CONNECTED REALITY2025 - Die nächste Welle der digitalen Transformation - TRENDSTUDIE - Z_punkt
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VORWORT Vergessen Sie alles, was Sie bisher über die „digitale Revolution“ gehört haben. New Economy, Web 2.0 und mobiles Internet waren erst der Anfang. In den kommenden Jahren wird das Internet mit unserer Umwelt verschmelzen und etwas unerhört Neues hervorbringen: eine „Superkonvergenz“ aus vernetzten Alltagsgegenständen, intelligen- ten Sensoren, autonomen Maschinen und überall verfügbarer Computerleistung. Diese nächste Welle der digitalen Transformation wird unseren Alltag verändern, neue Märkte schaffen und die Spielregeln für das Business massiv verändern. Willkommen in der Connected Reality. 2
“...THE BIGGEST THING IN (THE NEXT 20 YEARS) WILL BE THE COMPLETION OF PERVASIVE COMPUTING: VISION, SPEECH, HANDWRITING, GOGGLES, EVERY SURFACE, INFINITE MACHINE LEARNING, INFINITE STORAGE, INFINITE RELIABILITY, AT ESSENTIALLY NO COST.” BILL GATES (IN WIRED, 16.4.2013) Alles wird zum SENSOR. RENÉ OBERMANN, AUFSICHTSRATSMITGLIED THYSSENKRUPP AG “The Internet of Things, sometimes referred to as the INTERNET OF OBJECTS, will change everything – including ourselves.” REALITY DAVE EVANS, CISCO IS ONE of the possibilities I cannot afford to ignore.” LEONARD COHEN 3
INHALTSVERZEICHNIS INHALT #1 DIE NÄCHSTE WELLE DER DIGITALEN TRANSFORMATION 06 #2 CONNECTED REALITY 2025: TRENDS UND TREIBER 11 2.1 Technologische Trends 13 Internet der Dinge 13 Ubiquitäre Intelligenz 15 Neue Schnittstellen 17 Digitale Produktion 19 Autonome Systeme 21 2.2 Gesellschaftliche Treiber 23 Digitaler Lifestyle 23 Der neue Geist der Autarkie 25 Echtzeit-Ökonomie 27 Ressourceneffizienz 29 Sicherheit 31 #3 CONNECTED MARKETS 2025: SIGNALE 33 Hybrides Shopping 35 Augmented Lifestyle 36 Smart Home 39 Smart Assistance 40 Cloud Working 43 Integrierte Mobilität 44 Urbane Vernetzung 47 Smart Factory 48 Smart Farming 51 4
#4 CONNECTED BUSINESS 2025: TRANSFORMATIONEN 53 4.1 Transformation der Wirtschaft 54 Akteure: Business-Ökosysteme Wettbewerb: Die neue Macht der Integratoren Märkte: Querschnittsmärkte Innovation: Systeminnovation 4.2 Transformation der Unternehmen 56 Wertschöpfung: Datenbasierte und kooperative Wertschöpfung Kundenbeziehungen: Antizipative Echtzeit-Interaktion Produkte und Dienstleistungen: Hybridisierung und Fluidisierung Prozesse: Smarte Automatisierung 4.3 Connected-Business-Branchenkompass 58 #5 CONNECTED LIVING 2025: EIN SZENARIO 61 #6 SMARTE WELT ODER VERNETZTER ALPTRAUM? 66 IMPRESSUM 68 5
KAPITEL 1 DIE NÄCHSTE WELLE DER DIGITALEN TRANSFORMATION DIE NÄCHSTE WELLE DER DIGITALEN TRANSFORMATION #1 Mit dem World Wide Web begann 1989 eine technologische und kulturelle Revolu- tion. E-Commerce, Social Media und mobiles Internet haben die Bedingungen des Alltags, der Arbeits- und Geschäftswelt seitdem radikal verändert. Der Rückblick könnte zum Fehlschluss verleiten, dass die Erfolgsgeschichte der Digitalisierung auserzählt sei. Sind die zentralen Claims im Netz abgesteckt? Kommt ab jetzt nur noch „mehr vom Selben“? Das Gegenteil ist der Fall. Viel spricht dafür, dass Trends und Treiber der Connected Reality die digitale Transformation von Wirtschaft und Die Superkonvergenz in der Informationstechnik Gesellschaft erst am Anfang steht. Getrieben wird angetrieben von gesteigerter Vernetzung, wird die Entwicklung von neuen Technologien, Miniaturisierung und dem Performancezuwachs die sich wechselseitig verstärken und weiter bei Prozessoren, Speichern und Sensoren. Diese zusammenwachsen, in teilweise atemberauben- Entwicklung schlägt sich in fünf technologischen der Geschwindigkeit. Ihre disruptiven Wirkungen Trends nieder. haben bereits erste Branchen erfasst, stellen herkömmliche Geschäftsmodelle in Frage und Das Internet der Server wird zum Internet der eröffnen neue Märkte, schaffen neue Gewinner Dinge ausgebaut, in dem auch Maschinen, An- und neue Verlierer. lagen und Produkte vernetzt werden. Die Daten, die sie liefern und die in der Cloud mit Big-Data- Doch die Vernetzung nimmt weiter exponentiell Verfahren verarbeitet werden, statten Räume mit zu, auf globaler, lokaler und mikrolokaler Ebene, neuen Leistungsmerkmalen und Diensten aus, mit und mündet zukünftig in eine informationstech- einer ubiquitären Intelligenz. Einen schnellen nische „Superkonvergenz“: Im Netz der Zukunft und direkten Zugriff auf diese ermöglichen neue sind Menschen mit Menschen verbunden, Dinge Schnittstellen wie Datenbrillen, die der nächste und Maschinen mit anderen Dingen und Maschi- qualitative Sprung nach Smartphones sind. Sie nen, Menschen mit Dingen und Maschinen und erschließen im kommenden Jahrzehnt Augmen- umgekehrt. Es entsteht ein „Internet of Every- ted-Reality-Anwendungen für den Massenmarkt. thing“ – mit tiefgreifenden Auswirkungen. Die Weiterentwicklung des 3D-Drucks und anderer dezentraler Produktionstechnologien verkürzt Das Nebeneinander der physischen, anfassbaren den Weg vom virtuellen Design hin zur physischen Wirklichkeit und eines Cyberspace, in den wir Realisierung. Kleine und schnelle Netzwerke treten durch Displays wie durch Bullaugen nur hinein- in Konkurrenz zu großen Produktionsstrukturen, schauen, verschwindet. Der Cyberspace breitet cyber-physikalische Systeme schicken sich zukünftig sich in die Offline-Welt aus, erfasst Alltagsgegen- an, die Industrie zu revolutionieren. Eine leistungsfä- stände, schreibt Datenschichten in den Raum. hige digitale Produktion ist im Entstehen. Unter- Die Realität erweitert sich nicht nur, sie digitalisiert stützt wird sie von Autonomen Systemen wie lern- sich auch in ihrem stofflichen Gewebe. fähigen Industrierobotern und Software-Agenten. 6
