Das Engagement autoritärer Geberstaaten in Afrika - Großmachtstreben und Systemexport im geopolitischen Wettstreit? - Konrad ...
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Quelle: © Tomohiro Ohsumi, Reuters. Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit Das Engagement autoritärer Geberstaaten in Afrika Großmachtstreben und Systemexport im geopolitischen Wettstreit? Mathias Kamp 57
Im Zuge einer sich ändernden geopolitischen Weltlage hat der afrikanische Kontinent an Bedeutung gewonnen – als Handelspartner und Investitionsziel, als Mitstreiter bei der Bewältigung globaler Herausforderungen, aber auch als Schauplatz militärisch-strategischer Machtspiele externer Akteure. Zu diesen Akteuren zählen mit China, Russland und der Türkei drei autoritäre Staaten mit Regional- und Großmachtansprüchen. Aus europäischer Sicht werden deren Aktivitäten in Afrika mit Skepsis und Sorge beobachtet. Neben dem wirtschaftlichen Wettbewerb geht es dabei auch um konkurrierende Werte und Gesellschaftsmodelle. Europa sei konfrontiert mit drei „wiedererwachen- Engagement externer Akteure auf dem Konti- den Imperien“, so formulierte es der europäische nent größer als aktuell. Bereits im März 2019 Außenbeauftragte Josep Borrell im September beschrieb The Economist einen „New Scramble 2020 vor dem Europäischen Parlament. Er bezog for Africa“ – also ein neues Ringen um den Konti- sich dabei auf China, Russland und die Türkei.1 In nent.3 Dabei geht es nicht nur um einen Wettlauf einem Gastbeitrag für die Zeitung Le Journal du um den Zugang zu den Rohstoffen und Märkten Dimanche führte er dazu aus: „Über ihre Beson- des Kontinents sowie die Chancen für die eige- derheiten hinaus haben Russland, China und die nen Investoren, Produkte und Technologien. Türkei drei gemeinsame Merkmale: Sie sind gegen- Es geht auch um Sicherheitsbedrohungen und über der Außenwelt souverän und innerhalb ihrer Migrationsströme, um geopolitische Einfluss- eigenen Grenzen autoritär. Sie sind bestrebt, ihre sphären und strategische Allianzen, um die 54 Einflusszonen klar abzustecken. Und sind ent- afrikanischen Stimmen bei den Vereinten Nati- schlossen, sie unter allen Umständen zu schützen.“2 onen und um gemeinsame Anstrengungen zur Bewältigung globaler Herausforderungen. Anlass für Borrells Aussagen waren vor allem die Position Russlands in der Belarus-Krise, Chinas Die „traditionellen“ westlichen Geber sind Umgang mit der Hongkong-Frage sowie die türki- durch das Engagement der anderen in Afrika schen Aktivitäten im Mittelmeerraum. Doch auch in mehrfacher Sicht herausgefordert. Die mit einem speziellen Blick auf Subsahara-Afrika westliche Entwicklungshilfe hat in Anbetracht lohnt sich der Fokus auf ebenjene drei Staaten als der attraktiven Alternativen anderer Geber in externe Akteure. Alle drei haben die strategische ihrer Funktion als Anreiz und Druckmittel für Bedeutung des Kontinents erkannt und zeigen Reformen und gute Regierungsführung erheb- sich dort immer aktiver. Während das chinesi- lich an Potenzial eingebüßt. Letztlich geht es sche Engagement schon seit Langem beäugt und um mehr als den Wettbewerb wirtschaftlicher viel diskutiert wird, sind die sich intensivierenden Interessen. Der Westen hat die Entwicklungs- Aktivitäten Russlands und der Türkei eher Beob- zusammenarbeit immer auch als Instrument achtungen der jüngeren Vergangenheit und fin- zur Förderung seiner Werte begriffen und das den bisher weniger Aufmerksamkeit. eigene Gesellschaftsmodell vermarktet. Nun treten mit autoritär geführten Ländern wie Afrika im geopolitischen Fokus China, Russland und der Türkei Akteure auf den Plan, die zum Teil fundamental andere Werte Die drei Länder sind in guter Gesellschaft: Nie vertreten. Wird das Engagement der Geber in waren das globale Interesse an Afrika und das Afrika damit zum Austragungsvehikel einer 58 Auslandsinformationen 2|2021
