Blätter aus dem Thurgauer Wald

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Blätter aus dem Thurgauer Wald
Bl ä t t e r a u s d e m
T h u r g a u e r Wa l d
Informationen für Waldeigentümer und Forstreviere
27. Jahrgang, Nr. 3, August 2020
Blätter aus dem Thurgauer Wald
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Blätter aus dem Thurgauer Wald
E di t o r i a l

Geschätzte Leserinnen und Leser

Wir gehen kalendarisch dem Ende der so-           Bruten anlegen. Und das sind bedeutend
genannten Hundstage entgegen. Ja, diese           mehr Käfer als jene, die im Frühjahr ausflo-
Hundstage machten ihrem Namen wieder ein-         gen und ihre Bruten anlegten, d.h., jetzt ex-
mal alle Ehre. So gab es etliche Tage, an denen   plodiert die Käferpopulation!
nicht nur unsere vierbeinigen Kameraden am           Wir müssen wohl akzeptieren, dass trotz
liebsten den ganzen Tag im oder am Wasser         grossen Bemühungen und teils immensem
verbracht hätten, sondern auch die Zweibeiner.    persönlichem Einsatz einzelner Akteure dem
Stattdessen waren Mann und Frau in den Jung-      Käfer kaum beizukommen ist. Gerade der Be-
waldbeständen am Pflegen, am Käferholz-            fall im Frühling und Frühsommer wird häufig
aufrüsten oder mit Büroarbeit beschäftigt und     zu spät entdeckt und in der Folge sind die
hatten eines gemeinsam: Schwitzen!                Bekämpfungsmassnahmen zu wenig effektiv.
   Bei anhaltend heissem und trockenem Wet-       Da wir uns aber auch nicht überfordern wollen,
ter kommt der Fachstab Trockenheit zum Ein-       haben wir festgelegt, dass das Mögliche getan
satz. Er koordiniert die Arbeiten verschie-       werden soll, aber nicht das (fast) Unmögliche
dener Fachstellen, die die Auswirkungen der       eingefordert werden darf. Dass im Übrigen der
Trockenheit auf die Umwelt beurteilen. Auch       Holzabsatz für die Umsetzung der Bekämp-
die Kommunikation erfolgt nicht via die ein-      fungsstrategie eine entscheidende Rolle spielt,
zelnen Fachstellen, sondern über den kanto-       sei auch an dieser Stelle angemerkt.
nalen Informationsdienst. Dieser Fachstab wird       Im Übrigen haben neun neue Lehrlinge in
jeweils bei Bedarf vom Regierungsrat einge-       den Thurgauer Forstbetrieben ihre Berufslehre
setzt. Lesen Sie mehr dazu ab S. 17.              begonnen. Zudem haben einige junge Forst-
   Die vorliegende Ausgabe beglückt Sie als       warte ihre erste Stelle angetreten. Ich wünsche
Leserinnen und Leser mit vielen Zahlen zum        insbesondere dem Nachwuchs, aber auch allen
Thurgauer Wald. Die Resultate des vierten LFI     anderen Fachkräften viel Erfolg und Freude im
sind publiziert. Lesen Sie ab S. 10, wie es um    forstberuflichen Alltag.
den Thurgauer Wald gemäss LFI steht. Im Be-          Schliesslich wünsche ich Ihnen – geschätz-
richt über die Thurgauer Forststatistik 2019      te Leserinnen und Leser – eine abwechslungs-
(S. 20) können die letztjährigen Zahlen einge-    reiche Lektüre mit den BTW und einen schö-
sehen werden.                                     nen Spätsommer.
   Das Forstamt ist auch für die Auenschutzge-
biete entlang der Thur zuständig. Im Moment
werden im Thurvorland im Gebiet Hau-Äuli ver-
schiedene Aufwertungsmassnahmen ausgeführt
Interessantes gibt es hierzu ab S. 18 zu ent-
decken.
   Trotz der ab Anfang März lancierten Borken-
käferbekämpfung sieht man jetzt vielerorts
Käfernester aus den Fichtenbeständen he-
rausleuchten! Frisches Bohrmehl auf der Rin-
de oder auf der Bodenvegetation bedeutet
zudem, dass die in der zweiten Juni- bzw. ers-    Daniel Böhi
ten Julihälfte ausgeflogenen Käfer nun ihre        Kantonsforstingenieur

                                                                                      BTW 3/2020 3
Blätter aus dem Thurgauer Wald
In h a lt

  Forstamt und Forstdienst
 Der Spitzahorn im Kanton Thurgau                                         5
 Der neue Waldentwicklungsplan Thurgau wird öffentlich bekannt gemacht    8
 Ergebnisse des 4. Landesforstinventars (LFI4) für den Kanton Thurgau    10
 Wald und Waldbewirtschaftung im Mittelthurgau, Teil 3: Meilensteine     14
 Was macht eigentlich der Fachstab Trockenheit?                          17
 Lebensraum Aue – Ökologische Aufwertung des Thur-Vorlandes              18
 Resultate der Forststatistik 2019                                       20
 Die erste Revierförsterin im Kanton Thurgau                             22
 Neuer Revierförster im Forstrevier Güttingen                            22
 Neue Mitarbeiterin Bereich Forstliche Planung und Beiträge              23
 Erfolgreicher Lehrabschluss                                             23

  Aus den Verbänden und Branchen
 Hohes Niveau der neuen Forstwarte/-innen EFZ                            25

  Diverses
 Zum Gedenken an Urs Hugentobler, 1935–2020                              24
 Forstrevier Seerücken                                                   26
 «Finde alle Waldbewohner»                                               27
 Arbeitsjubiläen und runde Geburtstage im Forstdienst                    27
 Thurgauer Waldtage Weinfelden                                           28

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Forstamt und Forstdienst

D er Sp i t z a ho r n i m K anto n Thurg au

Im Thurgauer Wald kommen drei verschiede-
ne Ahornarten natürlich vor: der relativ häufi-
ge Bergahorn sowie die beiden eher seltenen
Spitzahorn und Feldahorn. Der Anteil des
Spitzahorns im Wald beträgt rund 0,5 %.
Meist handelt es sich dabei um eher jüngere
Exemplare. Ausserhalb des Waldes werden
Spitzahorne häufig entlang von Strassen und
in Grünflächen gepflanzt.

Charakteristisch für den Spitzahorn ist sein
grosses, fünflappiges Blatt, das in Spitzen        Die Verbreitung des Spitzahorns in der Schweiz.
ausläuft. Der Spitzahorn blüht vor dem            Quelle: Schweizerisches Landesforstinventar (LFI),
                                                  www.lfi.ch
Blattaustrieb, die Blüten werden von Insekten
bestäubt (Bienenweide). Die reifen Flügel-
früchte (Propeller) bleiben oft in Büscheln am    In der Schweiz kommt der Spitzahorn vor al-
Zweig hängen. Im Herbst färbt sich das Blatt      lem im Jura, im Mittelland und in den Voral-
leuchtend gelb, gelb-orange bis rot. Die Blatt-   pen vor. Am häufigsten ist er im östlichen Jura
anordnung ist gegenständig, die Blattstiele       und in den warmen Föhngebieten (z.B. Vier-
führen einen Milchsaft. Die Rinde ist längsris-   waldstätter- und Walensee).
sig, nicht schuppig wie beim Bergahorn. Üb-
rigens: Beim vielleicht berühmtesten Ahorn-       Der Spitzahorn, die wärmebedürftige und
blatt, demjenigen im Landeswappen von             konkurrenzschwache Mischbaumart
Kanada, handelt es sich nicht um ein Spitz-       Der wärmeliebende Spitzahorn ist ein Baum
ahornblatt, sondern um das sehr ähnliche          der Tieflagen und kommt vor allem in den
Blatt des Zuckerahorns (Acer saccharum).          Laubmischwäldern der kollinen und submon-
   Das Verbreitungsgebiet des Spitzahorns er-     tanen Stufe bis 800 m ü. M. vor, vereinzelt
streckt sich über weite Teile Europas von den     auch oberhalb von 1000 m ü. M. Er ist kalklie-
Pyrenäen bis zum Ural, von Südskandinavien        bend und meidet sehr saure und staunasse
bis zum Schwarzen Meer.                           Böden. Die grösste Bedeutung hat der Spitz-
                                                  ahorn im «Turinermeister-Lindenmischwald»
                                                  und auf eher trockenen, basenreichen Buchen-
                                                  waldstandorten. Diese Standortbedingungen
                                                  sind im Thurgau nicht sehr häufig. Immerhin
                                                  wird die Region Diessenhofen zum Kerngebiet
                                                  des Spitzahorns gezählt.
                                                     Die meisten Spitzahorne sind aus Pflanzun-
                                                  gen hervorgegangen. In der Folge verjüngt er
                                                  sich auch natürlich recht gut. Der Spitzahorn
                                                  wächst in der Jugend schnell und wird 25 bis
                                                  30 m, selten über 30 m hoch. Im Wald er-
Das Verbreitungsgebiet des Spitzahorns.           reicht er Durchmesser von 80 cm, selten bis
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.    100 cm auf Brusthöhe. Spitzahorne können
php?curid=3292871
                                                  150 bis 200 Jahre alt werden.

                                                                                            BTW 3/2020 5
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 Der Spitzahorn bildet im Thurgau kaum grös-
 sere Reinbestände, er ist meist beigemischt
 und selten dominierend, was vermutlich mit
 seiner eher geringen maximalen Wuchshöhe
 zusammenhängt.