Diese technischen Trends treffen mit gesellschaft- Ein neues Betriebssystem lichen Innovationstreibern zusammen. Der „Wenn ich wissen will, wie das Wetter heute digitale Lebensstil, der bislang vom Konsum ist, öffne ich die Wetter-App auf meinem Smart- neuer Medieninhalte und der Kommunikation in phone. Früher habe ich halt aus dem Fenster Netzwerken geprägt war, intensiviert sich. Gesund- geschaut.“ heit und Fitness rücken ins Blickfeld, aber etwa auch der Austausch von Dingen und Diensten Je tiefer die digitale Vernetzung in alle Sphären in der „Sharing Economy“. Immer mehr Konsu- des Lebens und in alle Bereiche des wirtschaft- menten entdecken mit Hilfe neuer Tools die Lust lichen Handelns eindringt, desto mehr wird sie am Selbermachen, ein neuer Geist der Autarkie zum elementaren Bestandteil unserer alltäglichen fordert Hersteller und Dienstleister heraus. Die Wirklichkeit, einer veränderten Wirklichkeit, in der wiederum forcieren in der Echtzeit-Ökonomie es für die kommenden Generationen unverständ- das Tempo, mit dem sie Kunden beliefern, ja lich sein wird, wie man mit „dummen Dingen“ über den Kauf hinaus mit neuen Dienstleistungen leben konnte, die nicht permanent mit der Cloud begleiten. Eingerahmt werden diese Treiber, die verbunden sind, oder wie man sich ohne Daten- aus Wirtschaft und Gesellschaft heraus wirken, brillen und vorausschauenden Informationsdiens- von zwei Anforderungen, die ihrerseits Innova- ten überhaupt im Leben zurechtfinden konnte. tionen verlangen. Klimawandel und drohende Das ist keine ferne Zukunft, sondern es beschreibt Rohstoffverknappungen legen mehr Ressour- eine Entwicklung, die längst begonnen hat und in ceneffizienz nahe, während eine stetig zunehmen- den kommenden ein bis zwei Jahrzehnten nicht de Cyberkriminalität, die potenzielle Bedrohung nur unseren Alltag und die Prozesse der wirtschaft- durch Terrorismus, aber auch eine Risikoaversion lichen Wertschöpfung verändern wird, sondern im Alltag nach mehr Sicherheit verlangen. auch unser Konzept der Wirklichkeit selbst. Die Trends sind alle nicht neu, teilweise werden Wenn wir von der Connected Reality als Bild für sie bereits seit Jahrzehnten diskutiert. Über das die Transformationskraft der informationstech- Internet der Dinge und „Things, that think“ etwa nischen Superkonvergenz sprechen, dann ist wird schon seit den frühen 90er-Jahren am MIT dies ebenso wagemutig wie vage. Zu oft werden geforscht. Szenarien der „Ambient Intelligence“, Entwicklungen als das nächste große Ding be- also einer hochvernetzten intelligenten Alltags- schrieben, das „wieder einmal alles ändert“. Auf welt, waren schon Ende des letzten Jahrtausends der anderen Seite greifen informationstechnische Gegenstand großer Zukunftsprojekte der Euro- Innovationen – vom Telefon über Internet bis päischen Union. Neu ist hingegen die plötzliche zum Smartphone – stets sehr tief in das sozia- Dynamik der Entwicklungen, die sich aus dem le und wirtschaftliche „Betriebssystem“ ein. veränderten gesellschaftlichen Kontext und dem Reifegrad zentraler Technologiemärkte ergibt. Die sich abzeichnende informationstechnische Superkonvergenz hat das Potenzial, nicht nur Nachdem die IT in den vergangenen Jahrzehnten ein Update, sondern tatsächlich ein ganz neues Schreibtische, Hosentaschen und zunehmend Betriebssystem hervorzubringen, das insbeson- auch die Wohnzimmer erobert hat, ist nun der dere unsere Erwartung an und unseren Umgang Rest der Welt an der Reihe. mit den uns umgebenden Dingen, Geräten und 7
KAPITEL 1 DIE NÄCHSTE WELLE DER DIGITALEN TRANSFORMATION Räumen neu definiert. Wenn wir es in einigen Dabei schwindet die Bedeutung des einzelnen Jahren gewohnt sein werden, dass wir jederzeit Unternehmens: In der Connected Reality wer- durch körpernahe Technologien, sogenannte den die prägenden Akteure „Business-Ökosys- „Weareables“, über Informationen zu Menschen teme“ sein. In ihnen ergänzen sich Hersteller Situationen und Objekten in unserer direkten und Dienstleister darin, komplexe Lösungen für Umgebung verfügen, oder wenn es Standard Kundenbedürfnisse anzubieten – etwa im Smart- sein wird, dass intelligente Produkte, Häuser Health-Bereich, in dem tragbare Sensor-Geräte, oder Fahrzeuge uns „erkennen“ und durch ver- eine Cloud-basierte Datenanalyse, medizinische netzte Services auf unsere Bedürfnisse voraus- Diagnostik und Ernährungsangebote ein inten- schauend und miteinander koordiniert reagieren, sives Gesundheitsmonitoring in Echtzeit ermög- dann wird uns schon bald eine Welt fremd lichen. In den Business-Ökosystem werden aber vorkommen, der diese magischen Eigenschaften auch bisherige Konkurrenten zusammenarbeiten, fehlen. Willkommen in der Connected Reality. etwa in der Mobilitätsbranche, wenn Autoher- steller und Verkehrsdienstleister wie Bahnen Was Connected Reality ihre Produkte mit Hilfe von Datenintegratoren für Unternehmen bedeutet verkoppeln, anstatt nur um die Kunden des Das Zusammenwirken der Innovationstreiber jeweils anderen zu buhlen. Damit lösen sich ist bereits jetzt sichtbar, wenn etwa Augmented traditionelle Marktgrenzen zugunsten neuer Lifestyle, neue Schnittstellen und Echtzeit-Ökono- Querschnittsmärkte auf. Um die neuen Märkte mie hybride Shopping-Angebote hervorbringen, zu gestalten, sind Systeminnovationen gefragt, in denen die Grenze zwischen klassischem und die nicht einzelne Produktparameter verbessern, Online-Einzelhandel aufgehoben wird. Oder sondern Anwendungskontexte grundlegend neu wenn ubiquitäre Intelligenz, Big Data und Sicher- gestalten. Die Wirtschaft muss sich damit einer heitsanforderungen internationale Unternehmen neuen Kultur der Offenheit zuwenden, hin zu dazu bewegen, Projekte im Cloud Working Open Innovation und Open Cooperation. Sie durchzuführen. Es gibt zahlreiche Trendsignale, werden unverzichtbare und selbstverständliche die zeigen, wie sich die Superkonvergenz anbahnt. Geschäftsgrundlagen für die Unternehmen in der Connected Reality. Märkte sind nicht Die Connected Reality wird neue Rahmenbe- länger umkämpftes Terrain, von dem es mög- dingungen für die Wirtschaft schaffen. So wird lichst viel zu erobern gilt, sondern Kooperations- Wertschöpfung unter den Bedingungen der Hy- sphären, in denen man im stetigen Fluss von pervernetzung zunehmend selbst in Netzwerken Daten und Informationen und im Zusammenspiel erbracht. mit Kunden und anderen Akteuren passgenaue 8
Lösungen ermöglicht. Für Unternehmen ergeben sich dadurch vielfältige neue Herausforderungen. Netzwerkfähige Produkte erzeugen einen konti- nuierlichen Informationsstrom und neue Formen der datenbasierten Wertschöpfung sind zu ent- wickeln, um aus der Information wirtschaftlichen Mehrwert zu generieren. Die Kundenbeziehung ist in zunehmendem Maße von Echtzeit-Inter- aktion geprägt. Produkte und Dienstleistungen sind zunehmend als hybride Bündel zu ent- wickeln und zu vermarkten. Entlang der gesam- ten Wertschöpfungskette sind Potenziale der smarten Automatisierung zu erschließen. Alle diese Entwicklungen sehen wir heute bereits in Ansätzen; sie sind im Einzelnen Gegenstand von Beraterstudien und Strategiekonferenzen. Je mehr sich die Dynamik entwickelt, desto wich- tiger erscheint es, die unterschiedlichen Trends und Zukunftsentwicklungen in ihrem Zusammen- hang zu begreifen, um ein „Big Picture“ zur stra- tegischen Orientierung zu schaffen. Diese Studie begreift sich als ein erster Schritt auf diesem Weg. 9
TECHNOLOGISCHE TRENDS UBIQUITÄRE INTELLIGENZ NEUE SCHNITTSTELLEN DIGITALE PRODUKTION CONNECTED INTERNET DER DINGE REALITY AUTONOME SYSTEME 2025 DIGITAL LIFESTYLE SICHERHEIT DER NEUE GEIST DER AUTARKIE ECHTZEIT-ÖKONOMIE RESSOURCENEFFIZIENZ GESELLSCHAFTLICHE TREIBER