neuen Systemkonkurrenz? Es lohnt sich ein entwickelt. Institutionalisiert wurde die Zusam- genauer Blick. menarbeit mit Afrika durch die Etablierung des China-Afrika-Kooperationsforums, welches seit China: Der Big Player auf dem Kontinent dem Jahr 2000 alle drei Jahre stattfindet und bei dem die Chinesen regelmäßig neue, stetig In Europa wird das massive Engagement des „sys- wachsende Pakete zur finanziellen Unterstützung temischen Rivalen“4 China in Afrika seit vielen verkünden. Waren es 2006 noch fünf Milliarden Jahren kontrovers diskutiert. Neue Dynamiken US-Dollar, so wurden beim letzten Gipfel 2018 im Zuge der Coronapandemie rückten das Thema Finanzmittel in Höhe von 60 Milliarden US-Dol- noch einmal verstärkt in den Fokus. lar festgelegt (50 Milliarden davon aus staatlicher Hand). Auch das chinesische Handelsvolumen In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich mit Afrika hat sich vervielfacht: Lag es im Jahr China für die afrikanischen Länder zu einem 2000 noch bei lediglich zehn Milliarden US-Dol- der wichtigsten Investoren und Handelspartner lar, stieg es zuletzt auf über 200 Milliarden an. Alle Wege führen nach Peking? Das chinesische Engagement im Infrastrukturausbau, wie hier in Kenia, stößt in eine Lücke, die westliche Geber hinterlassen. Quelle: © Thomas Mukoya, Reuters. Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit 59
Seit 2013 bildet die Initiative „Neue Seiden Mobilisierung von Unterstützung für Chinas straße“ eine zentrale Säule der chinesischen Anliegen in multilateralen Institutionen. Außenpolitik unter Xi Jinping. Ziel ist der Aufbau eines umfassenden Handelsnetzwerks zwischen Für die afrikanischen Länder haben sich mit dem Asien, Afrika und Europa – aber letztlich auch chinesischen Engagement neue Spielräume erge- der Ausbau von Chinas globalem Einfluss. Auch ben, aber es drohen auch neue Abhängigkeiten. afrikanische Länder lockt dieses wirtschafts- und Immer mehr Stimmen auch innerhalb Afrikas geopolitische Megaprojekt mit Investitionen und warnen seit geraumer Zeit vor einer neuen Schul- Entwicklungsimpulsen. Dabei fließen die Gelder denfalle. Dabei wächst die Sorge, China könnte vor allem in große Infrastrukturprojekte und die bei Zahlungsunfähigkeit die Kontrolle über zen Erschließung von Rohstoffen. Mit besonderer trale Infrastrukturen in afrikanischen Ländern an Sorge blickt man aus Europa aber auch auf die sich reißen. chinesische Dominanz im IT- und Kommunikati- onssektor und die weitgehenden Abhängigkeiten Neben den wirtschaftlichen Investitionen hat der afrikanischen Netze und Systeme von chine- sich in den vergangenen Jahren auch eine mili- sischer Technologie. tärisch-strategische Komponente des chinesi- schen Engagements in Afrika entwickelt. 2017 eröffnete China einen Militärstützpunkt in Immer mehr Stimmen auch Dschibuti. Der erste und bisher einzige perma- innerhalb Afrikas warnen seit nente Truppenstandort außerhalb Chinas liegt in unmittelbarer Nähe der ebenfalls dort angesie- geraumer Zeit vor einer neuen delten Stützpunkte der Amerikaner und Franzo- Schuldenfalle. sen. Jenseits dieser militärischen Präsenz leistet China den größten Anteil zur Finanzierung und Truppenausstattung von VN-Missionen auf dem Vielen afrikanischen Regierungen kommt das Kontinent und engagiert sich zunehmend bilate- Angebot der Chinesen entgegen. Der Fokus auf ral in der Ausbildung und Ausstattung des Mili- Infrastrukturausbau im großen Stil schließt eine tärs afrikanischer Partnerländer. Lücke, die sich auch aus der Schwerpunktlegung westlicher Geber auf Armutsbekämpfung, Bildung Russland: Nachzügler mit und Gesundheit ergibt. Zudem gelten die Projekte großen Ambitionen der Chinesen als schnell und unkompliziert. China bietet seine Wirtschaftshilfe zumeist in Form von Nach etwa zweieinhalb Jahrzehnten der Vernach- preiswerten Krediten an, verzichtet weitgehend lässigung des Kontinents feierte Russland in den auf Konditionalitäten, stellt keine Fragen nach vergangenen Jahren eine Art Comeback in Afrika. demokratischen oder menschenrechtlichen Nach Ende des Kalten Krieges hatte sich Russland Standards. Peking betont die strikte Einhaltung aus geostrategischen Unterfangen in Afrika weit- des Souveränitätsprinzips und inszeniert sich in gehend zurückgezogen. Erst in den vergangenen Abgrenzung zu den westlichen Gebern als „wahrer fünf bis sechs Jahren ist das russische Engagement Freund Afrikas“ ohne Kolonialvergangenheit und auf dem Kontinent wieder merklich gestiegen. ohne Bevormundungsabsichten.5 Doch Kritiker Einen Meilenstein bildete der erste russisch-afri- sehen Chinas Engagement skeptisch, manche gar kanische Gipfel in Sotschi im Oktober 2019. Mit als neue Form des „Kolonialherrentums“.6 Klar dem Gipfel katapultierte sich Russland – zumin- ist, dass für China die eigenen wirtschaftlichen dest in der medialen Wahrnehmung – im Feld und strategischen Interessen im Vordergrund der Geber und strategischen Partner Afrikas weit stehen: Erschließung von Märkten für chinesi- nach vorne. 43 Staats- und Regierungschefs nah- sche Unternehmen und Produkte, (langfristige) men teil. Präsident Wladimir Putin verkündete Sicherung von Zugängen zu wichtigen Ressour- einen Schuldenerlass in Höhe von 20 Milliarden cen, Ausweitung der geopolitischen Einflusszone, US-Dollar gegenüber afrikanischen Ländern und 60 Auslandsinformationen 2|2021
