Das InfoMagazin Heft 10 | 02.2021 - Verschwörungstheorien und Antisemitismus in der Pandemie - Marsch des Lebens

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Das InfoMagazin Heft 10 | 02.2021 - Verschwörungstheorien und Antisemitismus in der Pandemie - Marsch des Lebens
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                                                                      Heft 10 | 02.2021

Verschwörungstheorien und        Warum wir mit der Aufarbei-    Versöhnung statt Hass –
Antisemitismus in der Pandemie   tung noch nicht am Ende sind   Der Aktionstag am 4. Oktober

Seite 4-5                        Seite 8-11                     Seite 14-15
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„Während der COVID-19 Krise haben wir einen dramatischen Anstieg an Rassismus
und Antisemitismus und Hassreden weltweit gesehen. Ich empfehle die Marsch des Lebens
Organisation, die den Frieden wieder zurück auf die Straßen bringt und öffentlich für
Versöhnung statt Hass aufsteht. Ich hatte das Vorrecht, bei einem Marsch des Lebens in
Polen teilzunehmen. Dort habe ich aus erster Hand gesehen, wie wichtig es ist, dass lokale
Gemeinden öffentlich dem Antisemitismus den Kampf ansagen und ihre Unterstützung
für Israel demonstrieren. Zusammen werden wir siegen! Ich wünsche Euch viel Erfolg
in allen Bemühungen. Schalom aus Jerusalem!“
Orit Farkash-Hacohen
Israelische Tourismusministerin

Inhalt
Editorial – Seite 3
Verschwörung oder doch nur ein Virus? – Seite 4
Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen – Seite 6
24 Stunden Namen lesen – Seite 7
Kollektive Unschuld und Familienwahrheit – Seite 8
Memories Alive – Seite 12
Versöhnung statt Hass – Seite 14
Der Freiwilligendienst – Seite 16
Kurznews – Seite 18

Titelseite: Davidstern aus Autos in Paraguay anlässlich des Aktionstags „Versöhnung statt Hass“ am 4. Oktober 2020

IMPRESSUM
Herausgeber: Marsch des Lebens e.V., Eisenbahnstraße 124, 72072 Tübingen | Gesamtleitung und V.i.S.d.P.: Jobst Bittner | Redaktion: Jobst Bittner, Heinz Reuss, Michaela Buckel, Carmen Shamsianpur,
Petra Hennig, Katarzyna Martinovic, Anna-Suzette Pfeiffer | Grafik: Hannah Dißelhorst | Fotos: Marsch des Lebens e.V. Archivbilder, Yanai Yechiel (Seite 1), Avishai Teicher (Seite 7), Bundesarchiv, Bild
183-B0527-0001-753 / CC-BY-SA 3.0 (Seite 8) | Druckerei: SAXOPRINT GmbH, Enderstr. 92 c, 01277 Dresden | Material und Texte aus dem „Marsch des Lebens InfoMagazin“ dürfen auch auszugsweise nur
mit ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers verwendet werden.
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Editorial
                       Liebe Freunde,

                       „Stop the Virus of Antisemitism“ – so lautete der Titel unserer internationalen Online-
                       Konferenz, die wir im letzten Jahr anlässlich von Jom haSchoa durchführten. In Zeiten
                       der COVID 19-Pandemie hat sich das Thema Antisemitismus leider nicht erledigt, ganz
                       im Gegenteil: Besonders in den sozialen Medien und bei den auf den Straßen grassieren-
                       den Verschwörungstheorien sehen wir eine erschreckende Zunahme von Hass gegen
                       Juden und gegen Israel.

Auch die Schatten unserer Vergangenheit verschwinden nicht von selber, sondern bilden durch das Schweigen
den Nährboden, auf dem neuer Antisemitismus selbst in der Mitte der Gesellschaft gut gedeihen kann.

In diesem Heft erklärt Carmen Shamsianpur, wie Verschwörungstheorien immer einen engen Bezug zu Antisemi-
tismus haben. Außerdem finden Sie einen äußerst lesenswerten Artikel von Jobst Bittner, der sich mit der Frage
beschäftigt, warum wir auch fast 80 Jahre nach der Schoa mit der Aufarbeitung noch nicht am Ende angelangt
sind.

Die Botschaft des Marsch des Lebens ist „Erinnern – Versöhnen – Ein Zeichen setzen für Israel und gegen
Antisemitismus“. Wie das ganz praktisch wird, können Sie in diesem Heft nachlesen – und wir laden Sie ein:
Seien Sie 2021 bei den verschiedenen Märschen, Seminaren, Online-Events, Austauschprogrammen und
Begegnungen mit dabei!

Ich grüße Sie herzlich aus Tübingen.

Ihr

Heinz Reuss

                         Sie können dieses InfoMagazin abonnieren:
                         www.marschdeslebens.org, info@marschdeslebens.org oder Tel. +49 7071 1389879
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Verschwörung oder doch nur ein Virus?
Verschwörungstheorien und Antisemitismus in der Pandemie

Die Corona-Pandemie hat Verschwö-        Eine Verschwörungstheorie beginnt         Die Mär von der jüdischen Weltver-
rungstheorien beflügelt. Ein skurriles   damit, dass die offizielle Darstellung    schwörung ist zweifelsohne die ältes-
Nischenthema hat es auf die Titelsei-    eines Ereignisses in Frage gestellt       te, größte und bekannteste Verschwö-
ten der Zeitungen und in die Köpfe       wird. Ein gewisses Maß an Skepsis ist     rungstheorie. Ihre Facetten sind im
großer Bevölkerungsteile geschafft.      gesund, muss aber von einem ebenso        Wissensspektrum der meisten Men-
Gleichzeitig gibt es neue Höchstwerte    gesunden Maß an Vertrauen begleitet       schen abrufbar, auch wenn sie nicht
bei antisemitischen Vorfällen. Zwi-      werden. Stellt jemand grundsätzlich       daran glauben: Die Juden würden
schen beiden – Verschwörungstheo-        alles in Frage und vermutet dahinter      hinter den Kulissen die Banken, die
rien und Antisemitismus – gibt es eine   eine geheime Macht mit finsteren Mo-      Medien, die US-Regierung usw. kont-
enge Verbindung.                         tiven, ist die gesunde Skepsis schon      rollieren. Laut einer Umfrage der Anti-
                                         in irrationale Gedanken-Konstrukte        Defamation League aus dem Jahr 2014
Verschwörungstheorien gehören zu         umgeschlagen.                             stimmen 27 Prozent der Deutschen sol-
den menschlichen Reaktionen auf au-                                                chen und ähnlichen Aussagen zu. Das
ßergewöhnliche Ereignisse. Katastro-     Da die finstere Macht, die laut Ver-      ist ein erschreckend hoher Wert, der
phen, Kriege, Seuchen oder der plötz-    schwörungsgläubigen im Geheimen           wahrscheinlich noch gestiegen ist.
liche Tod öffentlicher Personen haben    operiert, unsichtbar oder zumindest
seit jeher Verschwörungstheoretiker      unerkannt ist, ist sie austauschbar und   Denn in Zeiten der Corona-Pandemie
auf den Plan gerufen. Auch technischer   lässt sich an neue Situationen anpas-     erleben die Menschen Kontrollverlust,
Fortschritt bot immer schon Raum für     sen. Es sind wahlweise je nach persön-    Unsicherheit, Orientierungslosigkeit
Spekulationen. Die Mondlandung, G5-      lichem Feindbild „die da oben“, die       und damit verbundene Ängste in einem
Masten, medizinische Neuerungen und      Regierung, wohlhabende Menschen,          neuen Ausmaß. Auf einem solchen
allgemein die Digitalisierung werden     Außerirdische, Illuminaten, Freimaurer    Nährboden gedeihen Verschwörungs-
misstrauisch beargwöhnt.                 oder die Juden.                           theorien am besten. Den Profiteuren
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der Krise wird unterstellt, dass sie die-
se weiterführen wollten oder gar selbst
herbeigeführt hätten. Diese Unterstel-
lung trifft vor allem die Reichen und oft
Namenlosen, wie „die Pharmaindus-
trie“ und andere, die ohnehin schon
einem gewissen Neid und Misstrauen
ausgesetzt sind. Nimmt man kleinere
„Gewinner“ der Pandemie und spielt
diese Logik an ihnen durch, wird deut-
licher, wie haltlos die Verdächtigungen
sind: Hersteller von Plexiglasscheiben
beispielsweise müssen im Jahr 2020
                                            » „Wo Verschwö-
                                               rungstheorien ver-
                                               breitet werden, ist
                                              Antisemitismus nie
                                              weit weg.“
                                            keit zieht sich durch die Internetforen,
                                            Esoterikmessen und Querdenkerde-
                                            mos. Das heißt nicht, dass jeder Impf-
                                            gegner automatisch auch Antisemit ist.
                                                                                         sprechen von einem „Ermächtigungs-
                                                                                         gesetz“, Kontaktsperren als „sozialem
                                                                                         Holocaust“ und der „Endlösung der
                                                                                         Corona-Frage“.