CONNECTED REALITY 2025: TRENDS UND TREIBER #2 Die Connected Reality wird angetrieben von fünf zentralen technologischen Trends, die in einer bisher nie dagewesenen Dynamik auf fünf gesellschaftliche Entwicklun- gen treffen. Die Trends sind bekannt und bereits diskutiert. Ein idealer Nährboden für plötzliche und unerwartete Umbrüche ist jedoch die intensive Wechselwirkung, die gerade zwischen technologischem Reifegrad und gesellschaftlichen Treibern ent- steht. Im folgenden Kapitel beleuchten wir die zehn Trends im Einzelnen und zeigen fünf Innovationsmilieus auf, in denen die Ideen für die vernetzte Welt von morgen reifen. 11
KAPITEL 2 CONNECTED REALITY 2025: TRENDS UND TREIBER 12
TECHNOLOGISCHE TRENDS 2.1 TECHNOLOGISCHE TRENDS INTERNET DER DINGE Am Anfang war der Rechner. Erst einer, dann Verfügung. Die nötigen Sensorchips kosten, je zwei, dann drei – das US-amerikanische Arpanet nach Leistungsfähigkeit, zwischen 50 Cent und ein war geboren. Das war 1969. Aus dem Arpanet paar Dollar – allein der Preis für Bluetooth-Chips wurde das Internet, ein weltumspannendes Netz ist seit dem Jahr 2000 von 20 auf einen Dollar aus Hunderten Millionen Computern, das Alltag gefallen. Inzwischen ist es sogar möglich, abge- und Arbeit, Handel und Business mehr verän- speckte Webserver auf solchen Chips unterzubrin- dert hat als sämtliche Transformationen zuvor. gen, deren Stromverbrauch deutlich gesunken ist. Damit können nun Toaster und Waschmaschinen, Nach den Computern werden nun nach und Fabrikanlagen und U-Bahn-Waggons Webserver nach die Dinge vernetzt – nicht nur Registrier- werden. Alle mit eigener Website und eigener kassen oder Produktionsmaschinen, die längst Webadresse: Dank des neuen Internetprotokolls ans Netz angeschlossen sind. Alltägliche Dinge Version 6 (IPv6) gibt es künftig so viele IP-Adres- wie Heizungen, Haushaltsgeräte, Autos, Ampeln, sen, dass im Prinzip jeder Grashalm auf der Erde ja Blumenbeete senden und empfangen bald Teil des Internets werden könnte. Zum Vergleich: drahtlos Daten. Beschrieben wurde diese Visi- Bot das bisherige IPv4 nur knapp 4,3 Milliarden on 1991 erstmals von Mark Weiser, den Begriff Adressen, sind es beim IPv6 340 Sextillionen. „Internet der Dinge“ prägte acht Jahre später Kevin Ashton. So spektakulär die Idee Ende Während der Netzwerkausrüster Cisco schätzt, der 90er-Jahre klang, so realitätsfern war sie da dass 2020 etwa 37 Milliarden Geräte Teil des noch. Sensoren, RFID-Tags oder leistungsfähi- Internets der Dinge sein werden, rechnen die ge eingebettete Prozessoren waren damals zu Marktforscher von IDC bereits mit 212 Milliarden – teuer und brauchten zu viel Strom. Die drahtlo- und einem dazugehörigen Marktvolumen von se Datenübertragung stand erst am Anfang. 8,9 Billionen Dollar. Schon jetzt zeigt sich, wie die Kommunikation zwischen Maschinen den Das ist heute anders: Das mobile Internet ist Datenverkehr verändert: 2012 war sie für 20 Pro- allgegenwärtig, für die letzten Meter zwischen zent aller im Netz übertragenen Daten verant- Netz und Ding stehen diverse Übertragungsver- wortlich, die nicht aus Videodiensten stammten. fahren wie Bluetooth, Zigbee oder Z-Wave zur 13
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TECHNOLOGISCHE TRENDS UBIQUITÄRE INTELLIGENZ Jede Hardware ist nichts ohne Software. Doch men aus öffentlichen Überwachungskameras. unsere Vorstellung, dass ein Computer Aufgaben Dass sie fündig werden, verdanken sie neuen mit Programmen erledigt, die auf ihm selbst leistungsfähigen Algorithmen, beispielsweise installiert sind, ist längst überholt. Die Rechen- aus dem Gebiet des Maschinenlernens. Das kali- power ist in den vergangenen Jahren in die fornische Start-up Kaggle treibt die Entwicklung Cloud gewandert: in Schwärme aus Computern, mit Big-Data-Wettbewerben voran, die Forschung die gemeinsam gewaltige Datenmengen in und Crowdsourcing miteinander verbinden. Auch atemberaubender Geschwindigkeit verarbeiten. das Militär mischt mit: In Israel hat es eine Big- Hervorgegangen aus dem verteilten Rechnen – Data-Szene hervorgebracht, die als weltweit Beispiele sind das „Computing on Demand“ führend gilt. von IBM oder Projekte wie SETI@home um die Jahrhundertwende –, hat sich das Cloud Com- Im „Brain Computing” wiederum versucht puting zum Big Business gewandelt. Die großen man Algorithmen nach dem Vorbild des Gehirns IT-Konzerne bieten es, wie Amazon etwa, als zu entwickeln, das ein zwar langsamer, aber Dienstleistung an oder lassen, wie Apple es mit hochgradig paralleler biologischer Computer Siri macht, ihre Sprachverarbeitung in der Cloud ist. Forschungsprojekte wie das europäische ablaufen, deren Ergebnisse sie dann wieder auf Human Brain Project, das Blue Brain Project von die Endgeräte pushen. So steht heute hinter IBM und der ETH Lausanne oder die US-ameri- jedem Smartphone ein virtueller Superrechner. kanische BRAIN Initiative versuchen, dem alten Traum von der Künstlichen Intelligenz den Parallel zur Potenzierung der Rechenpower in entscheidenden Schritt näher zu kommen. der Cloud haben auch die Algorithmen enorme Fortschritte gemacht. It’s Big Data: Heute werden So verbinden sich Cloud Computing und Big Transaktions-, Mess- oder Bilddaten nach Mustern Data zu einer Netz-Intelligenz, die demnächst durchsucht, vor denen die Top-Rechner der 90er- über das Internet der Dinge in die Umwelt Jahre noch kapituliert hätten. Forscher analysieren zurückgespielt wird – und allgegenwärtig, so Proteinnetzwerke, Unternehmen das Konsu- ubiquitär, verfügbar wird. mentenverhalten, Sicherheitsbehörden Aufnah- 15
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TECHNOLOGISCHE TRENDS NEUE SCHNITTSTELLEN Als der legendäre Apple-Rechner Macintosh dem Computersystem alltagstauglich gemacht. 