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jkj Der Transport- und Logistikmarkt in Österreich Der Fahrermangel, eine starke Schiene und die Blockabfertigung sowie Fahrverbote in Tirol Österreich-Spezial Länderspezial VerkehrsRundschau 2 | 2022
Seite 2 Editorial Hanno Thurnher/ÖBB Guten Tag, Herr Nachbar Mit Nachbarn ist das ja immer so eine Sache. Es gibt ganz die Probleme in den Griff zu bekommen. Eine deutlich nette, die einem aushelfen, wenn einem am Sonntag beim größere Rolle als bei uns spielt der Schienengüterverkehr, Kochen überraschend ein wichtiges Gewürz fehlt. Mit zumindest beim Modal Split. Aber die Rail Cargo Group denen grillt man vielleicht sogar mal zusammen. schaut sich auch intensiv in der Nachbarschaft um, ob da Aber es gibt auch Nachbarn, die gehen einem gehörig auf nicht ein paar Früchte zu pflücken sind (siehe Seite 4). den Senkel. Sie grüßen nicht (oder quälen sich ein „Tach“ Tja, und dann ist da noch Tirol mit seinen Daumenschrau- aus den Mundwinkeln, das sie sich lieber gleich sparen ben für den Transitverkehr. Darüber sind viele Transport- können). Sie trampeln womöglich in ihrer Wohnung unternehmen nicht nur in Deutschland erbost. Die Politik umher, dass man meint: Über einem wohnt eine Elefanten- teilt die Kritik an der Blockabfertigung und den Fahrverbo- herde. Manchmal geht es sogar so weit, dass man sich vor ten. Die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer Gericht wiedersieht. Das ist dann Eskalationsstufe zehn auf meinte angesichts des kompromisslosen Festhaltens Tirols der nach oben hin fast offenen Nachbarstreitskala. an den Maßnahmen: „Gute Nachbarschaft geht anders!“ Mit unserem südlichen Nachbarn Österreich haben wir Angestrebt wird eine Klage vor dem EuGH, wenn Tirol schon mal die Sprache gemeinsam. Im Handel ist der nicht einlenkt. Dem sieht Ingrid Felipe, in der Tiroler Lan- Austausch rege. Österreich steht in der Rangliste bei den desregierung für Verkehr zuständig, gelassen entgegen, wie wichtigsten Exportnationen auf Rang acht, bei den Im- sie im Interview verrät (siehe Seite 10). Und sie hat eine porten immerhin auf Platz neun (2020, wertmäßig). Lösung parat. Ob die den Nachbarn gefällt, muss wahr- Auch bei den Problemen eint uns einiges. Die Themen, scheinlich erst ein neues Kapital im Nachbarstreit zeigen. die den österreichischen Frächtern Sorgenfalten bereiten, sind auch bei uns gut bekannt (siehe Seite 8). Aber es ist Viel Vergnügen bei der Lektüre vielleicht ganz interessant, wie die Nachbarn versuchen, Ihre Redaktion
Inhalt Seite 3 Österreich-Spezial Länderspezial VerkehrsRundschau 2 | 2022 4 Rail Cargo Group (RCG) Die Gütersparte der Österreichischen Bundesbahn ist auf Expansionskurs. RCG-Chef Clemens Först verrät, welche drei Hebel für weiteres Wachstum notwendig sind 8 Trends im Straßengüterverkehr Neben der Corona-Pandemie müssen die österreichischen Frächter als weitere Her- Gianmaria Gava/RCG ausforderungen mit steigenden Kraftstoffpreisen und dem Fahrermangel kämpfen 10 Ärger um Blockabfertigung Blockabfertigungen und diverse Fahrverbote in Tirol sorgen für massiven Ärger im 4 Transportgewerbe: eine verfahrene Situation. Im Interview verrät Ingrid Felipe, in der Tiroler Regierung für Verkehrspolitik zuständig, welche Lösung ihr vorschwebt 14 Aspöck Systems Mit ihren neuen Produkten machen die Lichtdesigner nicht nur die Straßen sicherer, sie setzen auch optische Glanzlichter Johann Groder/dpa/picture-alliance 15 TIP Trailer Service Als Nutzfahrzeugvermieter mit integriertem Servicedienstleister bietet das