DÖW-Jahrbuch 2021: Verfolgung und Ahndung - Christine Schindler
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Juli 2021 1 DÖW-Jahrbuch 2021: Verfolgung und Ahndung Christine Schindler Der Untersuchung und Analyse der jus- bescheiden; angesichts der großen Zahl der verbrechen, insbesondere an den ungari tiziellen Aufarbeitung der NS-Vergangen- Verfahren ist das Ergebnis vor allem für schen Jüdinnen und Juden, die gegen heit widmet sich die Zentrale österreichi- die ersten Nachkriegsjahre und vor dem Kriegs ende auf österreichischem Boden sche Forschungsstelle Nachkriegsjustiz am Hintergrund der zur Verfügung stehenden (in Niederösterreich, im Burgenland und DÖW (www.nachkriegsjustiz.at) – unter personellen und materiellen Ressour cen in der Steiermark sowie entlang der Rou- der Leitung von Claudia Kuretsidis-Haider beachtlich. ten der sogenannten „Todesmärsche“ nach und Winfried R. Garscha – seit Ende der Die Mehrzahl der Angeklagten musste sich Mauthausen) begangen worden waren. 1990er-Jahre. Zahlreiche Publikationen, wegen ihrer Mitgliedschaft bei der verbo- Hier waren ZeugInnen und Beschuldigte Symposien, Vorträge, Vermittlungsprojek- tenen NSDAP vor 1938 verantworten, ein greifbar, das Geschehene vor den Augen te, auch für angehende RichterInnen und Delikt, das vergleichsweise leicht nachzu- der einheimischen Bevölkerung und teil- StaatsanwältInnen, hat die Forschungsstel- weisen war und als Hochverrat geahndet weise unter Beteiligung derselben noch le in den über 20 Jahren ihres Bestehens wurde. Prominenten Angeklagten wurde frisch im Gedächtnis, die Tatorte zugäng- vorgelegt und durchgeführt. Vergessen vorgeworfen, den „Anschluss“ Österreichs lich. wäre sonst heute in der breiteren Öffent- an NS-Deutschland im März 1938 führend Tatorte im ganzen Bundesgebiet, verschie lichkeit die Tätigkeit der österreichischen vorbereitet zu haben. Nicht wenige hohe denste Tatbestände und Verbrechenskom Volksgerichte, die in den ersten Nach- Haftstrafen – nicht nur im Bereich der For- plexe, Ermittlungsschwierigkeiten, ge kriegsjahren TäterInnen des NS-Regimes maldelikte, sondern auch wegen Kriegs- rechte und skandalöse Urteile, frühzeitige zur Verantwortung zogen. Derzeit wird und Humanitätsverbrechen – wurden nach Begnadigungen und weitere Karrierever eine Publikation zur justiziellen Ahndung wenigen Jahren nachgesehen. läufe werden von den AutorInnen be- von NS-Verbrechen von 1945 bis zur Ge- Bei der Ahndung von Gewaltverbrechen schrieben. Sie schildern Akte entmensch- genwart vorbereitet, welche die Forschun- dominierte vor allem in der ersten Zeit der lichter Gnadenlosigkeit und Lichtblicke gen der letzten Jahre widerspiegelt. Volksgerichtsbarkeit 1945/46 der Verbre- überraschender Zivilcourage inmitten des Im vorliegenden Jahrbuch stellen Claudia chenskomplex der sogenannten Endphase Terrors. In der Steiermark verweigerte ein Kuretsidis-Haider, Winfried R. Garscha und Siegfried Sanwald im umfassenden Beitrag Verfahren vor den österreichi- schen Volksgerichten die Tätigkeit der Volksgerichte in der Zeit ihres Bestehens zwischen 1945 und 1955 vor. Die Volks- Verfolgung und Ahndung gerichte wurden 1945 zur Ahndung der NS-Verbrechen eingerichtet, für deren Jahrbuch 2021 Monstrosität der damaligen provisorischen Regierung das herkömmliche Strafrecht Hrsg. von Christine Schindler nicht ausreichend erschien. In Wien, Graz, im Auftrag des Linz, Innsbruck, an den Außensenaten Dokumentationsarchivs des Leoben, Klagenfurt, Salzburg und Ried im österreichischen Widerstandes Innkreis wurden in 136.829 Fällen gericht- Wien 2021, 358 Seiten liche Untersuchungen eingeleitet, 108.000 ISBN 978-3-901142-78-9 davon bis 1948. In mehr als 28.000 Fällen wurde Anklage erhoben, 23.477 Verfah- 19,50 Euro ren endeten mit einem Urteil. Es ergingen 9.870 Freisprüche, 13.607 Schuldsprüche. Lieferbar ab Ende Juli 2021 43 Todesurteile wurden verhängt, 30 da- von vollstreckt. 29 Mal wurde lebenslange Haft verhängt. Angesichts der großen Zahl an Tätern und Täterinnen und der begange- nen Gräueltaten ist das Ergebnis mehr als
2 Mitteilungen 247 HJ-Angehöriger den Erschießungsbefehl und meldete die Morde der Gendarmerie. Ein anderer Bub, 16 Jahre alt, war aus Heimweh desertiert und gefasst worden. Vom selbst ernannten „Standgericht“ in Schwarzau im Gebirge, das nicht einmal den Vorschriften der Nationalsozialisten entsprach, wurde er zum Tode verurteilt. Das Kind klammerte sich weinend um Gnade flehend und vergeblich an einen seiner erbarmungslosen „Richter“ und gleichzeitig Vollstrecker – allesamt keine Juristen, sondern lokale NS-Parteigänger. Das Volksgericht verurteilte drei der ge- fassten Mörder, die für zahlreiche Gräuel- Eduard Nicka, NSDAP-Kreisleiter von Oberwart wurde 1948 u. a. wegen Zugehö- taten verantwortlich waren, zum Tode. Sie rigkeit zur illegalen NSDAP vor 1938 zu drei Jahren schweren Kerkers verurteilt. wurden 1948 in Wien hingerichtet. Hinsichtlich des Vorwurfs der Verantwortung für die Ermordung von unga- Die Beschreibungen der Nachkriegsver- risch-jüdischen Zwangsarbeitern in Deutsch Schützen und Rechnitz wurde das fahren zitieren aus den Akten von Polizei Verfahren gegen ihn eingestellt. | KPÖ-Archiv und Justiz. Diese Quellen der Geschichts- schreibung sind, zumal so kurz nach den Geschehnissen, in ihrer Bedeutung über- aus wertvoll. Die Unmittelbarkeit und Eindringlichkeit ihrer Schilderungen sind streckenweise schier unerträglich. Das Volksgericht Wien führte zwischen 1945 und 1954 auch sechs Prozesse wegen Verbrechen im Lager Engerau (heute ein Bezirk von Bratislava) durch. Von 20 An- geklagten wurden neun zum Tode verurteilt und hingerichtet. Die Prozesse sind von Claudia Kuretsidis-Haider umfassend Josef Frühwirth gehörte einer „Werwolfgruppe“ an, die auf der Störingalpe bei aufgearbeitet worden und sind auch The- Übelbach (Steiermark) am 20. Mai 1945 – mehr als eineinhalb Wochen nach der ma ihres Artikels Die ersten polizeilichen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht – neun ungarisch-jüdische Zwangsarbei- Ermittlungen wegen NS-Verbrechen ter ermordete. Er wurde 1962 vom Geschworenengericht Graz zu einer dreijähri- in