2004 sein 20. Jubiläum feierte, war in der Fach- Google kombiniert sie nun noch mit einem welt längst klar, dass seine bahnbrechende brillenartigen Display, das – auf einen Sprach- Benutzerschnittstelle aus Desktop-Bildschirm, befehl hin – auch Bilder schießen kann: „OK Maus und Tastatur keine Zukunft haben kann. Glass, take a picture“ dürfte als einer der Sätze Zu umständlich, zu wenig intuitiv, lautete das des Jahres 2013 in die Geschichte eingehen. Urteil der Interface-Designer. Und vor allem nicht für eine mobile Datennutzung geeignet. Datenbrillen wie Google Glass, Meta Glass oder Doch die Massen mussten nicht mehr lange auf Vuzix Smart Glass M100 sind die ersten Geräte, die den Durchbruch warten: Ende 2006 etablierte den Massenmarkt für Schnittstellen der erweiter- Nintendo mit der Spielkonsole Wii die Gesten- ten Realität vorbereiten. Der Kopf senkt sich nicht steuerung im Mainstream, einige Monate später länger dem Display eines mobilen Endgeräts ent- Apple mit dem iPhone den ultimativen Touch- gegen, um sich Daten abzuholen – die Daten kom- screen, das in Kombination mit dem App-Konzept men zum Auge des Betrachters, als unaufdringli- den PC von einst wie einen Schwarz-Weiß- che Info-Schicht in dessen Sichtfeld eingebettet. Fernseher der Nachkriegszeit erscheinen lässt. Das ist noch nicht alles: Kleine tragbare Compu- Das Ende der Entwicklung ist damit noch lange tereinheiten, locker in die Jackentasche gesteckt nicht erreicht. Denn das „Internet of Everything“ oder gar in die Jacke selbst eingewebt, nehmen mit seiner ubiquitären Intelligenz ist nur schwer in mit dem Internet der Dinge an der nächsten ein Smartphone-Display zu zwängen. Noch intu- Straßenecke Kontakt auf, holen Kontextinforma- itivere und zugleich umfassendere Zugänge sind tionen aus dem Netz dazu. Eine neue Realität gefragt – und bereits absehbar. Sprachassisten- entsteht, in der sich Cyberspace und Umwelt ten wie Apples Siri, hervorgegangen aus einem miteinander verbinden. Und der Nutzer wird über Forschungsprojekt für die US-Forschungsagentur das Geflecht aus Schnittstellen, das er mit sich DARPA, haben die alte Idee vom Gespräch mit trägt, selbst ein permanenter Teil des Netzes. 17
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TECHNOLOGISCHE TRENDS DIGITALE PRODUKTION Das Internet und frei verfügbare Software haben ersten Verbrauchergeräte wie der Replicator von die Informationstechnik demokratisiert. Mehr Makerbot Industries und 3D-Druck-Dienstleister noch: Die Produktion von Bits ist sexy. Eine ganze wie Shapeways lassen die klassische Industrie Generation ist fasziniert von Apps, Webanwen- aufhorchen. Die USA stecken bereits 60 Millionen dungen und digitalen Inhalten, träumt davon, in Dollar in ein Förderprogramm zu additiven Ferti- die Fußstapfen von Steve Jobs, Sergey Brin und gungstechnologien, selbst China, bisher die Larry Page, Mark Zuckerberg und anderen Ent- Werkbank der Globalisierung, sind sie 50 Millionen repreneuren des Internetzeitalters zu treten. Die Dollar wert. klassische Produktion der Dinge umweht hin- gegen seit den 90ern der Hauch des Gestrigen. Auch in der klassischen Industrie werden die Doch nichts könnte falscher sein. Denn längst ist Weichen auf konsequente Digitalisierung ge- klar, dass „Bits and Atoms“ keine Gegensätze stellt. Die Vorstellung, dass sich reife Volkswirt- sind. Was mit computergesteuerten Maschinen schaften allein auf den Dienstleistungssektor begann, verdichtet sich nun zur digitalen Produk- verlassen, ist auch unter dem Eindruck der tion: Datensätze materialisieren sich im Additive Finanzkrise ins Wanken geraten. Um der Kon- Manufacturing zu neuen Produkten, Informations- kurrenz aus Asien voraus zu sein, sollen die ketten optimieren das Zusammenspiel von Ferti- Produktionsabläufe mit Hilfe von Sensoren, gungsanlagen zu einer intelligenten Maschinerie. vernetzten Maschinen und neuen Steuerungs- algorithmen zur „Smart Factory“ weiterentwickelt Die Idee, dass aus Bits Atome werden könnten, werden. Aus Produkten werden „Cyberphysical begann in den 80er-Jahren als Rapid Prototy- Systems“, die mit Fertigungsstraßen und Umwelt ping. Statt Prototypen teuer mit herkömmlichen kommunizieren und so die Aufzeichnung ihres Werkzeugen zu produzieren, wurden sie in einem Lebenszyklus ermöglichen. Mit der „Industrie neuen Typus von Maschine anhand eines Daten- 4.0“ (Deutschland) oder dem „Industrial Internet“ modells schichtweise aus Kunststoff oder Metall- (USA) könnte die industrielle Wertschöpfung pulver aufgebaut. Daraus entstand das, was heute einen gewaltigen Sprung machen: GE und unter dem Schlagwort „3D-Druck“ Furore macht. Weltbank sehen bis 2030 ein Wachstumspoten- Dass sich auch Nerds und Bastler dafür interes- zial von 6,1 Billionen Dollar für das weltweite sierten, wurde anfangs noch belächelt. Passé: Die BIP – ein Zuwachs von knapp neun Prozent. 19
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TECHNOLOGISCHE TRENDS AUTONOME SYSTEME Eine der großen neuen Erfindungen des 20. Jahr- augenblicklich abbremsen. Der Roboter wird so hunderts ist der Roboter: eine künstliche Arbeits- mehr und mehr zum „Kollegen“, der mitlernt. kraft, die nie erlahmt, nie klagt und Aufgaben Angesichts des Demografiewandels und der übernehmen kann, die ein Mensch nicht oder nur damit verbundenen Alterung der Gesellschaft mit Mühe bewältigt. Zwar gab es von Anfang an wird für Pflegeroboter ein enormer Markt prog- die Befürchtung, dass diese künstliche Arbeits- nostiziert. Ausgehend von Japan, das bereits in kraft den Menschen auch überflüssig machen den 1980ern eine Roadmap für diese Roboter- könnte. Doch ihrem Siegeszug hat das keinen gattung aufstellte, gelangen bereits die ersten Abbruch getan: Industrieroboter sind heute all- Modelle in Seniorenheime und Krankenhäuser. gegenwärtig – aber auch sie markieren nur einen Dort tragen sie Patienten, an denen sich mensch- Zwischenschritt auf dem Weg zu autonomen liches Personal einen Bruch heben könnte, oder Systemen, auf die Wirtschaft, Gesellschaft und übernehmen gar die Rolle des fingerfertigen nicht zuletzt das Militär immer stärker setzen. Chirurgen. Die Wettbewerbe der DARPA Grand Challenge haben wiederum die Entwicklung Die frühen Industrieroboter an den Fließbändern autonomer Fahrzeuge enorm vorangetrieben, der 70er-Jahre sehen blass aus neben heutigen und das Google-Car-Projekt könnte eines Ta- Robotern, die bereits eine erstaunliche Kontextin- ges den motorisierten PKW revolutionieren. telligenz und Entscheidungsfähigkeit besitzen. Möglich machen dies Fortschritte in Sensorik, Nicht alle autonomen Systeme brauchen Motorik, Maschinenlernen und Wissensrepräsen- allerdings Hardware. Software-Agenten tummeln tation. Rasenmähen und Staubsaugen sind noch sich als reine Datengebilde im Netz. Dort über- die einfachsten Aufgaben, die Roboter meistern. nehmen sie bereits als Sprachassistenten den Lastenroboter, wie sie etwa Boston Dynamics für Kundendienst oder geben Kauf- und Verkauf- das US-Militär entwickelt, schleppen mehrere orders in elektronischen Handelssystemen ab. Zentner an Ausrüstung sicher durch unwegsamstes Verbunden mit Big Data und der Cloud können Gelände. Eine neue Generation von Industrierobo- sie auf Datenbestände zurückgreifen, die kein tern operiert nicht mehr in Schutzzonen, die nötig Mensch überblicken könnte, und algorithmisch waren, um keine Menschen zu verletzen. Mithilfe gesteuerte Entscheidungen in einem Tempo einer taktilen Sensorik können sie unbelebte und treffen, bei dem die menschliche Ratio passen lebende Hindernisse „fühlen“ und ihre Bewegung muss. 21