                                                                                         Dass das öffentliche Leben lahmgelegt
                                                                                         ist und soziale Kontakte auf ein Mini-
                                                                                         mum reduziert sind, verhindert zwar
                                                                                         eine exponentielle Ausbreitung des
                                                                                         Virus, aber Antisemitismus lässt sich
                                                                                         dadurch nicht aufhalten und wächst
                                                                                         sogar noch schneller. Deswegen ist es
                                                                                         auch und gerade in Zeiten der Pande-
eine unglaubliche Auftragslage und          Aber selbst die Impfgegnerschaft hat         mie wichtig, in Gesprächen Stellung
entsprechende Einnahmen gehabt              eine antisemitische Tradition. Bereits       zu beziehen und Antisemitismus ge-
haben. Sicher hätten diese nichts da-       im Stürmer, in Eugen Dührings „Die           nauso wie Verschwörungstheorien
gegen, wenn es auch in Zukunft so wei-      Judenfrage als Racen-, Sitten- und Cul-      entgegenzutreten. Corona verdammt
tergehen würde. Diese Denkweise kann        turfrage mit einer weltgeschichtlichen       niemanden zur Passivität, sondern es
ihnen niemand vorwerfen. Es wäre            Antwort“ und anderen antisemitischen         gibt Wege, weder das Internet noch die
aber unfair, ihnen deswegen Gefallen        Schriften wurde geargwöhnt, dass Imp-        Straßen dem Virus des Antisemitismus
an einer weltweiten Seuche zu unter-        fen nur eine Erfindung jüdischer Ärzte       zu überlassen.
stellen, und unsinnig, sie zu verdächti-    zur persönlichen Bereicherung sei. Wie
gen, das Virus gezielt zu verbreiten.       Flüsse, die ins Meer fließen, treffen sich
                                            die verschiedenen Verschwörungs-                            Carmen Shamsianpur ist
Genauso unfair und unsinnig ist es, die     theorien am Ende im großen Märchen                          Islamwissenschaftlerin
Regierung, die Pharmaindustrie oder         einer geheimen Weltherrschaft, das im-                      und Autorin und arbeitet
Bill Gates verantwortlich zu machen.        mer antisemitisch aufgeladen ist.                           als freie Journalistin in
Die Juden zu beschuldigen ist blanker                                                                   Tübingen.
Antisemitismus.                             In Deutschland reagieren die Menschen
                                            sogar noch häufiger mit Antisemitis-
Wo Verschwörungstheorien verbreitet         mus auf große Veränderungen als an-
werden, ist Antisemitismus nie weit         derswo. Laut einer israelischen Unter-
weg. Hinter dem Antimodernen, dem           suchung sind judenfeindliche Posts im
Antikapitalistischen, dem Antikommu-        Internet im Zusammenhang mit Co-
nistischen, sogar dem Antiislamischen       rona nirgends so verbreitet wie in den
kommt oft bei genauerem Hinsehen            USA, Frankreich und Deutschland, also
Antisemitismus zum Vorschein. Die           besonders wohlhabenden und freien
Attentäter von Halle und Pittsburgh         Ländern. In Deutschland äußert sich
hatten Synagogen angegriffen, weil sie      das oft in Schuldabwehr und Täter-Op-
„die Juden“ für Einwanderung und „Is-       fer-Umkehr. Impfgegner vergleichen
lamisierung“ verantwortlich machten.        sich mit Opfern und Widerstandsgrup-
Das Geraune von den Rothschilds und         pen aus der Zeit des Nationalsozialis-
anderen Chiffren für Judenfeindlich-        mus, heften sich Judensterne an und
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Du sollst deinen Bruder nicht hassen
in deinem Herzen
Aus dem Grußwort von Michael Kashi anlässlich des Aktionstags „Versöhnung statt Hass“
auf dem Tübinger Marktplatz

                                                    söhnungstag Jom Kippur als höchstem         sie aus unserem demokratischen und
                                                    jüdischen Feiertag ihren Abschluss fin-     freiheitlichen Land fortjagen zu wollen,
                                                    den. Auch im Laubhüttenfest leuchtet        wie es diejenigen Menschen tun, die
                                                    der Gedanke der Versöhnung deutlich         Hass und Zwietracht säen.
                                                    auf: Neben der Laubhütte wird Suk-
                                                    kot durch die sogenannten „vier Ar-         Nein, auch diese Menschen gehören
                                                    ten“ bzw. Arba Minim symbolisiert. Bei      dazu! Oder wie es unser Grundgesetz
                                                    diesen vier Arten handelt es sich ers-      in Artikel 1, Absatz 1, Satz 1 in der gebo-
                                                    tens um den Etrog, eine dickschalige        tenen Klarheit formuliert: „Die Würde

                                                                                                »
                                                    Zitronenfrucht. Dann um einen Zweig         des Menschen ist unantastbar“ – auch
                                                    der gutriechenden Myrte und einen           wenn es die Weidenzweige unserer Ge-
                                                    Trieb der Dattelpalme, die doch so gut      sellschaft sind. Auch wenn wir sie nicht
Michael Kashi (Vorstandsmitglied der
                                                    schmeckende Früchte hervorbringt.           riechen können und sie nur ungenieß-
Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg)   Und als viertes handelt es sich um ei-      bare Früchte hervorbringen, an denen
                                                    nen Zweig der Bachweide. Die gutrie-
„Du sollst deinen Bruder nicht hassen               chende Myrte schmeckt nicht und steht          „Zur Rede stellen
in deinem Herzen“ (3. Buch Mose 19,                 für Menschen, die zwar gute Taten tun,
17) lehrt uns die Tora. Doch das ist kei-           die aber das Wort G‘‘ttes nicht studie-         sollst du deinen
ne Privatsache, sondern wir alle sind
aufgefordert, hinzusehen und für die
                                                    ren. Die Dattelpalme, die zwar nicht gut
                                                    riecht, aber schmackhafte Früchte her-
                                                                                                   Nächsten, dass du
richtige Sache einzustehen: „zur Rede               vorbringt, steht für Menschen, die das          nicht seinetwegen
stellen sollst du deinen Nächsten“, so              Wort G‘‘ttes zwar hören, dem jedoch
lehrt uns die Tora in diesem Vers wei-              keine Taten folgen lassen.                     Sünde tragest.“
ter, „dass du nicht seinetwegen Sünde
tragest“.                                           Die Etrog-Frucht hingegen riecht gut        wir alle uns den Magen verderben. Sie
                                                    und schmeckt auch gut. Sie steht            gehören dazu. Aber, es sind die Weiden!
Mit der Initiative zu einem Tag der „Ver-           symbolisch für jene rechtschaffenen         Und daher müssen wir ihnen auch klar
söhnung statt Hass“ folgen Sie genau                Menschen, die G‘‘ttes Wort hören und        widersprechen: „Zur Rede stellen sollst
dieser Weisung aus der Tora: Den Hass               demnach Gutes tun. Doch das waren           du deinen Nächsten, dass du nicht sei-
nicht ignorieren! Das bedeutet, die gel-            bislang eben nur drei der vier Arten. Die   netwegen Sünde tragest“!
ben Impf-Juden-Sterne auf dem Cann-                 Bachweide gehört eben auch dazu, die
statter Wasen nicht unkommentiert zu                jene Menschen symbolisiert, die weder       In diesem Sinne danke ich dem Marsch
lassen; die Reichskriegsflaggen auf den             G‘‘ttes Wort hören, noch gute Taten         des Lebens im Namen der gesamten
Stufen unseres Parlaments nicht taten-              tun. Am Laubhüttenfest werden alle          Israelitischen Religionsgemeinschaft
los hinzunehmen, sondern das Wort zu                diese vier Arten zusammengebunden,          Württembergs für sein Engagement.
ergreifen. Zur Rede stellen sollt ihr sie;          denn auch für den Ewigen gehören sie        Sie setzen ein weithin sichtbares Zei-
auf den richtigen, auf den gerechten                zusammen.                                   chen der Unterstützung jüdischen
Weg zurückführen sollt ihr sie.                                                                 Lebens und Israels und zugleich ein
                                                    Ganz ähnlich verhält es sich bei unserer    wichtiges Zeichen für unsere gesamte
Auf das jüdische Neujahr folgen die                 Gesellschaft: Es geht nicht darum, jene     Gesellschaft.
zehn Tage der Umkehr – die sogenann-                Menschen, die vom rechten Weg ab-
ten Jamim Noraim, die mit dem Ver-                  gekommen sind, auszuschließen und           Schalom!
Das InfoMagazin Heft 10 | 02.2021 - Verschwörungstheorien und Antisemitismus in der Pandemie - Marsch des Lebens
Das Marsch des Lebens InfoMagazin | 7