Österreich. Revierinspektor Johann gen Haftstrafe verurteilt. | KPÖ-Archiv Lutschinger und die Beweissicherung in der Strafsache Engerau. Der Bei- trag würdigt die Ermittlungstätigkeit des Polizeibeamten Johann Lutschinger und zeichnet die Sorgfalt seiner Untersuchun- gen und Berichte nach. Lutschinger muss- te in den schwierigen Nachkriegswochen die verschiedensten Tatorte aufsuchen, die verstreuten Gräber von Dutzenden Lei chen finden und ZeugInnen diesseits und jenseits der Grenze befragen. Kuretsidis- Haider skizziert und bebildert auch das Schicksal der Familie Lutschinger-Pollak zwischen Wien und Drösing im March- feld. Unersetzlich sind die Zeugnisse derjenigen Menschen, die noch aus dem persönlichen Erleben berichten können. Es sind nicht nur die Authentizität, die Unmittelbarkeit, die Anschaulichkeit der Ereignisse, die in persönlichen Begegnungen und in schrift- Der Volkssturmkommandant Leo Pilz (stehend) wurde 1946 wegen vielfachen voll- lichen Erinnerungen spürbar werden, son- brachten Mordes sowie wegen Kriegsverbrechens u. a. (Massaker im Zuchthaus dern auch die Details des Alltags, die Be- Stein, April 1945) zum Tode verurteilt und 1947 hingerichtet. | Franz Blaha / Verein obachtungen im „gewöhnlichen“ Leben in für Geschichte der Arbeiterbewegung der Diktatur. Walter Winterberg wurde
Juli 2021 3 Skizze der Fundstellen der Leichen ungarisch-jüdischer Zwangsarbeiter auf der Straße zwischen Engerau und Bad Deutsch-Altenburg. Eine Kopie der Skizze ist in den Unterlagen des 5. Engerau-Prozesses (LG Wien Vg 1 Vr 99/53) enthalten. Oben: Rudolf Kronberger als Angeklagter im 1. Engerau-Prozess. Er gehörte der Wachmannschaft im Lager Engerau an und wurde im August 1945 zum Tode verurteilt. | KPÖ-Archiv Links oben: Der Arzt Rudolf Pevny war einer von mehr als 100 ungarisch-jüdischen Zwangsarbeitern, die 1945 auf dem Todesmarsch vom Lager Engerau in Richtung KZ Mauthausen umkamen. | Privatbesitz Károly Kengyel Links: Revierinspektor Johann Lutschinger | Privatbesitz Alfred Lutschinger
4 Mitteilungen 247 1924 in Wien geboren und wuchs in einer sozialdemokratischen Familie und Umge- bung auf. Er deponierte seine Memoiren zusammen mit zahlreichen Fotos und Do- kumenten im DÖW, damit sie der Nach- welt erhalten bleiben. Auszugsweise wer- den sie im Jahrbuch wiedergegeben: „Be- geisterung war nicht nur allgegenwär tig, Begeisterung musste sein“. Alltag, Verfolgung und Widerstand im Natio- nalsozialismus. Winterberg war im Innsbrucker Gestapo- Lager Reichenau und im KZ Buchenwald inhaftiert. Der vorliegende Auszug aus sei- nen Erinnerungen – Daniel Blahna gebührt der Dank für die sorgfältige Texterfas- sung – fokussiert auf seine Beobachtungen des Alltags nach dem „Anschluss“ Öster- reichs an NS-Deutschland. Winterberg erinnert sich an seine Schulzeit, an seine Kindheit im Gemeindebau, an die vielen Walter Winterberg (3. Reihe, 2. v. r.) im Gymnasium Franklinstraße begeisterten NationalsozialistInnen, die in Wien-Floridsdorf Wendehälse, aber auch die Widerständi- gen und Distanzierten. Er nennt Namen, Hintergründe, Stärken und Schwächen von Menschen in dunkelster Zeit. So zeigt sich ein Handlungsspielraum, den Menschen im Alltag damals nutzen konnten, um ihre Mitmenschen, NachbarInnen, Schulkolle- gInnen zu drangsalieren oder zu unterstüt- zen. Winterberg erinnert daran, was die Menschen damals vom Vernichtungskrieg im Osten erfuhren, zu welchen Untaten viele fähig waren und wie die Verdrän- gung von Verantwortung schon während des Krieges vonstatten ging. Herbert Brettl beschreibt in seinem Bei- trag Aspekte zur Genese und Struktur des „Zigeunerlagers“ Lackenbach das auf österreichischem Gebiet, im heutigen Burgenland, gelegene Lager. Brettl pu- Einweisung der Roma in das Lager Lackenbach | Leopold Banny, Lackenbach blizierte jüngst gemeinsam mit Gerhard Baumgartner den reich bebilderten Band in verschiedenen Lagern von Salzburg bis beachtetes Terrain. 119 ÖsterreicherInnen „Einfach weg!“ Romasiedlungen im Bur- ins Burgenland. Lackenbach war ab 1940 konnte Kanzler bisher eruieren, die sich genland über die Zerstörung der über das größte derartige Anhaltelager im Deut- zwischen 1938 und 1945 für längere oder 120 burgenländischen Romasiedlungen schen Reich. Brettl nennt Täter und deren kürzere Zeit in Albanien aufhielten, fast durch die Nationalsozialisten. Im Jahrbuch Karriereverläufe sowie die milden Urteile alle Verfolgte nach den „Nürnberger Ge- konzentriert sich der Autor auf das Lager nach dem Krieg. Er schildert das Schicksal setzen“. Das Land erlebte im 20. Jahrhun- Lackenbach, in dem Tausende Roma und der Internierten und Deportierten, benennt dert eine wechsel- und gewaltvolle Ge Romnija gefangen gehalten wurden, bevor aber auch Akte der Menschlichkeit aus der schichte: 1938 war das bitterarme Land die meisten von ihnen in die Vernichtungs- Bevölkerung. eine junge autoritär regierte Monarchie, lager im Osten deportiert wurden. 1939 wurde es von Italien besetzt, 1943 Brettl führt die sozialen und ökonomi- Dem Themenbereich Flucht und Exil wid- von Deutschland, die folgenden Jahrzehn- schen Hintergründe sowie politischen Ent- men sich mehrere Beiträge im vorliegen- te war das Land eine kommunistische scheidungen an, die die Romabevölkerung den Jahrbuch. Christine Kanzler forscht Diktatur. Die Flüchtlinge waren diesen schon vor dem „Anschluss“ an den Rand dazu seit vielen Jahren und legt nun eine bedrohlichen Wirren ausgesetzt, die ver- der Gesellschaft drängten, und skizziert Untersuchung über das Exilland Albanien hinderte Weiteremigration hat vielen von die Eskalation der Unterdrückung nach der vor: Flucht nach Albanien. Mit der zu- ihnen aber vermutlich das Leben gerettet. Machtergreifung der Nationalsozialisten, grunde liegenden Vorstudie zur namentli- Das Entkommen war so wenig planbar wie die Deportationen nach Dachau, Buchen- chen Erfassung österreichischer Emigran- das Überleben, es hing von Parametern der wald, Mauthausen und Ravensbrück sowie tInnen in Albanien 1938–1945 erarbeitete großen Politik, der Menschlichkeit Einhei- die Internierung der Zurückgebliebenen die Wissenschafterin ein bislang wenig mischer und von Zufall wie Willkür ab.