 Der Spitzahorn, weit verbreitet und doch
 selten
 Gemäss Schweizerischem Landesforstinventar
 (LFI) hat der Spitzahorn schweizweit einen
 Vorratsanteil von 0,2 % und einen Stamm-
 zahlanteil von 0,3 %. Nur jeder 350. Baum im
 Schweizer Wald ist also ein Spitzahorn. Der
 Spitzahorn ist 17 Mal seltener als der Berg-
 ahorn. Der Spitzahorn misst im Durchschnitt
 nur rund 25 cm Durchmesser auf Brusthöhe,         Alte und grosse Spitzahorne sind im Thurgauer Wald
 denn die meisten sind relativ jung und alte,      selten. Ein grosses Exemplar steht im Chliispitzhau
                                                   im Waldreservat Güttingerwald der Waldkorporation
 grosse Exemplare sind eher selten.                Güttingen. Er misst 75 cm auf Brusthöhe.
    Rund 60 % aller Spitzahorne wachsen in         Foto: Ulrich Ulmer
 den Regionen Mittelland und Jura. Hier er-
 reicht er die höchsten Stammzahlanteile (je       Mischung mit Bergahorn und Kirschbaum. Der
 0,4 %). Im östlichen Jura beträgt der Anteil      einzige Samenerntebestand des Spitzahorns
 sogar 1,2 %.                                      im Thurgauer Wald befindet sich im Buchberg
    Der Spitzahorn ist auch eine der Baumar-       in Schlatt. Er ist im nationalen Kataster der
 ten, die im Rahmen des Projektes «Förderung       Samenerntebestände (NKS) erfasst. Gemäss
 seltener Baumarten» (SEBA) im Schweizer           LFI hat der Spitzahorn in den letzten Jahr-
 Wald gefördert werden. Der Spitzahorn wird        zehnten sowohl schweizweit als auch im
 als ungefährdet eingestuft und als «vergesse-     Thurgau anzahl- wie vorratsmässig zugelegt.
 ne Baumart» bezeichnet.
    Der Spitzahorn (Acer platanoides) wird bei     Holz: Gute Eigenschaften, geringe Nachfrage
 den seit 1970 im Thurgauer Wald durchge-          Das Holz des Spitzahorns kommt dem Holz
 führten Stichprobeninventuren nicht separat       des Bergahorns sehr nahe. Im Unterschied zum
 erfasst, sondern mit dem Bergahorn (Acer
 pseudoplatanus) und dem Feldahorn (Acer
 campestre) unter der Bezeichnung «Ahorn»
 zusammengefasst. Der Anteil des «Ahorns»
 im Thurgauer Wald beträgt rund 4 %. Davon
 nimmt der Bergahorn schätzungsweise 90 %
 ein, die restlichen 10 % teilen sich der Spitz-
 ahorn und der Feldahorn. Gemäss LFI hat der
 Spitzahorn im Thurgauer Wald einen Vorrats-
 anteil von 0,5 % und einen Stammzahlanteil
 von 0,7 %. Auch im Thurgauer Wald dominie-
 ren jüngere Exemplare, denn in den vergange-
 nen Jahrzehnten wurde der Spitzahorn vieler-      Stamm eines Spitzahorns an der Wertholzsubmission
 orts bei der Verjüngung eingebracht, häufig in     2020 in Neuwilen. Foto: Ulrich Ulmer

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Der Spitzahorn ist auch im Thurgau als Strassen- und als Alleebaum sehr beliebt. Unterseestrasse in Kreuzlingen
(links), Seestrasse in Arbon (mitte) und Arbonerstrasse/Marktplatz in Amriswil (rechts). Fotos: Ulrich Ulmer

eher gelblich-weissen Bergahornholz ist das              zeigt eine schöne Herbstfärbung, ist einhei-
Spitzahornholz etwas dunkler. Durch Dämpfen              misch und robust. Häufig werden auch säu-
kann es auch leicht rosafarbig werden.                   lenförmige, rundkronige oder rotblättrige
   Ahornholz ist hart und zäh. Es zählt zu den           Zuchtformen gepflanzt. Aber im immer inten-
wertvollsten einheimischen Hölzern und wird              siver genutzten Strassenraum wird der Spitz-
für Möbel und im Innenausbau verwendet. Es               ahorn immer mehr durch (noch) robustere
ist beliebt in der Drechslerei, Schnitzerei und          Baumarten verdrängt, die Strassensalz und
im Musikinstrumentenbau. Allerdings ist der              Bodenverdichtung besser ertragen.
Ahorn wegen seiner hellen Farbe ausgespro-
chen stark den Modeströmungen unterworfen                Der Spitzahorn, eine Baumart mit Zukunft
und derzeit nicht so gefragt.                            Der Spitzahorn gilt allgemein als robuste und
                                                         problemlose Baumart. Wie der Bergahorn, lei-
Der Spitzahorn, der robuste Strassenbaum                 det er unter dem Verbiss des Rehwildes. Mas-
Der Spitzahorn ist robust gegenüber Hitze                senvermehrungen gefährlicher Schadorganis-
und Trockenheit. Dies macht ihn auch für                 men treten beim Spitzahorn derzeit nicht auf.
Pflanzungen ausserhalb des Waldes interes-                Verschiedene neue Erreger könnten ihm aber
sant. Seit rund 50 Jahren wird er bevorzugt              künftig zusetzen und erhebliche Schäden ver-
auch im Siedlungsgebiet gepflanzt, vor allem              ursachen, so z.B. die Verticillium-Welke, eine
entlang von Strassen, in Alleen, in Schularea-           Gefässkrankheit, oder verschiedene Pilzarten,
len und auf Sportanlagen.                                die Rindennekrosen verursachen. Weniger im
   In der Stadt Zürich ist der Spitzahorn sogar          Wald, aber häufig im Siedlungsgebiet wird
der häufigste Strassenbaum. Von rund 22 500               der Spitzahorn vom Echten Mehltau und der
inventarisierten Strassenbäumen sind gut                 Teerfleckenkrankheit befallen.
13 % Spitzahorne, gefolgt von Platanen (8 %)                Als wärmeliebende Baumart und wegen
und Rosskastanien und Robinien (je 7 %).                 seiner Robustheit gegenüber Hitze und Tro-
   Im Siedlungs- und Strassenraum kann der               ckenheit wird dem Spitzahorn bei der erwar-
Spitzahorn weitere Vorteile ausspielen: Er ist           teten Klimaveränderung viel zugetraut. Der
schnellwüchsig, sein dichtes Blattwerk spen-             Spitzahorn hat offensichtlich Eigenschaften,
det Schatten, er duftet fein während der Blü-            die ihn für die Zukunft interessant machen.
te, er hat keine harten und schweren Früchte                                               Ulrich Ulmer
und auch keinen klebrigen Niederschlag, er                              Kreisforstingenieur Forstkreis 3

                                                                                                   BTW 3/2020 7
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Forstamt und Forstdienst

 D er n e u e W a l d e ntw i cklung splan Thurgau wird
 ö ff en t l i c h b e ka nnt g em acht

