofabrik
Thun und Bern ist die Aare die «Gummi-                 war das Parkhaus von Anfang an im Gebäude integriert – und steht heute als
bootstrecke» der Schweiz schlechthin.                  Ganzes unter Denkmalschutz.
Doch es gab eine Zeit, in welcher der Was-

                                                                                                                                      17
Die Solothurner sind in Festlaune. Das Jahr 2020 steht ganz im Zeichen des grossen
                                         2000-Jahr-Jubiläums. Von der Buchvernissage über das historische Stadtfest bis
                                         hin zum Open-Air-Konzert auf der St.-Ursen-Treppe – Stadtschreiber Hansjörg Boll
                                         verrät die Highlights des abwechslungsreichen Jubiläumsprogramms.

                                         Legendär seit
                                         2000 Jahren
                                              Text: Barbara Graber

                                         Um Solothurn ranken sich viele Legen-         sonderen Zusammenhalt, sind offen
                                         den. Sie handeln etwa von der allge-          für Neues. Wir leben in einer schönen
                                         genwärtigen Zahl 11, von der heiligen         Stadt, die für ihre Grösse ein ausseror-
                                         Verena oder von den Stadtheiligen Urs         dentlich vielseitiges Kulturangebot hat.»
                                         und Viktor. Keine Legende, sondern er-        Passend dazu finden zwischen Mai und
                                         wiesene Tatsache ist die Gründung von         September 2020 zahlreiche Anlässe und
                                         Solothurn durch die Römer. Irgendwann         Attraktionen statt, die von Hansjörg Boll
                                         zwischen den Jahren 15 und 25 n. Chr.         koordiniert und von der Regio Energie
                                         erbauten sie hier auf dem Weg von             Solothurn als einem von vier Partnern
                                         Aventicum nach Vindonissa und Augusta         unterstützt werden. Das sind die High-
                                         Raurica eine Brücke über die Aare. Am         lights im Jubiläumsprogramm:
                                         Fluss entstand eine Siedlung, die seit-
                                         her immer bewohnt war. Heute, 2000            16. Mai:                                     6. Juni–12. September:
                                         Jahre später, feiert die Stadt unter dem      Buchvernissage «Stadt-                       Kunstausstellung ZART
                                         Motto «2000 Jahre legendär» ihr grosses       geschichte Solothurn»                        Organisiert vom Kunstverein Solothurn
                                         Jubiläum. Legendär sei nämlich auch           Beim Blick auf die Geschichte werde          und dem Haus der Kunst St. Josef, wer-
                                         die Atmosphäre in Solothurn, erklärt          meist nur die Zeitspanne von Solothurn       den von Juni bis September verschie-
                                         Stadtschreiber Hansjörg Boll das Motto.       als Stadtstaat zwischen dem 13. Jahr-        dene Orte in Solothurn mit Kunst neu
                                         «Die Menschen haben hier einen be-            hundert und dem Jahr 1798 in den Fokus       belebt. Künstlerinnen und Künstler aus
                                                                                       genommen, so Hansjörg Boll. «Solothurn       Solothurn, der ganzen Schweiz und dem
                                                                                       vermarktet sich heute als ‹schönste Ba-      Ausland errichten in Kirchen und Kapel-
                                         Bei Stadtschreiber Hansjörg Boll laufen die   rockstadt› oder als ‹Ambassadorenstadt›,     len sowie an alltäglichen Orten wie einem
                                         Fäden des Jubiläumsjahres zusammen.           weil die markantesten Baudenkmäler aus       ehemaligen Kiosk oder in einer vergesse-
                                                                                       dieser Zeit stammen.» Das Rad der Zeit       nen Passage ihre Installationen. Einige
                                                                                       habe 1798 aber nicht aufgehört zu dre-       Räume sind normalerweise nicht öffent-
                                                                                       hen. «Die Wurzeln der heutigen Struktu-      lich zugänglich.
Fotos: Michel Lüthi, Bilderwerft media

                                                                                       ren und Bräuche in Solothurn liegen im
                                                                                       19. und 20. Jahrhundert.» Eine Festschrift   8.–9. August:
                                                                                       schliesst diese Lücke und widmet sich        Historisches Stadtfest
                                                                                       den letzten 200 Jahren Stadtgeschichte.      Ein Höhepunkt des Jubiläumsjahres ist
                                                                                       Die Buchvernissage wird zwischen März        das historische Stadtfest. Dank authen-
                                                                                       und November von einer Vortragsreihe         tischer Kostüme und Marktständen mit
                                                                                       des Vereins Freunde der Zentralbiblio-       epochengerechten Speisen und Geträn-
                                                                                       thek Solothurn umrahmt.                      ken können die Besucher ganz in die Ver-