Unternehmen Unterstützung für alle Lebenszyklen eines Fahrzeugs 16 Schwarzmüller Nischenfahrzeuge mit Mehrwert im Einsatz: Die Schwarzmüller Gruppe baut höchst leistungsfähige und individuell angepasste Fahrzeuge für ihre Kunden 8 Land Tirol 10 Impressum: Verlag: Springer Fachmedien München GmbH, Projektkoordination: Andrea Volz Nachdruck, auch auszugsweise, und elektronische Verarbeitung nur mit Verlag Heinrich Vogel, Corporate Publishing, Layout: Lena Amberger, Sabine Spanner ausdrücklicher Genehmigung der Springer Fachmedien München GmbH. Für unverlangt eingesendete Manuskripte und Bilder übernimmt die Aschauer Straße 30, 81549 München Titelfotos: J. Groder/dpa/picture-alliance, unten v.l.n.r.: Redaktion keine H aftung. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben Telefon: +49 (0) 89/20 30 43-2131 H. Thurnher/ÖBB, Müller/Land Tirol, Gasser-Mair/ÖBB die Meinung der Autoren wieder. Diese muss nicht mit der Auffassung der Redaktion: Gerhard Grünig (verantwortlich), Druck: F&W DruckMediencenter GmbH, Redaktion ü bereinstimmen. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier. Michael Cordes Holzhauser Feld 2, 83361 Kienberg
Seite 4 Rail Cargo Group Peschl/ÖBB Mit eigenen Loks in Deutschland unterwegs: Teil der Strategie von RCG, um eine hohe Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit zu gewähren Die RCG weiter auf Expansionskurs Mehr Güter vom Lkw auf die Bahn: Das gilt als Schlüssel zur Klimawende. Doch wie kann das gelingen? Ist überhaupt genug Platz auf den Schienen? Clemens Först, Chef der europaweit tätigen Rail Cargo Group, kennt die Antworten auf diese Fragen. Die RCG ist in Europa ganz vorne dabei. Auf ihrer europäischen Mitkonkurrenten. nen (Mio.) Tonnen sein. 2019 waren es Platz zwei liegt die Güterverkehrstochter Zum anderen guckt die RCG längst über noch 105,3 Mio. Tonnen, mit Corona fiel der Österreichischen Bundesbahnen den Tellerrand des eigenen Landes hinaus die Tonnage dann 2020 auf 95,3 Mio. Die (ÖBB), geht es nach Umsatz oder Trans- und versucht in ganz Europa zu wachsen. Volatilität und die fehlende Zuverlässigkeit portleistung (siehe Grafik Seite 6). in den Supply Chains haben laut Först Das ist alles andere als selbstverständlich. Dynamisches Wachstum im KV auch 2021 das Alltagsgeschäft erschwert. Denn in Europa befindet sich Österreich Doch Corona hat auch der ÖBB Rail Cargo Die 35 Mio. Euro, die 2020 als Gewinn vor gemessen am Bruttoinlandsprodukt nur Group (RCG) einen Strich durch die Rech- Zinsen und Steuern ausgewiesen wurden, an elfter Position. Nimmt man die Fläche nung gemacht. 2020 betrug der Verlust erscheinen angesichts eines Umsatzes von als Maßstab (für die Transportleistung von beim Transportaufkommen neun Prozent. 2,2 Milliarden Euro gering. Doch Först hoher Bedeutung), landet Österreich nur Der Umsatz brach um fünf Prozent ein. zeigt sich keinesfalls unzufrieden. „2020 auf Platz 19. Doch im Schienengüterver- Für 2021 liegen noch keine endgültigen positiv bilanziert zu haben werten wir als kehr steht Österreich auf dem Siegerpodest Zahlen vor: „Mengenmäßig schneiden wir Erfolg, auch im Vergleich zu vielen ande- und kann Bahnen aus Frankreich, Polen aber deutlich besser ab als 2020“, verrät ren Güterbahnen in Europa“, sagt Först. In oder der Schweiz hinter sich lassen. Clemens Först, Vorstandssprecher von der Tat, bei DB Cargo beispielsweise be- Daran kann man zwei Dinge ablesen: RCG, gegenüber der VerkehrsRundschau. trug der Verlust 2020 728 Mio. Euro. Zum einen, dass die RCG mit einer Stra- „Wir haben uns dem Vorkrisenniveau an- Nach wie vor läuft es für die RCG im tegie tätig ist, die nicht nur erfolgreich, genähert“, so der RCG-Chef. Es dürften Kombinierten Verkehr (KV) gut: „Hier sondern offenbar auch besser ist als die also wieder deutlich mehr als 100 Millio- verzeichnen wir seit einigen Jahren ein dy-