Juli 2021 5 Zur Aufarbeitung gehört zwingend auch die Abwehr der Wiederholung. Die Ar- beit des DÖW erhält auch durch den Ge- genwartsbezug Bedeutung. Liest man die ZeugInnenaussagen, die Erinnerungen an die unmenschliche Verfolgung, an die Mor de, Misshandlungen, Beraubungen, er kennt das qualitative und quantitative Ausmaß des geschehenen Unrechts, sieht man die Bilder, auch Filme, die das Ge- schehene visualisieren und noch greifba- rer machen, werden die Relativierung, die Leugnung, die Umdeutung, die Instrumen- talisierung vollends unverständlich. Dieser Verdrängung, Schuldumkehr, Verleugnung ist mit aller Entschlossenheit und Konse- quenz entgegenzutreten. Die Corona-Pan- demie befördert zusätzlich antisemitische Verschwörungstheorien ebenso wie der Konflikt im Nahen Osten Juden und Jüdin- nen in Europa antisemitischen Attacken aussetzt. Andreas Peham arbeitet seit Jahrzehnten im Bereich der Rechtsextremismus- und Antisemitismusforschung, er benennt den antimuslimischen Rassismus der Rechts- extremen ebenso wie den Antisemitismus vieler MuslimInnen und die blinden Fle- cken einer „antizionistischen“ Linken. Im Beitrag Zur Vergleichbarkeit von Anti Oben: Gedenktafel an der früheren semitismus und Rassismus präzisiert Wohndresse der Familie Peham die Begriffe des (antimuslimi- Schwarzbart, Wien-Landstraße, schen) Rassismus und Antisemitismus und Untere Viaduktgasse 21 | Andrea deren Bedeutung und Geschichte, er arbei- Hurton tet Trennendes und Gemeinsames, Unter- schiede und Ähnlichkeiten heraus. Rechts: Monika Schwarz-Friesel von der TU Friedrich Schwarzbart Ber lin veröffentlichte jüngst einige viel (1902–1945) | Yad Vashem beachtete Kommentare zur aktuellen Be- drohung durch einen immer offensiveren Antisemitismus. Angesichts der antisemi- tischen Szenen auch auf Europas Straßen und hemmungsloser Hetze in den sozia- len Medien wird im Jahrbuch Schwarz- Friesels Kommentar Antisemitismus 2.0 Andrea Hurton widmet sich dem Exil in in katholischen Klöstern unter. Wer ent- oder: Wer so denkt, mordet wieder, der Belgien, wohin rund 10.000 Österreiche- deckt wurde, wurde deportiert. Familien zuerst in der Presse erschienen ist, abge- rInnen nach dem „Anschluss“ 1938 flüch- wurden auseinandergerissen, viele in die druckt. teten, und geht den Spuren dreier Familien Konzentrations- und Vernichtungslager Peham und Schwarz-Friesel definieren nach: Verfolgung und Rettungswider- verschleppt und ermordet. den Antisemitismus als einen komplexen stand. Untergetauchte Wiener Juden Hurton beschreibt die Schicksale am historischen Prozess, der mit der Abspal- und Jüdinnen in Belgien 1940–1945: Beispiel dreier Familien aus Wien und tung zweier Religionen begann und sich drei Familiengeschichten. Auf dem euro versucht anhand von Erzählungen der zu einem Weltdeutungssystem entwickel- päischen Festland waren die Flüchtlinge Überlebenden die Angst und Not nachzu- te, das mit den konkreten Juden und Jü- nirgendwo sicher, auch in Belgien wurden vollziehen. Vom Durchgangslager Mali- dinnen und ihren Handlungen nichts zu sie im Mai 1940 von der Deutschen Wehr- nes/Mechelen wurden Hunderte Romnija tun hat, die wiederum nur oberflächlich als macht eingeholt. Wer nicht weiterfliehen und Roma und mehr als 25.000 Jüdinnen jeweilige Pseudolegitimation verwendet konnte, musste sich verstecken. Falsche und Juden – „im Alter von 39 Tagen bis werden. Die aktuell dominante Projektion, Papiere, Verstecke, Essen, Hilfe mussten 93 Jahren“ – nach Auschwitz deportiert, insbesondere auch von links und von mus- laufend organisiert werden, viele tauchten darunter 1.800 ÖsterreicherInnen. Nur we- limischer Seite, richtet sich auf den Staat bei belgischen Familien, auf Bauernhöfen, nige überlebten. Israel. Der Antisemitismus ist kein Phäno-
6 Mitteilungen 247 Der technische Beamte Alois Kaplan gehörte einer kommunistischen Zelle in der Simmeringer Waggonfabrik an. Er wurde 1942 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu 7 Jahren Zuchthaus verurteilt und war bis zur Befreiung im Zuchthaus Garsten (OÖ) inhaftiert. Den Haftalltag hielt er in Zeichnungen fest. | Sonja Kaplan / DÖW Das DÖW erhielt 2020 zahlreiche Materialien, Dokumente, Fotos, Museumsgegenstände als Schenkungen oder dauerhafte Leihgaben. Sonja Kaplan übergab Zeichnungen von Alois Kaplan aus dem Zuchthaus Garsten, Ring und Feuerzeug sowie eine Holzkassette mit Intarsien, hergestellt im Zuchthaus Garsten, und Dokumente zu Alois Kaplan. men der Rechtsextremen und beschränkte schen Exils nach, der (späten) Anerken- macht, es werden Täter und Täterinnen, sich auch nie auf sie. nung dieser Art von Regimegegnerschaft Widerstandskämpferinnen und Wider und dem Kampf um Deutungshoheit be- standskämpfer, männliche und weibliche Mit den aktuellen Medien des Rechtsex- züglich der verschiedenen Formen des Opfer benannt. „Gegendert“ wird dort, tremismus in Österreich beschäftigt sich deutschen Widerstandes. Er skizziert die wo tatsächlich Frauen und Männer be- Bernhard Weidinger in seinem Beitrag jeweils besondere Situation in der BRD teiligt waren. In Engerau beispielsweise Medien von heute für eine Zukunft von und DDR und die Entwicklung nach der waren ausschließlich Männer Opfer der gestern. Ein pu blizistisches Panorama Wende. Heute ist zumindest in Österreich Mordtaten; Frauen waren nicht in den des österreichischen Rechtsextremis- nicht präsent, wie sehr die EmigrantInnen Mordeinheiten der SS, wohl aber im Ge- mus. Spät hat die extreme Rechte in Ös- und RegimegegnerInnen nach der Befrei- folge der SS tätig. Frauen durften erst ab terreich das Internet entdeckt, mittlerweile ung (auch) in Deutschland beargwöhnt 1918/19 an der Universität Wien Jus stu- ist sie dort sehr präsent und manche ein- und angefeindet wurden. Unvorstellbar dieren; die ersten Frauen wurden 1947 schlägigen Por tale erreichen beachtliche ist, dass die Geflohenen und Hingerichte- als Richterinnen eingesetzt. Nur in die- Zugriffszahlen. Weidinger zählt Websites, ten, die in der Gegenwart für das andere ser historischen Genauigkeit sind das aber auch Zeitschriften in diesem Dunst- Deutschland stehen, noch viele Jahre und Bemühen um eine geschlechtersensible kreis auf, skizziert die jeweilige Stoßrich- Jahrzehnte nach der Befreiung als „Verrä- Darstellung und der dahinterliegende ge- tung und den rechtlichen Hintergrund. ter“ gebrandmarkt wurden. sellschaftspolitische Anspruch sinnvoll Durch die Reichweiten und die permanen- Die Diskussionen sollten nach 1989 anläss- erfüllt. te Empörungskultur sozialer Medien errei- lich der neuen Ausstellung der Gedenkstät- chen Fake News und Verschwörungsphan- te wieder aufleben. Die einen wollten den Der Tätigkeitsbericht der Projektmana- tasien unzählige NutzerInnen und bisher kommunistischen Widerstand nicht gelten gerin des DÖW Christine Schindler be- kaum erschlossene Milieus. Das Internet lassen, die anderen lehnten die Protago- schließt das Jahrbuch und zieht die Bilanz eignet sich hervorragend für die Verbrei- nisten des 20. Juli 1944 ab. Die Gedenk- eines (außer)gewöhnlichen Jahres, des- tung von Ressentiments und Verschwö- stätte Deutscher Widerstand in Berlin und sen ungewöhnliche wie auch übliche He- rungstheorien, bietet aber im Gegenteil das Dokumentationsarchiv des österrei- rausforderungen gemeistert werden muss- auch einen unerschöpflichen Zugang zu chischen Widerstandes eint seit jeher der ten. fundiertem Wissen. sachliche Zugang jenseits von parteilicher Ideologie und die Würdigung aller Wider- Der Wissenschaftliche Ko-Leiter der Ge- standsformen samt ihren Ambivalenzen. denkstätte Deutscher Widerstand Berlin Das Vergessen der Gräueltaten, der großen Peter Steinbach geht den vorangegange wie kleinen Unfreiheiten in einer Dikta- nen Themen von Exil bis zur Verleugnung, tur schadet unserer Achtung für die gute Verdrängung, Anerkennung und zum Ge- Ordnung, in der wir heute leben (dürfen). denken aus deutscher Sicht nach: „Wahn- Das ist die Essenz jeglicher Erinnerungs- frei auf sich selber stehen“. Exil und arbeit. Wider stehen – Selbstbehauptung im Gegensatz. Ohne ideologische Vorbehalte In allen Arbeiten und Schriften des DÖW geht Steinbach der Bedeutung des deut- werden Frauen und Männer sichtbar ge-