 Ein neuer Waldentwicklungsplan soll die neun       Entwurfs erzielt werden. Mit der öffentlichen
 regionalen Waldpläne im Thurgau ablösen.           Bekanntmachung ist nun die Möglichkeit zur
 Am 21. August 2020 wird der Entwurf des            Mitwirkung für jedermann gegeben.
 Waldentwicklungsplans Thurgau 2020 für                Im neuen Waldentwicklungsplan werden die
 sechs Wochen in die öffentliche Bekanntma-         Waldfunktionen definiert, gewichtet und loka-
 chung gehen.                                       lisiert. Ausserdem werden die Leistungen und
                                                    Aufgaben des Waldes sowie die oft gegensätz-
 Ein Waldentwicklungsplan (früher regionaler        lichen Ansprüche der Gesellschaft an den Wald
 Waldplan) ist ein forstliches Planungsinstru-      analysiert und abgewogen, mit dem Ziel, lang-
 ment auf überbetrieblicher Ebene und dient         fristig ein Gleichgewicht zwischen den ver-
 der Sicherstellung der öffentlichen Interessen     schiedenen Interessen zu gewährleisten. Der
 am Wald. Er ist behörden- und nicht eigentü-       neue Waldentwicklungsplan besteht aus einer
 merverbindlich. Das zunehmende öffentliche         Karte, worauf die Waldfunktionen Biodiversi-
 Interesse am Wald sowie an seiner Nutzung          tät, Schutz vor Naturgefahren, Erholung und
 und Wirkung als Erholungs- und Naturraum           Holzproduktion lokalisiert sind, und aus einem
 war bei der Erarbeitung des Bundesgesetzes         Textdokument mit themenspezifischen Über-
 über den Wald 1993 Grund dafür, dass die           sichtskarten. Im Textteil wurden für den Thur-
 Kantone verpflichtet wurden, diese Planun-          gauer Wald behördenverbindliche kantonale
 gen über die ganze Waldfläche zu erstellen          Grundsätze und Ziele festgelegt, der aktuelle
 und dabei die Öffentlichkeit mitwirken zu las-     Zustand beschrieben, Entwicklungstendenzen
 sen. Im Thurgau entstanden daraufhin zwi-          und Handlungsbedarf eruiert, Konflikte aufge-
 schen 1997 und 2009 neun sogenannte regio-         zeigt und Massnahmen vorgeschlagen. Die
 nale Waldpläne, erarbeitet unter Einbezug von      Umsetzung des Waldentwicklungsplans soll
 Begleitgruppen, zusammengesetzt aus unter-         unter anderem über Ausführungspläne, Verträ-
 schiedlichen Interessenvertretern.                 ge und Projekte erfolgen. Dabei werden dann
    In den letzten Jahren drängte sich eine Über-   die einzelnen Massnahmen örtlich und zeitlich
 arbeitung der teilweise veralteten regionalen      fixiert und deren Finanzierung geregelt.
 Waldpläne auf. Da neue Anliegen, wie zum Bei-         Text und Kartenmaterial des neuen Waldent-
 spiel Erholung und Sport im Wald, vermehrt         wicklungsplans sind vom 21. August bis zum
 einer Betrachtung über die Regionen hinaus         2. Oktober 2020 auf der Webseite des Forstam-
 bedurften und ausserdem eine einheitliche Pla-     tes (www.forstamt.tg.ch) öffentlich einsehbar.
 nung über den ganzen Thurgauer Wald ange-          Der Waldentwicklungsplan liegt während der
 strebt wurde, hat der Kanton beschlossen, nur      Bekanntmachung zusätzlich beim Forstamt auf
 noch einen kantonalen Waldentwicklungsplan         und kann auch dort gesichtet werden (montags
 zu erstellen. Weil die Inhalte der regionalen      und donnerstags, Voranmeldung nötig). Allfälli-
 Waldpläne als wichtige Grundlagen vorhanden        ge Stellungnahmen können dem Forstamt per
 waren, wurde der neue Waldentwicklungsplan         E-Mail oder per Post zugestellt werden. Die ein-
 primär vom Forstamt ausgearbeitet und man          gehenden Rückmeldungen werden dann im
 verzichtete auf eine externe Begleitgruppe.        Herbst ausgewertet. Daraufhin wird der WEP bei
 Durch eine verwaltungsinterne Vernehmlas-          Bedarf noch einmal überarbeitet und abschlies-
 sung bei den betroffenen Ämtern sowie bei          send vom Regierungsrat in Kraft gesetzt.
 den Revierförstern konnten eine erweiterte Mit-                                     Claudia Kuratli
 wirkung und eine Optimierung des aktuellen                                  Planung und Beiträge

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Blätter aus dem Thurgauer Wald
BTW 3/2020 9
                                                                                                                  Ausschnitt aus der Karte der Waldfunktionen des neuen Waldentwicklungsplans Thurgau 2020.
                                                                                                                  Abbildung: Forstamt/swisstopo, Bundesamt für Landestopografie
                                   
                               )        
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Forstamt und Forstdienst

                                  
                                        
                                
                                      
                                               !
Blätter aus dem Thurgauer Wald
Forstamt und Forstdienst

  E r g eb n i s s e d e s 4 . L and esf o rs t i n v en tars ( LF I4)
  f ür de n K a n t o n Thu rg au

  Vor Kurzem wurden die Ergebnisse der 4. Er-                                          (LFI5). Die Resultate können via www.lfi.ch
  hebung des Schweizerischen Landesforstin-                                            abgerufen werden.
  ventars (LFI4) publiziert. «Schweizer Wald ist                                          Da die Ergebnisse des LFI4 auf Erhebungen
  generell in gutem Zustand, aber wegen Kli-                                           in den Jahren 2009 bis 2017 basieren, sind sie
  mawandel unter Druck», lautete der Titel der                                         nicht ganz aktuell, sondern durchschnittlich
  Medienmitteilung. Wo steht der Thurgauer                                             7-jährig. Das bedeutet zum Beispiel, dass die
  Wald im nationalen Vergleich?                                                        grossen Borkenkäferschäden, die seit 2018 im
                                                                                       Thurgauer Wald auftreten, in den Ergebnissen
  Mit dem Schweizerischen Landesforstinventar                                          des LFI4 noch keinen Niederschlag gefunden
  (LFI) werden Zustand und Veränderungen des                                           haben.
  Schweizer Waldes erfasst. Bei der Stichpro-                                             Die Ergebnisse des LFI4 basieren auf rund
  beninventur werden Daten von Bäumen, Be-                                             6000 Stichproben im zugänglichen Wald ohne
  ständen und der Umgebung im Wald und durch                                           Gebüschwald. Davon liegen 117 im Kanton
  Befragung des lokalen Forstdienstes erhoben.                                         Thurgau.
  Das LFI wird von der Eidgenössischen For-
  schungsanstalt für Wald, Schnee und Land-                                            Waldfläche im Thurgau stabil
  schaft (WSL) Birmensdorf in Zusammenarbeit                                           Im Kanton Thurgau gibt es rund 20 000 ha
  mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) durch-                                           Wald. Während die Waldfläche vor allem im Al-
  geführt.                                                                             pengebiet seit 1985 stark zugenommen hat, ist
     Die Erhebungen erfolgten 1983–85 (LFI1),                                          sie im Kanton Thurgau konstant. Mit 21 % Wald-
  1993–95 (LFI2), 2004–06 (LFI3) und 2009–17                                           anteil ist der Kanton Thurgau relativ waldarm.
  (LFI4). Seit 2009 werden die Daten kontinuier-                                       Nur der Kanton Genf hat weniger Wald (14 %).
  lich über einen Zeitraum von neun Jahren erho-                                       Die Nachbarkantone Schaffhausen (42 %), Zü-
  ben. Aktuell läuft die fünfte Inventur 2018–26                                       rich (29 %) und St. Gallen (31 %) weisen deut-
                Veränderung der Waldfläche pro Wirtschaftsregion
                zwischen 1983/85 und 2009/17

                                                                     Jura Ost            Mittelland Ost
                                                                     3% ±1               1% ±1
                                                Jura West
                  Schweiz: 11% ±2                                                                          Voralpen Ost
                                                3% ±1                                                      8% ±2
                  < 2%
                  2–5%                                  Mittelland
                  6–10%                                 Mitte                                             Alpen Nordost
                  11–15%                                0% ±1         Voralpen Mitte                      21% ±4
                  > 15%                                               5% ±1               Alpen Mitte
                                    Mittelland
                                                                                          25% ±5                          Alpen Südost
                                    West                                                                                  24% ±2
                                    2% ±2 Voralpen
                                               West          Alpen Nordwest
                                               10% ±3        15% ±3
                                                                                                Alpensüdseite
                                                                                                18% ±2
                                                         Alpen Südwest
                                                         17% ±2

  In den Alpen und auf der Alpensüdseite hat die Waldfläche seit 1985 um rund 20 % zugenommen. Im Mittelland
  hingegen hat sich die Waldfläche nicht verändert. Quelle: WSL/BAFU, Landesforstinventar LFI4 (2009–2017),
  Faktenblatt Nr. 1

10 BTW 3/2020
Forstamt und Forstdienst

lich mehr Wald auf. Die Schweiz hat gemäss                                          80
                                                                                                                                                         65 64 65
LFI4 einen Waldanteil von neu 32 %.                                                 60         51                                              51

                                                      Vorratsveränderung in m3/ha
                                                                                                                                          44        46
                                                                                    40

Hoher Vorrat im Thurgauer Privatwald                                                20              11                                                              12 15 13
                                                                                                                             1
Der Holzvorrat im Thurgauer Wald beträgt                                             0
                                                                                          -1
                                                                                                                                 -5
400 m3/ha. Er liegt etwas über dem Vorrat des                                       -20                                -12

Mittellandes (383 m3/ha) und der ganzen                                             -40
                                                                                                           -37

Schweiz (375 m3/ha). Im Thurgau liegt der Vor-                                      -60                  -54
                                                                                                              -47

rat im Privatwald (447 m3/ha) deutlich über
dem Vorrat im öffentlichen Wald (335 m3/ha).
                                                                                                               öffentlich        privat        Total