24 Stunden Namen lesen
Eine Kooperation mit Yad Vashem zum jüdischen Holocaustgedenktag

Im jüdischen Verständnis ist der Name      der Nationalsozialisten, die einerseits      Online-Konferenz „Stoppt den Virus
einer Person von großer Bedeutung.         allen Juden die Zwangsnamen „Sara“           des Antisemitismus“, an der zahlreiche
In der Tora finden sich daher ganze        und „Israel“ verordneten und anderer-        Vertreter jüdischen Lebens, Politiker
Geschlechtsregister mit der Nennung        seits in den Konzentrationslagern die        und Diplomaten und Marsch des Le-
von Namen und Familienchroniken,           Namen gegen Nummern tauschten.               bens Direktoren aus aller Welt mitein-
die nicht vergessen werden sollen und      Um diese Anonymität aufzubrechen             ander verbunden und ca. 10.000 Teil-
daher aufgeschrieben wurden.               und den Opfern ihre Identität zurück-        nehmer weltweit zugeschaltet waren.
                                           zugeben, ist es ein Hauptanliegen der
Die bedeutendste Gedenkstätte zum          Gedenkstätte, so viele Namen wie mög-        Während der 24 Stunden wurden etwa
Holocaust – Yad Vashem (Denkmal und        lich ausfindig zu machen.                    34.000 Namen verlesen. Um die Namen
Name) – hat diese Verknüpfung von                                                       von 6 Millionen jüdischen Opfern zu
Namen und Erinnerung als ihre Selbst-      Anlässlich des jüdischen Gedenktags          lesen, bräuchte man etwa 180 Tage –
bezeichnung gewählt, angelehnt an          Jom haSchoa führte der Marsch des            also ein halbes Jahr.
Jesaja 56,5: „Ihnen allen errichte ich     Lebens in Kooperation mit Yad Vashem
in meinem Haus und in meinen Mau-          eine 24-stündige Namenslesung durch,            Die Aufzeichnung kann man als
ern ein Denkmal, ich gebe ihnen einen      die live auf YouTube ausgestrahlt wur-       bleibendes Online-Denkmal weiterhin
Namen, der mehr wert ist als Söhne und     de. Marsch des Lebens Organisato-            auf dem YouTube Kanal des Marsch des
Töchter: Einen ewigen Namen gebe ich       ren aus 24 Nationen, darunter Polen,         Lebens ansehen.
ihnen, der niemals getilgt wird.“          Frankreich, Litauen, Belarus, Peru,
                                           Kolumbien und die USA, nahmen an
Der Name einer Person repräsentiert        dieser Aktion teil. Die meisten lasen
die individuelle Persönlichkeit, verbun-   die Namen der Deportierten und Er-
den mit einer Herkunft und einer kon-      mordeten aus ihren eigenen Städten,
kreten Geschichte, die erinnert werden     Regionen oder Ländern oder bekamen
kann. In der „Hall of Names“ werden        von Yad Vashem eine Auswahl von Na-
alle bisher bekannten Namen von Holo-      men, wenn es aus ihrem Land keine
caustopfern gespeichert. Es ist auch ein   Deportationen gab. Die Lesung münde-
Statement gegen die Anonymisierung         te direkt in die in Tübingen veranstaltete
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Kollektive Unschuld
und Familienwahrheit
Warum wir noch nicht am Ende sind, die Decke des Schweigens zu zerbrechen
von Jobst Bittner

In diesem Jahr begehen wir am 22. Juni    Vor etwa 10 Jahren schrieb ich ein Buch     Wo stehen wir im Jahr 2021?
den 80. Jahrestag des Überfalls der       über die „Decke des Schweigens“, die
deutschen Wehrmacht auf die dama-         sich nach 1945 auf die Familien, Städte     Aktuelle wissenschaftliche Untersu-
lige Sowjetunion. Das „Unternehmen        und Nationen legte und bis heute weit-      chungen zum steigenden Antisemitis-
Barbarossa“ wurde zu einem beispiel-      reichende Folgen hat, wenn sie nicht        mus in Deutschland kommen zu dem
losen Vernichtungskrieg, bei dem in der   aktiv durchbrochen wird. Nun könnte         Schluss, dass die scheinbare Erfolgsge-
Sowjetunion 25 Millionen Menschen         man denken, das Thema sei inzwischen        schichte der Aufarbeitung unsere eige-
ums Leben kamen. Zwischen 1941            ein alter Hut, doch genau das Gegenteil     nen Familien tatsächlich nie erreicht
und 1945 gerieten schätzungsweise         ist der Fall: In den letzten Jahren hat     hat. Der Politikwissenschaftler und
3,5 Millionen Soldaten der Wehrmacht      das Thema deutschlandweit noch an           Antisemitismusforscher an der Univer-
in sowjetische Kriegsgefangenschaft.      Aufwind gewonnen. Zeitschriften wie         sität Gießen, Samuel Salzborn, stellte
1,1 Millionen kamen ums Leben oder        der SPIEGEL und National Geographic         2020 in seinem Essay „Kollektive Un-
kehrten nicht zurück. Als sie aus der     thematisierten 2018 in ihren Titelthe-      schuld: Die Abwehr der Shoah im deut-
Gefangenschaft entlassen wurden und       men das Erbe der Familien und die Aus-      schen Erinnern“ die bemerkenswerte
allmählich nach Deutschland zurück-       wirkungen auf uns heute. Sachbücher         These auf, es habe eine selbstkritische
kehrten, waren aus in Schuld verstrick-   und Filme behandelten das Thema und         Aufarbeitung der Vergangenheit in
ten Wehrmachtssoldaten traumati-          führten es weiter, sodass es im öffentli-   Deutschland nie gegeben. Dabei ist das
sierte Opfer geworden, die ihre Schuld    chen Bewusstsein inzwischen wesent-         offizielle Erinnern für uns heute normal
beiseiteschoben, verdrängten und          lich stärker wahrgenommen wird.             geworden. An Gedenktagen wie an dem
meistens darüber schwiegen.                                                           9. November oder 27. Januar finden
                                                                                      Reden und feierliche Festakte statt, die
                                                                                      dann ihren Platz in den Medien finden.
                                                                                      Wie aber kommt es, dass trotzdem 40%
                                                                                      der deutschen Jugendlichen nicht wis-
                                                                                      sen, was in Auschwitz geschehen ist?
                                                                                      Und warum ist 75 Jahre nach der Nie-
                                                                                      derschlagung des Nationalsozialismus
                                                                                      nach Aussagen von Statistikern immer
                                                                                      noch mindestens jeder vierte Deutsche
                                                                                      antisemitisch eingestellt? Wir müssen
                                                                                      uns eingestehen, dass das bisherige
                                                                                      Gedenken an der Bevölkerung vorbei-
                                                                                      gegangen ist und rechtsradikales Ge-
                                                                                      dankengut zahlreiche neue Anhänger
                                                                                      findet und im öffentlichen Raum sicht-
                                                                                      barer und hörbarer geworden ist. Der
                                                                                      Antisemitismus gewinnt in unserer
                                                                                      Gesellschaft ungebremst an Fahrt. Der
                                                                                      Grund dafür liegt in der jahrzehnte-
                                                                                      langen Verdrängung und Erinnerungs-
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abwehr in unseren Familien. Samuel          sprung. Die Kapitulation war für die        das Eiserne Kreuz, Abzeichen, Nazisym-
Salzborn: „Gerade die antisemitische        meisten Deutschen ein „Zusammen-            bole und die ideologischen Bücher. Es
Gegenwart erzwingt die Notwendigkeit        bruch“. Deutschland glich einer Wüste:      gab kaum eine Familie, die wirklich mit
der Erinnerung, erzwingt es zu ertra-       zwölf Millionen Flüchtlinge, Hunger,        dem Nationalsozialismus gebrochen
gen, dass der aktuelle Antisemitismus       tausende von vergewaltigten Frau-           hatte und nicht noch in irgendeiner
auf der Tradierung einer Erinnerungs-       en, zerstörte Städte und Kinder, die        Weise mit ihm verbunden war.
verweigerung fußt, bei der bis heute        vaterlos in den Trümmern aufwuchsen.
im nationalen und vor allem familiären      Die Wirtschaft lag am Boden und man         Im April 1945 erreichten US-amerika-
Gedächtnis die Weigerung der Einsicht       konnte sich und seine Familie nur mit       nische Truppen das Konzentrations-
dominiert, dass – je nach Alter – der       Tauschhandel und mit Produkten vom          lager Buchenwald bei Weimar. Es ist
eigene Vater oder die eigene Mutter,        Schwarzmarkt versorgen. Die Nazi-           bis heute ein Symbol für die Terror-

