Das Deutsche Schulbarometer - Aktuelle Herausforderungen der Schulen aus Sicht der Schulleitungen - Robert Bosch Stiftung

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Das Deutsche
Schulbarometer
Aktuelle Herausforderungen der Schulen
aus Sicht der Schulleitungen
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                              Inhalt
                                                                                       2

Inhalt

  S. 3    Über das Instrument

  S. 5    Zentrale Ergebnisse auf einen Blick

  S. 7    Ergebnisse im Detail

  S. 24   Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

  S. 26   Ansprechpartner:innen

  S. 27   Fragebogen

  S. 35   Impressum
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                                         Über das Instrument
                                                                                                                                     3

Über das Instrument

Die Robert Bosch Stiftung lässt seit 2019 regelmäßig repräsenta­   alten Bundesländer inklusive Berlin. Die Region „Nord“ umfasst
tive Befragungen zur aktuellen Situation der Schulen in Deutsch­   Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Die
land durchführen, die unter dem Namen „Deutsches Schulbaro­        Region „Mitte“ umfasst Hessen, Saarland und Rheinland-Pfalz.
meter“ veröffentlicht werden. Das Deutsche Schulbarometer
ermöglicht es, frühzeitig Entwicklungen zu beschreiben, indem      Es wurde auch erfasst, ob die befragten Schulleitungen an einer
Beobachtungen und Einschätzungen von Personen erfasst und          Schule in sozial schwieriger bzw. sozial benachteiligter Lage tätig
untersucht werden, die Schulen täglich mitgestalten und erleben.   sind. Die Befragten waren gebeten, anhand von drei Antwort­
Aktuelle Herausforderungen und Strategien der Schulen können       kategorien einzuschätzen, wie hoch an ihrer Schule der Anteil be­
so erkannt und daraus Empfehlungen für Entscheidungsträ­           dürftiger Familien ist, die staatliche Transferleistungen wie Hartz
ger:innen im Bildungssystem abgeleitet werden.                     IV, Wohngeld oder Sozialhilfe beziehen (geringer als 25 Prozent,
                                                                   zwischen 25 und 50 Prozent oder höher als 50 Prozent). Diese Fra­
Die vorliegende Publikation fasst die zentralen Ergebnisse einer   ge dient als möglicher Sozialraumindikator, wobei ein Anteil von
Befragung unter Schulleitungen allgemein- und berufsbildender      über 50 Prozent Transferbezieher:innen mit einer sozial benachtei­
Schulen in Deutschland zusammen, die zwischen dem 31. Okto­        ligten Lage gleichgesetzt wird. Allerdings konnten 21 Prozent der
ber und dem 16. November 2022 durchgeführt wurde.                  Schulleitungen hierzu keine Angabe machen. Aus diesem Grund
                                                                   wurde als weiterer statistischer Indikator, um die sozialräumliche
Im Fokus der Schulleitungsbefragung standen die aktuellen          Lage zu bestimmen, der Anteil der Schüler:innen mit Migrations­
Herausforderungen an den Schulen, Lernrückstände der               hintergrund erfasst (Anteil von Schüler:innen mit einer anderen
Schüler:innen und Wirksamkeit der Corona-Aufholprogramme,          Familiensprache als Deutsch geringer als 25 Prozent, zwischen 25
die psychosoziale Infrastruktur an Schulen sowie die Beschulung    und 50 Prozent oder höher als 50 Prozent). Hier machten lediglich
von geflüchteten und neu zugewanderten Schüler:innen aus der       2 Prozent der Schulleitungen keine Angabe.
Ukraine und aus anderen Ländern.

Die ermittelten Ergebnisse sind unter Berücksichtigung der
möglichen Fehlertoleranz von +/- 3 Prozentpunkten repräsenta­
tiv für die Gesamtheit der Schulleitungen an allgemeinbildenden
und beruflichen Schulen in Deutschland. Zusätzlich wurden im                  Weitere Informationen sowie die ausführlichen
ausführlichen Ergebnisbericht auch Gruppierungen unterhalb
                                                                              Ergebnisberichte der vergangenen Befragun­
der Bundesebene gebildet, um einzelne Bundesländer bzw.
Ländergruppen miteinander vergleichen zu können. Es werden                    gen des Deutschen Schulbarometers finden
auf der Ebene des Bundeslands nur die Ergebnisse der drei
                                                                              Sie auf dem Deutschen Schulportal:
bevölkerungsreichsten Bundesländer Baden-Württemberg,
Bayern und Nordrhein-Westfalen ausgewiesen, da nur diese                      https://deutsches-schulportal.de/
aufgrund der Fallzahlen belastbar sind. Die Befragten wurden                  deutsches-schulbarometer/
des Weiteren in Regionen gruppiert. Die Region „Ost“ bzw.
Ostdeutschland umfasst die neuen Bundesländer – also Bran­
denburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt
und Thüringen – ohne Berlin. Die Region „West“ umfasst alle
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                                                                                                         Über das Instrument
                                                                                                                               4

Informationen zur Befragung auf einen Blick

            Zeitraum der Befragung
            31.10.2022 – 16.11.2022

            Art der Erhebung
            Online-Befragung; Fehlertoleranz = +/- 3 Prozentpunkte

            Durchgeführt von
            forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH

            Stichprobe
            Bundesweit repräsentative Stichprobe von 1.055 Schulleitungen an
            allgemein- und berufsbildenden Schulen1:

            •   42,4 Prozent Schulleitungen von Grundschulen,
            •   21,9 Prozent Schulleitungen von Haupt-/Real-/Gesamtschulen,
            •   11,3 Prozent Schulleitungen von Gymnasien,
            •   9,3 Prozent Schulleitungen von Förderschulen,
            •   14,3 Prozent Schulleitungen von berufsbildenden Schulen,
            •   56,2 Prozent weiblich,
            •   Durchschnittsalter = 52,7 Jahre,
            •   SD (Standardabweichung) = 7,4 Jahre.

            Zitiervorschlag:
            Robert Bosch Stiftung (2023): Das Deutsche Schulbarometer:
            Aktuelle Herausforderungen aus Sicht von Schulleitungen. Ergebnisse
            einer Befragung von Schulleitungen allgemein- und berufsbildender
            Schulen. Stuttgart: Robert Bosch Stiftung.

            1	Es handelt sich um eine Zufallsstichprobe. Das bedeutet, dass alle Schulleitungen die gleiche
                 Wahrscheinlichkeit haben, für die Befragung ausgewählt zu werden. Mögliche, durch unterschied­
                 liche Teilnahmebereitschaften bedingte Verzerrungen der Stichprobe werden durch eine
                 nachträgliche Gewichtung ausgeglichen. Die auf dieser Seite dargestellten Prozentangaben in
                 Bezug auf die Verteilung der Schularten innerhalb der Stichprobe sind ungewichtet.
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                                                                               Zentrale Ergebnisse auf einen Blick
                                                                                                                     5