                                         18
Grosse Show auf der grossen
                                                                                            Treppe: Vor der St.-Ursen-
                                                                                            Kathedrale findet vom 4. bis
                                                                                            6. September ein grosses
                                                                                            Open-Air-Festival statt.

gangenheit eintauchen. Szenische Auf-          Ab 30. Oktober:                                 Silhouette der Altstadt mit der Aare, der
führungen zeigen Geschehnisse aus der          «Casanova in der Schweiz»                       St.-Ursen-Kirche und dem Weissenstein
Römerzeit, dem Mittelalter, der Ambas-         Auch Opernfans kommen während des               im Hintergrund. Seit Anfang März ist sie
sadorenzeit, der Industrialisierung, der       Jubiläumsjahres nicht zu kurz. Das The-         bei der Post erhältlich.
1968er-Zeit sowie zum Thema «Solothurn         ater Orchester Biel Solothurn führt die         Und für Sportliche wird rund um die
heute und morgen».                             Oper «Casanova in der Schweiz» von Paul         Innenstadt ein Laufparcours realisiert.
                                               Burkhard auf, deren Handlung zu einem           Auf einer drei bis vier Kilometer langen
4.–6. September:                               schönen Teil in Solothurn spielt.               Strecke werden Übungsposten montiert.
Open-Air-Konzerte auf                                                                          Hierfür nutzt die Solothurner Sport-
der St.-Ursen-Treppe                           Eine Briefmarke                                 kommission nur bestehende Bauten wie
Die Treppe bei der St.-Ursen-Kathedrale        für Solothurn                                   etwa Bänke oder Treppen. Der «Eleven-
wird sich im September für ein Wochen-         Nebst verschiedensten Anlässen nutzt            Fit-Parcours» wird auch nach dem Jubi-
ende in eine Open-Air-Bühne verwandeln.        die Stadt das Jubiläum auch für andere          läumsjahr bestehen bleiben – und die
«Die beeindruckende Kulisse wollen wir         Aktionen. Als Symbol des Zusammen-              Solothurnerinnen und Solothurner fit
mit einer Fassadenbeleuchtung ins Spek-        halts wurde eine historische Öllaterne          für die nächsten 2000 Jahre machen.
takel einbeziehen», sagt Hansjörg Boll.        von Solothurner Schülern bunt bemalt
5500 Personen werden die Open-Air-Kon-         und wird während des Jubiläumsjahres            Weitere Informationen finden Sie
zerte kostenlos mitverfolgen können.           zwischen Privatpersonen, Schulklassen,          unter: 2000-jahre-solothurn.ch
                                                                                               oder auf den Social-Media-Kanälen
Wer auf der St.-Ursen-Treppe auftreten         Vereinen und Firmen weitergereicht. Vom         Facebook und Instagram über
wird, ist noch nicht offiziell. «Wir verhan-   25. März bis 8. April 2020 ist die Laterne      #2000jahresolothurn.
deln zurzeit mit verschiedenen Bands»,         bei der Regio Energie Solothurn zu Gast.        Das Jubiläumskomitee freut sich auf
so der Stadtschreiber.                         Eine Sonderbriefmarke zeigt die schöne          Ihre Beiträge oder Fotografien.

                                                                                                                                     19
Eine Pelletheizung hält das Solothurner Primarschulhaus Vorstadt und die Turnhalle auf klima-
                                                           freundliche Weise warm. Für den reibungslosen Betrieb sorgt die Regio Energie Solothurn.

                                                  «Wir haben eine
                                                 Vorbildfunktion»                                Text: Barbara Graber

                                             Die neue Heizung im Schulhaus
                                             Vorstadt verbrennt die Holzresten,
                                             die bei der Produktion von Holz-
                                             paletten anfallen.

                                        Eine Wärmepumpe mit Grundwasser-            im Hinblick auf den Klimaschutz», er-        Pellets aus nachhaltiger
                                        oder Erdwärme? Eine Holzschnitzelhei-       klärt der zuständige Projektleiter Hoch-     Produktion
                                        zung? Lieber Qualischnitzel? Oder doch      bau. Dies sei bei der Evaluation des Heiz-   «Heizen mit Pellets ist CO2-neutral», er-
                                        wieder eine Gasheizung, diesmal jedoch      systems zu Beginn des Projekts wichtig       klärt Daniel Kammermann. «Dies, weil
Fotos: Bettina Brotbeck, Studio Jeker