Rail Cargo Group Seite 5 namisches Wachstum, haben uns auch als Operateur), liegt bei RCG alles in einer Die aktuelle Situation im deutschen Netz 2020 positiv weiterentwickelt und liegen Hand. Aber auch logistische Leistungen sieht Först kritisch für die Verkehrsverla- mittlerweile deutlich über den Werten des bietet RCG an – Ähnliches hatte DB gerung, nicht nur was die Anbindung des Jahres 2019“, zeigt sich Först über die Ent- Cargo-Chefin Sigrid Nikutta auch für ihr Brennerbasistunnels betrifft. wicklung in diesem Segment sehr zufrie- Unternehmen angekündigt. Bei der Vermeidung von CO2 will Först den. Dabei wächst die RCG vor allem im jedoch nicht die österreichische Brille auf- Ausland. So konnte die deutsche Tochter Verdoppelung der Kapazitäten bis 2040 ziehen, sondern denkt hier gleichfalls eu- im Corona-Jahr 2020 bei den transpor- Die RCG hofft aber auch, von der Klima- ropäisch. Denn auch in der EU soll der tierten Tonnen im KV ein Plus von sage wende zu profitieren. Von dem Ziel, auch Anteil der Bahn am Modal Split wachsen, und schreibe 100 Prozent hinlegen. Die im Verkehr vermehrt CO2 einzusparen. und zwar von 17,6 Prozent 2019 auf Nettotonnen schossen von 0,7 Mio. Ton- Hier lohnt ein Blick nach Österreich, wo 30 Prozent im Jahr 2030. Drei Hebel zur nen auf 1,4 Mio. Tonnen in die Höhe. Die- die Ambitionen höhergesteckt sind als in Erreichung der Ziele hat er ausgemacht: ses Wachstum hält an. „Alleine im letzten der EU. Österreich will 2040 CO2-neutral „Zunächst müssen die Bahnen ihre Haus- Jahr haben wir die Zahl unserer Transfer- sein – in der EU soll dieses Ziel erst 2050 aufgaben machen“, sagt Först. Dazu ge- erreicht werden. Dazu wird in Österreich höre ein attraktives Angebot mit einer für 2040 ein Modal Split für die Schiene guten Qualität: Stichwort Pünktlichkeit, „In Österreich und in Ungarn sind von 40 Prozent angestrebt. 2020 lag dieser Zuverlässigkeit und Kundenservice. wir Marktführer und müssen uns den bei 27,5 Prozent. Das ist höher als in Der zweite Hebel sei eine leistungsfähige Angriffen der privaten anbieter stellen. Deutschland, wo der Anteil der Schiene Infrastruktur, national wie international. Im Ausland wachsen wir dynamisch. “ 17,9 Prozent beträgt. Aber 12,5 Prozent- Da erwartet er nicht nur Ausbaumaßnah- punkte mehr in 20 Jahren bei steigendem men, sondern auch die Ertüchtigung des Güterverkehrswachstum sind vor allem bestehenden Netzes bis hin zur Schaffung Shuttle-Verbindungen um acht auf knapp deshalb sehr ambitioniert, weil es schon einer Interoperabilität: also die Abschaf- 60 erhöht“, sagte Först. Er führt die hohe heute zu Engpässen im Schienengüter- fung von national gültigen Technologien Nachfrage auch auf ein zuverlässiges An- verkehr kommt. Nicht zuletzt angesichts hin zu europaweit gültigen Standards. gebot seitens RCG zurück, da das Unter- dieser Ziele wollen die ÖBB die Kapazität „Der dritte Hebel ist die Kostenwahrheit“, nehmen für diese Intermodal-Züge auf der Bahn bis zum Jahr 2040 verdoppeln. sagt Först. Die Schiene habe einen großen Eigentraktion setzt. Und Först bestätigt, dass die RCG vor allem im Ausland stark wächst: „In Österreich mit einem Markt- anteil von über 60 Prozent und in Ungarn Die DAK: der Sprung von ganz hinten zum Technologieführer sind wir der Marktführer und müssen uns den Angriffen der privaten Anbieter stel- Derzeit erwartet sich die Bahn- len. Im Ausland wachsen wir dynamisch.