Größter Waffenlieferant in Afrika: Russland ist für nahezu die Hälfte aller Rüstungsexporte auf den Kontinent verantwortlich. Quelle: © Sergei Chirikov, Reuters. unterzeichnete bilaterale Investitionsabkom- Das russische Narrativ gegenüber Afrika klingt men über insgesamt 12,5 Milliarden US-Dollar. dabei durchaus ähnlich wie das chinesische. Im Seitdem tritt Russland weitaus offensiver und Vorfeld des Sotschi-Gipfels hatte Putin in einem sichtbarer in Afrika auf als zuvor und weitet sein Interview erklärt, er wolle in Afrika dort einsprin- Engagement stetig aus. Man muss jedoch festhal- gen, wo Europa und die USA enttäuschten. West- ten, dass Russland mit Blick auf Finanzhilfen und liche Länder nutzten „Druck, Einschüchterung Handelsvolumen im Vergleich zu Afrikas quanti- und Erpressung gegen souveräne afrikanische tativ wichtigsten Partnern – USA, China, Europa Regierungen“, so Putin. Russland dagegen helfe und auch Indien – eher als Zwerg erscheint. Aus aus, ohne vorher Bedingungen zu stellen.7 Doch europäischer Sicht wird auch weniger der Umfang dass Russland – wie auch die anderen Akteure – als vielmehr die Art und Weise des russischen nicht uneigennützig in Afrika tätig ist, erklärt Engagements mit Sorge betrachtet. sich von selbst. Wirtschaftlich geht es vor allem Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit 61
um Zugang zu Ressourcen wie Öl und Gas, aber Interessen, bieten – wie zum Beispiel in der Zen- auch zu seltenen Erden und Diamanten. Und es tralafrikanischen Republik – den lokalen Regie- geht um Exportmärkte in den Schwerpunktberei- rungen zentrale Sicherheitsdienste an und sind chen Landwirtschaft, Energie und Verteidigung. besonders dort aktiv, wo es um den Zugang zu Oft überschneidet sich dabei die sichtbare, for- wertvollen Bodenschätzen geht.9 melle Kooperation mit informellen bis klandes- tinen Unternehmungen. Russland scheut sich Türkei: Afrika als Spielfeld für Erdoğans weder davor, offen mit Despoten zu kooperieren, Streben nach Einfluss? noch davor, sich in rechtliche Grauzonen und Konfliktgebiete vorzuwagen. So umfasst das rus- Die Türkei sieht sich allein schon aus geogra- sische Engagement in Afrika Projekte wie Bauxit- fischen Gründen als Schnittstelle zwischen förderung durch staatliche russische Konzerne Europa und Asien sowie dem afrikanischen in Guinea, Offshore-Gasförderung in Mosambik, Kontinent. Doch mit Blick auf die Länder süd- Diamantenförderung in Angola, Gasverflüssigung lich der Sahara ist die Türkei erst in den ver- im Kongo, Bergbau in Simbabwe und Nuklear gangenen 15 Jahren als nennenswerter Akteur energie für Ägypten, um nur einige Beispiele zu auf den Plan getreten. Bis etwa um die Jahr- nennen. Als wichtiger Türöffner fungiert dabei tausendwende beschränkte sich das türkische nicht selten Russlands Bereitschaft, autoritären außenpolitische Engagement weitgehend auf Machthabern politisch den Rücken zu stärken – die Mittelmeeranrainer und Golfstaaten. Rich- und sie militärisch aufzurüsten. tig in Fahrt kam die türkische Afrikapolitik erst ab 2003 unter dem damals noch als Premiermi- nister fungierenden Recep Tayyip Erdoğan. Als Beobachter gehen davon aus, Meilenstein gilt der erste türkisch-afrikanische dass hunderte Söldner russi Kooperationsgipfel im Jahr 2008. Seitdem führt die Afrikanische Union die Türkei als „strate- scher Sicherheitsfirmen auf gischen Partner“. Unter Erdoğans Führung dem Kontinent unterwegs sind. haben sich die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit afrikanischen Ländern immer weiter intensiviert. Das türkische Außenminis- Niemand liefert mehr Waffen an afrikanische terium definiert die Beziehungen mit Afrika als Staaten als Russland, das für nahezu die Hälfte zentrales Ziel der Außenpolitik. Erdoğan per- aller Rüstungsexporte auf den Kontinent ver- sönlich unternahm bis heute mehr als 40 Reisen antwortlich ist. Zwischen 2015 und 2019 unter- auf den Kontinent. Weitere Zahlen