Juli 2021 7 Gerhard Ungar (1954 –2021) Das DÖW trauert um seinen langjähri- Widerstand und Verfolgung in Salzburg Besitz des Deutschen Bundesarchivs und gen Mitarbeiter Dr. Gerhard Ungar, der 1934–1945 (1991) sowie die Publikation des polnischen Roten Kreuzes fand inter- am 18. Mai 2021 verstarb. von Auszügen biografischer Interviews im national weite Beachtung und lieferte in Band Jüdische Schicksale (1993, Reihe vielen Fällen wertvolle Zusatzinformatio- Mit Gerhard Ungar verliert das DÖW Erzählte Geschichte) und betreute die Wie- nen zu einzelnen Häftlingsschicksalen für einen Mitarbeiter und Kollegen, dessen ner Fassung der Ausstellung der Stiftung die namentliche Erfassung der Holocaust Name untrennbar mit der Erfassung der Preußischer Kulturbesitz Der Kreisauer opfer und schlussendlich für die Datenba- österreichischen Holocaustopfer sowie der Kreis – Porträt einer Widerstandsgruppe sis der Namensmauern-Gedenkstätte, die Opfer politischer Verfolgung verbunden im Adolf-Czettel-Bildungszentrum. auf Anregung des Holocaustüberlebenden ist. Ohne seine profunden Kenntnisse digi- Im Rahmen seiner beruflichen Laufbahn Kurt Tutter in Wien im Ostarrichi-Park er- taler Datenverarbeitung einerseits, seiner entwickelte sich Gerhard Ungar zu einem richtet wird; im März 2021 wurde die erste Fähigkeit zur Archivrecherche andererseits anerkannten Experten für digitale Daten- Steintafel enthüllt. Ohne die Leistungen wären diese auch international hoch ge- verwaltung. Auf diesem Gebiet befand er Gerhard Ungars wäre dies nicht möglich achteten Projekte nicht möglich gewesen. sich unter den Pionieren des damals noch gewesen. Es ist nicht zuletzt sein Verdienst, dass die neuen methodischen Ansatzes historischer Auch nach seiner Pensionierung 2019 hat Namen der österreichischen Holocaust Forschung, den er in die Arbeit des DÖW Gerhard Ungar weiterhin dem DÖW sei- opfer auch in internationalem Zusammen- integrierte und im Rahmen dessen er um- ne Expertise, insbesondere im Bereich der hang von allen Interessierten, vor allem fangreiche Datenbanken mit mehreren laufenden Aktualisierung der Datenban- aber auch von den Nachkommen der Opfer hunderttausend Datensätzen erstellte – die ken, zur Verfügung gestellt. An mehreren nicht nur im DÖW, sondern beispielsweise Basis für die oben genannten Projekte. Publikationen, die von MitarbeiterInnen auch bei der israelischen Gedenkstätte Yad Insbesondere seine Kooperation mit an- des DÖW in den letzten Jahren zu Themen Vashem, auf deren Anregung dieses Pro- deren Datenbankexperten verschiedener der Holocaustforschung vorgelegt wurden, jekt zurückging, oder beim Denkmal für KZ-Gedenkstätten zwecks gegenseitigen hat er bis wenige Wochen vor seinem Tod die ermordeten Juden Europas in Berlin Informationsaustauschs sowie im Zu- durch die Erarbeitung von Detailinforma- abgerufen werden können. sammenhang mit der Digitalisierung von tionen zu Deportierten, Ermordeten und Als promovierter Historiker bearbeite- 144.000 Karteikarten des Wirtschaftsver- Überlebenden unermüdlich mitgewirkt. te Gerhard Ungar am DÖW unter an- waltungshauptamts der SS zum Zwangs- derem die zweibändige Dokumentation arbeitseinsatz von KZ-Häftlingen aus dem NEUES VON GANZ RECHTSN eine patriotische Wende hat“. Er erkenne Zeiten die richtige Entscheidung zu tref- Herbert Kickl: „die Probleme und inneren Widersprüche fen. [...] Herbert Kickl ist derjenige [...] Stimmen von rechtsaußen des liberalen säkularen Rechtsstaates und der uns allen Hoffnung gegeben hat, dass seine Wehrlosigkeit gegen die ethnoreli- man doch noch etwas ändern könnte. Er giöse Unterwanderung“ und wolle diese war der beste Innenminister aller Zeiten.“ 5. Juni 2021 Probleme beheben, wie etwa seine Kritik Martin Sellner, Führerfigur der Identi- an der Europäischen Menschenrechtskon- 15. April 2021 tären Bewegung Österreich (IBÖ) und vention (EMRK) zeige. Sellner weiter: Heinz-Christian Strache konstatiert in nunmehr von deren Nachfolgeorga- „Diese seltene Paarung von Strategie und einem TV-Auftritt zur Lage der FPÖ: nisation Die Österreicher, bezeichnet ganzheitlichem Blick sowie Talent für das „Den einzigen [sic!], den man sieht Poli- Herbert Kickl in einem Posting auf Tele- Symbolische und den Showeffekt hat kaum tik machen, und der eine Position hat [...], gram als den „ideale[n] Rechts- und Op- ein Politiker sonst in Europa und Herbert wer eine Linie hat, das ist der Herbert positionspolitiker“ und veröffentlicht ein Kickl vereint sie in sich. Er hat eine Vision, Kickl.“ Video erneut, in dem er zu den National- einen Traum und er ist intelligent, fleißig ratswahlen 2019 um Vorzugsstimmen für und realistisch genug, ihn im Rahmen des Anfang April 2021 Kickl geworben hatte. In diesem Video be- Möglichen konkret Schritt für Schritt um- In der rechtsextremen Zeitschrift Info- zeichnete Sellner Kickl als „den besten le- zusetzen.“ Freilich sei auch Kickl „kein DIREKT heißt es: „Herbert Kickl, der benden patriotischen Politiker“ überhaupt. Übermensch“, doch durch seinen von einzige Oppositionspolitiker, der in allen Kickl weigere sich, Distanzierungen von „Dis ziplin, Askese, Routine und Fleiß“ Punkten kantig und bestimmt auftritt“. Rechtsextremen oder deren Terminologie geprägten Lebensstil unbestechlich und vorzunehmen. Er habe eine „klare Weltan- nicht erpressbar. Kurz, ein „Ausnahmepo- 6. März 2021 schauung“ und sei in der Lage, „die gro- litiker, und wir dürfen uns glücklich schät- Stefan Magnet, rechtsextremer Publizist ßen Zusammenhänge und wichtige identi- zen, dass wir in diesen dürftigen Zeiten und ehemaliger Kader des Bundes freier täre Verständnisse in einer griffigen Spra- einen solchen Mann in der Spitzenpolitik Jugend (BfJ), schreibt auf Telegram: che“ zusammenzufassen. Auch sei Kickl haben“. Er, Sellner, glaube, „dass nur „Ex-Innenminister Kickl redet Klartext bei „einer der wenigen Politiker, der [sic!] Herbert Kickl den Weitblick und die not- der Freiheitsdemo in Wien. Die internatio einen langfristigen strategischen Plan für wendige Härte hat, um in diesen harten nale Clique hätte die Welt noch im Griff.