                                            »
der eigene Opa oder die eigene Oma,         Ideologie steckte noch in den Köpfen,       herrschaft des Nationalsozialismus.
der eigene Uropa oder die eigene Ur-        aber niemand wurde dafür zur Rechen-        Den Alliierten offenbart sich ein Bild
oma schuldig waren.“1                       schaft gezogen. Kein Denunziant hatte       des Grauens: Leichenberge, Menschen-
                                            etwas zu befürchten, kein Gauleiter         asche in den Krematoriumsöfen, ab-
Das Bielefelder Institut für interdiszi-    wurde von den Nachbarn verachtet.           gemagerte Häftlinge. Und eine Frage
plinäre Konflikt- und Gewaltforschung                                                   drängt sich auf: Wie konnten seit der
hat im Auftrag der Stiftung „Erinne-                                                    Eröffnung des KZs 1937 – unbemerkt
rung, Verantwortung und Zukunft“
eine Studie erstellt, die zeigt, wie sehr
                                             „Nicht das offizielle                      von den Weimarer Bürgern – all diese
                                                                                        Gräueltaten begangen werden? Immer-
unsere Erinnerung von der Familien-          Gedenken ist ent-                          hin war das Lager nicht einmal zehn
geschichte geprägt ist. Fast 69,8% der                                                  Kilometer entfernt vom Zentrum – und
Befragten verneinten, überhaupt NS-           scheidend, sondern                        der Ettersberg, auf dessen Hängen das
Täter in der eigenen Familie zu haben.
Dagegen sind knapp 28,7% der Über-
                                              unser in der Familie                      Lager stand, lange Jahre ein beliebtes
                                                                                        Ausflugsziel. Die US-Truppen fassen
zeugung, dass ihre Vorfahren potentiel-       geprägtes persönli-                       einen Entschluss: Am 16. April 1945
len Opfern geholfen hätten – tatsäch-                                                   müssten rund 1.000 Weimarer das KZ
lich haben das nur 0,3% der Deutschen         ches Geschichtsbild!“                     Buchenwald besichtigen und sich mit
getan.2 Salzborn schreibt dazu: „Es ist                                                 den Taten vor Ort konfrontieren. Beim
eine Schuld, die weit früher beginnt        Die Entnazifizierung der Alliierten war     Anblick der Massengräber begannen
als beim handgreiflichen Mord, eine         eine oberflächliche Säuberung, die die      gestandene Männer zu weinen und vie-
Schuld, von der so gut wie keine deut-      meisten als „Mitläufer“ einstufte. Viele    le der elegant gekleideten Frauen fielen
sche Familie frei ist – die aber nach       der tief in die NS-Vergangenheit ver-       in Ohnmacht. Die meisten Weimarer be-
wie vor von der Mehrheit der Kinder         strickten „Mitläufer“ konnten in der        haupteten, wie die meisten Deutschen,
und Enkel in ihrer eigenen Familien-        Bundesrepublik nach 1945 unbehelligt        immer wieder: „Konzentrationslager?
geschichte nicht aufgearbeitet wurde        Karriere machen.                            Davon haben wir nichts gewusst!“ Do-
bzw. aktiv verharmlost und geleugnet                                                    kumente des Stadtarchivs Weimar bele-
wird.“3 Wenn wir uns weigern, an die        Deutschland nach der Kapitulation war       gen, dass die grauenhaften Verhältnis-
konkreten Täter zu erinnern, dann wird      für die Bevölkerung die „Stunde Null“.      se im KZ über Jahre bekannt gewesen
dieses Bild auch an die Enkel und Uren-     Diese Zeit war im Nachkriegsdeutsch-        waren. Noch Jahrzehnte später entrüs-
kel weitergegeben. Nicht das offizielle     land verbunden mit einer Mischung           teten sich die Weimarer Bürger nicht
Gedenken ist entscheidend, sondern          aus Scham und verdrängter Schuld,           über die fürchterlichen Verbrechen des
unser in der Familie geprägtes persön-      Verzweiflung und Aufbruchsstimmung,         benachbarten Lagers, sondern über die
liches Geschichtsbild!                      meist aber verbunden mit der später         vermeintliche Grausamkeit der Ameri-
                                            immer wieder an Kinder und Enkel wei-       kaner, die sie gezwungen hatten, das KZ
                                            tererzählten Lüge, dass man im Natio-       Buchenwald zu besichtigen.5
Die „Stunde Null“                           nalsozialismus meist „nur“ dem Führer
                                            gefolgt und von diesem verraten wor-        Die Unwilligkeit, sich der Vergangen-
Dieses Geschichtsbild hat bereits in        den war, also eigentlich selbst Opfer ge-   heit zu stellen und aufzuarbeiten, tut
der frühen Nachkriegszeit seinen Ur-        wesen sei“.4 Viele hatten zuhause noch      den Opfern ein weiteres Mal Gewalt an:
Das InfoMagazin Heft 10 | 02.2021 - Verschwörungstheorien und Antisemitismus in der Pandemie - Marsch des Lebens
10 | Das Marsch des Lebens InfoMagazin