untermau- zeichneten 21 afrikanische Staaten Abkommen ern das gestiegene Interesse: 2003 gab es zwölf zur militärischen Kooperation mit Russland. türkische Botschaften in Afrika, mittlerweile Die größten Empfänger südlich der Sahara sind sind es 42. Das Handelsvolumen zwischen der Angola, Nigeria und Sudan. Jenseits des Waffen- Türkei und Afrika südlich der Sahara stieg von handels übt Russland über Fortbildungen und einer Milliarde US-Dollar im Jahr 2002 auf 7,6 Entsendung von Militärspezialisten und Beratern Milliarden US-Dollar im Jahr 2019. Ankara hat maßgeblichen Einfluss im Sicherheitssektor aus. sich unterdessen zu einem zentralen Drehkreuz Beobachter gehen zudem davon aus, dass hun- für Flüge von und nach Afrika entwickelt. Die derte Söldner russischer Sicherheitsfirmen auf teilstaatliche Fluggesellschaft Turkish Airlines dem Kontinent unterwegs sind.8 Die genauen steuert 52 Ziele in 34 afrikanischen Ländern an. Modalitäten der Einsätze dieser Firmen bleiben In kurzer Zeit sei der „türkische Fußabdruck“ zumeist im Dunkeln, aber sie müssen als Teil der in Afrika größer geworden als der vieler euro- russischen Gesamtstrategie verstanden werden. päischer Länder, so fasste es Carlos Lopes, frü- Die Sicherheitsfirmen haben bekanntermaßen herer Leiter der UN Economic Commission for enge Verbindungen in den Kreml. Vor Ort leis- Africa (UNECA), in einem Tweet im März 2021 ten sie einen Beitrag zur Sicherung der russischen zusammen.10 62 Auslandsinformationen 2|2021
Anfänglich stand die türkische Afrikapolitik ganz Vorbild zu orientieren, sondern auch den direk- im Zeichen von Handel, humanitärer Hilfe und ten Wettbewerb nicht zu scheuen. Erfolgreich Entwicklungszusammenarbeit. Eine Schlüssel- setzte die Türkei sich gegenüber chinesischen rolle für das türkische Engagement in Afrika spielt Mitbewerbern unter anderem bei Aufträgen dabei Somalia. Nicht umsonst steht dort seit 2016 zum Bau einer Eisenbahnlinie in Äthiopien, eines die weltweit größte türkische Botschaft.11 Bereits Konferenzzentrums in Ruanda sowie des Parla- 2011, als das vom Bürgerkrieg erschütterte Land mentsgebäudes in Äquatorialguinea durch. vom Rest der Welt weitgehend gemieden wurde, reiste Erdoğan in die Hauptstadt Mogadischu Wie auch bei anderen externen Akteuren in und versprach ein umfassendes Hilfspaket. In Afrika lassen sich Ankaras wirtschaftliche, poli- der Folge entwickelte sich die Türkei dort zum tische, humanitäre und militärische Ziele kaum größten Geber jenseits der O ECD DAC-Länder. voneinander trennen. Die türkische Regierung Doch hinter der Fassade der Wohltätigkeit tritt stellt in der Rhetorik jedoch den wohltätigen immer deutlicher die militärisch-strategische Charakter des Engagements und die „brüderli- Agenda zu Tage. Während sich im benachbarten che“ Verbundenheit mit den afrikanischen Län- Dschibuti die Militärbasen zahlreicher anderer dern in den Vordergrund. Gerne nutzt das Land internationaler Akteure konzentrieren – darun- dabei auch den Verweis auf die Geschichte und ter die der USA, Chinas und Frankreichs – nutzte ein anti-koloniales Narrativ: Im Gegensatz zu die Türkei das Engagement in Somalia, um dort den großen westlichen Gebern trage man keine auch eine militärische Präsenz aufzubauen: Am „kolonialen Altlasten“ mit sich, heißt es dann von Flughafen in Mogadischu befindet sich seit 2017 türkischer Seite.12 das größte Militärcamp der Türkei im Ausland. Neben historischer und religiöser Verbundenheit Doch während Erdoğan sich als der „wahre erklärt sich der türkische Fokus auf das Horn von Freund“ Afrikas inszeniert, betonen Kritiker, Afrika vor allem vor dem Hintergrund geopoliti- dass es auch der Türkei letztlich um Eigeninter scher Interessen und der regionalen Konkurrenz essen geht.13 Das Engagement in Afrika muss im mit den Golfstaaten im Ringen um Einfluss in der Kontext des Kampfes um regionale Vormachtstel- sogenannten Rotmeer-Arena. Das militärische lung verstanden werden, vor allem in Konkurrenz Engagement muss auch im Kontext der wach- mit den Widersachern im Nahen Osten. Unab- senden Bedeutung der türkischen Rüstungsindus hängig davon, für wie realistisch man seine Groß- trie gesehen werden. Deren Ausbau ist Teil einer machtfantasien – den Traum von einem „neuen immer offensiveren Außenpolitik. 