Hoher Zuwachs, noch höhere Nutzung                    Vorratsentwicklung LFI2 (1995) – LFI4 (2015) nach
Gemäss LFI wuchsen im Thurgauer Wald zwi-             Eigentum und Region in m3/ha. Grosse Vorratsab-
                                                      nahme im Mittelland steht noch grösserer Zunahme
schen LFI3 (2005) und LFI4 (2015) jährlich            in den Alpen und auf der Alpensüdseite gegenüber.
242 000 m3 Holz zu (12,4 m3/ha/Jahr). In der
gleichen Zeitspanne betrug die Holznutzung            wald weniger stark aus (–8 m3/ha, –2 %) als
inklusive Mortalität (Bäume, die absterben            im öffentlichen Wald (–65 m3/ha, –16 %). Bei
und im Wald bleiben) 255 000 m3 (13,0 m3/             dieser Entwicklung steht der Thurgau nicht
Jahr). Schon in der Vorperiode LFI2 (1995) bis        alleine da, denn im ganzen Mittelland ging
LFI3 (2005) wurde im Thurgauer Wald mehr              der Vorrat zurück (–47 m3/ha, –11 %), während
Holz genutzt, als nachgewachsen ist. Dem Zu-          er schweizweit zunahm (+13 m3/ha, +3 %).
wachs von 246 000 m3 (12,5 m3/ha/Jahr) stand
damals eine Nutzung inklusive Mortalität von          Nachhaltige Nutzungsmenge im Thurgau
271 000 m3 gegenüber (13,8 m3/ha/Jahr).               Was bedeutet das? Betrachtet man die Periode
                                                      LFI2 (1995) bis LFI4 (2015), so wurde das Nut-
Seit 1995 geht der Vorrat zurück                      zungspotenzial des Thurgauer Waldes voll aus-
Wird mehr Holz genutzt als nachwächst, geht           geschöpft. Eine Holzmenge von 250 000 m3,
der Vorrat zurück. Im Thurgau ist der Vorrat          z.B. für den Zuwachs oder die Nutzung, die das
seit 1995 um 32 m3/ha oder 7 % zurückgegan-           LFI ausweist, basiert auf LFI-Tarifen und misst
gen. Der Abbau des Vorrates fiel im Privat-            das «Schaftholz in Rinde» («Stehendmass»,
                                                      Tariffestmeter). Diese Menge entspricht in etwa
                                                      180 000 m3 Holz, die dann nach der Ernte ge-
                                                      messen werden und in der Forststatistik aus-
                                                      gewiesen werden («Liegendmass», Erntefest-
                                                      meter, m3 der Forststatistik). Analog ist es
                                                      beim Zuwachs. Der «LFI-Zuwachs» von 12,5 m3/
                                                      ha/Jahr entspricht einem «TG-Zuwachs» von
                                                      rund 9 m3/ha/Jahr. Dieser Umstand darf bei der
                                                      Abschätzung der nachhaltig möglichen Nut-
                                                      zungsmenge des Thurgauer Waldes nicht aus-
                                                      ser Acht gelassen werden.
                                                         Ähnlich wie mit der Waldflächenzunahme,
Bäume wachsen und legen jedes Jahr einen neuen        die sich fast ausschliesslich im Alpenraum ab-
Jahrring an. Die Summe all dieser Holzzellschichten   spielt, steht es mit der Vorratsentwicklung.
entspricht dem sogenannten Zuwachs.
Foto: Ulrich Ulmer                                    Nationale Trends (Mittelwerte) verlaufen ge-
                                                      genläufig zu Entwicklungen in einzelnen Re-
                                                                                                                                                              BTW 3/2020 11
Forstamt und Forstdienst

  gionen. Der grosse Vorratsabbau im intensiv
  bewirtschafteten, vor allem öffentlichen Wald
  des Mittellandes wird überkompensiert durch
  die grosse Vorratszunahme insbesondere in
  den Alpen und auf der Alpensüdseite.

  Thurgauer Wald ist gut erschlossen
  Mit einer Erschliessungsdichte von 63 Lauf-
  meter pro Hektare Wald (Mittelland 59 m'/ha,
  Schweiz 26 m'/ha) weist der Thurgauer Wald
  eine gute Erschliessung mit Waldstrassen auf.
     Die günstige Topografie und die gute Er-
  schliessung führen dazu, dass der Holzernteauf-
  wand im Thurgau vergleichsweise klein ist. Für                                                     Gemäss LFI4 gibt es im Thurgauer Wald 1311 km
  71 % des Holzvorrates wird der Aufwand für die                                                     lastwagenbefahrbare Waldstrassen. Foto: Ulrich Ulmer
  Holzernte auf max. 50 Fr./m3 geschätzt, für 92 %
  des Vorrates auf max. 75 Fr./m3. Für die ganze                                                     spanne von 1995 bis 2015 wurden im Thurgau-
  Schweiz beträgt der geschätzte Holzernteauf-                                                       er Wald jährlich rund 63 000 m3 Fichte abge-
  wand für 41 % des Vorrates mehr als 75 Fr./m3.                                                     baut, d.h. mehr genutzt, als zugewachsen ist.
  Trotz dieser relativ günstigen Situation im Thur-                                                  In absoluten Zahlen entspricht dies einem Ab-
  gau ist aktuell kaum eine kostendeckende Holz-                                                     bau von 1,1 Mio. m3 Fichtenholz. Von 3,7 Mio. m3
  ernte möglich (Durchschnittserlös gemäss Forst-                                                    (1995) auf 2,6 Mio. m3 in 20 Jahren (2015)!
  statistik 2019: 61 Fr./m3).                                                                        Auch hier steht der Thurgau nicht allein da:
                                                                                                     Der Rückgang der Fichte ist im ganzen Mittel-
  Dramatischer Rückgang der Fichte                                                                   land zu beobachten (–33 %).
  Seit 1995 ist der Fichtenvorrat im Thurgauer                                                          Seit 1995 hat neben der Fichte vor allem
  Wald um 30 % zurückgegangen. Dieser Rück-                                                          auch die Föhre stark abgenommen (–23 %).
  gang ist dramatisch. 1985 betrug der Anteil der                                                    Gewinner sind die Tanne (+18 %) und die Bu-
  Fichte noch 48 %, 2015 noch 33 %. In der Zeit-                                                     che (+10 %). Bemerkenswert ist die Entwick-

                                        70
                                                                                           63
                                                                                            59
                                        60
                                                                                             53
                                                                                              51
                                             48                                                                                            49
                                        50                                                                                                47
                                              43
                   sŽƌƌĂƚƐĂŶƚĞŝůŝŶй

                                                                                                                                         41
                                                                                                                                                LFI1
                                        40                                                                                              37      1985
                                               35
                                                    33
                                                                                                                                                LFI2
                                        30
                                                                                                                                                1995
                                                                                                    19 20                                       LFI3
                                        20                                                       1617
                                                           13 13                                                                                2005
                                                                                                                   12 12
                                                         910                                                      9                             LFI4
                                        10                      65 5                                    67 66 6               6 45 45
                                                                       4                                               4 45                     2015
                                                                           0 11 1 0 00 0
                                         0

  Vorratsentwicklung der Hauptbaumarten von LFI1 (1985) bis LFI4 (2015) im Thurgauer Wald.
  Markant ist vor allem der Rückgang des Fichtenanteils von 48 % auf 33 %. Quelle: WSL/LFI

12 BTW 3/2020
Forstamt und Forstdienst

                                                    wie der Kanton Thurgau! Der Thurgauer Wald
                                                    hat im Durchschnitt nur 5 m3/ha Totholz.
                                                    Schweizweit sind es durchschnittlich 26 m3/
                                                    ha Totholz, im Mittelland sind 15 m3/ha Tot-
                                                    holz vorhanden. Im Thurgau hat das Totholz-
                                                    volumen sogar noch abgenommen, denn im
                                                    LFI3 (2005) wurden 8 m3/ha Totholz festge-
                                                    stellt.

                                                    Wenig Exoten im Thurgauer Wald
                                                    Der Anteil von Exoten im Thurgauer Wald ist
                                                    nach wie vor gering. Exoten (Neophyten) sind
Totholz im Wald ist sehr wichtig, weil sehr viele   gebietsfremde (florenfremde) Pflanzenarten,
Organismen, die im Wald leben, darauf angewiesen    die nach dem Jahr 1492 eingeführt wurden.
sind. Foto: Ulrich Ulmer
                                                    Dazu gehören insbesondere Douglasie (Pseu-
                                                    dotsuga menziesii), Schwarzföhre (Pinus nig-
lung der Eiche und der Esche. 1985 hatten           ra), Weymouthsföhre (Strobe, Pinus strobus),
beide einen Anteil von je gut 6 %. Bis 2005         Roteiche (Quercus rubra) und Robinie (Fal-
hat die Esche ihren Anteil auf 12 % verdop-         sche Akazie, Robinia pseudoacacia).
pelt. Eine weitere Zunahme der Esche wurde            Gemäss LFI ist im Thurgauer Wald nur jeder
dann vom aufkommenden Eschentriebster-              1000. Baum ein Exot. Dieser Anteil ist seit
ben verhindert, die Esche hat nach wie vor          1985 unverändert klein und beträgt nur 0,1 %.
einen Anteil von 12 %. Anders die Eiche. Ihr
Anteil beträgt seit 1985 ziemlich konstant          Laubwälder haben zugenommen
6 %. Der Kanton Thurgau zählt sowohl zu den         Der Anteil praktisch reiner Nadelholzbestände
eichenreichsten als auch zu den eschenreichs-       mit über 90 % Nadelholz hat seit 1985 (LFI1)
ten Kantonen.                                       kontinuierlich abgenommen. Waren es da-
   Der Vorratsanteil des Nadelholzes betrug         mals noch 33 %, sind es heute nur noch 14 %
1985 (LFI1) 63 %. Seither hat er kontinuierlich     (LFI4). Laubholzdominierte Bestände mit über
abgenommen und beträgt nun 51 % (LFI4).             50 % Laubholz haben ihren Anteil von 36 %
                                                    auf 58 % erhöht.
Ökologisch wertvolle Waldränder                                                       Ulrich Ulmer
Das LFI macht auch Aussagen zu den Waldrän-                       Kreisforstingenieur Forstkreis 3
dern. Bei 50 % der Waldränder im Thurgau wird
der ökologische Wert der Waldränder (Ökoton-        100%    4       1       6
                                                                                    0
                                                     90%            21
wert) als «mittel» beurteilt, 45 % der Waldrän-      80%
                                                            23
                                                                            25      32

der weisen einen «hohen» ökologischen Wert           70%
                                                            13
                                                                    16
                                                                                            keine Angabe
                                                     60%                    15
auf. Nur bei 5 % der Waldränder im Thurgau           50%
                                                                                    26      91-100% Lbh
                                                            27      35
wird der ökologische Wert der Waldränder als         40%
                                                                            32
                                                                                            50-90% Lbh