8 Mitteilungen 247 Doch der Widerstand ist jetzt in Österreich ser sei „der beste Innenminister, den wir bei seinen Kollegen mit der Lupe zu suchen erwacht. Und wir brauchen endlich einen je hatten“. Auf seine Frage hin, wer Kickl und nicht zu finden sind.“ Kanzler, der den Mut zur Wahrheit und zur bei der Nationalratswahl 2019 mit einer Souveränität hat!“ Vorzugsstimme bedacht habe, heben nach Juli/August 2019 Sellners Zählung rund 400 Anwesende die In der neonazistischen deutschen Zeit- 31. Jänner 2021 Hand, was in etwa der Gesamtteilnehmer- schrift N.S. Heute wird der österreichische Auf der Großdemonstration in Wien ge- zahl der Demonstration entspricht. Die Neonazi-Kader Gottfried Küssel nach gen die Corona-Pandemiebekämpfung der rund 75.000 Vorzugsstimmen für Kickl seiner Meinung zur FPÖ befragt und führt Bundesregierung zeigen Die Österreicher zieht Sellner als Maßstab für den „har- aus: „Der einzige in der ganzen FPÖ, der ein Banner mit der Aufschrift „KURZ te[n] Kern von Österreichs Patrioten“ he- politisch denkt, ist der Kickl. Der Rest sind WEGKICKLN“. ran. Diese 75.000 würden „genauso den- – im übertragenen Sinne – die Schweine, ken wie wir“. die zum Trog rennen. Die haben ihre Welt 29. Jänner 2021 anschauung doch schon tausendmal über Martin Sellner konstatiert im Online-Ge- Dezember 2019 Bord geworfen. [...] Der Kickl kann das, spräch mit Michael Scharfmüller (Info- In der Deutschen Stimme, Organ der der sitzt als Innenminister an der übels- DIREKT, ehemals BfJ) angesichts der An- neonazistischen Nationaldemokratischen ten Stelle und schafft es, die Dinge, die er kündigung Kickls, an der Demonstration Partei Deutschlands (NPD), zeigt sich machen will, auch umzusetzen. Er macht am 31. Jänner teilzunehmen, „fast schon ein Leserbriefschreiber enttäuscht über jedenfalls das, was ihm möglich ist.“ eine revolutionäre Situation, im Rahmen das Aus der Regierung Kurz-Strache, da des Parlamentarismus. [...] Die FPÖ wen- damit auch Herbert Kickl aus seinem Re- August 2018 det sich vom Parlamentspatriotismus ab gierungsamt scheiden musste: „In der Tat In der Deutschen Stimme freut der deut- und unterstützt stattdessen die Bewegung war bzw. ist er ein absolut fähiger Mann, sche Neonazi Jürgen Gansel sich über aus dem Parlament.“ Dieser Schritt zeige, den, hätte er früher gelebt, ein Bismarck die entstehende „zuwanderungskritische wer die Alternative zu Sebastian Kurz sein oder Friedrich der Große möglicherwei- Achse Rom – Wien“. Wie Salvini in Ita könne, „nämlich der Kickl. Ich sage Kurz se in ihre Kabinette geholt hätten.“ Die lien zeige auch Österreich „klare Kante“: wegkickln.“ „nationale Opposition“ in Österreich ruft auf Betreiben von Innenminister Kickl sei der DS-Leser auf, „noch stärker [zu] for „eine nochmalige Verschärfung des ohne- 2020 dern, anstelle von Apparatschiks Fachleu- hin schon strengen Fremdenrechtsgeset- In der rechtsextremen Zeitschrift gegen- te von Kicklschem Format an die Spitze zu zes“ erfolgt. ARGUMENT wird ausgeführt: „Keiner setzen“. schreibt bessere Reden als Herbert Kickl, Mai/Juni 2017 keiner provoziert den politischen Geg- Oktober 2019 Ein Artikel in der rechtsextremen Aula ner und polarisiert so geschickt wie er.“ In der Deutschen Stimme, dem Organ der fordert die FPÖ auf, „den rhetorischen Als Innenminister sei er „eine der besten neonazistischen Nationaldemokratischen Pendelschwung“ der politischen Debatte Personalentscheidungen der vergangenen Partei Deutschlands (NPD), schreibt der nach rechts „zu verstärken, indem man – Jahrzehnte“ gewesen. österreichische Rechtsextremist Konrad wie FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl Windisch: „Der fähigste Innenres- im August 2015 auch forderte – an ‚die 3. Oktober 2020 sort-Chef, den die Republik je hatte, war Wurzel des Problems‘“ gehe und „die Im Rahmen einer Demonstration von Die FPÖ-Innenminister Kickl. [...] Der Mann ‚Menschenrechte‘ in ihre Einzelteile [zer- Österreicher in Wien kommt Sellner als war bzw. ist korrekt, unbestechlich, ein- legt]”. Redner auf Herbert Kickl zu sprechen: die- fallsreich, hatte also Eigenschaften, wie sie „Das Liebste aber ist mir ein Luftschloss“ – Albert Seifert (1921–1944) Ein „Luftschloss“, wie es Albert Seifert während seiner Haft vorschwebte – ein Häuschchen, in dem er mit Eltern, Ehefrau und Kindern leben wollte –, haben sich so oder ähnlich wohl viele Gefangene vorgestellt. Nichts „Außergewöhnliches“, wie er seiner Mutter schrieb, ein „normaler“ Alltag im Kreis der Familie – für Seifert, der dem Kommunistischen Jugendverband (KJV) angehört hatte und deshalb im Oktober 1943 zum Tode verurteilt worden war, blieb dies allerdings unerreichbar. „Als radikalste Gruppe kann zweifellos der KJV angesehen werden“, heißt es im Schlussbericht über die Gebietsorganisation der KPÖ und des KJV Himberg und Umgebung (30. 1. 1943); aufgezählt werden Aktivitäten wie Herstellung und Verbreitung von Flugblättern und Streuzetteln, geplante Sabotageakte, Unterwanderung der Hitler-Jugend u. Ä. Entsprechend hart und kompromisslos war die Ver- folgung und nicht nur Spitzen- und leitende FunktionärInnen des KJV mussten unter dem NS-Regime mit der Todesstrafe rechnen, sondern auch im lokalen Rahmen tätige KJV-Angehörige wie der Drehergehilfe Albert Seifert aus Gramatneusiedl (NÖ, damals Teil des 23. Wiener Gemeindebezirks). Seifert, am 8. Mai 1921 in Ebergassing ge- überbrachte Mitgliedsbeiträge, gab Flug- ger Gruppe. So erfuhr er im Sommer 1941 boren und in einem sozialdemokratischen schriften weiter und nahm an Schulungs- von der Sammlung von Zelluloidabfällen Elternhaus aufgewachsen, war vom Som- treffen teil. Im März 1941 zog sich Seifert zur Herstellung von Brandplättchen und mer 1939 bis 1941 Verbindungsmann zwi- aufgrund von Heiratsplänen aus der politi- beteiligte sich an dieser Aktion. Einzelne schen den KJV-Gruppen in Ebergassing schen Arbeit zurück, hatte aber weiterhin Mitglieder der KJV-Gruppe Ebergassing und Mitterndorf a. d. Fischa/Mariental; er Kontakt zu Angehörigen der Ebergassin- hatten sich ab dem Frühjahr 1941 – nach
Juli 2021 9 Aufforderung seitens der Wiener Leitung unter Ausnutzung der Kriegslage die in- danken und Erinnerungen banne ich mei- – Waffen (eine Pistole, ein Gewehr, Muni nere Front der Heimat zu unterhöhlen, um nen Geist, damit ich mich nicht in Grauen tion, Schießpulver und zwei Handgrana- dadurch dem bolschewistischen Todfeind und Angst verzehre. Was ja hier nichts aus- ten) beschafft. Als nach der Aufdeckung zum Siege zu verhelfen“. Und weiter wird sergewöhnliches wäre. […] Vom sterben der zentralen KJV-Leitungsorgane im ausgeführt: „Da schwerere Folgen ihrer fürchte ich mich schon längst nicht mehr. Sommer 1942 die Verbindung zur Wiener Taten nicht auszuschließen waren, muss- Und meine Eigenschaft, im Traume zu Stadtleitung abbrach und auch in Ebergas- ten sämtliche Angeklagten zu der vom lachen, habe ich auch hier nicht verloren. sing Hausdurchsuchungen und Festnah- Gesetze (§ 91 b Abs. 1 StGB) angedroh- [...] Aber auch bei Tag herrscht in unserer men drohten, übernahm Seifert einen Teil ten Todesstrafe verurteilt werden, ohne Zelle nie Trübsal, da sorg schon ich dafür. der Waffen und versteckte ihn. dass ihren Geständnissen und ihrer zum [...] Das liebste aber ist mir ein Luftschloß, Im Herbst 1942 erfasste die Verhaftungs- Teil bescheinigten guten Führung bei der das zwar nur ein kleines Zweifamilienhaus welle auch die Mitglieder des KJV Eber- Wehrmacht ausschlaggebende Bedeutung ist, aber in meiner Phantasie zum Paradie- gassing. Seifert, zu diesem Zeitpunkt zur beigemessen werden konnte.