“ branche wahre Wunderdinge von der neuen Kupplung. Kein So überkompensiere die RCG Verluste im Wunder, befinden sich die europä- Inland mit Gewinnen im Ausland. ischen Bahnen aktuell doch quasi in Först begründet das Engagement von RCG einer Art Steinzeit der Eisenbahn. im Ausland mit der Vision seines Hauses: „Wir sind in Europa neben Nordko- „Wir wollen ein nachhaltiges, logistisches Patrick Kuschfeld/DB AG rea und Afrika die einzigen welt- Rückgrat für die europäische Wirtschaft weit, die noch mit manuellen sein – für ein lebenswertes Europa.“ Um Schraubenkupplungen arbeiten“, ein solches Rückgrat zu sein, seien eine sagt RCG-Chef Clemens Först. Euro- Flächenabdeckung und eine gewisse pa auf einer Ebene mit Nordkorea ... Das soll sich ändern. Derzeit läuft Größe erforderlich. Das Unternehmen ist ein Programm zur Entwicklung der mittlerweile in 18 europäischen Ländern Der große Hoffnungsträger für die Güterbahnen in Serienreife der digitalen automati- präsent, in zwölf davon mit einer eigenen schen Kupplung (DAK). Flächende- Europa: die digitale automatische Kupplung (DAK) Traktion. Diese Expansion ist noch nicht ckend soll sich die DAK bis spätestens abgeschlossen. „Wir sind dabei, in weiteren 2030 an den Waggons befinden. Doch warum dauert das so lange? Ländern in den Markt zu gehen“, sagt „Mit der Einführung der DAK reden wir in Europa von einer Umrüstung von rund einer halben Först. Welche Länder das im Detail sind, Million Güterwagen und einem Investitionsvolumen von geschätzt zehn Milliarden Euro“, sagt will er noch nicht verraten, nennt aber mit Först. „Bevor wir diesen Schritt gehen, müssen wir 100-prozentig sicher sein, dass diese Lösung Südosteuropa die Region. auch funktioniert.“ Dafür bedarf es ausführlicher Versuche: bei Wind und Wetter, bei hohen RCG unterscheidet sich in einem weiteren Geschwindigkeiten und zeitaufwendige Tests, die die Langlebigkeit des Produktes beweisen. Die DAK wird mehr können als die heute schon weit verbreitete Mittelpufferkupplung. „Mit der Punkt von anderen Bahnen: Das Unter- DAK wird der Güterzug mit Strom- und Datenverbindungen ausgestattet sein. Mit dieser Neu- nehmen will sich in die logistischen Ketten entwicklung werden wir in Europa technologisch weltweit führend sein“, sagt Först voraus. Dass seiner Kunden einbringen. Damit verbun- hier eine Veränderung notwendig ist, da sind sich nicht nur Bahnlogistiker einig: „Mit der DAK den ist beispielsweise, dass RCG Traktio- werden wir einen über 70 Jahre währenden Missstand lösen und über eine halbe Million Güter- när, Operateur und Spedition zugleich ist. wagen ins 21. Jahrhundert katapultieren. Eine dringend benötigte Transformation, die keinen Während in vielen anderen Ländern es weiteren Tag Aufschub duldet“, sagte der neue Bundesverkehrsminister Volker Wissing anlässlich hier eine Trennung gibt (zum Beispiel DB des Starts eines Testzuges mit der DAK in Berlin. cd Cargo als Traktionär und Kombiverkehr