Zentrale Ergebnisse
auf einen Blick
1.	Personalmangel ist die größte
    Herausforderung
	Zwei Drittel (67 Prozent) der Schulleitungen
    sehen den Personalmangel als größte Heraus­
    forderung an ihrer Schule. Ein Fünftel gibt die
    Digitalisierung und die mangelnde technische      4.	Ziel verfehlt: Geringe Wirksamkeit der
    Ausstattung (22 Prozent), Bürokratie und Ver­         Corona-Aufholprogramme
    waltung (21 Prozent) sowie die eigene Arbeits­    	Eine positive Wirksamkeit der Corona-Aufholpro­
    belastung (20 Prozent) an. Die Beschulung von         gramme sieht nur ein Drittel aller Schulleitungen
    geflüchteten und neu zugewanderten Kindern            (32 Prozent). An Gymnasien fällt das Urteil am
    (11 Prozent) sowie Corona und die Coronamaß­          positivsten aus (42 Prozent). Insbesondere Schu­
    nahmen (9 Prozent) spielen für die Schulleitun­       len in sozial schwieriger Lage und solche mit dem
    gen eine untergeordnete Rolle                         höchsten Anteil an Schüler:innen mit Lernrück­
                                                          ständen wurden von den Förderprogrammen nicht
2.	
   Mehr Personal und weniger Bürokratie                   erreicht (nur 23 Prozent und 25 Prozent sehen eine
   als wichtigste Maßnahmen zur spürbaren                 positive Wirksamkeit). Demzufolge geben 70 Pro­
   Entlastung                                             zent der Schulleitungen an, weitere Fördermittel
	41 Prozent der Schulleitungen geben an, dass            zu benötigen, um die Lernrückstände zu bewälti­
   mehr Personal ihren Arbeitsalltag spürbar ent­         gen. Die Bedingungen für eine künftige, bedarfsge­
   lasten würde. Mehr Leitungsstunden und eine            rechte Verteilung von Fördermitteln sind günstig,
   geringere Unterrichtsverpflichtung (34 Prozent)        denn drei Viertel der Schulen in sozial schwieriger
   sowie die Einstellung von Verwaltungsassis­            Lage (73 Prozent) erfassen systematisch die Lern­
   tenzen (28 Prozent) bzw. insgesamt weniger             stände ihrer Schüler:innen.
   Bürokratie (25 Prozent) sehen die Schulleitun­
   gen als wichtigste Maßnahmen, damit sich ihr     5.	Psychosoziale Versorgung von Schüler:innen
   Arbeitsalltag spürbar entspannt.                     weiterhin unzureichend
                                                    	Im Durchschnittlich gibt es an 69 Prozent der
3.	Keine adäquate Unterstützung beim                   Schulen Angebote der Schulsozialarbeit. 35
    Lernen und aktuelle Lernrückstände                  Prozent der Schulen bestätigen, Unterstützung
	Mehr als drei Viertel der Schulleitungen (78          durch Schulpsycholog:innen zu erhalten. Jedoch
    Prozent) meinen, dass sie einigen Schüler:innen     sagt die Hälfte der Schulleitungen, die ein jeweili­
    nicht die adäquate Unterstützung beim Lernen        ges Angebot an ihrer Schule haben, dass den­
    bieten können, die diese benötigen. Durch­          noch der Bedarf nicht ausreichend gedeckt wird.
    schnittlich 35 Prozent der Schüler:innen haben
    aktuell deutliche Lernrückstände. Dies wird an
    Schulen in sozial schwieriger Lage fast doppelt
    so hoch eingeschätzt (65 Prozent).
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                                                                                  Zentrale Ergebnisse auf einen Blick
                                                                                                                        6

6.	Traditionelle Prüfungspraxis kann starke
    psychische Belastung für Schüler:innen sein
	48 Prozent der Schulleitungen meinen, dass die
    traditionelle Prüfungskultur und Benotungspraxis 9.	Ausreichende Förderung in Deutsch für
    eine starke psychische Belastung für die Schü­       Neuzugewanderte kann häufig nicht
    ler:innen ist. In Ostdeutschland (36 Prozent) und    gewährleistet werden
    in Berufsschulen (34 Prozent) ist die Zustimmung 	Mehr als die Hälfte der Schulleitungen (59 Pro­
    niedriger. Aufgeschlüsselt nach weiteren Regio­      zent) geht nicht davon aus, dass eine ausreichen­
    nen, Schulformen und sozialer Lage finden sich       de Förderung in Deutsch für Neuzugewanderte
    ähnlich hohe Zustimmungswerte. Allerdings sa­        an ihrer Schule gewährleistet werden kann. Ins­
    gen nur 7 Prozent aller befragten Schulleitungen,    besondere an Grundschulen ist die Lage drama­
    dass sie zu diesem Thema gezielt Schulentwick­       tisch: Drei Viertel der Grundschulen (71 Prozent)
    lungsprozesse angestoßen haben.                      können keine ausreichende Förderung zusichern.

7.	Hoher Fortbildungsbedarf zum Umgang                  10.	Fast die Hälfte der Schulen kann noch einzelne
    mit psychosozial belasteten Kindern und                   neu zugewanderte Schüler:innen aufnehmen
    Jugendlichen                                         	Insgesamt haben 43 Prozent der Schulen noch
	57 Prozent der Schulleitungen sehen Bedarf an               Kapazitäten für die Aufnahme weiterer neu zuge­
    Fortbildungen zum Umgang mit psychosozial                 wanderter Schüler:innen. Dabei sagen 36 Prozent
    belasteten Kindern. Fast die Hälfte (45 Prozent)          der Befragten, dass sie noch einzelne Schüler:in­
    wünscht sich zu diesem Thema eine Supervision             nen aufnehmen können. 7 Prozent geben an, dass
    bzw. ein Coaching. Fortbildungen zum Umgang              sie noch deutlich mehr Schüler:innen aufnehmen
    mit Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfah­            können. Offenkundig wird allerdings auch, dass
    rung erachten 39 Prozent aller Schulleitungen            26 Prozent der Schulleitungen keine Kapazitäten
    als notwendig. In allen Bereichen ist der Fortbil­       mehr sehen. 27 Prozent geben sogar an, bereits
    dungsbedarf an Schulen in sozial benachteiligter         über ihrer Kapazitätsgrenze zu arbeiten. Insbe­
    Lage überdurchschnittlich höher.                         sondere Schulen in sozial schwieriger Lage (45
                                                             Prozent) sowie Haupt-, Real- und Gesamtschulen
8.	Beschulung von neu zugewanderten                         (38 Prozent) arbeiten über ihrer Kapazitätsgrenze
    Schüler:innen häufiger in Schulen in sozial              und müssen nun gezielt entlastet werden.
    schwieriger Lage
	Seit März 2022 wurden an den Schulen fast
    genauso viele neu zugewanderte Schüler:innen
    aus anderen Ländern beschult wie ukrainische
    Schüler:innen (Anteil an der Gesamtschüler:in­
    nenanzahl für beide Zuwanderungsgruppen: 2,7
    Prozent). Ukrainische und insbesondere neu zu­
    gewanderte Schüler:innen aus anderen Ländern
    als der Ukraine werden häufiger in Schulen in
    sozial schwieriger Lage beschult (3,7 Prozent und
    5,3 Prozent). Der Anteil von Neuzugewanderten
    aus anderen Ländern ist im Vergleich zu ukraini­
    schen Schüler:innen an Förderschulen höher (3,2
    Prozent zu 0,8 Prozent).
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                           Ergebnisse im Detail
                                                                                                           7

Ergebnisse im Detail
Personalmangel, Digitalisierung und Bürokratie: Aktuelle
Herausforderungen der Schulen aus Sicht der Schulleitungen

                                                            Wir haben den Schulleitungen folgende
Was sind im November 2022 die größten Heraus-
                                                            offene, allgemeine Frage gestellt: „Was
forderungen der Schulleitungen?
                                                            sind zurzeit die größten Herausforde-
                                               in Prozent   rungen als Schulleitung an Ihrer Schu-
Personalmangel                                              le?“ Die Antworten wurden gruppiert,
                                                     67     Mehrfachantworten waren möglich. Im
Digitalisierung                                             Durchschnitt nennen die Schulleitun-
                             22                             gen etwas mehr als zwei Herausforde-
                                                            rungen.
Bürokratie, Verwaltung
                     21
                                                            Dabei ergibt sich folgendes Bild: Zwei
Arbeitsbelastung, Zeitmangel
                                                            Drittel der Schulleitungen führen den
                     20
                                                            herrschenden Personalmangel (67 Pro-
Verhalten der Schüler:innen                                 zent) an. Überdurchschnittlich häufig
             13                                             wird der Personalmangel von Schullei-
Aufnahme und Beschulung von Neuzugewanderten                tungen an Schulen in sozial schwieriger
          11                                                Lage (80 Prozent) genannt. Auch an
Corona, Corona-Maßnahmen                                    Förderschulen (76 Prozent) sowie an
         9                                                  Haupt-, Real- und Gesamtschulen (73
                                                            Prozent) ist die Personalsituation sehr
Integration
         8                                                  angespannt. Mit 53 Prozent wird dies
                                                            unterdurchschnittlich an berufsbilden-
Inklusion
                                                            den Schulen angeführt.
         8
Eltern der Schüler:innen
         8                                                  2	Um die soziale Lage der Schulen zu
                                                               bestimmen, verwenden wir zwei unterschied­
Gebäude, Räume
                                                               liche statistische Indikatoren: Zum einen den
       8                                                       Anteil der Eltern, die Sozialtransferleistun­
                                                               gen beziehen, zum anderen den Anteil der
Arbeitsbelastung der Lehrkräfte
                                                               Kinder, die eine andere Familiensprache als
        7
                                                               Deutsch sprechen. Für beide Indikatoren
Bildungspolitik, Behörden                                      wurden die Schulleitungen gebeten, den
                                                               jeweiligen Anteil zu schätzen. Im Vergleich
      6
                                                               der beiden Indikatoren wird deutlich, dass
Lernrückstände                                                 diese sehr häufig nah beieinander liegen, das
      6                                                        heißt, beide Indikatoren statistisch gesehen
                                                               „gute“ Marker sind, um die soziale Lage zu
offene Frage, Mehrfachnennungen möglich                        bestimmen. Ein Fünftel der Schulleitungen
                                                               konnte allerdings nicht angeben, wie hoch
                                                               der Anteil der Eltern an ihrer Schule ist, die
                                                               Sozialhilfe beziehen.
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                         Ergebnisse im Detail
                                                8