“ se wird. Jeden Tag beschäftige ich mich Deutschen Wehrmacht eingerückt und Albert Seifert wurde am 10. Mai 1944, und verträume damit auf das schönste die Vater eines kleinen Sohnes, wurde eben- zwei Tage nach seinem 23. Geburtstag, im Zeit. Da habe ich im Geiste schon das Haus falls festgenommen und im November Landesgericht Wien hingerichtet. Noch am gebaut, eingerichtet, weis ganz genau wie 1942 nach Wien überstellt. Am 8. Oktober 8. Mai hatte er seiner Mutter geschrieben die Möbel in den einzelnen Zimmer stehn, 1943 wurde er gemeinsam mit vier An- und ihr sein „Luftschloss“ geschildert: wieviele Bäume im Garten sind und der gehörigen des KJV Ebergassing – Wladi- Hasenstall ausschaut. Auch ein Schwein- mir Kubak (1921–1944), Anton Watzek „Oft erinnere ich mich an die Zeit wo ich chen höre ich quieken und Kinder lachen. (1924–1944), Erich Navratil (1924–1944) noch bei ‚Albrecht’ war. An die kurze Mit- Und in diesem Häuschen wohnt ihr, Du und Oswald Smatlak (1924–1944) – vom tagspause. Wo das Essen schon am Tische und Vater, mit uns. Ja liebe Mama, mit sol- Volksgerichtshof wegen „Vorbereitung stand wenn ich kam und die Zeitung lag cher kindischer Träumerei verschöner ich zum Hochverrat“ und „Feindbegünsti- daneben. Und wo wir immer noch die Zeit mir das Dasein. Könnte es nicht Wahrheit gung“ zum Tode verurteilt. Nach der ty- fanden, über dieses und jenes zu plaudern. werden?“ (Zitat in Originalorthografie) pischen NS-Diktion waren alle „bestrebt, Denkst Du noch daran? Mit solchen Ge- Oben: Albert Seifert, 1943 zum Tode verurteilt und 1944 im Landesgericht Wien hingerichtet | DÖW Rechts: Letzte Nachricht Albert Seiferts aus der Haft | Privatbesitz (Kopie im DÖW)
10 Mitteilungen 247 REZENSIONENN Eltern nach Wien, wo sie als Dolmetsche- nen befand sich der Schriftsteller Wassilij Arnautović, Ljuba: Junischnee. Roman. rin und Rundfunkjournalistin arbeitete. Grossmann, der seit Beginn des Krieges Wien: Zsolnay Verlag 2021. 192 S. Obwohl die literarische Ausgestaltung die- als Kriegsberichterstatter arbeitete. ser komplizierten und bewegenden Fami- Grossmann berichtet über die schlecht ver- 2018 gelang Ljuba Arnautović mit ihrem liengeschichte auch fiktional ist, orientiert wischten Spuren des Massenmordes, die er Erstlingsroman Im Verborgenen ein Über- sich Arnautović streng am zeitgeschicht- dort entdecken konnte, all die „Knochen raschungserfolg. Mit ihrem zweiten Buch lichen Hintergrund. Neben dem Nachlass splitter, Zähne […] Hemden, Hosen, Schu- Junischnee kann sie an diesen Erfolg naht- ihres Vaters stützt sie sich auch auf um- he […] Kinderschuhchen mit roten Pom- los anknüpfen. Erneut behandelt sie darin fangreiche Archivrecherchen. Die Prota- pons […] Haare“, die aus „der berstenden ihre Familiengeschichte, die mit den gro- gonistInnen agieren demgemäß mit ihren Erde kriechen“. (S. 74) ßen Wendungen des 20. Jahrhunderts – mit realen Namen. Gegenüber vergleichbaren Bis auf diese Zeugnisse der Verbrechen der Geschichte der österreichischen Ar Büchern von Nachgeborenen, die an eine war schon damals vom eigentlichen Lager beiterInnenbewegung, des Nationalsozia- politisch-moralische Anklage erinnern (ich nicht mehr viel vorhanden. Das Vernich- lismus und Kommunismus – verwoben ist. denke etwa an Peter Stephan Jungks ro- tungslager (Treblinka II) war schon einige Im Verborgenen war die Geschichte von manhafte Biografie über die Kommunistin Zeit davor aufgelöst und seine Spuren von Eva und Walter Baumgarten, der Groß- Edith Tudor-Hart), gelingt Arnautović ein der deutschen Lagerverwaltung beseitigt mutter von Ljuba Arnautović und jenes großer emphatischer Wurf, distanziert und worden. Dort, wo sich einst das Todeslager jüdischen Mannes, den sie in den Jahren einfühlsam zugleich. Ungekünstelt, ohne befunden hatte, war ein Bauernhof einge- der nationalsozialistischen Diktatur als jede Sentimentalität oder falsches Pathos, richtet worden. Das ganz in der Nähe lie- „U-Boot“ versteckt hielt, um ihn vor der komponiert sie in 33 lose verbundenen Ka- gende Arbeitslager (Treblinka I) war kurz drohenden Deportation in den Osten – und piteln die entbehrungsreichen Lebenswege vor dem Eintreffen der sowjetischen Trup- damit vor der Vernichtung – zu retten. In ihrer Eltern. Das Streben ihrer Vorfahren pen geräumt worden. Junischnee steht die Geschichte von Karl nach einer besseren Welt wird von Ljuba Dabei war das, was Grossmann zu Gesicht Arnautović, des Vaters der Autorin, im Arnautović ernst genommen und nicht als bekam, einer der zentralen Orte des Holo Mittelpunkt, der als Schutzbundkind in die Verirrung abgetan. caust gewesen. In der Zeit seiner Exis- Sowjetunion kam und erst Jahrzehnte spä- Da zumindest ein leiser Kritikpunkt nicht tenz zwischen Juli 1942 und August 1943 ter nach Österreich zurückkehrte. fehlen sollte, sei zuletzt die im Klappen- fanden hier etwa 900.000 Menschen den Nach den Februarkämpfen des Jahres 1934 text zu lesende Feststellung hinterfragt, Tod. und der Niederlage der österreichischen dass die Mutter ihre Söhne 1934 „vor den Aus den Eindrücken, die Grossmann bei ArbeiterInnenbewegung flüchtete Karl Nationalsozialisten“ – und nicht vor dem seinem Besuch sammelte, entstand sein Kafka, der Vater von Karl Arnautović, in austrofaschistischen Regime – in Sicher- Bericht treblinskij ad / Die Hölle von die Tschechoslowakei und von dort weiter heit brachte. Diese Fehleinschätzung, die Treblinka. Im November 1944 erschien nach England. Die beiden Kinder, Karl und dem Verlag – und nicht der Autorin – an- Grossmanns Darstellung in einer Zeit- sein älterer (Halb-)Bruder Slavko, fanden zulasten ist, hat unhinterfragt Eingang in schrift der Roten Armee. Ein Jahr später aufgrund einer Hilfsaktion der Internatio- mehrere der bisher erschienenen Rezen wurde daraus eine Broschüre, die weite nalen Roten Hilfe (MOPR) Aufnahme in sionen gefunden. In einem Interview hat (auch internationale) Verbreitung fand. der Sowjetunion. Die Mutter, Eva (damals die Autorin verraten, bereits am dritten Teil Schon 1946 erschien sie (als eine von Arnautović, spätere Baumgarten), blieb ihrer Familiengeschichte zu schreiben. mehreren Varianten) im Moskauer Verlag zunächst in Wien, wurde nach mehreren Manfred Mugrauer für fremdsprachige Literatur auf Deutsch. Monaten Polizeihaft in die Tschechoslo- Nun erfolgt auf Basis dieser Ausgabe eine wakei ausgewiesen und kehrte 1940 nach Neuauflage in der Studienreihe des Wiener Wien zurück. Beide – Karl Kafka und Eva Wassilij Grossmann: Die Hölle von Wiesenthal Instituts für Holocaust-Stu- Arnautović – waren in der KPÖ engagiert. Treblinka. Mit einer Einleitung von dien (VWI). Der ursprüngliche Text Die Kinder konnten sich zunächst auf der Dieter Pohl und einem Nachwort Grossmanns wird dabei eingerahmt von Krim erholen und wurden dann in einem von Irina Scherbakova (= Studien- einer Einleitung des Historikers Dieter Kinderheim der MOPR in Moskau unter- reihe des Wiener Wiesenthal Instituts Pohl, der das Werk kenntnisreich in seinen gebracht. 1939, kurz vor Kriegsbeginn, für Holocaust-Studien, Bd. 5). historischen Kontext bettet, sowie einem wurde das Kinderheim geschlossen. Wäh- Wien–Hamburg: new academic aufschlussreichen Nachwort von Irina rend Slavko Arnautović 1941 wegen „anti press 2020. 102 S. Scherbakova, die sich der literarischen sowjetischer Agitation“ verhaftet wurde und politischen Biographie Grossmanns und 1942 in der Haft starb, überlebte sein Im Sommer 1944 hatte die Rote Armee auf und des Schicksals seiner Werke in der po- 1943 verhafteter Bruder Karl mit viel ihrem Vormarsch nach Westen den Osten litischen und kulturellen Atmosphäre der Glück die Lagerhaft. Im Roman wird seine Polens erreicht. Am 18./19. August stießen stalinistischen (und nachstalinistischen) Geschichte mit jener von Nina Botscha- die sowjetischen Truppen auf das Gelände Sowjetunion widmet. rowa verflochten, der in Kursk geborenen des ehemaligen Vernichtungslagers Treb- Seine Chronik von Treblinka beginnt Mutter der Autorin. Die beiden lernten linka vor. Grossmann mit der Schilderung des All- sich noch im Lager kennen und heirateten. Schon kurze Zeit später, Anfang Septem- tags im Arbeitslager (Treblinka I). Der Ljuba Arnautović wurde 1954 geboren, ber, machte sich eine kleine Gruppe so- Terror, die Gewalt und die Demütigungen ein Jahr nach der Entlassung ihres Vaters wjetischer Offiziere auf, um den Ort des im Arbeitslager bilden in der Beschreibung aus der Lagerhaft. Sie kam 1956 mit ihren Massenmordes zu inspizieren. Unter ih- Grossmanns nur das Präludium für die