eine Gewalt der Erinnerungsverweige-         Familiengedächtnis die eigenen Eltern    „Mord an 6 Millionen Juden“, „Deporta-
rung, eine Gewalt des Vergessens. Das        oder Großeltern zu Opfern oder sogar     tion“, „Unrecht“, „Vergewaltigung“ und
Beispiel von Weimar zeigt, wie von der       zu Widerstandskämpfern wurden.           „Schuld“ kamen in den Familienge-
„Stunde Null“ an die eigene Schuldge-                                                 schichten nicht vor, wobei das „Eiserne
schichte in ein Opfermythos umgelo-                                                   Kreuz“ weiter stolz gezeigt wurden und
gen wurde. Die „Stunde Null“ war die         Sind wir bereit, das                     im Bücherregal Hitlers „Mein Kampf“
Amputation des Schuld-Bewusstseins,          Schweigen zu beenden?                    durchaus noch zu finden waren. Viele
war der große Schlussstrich unter einer                                               aus dem Krieg traumatisiert zurück-
Vergangenheit, von der niemand etwas         Deutschland nach 1945 war die Zeit, in   gekehrte Väter schrien nachts von Alb-
wissen wollte und an der anscheinend         der die Trümmer in den Städten müh-      träumen geplagt, oder sie tyrannisier-
niemand beteiligt war.6 Der Wunsch,          sam weggeräumt wurden, die Trüm-         ten ihre Kinder und verwandelten die
sich rein zu waschen, verwandelte die        mer in den Herzen und Köpfen aber        Kinderzimmer zu Wehrertüchtigungs-
deutsche Schuldgeschichte zu einer           blieben. Es war in unseren Familien      lagern. Die Familien der Nachkriegszeit
fiktiven Wahrheit, in der im tradierten      der Beginn des Schweigens. Worte wie     schluckten ihren Zorn herunter, arran-
                                                                                      gierten sich und schwiegen. Und die
                                                                                      Kinder? Sie nahmen die tradierte Fami-
                                                                                      lienwahrheit auf und gaben ihr Schwei-

     Decke des Schweigens
                                                                                      gen an ihre Kinder weiter, und das mit
                                                                                      schrecklichen Konsequenzen. „All die
                                                                                      verdrängte Wut und der verschobene

     Seelsorgeseminar
                                                                                      Hass auf die Nicht-Aufarbeitung der
                                                                                      eigenen Familiengeschichten richtet
                                                                                      sich nun wieder bei der Generation
                                                                                      der Nachgeborenen gegen die Juden
       Lehre | Gebet | Seelsorge                                                      und ihren Staat“, schreibt Salzborn.7
                                                                                      Anstatt dass wir uns die Wut gegenüber
      Viele leben mit den traumatischen Erfahrungen                                   unseren Eltern und Großeltern einge-
      und Lasten ihrer Vorfahren, ohne sich über die Aus-                             stehen, hassten wir mit ihnen gemein-
      wirkungen auf das eigene Leben bewusst zu sein.                                 sam – selbst wenn es unterbewusst ge-
      Beim Decke des Schweigens Seminar gehen die Teil-
                                                                                      wesen ist.
      nehmer den Ursachen auf den Grund und erleben per-
      sönliche Wiederherstellung und geistliche Erweckung.
                                                                                      Die Kennzeichen dafür können wir in
                                                                                      unseren Herzen sehen: Die Helden-
      Neben fundierten Inputs mit biblischer Lehre und                                und Widerstandsgeschichten in unse-
      wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Psychologie,                               ren Familien, die beständig wiederholt
      Geschichts- und Kulturforschung besteht die Mög-                                werden und die wir so gerne glauben
      lichkeit, an Seelsorgegruppen mit ausgebildeten                                 möchten. Unsere innere und äußere
                      Seelsorgern teilzunehmen und                                    Abwehr, über die Vergangenheit zu
                           persönlich Gebet zu empfangen.                             sprechen. Die Tabuzonen, die wir so
                                                                                      gut es geht vermeiden, die dann in dem
                                                                                      diffusen Gefühl, dass irgendwas nicht
                                                                                      stimmt, doch wieder zutage treten. Un-
                                   Nächste Termine                                    erklärliche Ängste und Traumata, die
                                    26.03.–27.03.21 (Basismodul)                      mit unserer Biographie nichts zu tun
                                    30.04.–01.05.21 (Vertiefungsmodul)                haben. All das sind Kennzeichen, dass
                                                                                      wir noch unter der Decke des Schwei-
                                     Jetzt informieren auf                            gens leben.
                                     www.diedeckedesschweigens.de
                                                                                      Das Thema der „Decke des Schwei-
                                                                                      gens“ ist aktueller denn jemals zuvor.
Das Marsch des Lebens InfoMagazin | 11

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                                                               Ausfüllen von Fragebögen zur Entnazifizierung in der britischen Zone bei Hamburg (1945)

„Der Wunsch, sich rein zu waschen,
verwandelte die deutsche Schuldgeschichte
 zu einer fiktiven Wahrheit.“

Meine damals von vielen kritisierte         es zuerst um mein Schweigen, mein
These, dass wir den Antisemitismus          Erheben über andere Menschen,                      (1) Samuel Salzborn, Kollektive Unschuld: Die Abwehr
                                                                                                    der Shoah im deutschen Erinnern, Berlin. Leipzig
nur wirksam bekämpfen können, wenn          meinen versteckten Antisemitismus,                      2020; S. 16
wir unsere eigene Familiengeschichte        meinen Wunsch, immer stark sein zu                 (2) Jana Hensel, Opa war kein Held, in: Zeit Online
                                                                                                    v. 03.März.
anschauen, bearbeiten und uns davon         wollen und meine Verachtung von                    (3) Salzborn, a.a.O. S. 17
persönlich erschüttern lassen, hat sich     Schwäche oder aber meine Vorurtei-                 (4) Ebd.
                                                                                               (5) Nils Werner, Was wussten die Weimarer Bürger
inzwischen mehr als bestätigt. Dabei        le gegenüber Polen oder Russen oder                     von Buchenwald, 5. April 2020, www.mdr.zeitreise.
geht es nicht nur um die Aufarbeitung       Menschen mit anderer Hautfarbe. Wir                (6) GEO EPOCHE NR. 09/02: Deutschland nach
der Geschichte in einem historischen        sagen dazu: „Erkenne das finstere Erbe                  dem Krieg 1945–1955
                                                                                               (7) Salzborn, a.a.O. S. 18.
Sinne, sondern um eine Erlösung aus         des Nationalsozialismus in dir selbst.“            (8) Ich bedanke mich bei Michaela Buckel
unseren schuldhaften Verstrickungen.        Die Bibel sagt in 1. Johannes 1,9:                      für ihre Unterstützung.

Manchmal ist die Wahrheit schmerz-          „Wenn wir aber unsre Sünden beken-                 Literatur
haft. Sie zu erkennen und auszuspre-        nen, so ist er treu und gerecht, dass er           Johannes Czwalina, Das Schweigen redet.
                                                                                               Wann vergeht die Vergangenheit, Moers 2013.
chen, ist immer der erste Schritt der       uns die Sünden vergibt und reinigt                 GEO EPOCHE NR. 09/02: Deutschland nach dem
Heilung. Wer die Familienwahrheit           uns von aller Ungerechtigkeit.“ Es ist             Krieg 1945–1955
                                                                                               Ralph Giordano, Die zweite Schuld oder:
ausspricht, löst eine innere Erstarrung     gleich, wie viel Zeit vergeht – über               von der Last Deutscher zu sein, Köln 2008.
und öffnet die Tür zur Betroffenheit.       Schuld wächst kein Gras! Im Gegenteil,             Deborah Lipstadt, Der neue Antisemitismus,
Wir brauchen damit nicht alleine blei-      die Lasten der Folgen des National-                New York 2019.
                                                                                               Melanie Longerich, Klarheit ja, Erlösung nein.
ben. Es gibt einen lebendigen Gott, der     sozialismus werden in den folgenden                Was es bedeutet, einen NS-Täter in der Familie zu
von sich sagt, dass er uns so sehr liebt,   Generationen schwerer. Das Ende der                haben, Deutschlandfunk am 19.04.2020
                                                                                               Jürgen Müller-Hohagen, Verleugnet, Verdrängt,
dass er uns Schritt für Schritt in alle     Schuldabwehr ist der Anfang jeder Hei-             Verschweigen. Seelische Nachwirkungen der NS Zeit
Wahrheit leitet (Joh 16,13). Jede Auf-      lung und Transformation.8                          und Wege ihrer Überwendung. München, 2005.
                                                                                               Samuel Salzborn, Kollektive Unschuld. Die Abwehr
arbeitung ist immer zuerst eine Mah-                                                           der Shoah im deutschen Erinnern, Leipzig 2020
nung an uns jeden von uns. Da geht
12 | Das Marsch des Lebens InfoMagazin