                                                     30%                                    51-90% Ndh
«gering» eingestuft. Damit nimmt der Kanton          20%
                                                                                    28
                                                                                            91-100% Ndh
                                                            33      28
Thurgau im nationalen Quervergleich einen            10%                    21
                                                                                    14
                                                      0%
Spitzenplatz ein.                                          LFI1    LFI2    LFI3    LFI4
                                                           1985    1995    2005    2015

Wenig Totholz im Thurgauer Wald                     Entwicklung des Mischungsgrads im Thurgauer Wald.
Beim Totholz sieht die Situation anders aus:        Laubholzdominierte Bestände haben seit 1985 stark
                                                    zugenommen. Quelle: WSL/LFI
Kein Kanton hat so wenig Totholz im Wald
                                                                                          BTW 3/2020 13
Forstamt und Forstdienst

  Wa ld u n d W a l d b ew i rtschaf tun g i m Mit te l t h urgau,
  Tei l 3 : M e i l e ns t ei ne

  Mit dem gesellschaftlichen Wandel stellten
  die Menschen neue Ansprüche an den Wald.          Im Rahmen der Einweihung des neuen Forst-
  Als Folge änderten auch die Wälder ihr Aus-       werkhofs Mittelthurgau wurde eine Festschrift
  sehen markant. Teil 1 und 2 haben dies auf-       veröffentlicht. Darin wurde die Geschichte
  gezeigt. Verschiedene «Meilensteine» haben        vom Wald und von der Waldbewirtschaftung
  den beschriebenen Weg zum Wald im Mittel-         im Mittelthurgau umfassend beschrieben.
  thurgau, wie wir ihn heute kennen, möglich        Aufgegliedert in fünf Teile, wird diese Ge-
  gemacht. Diese Meilensteine sollen im Fol-        schichte in den nächsten Ausgaben der
  genden beleuchtet werden.                         «Blätter aus dem Thurgauer Wald» wieder-
                                                    gegeben.
  Verbesserung der Waldbewirtschaftung und          Teil 1 und Teil 2 sind in den BTW 1/2020 und
  Aufbau des Holzvorrats                            2/2020 erschienen.
  Um 1850 begannen die grösseren Waldeigen-
  tümer, auch in unserer Region eigene Pflanz-
  gärten anzulegen, so etwa in Weinfelden, Mett-   Umwandlung in Nadelholz-Hochwald, dies ins-
  len oder Bürglen. Mit den nachgezogenen          besondere im Privatwald. Heute noch ist die
  Jungpflanzen – meist Nadelholz – wurden Blös-     Fichte im kleinparzellierten Privatwald deut-
  sen und Lücken ausgepflanzt, um die gesamte       lich vorherrschend und die Holzvorräte sind
  Waldfläche produktiv nutzen zu können. Diese      hier viel höher als im Laubholzgebiet, weil der
  regionalen Pflanzgärten, die in den 1960er-       Wald den meist bäuerlichen Eigentümern auch
  Jahren für die Versorgung mit einheimischem      als Sparkasse diente.
  Pflanzgut noch grosse Bedeutung hatten, wur-         Das eidgenössische Forstpolizeigesetz von
  den unterdessen aus wirtschaftlichen Gründen     1902 und die direkt darauf basierende kanto-
  aufgegeben. Einerseits bedingte ihr Betrieb      nale Vollziehungsverordnung sah die Aus-
  einen hohen Anteil an immer teurerer Handar-     arbeitung von Wirtschaftsplänen für die grös-
  beit, andererseits wurden immer weniger          seren Waldeigentümer vor. Holzvorrat und
  Pflanzen benötigt, weil im naturnahen Wald-       Zuwachs wurden mit Vollkluppierungen ermit-
  bau, wie man ihn heute praktiziert, wenn         telt und darauf basierend ein verbindlicher
  möglich auf Naturverjüngung gesetzt wird. Wo     Hiebsatz über eine bestimmte Periode (meist
  immer noch gepflanzt werden muss, berück-         15 Jahre) festgelegt, mit dem auf einen konse-
  sichtigt man heute meist spezialisierte ge-      quenten Waldaufbau geachtet und die Nach-
  werbliche Forstbaumschulen, die sich – unter-    haltigkeit kontrolliert werden konnte. 1970
  dessen auch schon über Generationen –            erfolgte dann die Umstellung auf Stichpro-
  insbesondere im «Ast» in der Gemeinde Berg       beninventuren, die auf einem systematischen
  etabliert haben und qualitativ hochwertige       100×100-m-Netz über die ganze Waldfläche
  Pflanzen ausgewählter anerkannter Herkünfte       basierten und auch den Privatwald mitein-
  zu fairen Preisen zu liefern vermögen.           schlossen. Die Holzvorräte über das ganze
     Sobald Brennholz nicht mehr der einzig ver-   Revier sind so seit 1900 von etwa 150 m3/ha
  fügbare Energieträger war, wurde es wirt-        stetig angestiegen und haben nun die als Ziel
  schaftlich interessanter, den Nutzholzanteil     gesetzte und für unsere Standortverhältnisse
  auf Kosten des Brennholzes zu erhöhen. Im        optimale Höhe von 320 bis 350 m3/ha erreicht
  Mittelwald wurden mehr Überhälter nachgezo-      oder gar überschritten. Dabei sind allerdings
  gen oder es erfolgte durch Kahlschlag eine       beträchtliche Unterschiede zwischen öffentli-
14 BTW 3/2020
Forstamt und Forstdienst

chem und privatem Wald zu beobachten.                   gannen zuerst mit dem Bau von bekiesten
Während die Vorräte im Privatwald heute                 Waldwegen. Sie ermöglichten es, das Holz mit
400 m3/ha und mehr betragen, sind es im öf-             geringerem Aufwand aus dem Wald zu holen.
fentlichen Wald nur knapp 300 m3/ha. Wie                   Im parzellierten Wald konnte der eigen-
einschneidend sich indessen Waldkatastro-               tumsübergreifende Wegebau fast nur im Rah-
phen innert kurzer Zeit auf die Höhe der Vor-           men von Zusammenlegungen effizient durch-
räte auswirken können, zeigt etwa das Bei-              geführt werden. Gleichzeitig wurde die
spiel der Bürgergemeinde Weinfelden, die                Parzellierung verbessert. Eigentümer mit stark
1986 noch über stolze 379 m3/ha verfügte.               zerstückeltem Waldbesitz und schlecht ge-
Bei der nächsten Stichprobeninventur 2010               formten Grundstücken erhielten neu meist
waren es dann nur noch 274 m3/ha oder mehr              eine einzige grosse Parzelle mit günstiger
als ein Viertel weniger. So empfindlich mach-            Form und Anschluss an ein zusammenhän-
ten sich hier die schweren Holzverluste durch           gendes Wald- und Flurstrassennetz.
die Stürme «Viviane» 1990 und «Lothar»                     An der Revision 1946 des eidgenössischen
2000 sowie die nachfolgenden Borkenkäfer-               Forstpolizeigesetzes war der damalige Thur-
schäden bemerkbar.                                      gauer Regierungsrat Dr. Willy Stähelin mass-
                                                        geblich beteiligt. Von da an konnten die
Die Erschliessung des Waldes mit fahrbaren              Forstverbesserungsarbeiten von Bund und
Wegen und die Verbesserung der Parzellie-               Kanton mit öffentlichen Beiträgen namhaft
rung                                                    unterstützt werden. Dies regte den Bau von
Mit dem Aufkommen von Traktoren und Last-               Waldwegen und die Waldzusammenlegungen
wagen und der Verteuerung der menschlichen              enorm an. Vor allem in den 1960er- und
Arbeit wurden die früheren Methoden des                 1970er-Jahren wurden in den meisten Gemein-
Holztransports mit Pferden und Karren auf un-           den solche Flurverbesserungen unternom-
befestigten Erdwegen zu aufwendig. Der Kan-             men. Auslöser war mancherorts auch der
ton und einige grössere Waldeigentümer be-              Nationalstrassenbau.

Langholztransport auf Schienen mit Pferden im Schlossgut Bachtobel (Winter 1928/29).
Foto: zVg von Altförster Heinrich Boltshauser

                                                                                           BTW 3/2020 15
Forstamt und Forstdienst

   Zusammenlegung                  Zeit der Durchführung           Bearbeitete Waldfläche
   Hugelshofen-Dotnacht            1946–1953                        76 ha
   Lanterswil-Toos                 1956–1969                       182 ha
   Mettlen-Istighofen-Reuti        1963–1977                       130 ha
   Oppikon                         1979–1982                        46 ha

  Waldzusammenlegungen im Mittelthurgau.