Juli 2021 11 „hundertfach grauenhaftere“ (S. 32) Rea- fasst Grossmann sein Anliegen zusammen. Dabei ist die Arbeit auf die Parteien kon- lität des nahen Vernichtungslagers (Treb- „Und die Bürgerpflicht des Lesers“, fährt zentriert und nimmt einen europäischen linka II). Den unmenschlichen Abläufen, er fort, „ist es, sie zu erfahren.“ (S. 64) Vergleich vor. Gerade dadurch gelingt es der unvorstellbaren Grausamkeit und der Peter Angerer den Autoren, die entsprechenden Innova- Technik des Massenmordes in Treblinka tionen gut herauszuarbeiten. Ihre Betrach- gilt das Hauptaugenmerk Grossmanns. tung richtet sich dabei auf die Ideologien Dabei stützt er sich auf die „Erzählungen Backes, Uwe, Patrick Moreau: Europas und Programme. Deutlich wird etwa, dass lebender Zeugen“ und die „Aussagen von moderner Rechtsextremismus. Ideolo sich der modernere Rechtsextremismus Leuten, die in Treblinka vom ersten Tag gien, Akteure, Erfolgsbedingungen und eher muslimenfeindlich und der traditio- der Einrichtung […] gearbeitet haben“ Gefährdungspotentiale. Göttingen: nelle Rechtsextremismus eher judenfeind- (S. 35), sowie auf die ihm zugänglichen Vandenhoeck & Ruprecht 2021. 133 S. lich orientieren. Auch Aspekte wie Anti- ersten Analysen und Untersuchungen zu imperialismus und Querfront werden als den Verbrechen der Nationalsozialisten. Man kann den gegenwärtigen Rechtsextre- Handlungsfelder thematisiert. Und dann Und auch wenn Jahrzehnte historischer mismus nicht analysieren, wenn man nicht ist auch die Bedeutung der Corona-Frage Auseinandersetzungen neuere und genau- auch seine Modernisierung berücksichtigt. für das gemeinte politische Lager wichtig. ere Fakten und Daten hervorgebracht ha- Dieser Auffassung sind auch die beiden Dem folgt ein Blick auf die Erfolgsbilanz, ben und manche Aussagen Grossmanns Extremismusforscher Uwe Backes und wobei es primär um die Europawahlergeb- revidieren, bleibt sein Bericht, angesichts Patrick Moreau, die dazu das Buch Euro- nisse von 2019 geht. Darüber hinaus wären der Faktenlage von 1944, erstaunlich ge- pas moderner Rechtsextremismus. vorge- noch Einschätzungen zu anderen Reso- nau und präzise. Manchmal durchbrechen legt haben. nanzen interessant: Gibt es zwischen den Sprachbilder voller Poesie und Pathos den Darin wird der Begriff „Modernisierung“ demokratischen mit den hier gemeinten fakten- und dokumentenbasierter Duktus verständlicherweise formal verstanden. Parteien politische Kooperationen? Sind der Darstellung. Stil und Gestus des Textes Es geht nicht um die Behauptung, wonach sie oder könnten sie Koalitionspartner auf verraten dabei die menschliche Empörung es eine Demokratisierung oder Verbesse- Regierungsebene sein? Werden sie gesell- und das Entsetzen des Autors. rung gegeben habe. Gemeint sind primär schaftlich als „normale Parteien“ wahrge- Bemerkenswert an dem Text Grossmanns Anpassungen an gesellschaftliche Verän- nommen. ist auch, dass er sich nicht scheute, der derungen, die für eine strategische Lernfä- Und dann geht es noch ausführlicher um sowjetischen Öffentlichkeit Treblinka als higkeit des gemeinten politischen Lagers die Erfolgsbedingungen, wobei die Ana- dezidiert „jüdisches Lager“ (S. 29) zu prä- sprechen. Darüber wird immer mal wieder lysekriterien Politische Nachfrage, Politi- sentieren. Damit setzte er sich in Gegen- in Andeutungen spekuliert, eine systema- sche Gelegenheiten und Politische Ange- satz zu seinen Schriftsteller- und Journalis- tische Betrachtung zu eben den Moderni- bote für einen Vergleich genutzt werden. tenkollegen und der herrschenden Vorgabe sierungspotentialen fehlte bislang. In diese Auch hier erlaubt der länderübergreifende des Regimes. Anfang der 1940er-Jahre Lücke stoßen die beiden Politikwissen- Blick besondere Erkenntnisse, die Bedin- begann sich in der Sowjetunion eine anti schaftler. Sie wollen damit neue Analyse- gungsfaktoren wie Spezifika deutlich ma- semitische Kampagne abzuzeichnen. Die optionen aufzeigen, sowohl zu den Posi chen. Die Autoren lassen sich dabei nicht vom Regime angestoßenen Schikanen und tionen wie zur Strategie. leichtfertig von nur scheinbaren Zusam- Sanktionen gegen Jüdinnen und Juden Am Beginn ihrer Betrachtungen stehen menhängen täuschen, sondern verzichten wuchsen sich im Laufe der kommenden Definitionsprobleme, denn das Gemeinte auf einfache Erklärungen, wenn die Sach- Jahre in eine ausgedehnte Aktion gegen muss auch mit einer konkreten Nennung lage solche eben nicht möglich macht. Da- den jüdischen „Kosmopolitismus“ aus, der verbunden sein. Und hier geraten die Be- rüber hinaus geben sie bei den Ausführun- zahlreiche jüdische Intellektuelle, Kunst- griffe doch etwas durcheinander. Das gen zu den Deutungen immer einen klei- schaffende und Ärzte zum Opfer fielen. Buch spricht von modernem „Rechtsextre nen Überblick, der Forschungsergebnisse Ein erstes Anzeichen dieser Politik mani- mismus“ im Titel. Meist wird aber die Be- und -kontroversen thematisiert. Insofern festierte sich etwa in der Weigerung des zeichnung „Rechtsradikale“ verwendet. hat man es auch mit einer guten Einfüh- stalinistischen Regimes, den jüdischen Ersteres steht für eine dezidiert antide- rung zu tun, die durch die Differenzierung Opfern der Nationalsozialisten einen wie mokratische Auffassung, „Rechtsradika- von Einflussfaktoren und damit durch die auch immer gearteten Sonderstatus zu- le“ soll einen Standpunkt zwischen Fa- Nennung von Untersuchungskriterien wei- zuerkennen. Diese antisemitische Politik schismus und Konservativismus erfassen terführend wirkt. Ansonsten merkt man des Stalinismus der 1940er- und frühen und sich für einen länderübergreifenden immer wieder die jahrelange Beschäfti- 1950er-Jahre – Irina Scherbakova macht Vergleich besser eignen. Dann ist aber gung mit dem Thema, welche auch in der im vorliegenden Band darauf aufmerk- auch von einer „weichen Form“ des Ex- Aufmerksamkeit für Besonderheiten in sam – hat auch das Schreiben und Publizie- tremismus die Rede, was ja dann wieder den jeweiligen Ländern deutlich wird. ren Grossmanns wesentlich mitbestimmt. für die Bezeichnung „Extremismus“ als Armin Pfahl-Traughber Grossmanns Bericht über Treblinka (und antidemokratische Strömung sprechen sein Schicksal als jüdischer Autor in der würde. Es kann ja hierfür unterschiedliche An der Herstellung dieser Nummer wirkten mit: Sowjetunion) werden so auch zum Beleg Intensitätsgrade geben. So wäre das hier Peter Angerer, Gerhard Baumgartner, Eva Kriss, Manfred Mugrauer, Armin Pfahl-Traughber, Christine Schindler, über den Umgang der Sowjetunion mit Gemeinte ein neuerer Rechtsextremismus, Bernhard Weidinger. dem Holocaust. Primär aber bleibt es ein während etwa neonazistische Gruppierun- Impressum: Verleger, Herausgeber und Hersteller: Do wichtiges Zeitdokument für die Wahrneh- gen für den traditionellen Rechtsextremis- kumentationsarchiv des österreichischen Widerstan des, Wipplingerstraße 8 (Altes Rathaus), 1010 Wien; mung und Bestimmung eines der zentralen mus stehen würden. Blendet man indessen Redaktion ebenda (Christa Mehany-Mitterrutzner, NS-Vernichtungsorte. diese Begriffsproblematik aus, werden Tel. 22 89 469/322, E-Mail: christa.mehany@doew.at; Sekretariat, Tel.: 22 89 469/319, E-Mail: office@doew.at; „Von einer furchtbaren Wahrheit zu be- zutreffend die Modernisierungsbereiche web: https://www.doew.at). richten ist die Pflicht des Schriftstellers“, aufgearbeitet.