Memories Alive
ZOOM-Begegnungen mit Holocaustüberlebenden

Der Holocaust erscheint uns heute          rief der Marsch des Lebens die ZOOM        In einem anderen Treffen erzählte Dr.
manchmal wie ein Ereignis in weiter        Treffen für befreundete Holocaust-         Arie Itamar, der als Kind unter drama-
Vergangenheit. Tatsächlich liegen nur      überlebende mit Schüler- und Jugend-       tischen Umständen aus dem besetzten
wenige Generationen zwischen uns und       gruppen ins Leben. Das Projekt stieß       Odessa fliehen musste und nach dem
der Zeit damals. Die Zeitzeugen, die da-   auf große Begeisterung – sowohl bei        Krieg auf dem Flüchtlingsschiff „Exodus
mals Kinder oder Teenager waren, le-       den Überlebenden als auch bei den          1947“ nach Israel fuhr, einer aufmerk-
ben noch unter uns. Jeder einzelne von     Teilnehmern.                               sam lauschenden Schulklasse in Para-
ihnen hat eine bewegende Geschichte                                                   guay aus seinem Leben. Gerade für die
zu erzählen. Unsere Generation ist die                                                Kinder war es sehr interessant, denn
letzte, die ihre Geschichten persönlich    Prägende Erfahrungen trotz                 Arie war zu dieser Zeit in ihrem Alter. Zu
und aus erster Hand hören kann – und       der räumlichen Entfernung                  Beginn zeigten sie Arie einen Tanz, den
genau darum geht es bei unserem neu-                                                  sie 2 Wochen lang geübt hatten. Er war
en Projekt „Memories Alive“.               Gita Koifman, Holocaustüberlebende         von der Begegnung sehr bewegt:
                                           und Vorsitzende des Verbands der           „Die Kinder, etwa 11 Jahre alt, waren
                                           Überlebenden der Konzentrationslager       sehr konzentriert auf meine Geschichte,
Der Lockdowns trifft                       und Ghettos in Israel, berichtete nach     die von einer Präsentation und Video-
Holocaustüberlebende                       einem der ZOOM-Treffen:                    clips begleitet wurde. Sie waren wun-
besonders hart                             „Unser Treffen fand während der Qua-       derbar und führten einen Tanz für mich

                                                                                »
                                           rantänezeit wegen Corona statt. (…)        auf. Ich war begeistert, und es war eine
Während des Corona-bedingten Lock-         Die Gesichter der Jugendlichen auf dem     besondere Atmosphäre – ich hatte den
downs waren Holocaustüberlebende           Bildschirm zu sehen, die gegen Antise-     Eindruck, dass die Kinder alles, was ich
gezwungen, wochenlang in sozialer          mitismus aufstehen und bestrebt sind,      gegeben habe, wirklich gefühlt und ver-
Isolation auszuharren. Das führte bei      den Austausch mit den Holocaustüberle-     standen haben.“
vielen dazu, dass sich ihr Trauma ver-     benden weiter fortzuführen, ist für mich
stärkte und schmerzhafte Erinnerung-       sehr kostbar, wertvoll und unvergess-
en wach wurden. Aus diesem Grund           lich. Gott segne Euch!“
                                                                                       „Die Lebensfreude
                                                                                       und Ausstrahlung
                                                                                       Tirzas hat uns alle
                                                                                       tief beeindruckt.“
Das Marsch des Lebens InfoMagazin | 13

    NEHMEN AUCH SIE AN                                               WERDEN SIE ZU EINEM
    EINEM „MEMORIES ALIVE“                                           MÖGLICHMACHER!
    ZOOM-TREFFEN TEIL!
                                                                     Holocaustüberlebenden eine Stimme zu geben ist
                                                                     unser Herzensanliegen. Da es nicht mehr sehr lange
                         Bewerben Sie sich und Ihre
                                                                     möglich sein wird, dass wir ihre Geschichten per-
                         Gruppe von mindestens fünf
                                                                     sönlich hören können, sind diese Treffen uns jede
                         Leuten auf unserer Seite:
                                                                     Investition wert. Ihre Spende ermöglicht, dass wir
                         marschdeslebens.org/
                                                                     dies auch in den nächsten Jahren tun können.
                         memories-alive/
                                                                                        Spenden Sie ganz einfach online:
    Die Marsch des Lebens Mitarbeiter                                                   www.marschdeslebens.org/
    organisieren für Sie ein Treffen mit einem                                          unterstuetzen oder per Über-
    Holocaustüberlebenden und unterstützen                                              weisung: IBAN: DE42 6415 0020
    Sie bei allen praktischen Vorbereitungen.                                           0001 8238 60

Tirza HaLivni wurde 1934 in Gailin-         Nähe – wurde der Geschichtsunterricht       livien, Ungarn, England und Israel on-
gen in Süddeutschland geboren. Als          fassbar und relevant. Die Lebensfreude      line mit dabei. Sie waren sehr stolz auf
4-jähriges Kind erlebte sie die Reichs-     und Ausstrahlung Tirzas hat uns alle tief   Violetta, denn sie hatte zum ersten Mal
pogromnacht, woran sie sich noch            beeindruckt. Es wird den Schülern nach-     öffentlich ihre Erinnerungen geteilt. Die
gut erinnern kann. Ihr Vater, Rabbiner      haltig in Erinnerung bleiben und ihre       Studenten aus Tübingen kamen am
Mordechai Bohrer, wurde schon 1938          Haltung gegenüber Fremdenhass und           Ende des ZOOM Treffens mit Violetta
in Dachau inhaftiert und dort umge-         Antisemitismus in gewinnbringender          und ihrer Familie tiefer ins Gespräch.
bracht. Tirza erzählte ihre Lebensge-       Weise prägen.“
schichte einigen Schulklassen, die sehr                                                 In Zeiten der weltweiten Pandemie kön-
beeindruckt waren. Mehrere Jugendli-                                                    nen wir uns oft nicht persönlich treffen,
che sagten nach dem ZOOM-Treffen ih-        Übergenerationelle                          aber es ist immer noch möglich, die
rer Lehrerin, dass sie jetzt verstünden,    Begegnungen                                 Geschichten der Holocaustüberleben-
warum es so falsch sei, Judenwitze                                                      den zu hören und die Erinnerung an
zu erzählen. Michael Ruh, Schulleiter       Bei vielen Treffen kommen gezwunge-         ihre verlorenen Familienangehörigen
der Realschule in Neuhausen in der          nermaßen weitere Familienangehörige         lebendig zu halten!
Schweiz, beschrieb das Treffen so:          dazu, die den Holocaustüberlebenden
„Das ZOOM Meeting mit der Holocaust-        bei der Installierung und Bedienung
überlebenden Tirza war für unsere           von ZOOM helfen. Oft schaltet sich
Schüler ein ganz spezieller Moment. Im      jedoch auch die weltweit verstreute
Geschichtsunterricht hatten sie sich mit    Familie aus Interesse zu den Treffen
dem Zweiten Weltkrieg und dem Holo-         dazu – beispielsweise beim Treffen mit
caust auseinandergesetzt. Mit Tirzas        Violetta Teller. Violetta überlebte den
Erzählung ihrer Flucht als kleines, jüdi-   Krieg in Budapest und wohnt heute
sches Kind von Deutschland über den         in Be’er Scheva in Israel. Die Familie –
Rhein in die Schweiz – ganz in unserer      Kinder, Enkel, Urenkel – waren aus Bo-
14 | Das Marsch des Lebens InfoMagazin

 VERSÖHNUNG                                                                STATT HASS
 Weltweit aktiv gegen Antisemitismus und für Israel trotz der Pandemie!