Seite 6 Rail Cargo Group Umweltvorteil auf vielen Ebenen: bei den CO2-Emissionen, bei der Verkehrssicher- heit, den Staus, dem Landschaftsver- brauch. „Dieser Vorteil der Schiene wird nur in geringem Maße berücksichtigt, weil die damit verbundenen Kosten im Stra- Clemens Först, Vor- ßenverkehr nicht über entsprechende Ab- standssprecher der gaben berücksichtigt werden.“ Um hier RCG, will mit seinem eine faire Entlastung zu erreichen, könne Unternehmen weiter man den Schienengüterverkehr stärker wachsen, aber auch mit dem Schienengü- terverkehr in Europa. „Mit der DAK können wir die Först ist Mitbegrün- Zugfrequenz deutlich steigern und der und Leiter der erhöhen so die Kapazität, ohne neue Initiative Rail Freight Schienenwege bauen zu müssen. “ Forward, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, in Europa mehr unterstützen. „In Österreich wird der Ein- Güter auf die Schiene RCG zelwagenverkehr und der KV mit etwa 100 zu verlagern Millionen Euro pro Jahr gefördert. Das ist ein wichtiger Grund, warum der Modal Split bei uns so viel besser ist als in der neue Schienenwege bauen zu müssen“ weise mehrere Tage dauern“, gesteht Först. EU“, sagt der RCG-Chef. (siehe Kasten Seite 5). Daran werde gearbeitet, aber eine wesent- Doch werden immer wieder Zweifel geäu- Doch eine Hürde bleibt: Viele vor allem liche Verbesserung bedingt insbesondere ßert, ob diese zusätzlichen Mengen über- kleine Transportunternehmen verfügen eine automatisierte, interna t ionale haupt Platz finden auf dem Schienennetz nicht über Partner, mit denen sie den Vor- Trassenbuchung bei den Infrastrukturen. – zumal auch der Personenverkehr auf der und Nachlauf abwickeln können. Auch An einem solchen System wird gearbeitet Schiene wachsen soll. „Mit der heutigen dafür hat Först eine Lösung: „Wir sehen es – Deutschland ist hier führend –, den- Infrastruktur sind 30 Prozent Bahnanteil als unsere Aufgabe an, für diese Unterneh- noch wird es aber kurzfristig nicht zur am gesamten Güterverkehr in Europa si- men entsprechende Services zum Vor- Verfügung stehen. cher nicht zu bewältigen“, stimmt Först zu, und Nachlauf anzubieten, um die Hürde Als ein Manko im Schienengüterverkehr „aber bis 2030 wird sehr viel passieren.“ Er für einen Umstieg zu erleichtern.“ werden immer wieder die fehlenden Mög- spricht nicht nur die Schienenwege an und Ein weiterer Kritikpunkt ist der fehlende lichkeiten zur Sendungsverfolgung ge- verweist auf das derzeitige „Mammut-In- Service. Es dauere viel zu lange, bis man nannt. Hier ist RCG dabei, die Bedingungen vestitionsprogramm in Deutschland“. „Uns eine Auskunft über eine mögliche Verbin- zu verbessern. Mit „Mike, dem digitalen wird die Digitalisierung stark helfen“, dung und den dazugehörigen Preis be- Assistenten“, gibt es eine Plattform, mit der glaubt Först. Als zwei wesentliche Beispiele kommt. Für einen Platz in einem unter anderem ein Tracking, eine Kapazi- nennt er das Zugbeeinflussungssystem Intermodal-Zug verneint Först diesen tätsplanung und die Wagenbestellung ETCS und die Einführung der digitalen Vorwurf. „Wenn man allerdings einen möglich sind. Derzeit werden die Kunden automatischen Kupplung (DAK). „Damit komplett neuen Zug konzipieren möchte, nach und nach an das System angeschlos- können wir die Zugfrequenz deutlich stei- womöglich grenzüberschreitend, dann sen und die Funktionalitäten von „Mike“ gern und erhöhen so die Kapazität, ohne können die Abstimmungsprozesse teil- sollen laufend erweitert werden. cd Die größten Güterbahnen in Europa (Zahlen für 2020) DB Cargo 4119 78,7 Rail Cargo Group 2197 28,0 PKP Cargo 891 23,6 SBB Cargo 747 16,0 SNCF Fret 1463 16,7 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 0,0 10,0 20,0 30,0 40,0 50,0 60,0 70,0 80,0 Quelle: RCG ∎Umsatzerlöse in Millionen Euro ∎ Transportleistung Eigentraktion in Milliarden Tonnenkilometer