2020 sicherte osmanischen Reich“14 – vor dem Hintergrund der sich die Türkei im Zuge dessen unter anderem wirtschaftlichen und innenpolitischen Schwierig- wichtige Abkommen mit Nigeria zur Ausrüstung keiten der Türkei bewertet: Erdoğan hat verstan- und Ausbildung des dortigen Militärs. den, dass eine stärkere Präsenz in Afrika – auch südlich der Sahara – in dem Bestreben hilft, als Global Player wahrgenommen zu werden. Neben Ankaras wirtschaftliche, Geopolitik geht es aber auch um innenpolitische politische, humanitäre und Anliegen wie den Rohstoff- und Energiebedarf: Bis Anfang 2020 hatte die Türkei 17 Abkommen militärische Ziele lassen sich mit afrikanischen Ländern zur Erforschung und kaum voneinander trennen. Förderung von Mineralien geschlossen. Interessen und Werte: A utokratieförderung Auch wenn die Türkei im Vergleich zu China als Gegenmodell? nach wie vor eine vergleichsweise kleine Rolle auf dem Kontinent spielt, so scheint man sich mit Bei allen Unterschieden zwischen den drei Blick auf größere Investitionen in afrikanische Akteuren werden einige zentrale Gemeinsam- Infrastrukturprojekte nicht nur am chinesischen keiten deutlich: Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit 63
• eine offensive rhetorische Abgrenzung von zum westlichen Modell, das sich aus klar definier- den „traditionellen“ Gebern und die eigene ten Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaat- Darstellung als Gegenmodell zur vermeintli- lichkeit sowie den universellen Menschenrechten chen Bevormundung durch den Westen, speist – ist hier nicht erkennbar. Forscher des Ger- man Institute for Global and Area Studies (GIGA) • eine deutliche Fokussierung auf große Infra- in Hamburg kamen 2017 in einer Studie zu dem strukturmaßnahmen und die systematische Schluss, dass eine „genuine Autokratieförderung Erschließung von Zugängen zu Rohstoffen, im Sinne einer aktiven Unterstützung und Stär- kung eines ‚positiven‘ ideologischen Projekts – • eine bewusste Verknüpfung wirtschaftlicher, welcher Art auch immer – im 21. Jahrhundert militärischer und diplomatischer Ziele sowie kaum existiert“.15 die Schaffung entsprechender Abhängigkei- ten bei gleichzeitiger Betonung der Souverä- nität der afrikanischen Partnerstaaten, In Afrika ist die demokratische Entwicklung trotz gelegentlicher • ein Verzicht auf politische Konditionalitäten hoffnungsvoller Aufbrüche und Mindeststandards bei Demokratie und Menschenrechten. derzeit primär von Rück schritten geprägt. Wenngleich bei der Einforderung nicht selten die letzte Konsequenz fehlt, so betonen die westli chen Geber jedoch immer auch die eigenen Werte mit Blick auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Nichtsdestotrotz muss das Engagement aus Sicht im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit. der Verteidiger des Projekts der liberalen Demo- Im Kontrast dazu versuchen China, Russland kratie mit Sorge betrachtet werden. Ohnehin und die Türkei, die unter ihrer jeweiligen aktu- ist dieses Modell, wenn man sich die aktuellen ellen Führung einen autoritären Gegenentwurf politischen Entwicklungen weltweit anschaut, zur liberalen Demokratie westlicher Prägung zunehmend in die Defensive geraten. Auch in verkörpern, den Eindruck einer pragmatischen Afrika ist die demokratische Entwicklung trotz und weitgehend ideologiefreien Außen- und gelegentlich hoffnungsvoller Aufbrüche derzeit Wirtschaftspolitik zu erwecken. In der Realität primär von Rückschritten geprägt. Autokratien lässt sich diese Fassade leicht durchschauen. verfestigen sich, hybride Regime rutschen im Die vermeintliche Nicht-Konditionalität erweist Spektrum weiter in Richtung Autoritarismus und sich bei genauerem Blick als Illusion, denn auch die wenigsten Demokratien können als konso- die Leistungen der autoritären Staaten sind an lidiert angesehen werden. In diesem Kontext Bedingungen geknüpft, auch wenn diese oft kann das Angebot der autoritären Geber eine nicht explizit nach außen artikuliert werden. In entscheidende Rolle spielen für die Frage, in der geopolitischen Auseinandersetzung geht es welche Richtung sich die afrikanischen Staaten eben nicht nur um Märkte und Rohstoffe, sondern zukünftig entwickeln. auch um Werte, um die eigene Vorstellung von Staat und Gesellschaft – und damit letztlich um Auch ohne einen expliziten Ansatz der Autokra- Systemkonkurrenz. tieförderung zeigt sich im Engagement der drei oben erläuterten Akteure eine ganze Reihe von Gibt es also einen Gegenentwurf zum westlichen Aktivitäten, die direkt oder indirekt die Bemü- Ansatz der Demokratieförderung im Kontext der hungen der westlichen Partner untergraben bzw. Entwicklungszusammenarbeit? Verbindet die die eigenen Vorstellungen von Staat und Gesell- autoritären Geberländer ein Konzept der Autokra- schaft vermarkten und verankern sollen: tieförderung? Ein eindeutig definiertes Leitmotiv, geschweige denn ein Prinzipienkatalog – analog 64 Auslandsinformationen 2|2021