Mit großem Abstand nennt jeweils
ein Fünftel der Schulleiter:innen als
weitere Herausforderungen: Digita-
lisierung und mangelnde technische
Ausstattung (22 Prozent), Bürokratie
und Verwaltungstätigkeiten (21 Pro-
zent) sowie die eigene Arbeitsbelas-
tung und den Zeitmangel (20 Prozent).
Ungefähr jede zehnte Schulleitung
sieht das Verhalten der Schüler:innen
(13 Prozent) sowie die Beschulung von
Geflüchteten und Neuzugewanderten
(11 Prozent) als zurzeit größte Her-
ausforderung an. Corona und Coro-
na-Maßnahmen beschäftigen nur noch
9 Prozent der Schulleitungen. Mit
jeweils 8 Prozent werden Integration,
Inklusion, die Eltern der Schüler:innen
und das Schulgebäude bzw. die Räum-
lichkeiten genannt. Weiterhin zählen
die Schulleitungen die Arbeitsbelastung
der Lehrkräfte (7 Prozent), Bildungspo-
litik und Behörden (6 Prozent) sowie
Lernrückstände von Schüler:innen
(6 Prozent) infolge der Schulschlie-
ßungen als zurzeit größte Herausforde-
rungen auf.
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                                         Ergebnisse im Detail
                                                                                                                                      9

Mehr Personal und weniger Bürokratie. Möglichkeiten
der spürbaren Entlastung aus Sicht der Schulleitungen
95 Prozent der Schulleitungen sagen,     Was würde den Arbeitsalltag von Schulleitungen
dass sie sehr hoch oder hoch belastet
                                         spürbar entlasten?
sind. Diese sehr hohe Arbeitsbelas-
tung betrifft alle Schulleiter:innen                                                                                     in Prozent
                                         Mehr Personal
gleichermaßen, unabhängig von Alter
                                                                                                                                41
und Geschlecht, der Schulform, der
Region, der sozialen Lage der Schule
                                         Mehr Leitungsstunden, geringere Unterrichtsverpflichtung
                                                                                                34
oder der Schulgröße3 . Deshalb woll-
ten wir wissen, welche Maßnahmen         Unterstützung bei Verwaltungstätigkeiten
die Schulleiter:innen sehen, um ihren                                                                28
Arbeitsalltag spürbar zu entlasten.      Weniger Bürokratie
                                                                                               25
Nicht überraschend ist mehr Personal   Änderungen in Bildungspolitik, Behörden
(41 Prozent) die wichtigste Entlas-                           10
tungsmaßnahme aus Sicht der Schul-
                                       Geringere Arbeitsbelastung
leitungen. Neben mehr Lehrkräften                           9
werden hier auch andere Professionen
                                       Sekretariat
wie Sozialarbeiter:innen, Förderpäda-
                                                            9
gog:innen, Schulpsycholog:innen und
Vertretungslehrkräfte genannt. Mehr    Mehr Unterstützung bei Digitalisierung
Personal als Entlastungsmaßnahme                          8
wird am häufigsten von Schulleitungen  Einstellung von Konrektor:in / Einrichtung erweiterte Schulleitung
in Ostdeutschland4 (54 Prozent) sowie                  7
an Grundschulen (46 Prozent) und       offene Frage, Mehrfachnennungen möglich
weniger häufig an Gymnasien (31 Pro-
zent), in Bayern (28 Prozent) und an
Berufsschulen (23 Prozent) genannt.   An dritter Stelle wünschen sich 28       Prozent) den Wunsch nach allgemein
                                      Prozent der Befragten mehr Unter-        weniger Bürokratie an vierter Stelle.
An zweiter Stelle – für eine schnelle stützung bei Verwaltungstätigkeiten,
Entlastung – fordern die Schullei-    zum Beispiel durch eine Schulver-        Nach mehr Personal, weniger Unter-
tungen mehr Leitungsstunden und       waltungsassistenz. Schulleitungen an     richtsverpflichtung und allgemein
dementsprechend eine geringere        berufsbildenden Schulen (39 Prozent) weniger Bürokratie folgen mit großem
Unterrichtsverpflichtung (34 Pro-     und an Gymnasien (35 Prozent) sehen Abstand weitere Vorschläge für spürba-
zent). Insbesondere Schulleitungen    dies sogar als wichtigste Entlastungs-   re Entlastungsmaßnahmen: Jede zehn-
an Grundschulen (48 Prozent) würde    maßnahme. Ergänzend hierzu nennt         te Schulleitung sieht Änderungen in
diese Maßnahme spürbar entlasten.     ein Viertel aller Schulleitungen (25     der Bildungspolitik und beim Agieren

                                        3	Zu finden im ausführlichen Gesamtbericht unter: https://deutsches-schulportal.de/
                                           deutsches-schulbarometer/
                                        4	Die Region „Ost“ bzw. Ostdeutschland umfasst die neuen Bundesländer – also Bran­
                                           denburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen – ohne
                                            Berlin
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                                Ergebnisse im Detail
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der Behörden als Entlastung für ihren
Schulalltag (10 Prozent). Darauffolgend
                                            Wie wird der bürokratische Aufwand für die
wird unspezifisch die Forderung nach        Einstellung von pädagogischen Fachkräften
einer geringeren Arbeitsbelastung und       eingeschätzt?
mehr Zeit (9 Prozent) von den Schul-                                                                           in Prozent
leitungen angeführt. 9 Prozent der
Schulleitungen denken, dass die Ein-        Schulleitungen stimmen der Aussage zu:
stellung von Sekretär:innen zu einer           Voll und ganz oder eher
Entlastung führt. Von den Befragten            Eher nicht oder überhaupt nicht
sehen 8 Prozent mehr IT-Support und            Weiß nicht / keine Angaben
damit einhergehend auch Unterstüt-
zung bei der Digitalisierung und 7 Pro-     Der bürokratische Aufwand für die Einstellung von Hilfs- und Unterstüt-
zent die Einstellung eine:r Konrektor:in    zungsfachkräften (z. B. Lehramtsstudierende, päd. Assistenzen) ist zu hoch.
oder die Einrichtung einer erweiterten                               66                                23              11
Schulleitung als weitere Möglichkeiten
für eine spürbare Entlastung.               Der bürokratische Aufwand für die Einstellung von ausländischen
                                            Lehrkräften ist zu hoch.
Die Einstellung von Hilfs- und Unter-                          53                     12                    35
stützungsfachkräften, wie Lehramts-
studierenden und pädagogischen
Assistent:innen, sowie die Einstellung
von ausländischen Fachkräften könnte       und ganz oder eher zu, dass der büro-
die angespannte personelle Situation       kratische Aufwand für die Einstellung
etwas abmildern, deshalb haben wir         von Hilfs- und Unterstützungsfachkräf-
noch einmal genauer nachgefragt:           ten zu hoch ist. Für die Einstellung
Wie schätzen die Schulleitungen den        von ausländischen Lehrkräften sagt
bürokratischen Aufwand für die Ein-        dies die Hälfte der Schulleitungen
stellung von weiterem pädagogischen        (53 Prozent) – obwohl ein Drittel der
Personal ein? Zwei Drittel der Schul-      Schulleitungen hierzu keine Angabe
leitungen (66 Prozent) stimmen voll        machen konnten.
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                                                        Ergebnisse im Detail
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Keine adäquate Unterstützung beim Lernen und
aktuelle Lernrückstände
                                                                                                       den Lernrückstand am höchsten ein.
Wie viele Schüler:innen haben deutliche
                                                                                                       Sehr deutlich wird zudem der Zusam-
Lernrückstände?*                                                                                       menhang zwischen der sozialen Lage
                                                                                   in Prozent          der Schulen und dem Lernrückstand
Mittelwert aller Befragten
                                                                                                       der Schüler:innen: Laut Schulleitungen
                                                35
                                                                                                       an Schulen in eher privilegierter Lage
Grundschulen                                                                                           haben ein Viertel der Schüler:innen
                                     27
                                                                                                       (24 Prozent) deutliche Lernrückstände,
Haupt-/Real-/Gesamtschulen                                                                             während Schulleiter:innen an Schulen
                                                          42
                                                                                                       in sozial schwieriger Lage diese bei
Gymnasien                                                                                              zwei Dritteln ihrer Schüler:innen (65
                                    26
                                                                                                       Prozent) annehmen. Schulleitungen
Berufsbildende Schulen                                                                                 von Schulen, in welchen mehr als 50
                                                        40
                                                                                                       Prozent der Schüler:innen eine andere
weniger als 25% der Eltern mit Sozialtransfer                                                          Familiensprache als Deutsch sprechen,
                         24
                                                                                                       schätzen, dass im Durchschnitt die
25–50 % der Eltern mit Sozialtransfer                                                                  Hälfte ihrer Schüler:innen (54 Prozent)
                                                             43                                        deutliche Lernrückstände aufweisen.
Mehr als 50% der Eltern mit Sozialtransfer
                                                                                                       Aufgrund dieser angespannten Lern-
                                                                                             65
                                                                                                       situation an Schulen fragten wir die
*Aufgrund eines sehr hohen Anteils von „weiß nicht“ - Nennungen der Schulleitungen von                 Schulleitungen, wie sie sich zu folgen-
 Förderschulen wurde auf eine Darstellung dieser Schulart verzichtet.
                                                                                                       den Aussagen zum Thema Lernen und
                                                                                                       Lernrückstände positionieren.
                                                                                                       Der ersten Aussage „Trotz aller Be-
                                                Auch wenn Lernrückstände von den                       mühungen kann meine Schule einigen
                                                Schulleitungen nur mit 6 Prozent                       Schüler:innen aktuell nicht die adäqua-
                                                als zurzeit größte Herausforderung                     te Unterstützung beim Lernen bieten,
                                                an Schulen genannt wurden, haben                       die sie benötigen“ stimmen drei Viertel
                                                laut Einschätzung der Schulleitungen                   aller Schulleitungen (78 Prozent) voll
                                                ungefähr ein Drittel der Schüler:innen                 und ganz oder eher zu. Dort, wo die
                                                (35 Prozent) deutliche Lernrückstän-                   Lernrückstände am gravierendsten ein-
                                                de. Dieser Wert ist unverändert im                     geschätzt werden, glauben die Schul-
                                                Vergleich zur Erhebung des Deutschen                   leitungen auch überdurchschnittlich
                                                Schulbarometers im April 20225.                        häufig, dass sie nicht alle Schüler:innen
                                                Schulleitungen an Haupt-, Real- und                    erreichen können (Haupt-, Real- und
                                                Gesamtschulen (42 Prozent) sowie an                    Gesamtschulen: 84 Prozent; Schulen
                                                Berufsschulen (40 Prozent) schätzen                    in sozial schwieriger Lage: 88 Prozent;