KAPITEL 2 CONNECTED REALITY 2025: TRENDS UND TREIBER INNOVATIONSMILIEU // SHARECONOMY/SHARER Mit den Digital Natives ist eine neue Generation von Konsumenten herangewachsen, die zunehmend der Maxime folgt: nutzen statt besitzen. Ob es um Autos, Übernachtungen oder Werkzeuge geht, die Sharer tauschen sie über Plattformen im Netz. Noch nie war es so einfach, die entsprechenden Möglichkeiten in Sekundenschnelle zu recherchieren. Dabei sind die Sharer oft Anbieter und Nachfrager zugleich. Mit diesem Verhalten erzeugen sie einen Innovationspull: Wer auf ihre Bedürfnisse reagiert, kann mit seinem Geschäft schnell wachsen, wie das Beispiel von Airbnb zeigt, der Wohnungstauschbörse, über die man in 192 Ländern private Unterkünfte buchen kann. 22
GESELLSCHAFTLICHE TREIBER 2.2 GESELLSCHAFTLICHE TREIBER DIGITALER LIFESTYLE Viel ist passiert, seit Tim Berners-Lee 1989 das die womöglich um den Sharing-Dienst gleich noch World Wide Web auf den Weg brachte. War eine Community aus Gleichgesinnten aufbaut. der Computer damals ein wenig aufregendes Der digitale Lebensstil beschränkt sich allerdings Werkzeug für Büro- und Forschungsarbeit, ist nicht mehr auf Beziehungen und Dienstleistungen. er heute als Smartphone zugleich Statussymbol In der Quantified-Self-Bewegung wendet er sich und Schnittstelle zum mobilen Netz. Es ver- dem Körper zu. Mit Apps und tragbaren Sensoren bindet die Menschen mit einem permanenten vermessen Nutzer akribisch die eigene Gesund- Datenstrom. Ihre Gesichter schimmern abends heit und Befindlichkeit. Für die Daten, die dabei im hellen Schein der Displays, über die sie sich entstehen, interessieren sich Gesundheitsdienst- beugen, um Nachrichten oder Tratsch auszu- leister und Versicherungen brennend. Wer ihnen tauschen, den neuesten Hit auf Soundcloud zu freiwillig Blutdruck und Fitnesswerte durchgibt, checken oder ein Video zu suchen, das man den kann demnächst mit günstigeren Tarifen rech- Freunden unbedingt zeigen muss. Dieser digitale nen. Gesundheitsökonomen erwarten in den Lifestyle hat bereits ganze Industrien umgekrem- nächsten Jahren eine medizinische Versorgung, pelt, allen voran die Musik- und die Medienbran- in der das Smartphone den Hausarzt ersetzt che, die sich unter Schmerzen von ihren alten und die Verwaltungskosten drastisch sinken. Geschäftsmodellen verabschieden müssen. Noch nicht richtig angebissen haben die Nutzer Gegenwind spüren zunehmend auch Tourismus hingegen beim Smart Home. Intelligente Strom- und Transport, weil sich der digitale Lebensstil um zähler und vernetzte Haushaltsgeräte sollen den die Sharing Economy erweitert. Wer bucht noch Energieverbrauch senken und den Komfort in ein Hotelzimmer, wenn er für weniger Geld in ei- den eigenen vier Wänden erhöhen. Trotz noch nem schicken New Yorker Apartment übernachten fehlender Nachfrage in der Breite ist der Markt kann, das auf einer Sharing-Plattform angeboten enorm in Bewegung geraten. Vielfältige Apps und wird? Wer braucht ein Taxi, einen Mietwagen, Gerätekonzepte zur Steuerung des Smart Home wenn Carsharing-Dienste wie Autonetzer oder sind bereits auf dem Markt. Und die Großen aus virtuelle Mitfahrzentralen wie Uber.com einen der Unterhaltungs- und Internetwelt stehen in billiger ans Ziel bringen? Merke: Alles, was sich im den Startlöchern, um den Markt zu gestalten. Die Prinzip über das Netz vermitteln lässt, wird auch Übernahme des Thermostatherstellers Nest durch nachgefragt – bequem über eine passende App, den Internetgiganten Google zeigt dies deutlich. 23
KAPITEL 2 CONNECTED REALITY 2025: TRENDS UND TREIBER INNOVATIONSMILIEU // HACKER UND MAKER Längst ist das DIY-Ethos nicht mehr auf den klischeehaften Nerd und Bastler beschränkt: In der Maker- Bewegung finden sich auch Designer, Informatiker, Elektrotechniker oder Architekten. Während sie Software auf Plattformen wie Github oder Sourceforge verbreiten, bieten sie Konstruktionsdaten für Gegenstände und Geräte auf Thingiverse oder Fabster an. Dabei gilt das Prinzip der Open Innovation: Die Selbstmacher stellen ihre „Fabrikate“ unter offene Lizenzen, die eine schnelle Adaption ermöglichen und so weitere Innovationen nach sich ziehen. Jede Form von Big Business wird von dem Milieu kritisch gesehen. 24
GESELLSCHAFTLICHE TREIBER DER NEUE GEIST DER AUTARKIE Der Gedanke, sich von den Alltagszwängen der springen. Doch ist dies weniger eine klassische Massengesellschaft unabhängig zu machen, ist so Produzenten-Konsumenten-Beziehung, sondern alt wie die Industrialisierung selbst. Henry David vielmehr ein Business-Ökosystem, in dem die Thoreau machte ihn in seinem Tagebuchroman Grenzen zwischen Produzenten und Konsumen- „Walden“ schon Mitte des 19. Jahrhunderts po- ten verschwimmen, in dem die Akteure zu „Pro- pulär. 100 Jahre später war es die Auseinanderset- sumenten“ werden. Der neue Geist der Autarkie zung mit der Konsumgesellschaft der Nachkriegs- schafft auch eigene Digitalwährungen für die- zeit, die einen neuen DIY-Spirit entzündete, der se Ökosysteme: Wenn sie wollen, können die über das bloße Heimwerken hinausgeht. In der neuen Prosumenten in Bitcoin, Opencoin oder Hippie- und später der Punk-Bewegung drückte er anderen virtuellen Münzen zahlen. Diese Wäh- sich vor allem in einer unabhängigen Kulturproduk- rungen sind auch eine Reaktion auf die jüngste tion aus. In den 80er-Jahren erfasste er die Soft- Finanzkrise, die das Vertrauen in das Banken- ware-Entwicklung: Die Idee frei zugänglicher und system erschüttert hat: Statt auf eine virtuelle verwendbarer Computerprogramme brachte die Notenbank setzen sie auf kryptografische Algo- Open-Source-Software-Bewegung hervor. Ihre Pro- rithmen, um das neue Digitalgeld zu schöpfen. dukte bilden heute zu einem erheblichen Teil die Basis der digitalen Welt: Hunderte Millionen Men- Der Drang, die Dinge selbst in die Hand zu schen nutzen das Betriebssystem GNU/Linux in ei- nehmen, ist sicher in der IT- und Maschinenwelt ner seiner Varianten, Apache-Server, Firefox-Brow- besonders ausgeprägt, doch beschränkt er sich ser, Wordpress-Blogs oder Wiki-Enzyklopädien. nicht darauf. In der Urban-Gardening-Bewegung hat er die kollektive Produktion pflanzlicher Inzwischen ist auch die Maschinenwelt dran: als Lebensmittel ausgerufen, werden unproduktive, offene Hardware. Erste Konstruktionen wie die städtische Brachen besetzt und in innerstädtische Selbstbau-3D-Drucker, die auf das RepRap-Projekt Gartenbau-Anlagen verwandelt. Im Energiesektor zurückgehen, oder die Arduino-Controller sind kurz hat der Autarkie-Spirit schon lange vor der Ener- davor, im Mainstream anzukommen. Etliche andere giewende Fuß gefasst. Bürgerwindparks ebenso Konzepte, etwa das DIY Phone, befinden sich in wie die private, gut vergütete Solaranlage auf der Entwicklung. Gemeinsam ist ihren Schöpfern dem Eigenheim haben wesentlich dazu beige- der Gedanke des „Empowerment“. Bei dem geht tragen, dass die Erneuerbaren in Deutschland in es nicht um Autarkie im Sinne einer Aussteigerkul- den vergangenen 15 Jahren so rasant gewach- tur, sondern darum, Technologien selbstbestimmt sen sind. Eine Entwicklung, die auch in den USA zu nutzen – ohne Beschränkungen, die allzu oft die und andernorts nicht unbemerkt geblieben ist Hightech-Produkte von Großunternehmen prägen. und auch dort immer mehr Zulauf gewinnt. Dabei kann auch gerne ein gutes Geschäft heraus- 25