  In Ottoberg, Weerswilen sowie den ganzen                 absehbaren Zeitraums kaum je mehr wettzu-
  politischen Gemeinden Berg und Birwinken                 machen. So muss man heute froh sein um
  dagegen sind keine Waldzusammenlegungen                  das viele, das frühere Generationen zur Ver-
  zustande gekommen. Hier sind die Parzellie-              besserung der Bewirtschaftungsverhältnisse
  rungsverhältnisse nach wie vor schwierig, die            im Wald bereits geleistet haben.
  Erschliessung des Privatwalds ungenügend                   Die Bürgergemeinden Weinfelden und Berg
  und die Holzerntekosten entsprechend erhöht              vermochten die schwierigen Eigentumsver-
  – und sie bleiben es wohl auch. Güterzusam-              hältnisse auf dem Ottenberg mit einer konse-
  menlegungen kommen heute nur noch aus-                   quenten Waldarrondierungspolitik (Waldkauf/
  nahmsweise zustande, weil das 1993 in Kraft              Waldtausch) und durch die Gemeindereorga-
  gesetzte neue Waldgesetz des Bundes keine                nisationen als Folge der neuen Kantonsver-
  Beiträge für Waldzusammenlegungen mehr                   fassung von 1987 über die Jahrzehnte nach
  vorsieht. Bei den über die Jahrzehnte stark              und nach zu verbessern.
  gesunkenen Holzpreisen vermag der Mehrer-                                           Erich Tiefenbacher
  trag so die Investitionskosten innerhalb eines                         Kreisforstingenieur Forstkreis 2

  Der damals neue Rückrolli der Bürgergemeinde Weinfelden im Einsatz.
  Foto: Wirtschaftsplan Bürgergemeinde Weinfelden 1953

16 BTW 3/2020
Forstamt und Forstdienst

Wa s m a c h t e i g e ntli ch d er Fach s tab Trock e n h e it ?

Der warme, regenarme und windige April            seits tiefe Pegelstände von Relevanz, anderer-
führte 2020 schon früh zu einer erhöhten          seits spielt hier die Wassertemperatur zu-
Waldbrandgefahr. Betroffen waren schluss-         sätzlich eine Rolle, um zu entscheiden, ob
endlich auch Gewässer, die für die Jahreszeit     allenfalls Notabfischungen durchgeführt wer-
einen markant zu tiefen Pegelstand aufwie-        den müssen. Diesen Frühling mussten erste
sen. Dies führte dazu, dass der kantonale         Notabfischungen in der Murg bei Sirnach und
Fachstab Trockenheit schon am 20. April zum       im Tanneggerbach in Fischingen durchgeführt
ersten Mal vom Regierungsrat eingesetzt           werden. Tiefe Niederschläge und im Frühjahr
wurde.                                            geringe Schmelzwassermengen können zu
                                                  Problemen in der Trinkwasserversorgung füh-
Wer ist der Fachstab Trockenheit?                 ren, da sich die Grundwasserströme teilweise
Im Fachstab Trockenheit sind verschiedene         noch nicht vollkommen vom trockenen Jahr
kantonale Ämter vertreten, die bei Trocken-       2018 erholen konnten. Die Lage wird durch
heit betroffen sind. Die Leitung wird durch       das Amt für Umwelt analysiert. Das Forstamt
das Amt für Bevölkerungsschutz und Armee          ist für die Beurteilung der Lage im Wald zu-
wahrgenommen. Im Fachstab vertreten sind          ständig. Für die Erhebung der Gefährdungska-
das Amt für Umwelt, das Landwirtschaftsamt,       tegorien stehen fünf Stufen zur Verfügung (1 =
das Forstamt, die Jagd- und Fischereiverwal-      keine Massnahmen, 5 = absolutes Feuerver-
tung, die Kantonspolizei, das Feuerschutz-        bot im und ausserhalb des Waldes). Im April
amt, das Gesundheitsamt und der Informati-        2020 setzte das Forstamt die Waldbrandstufe
onsdienst. Für sie alle sind unterschiedliche     auf 3, konnte diese aber wieder zurückstufen.
Aspekte der Trockenheit wichtig.                  Trockene Waldböden und heisse Temperatu-
                                                  ren veranlassten das Forstamt, die Waldbrand-
Trockenheitsbulletin                              gefahr Ende Juli erneut auf Stufe 3 zu erhö-
Während der Zeit, in der der Fachstab Tro-        hen. Nach genügend Regen Anfang August
ckenheit tagt, erstellt das Amt für Umwelt wö-    konnte die Stufe erneut verringert werden.
chentlich oder bei Bedarf ein Bulletin, in wel-   Das Landwirtschaftsamt beurteilt, wie drin-
chem die relevanten Fakten der einzelnen          gend die Bewässerung landwirtschaftlicher
Ämter zusammengetragen werden. Jedes Amt          Kulturen ist, da hierzu das benötigte Wasser
hat seine eigenen Kriterien zur Beurteilung       den Fliessgewässern und der Trinkwasserver-
der Lage.                                         sorgung entnommen werden darf.
   Im Amt für Umwelt werden sowohl die               Kantonspolizei, Feuerschutzamt, Gesund-
Pegelstände der Fliessgewässer als auch jene      heitsamt und Informationsdienst nehmen
der stehenden Gewässer gemessen. An               übergeordnete Aufgaben wahr, z.B. die Koor-
13 Messstationen im Kanton wird die Mindest-      dination bei einem Brandereignis und die In-
restwassermenge nach einem einheitlichen          formation der Bevölkerung und der Medien.
Verfahren erhoben. Diese Messungen sind
wichtig, da, wenn die Pegelstände unter dem       Auflösung des Fachstabes
Grenzwert liegen, ein Wasserentnahmeverbot        Entspannt sich die Trockenheitslage nachhal-
ausgesprochen werden kann, welches insbe-         tig, wird der Fachstab Trockenheit aufgelöst.
sondere für die Landwirtschaft von Bedeutung                                      Sandra Horat
ist, da, je nachdem, landwirtschaftliche Kultu-
ren nicht (mehr) bewässert werden dürfen. Für
die Jagd- und Fischereiverwaltung sind einer-

                                                                                     BTW 3/2020 17
Forstamt und Forstdienst

  L eb en s r a u m Aue –
  Ö k o lo g i s c he Auf w ertu ng d es Th u r-Vorl an de s

  Das Auenschutzgebiet von nationaler Bedeu-
  tung Hau-Äuli mit einer Fläche von rund 104
  Hektaren liegt in den Gemeinden Frauenfeld
  und Warth-Weiningen beidseitig der Thur.
  2002 wurde das Gebiet per kantonale Schutz-
  anordung formell unter Schutz gestellt. Das
  Forstamt Thurgau ist für deren Umsetzung
  verantwortlich.

  Auen sind Gebiete entlang von Gewässern,
  die durch unterschiedliche Wasserstände ge-           Brutwand für Uferschwalben, Eisvögel oder Bienen-
  prägt werden. Ihre Tier- und Pflanzenwelt hat          fresser. Planausschnitt: bhateam ingenieure ag
  sich daran angepasst, dass sie in unregel-
  mässigen Abständen überflutet werden und               Tieren und Pflanzen im Vorland. 2018 ermög-
  danach wieder trockenfallen. Im Auenwald              lichte ein Pächterwechel beim Waffenplatz,
  schafft das Zusammenspiel von Wasser, Land,           die Situation im Hau-Äuli zu überprüfen und
  Licht und Schatten ein vielfältiges Lebens-           nachhaltig zu verbessern. Das ab 2018 erar-
  raummosaik. Hier leben etwa die Hälfte der            beitete Projekt soll mit einem Massnahmen-
  rund 3000 Pflanzenarten der Schweiz. Auen-             paket den Schutzzielen Rechnung tragen und
  gebiete gehören zu den am meisten ge-                 eine natürliche Gestaltung gewährleisten; so-
  fährdeten Naturräumen Europas. Der Thurgau            dass Pflanzen und Tieren ein artgerechter Le-
  beherbergt sechs Auenschutzgebiete von                bensraum geboten werden kann. Diese Mass-
  nationaler Bedeutung.                                 nahmen bilden ein Zwischenziel. Mit der
     Im Vorland (Bereich zwischen Schutzdamm            weiteren Umsetzung der Gewässerschutzver-
  und Thur) des Auenschutzgebietes Hau-Äuli             ordnung von 2001 wird auf lange Sicht eine
  wurden bis 2018 noch keine Aufwertungs-               ungestörte Gewässerdynamik der Thur ange-
  massnahmen ausgeführt und das Gebiet hat              strebt.
  sich früher und auch seit 2002 eher negativ              Die im laufenden Projekt formulierten Ziele
  entwickelt: So sind beispielsweise Gehölze im         beziehen sich auf die Schutzanordnung und
  Vorland praktisch verschwunden. Die intensi-          die Auenverordnung:
  ve Beweidung durch Schafe in den letzten              – Das Vorland soll durch das Anlegen von di-
  Jahren verringerte zudem die Artenvielfalt von           versen Tümpeln, Giessen und Flutmulden

  Übersichtsplan mit den geplanten/ausgeführten Massnahmen und Etappen. Plan: bhateam ingenieure ag

18 BTW 3/2020
Forstamt und Forstdienst

                                                      Wasserbau, und dem Waffenplatz entfernt
                                                      werden (Begehung nach Hochwasser).