                                                5	Im April 2022 wurden vor allem Lehrkräfte befragt, darunter auch 140 Schulleitungen. Aufgrund der un­
                                                   terschiedlichen Fallzahlen der Schulleitungen sind die beiden Erhebungen nur eingeschränkt miteinan­
                                                   der vergleichbar. In der Erhebung im April 2022 schätzten die Lehrkräfte, dass 42 Prozent der Schüler:in­
                                                   nen Lernrückstände haben, die Einschätzung der Schulleitungen fiel mit 35 Prozent etwas geringer aus
                                                   (Mittelwert aller Befragten: 41 Prozent).
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                               Ergebnisse im Detail
                                                                                                                       12

Schulen mit hohem Migrationsanteil:
87 Prozent; Schulen mit einem Anteil      Gelingt es den Schulen, alle Schüler:innen zu
von mehr als 50 Prozent der Schüler:in-   erreichen?
nen mit Lernrückständen: 86 Prozent).     Befragte, die voll und ganz oder eher zustimmen                     in Prozent
Die niedrigsten Zustimmungswerte zu
dieser Aussage finden sich bei Schul-        Alle Befragten
leitungen an Gymnasien (69 Prozent)          Grundschulen
und Förderschulen (66 Prozent) – doch        Haupt-/Real-/Gesamtschulen
auch hier sind es immer noch zwei            Gymnasien
Drittel, die glauben, dass sie einigen       Förderschulen
Schüler:innen aktuell nicht die adäqua-      Berufsbildende Schulen
te Unterstützung beim Lernen bieten
                                             Mehr als 50% der Eltern mit Sozialtransfer
können.
                                             Mehr als 50% der Schüler:innen mit Lernrückständen

Bei der zweiten Aussage „An meiner
                                          „Trotz aller Bemühungen kann            „An meiner Schule konnten wir
Schule konnten wir trotz aller Bemü-      meine Schule einigen Schüler:in-        trotz aller Bemühungen die
hungen die Schüler:innen mit den größ-    nen aktuell nicht die adäquate          Schüler:innen mit den größten
ten Lernrückständen nicht erreichen“      Unterstützung beim Lernen               Lernrückständen nicht erreichen.“
findet sich eine ähnliche Verteilung      bieten, die sie benötigen.“
wie bei der ersten Aussage: Über-                                       78                               53
durchschnittlich häufig müssen dies
                                                                        79                               52
Schulleitungen an Haupt-, Real- und
                                                                         84                                   63
Gesamtschulen sowie an Schulen in
                                                                   69                               42
sozial benachteiligter Lage resümieren
(beide 63 Prozent). Fast drei Viertel                             66                             36
der Schulleitungen, die schätzen, dass                             70                                     57
mehr als die Hälfte ihrer Schüler:innen                                      88                               63
Lernrückstände haben, bestätigen die                                         86                                 73
Aussage (73 Prozent). Im Durchschnitt
stimmen dieser Aussage die Hälfte
aller Schulleitungen (53 Prozent) voll
und ganz oder eher zu.
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                                  Ergebnisse im Detail
                                                                                                                               13

Ziel verfehlt: Geringe Wirksamkeit der Corona-
Aufholprogramme
Zur Wirksamkeit des zwei Milliarden
                                             Konnten die Lernrückstände durch die Aufholpro-
Euro schweren Bund-Länder-Pakets
„Aufholen nach Corona“ bilanzierten          gramme verringert werden und gibt es weiteren
die Forscher:innen des Wissenschafts-        Bedarf?
zentrums Berlin für Sozialforschung          Befragte, die voll und ganz oder eher zustimmen                  in Prozent
(WZB) in ihrer im September 2022
veröffentlichten Studie, dass die               Alle Befragten
angestrebte Wirkung aufgrund einer              Grundschulen
fehlenden bedarfsgerechten und ziel-            Haupt-/Real-/Gesamtschulen
gerichteten Strategie sowie der im inter­       Gymnasien
nationalen Vergleich geringen finan-
                                                Förderschulen
ziellen Mittel weitestgehend verfehlt
                                                Berufsbildende Schulen
wurde. Insbesondere Schüler:innen
                                                Mehr als 50% der Eltern mit Sozialtransfer
aus sozio-ökonomisch benachteiligten
Familien und mit Migrationsgeschichte           Mehr als 50% der Schüler:innen mit Lernrückständen
wurden mit dem „Gießkannenprinzip“
                                             „Die coronabedingten Lernrück-           „An meiner Schule gibt es
nicht erreicht.
                                             stände der Schüler:innen konnten         weiteren Bedarf an Fördermittel
                                             durch die zusätzlichen staatlichen       zur Bewältigung der coronabe-
Unsere Ergebnisse bestätigen diese           Fördermittel und Aufholprogramme         dingten Lernrückständen.“
ernüchternde Einschätzung auch aus           deutlich verringert werden.“
Sicht der Schulleitungen. Lediglich 4                                                                                 70
                                                            32
Prozent der Schulleitungen stimmen
                                                             35                                                          73
der Aussage voll und ganz zu, dass
                                                         30                                                                   80
durch die staatlichen Fördermittel und
Corona-Aufholprogramme die corona­                                42                                                  72
bedingten Lernrückstände deutlich                       26                                                       62
verringert werden konnten. Eher                             32                                                 59
positiv sehen noch durchschnittlich                    23                                                                   81
29 Prozent aller Schulleitungen die                     25                                                                 79
Wirkung der Förderprogramme. Insge-
samt betrachtet glaubt also lediglich
ein Drittel aller befragten Schulleitun-
gen (32 Prozent), dass die Aufholpro-       programms mit 42 Prozent am posi-
gramme zu einer deutlichen Verringe-        tivsten, Schulleitungen an Schulen in
rung der Lernrückstände beigetragen         sozial schwieriger Lage am negativsten
haben. Schulleitungen an Gymnasien          mit 23 Prozent. Mit anderen Worten:
bewerten die Wirksamkeit des Förder-        Fast drei Viertel der Schulleitungen an
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                                     Ergebnisse im Detail
                                                                                                                            14