KAPITEL 2 CONNECTED REALITY 2025: TRENDS UND TREIBER INNOVATIONSMILIEU // KALIFORNISCHE GRÜNDERKULTUR Eine der größten Innovationen der vergangenen Jahrzehnte ist die Innovationskultur des Silicon Valley selbst. Die räumliche Nähe von Universitäten, Venture Capital und urbanem Leben bietet den idealen Hu- mus für neue Ideen, die auch scheitern dürfen. Top-down lässt sich diese risikofreudige Kultur nicht an beliebige Orte verpflanzen, sie wächst von unten, wenn die Mischung stimmt. Das gelingt inzwischen auch an so unterschiedlichen Orten wie Berlin, in dem Experten das kommende Start-up-Zentrum Euro- pas sehen, oder Nairobi, wo rund um das iHub eine Gründerszene entstanden ist, die ins gesamte Afrika ausstrahlt. 26
GESELLSCHAFTLICHE TREIBER ECHTZEIT-ÖKONOMIE Im globalen Wettbewerb kann man sich zwei Din- sondern auf eine Software der britischen Firma ge nicht leisten: zu langsam zu liefern und zu hohe Shutl, die lokale Kurierdienste mit einbindet. Lagerbestände zu halten. Ersteres treibt den Kun- den zur Konkurrenz, Letzteres verursacht Kosten. Die Echtzeit-Ökonomie eröffnet zugleich die Möglichkeit, dem Hersteller Feedback zu ge- In den siebziger Jahren etablierte sich, ausgehend ben, wann und wie der Kunde sein Produkt nutzt. von Japan, die Lean Production als Lösung dieses Denn mit der Transaktion als Geschäftsziel, die scheinbaren Widerspruchs. Doch auch sie ist nicht bei Bedarf um den klassischen Support ergänzt das letzte Wort, denn die im Netz sozialisierten wird, ist es nicht getan: Der Hersteller wird mehr Kunden von heute haben das Warten vollends und mehr zum Dienstleister, der dem Kunden hilft, verlernt – und verlangen auch noch individuellere die Erfüllung seiner Bedürfnisse zu optimieren. Produkte. Was tun, wenn im Extremfall ein Produkt Fitness-Apps und -Sensoren beispielsweise, die im in seinem speziellen Zuschnitt nur noch genau Sinne der Quantified-Self-Philosophie nur Mess- einmal nachgefragt wird? Die Echtzeit-Ökonomie daten bereitstellen, garantieren für sich genom- verknüpft nun Lean Production, vernetzte Logis- men in einem hochkompetitiven, dynamischen tik und Mass Customization zu einem unerhört Markt keinen Erfolg. Der Hersteller muss den flexiblen und instantanen Angebot von Waren. Kunden begleiten und ihm aus einer Interpretati- on der Daten heraus Möglichkeiten an die Hand Vorreiter für den Einzelhandel ist hier Amazon. geben, die persönliche Gesundheit zu stärken. Dank seinem nach allen Regeln der Big-Data- Oder den Geldbeutel zu schonen: Genau das Kunst gepflegten Inventar und einer geschickten macht bereits die US-Autoversicherung Allstate Lagerhaltung ist die Übernacht-Lieferung heute Insurance. Sie bietet Kunden an, deren Fahrstil Standard, nun kommt die Same Day Delivery. Das zu überwachen. Dabei lockt sie mit dem Verspre- treibt die Konkurrenz: Ebay peilt in Großstädten chen: Wer sicherer fährt, zahlt weniger Prämie. In bereits die 90-Minuten-Auslieferung an und setzt der neuen Echtzeit-Ökonomie wird so das Cus- hierfür nicht auf eine hauseigene Infrastruktur, tomer Relationship Management neu definiert. 27
KAPITEL 2 CONNECTED REALITY 2025: TRENDS UND TREIBER INNOVATIONSMILIEU // KRITISCHE KONSUMENTEN Praktisch, cool und günstig genügt nicht mehr: Die Verbraucher interessieren sich mehr denn je für Herstel- lungsbedingungen, Ressourcenverbrauch und Umweltverträglichkeit von Produkten. „Märkte sind Gesprä- che“, hieß es im Cluetrain Manifesto von 1999. Was damals noch wie eine kühne These klang, ist heute Rea- lität: Im Netz tauschen sich kritische Konsumenten in Windeseile über Vorzüge und Nachteile von Produkten aus. Der Innovationspull, den sie damit erzeugen, geht weit über technische Neuerungen hinaus. Er wirkt auf die Kultur und Kommunikation von Unternehmen ein. Die können nicht länger darauf vertrauen, ihre Produk- te auf einem flirrenden Basar abzusetzen – der Markt von heute verlangt Transparenz. 28
GESELLSCHAFTLICHE TREIBER RESSOURCENEFFIZIENZ Als US-Astronaut Harrison Schmitt am 7. Dezem- etwa hat von 2010 bis 2012 den Energiever- ber 1972 an Bord von Apollo 17 die Erde foto- brauch, der durchschnittlich für die Herstellung grafierte, ahnte er wohl nicht, dass er ein Bild eines Wagens anfällt, um 14 Prozent gesenkt, mit politischer Wucht schaffen würde. Die „Blue den damit verbundenen Wasserverbrauch um Marble“ wurde zum Symbolbild der aufkeimen- zehn Prozent. Nicht nur die Industrie macht ihre den Umweltbewegung für das Raumschiff Erde, Prozesse ressourceneffizienter, auch die Landwirt- das mit begrenzten Ressourcen durchs All fliegt. schaft wendet sich dem „Precision Farming“ zu. Die Ölkrisen der 70er und die zunehmende Ge- Satellitenbilder und Sensoren liefern ihr wertvolle wissheit über den Klimawandel setzten Ressour- Daten, um Bewässerung und Düngung zu opti- ceneffizienz endgültig auf die Agenda. Und das mieren. Damit kann sie Wasserverschwendung nicht nur bei fossilen Rohstoffen: Chinas kurz- und Überdüngung vorbeugen. Wie schnell die zeitiger Exportstopp für Seltene Erden – in Dis- Ressourceneffizienz durch Digitalisierung zu- plays oder Permanentmagneten von Windrädern nimmt, hängt aber auch von den Lebenszyklen verwendet – im Herbst 2010 machte schlagartig von Produkten ab. Je kürzer sie sind, desto eher klar, dass auch Computertechnik und Erneuer- zehren sie in der Summe die Effizienzgewinne bare Energien ein Rohstoffproblem haben. auf, weil zu schnell zu viele Neuprodukte auf den Markt kommen. Der Effekt sinkender ökologi- Dabei hat die Digitalisierung das Potenzial, zahl- scher Rucksäcke einzelner Produkte wird durch reiche Prozesse zu entstofflichen und so Treib- den wachsenden ökologischen Rucksack der hausgasemissionen zu senken und Rohstoffe Gesamtproduktion wieder zunichte gemacht. einzusparen. Statt Post werden elektronische Mitteilungen verschickt. Statt durch die Welt Inwieweit die digitale Vernetzung zur Heraus- zum nächsten Meeting zu jetten, besprechen bildung nachhaltiger Konsum- und Lebensstile sich die Teilnehmer mittels Telepräsenz, ohne beitragen kann, ist derzeit Gegenstand intensiver ihr Büro zu verlassen. Cisco hat mit seinem eige- Diskussionen. Wenn statt eines pauschalen Halt- nen Telepresence-System die CO2-Emissionen barkeitsdatums in der Packung integrierte Senso- aus firmeninternen Businessflügen bereits um ren den tatsächlichen Zustand von Lebensmitteln 45 Prozent gesenkt, und immer mehr interna- ermitteln würden, wäre dies ein wichtiger Schritt tionale Unternehmen folgen dem Beispiel. im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung in den Industrieländern. Oder wenn durch die Die industrielle Produktion wiederum verkleinert intelligente Vernetzung von Verkehrsträgern ihren ökologischen Rucksack langsam, aber stetig. individuelle Mobilität optimiert und gleichzeitig Die Autoindustrie ist ein Beispiel: Volkswagen umweltfreundlicher gestaltet werden kann. 29