                                                       Die Umsetzung dieser Massnahmen hat im
                                                    Herbst 2019 begonnen (Etappe 1). Soeben ist
                                                    Etappe 2 fertiggestellt worden. Es wurden rund
                                                    25 000 m3 Erdmaterial bewegt. Die Etappen 3
                                                    und 4 sind für das Winterhalbjahr 2020/2021
                                                    vorgesehen.
                                                       In der Etappe 2 wurden zwei Brutwände
                                                    insbesondere für Uferschwalben erstellt.
                                                       Die Uferschwalbe wird auf der Roten Liste
                                                    der bedrohten Tierarten als verletzlich aufge-
Uferschwalbe an Brutwand. Foto: zVg                 führt. Sie ist zum Brüten auf sandige Steil-
                                                    wände angewiesen. Solche Steilwände finden
  besser strukturiert werden und somit den          sich heute vor allem in Kiesgruben. Durch
  Lebensraum für auentypische Tier- und             eine schnellere Rekultivierung dieser Gruben
  Pflanzenarten verbessern.                          verlieren Uferschwalben ihre Nistmöglichkei-
– Ebenfalls sind stützpunktartige Pflanzun-          ten. Mit dem Bau der Brutwände möchte man
  gen mit Weichhölzern geplant. Insgesamt           der Uferschwalbe, die in Kolonien brütet, ein
  soll das Vorland natürlicher und ökologisch       für sie günstiges Bruthabitat anbieten.
  aufgewertet werden.                                  Das Anlegen der Brutwände zeigt erste Er-
– Im Vorland soll eine extensive Wiese ent-         folge, zwar noch nicht für die Uferschwalbe,
  stehen. Diese wird künftig nicht mehr mit         dafür grub ein Bienenfresserpaar seine Brut-
  Schafen beweidet.                                 höhle in eine der beiden neu erstellten Brut-
– Die Spuren des Hochwassers (Holz- und             wände. Auch diese Vogelart ist zum Nisten
  Sandablagerungen) sollen künftig nur noch         auf Sandwände angewiesen und gilt in der
  nach Absprache zwischen dem kantonalen            Schweiz als stark gefährdet.
  Forstamt, dem Amt für Umwelt, Bereich                                          Ruedi Lengweiler

                                                    Bienenfresser mit Libelle. Diese seltene Vogelart
                                                    brütet erstmals im Thurgau an einer neu erstellten
Fertiggestellter Giessen, im Hintergrund eine der   Brutwand. Ein schöner Erfolg für den Auenschutz.
Brutwände. Foto: Ruedi Lengweiler                   Foto: Albert Krebs, CC BY-SA 4.0.

                                                                                             BTW 3/2020 19
Forstamt und Forstdienst

  R es u l tat e d e r Fo rs tstati s ti k 20 1 9

  Als holzmengenmässig durchschnittliches Jahr                                                                                                   genüber 2018 (58 %) eine leichte Erhöhung.
  zeigt sich das warme, teilweise trockene 2019                                                                                                  Die sehr hohen Werte aus dem Jahr 2000
  auch in der Forststatistik. So prägen Zwangs-                                                                                                  wurden aber nicht erreicht. 2019 fielen
  nutzungen die Ergebnisse.                                                                                                                      95 439 m3 Holz aus Zwangsnutzungen an. Die
                                                                                                                                                 Höhe der Zwangsnutzungen ist damit etwas
  Im Jahr 2019 wurden im Thurgau 149 203 m3                                                                                                      tiefer als 2018 (99 538 m3). Durch Insekten
  Holz geerntet (Vorjahr 172 469 m3). Dies ist                                                                                                   (vor allem Borkenkäfer) waren 82 % (2018
  deutlich weniger als 2018, entspricht aber dem                                                                                                 36 %) verursacht, 8 % fielen aufgrund von
  für den Kanton festgelegten Hiebsatz von                                                                                                       Sturmschäden an, 1 % durch Schnee und 9 %
  150 000 m3. Die Nutzungsmenge pro Hektare                                                                                                      durch andere Ursachen. Bei «andere Ursa-
  im öffentlichen Wald (7,41 m3) und im Privat-                                                                                                  chen» handelt es sich vorwiegend um
  wald (7,39 m3) unterschieden sich praktisch                                                                                                    Eschen, die aufgrund der Eschenwelke ge-
  nicht. 69 % des geschlagenen Holzes war Na-                                                                                                    nutzt werden mussten.
  delholz. Der Rest (31 %) entfiel auf Laubholz.
  Die Anteile Nadelholz und Laubholz sind gleich                                                                                                 Pflegearbeiten
  geblieben wie 2018 und werden durch den ho-                                                                                                    Im Jahr 2019 wurden 498 ha Jungwald ge-
  hen Anteil Zwangsnutzungen wegen des Bor-                                                                                                      pflegt. Das sind 2,4 % der Thurgauer Waldflä-
  kenkäfers begründet. Bei den verschiedenen                                                                                                     che (20 159 ha). Der gepflegte Anteil ist unge-
  Holzsortimenten fällt auf, dass die Stammholz-                                                                                                 fähr gleich hoch wie 2018. Der Anteil Pflege
  und Energieholzanteile je 47 % betragen und                                                                                                    von stufigen Beständen hat sich fast verdrei-
  sich der Anteil Industrieholz nur auf 6 % be-                                                                                                  facht. Zur ökologischen Aufwertung wurden
  läuft. Der Schnitzelholzanteil am Gesamtener-                                                                                                  Waldränder auf einer Länge von ca. 13 km
  gieholz lag bei hohen 85 %. Dies lässt sich                                                                                                    gepflegt, was nicht ganz eine Verdoppelung
  durch das viele gehackte Fichtenholz bei der                                                                                                   gegenüber dem Vorjahr (7,3 km) ist.
  Borkenkäferbekämpfung erklären.
                                                                                                                                                 Pflanzungen
  Zwangsnutzungen                                                                                                                                2019 wurden etwas mehr junge Bäumchen
  Die Zwangsnutzungen machten rund 64 %                                                                                                          gepflanzt als im Vorjahr, 53 208 Pflanzen ins-
  der gesamten Holznutzung aus. Dies ist ge-                                                                                                     gesamt (Vorjahr 52 761). Beim Nadelholz wur-

                                                                                                                                                                                                    Holzmege total
                                        Entwicklung der Holzmenge und der Sortimentsanteile
                                                                                                                                                                                                    Anteil Stammholz
                                                                                                                                                                                                                                                    

                                                                                                                                                                                                                                                    
    Holzabgaben total in m³

                                                                                                                                                                                                                                                               Sortimenstanteile in %

                                                                                                                                                                                                                                                    

                                                                                                                                                                                                                                                    

                                                                                                                                                                                                                                                    

                                                                                                                                                                                                                                                    

                                                                                                                                                                                                                                                     

                                                                                                                                                                                                                                                         
                                        

                                               

                                                      

                                                             

                                                                    

                                                                           

                                                                                  

                                                                                         

                                                                                                

                                                                                                       

                                                                                                              

                                                                                                                     

                                                                                                                            

                                                                                                                                   

                                                                                                                                          

                                                                                                                                                 

                                                                                                                                                        

                                                                                                                                                               

                                                                                                                                                                      

                                                                                                                                                                             

                                                                                                                                                                                    

                                                                                                                                                                                           

                                                                                                                                                                                                  

                                                                                                                                                                                                         

                                                                                                                                                                                                                

                                                                                                                                                                                                                       

                                                                                                                                                                                                                              

                                                                                                                                                                                                                                     

                                                                                                                                                                                                                                            

                                                                                                                                                                                                                                                   

                                                                                                                                            Jahr

  Entwicklung der Holzerntemenge und der Anteile an Stamm-, Energie- und Industrieholz seit 1990.
  Grafik: Forstamt

20 BTW 3/2020
Forstamt und Forstdienst

Anteil der Zwangsnutzung (grün) an der Gesamtnutzung seit 1990. Nach einigen Jahren mit tiefer Zwangsnutzung
steigt der Anteil seit 2017 wieder an. Grafik: Forstamt

den 11 215 Stück gepflanzt, gegenüber 16 458                   wie 2018. Dafür wurden im Jahr 2019 noch-
Stück im Vorjahr. Beim Laubholz waren es                      mals weniger Fichten (noch 4424 Pflanzen
41 943 Stück gegenüber 36 303 Stück im Vor-                   resp. minus 4588) gepflanzt, Tannen wurden
jahr. Der Anteil Nadelholz an den Pflanzungen                  1885 gepflanzt (2018: 2466) und Föhren wur-
betrug entsprechend 21 % (Vorjahr 31 %). Die                  den 465 gepflanzt (2018: 60).
Tendenz geht weg vom Nadelholz hin zum                           Die Nutzung 2019 war vor allem durch den
Laubholz.                                                     Borkenkäfer bestimmt und der Anteil des ge-
   Am häufigsten wurden 2019 mit 28 056                        ernteten Nadelholzes war hoch. Dies zusam-
Pflanzen wiederum Eichen gepflanzt (+6372                       men mit der geringeren Anzahl gepflanzter
gegenüber 2018). Buchen wurden mit 732                        Fichten und einem höheren Anteil gepflanzter
Pflanzen (Vorjahr 1280) wieder etwas weniger                   Eichen deutet auf eine verstärkte Umwand-
gesetzt, so auch beim Ahorn mit 5776 Pflan-                    lung der Wälder hin.
zen (Vorjahr 6160).                                                                          Sandra Horat
   Die Zahlen für übriges Laubholz bewegen
sich mit 7399 Pflanzen auf ähnlichem Niveau

              Pflanzungen Nadelholz                                           Pflanzungen Laubholz
 18000                                                        45000
 16000                                                        40000
 14000                                                        35000
 12000                                                        30000
 10000                                                        25000
  8000                                                        20000
  6000                                                        15000
  4000                                                        10000
  2000                                                         5000
     0                                                           0
         Fichte   Tanne   Föhre    Lärche   übr. NH   Total           Buche    Eiche   Esche    Ahorn   übr. LH   Total

                          2018    2019                                                 2018    2019

Anzahl gepflanzter Bäume, aufgeteilt nach häufigsten Baumarten, unterteilt in Laub- und Nadelholz, in den
Jahren 2018 und 2019. Grafik: Forstamt

                                                                                                            BTW 3/2020 21
Forstamt und Forstdienst

  D ie er s t e R e v i e r f ö rsteri n i m K an ton Th urgau

  Am 1. April 2020 hat Sophia Steimle als Nach-
  folgerin von Paul Rienth ihre Tätigkeit als
  Revierförsterin im Privatwald des Forstreviers
  Kreuzlingen aufgenommen.