Schulen in sozial benachteiligter Lage
äußern, dass durch die staatlichen
Mittel die Lernrückstände ihrer Schü-
ler:innen überhaupt nicht (26 Prozent)
oder eher nicht (46 Prozent) deutlich
reduziert werden konnten. Auch Schul-
leitungen, die angeben, dass mehr als
die Hälfte ihrer Schüler:innen Lernrück-
stände haben, schätzen die Wirksam-
keit des Programms zu drei Vierteln
(74 Prozent) negativ ein. Die Vermutun-
gen der Autor:innen der WZB-Studie,
dass insbesondere Schulen in eher
privilegierter Lage von den vorwiegend
außerschulischen und auf Freiwillig-
keit basierenden Förderprogrammen
(wie zum Beispiel privaten Nachhil-
feangeboten) profitierten, kann durch      leitungen an Haupt-, Real- und Gesamt-      Angesichts des kommenden Start-
diese Ergebnisse untermauert wer-          schulen (80 Prozent), Schulen in sozial     chancen-Programms gilt es nun, aus
den. Die vorerst gezogene Bilanz der       schwieriger Lage (81 Prozent), Schulen      den gemachten Fehlern zu lernen und
Corona-Aufholprogramme muss daher          mit einem hohen Migrationsanteil (80        die finanziellen Mittel bedarfsgerecht
sein: Das vordergründige Ziel, nämlich     Prozent) sowie Schulen, an welchen          zu verteilen, aber auch die Wirksam-
insbesondere Kinder und Jugendliche        mehr als die Hälfte der Schüler:innen       keit der Programme zu evaluieren. Die
aus sozial benachteiligten Lagen sowie     Lernrückstände haben (79 Prozent).          Ständige Wissenschaftliche Kommissi-
mit Migrationsgeschichte zu erreichen,     Aber auch fast drei Viertel der Schullei-   on der Kultusministerkonferenz (SWK)
wurde mit dem „Gießkannenprinzip“          tungen von Grundschulen (73 Prozent)        empfiehlt daher für die Evaluation von
weit verfehlt.                             und Gymnasien (72 Prozent) sehen            Förderprogrammen im Bildungsbe-
                                           weiteren Bedarf an finanziellen Mitteln.    reich zunächst die Bestimmung von
Es überrascht somit nicht, dass der        Mit 59 Prozent schätzen Schulleitun-        aussagekräftigen Indikatoren und die
Bedarf der Schulen an zusätzlichen         gen von Berufsschulen den Bedarf am         Entwicklung von Wirkungsmodellen,
Fördermitteln weiterhin sehr hoch          geringsten ein. Insgesamt herrscht also     um Wirkung überhaupt messen zu
ist. In unserer Befragung stimmten         an deutschen Schulen ein gewaltiger         können.
70 Prozent aller Schulleitungen der        Bedarf an weiteren Fördermitteln, weil
Aussage, dass sie weitere Fördermittel     die Gelder offenbar nicht in ausrei-        Ein möglicher Indikator können
benötigen, um die coronabedingten          chendem Maß dort ankamen, wo sie            Lernstandserhebungen sein, deshalb
Lernrückstände der Schüler:innen zu        am dringendsten gebraucht wurden            haben wir die Schulleitungen gefragt:
bewältigen, voll und ganz oder eher        bzw. nicht die erwünschte und notwen-       „Werden an Ihrer Schule systematisch
zu. Den größten Bedarf sehen Schul-        dige Wirksamkeit entfaltet haben.           die Lernstände aller Schüler:innen
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                                       Ergebnisse im Detail
                                                                                                                                   15

erfasst, um eine kompetenzorientierte     eine enge Zusammenarbeit zwischen              Schulen mit einem hohen Anteil an
Einstufung vornehmen zu können?“          der Schulaufsicht und den Schullei-            Schüler:innen mit Lernrückständen
Über die Hälfte aller Schulleitungen      tungen erforderlich, um über geeig-            und besonders belastetem Kollegium
(56 Prozent) geben an, dass sie syste-    nete Maßnahmen und Förderungen zu              Lernstandserhebungen durchführen
matisch die Lernstände ihrer Schü-        entscheiden. Dadurch könnten auch              können. Gleichzeitig verdeutlicht
ler:innen erfassen. Überdurchschnitt-     Schulen in kritischer Lage identifiziert       die hohe Zahl an Schulleitungen, die
lich häufig wird dies von Schulen in      werden, also diejenigen Schulen in             angeben, ihre Schüler:innen nicht aus-
sozial benachteiligter Lage bejaht:       sozial schwieriger Lage, die den Lern­         reichend fördern zu können, dass mit
Fast drei Viertel der Schulen in sozial   erfolg ihrer Schüler:innen nicht mehr          dem Vorhandensein von Diagnose-
benachteiligter Lage (73 Prozent) und     gewährleisten können. Damit mög-               Instrumenten noch keine Förderstrategi-
zwei Drittel der Schulen mit einem        lichst alle Schulen in kritischer Lage         en einhergehen. Hier wäre es wichtig,
hohen Migrationsanteil (66 Prozent)       identifiziert werden können, muss es           Schulen zielgerichtet bei einer daten-
erheben regelmäßig und systematisch       einen einfachen Zugang zu Lernstands­          gestützten Unterrichtsentwicklung zu
den Lernstand ihrer Schüler:innen.        erhebungs-Tools geben, sodass auch             begleiten.
Auch Förderschulen (70 Prozent) und
Grundschulen (67 Prozent) erheben
häufiger als der Durchschnitt die          Werden die Lernstände der Schüler:innen
Lernstände. Allerdings erfasst nur die     systematisch erfasst?
Hälfte der Schulen (54 Prozent), die
                                                                                                                      in Prozent
einen hohen Anteil Schüler:innen mit
Lernrückständen haben, die Lernstän-            Ja          Nein          Weiß nicht / keine Angabe
de systematisch. Am wenigsten geben
                                           Alle Befragten
dies Schulleitungen an Gymnasien
(46 %) und an berufsbildenden Schu-                              56                                         39                 5
len (29 %) an.
                                           Grundschulen
Auch wenn wir in dieser Befragung                                       67                                       28            5
nicht danach gefragt haben, mit
welchen Diagnose-Instrumenten die          Haupt-/ Real-/ Gesamtschulen
Lernstände an den Schulen erhoben                            56                                               41                   3
werden, so lässt sich doch sagen,
dass insbesondere Schulen in sozial        Gymnasien
schwieriger Lage eine Einschätzung                          46                                         46                      8
zu den Lernständen ihrer Schüler:in-
nen geben können. Resümierend              Förderschulen
kann für das bevorstehende Start-                                      70                                        19           10
chancen-Programm die Einschätzung
der Lernrückstände als zusätzliches        Berufsbildende Schulen
Auswahlkriterium für die teilnehmen-               29                                             68                               3
den Schulen in sozial benachteiligter
Lage hinzugezogen werden. Dafür ist        Mehr als 50% der Eltern mit Sozialtransfer
                                                                    73                                                25           2

                                           Abweichungen zu 100 Prozent rundungsbedingt
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                                                Ergebnisse im Detail
                                                                                                                                               16