 74 Orte in 23 Ländern nahmen am            Offizielle Unterstützung                   Echo in israelischen Medien
 weltweiten Aktionstag „Versöhnung
 statt Hass“ am 4. Oktober anlässlich
 des jüdischen Laubhüttenfestes teil
 und setzten damit ein ermutigendes
 Zeichen der Unterstützung für Israel
 und jüdisches Leben in ihrem Land.

 Gegen die Welle von Hass und Gewalt,
 gegen antisemitische Verschwörungs-
 theorien, die sich im Internet verbrei-    Neben vielen lokalen Vertretern            „This made my day“ – ob im Früh-
 ten, wurden die Organisatoren, so wie      des offiziellen Lebens in verschiede-      stücksfernsehen der Fernsehsender
 es die lokalen Corona-Regeln erlaub-       nen Nationen unterstützten der is-         Channel 12 und Channel 13, einer Sen-
 ten, kreativ aktiv: z.B. mit einem Auto-   raelische Botschafter in Deutschland,      dung auf i24 News oder einem Artikel
 Korso und Auto-Davidstern in Nemby         Jeremy Issarcharoff, und die israelische   im Onlineportal Ynet: Die positive Bot-
 in Paraguay, einer Aktion im Kranken-      Tourismusministerin, Orit Farkash-         schaft der Freundschaft mitten in der
 haus in Chișinău, Moldawien, einem         Hacohen, den globalen Aktionstag mit       schweren Zeit der Pandemie ermutigte
 jüdischen Kulturfest in Baia Mare,         Grußworten.                                viele Menschen in Israel.
 Rumänien, einem Marsch und einer
 öffentlichen Laubhütte in Tübingen
 oder einem leuchtenden Davidstern
 auf dem Marktplatz in Leipzig.

                                                                                              HIER DAS VIDEO
                                                                                             RECAP ANSEHEN
                                                                                                        bit.ly/4_Okt
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  Das Marsch des Lebens InfoMagazin | 15
STÄDTE
Argentinien: Buenos Aires,
Cordoba, Dean Funes, San Luis,
San Salvador de Jujuy
Belarus: Svetlogorsk
Bolivien: La Paz, Sucre, Cobija,
Trinidad
Burundi: Bujumbura
Deutschland: Crimmitschau,
Berlin, Annaberg-Buchholz, Obern-
dorf, Dusslingen, Plauen, Bremen,
Stetten, Gomaringen, Wankheim,
Rennerod, Ueckermünde, Ham-
burg, Heidenheim, Tailfingen, Ulm/
Neu-Ulm, Vaihingen an der Enz,
Kirchentellinsfurt, Leipzig, Halle,
Mainz, Gernsbach, Bühl bei Rastatt,
Lüdenscheid, Harra, Tübingen,
Schiltach, Dornhan, Freiburg
Dominikanische Republik:
Santo Domingo
Ecuador: Guayaquil, Quito, Abdón
Calderón,
Finnland: Helsinki
Griechenland: Thessaloniki
Indien: Puttur
Kolumbien: Bogota
Moldawien: Chișinău
Österreich: Wien
Paraguay: Guayabi, Lambare,
Ñemby, Neuland, Asuncion
Peru: Lima
Polen: Kielce, Wroclaw, Gdynia
Portugal: Pinhal Novo
Rumänien: Baia Mare
Russland: Kaliningrad, Tjumen
Schweiz: Davos, Zürich, Genf,
Brig/Naters, Schaffhausen
UK: Belfast, Norwich
Ungarn: Budapest
USA: Houston, New York City, Dallas

HIER DIE ABSCHLUSS-
VERANSTALTUNG
ANSEHEN
bit.ly/4_OktAbschluss
16 | Das Marsch des Lebens InfoMagazin

Der Freiwilligendienst in Israel
Wichtig wie noch nie!

Im Juni 2015 vereinbarten ADI Negev
(ehem. ALEH) und der Marsch des Le-
bens e. V. eine Kooperation. Seitdem
können Freiwillige einen 6-monatigen
Freiwilligendienst bei ADI absolvieren,
der vom Bundesfamilienministerium
als Internationaler Jugendfreiwilligen-
dienst gefördert wird.

Die Freiwilligen, die während des Aus-
bruchs der Corona-Pandemie in ADI
waren, wurden vor besondere Heraus-
forderungen gestellt. Die schwerst-
behinderten Kinder haben ein sehr
schwaches Immunsystem, weshalb die
ohnehin fragile Gesundheitssituation
noch bedrohlicher wurde. Während die
Schulen geschlossen wurden und ein
großer Teil der Bevölkerung in Israel
unter Quarantäne gestellt worden war,
musste ADI mit etwa der Hälfte des
regulären Personals und ohne die ört-
lichen Freiwilligen arbeiten. Der Dienst
der ausländischen Freiwilligen wurde
so wichtig wie noch nie!

Drei Freiwillige von Marsch des Leben
entschieden sich, trotz aller Schwierig-    Anna-Suzette Pfeiffer im Kindergarten von ADI Negev
keiten nicht die Koffer zu packen, son-
dern den Bewohnern in ADI zur Seite zu
stehen. „Außergewöhnlich und selbst-       Im Oktober 2020 gingen erneut vier                     wir für einen Tag ADI Negev. In einer
los“ nannte der israelische Botschafter    Freiwillige nach Israel, um zwischen                   ausführlichen Führung bekamen wir
in Deutschland, Jeremy Issacharoff,        6-9 Monate in ADI Negev zu verbring-                   einen Einblick in alles, was die Arbeit
diesen Einsatz bei einer Ehrung der        en. Eine Entscheidung, über die sie                    vor Ort ausmacht. Wir waren auf Anhieb
Freiwilligen im Herbst 2020. Es sei        sehr glücklich sind, wie der Bericht von               beeindruckt! Besonders von dem Perso-
nicht nur eine persönliche Entschei-       Anna-Suzette Pfeiffer zeigt:                           nal aus verschiedenen ethnischen und
dung gewesen, sondern repräsentiere                                                               religiösen Hintergründen, von den vie-
die Freundschaft zwischen Deutsch-                                                                len verschiedenen Therapien, von der
land und Israel. Auch für den Gründer      Ein Besuch, der Spuren hin-                            Liebe zum Detail, aber vor allem von der
des ADI Netzwerks, Generalmajor (res.)     terlässt – oder unser neues                            Liebe und Wertschätzung im Umgang
Doron Almog, war dies ein selbstloser      Zuhause in Israel                                      mit den Bewohnern. Denn was die Be-
Akt auf der persönlichen Ebene, aber                                                              wohner hier bekommen, ist das, was ih-
auch eine Geste der Wiedergutma-           Im November 2017 waren wir als Ju-                     nen anderswo oft fehlte: Sie werden als
chung und ein Zeichen für eine verän-      gendgruppe der TOS Gemeinde Tübin-                     Personen geschätzt, ernst genommen
derte deutsche Gesellschaft.               gen in Israel. Unter anderem besuchten                 und gefördert.
»„Die Erfahrungen,
  die wir hier tagtäg-
  lich machen dürfen,
  sind unbeschreiblich
  und sehr kostbar.“
Schon beim ersten Besuch kam uns der
Gedanke, ob wir nach der Schule nicht
für eine Zeit hierherkommen könnten.
                                             der immer noch andauernden Pande-
                                             mie gehören Schutzkittel, Handschuhe
                                             wie auch Mundschutzmasken zu unse-
                                             rem Alltag. Wir begleiten die Bewohner
                                             in ihrem täglichen Leben und unterstüt-
                                             zen sie bei Aktivitäten, wie dem Spielen
                                             oder in den Therapien. Dazu gehören
                                             Spazierengehen, beim Essen helfen, Ent-
                                             wicklung durch Spiele fördern und vieles
                                             mehr. Da die Bewohner, von denen die
                                             meisten Atemwegserkrankungen ha-
                                             ben, zur gefährdetsten Gruppe gehören,
Jetzt, drei Jahre später und nach dem        waren wir mit die ersten in Israel, die
Abitur, waren wir bereit. Die Auswahl ei-    geimpft werden konnten. Damit können
nes Internationalen Jugendfreiwilligen-      wir den Bewohnern bald wieder unser
dienstes (IJFD) war wegen der                ganzes lächelndes Gesicht zeigen – ohne
Corona-Pandemie sehr beschränkt.             Masken!
Viele Organisationen haben ihr Ange-
bot eingeschränkt oder gar eingestellt.      Die Erfahrungen, die wir hier tagtäglich
Glücklicherweise galt das nicht für ADI      machen dürfen, sind unbeschreiblich
Negev oder den Marsch des Lebens e.V.        und sehr kostbar. Gerade der persön-
                                             liche Umgang mit den Bewohnern und
Für uns als Deutsche ist es ein besonde-     den Kindern in ADI verändern die eige-
res Vorrecht, hier sein zu können. Neben     ne Perspektive auf viele verschiedene
dem Corona-Virus hat sich leider auch        Dinge, die sonst als selbstverständlich
der Antisemitismus in unserer Gesell-        galten und zeigen uns, was wirklich
schaft weiter ausgebreitet. Umso wichti-     wichtig ist im Leben.
ger war es uns daher, mit dem Freiwilli-
gendienst ein Zeichen der Freundschaft
und Unterstützung für Israel und für das
jüdische Volk zu setzen. Gerade denen              JETZT BEWERBEN:
Hilfe und Unterstützung zu geben, die es           FREIWILLIGENDIENST IN ISRAEL
in dieser schwierigen Zeit am Nötigsten
haben, bestärkte uns in allen Hindernis-           Dein Zeichen der Freundschaft war noch nie stärker als in dieser Zeit!
sen, die wir zu überwinden hatten: Mehr-                                   Du willst einen Freiwilligendienst bei ADI Israel
mals verschobene Flüge und das Warten                                      machen oder kennst Jemanden, für den das
auf geöffnete Grenzen – die Herausfor-                                     genau das Richtige wäre?
derung einer Pandemie! Jetzt sind wir
sehr glücklich, in Israel zu sein.                                         Dann besuche unsere Webseite:
                                                                           marschdeslebens.org/freiwilligendienst
In ADI Negev wurden wir mit viel Liebe                                     und schreibe eine Mail an
und Wertschätzung empfangen. Nach                                          anne.moeller@marschdeslebens.org
einigen Wochen haben wir uns in den
Alltag als Freiwillige eingelebt. Aufgrund
18 | Das Marsch des Lebens InfoMagazin