Seite 8 Trends im Straßengüterverkehr Johann Groder/dpa/picture-alliance Einer der wichtigsten Transportkorridore in Österreich: die Brennerautobahn und daneben die Bahnstrecke zum Brenner „Wir müssen gut aufpassen“ Die Auftragslage im österreichischen Straßengüterverkehr ist zwar durchaus zufrie- denstellend. Aber mit der Einführung eines CO2-Preises 2022 kommt eine neue Belastung auf die Unternehmen zu. Und große Probleme bereitet der Fahrermangel. Fehlende Lkw-Fahrer, steigende Energie- Klacska-Gruppe ist, ein auf Flüssiggüter zeuge und zudem auch nur zwei Tankstel- preise und natürlich Corona: Das sind die und Lebensmittel spezialisierter Logistik- len für LNG. Themen, die Alexander Klacska nennt, dienstleister mit 550 Lkw. Die Verlagerung von Transporten auf die wenn er auf die Herausforderungen für In diesem Jahr müssen sich die Unterneh- Bahn sieht Klacska als eine Alternative die Unternehmen im österreichischen men zudem auf eine Verteuerung des an. Allerdings beobachtet er mit Skepsis Transportgewerbe angesprochen wird. Kraftstoffs vorbereiten. „Zum 1. Juli wird die derzeitige Auslastung: „Die Kapazitä- Klacska ist bereits seit 2010 Obmann der ein CO2-Preis von 30 Euro pro Tonne ein- ten werden immer knapper. Und mehr Bundessparte Transport und Verkehr der geführt. Dieser soll jährlich weiter ange- Personenverkehr und mehr Güterverkehr Wirtschaftskammer Österreich und kennt hoben werden“, sagt Klacska. Noch ist auf der Schiene abzuwickeln: Das wird daher die Branche so gut wie kaum je- unklar, wie stark die Dieselpreise steigen auf Dauer nicht funktionieren.“ mand anderes. werden. Die Rede ist von etwa zehn Cent Der Unternehmer fordert aber auch einen pro Liter. Der Appell von Klacska: „Wich- besseren Service von den Bahnen. Als Bei- Kraftstoffpreise steigen in Österreich 2022 tig ist, dass die Mehreinnahmen zweckge- spiel nennt er die Buchung eines Contai- Natürlich schaut man auch in Österreich bunden verwendet werden.“ ners von Rotterdam nach Wien: „Die gebannt auf die Infektionszahlen und die Er hält eine Innovationsförderung für un- Informationen, wo der Container wann Folgen, die Omikron verursachen könnte. abdingbar, um die Umstellung auf Was- sein muss und wie der Vor- und Nachlauf Doch Klacska ist zuversichtlich, dass die serstoff oder Elektroantrieb zu bewältigen. abgewickelt werden: Die müssen in Sekun- Unternehmen im österreichischen Stra- „Wir schielen da etwas neidisch auf den abrufbar sein.“ Zudem hat er beobach- ßengüterverkehr glimpflich davonkom- Deutschland, da sehen wir in Österreich tet, dass bei Abholung oder Zustellung von men. Zum einen habe die österreichische noch gar nichts.“ Große Versäumnisse hat Ladeeinheiten nicht genügend Parkplätze Regierung die Quarantäneregeln ange- er bei den Brückentechnologien ausge- an den Terminals bereitstanden. „Auch passt. „Zudem ist die Auftragslage zu Jah- macht. „Das Thema Antriebe mit Flüssig- hier ist eine Nachbesserung erforderlich.“ resbeginn im Transportgewerbe ja immer gas geht an Österreich komplett vorbei“, Bei der Rollenden Landstraße in Tirol etwas schwächer, sodass wir hoffen, gut kritisiert er. Man müsse jedoch alle Po- spricht sich Klacska für längere Strecken durch diese nächste Corona-Welle zu tenziale auf dem Weg zur Dekarbonisie- aus. Eine Fahrt zwischen ein bis zwei kommen“, sagt Klacska, der auch ge- rung nutzen. Doch gebe es in Österreich Stunden hält er für zu kurz angesichts der schäftsführender Gesellschafter der keine Mauterleichterung für LNG-Fahr- Verlader- und Wartezeit. „Hier braucht