                                        mit 100 Prozent Biogas? Diese Fragen        gewesen. Gemeinsam mit dem Inge-             beim Verbrennen von Holz nur so viel
                                        stellte sich das Stadtbauamt für das Pri-   nieurbüro Enerhaus aus Zuchwil und           CO2 freigesetzt wird, wie der Baum beim
                                        marschulhaus in der Solothurner Vor-        Daniel Kammermann, Leiter Contracting        Wachsen aufgenommen hat.» Besonders
                                        stadt, als es einen geeigneten Ersatz für   und Vertrieb Fernwärme bei der Regio         umweltfreundlich sind sie, weil sie aus
                                        die in die Jahre gekommene Gasheizung       Energie Solothurn, fand die Stadt Solo-      Abfällen der holzverarbeitenden In-
                                        suchte. «Als öffentliche Hand haben wir     thurn letztlich den idealen Energieträger    dustrie hergestellt werden. Im Primar-
                                        eine Vorbildfunktion zu erfüllen, auch      für das Primarschulhaus: Holzpellets.        schulhaus Vorstadt werden Pellets aus

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der Holzpalettenproduktion verwendet.         Lagerraum mit sogenannten «Schne-
«Für Holzpalette benötigt man gutes           cken» direkt zum Heizkessel abtrans-
Grundmaterial – beste Voraussetzungen         portiert. Im Schulhaus Vorstadt kommt
also für qualitativ hochwertige Pellets»,     hierfür ein Sauger zum Einsatz, der
so Daniel Kammermann. Die Anlage ist          den Pelletraum gleichmässig leert und
nicht nur klimafreundlich, sondern auch       den Tagesbedarf in eine kleine Kammer
kosteneffizient. «Alle Bestandteile der An-   neben jedem Heizkessel transportiert.
lage haben Normgrössen», erklärt der Lei-     Der Ersatz der Heizung ist Teil einer
ter Contracting und Vertrieb Fernwärme.       Gesamtsanierung des Schulgebäudes. Im             Haben Sie Fragen zum Contracting-
«Der Verzicht auf Spezialanfertigungen        Rahmen des Bauprojekts ist ausserdem              Angebot der Regio Energie Solothurn?
macht Anschaffung und Unterhalt der           ein neues Kindergarten- und Tagesschul-
                                                                                                Daniel Kammermann, Leiter Contrac-
Heizung günstiger.»                           gebäude geplant. Über einen Nahwärme-             ting und Vertrieb Fernwärme, steht
                                              verbund kann auch dieses an die Pellet-           Ihnen gerne zur Verfügung:
Lastspitzen flexibel                          heizung angeschlossen werden, sobald es           Tel. 032 626 94 40
abdecken                                      gebaut sein wird.                                 daniel.kammermann@regioenergie.ch
Gewöhnlich ist die Anlage deshalb aber
noch lange nicht. Statt eines grossen         Ein Ansprechpartner
Heizkessels werden drei kleinere Kessel       für alle Fälle
eingesetzt. Je nachdem, wie viel Wär-         Finanziert hat die Stadt die Investition
me gerade benötigt wird, kommen ein,          mit eigenen Mitteln. Betrieben wird die
zwei oder drei Heizkessel zum Einsatz.        Anlage im Contracting von der Regio
So können Lastspitzen flexibel gedeckt        Energie Solothurn. Die Energiedienst-
werden. Das gleiche Prinzip gilt für die      leisterin unterstützte das Stadtbauamt
Warmwasseraufbereitung.                       bei der Planung, kümmert sich um
Das Wasser wird nicht in einem Boiler         den Unterhalt der Heizung und um die
aufgeheizt, sondern über drei ebenfalls       Warmwasseraufbereitung sowie um die
flexibel einsetzbare Wärmetauscher,           Beschaffung der Pellets. Verrechnet wird
welche die Wärme aus einem Heizwas-           dann die Wärme im Abonnementsver-
serspeicher beziehen. Diese Lösung ist        fahren. Dieses Modell sei sehr praktisch,
nicht nur platzsparend, sondern auch          so das Stadtbauamt. «Dank des Contrac-
sehr hygienisch, da sich das Risiko für       tings haben wir einen einzigen Ansprech-
Legionellen erheblich reduziert. Übli-        partner für jedes Anliegen rund um Hei-
cherweise werden die Pellets aus dem          zung und Warmwasser.»

                                                    Daniel Kammermann
                                                    (links) steht dem Stadt-
                                                    bauamt, hier vertreten
                                                    durch den Projektleiter
                                                    Hochbau Salvatore Pepe,
                                                    beratend zur Seite
                                                    und kümmert sich um
                                                    Unterhalt und Betrieb
                                                    der Heizung.

                                                                          Oft überwachen bei
                                                                              Pelletheizungen
                                                                      elektronische Sensoren
                                                                        den Lagerraum. Diese
                                                                          werden aber häufig
                                                                     durch Staub beschädigt.
                                                                    Die Lösung: Löcher in der
                                                                         Wand, mit denen der
                                                                      Lagerbestand jederzeit
                                                                    kontrolliert werden kann.
Die Kehrichtverwertungsanlage KEBAG in Zuchwil produziert aus Abwärme Strom und
                                     Fernwärme. Beides gilt im Gegensatz zu oft kolportierten Meinungen als CO2-frei.