Ich bestelle folgende Publikationen: Kombiangebot Wieder erhältlich Gedenken und Mahnen in Wien, Gedenkstätten zu Widerstand Jakob Rosenberg / Georg Spitaler, Grün-weiß unterm Haken- und Verfolgung, Exil, Befreiung. Eine Dokumentation, hrsg. v. kreuz. Der Sportklub Rapid im Nationalsozialismus, hrsg. v. DÖW, Wien 1998 SK Rapid und DÖW, Wien 2011, 303 S., Euro 18,99 Gedenken und Mahnen in Wien. Ergänzungen I, Wien 2001. ... Stück Euro 13,– (statt Euro 15,–) ... Stück „Vor unserem Herrgott gibt es kein unwertes Leben“. Die Pre- Institut Theresienstädter Initiative / DÖW (Hrsg.) Theresienstäd- digt von Diözesanbischof Michael Memelauer bei der Silvester ter Gedenkbuch. Österreichische Jüdinnen und Juden in There andacht am 31. Dezember 1941 im Dom zu St. Pölten, hrsg. v. sienstadt 1942–1945, Prag 2005, 702 S., Euro 29,– ... Stück DÖW u. Diözesanarchiv St. Pölten, St. Pölten 2017, 42 S., Euro 5,– ... Stück Herbert Exenberger / Heinz Riedel, Militärschießplatz Kagran, Wien 2003, 112 S., Euro 5,– ... Stück Zeithistoriker – Archivar – Aufklärer. Festschrift für Winfried DÖW, Katalog zur permanenten Ausstellung. Wien 2006, R. Garscha, hrsg. v. Claudia Kuretsidis-Haider u. Christine 207 S., 160 Abb., Euro 24,50 ... Stück Schindler im Auftrag des DÖW u. der Forschungsstelle Nach- kriegsjustiz, Wien 2017, 500 S., Euro 19,50 ... Stück DÖW, Catalog to the Permanent Exhibition, Wien 2006, 95 S., über 100 Abb., Euro 14,50 ... Stück Claudia Kuretsidis-Haider, Österreichische Pensionen für jüdi sche Vertriebene. Die Rechtsanwaltskanzlei Ebner: Akteure – Forschungen zum Nationalsozialismus und dessen Nachwir- Netzwerke – Akten, hrsg. v. DÖW, Wien 2017, 319 S., Euro 19,50 kungen in Österreich. Festschrift für Brigitte Bailer, hrsg. vom ... Stück DÖW, Wien 2012, 420 S., Euro 19,50 ... Stück Forschungen zu Vertreibung und Holocaust, Jahrbuch 2018, Barry McLoughlin / Josef Vogl, „... Ein Paragraf wird sich hrsg. v. DÖW, Wien 2018, 382 S., Euro 19,50 ... Stück finden“. Gedenkbuch der österreichischen Stalin-Opfer (bis 1945), hrsg. v. DÖW, Wien 2013, 622 S., Euro 24,50 ... Stück Herwig Czech / Wolfgang Neugebauer / Peter Schwarz, Der Krieg Florian Freund, Die Toten von Ebensee. Analyse und Dokumen- gegen die „Minderwertigen“. Zur Geschichte der NS-Medizin in tation der im KZ Ebensee umgekommenen Häftlinge 1943–1945, Wien / The War against the “Inferior.” On the History of Nazi Braintrust, Verlag für Weiterbildung 2010, 444 S., Euro 29,– Medicine in Vienna. Katalog zur Ausstellung in der Gedenkstätte ... Stück Steinhof im Otto-Wagner-Spital der Stadt Wien, hrsg. v. DÖW, Wien 2018, 243 S., Euro 25,– ... Stück Wolfgang Neugebauer, The Austrian Resistance 1938–1945, Edition Steinbauer 2014, 336 S., Euro 22,50 ... Stück Claudia Kuretsidis-Haider / Rudolf Leo, „dachaureif“. Der Ös- terreichertransport aus Wien in das KZ Dachau am 1. April 1938. Wolfgang Neugebauer, Der österreichische Widerstand 1938–1945, Biografische Skizzen der Opfer, hrsg. v. DÖW u. Zentraler öster- überarb. u. erw. Fassung, Edition Steinbauer 2015, 351 S., Euro 22,50 reichischer Forschungsstelle Nachkriegsjustiz, Wien 2019, 344 S., ... Stück zahlr. Abb., Euro 25,– ... Stück Rudolf Agstner / Gertrude Enderle-Burcel / Michaela Follner, Deportation und Vernichtung – Maly Trostinec. Jahrbuch 2019, Österreichs Spitzendiplomaten zwischen Kaiser und Kreisky. hrsg. v. DÖW, Wien 2019, 359 S., Euro 19,50 ... Stück Biographisches Handbuch der Diplomaten des Höheren Auswärti- gen Dienstes 1918 bis 1959, Wien 2009, 630 S., Euro 29,90 Widerstand und Verfolgung in der Steiermark. ArbeiterInnen- ... Stück bewegung und PartisanInnen 1938–1945. Mit einer Einführung v. Heimo Halbrainer, hrsg. v. DÖW, CLIO 2019, 760 S., 150 Abb., Fanatiker, Pflichterfüller, Widerständige. Reichsgaue Nieder- Euro 25,– ... Stück donau, Groß-Wien, Jahrbuch 2016, hrsg. v. DÖW, Wien 2016, 412 S., Euro 19,50 ... Stück Nisko 1939. Die Schicksale der Juden aus Wien, Jahrbuch 2020, hrsg. v. Christine Schindler im Auftrag des DÖW, Wien 2020, 80 Jahre Internationale Brigaden. Neue Forschungen über 447 S., Euro 19,50 ... Stück österreichische Freiwillige im Spanischen Bürgerkrieg, hrsg. v. DÖW u. Vereinigung österreichischer Freiwilliger in der Spani- Verfolgung und Ahndung, Jahrbuch 2021, hrsg. v. Christine schen Republik 1936–1939 und der Freunde des demokratischen Schindler im Auftrag des DÖW, Wien 2021, 358 S., Euro 19,50 Spanien, Wien 2016, 157 S., Euro 12,50 ... Stück ... Stück Name: Adresse: Österreichische Post AG/ Sponsoring.Post Zulassungs-Nr. 02Z031276 S Unterschrift: Verlagspostamt Telefonische Bestellungen bitte unter 22 89 469/319. 1010 Wien
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