Trends im Straßengüterverkehr Seite 9 man mindestens drei, eher vier oder fünf führt haben. „Das kommt nicht von heute Stunden, damit es zu keiner Verschlechte- auf morgen. Aber wir müssen gut aufpas- rung im Vergleich zum Straßenverkehr sen“, sagt Klacska. kommt.“ Als positiv bewertet er, dass es Was also tun? Die Sparte hat ein Drei- in Österreich gelungen ist, für kranbare Säulen-Modell entwickelt. Zum einen ist Sattelauflieger eine Erhöhung des erlaub- die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Ös- ten Gesamtgewichts um eine Tonne auf terreich relativ hoch. „Hier sind wir in 41 Tonnen zu erzielen. Diese Trailer dür- guten Gesprächen mit dem Arbeitsmarkt- fen also auch dann 41 Tonnen befördern, Service, dass die Qualifizierung vom Füh- wenn sie nicht im Vor- oder Nachlauf des rerschein der Klasse B auf Klasse CE auch Kombinierten Verkehrs eingesetzt wer- finanziell unterstützt wird.“ den. „Eine solche Lösung würden wir uns Zudem will die Sparte stärker darauf hin- auch europaweit wünschen.“ weisen, dass es sich um attraktive Arbeits- plätze mit guten Zukunftsaussichten WKÖ Der Fahrermangel ist ein großes Problem handelt. Denn die Transportentfernungen Größere Sorgen bereitet Klacska zumin- bei Lkw-Verkehren sind in Österreich „Wir stehen vor dest mittelfristig ein anderes Thema: „Wir deutlich kürzer als in Deutschland: 70 einer Pensionierungswelle, stehen vor einer Pensionierungswelle, die Prozent der Gütermengen werden über die gerade voll zuschläg.“ gerade voll zuschlägt.“ Die aktuelle Befra- eine Distanz von unter 150 Kilometern Alexander Klacska, gung der Mitglieder seiner Sparte hätte verteilt. „Damit sind geregelte Arbeitszei- Obmann der Bundessparte Transport und ergeben, dass knapp 40 Prozent der Lkw- ten verbunden“, sagt Klacska. So wolle Verkehr der Wirtschaftskammer Österreich Fahrer über 50 Jahre sind. „Das heißt, wir man verstärkt auch Frauen ansprechen. werden etwa 20 Prozent der Lkw-Fahrer Zudem strebt die Sparte Veränderungen in den kommenden sieben bis längstens bei der Ausbildung an. „Wir wollen, dass Jahren bereits eine Änderung ergibt. Und zehn Jahren verlieren. Und auf der ande- junge Menschen mit 16 Jahren die Ausbil- selbst wenn hier ein Erfolg erzielt wird, ren Seite sehen wir, dass die Jugend nicht dung beginnen und dann mit 17 Jahren sind seiner Ansicht nach weitere Maßnah- nachdrängt.“ den Lkw-Führerschein erwerben können“, men notwendig, weil man im Wettbewerb Eine verzwickte Lage, die man auch aus sagt der Obmann. Dazu sei man mit den um Arbeitskräfte mit anderen Wirtschafts- Deutschland kennt. Klacska weist auf das Gewerkschaften im Gespräch. Gemein- zweigen konkurriere: „Wir kommen nicht Beispiel Großbritannien hin, wo fehlende sam will er noch in diesem Jahr eine Initi- umhin, den Markt für Lkw-Fahrer auch Lkw-Fahrer zu Staus an Tankstellen und ative starten. Allerdings rechnet er nicht für Angehörige aus Drittstaaten zu öffnen“, leeren Regalen in den Supermärkten ge- damit, dass sich in den kommenden zwei lautet sein Appell. cd Deutschland und Österreich im Vergleich: der Markt für Straßengüterverkehr Deutschland 2020 Österreich 2020 74,6 in Mrd. Tonnenkilometer Quelle: Mittelfristprognose Sommer 2021/Bundesanstalt Statistik Österreich, 11/2021 18,379 18,129 294,8 58,1 60,0 7,926 7,948 insgesamt: 487,5 Milliarden Tonnenkilometer insgesamt: 52,283 Milliarden Tonnenkilometer ∎ Inlandsverkehr ∎ Grenzüberschreitender Güterempfang ∎ Grenzüberschreitender Güterversand ∎ Transitverkehr Der deutsche Straßengüterverkehrsmarkt übersteigt den österreichischen etwa um das Neunfache, gemessen an der Transportleis- tung. Dabei spielen bei unseren Nachbarn der Transit und auch der grenzüberschreitende Verkehr eine deutlich größere Rolle.