  Sophia Steimle ist 27-jährig und im Ortenau-
  kreis südlich von Baden-Baden aufgewachsen.
  Nach der Fachhochschulreife absolvierte sie von
  2012 bis 2015 im Forstbetrieb der Stadt Bühl in
  ihrer engeren Heimat zunächst eine forstfachli-     Sophia Steimle. Foto: zVg
  che Grundausbildung. Als gelernte Forstwirtin
  beherrscht sie so das Forsthandwerk von der         terpraktikum im Thurgau zu absolvieren. Auf-
  Pike auf. An der Hochschule für Forstwirtschaft     grund der besonderen Umstände liess sich
  in Rottenburg am Neckar absolvierte sie an-         dies gleich ideal mit der Einführung in das
  schliessend das dreieinhalbjährige Forstwirt-       Revier durch Paul Rienth kombinieren.
  schaftsstudium. Nach dem erfolgreichen Ab-             Wir wünschen ihr viel Freude und Erfolg in
  schluss erhielt sie 2019 ihr Bachelordiplom.        ihrer neuen Aufgabe.
     Um mit den hiesigen Verhältnissen vertraut                                  Erich Tiefenbacher
  zu werden, hatte sie ein dreimonatiges Förs-                      Kreisforstingenieur Forstkreis 2

  Neu er Re vi e r f ö r ster i m Fo rs tr e v i er Güt tin ge n

  Nachdem die Revierförsterstelle in Güttingen
  seit letztem Herbst verwaist war, hat das Re-
  vier mit Stephan Krieg seit Juli 2020 wieder
  einen eigenen Revierförster und der Forst-
  betrieb der Waldkorporation Güttingen einen
  neuen Betriebsleiter.

  Stephan Krieg ist 28-jährig und gebürtig aus
  Baden-Baden. Von 2010 bis 2013 absolvierte er
  eine Grundausbildung zum Forstwirt im Forst-
  betrieb der Stadt Bühl. Anschliessend arbeitete
  er als Forstwirt in einem privaten und als Vorar-
  beiter in einem öffentlichen Forstbetrieb. Da-      Stephan Krieg. Foto: zVg
  zwischen erwarb er sich die Fachhochschulreife
  und begann 2016 ein Forstingenieurstudium in        Betreut und unterstützt wurde er dabei vom
  Weihenstephan bei München. 2017 wechselte           Tägerwiler Förster Pascal Epper.
  er an die Hochschule für Forstwirtschaft in Rot-      Wir freuen uns über unseren neuen Kolle-
  tenburg und erlangte dort 2020 das Bachelor-        gen und wünschen ihm viel Freude und Erfolg
  diplom. Er verfügt über den Jagdschein.             bei seinem Wirken.
     Stephan Krieg absolvierte sein Försterprak-                                 Erich Tiefenbacher,
  tikum in seinem künftigen Anstellungsrevier.                      Kreisforstingenieur Forstkreis 2
22 BTW 3/2020
Forstamt und Forstdienst

Neu e M i ta r b e i t e ri n Berei ch Fo rs t l ich e P l an un g un d
Bei t r ä g e

Mirjam Bader hat auf den 1. Mai 2020 ihre
Stelle als forstliche Sachbearbeiterin beim
Forstamt begonnen. Sie tritt die Nachfolge von
Kasper Scherrer an, der nach Appenzell In-
nerrhoden ans Oberforstamt gewechselt hat.

Mirjam Bader hat die Kantonsschule Rychen-
berg in Winterthur besucht und studierte ab
2009 Umweltnaturwissenschaften an der Eid-
genössischen Technischen Hochschule (ETH)
in Zürich. 2015 schloss sie ihr Studium mit
einem Masterdiplom ab. Erste Berufserfah-
rung sammelte Mirjam Bader bei der Basler &
Hofmann AG in Zürich, wo sie als Geoinforma-     Mirjam Bader. Foto: Sandra Horat
tikerin tätig war.
   Das Forstamt freut sich, mit Mirjam Bader     den zu haben, und wünscht ihr einen guten
eine junge, motivierte Mitarbeiterin für die     Start.
Bereiche Schutzwald und Inventuren gefun-                                         Forstamt

E r f o lg r e i c h e r L ehrab s chlus s

Bei der kantonalen Verwaltung Thurgau ma-
chen jedes Jahr Lehrlinge mit ganz unter-
schiedlichen Fachrichtungen eine Ausbildung.
2020 durften 31 Lernende ihr Abschluss-
diplom in Empfang nehmen. 17 von ihnen
haben mit der Note 5,0 und besser abge-
schlossen. Den besten Lehrabschluss inner-
halb der Verwaltung erreichte mit einer Note
von 5,7 Simone Dotoli, die ihre Zweitaus-
bildung als Forstwartin im Staatforstbetrieb
Fischingen-Tobel machte.
   Herzliche Gratulation!
                                    Forstamt     Simone Dotoli. Foto: Mathias Rickenbach

                                                                                           BTW 3/2020 23
Aus Verbänden und Branchen

  H o h es N i v e a u d er neuen Fo rstwarte / -in n e n EF Z

  Die Lehrabschlussprüfung 2020 der Forstwar-              der letzten zehn Jahre wertvolle Arbeit geleistet
  te und Forstwartinnen geht aus zwei Gründen              hat, und Mathias Erni, der zehn Jahre als Prü-
  in die Geschichte ein. Da sind die Corona-               fungsexperte und noch länger als üK-Instruktor
  Pandemie-Schutzmassnahmen, die gewisse                   ebenfalls einen grossen Teil zur erfolgreichen
  Einschränkungen in der Abschlussprüfung                  Ausbildung von manch jungem/r Forstwart/in
  zur Folge hatten. Der erfreulichere Grund liegt          beigetragen hat. Beide Mathias wurden mit
  aber im hohen Niveau der Lehrabschluss-                  einer Holzfälleraxt als Andenken verdankt.
  resultate.                                                  Im Anschluss konnte Chefexperte Urs Ba-
                                                           dertscher die mit Spannung erwarteten Re-
  An der Diplomfeier am 26. Juni 2020 in der               sultate der Abschlussprüfung bekannt geben
  Reha-Klinik Dussnang gratulierte Roger Hol-              und die eidg. Fähigkeitszeugnisse überrei-
  lenstein, Präsident der OdA Wald und Vertre-             chen. Mit Diplom ausgezeichnet wurden Ma-
  ter des Lehrlingswesens vom vtf, den zwölf               rio Böhi (Note 5,5), Simone Dotoli (Note 5,7),
  Frischdiplomierten und begrüsste beim Apéro              Sandra Kneubühl (Note 5,4), Dominic König
  alle jungen Berufsleute, Eltern, Verwandten,             (Note 5,3), Pia Meier (Note 5,4) und Joel Si-
  Berufsbildner, Prüfungsexperten und Gäste. In            gner (Note 5,3). Die Preisträger der schönsten
  seiner Festansprache gratulierte Daniel Böhi,            Herbarien sind Sandra Kneubühl (1.) Simone
  Kantonsforstingenieur, zum erfolgreichen Ab-             Dotoli (2.) und Melchior Weber (3.).
  schluss und wies u.a. darauf hin, dass gut                  Mit Erhalt des eidgenössischen Fähigkeits-
  ausgebildete Forstleute wichtig seien, um den            zeugnis Forstwart/in haben diese jungen Be-
  vielfältigen zukünftigen Anforderungen an                rufsleute eine gute Grundlage für das bevor-
  den Wald gerecht zu werden.                              stehende Berufsleben erreicht. Die OdA Wald
     Der eigentliche Höhepunkt des Abends, die             Thurgau gratuliert den zwölf Frischdiplomier-
  Prämierung, fand im Parkgarten der Klinik zwi-           ten herzlich zum erfolgreichen Lehrabschluss
  schen Bäumen bei schöner Abendstimmung                   und wünscht allen viel Erfolg und Freude im
  statt. Zuerst wurden jedoch zwei Personen ge-            zukünftigen Berufsleben!
  würdigt: Mathias Rickenbach, der als Ausbil-                                           Roman Schnyder
  dungsleiter beim Kantonsforstamt während                                     Ausbildungsleiter Forstamt

  Von l. n. r. stehend: Leandro Brönnimann, Joel Signer, Mario Böhi, Christian Markovec, Matthias Cremonesi,
  Dominic König, Simone Dotoli, Sandra Kneubühl, Pia Meier. Kniend: Remo Lehman, Melchior Weber, Jano
  Nörrum. Foto: Roman Schnyder

24 BTW 3/2020
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