1. Die Diskreditierung westlicher politischer Kondi- nur korrupte Praktiken, sondern mache sich tionalitäten und der Verzicht auf demokratische diese aktiv zu Nutze, um internationale Mit- und menschenrechtliche Standards bewerber auszuschalten. Ob nun durch aktive Beteiligung oder durch stille Toleranz: In Die wohl größte Schwächung der westlichen jedem Fall unterlaufen die Praktiken ebenjene Bemühungen um Förderung und Einhaltung Bestrebungen anderer Entwicklungspartner, demokratischer und menschenrechtlicher Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung Standards besteht in der Verfügbarkeit der und verlässliche Verwaltungsverfahren in den scheinbar „bedingungslosen“ Angebote der Empfängerländern zu stärken. autoritären Geber. Sie bieten afrikanischen Regierungen mit zweifelhaften Bilanzen in 3. Der Export autoritärer Instrumente diesem Bereich „bequeme“ Alternativen der Finanzierung notwendiger Entwicklungsvor- Autokratien lernen voneinander. Den afri- haben und schwächen damit das Druckmit- kanischen Autokratien und Hybridregimen telpotenzial der Angebote westlicher Geber. haben China, Russland und die Türkei eine ganze Menge an Lektionen zu bieten. Dabei hilft der eigene Erfahrungsschatz im Nicht selten werden die Deals repressiven Umgang mit Presse, Zivilge- der chinesischen, russischen sellschaft und Opposition. In vielen afrika- nischen Ländern ist ein anhaltender Trend und türkischen Partner zu shrinking spaces, also einem immer enger bewusst so undurchsichtig werdenden Raum für zivilgesellschaftliches gestaltet, dass eine unabhängige und oppositionelles Engagement sowie freie Kontrolle kaum möglich ist. Meinungsäußerung, zu beobachten. Die dabei eingesetzten Instrumente – seien es verschärfte Gesetze, Missbrauch der Exe- kutivgewalt oder die Instrumentalisierung 2. Die bewusste Inkaufnahme und Instrumentali- des Sicherheitsapparates – orientieren sich sierung intransparenter Verfahren und korrup- dabei auffällig oft an den Beispielen der ter Praktiken autoritären Geber. Zu den Handlungsemp- fehlungen werden mitunter die notwendigen Nicht nur verzichten die autoritären Geber technischen Instrumente gleich mitgeliefert: auf politische Konditionalitäten, sie nehmen Neben Ausrüstung für die Sicherheitskräfte mangelnde Rechtsstaatlichkeit, Intranspa- kann dies zum Beispiel auch Überwachungs- renz und Korruption in Kauf bzw. nutzen sie technologien umfassen, um die eigenen bewusst für ihre Zwecke. Viele der unkondi- Bürger auszuspionieren. Aber auch eine tionierten Kredite unterlaufen zum Beispiel quasi-ideologische Komponente ist erkenn- die Extractive Industries Transparency Initi- bar, wenn afrikanische Regierungen auf die ative (EITI), die das Ziel verfolgt, Patronage „Erfolgsbeispiele“ der autoritären Geber und Korruption etwa in der Ölindustrie zu hinweisen und daraus ableiten, dass die von bekämpfen. Transparenz, faire Ausschreibun- westlichen Gebern eingeforderten demokra- gen und verbindliche Regeln bleiben auf der tischen Standards „nicht notwendig“ seien. Strecke. Nicht selten bewegen sich die Deals der chinesischen, russischen und türkischen 4. Die direkte Einflussnahme auf politische Ent- Partner bewusst in Grauzonen oder werden so scheidungsträger undurchsichtig gestaltet, dass eine unabhän- gige Kontrolle durch Justiz, Medien und Zivil- Zum Instrumentarium zählt auch die Ein- gesellschaft kaum möglich ist. Dazu kommt flussnahme auf politische Entscheidungsträ- der regelmäßige Vorwurf, man toleriere nicht ger von der nationalen bis zur lokalen Ebene Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit 65