                                     Sauberer Strom
                                     aus Abfall
                                          Text: Barbara Graber

                                                                                                                                       Die Kehrichtverwertungs-
                                                                                                                                       anlage KEBAG in Zuchwil.

                                     Die Kehrichtverwertungsanlage KEBAG
                                     in Zuchwil entsorgt nicht nur den Abfall
                                     aus 184 Solothurner und Berner Gemein-
                                     den. Die Abwärme, die bei der Abfallver-
                                     brennung entsteht, nutzt die KEBAG in
                                     einem Fernwärmenetz oder produziert
                                     daraus mit Dampfturbinen Strom.
                                     Auch die Regio Energie Solothurn gehört
                                     zu den Stromkunden der KEBAG. So be-
                                     stand das Standardprodukt «so regional»
                                     2019 zu ca. 60 Prozent aus KEBAG-Strom.
                                     Häufig hört man, dass der bei der Keh-
                                     richtverbrennung erzeugte Strom CO2-
                                     belastet und daher nicht «sauber» sei.        bei der KEBAG nicht der Fall ist, gelten    Folge, dass das Standardprodukt «so
                                     «In rein physikalischer Betrachtungs-         ihr Strom wie auch die Fernwärme als        regional» der Regio Energie Solothurn ab
                                     weise wird beim Verbrennen von Keh-           CO2-frei.                                   2019 in der Stromkennzeichnung einen
                                     richt natürlich CO2 freigesetzt», sagt                                                    grösseren Teil nicht erneuerbarer Ener-
                                     Dr. Jürg Liechti, CEO der Neosys AG in        Die Energie der KEBAG                       gien ausweist. Der Strom ist jedoch nach
                                     Gerlafingen. Er hat eine Studie über die      im Strommix                                 wie vor derselbe.
                                     CO2-Emissionen des KEBAG-Stroms ver-          Der bei der Kehrichtverbrennung entste-
                                     fasst. «In einer CO2-Bilanz muss jedoch       hende Strom gilt zu 50 Prozent als erneu-   Die regionale Strompro-
                                     bei jedem Prozess, der gleichzeitig meh-      erbar, da etwa die Hälfte der Abfälle aus   duktion unterstützen
                                     rere ‹Produkte› hat, festgelegt werden,       organischen Ressourcen besteht. Dieser      Das findet auch die Geschäftsleitung des
                                     welchem Produkt wie viel CO2 zugeord-         erneuerbare Teil des KEBAG-Stroms wird      Discherheims in Solothurn. «Wir sehen
                                     net wird.» Der entscheidende Punkt hier-      vom Bundesamt für Energie (BFE) mit der     den KEBAG-Strom nach wie vor als öko-
                                     bei: Die Verbrennung von Siedlungsabfäl-      Einspeisevergütung gefördert und unter      logisch sinnvolle Sache an, da Energie
                                     len ist in der Schweiz gesetzliche Pflicht.   den Energieversorgern verteilt. Er wird     aus einem Nebenprodukt der Abfallver-
                                     Das heisst, diese Abfälle würden auf je-      im Strommix der Energieversorger als        brennung gewonnen wird», sagt Stephan
                                     den Fall verbrannt – egal, ob aus der ent-    geförderter Strom ausgewiesen. Den von      Oberli, Leiter des Discherheims. Ausser-
                                     stehenden Abwärme Strom gewonnen              der KEBAG direkt bezogenen Strom darf       dem sei ihnen die regionale Strompro-
                                     wird oder nicht. Die CO2-Emissionen, wel-     die Regio Energie Solothurn deshalb seit    duktion wichtig, weshalb sie beim Pro-
Foto: Simon Kneubühl, Studio Jeker

                                     che bei der Verbrennung entstehen, wer-       2016 nicht mehr als erneuerbar anrech-      dukt «so regional» bleiben werden. Auch
                                     den deshalb dem Abfallentsorgungspro-         nen. Nun hat das BFE die bisherige Pra-     der Regio Energie Solothurn ist es ein
                                     zess angerechnet und nicht dem Strom,         xis geändert, weshalb der KEBAG-Strom       Anliegen, die Stromproduktion in der Re-
                                     der dabei gewonnen wird. Anders ist es,       neu in die Kategorie «Nicht erneuerbare     gion Solothurn zu unterstützen. Deshalb
                                     wenn eine Kehrichtverwertungsanlage           Energien» fällt und nicht mehr wie bis-     bleibt der CO2-freie Strom der KEBAG
                                     zusätzlich Abfälle aus dem Ausland an-        her in einer eigenen Kategorie «Abfälle»    auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil
                                     nimmt, um Energie zu gewinnen. Da dies        ausgewiesen werden darf. Das hat zur        des Standardprodukts «so regional».

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