Psychosoziale Versorgung von Schüler:innen
weiterhin unzureichend
                                          arbeit und an 35 Prozent der Schulen                  gung. Schlusslichter sind Schulen in
 Gibt es Angebote an                      Unterstützung durch Schulpsycholo-                    sozial benachteiligter Lage und För-
 Schulsozialarbeit und                    g:innen. Verglichen mit den Einschät-                 derschulen (28 Prozent) sowie Schulen
 -psychologie?                            zungen der Schulleitungen im April                    in Baden-Württemberg (12 Prozent).
                            in Prozent    2022 scheint sich das Angebot an
      Alle Befragten                      schulpsychologischer Unterstützung                    Zusätzlich wollten wir von den Schul-
                                          um 10 Prozentpunkte verbessert zu                     leitungen wissen, ob die vorhandenen
      Mehr als 50% der Eltern mit
      Sozialtransfer                      haben, das Angebot an Schulsozial-                    Angebote an Schulsozialarbeit und
                                          arbeit wird dagegen als unverändert                   Schulpsychologie auch den tatsächli-
       85
                                          wahrgenommen.                                         chen Bedarf decken. Hier zeigt sich,
 69                                                                                             dass die Hälfte der Schulleitungen
                                          Bezüglich der Angebote der Schul-                     die Bedarfe an Schulsozialarbeit (52
                35                        sozialarbeit findet sich die beste                    Prozent) und an Schulpsychologie
                       28
                               21         Versorgungslage an Haupt-, Real- und                  (48 Prozent) für ausreichend gedeckt
                                    14
                                          Gesamtschulen (88 Prozent), an                        halten. Oder umgekehrt: Die Hälfte der
                                          Berufsschulen (84 Prozent) sowie                      Leiter:innen von Schulen, an welchen
Schulsozial-   Schul-          Nichts     an Schulen in sozial benachteiligter                  es schon Angebote an Schulsozialar-
  arbeit     psychologie       davon
                                          Lage (85 Prozent) und mit einem                       beit und schulpsychologischer Unter-
Mehrfachnennungen möglich
                                          hohen Migrationsanteil (82 Prozent).                  stützung gibt, bewerten diese als nicht
                                          Weniger Schulsozialarbeit findet                      ausreichend. Der tatsächliche Bedarf
                                          sich an Grundschulen (58 Prozent),                    an weiterer Schulsozialarbeit und
Eines der weiteren Ziele des Bundes-      an Gymnasien (59 Prozent) und in                      Schulpsychologie muss daher wesent-
programms „Aufholen nach Corona“          Bayern (55 Prozent). Hingegen geben                   lich höher eingeschätzt werden.
war die vermehrte Einstellung bzw.        die Schulleitungen in Bayern mit 67
Aufstockung und Unterstützung von         Prozent fast doppelt so häufig wie der
Schulsozialarbeiter:innen. Aus diesem     Durchschnitt an, über Angebote der
Grund wollten wir ein halbes Jahr         Schulpsychologie zu verfügen. Eine
nach der letzten Befragung des Deut-      Erklärung dafür ist die Möglichkeit, in
schen Schulbarometers im April 20226      Bayern ergänzend zum Lehramtsstu-
wissen, wie die derzeitige psychoso-      dium das Erweiterungsfach Schulpsy-
ziale Infrastruktur an den Schulen ist.   chologie wählen zu können. Auch an
Im Durchschnitt gibt es an 69 Prozent     Gymnasien (48 Prozent) gibt es eine
der Schulen Angebote der Schulsozial-     bessere schulpsychologische Versor-

                                          6	Im April 2022 wurden vor allem Lehrkräfte befragt, darunter auch 140 Schulleitungen. Aufgrund der
                                             unterschiedlichen Fallzahlen der Schulleitungen sind die beiden Erhebungen nur eingeschränkt
                                             miteinander vergleichbar. In der Erhebung im April 2022 ergaben die Einschätzungen der Lehrkräfte,
                                             dass an 72 Prozent der Schulen Schulsozialarbeit und an 34 Prozent der Schulen schulpsychologische
                                             Unterstützung angeboten wurde. Die Einschätzungen der Schulleitungen ergaben etwas niedrigere
                                             Werte (65 Prozent Schulsozialarbeit und 25 Prozent schulpsychologische Unterstützung) als die der
                                             Lehrkräfte. Der Mittelwert aller Befragten betrug für Schulsozialarbeit 71 Prozent und für schulpsycho­
                                             logische Unterstützung 33 Prozent.
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                              Ergebnisse im Detail
                                                                                                                     17

Traditionelle Prüfungskultur und Benotungspraxis
als psychische Belastung für Schüler:innen
Wir wollten von den Schulleiter:innen
zudem wissen, ob sie die traditionelle
                                           Ist die traditionelle Prüfungs- und
Prüfungskultur und Benotungspraxis         Benotungspraxis eine starke psychische
als starke psychische Belastung für die    Belastung für die Schüler:innen?
Schüler:innen empfinden. Unter einer
                                               Voll und ganz
traditionellen Prüfungskultur und Be-
                                               Eher
notungspraxis verstehen wir, dass von
                                               Eher nicht
den Lehrkräften entwickelte Klausuren
und Tests für alle Schüler:innen zu
                                               Überhaupt nicht
festgelegten Zeiten im Klassenverbund          Weiß nicht / keine Angaben
durchgeführt werden und dass für die
Benotung immer noch die kollektive                  4
                                               13         20
Bezugsnorm der Klasse genutzt wird.

48 Prozent der Schulleitungen kons-
tatieren, dass die traditionelle Prü-
                                                    %       28
                                               35
fungskultur und Benotungspraxis eine
starke psychische Belastung für die
Schüler:innen ist. In Ostdeutschland
(36 Prozent) und in Berufsschulen (34
Prozent) ist die Zustimmung niedriger.
Ansonsten finden sich in allen Regi-      starken psychischen Belastung von
onen, allgemeinbildenden Schulfor-        Schüler:innen führt. Allerdings zeigen
men und sozialen Lagen ähnlich hohe       unsere Ergebnisse auch, dass lediglich
Zustimmungswerte.                         7 Prozent der Schulen derzeit gezielt
                                          zu diesem Thema Schulentwicklungs-
Die hohen Werte bezeugen: Viele           prozesse durchlaufen, um zum Bei-
Schulleitungen haben – quer durch         spiel zeitgemäße Prüfungsformate zu
alle allgemeinbildenden Schulformen –     entwickeln.
ein ausgeprägtes Bewusstsein dafür,
dass eine traditionelle Prüfungskul-
tur und Benotungspraxis zu einer
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                                Ergebnisse im Detail
                                                                                                                          18

Hoher Fortbildungsbedarf zum Umgang mit
psychosozial belasteten Kindern
Der hohe weitere Bedarf an einer psy-     Lehrerkollegium anbieten wollen.        Außerdem gilt es, Lehrkräfte im Um-
chosozialen Infrastruktur und an Unter-   Speziell für den Umgang mit Kindern     gang mit psychisch belasteten Schü-
stützungsangeboten für Schüler:innen      und Jugendlichen mit Fluchterfahrung    ler:innen zu schulen. Dies gilt auch im
spiegelt sich auch in den angegebenen     sehen 39 Prozent der Schulleitungen     Hinblick auf die bereits hohe Zahl an
Fortbildungsbedarfen für Lehrkräfte       Fortbildungsbedarf. Weitere 38 Pro-     Kindern und Jugendlichen mit Fluch-
wider. Wir haben die Schulleitungen       zent der Schulleitungen würden gerne    terfahrung, die in diesem Jahr in das
gefragt, zu welchen von uns vorgege-      ihre Lehrkräfte zum Thema Deutsch als   deutsche Schulsystem aufgenommen
benen Themen sie Fortbildungsbedarfe      Zweitsprache fortbilden.                wurden, womit sich das nächste Kapi-
für ihr Lehrerkollegium sehen.                                                    tel ausführlich beschäftigen wird.
                                          Zusammenfassend gilt es also nicht
Mehr als die Hälfte der Schulleitungen    nur, die psychosoziale Versorgung
(57 Prozent) wünschen sich Fortbil-       bundesweit flächendeckend zu ge-
dungen für Lehrkräfte zum Umgang          währleisten, sondern auch an Schulen,
mit psychosozial belasteten Kindern       die bereits entsprechende Angebote
und Jugendlichen. Auch Supervisi-         haben, die Versorgungslage zu verbes-
ons- und Coachingangebote zu diesem       sern. Dafür müssen Belastungsfaktoren
Thema würde knapp die Hälfte der          für die Schüler:innen innerhalb des
Schulleitungen (45 Prozent) für das       Schulsystems identifiziert werden.