außerhalb formeller Verhandlungskanäle. im Hinblick auf digitale Wahlmanipulation, Gezielt werden Entscheidungsträger – vom Betrieb von Bots und Trollfabriken sowie die Bürgermeister über leitende Beamte bis hin gezielte Verbreitung von Fake News.18 Auch zum Minister – über Fortbildungsangebote Chinas Propagandamaschinerie hat über oder Delegationsreisen angesprochen, um traditionelle wie auch soziale Medien eine persönliche Bindungen zu fördern und die eigenen Werte zu vermitteln. Eine zentrale Gemeinsamkeit zwischen den autoritären Gebern und vielen afrikanischen Partnerländern ist die mangelnde Trenn- schärfe zwischen bzw. die Verschmelzung von Staat und Regierungspartei. Insbeson- dere China verfolgt seit einiger Zeit auch verstärkt einen Ansatz der direkten Förde- rung afrikanischer Parteien. Dabei reichen die Netzwerke von alten Verbindungen zu sozialistischen Parteien bis hin zu jüngeren, pragmatischen Verbindungen zu Regierungs- parteien unabhängig von ihrer ideologischen Verortung.16 Kritiker sehen in den von China angebotenen Schulungen für Kader und Funktionäre afrikanischer politischer Par- teien ein weiteres Vehikel, um das autoritäre chinesische Gesellschafts- und Entwicklungs- modell unter den afrikanischen politischen Eliten ideologisch zu verankern.17 5. Die Schwächung demokratischer Prozesse durch Desinformation und Manipulation Zum Instrumentarium der autoritären Kräfte zählen im Zeitalter der digitalen Vernetzung auch die gezielte Manipulation der öffentli- chen Meinung durch Desinformation sowie direkte Angriffe auf die Integrität von Wahl- prozessen auf digitalem Wege. Diesbezüg- liche Anschuldigungen gegen Russland sorgten nicht nur in Europa und den USA für Schlagzeilen, sondern auch in afrikanischen Ländern. Dort gibt es Hinweise auf ein inten- sives Engagement Russlands in der Ausbil- dung und Ausstattung autoritärer Staaten Religion als Element türkischer soft power in Afrika: Somalische Koranschüler erwarten Präsident Erdoğan in Mogadischu. Quelle: © Feisal Omar, Reuters. 66 Auslandsinformationen 2|2021
enorme Reichweite und einen großen Ein- Stiftung zeigt auf, dass China, Russland und fluss auf die öffentliche Meinung in Afrika.19 auch die Türkei über ein breites Instrumen tarium – Investitionen in afrikanische Medien- Eine aktuelle Studie des Medienprogramms häuser, technische Ausstattung, Journalisten- Subsahara-Afrika der Konrad-Adenauer- schulungen, Platzierung eigener Formate und Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit 67
Inhalte etc. – massiv auf die Medienlandschaft Herausforderung für die w estlichen in Afrika einwirken, um Einfluss auszuüben Demokratien und ihre Narrative zu verbreiten.20 Für die westlichen Geber stellt das Engagement 6. Die Nutzung von soft power zur Vermittlung der von Akteuren wie China, Russland und der Türkei eigenen Werte eine große Herausforderung dar. Die gestiegene Konkurrenz erschwert die Zugänge und Ein- Auch Kultur, Sprache und Bildung tragen als flussmöglichkeiten, man droht im Wettlauf um Instrumente von soft power zur verstärkten wichtige Ressourcen ins Hintertreffen zu geraten Einflussnahme und Vermittlung der eige- und verpasst wichtige Investitionsmöglichkeiten. nen Werte bei. Diesen Aspekt beziehen auch Zudem unterlaufen die Angebote und Praktiken China, Russland und die Türkei mehr und der autoritären Geber die eigenen Bemühungen mehr in ihre Afrikastrategien mit ein. Die um demokratische Fortschritte in Afrika, die als staatlich finanzierten Konfuzius-Institute mit zentraler Faktor für die Gewährleistung von wirt- engen Verbindungen zur Kommunistischen schaftlicher Entwicklung und Stabilität auf dem Partei fördern die chinesische Sprache und Nachbarkontinent gesehen werden. Kultur im Ausland. Noch bis 2004 gab es kein solches Institut in Afrika, mittlerweile sind es über 50. Mit dem Äquivalent der Russkiy Mir Beim Einsatz für Demokratie Foundation wagt sich unterdessen auch Russ- sollte der stärkste Verbündete land in dieses Gebiet vor. nicht vergessen werden: Alle drei Länder bauen zudem ihre Angebote die Bevölkerung in Afrika. für afrikanische Stipendiaten aus. China hat sich mittlerweile zum größten Stipendien- geber für afrikanische Studenten entwickelt Deutschland und die europäischen Geber – aber und ist zum beliebtesten Ziel zum Zweck der auch die sich unter Joe Biden gegenüber Afrika Aus- und Weiterbildung geworden. Russland neu positionierenden U SA – tun gut daran, sich versucht durch die Wiederbelebung von dieser Herausforderung offensiv zu stellen und Alumniverbänden an historische Verbindun- dabei auch die eigenen Praktiken und Strategien gen anzuknüpfen und baut auf Loyalitäten zu hinterfragen. Dabei geht es nicht um die Ver- unter Politikern und Funktionären, die noch