KAPITEL 2 CONNECTED REALITY 2025: TRENDS UND TREIBER INNOVATIONSMILIEU // KLASSISCHE INGENIEURSKULTUR Der Ingenieur klassischer Prägung hat einen nicht ganz schmeichelhaften Ruf: Er gilt als zu bedacht und wenig risikofreudig. Zu Unrecht. Ob Windräder, Telematik-Systeme, Mikroprozessoren oder Haushalts- geräte, aus den Ingenieur-Laboren von Industrie und Forschung kommen Jahr für Jahr zahlreiche Inno- vationen, die unseren Alltag verändern. Unaufgeregt, fachkundig und zielstrebig arbeitet die klassische Ingenieurskultur an der Zukunft. Im Unterschied zu Makern und Gründern setzt sie nach wie vor auf Patente, um ihre Innovationen abzusichern, doch hat die Open Inno-vation inzwischen auch sie erreicht. 30
GESELLSCHAFTLICHE TREIBER SICHERHEIT Es gibt wenige historische Ereignisse, die im Fließband, jede Wasserpumpe online sein. Die Gedächtnis jedes Zeitgenossen ein Leben lang Suchmaschine Shodan hilft jetzt schon, an sich präsent bleiben. Der 11. September 2001 ist so verborgene Geräte aller Art zu finden, zu denen ein Ereignis. Die Anschläge auf das World Trade sich eine Internetverbindung aufbauen lässt. Center in New York haben den Sicherheitsdiskurs des neuen Jahrhunderts radikal verändert. Der Auch in der Gesellschaft nehmen Sicherheitsbe- Sicherheitsindustrie verhalf der darauf folgende dürfnis und Bedrohungsgefühl zu. Eltern nutzen „Krieg gegen den Terror“ zu einem Boom: Die Trackingsysteme, um verfolgen zu können, dass Überwachung des Datenverkehrs, aber auch des die lieben Kleinen auch wirklich auf dem Spiel- öffentlichen Raums hat nie gekannte Ausmaße an- platz sind. Monitoringsysteme geben Senioren genommen. Mit Hilfe von Big Data, Bilderkennung die Beruhigung, dass ein eventueller Herzinfarkt und semantischen Analysen versuchen die west- automatisch den Notarzt alarmiert. Und im Stra- lichen Staaten, die Bedrohungslage von außen ßenverkehr sollen vernetzte Autos unaufmerk- zu verstehen. Autoritäre Regime wie China oder same Fahrer vor Fehlern bewahren und Unfälle der Iran wiederum setzen sie ein, um die innere verhüten. Auch hier gilt: Mit jeder zusätzlichen Bedrohung gegen ihre Machtbasis aufzuklären. Vernetzung wächst die Gefahr eines Missbrauchs, wenn Daten manipuliert werden. Soll das nicht Indem die Staaten gegen den vermuteten Feind passieren, werden neue Sicherheitssysteme nötig. immer mehr Hightech einsetzen, schaffen sie jedoch ein Paradoxon: Mit immer ausgefeilteren In dieser fortgesetzten Rückkopplung spricht IT-Systemen vergrößern sie auch die Angriffsfläche die fortschreitende Technisierung Ängste an, für Cyberattacken durch Kriminelle oder Geheim- die die Science-Fiction-Literatur einst in reinen dienste. Dasselbe gilt für die Infrastrukturen und Szenarien ausgemalt hatte: ein Leben im Über- Unternehmen: Um effizienter und schneller zu wer- wachungs-staat, die Ohnmacht des Menschen den, erhöhen sie die Vernetzung ihrer Anlagen – gegenüber Computersystemen. Die Technik und öffnen so überhaupt erst Angriffskanäle, die droht sich zu verselbständigen, weil sie Sicher- vorher nicht vorhanden waren. Der Stuxnet-Wurm, heit schaffen soll und zugleich neue Unsicher- der 2010 Schlagzeilen machte, war noch für An- heit erzeugt. Diese Widersprüche in Balance zu lagen konzipiert, die physisch vom Netz getrennt halten ist eine der großen Herausforderungen sind. Im „Industrial Internet“ wird hingegen jedes in der hypervernetzten Welt von morgen. 31
KAPITEL 3 CONNECTED MARKETS 2025: SIGNALE Smart Home Hybrides Augmented Shopping Lifestyle Connected Smart Assistance Markets 2025 Smart Farming Integrierte Mobilität Cloud Working Smart Urbane Factory Vernetzung 32
CONNECTED MARKETS 2025: SIGNALE #3 Wie die technischen und gesellschaftlichen Innovationstreiber in Richtung der Connected Reality wirken, lässt sich bereits heute beobachten. Datendienste dringen in Bereiche ein, die bislang nicht oder kaum von einer Digitalisierung erfasst wurden – sichtbar in den Anwendungsfeldern Smart Home, Smart Assis- tance, urbane Vernetzung und Smart Farming. Datendienste kombinieren auch Online- und Offlinewelt zu einer neuen Erfahrung wie im hybriden Shopping oder im Cloud Working. Oder sie intensivieren den bisherigen Gebrauch der Informationstechnik im Augmented Lifestyle, in der integrierten Mobilität oder in der Smart Factory. Wie das geschieht, zeigen verschiedene Trendsignale in den neun Anwendungsfeldern exemplarisch im Reality Check. 33
KAPITEL 3 CONNECTED MARKETS 2025: SIGNALE 34 Tesco – Online-Pickup beim lokalen Einzelhandel // Bilder: www.tescoplc.com
HYBRIDES SHOPPING Seit der E-Commerce in den 90er-Jahren den Alltag eroberte, wurde immer wieder der Tod des Einzelhandels an die Wand gemalt. Falsch: Online- und Offline-Shopping verschmelzen zunehmend zu einer nahtlosen Konsumerfahrung, weil datengestützte, vernetzte Prozesse in beiden Welten Standard sind. Der Einzelhandel wird dabei Delivery Point, an dem nicht einmal mehr eine Kreditkarte nötig ist. CASE 1 CASE 2 Tesco – Online-Pickup beim lokalen Paypal Beacon – einfach zahlen Einzelhandel Während der Einzelhandel sich ins Online-Shop- Der Konsument 2.0 hat sich im Einzelhandel nicht ping vorarbeitet, entdecken umgekehrt klassische gerade beliebt gemacht. Im Laden lässt er sich Online-Dienstleister die Welt der Geschäfte. Das beraten, um dann zuhause online beim billigsten Bezahlsystem Paypal hat den Point of Sale analy- Anbieter zu kaufen. Im britischen Einzelhandel siert und ein System entwickelt, mit dem das Be- zeigt sich aber bereits eine klare Umkehr dieses zahlen an der Kasse noch effizienter werden soll. Trends, dank „RoBo“ – Research online, Buy Denn das bargeldlose Bezahlen ist zwar bequem, offline. Der