Kurznews

Jobst Bittner unter                         Die Decke des Schweigens                Mit Israel verbunden zur
den „Top 50 Christlichen                    auf Russisch und Litauisch              Neunten Stunde
Verbündeten“ Israels
                                            Mit dem Buch „Die Decke des Schwei-     Während des ersten Lockdowns im
Der Gründer und Präsident des Marsch        gens“ von Jobst Bittner ging im Jahr    Frühjahr 2020 startete die TOS Ge-
des Lebens, Jobst Bittner, steht auf der    2012 die transformierende Botschaft     meinde Tübingen das Online-For-
Liste von Israels Top 50 Verbündeten.       der persönlichen Aufarbeitung ins       mat „Die Neunte Stunde – Gebet für
Die Liste wurde von der Israel Allies       Land, durch die bereits Tausende in     Deutschland und die Nationen“, in
Foundation anlässlich des Sukkotfes-        Deutschland und weltweit Heilung        der neben Anbetung und Gebet span-
tes veröffentlicht und führt Unterstüt-     erfahren haben. Zu den bestehen-        nende Inputs und Interviews gesendet
zer wie Alan Clemmons, Mike Hucka-          den sechs Übersetzungen, darunter       werden. Regelmäßig waren dazu Gäs-
bee, Pat Robertson, Dr. Jürgen Bühler,      Französisch, Finnisch und Bulgarisch,   te aus Israel zugeschaltet, wie Jürgen
Michele Bachmann, Franklin Graham           kommen nun Russisch und Litauisch       Bühler von der Internationalen Christ-
und viele weitere auf.                      hinzu. 80 Jahre nach dem Überfall       lichen Botschaft Jerusalem, Rabbi
„Es ist eine große Ehre für mich, von       Deutschlands auf die ehemalige So-      Yehuda Glick, Gründer des Netzwerks
der Israel Allies Foundation in diese       wjetunion kommt die Botschaft der       für Schwerstbehinderte Doron Almog
Liste aufgenommen zu werden. Es ist         Buße und Versöhnung in zahlreiche       oder Sara Granitza von Yad Vashem.
aber auch eine Motivation, trotz eines      Länder Osteuropas. Das Buch wird ne-    Sie gaben Einblicke in den Alltag in
wachsenden Klimas des Hasses die            ben der Print-Version auch als E-Book   Israel in der Coronazeit.
Stimme für die Freundschaft mit Israel      erhältlich sein.
und gegen Antisemitismus umso deut-                                                   Die Neunte Stunde finden Sie unter:
licher zu erheben!“ sagte Jobst Bitt-                                               www.tos.info/dieneuntestunde
ner. Laut Josh Reinstein, Präsident der
Israel Allies Foundation, ist diese Liste
ein Zeichen der Wertschätzung für die
unermüdliche Arbeit von Christen welt-
weit, die den Staat Israel unterstützen.

                Aktuelle News und Informationen finden Sie auf unserer Webseite unter
                www.marschdeslebens.org oder auf unseren Social Media Kanälen @March of Life
Jetzt Termine reservieren!

                            Israel und die Nationen
 United to be a Light
                                  2                                                               14. Mai 2023
 10.–15. Mai 2021 09.–14. Mai 202
    Retreat für Direktoren,                             Konferenz,                                75 Jahre Israel –
     Israel National Trail,                       Märsche in 10 Städten                          March of the Nations
      Events in Städten                               in ganz Israel                                in Jerusalem
(Planung abhängig von der Corona-Situation)

                                                                            Abonniere d
                                                                                        en E-Mail Ne
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                                                                                          elle Entwick
                                                                            auf dem Lau                lungen
                                                                                         fenden zu ble
                                                                                                        iben.

                       www.marchofthenations.com
                                Veranstalter: Marsch des Lebens e.V., Eisenbahnstraße 124, 72072 Tübingen
20 | Das Marsch des Lebens InfoMagazin

      UNITED TO BE A LIGHT                                             TERMINE 2021/2022
                                                                       Fr. 26.03. bis Sa. 27.03.2021 – Tübingen/Online
      Gemeinsam für eine bessere                                       Decke des Schweigens Seminar – Basismodul

      Zukunft ohne Antisemitismus                                      Fr. 09.04.2021 – weltweit
                                                                       Märsche und Aktionen an Jom haSchoa
      und Judenhass                                                    Fr. 30.04. bis Sa. 01.05.2021 – Tübingen/Online
                                                                       Decke des Schweigens Seminar – Vertiefungsmodul
                                                                       Mo. 10.05. bis Sa. 15.05.2021 – Israel
                                                                       Zeitraum für den March of the Nations 2021
                                                                       Di. 22.06.2021
                                                                       80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion
                                                                       Mi. 29.09.2021
                                                                       80. Jahrestag des Massakers von Babyn Jar
                                                                       So. 28.11. bis Mo. 05.12.2021 – Tübingen/Online
                                                                       Chanukka-Tage – Jüdisch-Christliche Kultur-
                                                                       und Begegnungswoche

                                                                       Fr. 11.02. bis So. 13.02.2022 – Tübingen
                                                                       7. Internationale Marsch des Lebens Konferenz
        Aktionen und Märsche des Lebens rund
        um den jüdischen Holocaust-Gedenktag                                              Alle weiteren Termine
        Jom haSchoa
                                                                                          und Informationen unter
         08.04.–11.04.2021                                                                www.marschdeslebens.org

                                  JE TZT BEWERBEN
                                                                                                        ST
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                                                        IN IS R A E L

                                                                                6 M O N AT E IN IS R A E L
                                                                                 A LS Z E IC H E N D E R
                                                                                 F R E U N D S C H A F T!

                                                                                   WWW.MARSCHDESLEBENS.ORG

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