  Welchen Bedarf sehen Schulleitungen für ihr Lehrerkollegium?                                               in Prozent

 Fortbildungen für das Lehrerkollegium zum Umgang mit psychosozial belasteten Schüler:innen
                                                                                                                       57
 Supervision/ Coaching für das Lehrerkollegium zum Thema psychosoziale Belastung von Schüler:innen
                                                                                 45
 Fortbildungen für das Lehrerkollegium zum Umgang mit Schüler:innen mit Fluchterfahrung
                                                                      39
 Fortbildungen für das Lehrerkollegium zum Thema DAZ/ DAF (Deutsch als Zweitsprache)
                                                                    38
  Mehrfachnennungen möglich
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                                                        Ergebnisse im Detail
                                                                                                                                                         19

Beschulung von neu zugewanderten Schüler:innen
häufig in Schulen in sozial schwieriger Lage
Das deutsche Schulsystem hat in einem            Kinder und Jugendlichen werden an                       Schulleitungen und Lehrkräfte, son-
großen Kraftakt und mit beeindrucken-            Haupt-, Real- und Gesamtschulen (An-                    dern auch die Abmeldung und damit
dem Engagement seit März 2022 eine               teil an Gesamtschüler:innenschaft: 4,2                  einhergehenden Umplanungen an den
sehr hohe Zahl an geflüchteten ukrai-            Prozent), in der Grundschule (Anteil                    Schulen. Selbstverständlich bringt
nischen Schüler:innen aufgenommen.               an Gesamtschüler:innenschaft: 3,1                       der Schulwechsel auch psychosozi-
Mittlerweile sagen 80 Prozent der                Prozent) und an Gymnasien unterrich-                    ale Belastungen für die geflüchteten
Schulleitungen, dass an ihrer Schule             tet (Anteil an Gesamtschüler:innen-                     Kinder und Jugendlichen sowie für
ukrainische Schüler:innen beschult               schaft: 1,9 Prozent).                                   die Klassengemeinschaft mit sich, die
werden. In Ostdeutschland liegt der                                                                      wir an dieser Stelle nicht behandeln
Wert etwas niedriger bei 69 Prozent.             Neben der Verteilung der ukrainischen                   können. Wir haben bei den Schullei-
Im Median7 hat jede Schule sieben                Schüler:innen auf die verschiedenen                     tungen nachgefragt, wie viele ukraini-
ukrainische Schüler:innen aufgenom-              Schulen und ihrer Anzahl wollten wir                    sche Schüler:innen ihre Schule bereits
men. Bezogen auf die von den Schullei-           auch wissen, wie hoch die Fluktuation                   wieder verlassen haben, weil sie bei-
tungen angegebene Gesamtschüler:in-              dieser Schüler:innengruppe ist. Denn                    spielsweise in eine andere Schulform
nenschaft ihrer Schule, beträgt der              nicht nur die administrative Aufnahme                   gewechselt, innerhalb Deutschlands
Anteil der ukrainischen Schüler:innen            und die Beschulung von ukrainischen                     umgezogen oder in die Ukraine zurück-
2,7 Prozent. Die meisten ukrainischen            Schüler:innen binden Ressourcen der                     gekehrt sind. Mit 56 Prozent geben

 Wie viele neuzugewanderte Schüler:innen kamen
 seit März 2022 an die Schulen? *                                                                                                           in Prozent

                                                                    Neuzugewanderte                           Neuzugewanderte, die nicht
                                                                    aus der Ukraine                           aus der Ukraine kamen
    Alle Befragten                                                                        2,7                                     2,7
    Grundschulen                                                                            3,1                                       3,2
    Haupt-/Real-/Gesamtschulen                                                                     4,2                                3,2
    Gymnasien                                                                       1,9                              0,7
    Förderschulen                                                          0,8                                                        3,2
    Berufsbildende Schulen                                                    1,2                                           1,8
    Mehr als 50% der Eltern mit Sozialtransfer                                                  3,7                                                  5,3
    Mehr als 50% der Schüler:innen mit                                                          3,6                                               4,8
    Migrationshintergrund
 * die Zahl der Neuzugewanderten beruht auf einer Schätzung der Schulleitungen und wurde ins Verhältnis der geschätzten Gesamtschüler:innen-
 schaft an der jeweiligen Schule gesetzt.

                                                7	Der Median ist ein Messwert, der genau in der Mitte einer Datenreihe liegt, die nach der Größe
                                                   geordnet ist. Er ist weniger anfällig für Ausreißer – also Schulen, die keine oder sehr viele Schüler:innen
                                                   aufgenommen haben.
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                                    Ergebnisse im Detail
                                                                                                                                20

mehr als die Hälfte der Befragten an,
dass es Schulwechsel bzw. -abgänge          Wie werden die Bürokratie und die bereitgestellten
von ukrainischen Schüler:innen gab. In      Ressourcen für die Beschulung von neu zugewan-
den meisten Fällen waren hiervon ein        derten Schüler:innen eingeschätzt?
bis zwei (25 Prozent) oder 3 bis 5 (20
                                                                                                                   in Prozent
Prozent) Schüler:innen betroffen.
                                            Schulleitungen stimmen der Aussage zu:
Neben Schüler:innen aus der Ukraine            Voll und ganz oder eher
nehmen Schulen in Deutschland stetig           Eher nicht oder überhaupt nicht
auch neu zugewanderte Schüler:in-              Weiß nicht / keine Angaben
nen aus anderen Ländern auf. Anders
als bei den geflüchteten Kindern und        Der bürokratische Aufwand für die Aufnahme von neu zugewanderten
Jugendlichen aus der Ukraine, veröf-        und geflüchteten Schüler:innen ist zu hoch.
fentlicht die Kultusministerkonferenz                       44                                   44                        12
(KMK) allerdings hierzu keine Zahlen.
Wir wollten deshalb von den Schullei-       Die bereitgestellten finanziellen Mittel für die Beschulung von neu
tungen wissen, wie viele Schüler:innen      zugewanderten und geflüchteten Schüler:innen reichen nicht aus.
im gleichen Zeitraum, das heißt seit
                                                              51                                  32                   17
März 2022, aus anderen Ländern als
der Ukraine aufgenommen wurden. Es
                                            Die bereitgestellten personellen Mittel für die Beschulung von neu
zeigt sich, dass der Anteil der Schü-
                                            zugewanderten und geflüchteten Schüler:innen reichen nicht aus.
ler:innen aus anderen Ländern nahezu
identisch mit dem der Schüler:innen aus                                 72                                   17            11
der Ukraine ist. Auch hier liegt der An-
teil der seit März 2022 zugewanderten
Schüler:innen an der Gesamtschüler:in-     Auffällig für beide Schüler:innengrup-    Zusammenfassend kann festgehalten
nenschaft der Schule bei 2,7 Prozent.      pen ist, dass sie überdurchschnittlich    werden, dass diejenigen Schulen,
Im Median kamen fünf neu zugewan-          häufig an Schulen in sozial schwieriger   die sowieso schon mit vielfältigen
derte Kinder und Jugendliche an jede       Lage sowie mit einem hohen Anteil         Herausforderungen konfrontiert sind,
Schule. Insgesamt geben 77 Prozent der     von Kindern mit Migrationsgeschichte      überdurchschnittlich häufig neu zuge-
Schulleitungen an, dass Schüler:innen      beschult werden. An Schulen in eher       wanderte und geflüchtete Kinder und
mit wenig oder gar keinen Deutsch-         privilegierter Lage beträgt der Anteil    Jugendliche aus der Ukraine sowie aus
kenntnissen aus anderen Ländern als        ukrainischer Schüler:innen an der Ge-     anderen Ländern aufnehmen. Neben
aus der Ukraine an ihrer Schule aufge-     samtschüler:innenanzahl 2,6 Prozent.      dem zu hohen bürokratischen Aufwand
nommen wurden. Auch hier werden            Hingegen sind es 3,7 Prozent an Schu-     für deren Eingliederung, den fast die
deutlich weniger in Ostdeutschland be-     len in sozial schwieriger Lage. Deut-     Hälfte aller Schulleitungen (44 Pro-
schult (61 Prozent). Die meisten neu zu-   licher wird der Unterschied bei neu       zent) beklagt, werden die bereitgestell-
gewanderten Kinder und Jugendlichen        zugewanderten und geflüchteten Schü-      ten finanziellen sowie personellen Mit-
aus anderen Ländern als der Ukraine        ler:innen aus anderen Ländern als der     tel überwiegend als nicht ausreichend
werden vor allem an Haupt-, Real- und      Ukraine: Hier ist der Anteil von Neuzu-   für die Beschulung der neu zugewan-
Gesamtschulen, an Grundschulen und         gewanderten 2 Prozent an Schulen in       derten und geflüchteten Schüler:innen
an Förderschulen beschult, mit einem       eher privilegierter Lage, während er      eingeschätzt. Hier sehen 51 Prozent
jeweiligen Anteil von 3,2 Prozent an der   bei Schulen in sozial schwieriger Lage    der Schulleiter:innen Defizite bei der fi-
Gesamtschüler:innenschaft. Mit einem       bei 5,3 Prozent liegt. Eine ähnliche      nanziellen Ausstattung und 72 Prozent
Anteil von 0,7 Prozent wurden relativ      Verteilung ergibt sich auch an Schulen    bei der personellen Ausstattung ihrer
wenige Schüler:innen an Gymnasien          mit wenigen und vielen Kindern mit        Schule.
aufgenommen.                               Migrationsgeschichte.
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                                               Ergebnisse im Detail
                                                                                                                                              21