Kunde sucht sich etwa auf der Web- hält aber mit der Eingabe von PINs oder dem Un- site der Supermarktkette Tesco Gemüse, Milch, terschreiben von Belegen den Betrieb auf. Paypal Aufschnitt oder Fertiggerichte zusammen – die Beacon heißt die Lösung: eine kleine Bezahlstati- Sonderangebote fest im Blick –, schickt seine on, die per USB-Schnittstelle ins Rechnungssystem Bestellung an das Unternehmen und gibt die des Einzelhändlers eingeklinkt wird und per Blue- Uhrzeit an, zu der er bei der nächsten Filiale tooth Low Energy mit der dazugehörigen App auf vorbeikommt. In diesem „Collection Slot“ holt dem Smartphone des Kunden die Transaktion ab- er auf dem Rückweg von der Arbeit seinen Wa- wickelt. Der Clou: Der Kunde muss die App nicht renkorb an der Ausgabe ab. Kein Hetzen durch öffnen, sie registriert bei Betreten des Ladens Regalreihen, keine Schlangen an der Kasse in die Beacon, was durch ein Tonsignal oder eine der Rush Hour. In 200 Filialen bietet Tesco den Vibration mitgeteilt wird. Der Rest funktioniert Dienst inzwischen an und münzt so das Bedürfnis genauso wie beim Online-Kauf mittels Paypal. Mit der Kunden nach Informationen, Schnäppchen 230 Millionen Nutzern in 92 Ländern ist der Be- und Bequemlichkeit in lokale Umsätze um. zahldienst in einer aussichtsreichen Position, das System zunächst in den Metropolen zu etablieren. Treiber: Neue Schnittstellen, Echtzeit-Ökonomie Treiber: Internet der Dinge, Digital Lifestyle, Sicherheit 35
KAPITEL 3 CONNECTED MARKETS 2025: SIGNALE 36 Fitbit FlexTM – Der Motivationscoach am Handgelenk // Bild: www.fitbit.com
AUGMENTED LIFESTYLE Das mobile Internet im Smartphone hat den Alltag erobert, doch nun spinnen neue Geräteklassen einen digitalen Kokon um den User. Sie erweitern den digitalen Life- style über Apps hinaus, überwachen die Gesundheit, eröffnen ganz neue Wege, mit Netzinhalten zu interagieren. Die Universalschnittstelle mit Cyborg-Faktor naht. CASE 1 CASE 2 Fitbit Flex™ – der Motivations-Coach Meta Glass – mehr als eine „Datenbrille“ am Handgelenk Seit dem iPhone hat kein Gerät einen solchen Gesundheit und Fitness sind in, aber der Mensch Wirbel verursacht wie Google Glass. Dabei ist neigt dazu, sich in die Tasche zu lügen, wenn er die Datenbrille des Konzerns eher ein Symbol seinen körperlichen Zustand einschätzen soll. für das, was da kommen wird. Mit ins Sichtfeld Das Datenarmband Fitbit Flex ist dagegen ein eingeblendeten Nachrichten und sprachgesteu- unbestechlicher Beobachter: Es zählt die Schrit- erter Fotografie hat sie das Potenzial der neuen te, die man im Laufe eines Tages zurücklegt, und Geräteklasse gerade erst angerissen. Den Blick in berechnet daraus anhand eines zuvor angelegten den Alltag wirklich neu zu definieren, schickt sich Körperprofils die Menge der verbrannten Kalorien. hingegen das Start-up Meta an: Seine Datenbrille, Wie viele Minuten Bewegung man sich am Tag bescheiden Meta Glass 0.1 getauft, soll die Aug- gegönnt hat, registriert das Gadget ebenso wie mented Reality für den Endverbraucher erfahrbar die Schlafphasen und die kurzen Momente des machen. Mittels Gestenerkennung kann dieser im Erwachens in der Nacht. Sämtliche Daten werden Raum schwebende Objekte mit den eigenen Hän- später an einen Rechner übertragen. Dort kann den bearbeiten. Wirklichkeit und virtuelle Realität das „Quantified Self“ anhand von Visualisierungen verschmelzen so zu einer nahtlosen Sinneserfah- verfolgen, wie nah es seinen selbst gesteckten rung. Die Technik-Aficionados sind elektrisiert: Fitness-Zielen wirklich kommt. Feedback vermittelt Beim Crowdfunding auf Kickstarter bekam Meta aber auch das Fitbit selbst: Eine Reihe von Leucht- doppelt so viel Startkapital zusammen wie anvi- dioden signalisiert, ob der Tagesablauf bewegt siert. Die ersten Exemplare werden im November genug oder eher von Bequemlichkeit geprägt an die Crowd ausgeliefert. Sollte das Start-up war. sein bisheriges Tempo beibehalten, darf man auf die Meta Glass 1.0 mehr als gespannt sein. Treiber: Neue Schnittstellen, Digital Lifestyle, Treiber: Neue Schnittstellen, Digital Lifestyle Sicherheit 37
KAPITEL 3 CONNECTED MARKETS 2025: SIGNALE 38 Wi-Fi Bulb – die fernsteuerbare Glühlampe // Bilder: www.lifx.co
SMART HOME Bislang war das voll vernetzte Heim ein Ladenhüter: Die Industrievision vom kommunizierenden Kühlschrank, die Ende der 90er propagiert wurde, hat sich auf- grund fehlender Schnittstellen und Standards noch nicht im Massenmarkt realisiert. Mobiles Internet, digitales Entertainment, aber auch steigende Energiepreise lassen die Idee inzwischen attraktiv erscheinen – und dank Steuer-Apps und allgegenwärti- ger Sensoren wird sie auch einfach umsetzbar. CASE 1 CASE 2 Nest – der lernende Thermostat Wi-Fi Bulb – die fernsteuerbare Glühlampe In Gebäuden wird heute noch immer eine enorme Die Umstellung von klassischen Glühbirnen auf Menge Wärmeenergie verblasen. Nicht nur, weil Energiesparlampen hat die Gemüter in Europa viele schlecht isoliert sind, sondern auch, weil die ziemlich erhitzt. Dabei war die Absicht ehren- Menschen im Winter ihre Heizungen durchlau- wert: Wenn viele Menschen ihr Licht brennen fen lassen. Thermostate mit Zeitschaltuhr waren lassen, wird mit Energiesparlampen nicht so die erste Lösung für das Problem. Die US-Firma viel Strom verschwendet. Die australische Fir- Nest, die mittlerweile zum Google-Konzern ge- ma LIFX, geboren aus einer fixen Idee im Pub, hört, bringt den Thermostat nun ins Internet der bringt diesen Impuls nun noch mit dem Internet Dinge, mitsamt eingebauter Intelligenz. Nach der Dinge zusammen. Im Birnensockel befindet Installation fängt das Gerät an, aus den zunächst sich eine Controller-Einheit, die sowohl im her- noch manuellen Einstellungen des Nutzers einen kömmlichen WLAN-Standard 802.11 angesteuert Warm-Kalt-Rhythmus zu ermitteln. Ist man abwe- werden als auch selbst mit anderen Birnen über send, hält Nest die Temperatur auf einem energie- den Standard 802.15.4 kommunizieren kann. sparenden Niveau. Über die Nest-App kann man Mittels Smartphone-App lässt sich so die Be- auf den lernenden Thermostat auch von auswärts leuchtung in Wohnungen oder Büros von einem zugreifen. Ein grünes Blatt im Display zeigt zudem Punkt aus steuern. Auch andere Firmen, darunter an, ob der Nest gegenüber dem Standardbetrieb Philips, haben eine solche Lösung entwickelt. Energie einspart. So lernt auch der Nutzer dazu. Die LIFX Bulb ist jedoch die erste, die direkt mit mobilen Endgeräten kommunizieren kann. Treiber: Internet der Dinge, Digital Lifestyle, Treiber: Internet der Dinge, Ressourceneffizienz Ressourceneffizienz 39
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