wässerung der Standards und Erwartungen mit zu Sowjetzeiten dort studiert haben. Blick auf die Aspekte, die sich unter „guter Regie- rungsführung“ zusammenfassen lassen. Den fal- Im Falle der Türkei kommt noch ein weiteres schen Bevormundungsnarrativen der autoritären zentrales Element von soft power hinzu: Reli- Geber nachzugeben und die eigenen Prinzipien gion. Unter Erdoğan sichert sich das Land und Konditionalitäten abzuschwächen wäre der seinen Einfluss auch über millionenschwere falsche Weg und käme der Aufgabe zentraler Investitionen in den Bau von Moscheen im Werte gleich. Stattdessen müsste vielmehr die Sahel und am Horn von Afrika bis nach Süd- eigene Konsequenz bei der Einforderung dieser afrika. Beobachter sehen im afrikanischen Grundvoraussetzungen gestärkt werden als Basis Kontext in der Religion einen zielführenden für eine solide Kooperation mit afrikanischen Pfad der Einflussnahme und insbesondere in Ländern. Beim Einsatz für Demokratie und Men- Moscheen einen Ort zur effektiven Verbrei- schenrechte sollte der stärkste Verbündete nicht tung der eigenen Ideologie.21 vergessen werden: die Bevölkerung in Afrika. Die große Mehrheit der Menschen dort hadert mit den politischen Umständen und wünscht sich den demokratischen Aufbruch. Es ist also gebo- ten, am Ansatz der aktiven Demokratieförderung 68 Auslandsinformationen 2|2021
festzuhalten und zum Beispiel Maßnahmen zur Der Anfang 2020 von der EU-Kommission Stärkung freier Medien und einer aktiven Zivil- präsentierte Entwurf einer stärker von wech- gesellschaft noch zu forcieren – gerade im Wissen selseitigen Interessen geleiteten gemeinsamen um das Engagement anderer Akteure in die ent- EU-Afrika-Strategie bietet viele Ansätze, um die gegengesetzte Richtung. Beziehungen zum Nachbarkontinent auf eine neue, starke Grundlage zu stellen. Doch vom Dem Großmachtgebaren und Aufspielen als groß angekündigten „Afrikajahr“ 2020 der EU „wohltätiger Freund“ aus Peking, Moskau und war im Schatten von Corona nicht viel zu spü- Ankara muss ein eigenes resolutes Auftreten ren. Ein geplanter EU-Afrika-Gipfel kam nicht entgegengesetzt werden. Voraussetzung für ein zustande. Europa muss hier zügigen Schrittes erfolgreiches Agieren gegenüber den afrikani- mit Konkretisierungen voranschreiten, ansons- schen Partnern ist die bessere Vermittlung der ten werden schnell wieder die großen Gipfel der Attraktivität des eigenen Angebots. Dazu muss Chinesen und Russen in den Vordergrund rücken. neben der Entwicklungszusammenarbeit das privatwirtschaftliche Engagement immer mitge- dacht und gefördert werden. Besonders deutsche Mathias Kamp ist Referent für das östliche Afrika Unternehmen sind nach wie vor sehr zögerlich und multilaterale Themen in der Abteilung Subsahara- Afrika der Konrad-Adenauer-Stiftung. mit Blick auf Investitionen in Afrika. Ein stärkeres Engagement würde dabei nicht nur wirtschaftli- che Vorteile bringen, sondern auch der deutschen Stimme gegenüber den Partnerländern mehr Gewicht verleihen. Oft gelingt es aber gerade den europäischen Akteuren nicht, das „Gesamtpa- ket“ des europäischen Angebots an Afrika in die Waagschale zu werfen; das heißt, die diversen Sektoren des Engagements in ihrer verknüpften Gesamtheit zu vermitteln und das europäische Gesamtgewicht zu betonen. Das Engagement der EU in Afrika hat ein Problem der Wahrnehmung und Sichtbarkeit. Während China und Co. mit prestigeträchtigen Infrastrukturprojekten vor- preschen und zum Beispiel auch die Coronakrise diplomatisch und medial ausnutzten, um sich als starker Förderer in den Vordergrund zu drängen, bleibt das viel umfassendere Engagement Europas oft etwas versteckt hinter langwierigen Verfahren und komplexen Akteurskonstellationen. Rech- net man die Beiträge aller Mitgliedstaaten sowie der verschiedenen gemeinsamen Instrumente zusammen, so trägt die EU mehr als die Hälfte des ausländischen Investments in Afrika bei (2018 waren es 57 Prozent – im Vergleich zu etwa zehn Prozent aus China). Diese deutliche Diskrepanz wird in der Öffentlichkeit – vor allem auf afrikani- scher Seite – kaum wahrgenommen. Ein stärkeres gemeinsames Auftreten, wie es zum Beispiel der „Team Europe“-Ansatz bei den Sondermitteln zum Kampf gegen die Coronapandemie vorsieht, kann hier einen wichtigen Beitrag leisten. Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit 69
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