Ausreichende Förderung in Deutsch
                                                                                                 Gibt es für die Beschulung
für Neuzugewanderte kann häufig nicht                                                            von Schüler:innen mit
                                                                                                 wenigen oder gar keinen
gewährleistet werden                                                                             Deutschkenntnissen klare
Wir haben gefragt, wie gut die Schulen    halbes Jahr später bereits 61 Prozent                  Prozesse an der Schule?
pädagogisch-konzeptionell vorbereitet     der Schulleiter:innen. Insbesondere
sind, um neu zugewanderte Schüler:in-     an Schulen mit einem hohen Anteil von                      Voll und ganz oder eher
nen aufzunehmen. Während im voran-        Kindern und Jugendlichen mit einer                         Eher nicht oder überhaupt nicht
gegangenen Schulbarometer im April        anderen Familiensprache als Deutsch                        Weiß nicht / keine Angaben
2022 fast die Hälfte der Lehrkräfte (46   gibt es deutlich häufiger klare Prozes-
Prozent) bestätigten8 , dass ihre Schu-   se und Strukturen (69 Prozent) als an                  Alle Befragten
len über Konzepte für die Beschulung      Schulen, in welchen weniger als 25
neu zugewanderter Schüler:innen mit       Prozent der Schüler:innen eine andere                                      7
wenigen oder gar keinen Deutschkennt-     Familiensprache als Deutsch sprechen

                                                                                                                     %
nissen verfügen, sagen dies ein gutes     (52 Prozent).
                                                                                                            33

                                                                                                                                 61

                                                                                                 Weniger als 25 % Schüler:innen
                                                                                                 mit Migrationshintergrund

                                                                                                                   10

                                                                                                            38       %             52

                                                                                                 Mehr als 50 % der Schüler:innen
                                                                                                 mit Migrationshintergrund

                                                                                                                        2

                                                                                                             29

                                                                                                                     %
                                                                                                                              69

                                          8	Im April 2022 wurden vor allem Lehrkräfte befragt, darunter auch 140 Schulleitungen. Aufgrund der
                                             unterschiedlichen Fallzahlen der Schulleitungen sind die beiden Erhebungen nur eingeschränkt mitei­
                                             nander vergleichbar. In der Erhebung im April 2022 sagten 46 Prozent der Lehrkräfte, dass es Konzepte
                                             zur Beschulung von Neuzugewanderten gibt. Die Werte der Schulleitungen lagen hier etwas höher bei 50
                                             Prozent. Der Mittelwert aller Befragten war 47 Prozent.
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                   Ergebnisse im Detail
                                                                                                          22

                                                                     Weiterhin haben wir die Schulleitungen
Kann eine ausreichende Förderung in Deutsch                          gefragt, ob die ausreichende Förderung
für neu zugewanderte Schüler:innen gewähr-                           von Kindern und Jugendlichen mit we-
leistet werden?                                                      nigen oder gar keinen Deutschkenntnis-
                                                                     sen in der Unterrichtssprache Deutsch
   Voll und ganz oder eher
                                                                     an ihrer Schule gewährleistet werden
   Eher nicht oder überhaupt nicht
                                                                     kann. Im Ergebnis glaubt nur ein Drit-
   Weiß nicht / keine Angaben
                                                                     tel der Schulleitungen (35 Prozent),
                                                                     dass eine ausreichende Förderung
Alle Befragten
                                                                     voll und ganz oder eher gewährleistet
              6                                                      werden kann. Dementgegen gehen
                                                                     59 Prozent der Schulleitungen davon
                     35                              D               aus, dass die Förderung in Deutsch

              %                                                      nicht sichergestellt werden kann. Dies
                                                                     sagen insbesondere Schulleitungen an
        59                                                           Grundschulen (71 Prozent). Schullei-
                                                                     tungen an Schulen mit einem hohen
                                                                     Migrationsanteil sind zuversichtlicher,
                                                                     was die ausreichende Förderung in der
                                                                     deutschen Sprache anbelangt: Hier
Weniger als 25 % der Schüler:in-     Mehr als 50 % der Schüler:in-
nen mit Migrationshintergrund        nen mit Migrationshintergrund   geben immerhin 40 Prozent an, dass
                                                                     dies voll und ganz oder eher gelingt, im
              8                                  2                   Vergleich zu nur 28 Prozent an Schulen
                    28                                               mit einem niedrigen Migrationsanteil.

              %                                 %
                                                         40
                                                                     In der Tendenz haben also Schulen, die
                                                                     bereits Erfahrung in der Beschulung
                                          58
         65                                                          von Schüler:innen mit Migrationsge-
                                                                     schichte haben, häufiger klare Prozes-
                                                                     se und Strukturen für die Beschulung
                                                                     von neu zugewanderten Schüler:innen
                                                                     und es gelingt ihnen auch besser, eine
                                                                     ausreichende Förderung in Deutsch
                                                                     zu gewährleisten. In einer Einwan-
                                                                     derungsgesellschaft ist es allerdings
                                                                     unabdingbar, dass alle Schulen darauf
                                                                     vorbereitet sind, neu zugewanderte
                                                                     Schüler:innen aufzunehmen und best-
                                                                     möglich zu fördern.
DAS DEUTSCHE SCHULBAROMETER
                                                                                                         Ergebnisse im Detail
                                                                                                                                23

Fast die Hälfte der Schulen können noch einzelne
neu zugewanderte Schüler:innen aufnehmen
                                                                                           Abschließend sollten die befragten
Gibt es für die Aufnahme von neu zugewanderten                                             Schulleitungen einschätzen, ob ihre
Schüler:innen noch Kapazitäten an den Schulen?                                             Schule für die Aufnahme weiterer Kin-
                                                                          in Prozent       der und Jugendlicher mit wenig oder
                                                                                           keinen Deutschkenntnissen noch über
         Ja, wir können noch deutlich mehr Schüler:innen aufnehmen
                                                                                           notwendige räumliche oder perso-
         Ja, wir können aber nur noch einzelne Schüler:innen aufnehmen                     nelle Kapazitäten verfügt. Insgesamt
         Nein, wir haben keine Kapazitäten mehr                                            geben 43 Prozent der Schulleitungen
         Nein, wir arbeiten bereits über unserer Kapazitätsgrenze                          an, dass sie noch weitere neu zuge-
         Weiß nicht / keine Angabe                                                         wanderte Schüler:innen aufnehmen
                                                                                           können: 7 Prozent noch deutlich mehr
Alle Befragten                                                                             Schüler:innen, 36 Prozent nur noch
                                                                    27                     einzelne. Dies sagen eher Schulleitun-
     7               36                         26                                 4
                                                                                           gen an Schulen im ländlichen Raum
Grundschulen                                                                               und in eher privilegierter sozialer
                                                                                           Lage. Demgegenüber gibt ein Viertel
 6                      42                           25                  25            2
                                                                                           der Schulleitungen (26 Prozent) an,
                                                                                           keine Kapazitäten mehr zu haben. Und
Haupt-/Real-/Gesamtschulen
                                                                                           sogar 27 Prozent konstatieren, dass
 4                 34                   23                      38                     1
                                                                                           das Kollegium bereits über seiner
                                                                                           Kapazitätsgrenze arbeitet. Über dieser
Gymnasien
                                                                                           Kapazitätsgrenze arbeiten insbeson-
     10                   35                    23                  29                 3
                                                                                           dere Schulen in sozial schwieriger
                                                                                           Lage (45 Prozent), Haupt-, Real- und
Förderschulen
                                                                                           Gesamtschulen (38 Prozent), Schulen
  8           33                           18             27                  14
                                                                                           mit einem hohen Anteil von Kindern mit
                                                                                           Migrationsgeschichte (37 Prozent) und
Berufsbildende Schulen
                                                                                           Schulen, die einen hohen Anteil von
     8              30                       32                     23             7       Schüler:innen mit Lernrückständen (37
                                                                                           Prozent) haben. Oberste bildungspoli-
Mehr als 50% der Eltern mit Sozialtransfer                                                 tische Priorität muss es nun sein, diese
     9              30                15                       45                      1   Schulen gezielt durch bedarfsorientier-
                                                                                           te Förderprogramme zu entlasten.
Mehr als 50% der Schüler:innen mit Migrationshintergrund
 5                32                    26                          37
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