Seite 10 Verkehrspolitik in Tirol Drohen weitere Schikanen? Wesentlich verantwortlich für die Fahrverbote und die Blockabfertigung ist Ingrid Felipe, in der Tiro- ler Landesregierung zuständig für Verkehr. Welche Lösung ihr im Dauerkonflikt vorschwebt, warum sie die Lkw-Fahrer nicht beneidet und einer Klage zu den Fahrverboten wenig Chancen einräumt. Die Lkw-Frachtunternehmen nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa Ingrid Felipe: „Ich kann nicht sind nicht gut auf die Tiroler Landesre- tatenlos zusehen, wie der Transit- gierung zu sprechen, vorsichtig ausge- verkehr immer mehr unsere Be- drückt. Haben Sie dafür Verständnis? völkerung beeinträchtigt.“ Bis zu einem bestimmten Grad habe ich Verständnis dafür, dass unsere Maßnah- men nicht auf Gegenliebe stoßen. Aber die Ursache für das Problem ist nicht die Tiroler Landesregierung, sondern der steigende Transitverkehr. Wie ist denn die aktuelle Lage? Wir befinden uns bereits wieder auf dem Niveau der Vor-Corona-Zeit. 2021 lag die Zahl der Transit-Lkw auf der Brenner- Achse nur um 0,9 Prozent unter dem Wert aus dem Jahr 2019. Im Dezember 2021 hatten wir im Vergleich zu Dezem- ber 2019 sogar ein Plus von 11,7 Prozent. Das ist schlicht und ergreifend zu viel für die Infrastruktur. Deshalb waren wir ge- zwungen, in den vergangenen Jahren einen Mix an Maßnahmen zu ergreifen, um die Verkehrssicherheit gewährleisten zu können und den Verkehrsfluss auf- rechtzuerhalten. Wir streben auch eine Verlagerung der Verkehre auf die Schiene an. Aber die Blockabfertigung dient in der Tat ausschließlich dazu, dass vor allem am Morgen und Vormittag, wenn Müller/Land Tirol auch die Pendler unterwegs sind, nicht der gesamte Verkehr auf der zweispurigen Inntalautobahn zum Erliegen kommt. Ist angesichts der Verkehrszahlen mit weiteren Schikanen auf der Brennerstre- cke zu rechnen? Die Zahl der Tage mit Blockabfertigung Viele sehen das anders. Ergebnis der Wir haben die Dosiertage wie üblich für für das erste Halbjahr 2022 ist um zwei Blockabfertigung sind lange Staus in das erste Halbjahr bereits angekündigt. Es Tage höher gegenüber dem Vorjahr. Bayern. Die führen zu mehr Emissionen, können weitere Maßnahmen dazukom- Kommen weitere Dosiertage dazu, wenn als wenn Sie den Verkehr einfach durch- men, wenn akute Erhaltungsmaßnahmen der Transitverkehr wie zuletzt zunimmt? winken würden, so der Vorwurf. Um- auf der Strecke durchgeführt werden. Wir versuchen, mit Experten festzustellen, weltschutz zulasten anderer: Ist das Schon im letzten Jahr hatte die Betreiber- wann eine besondere Belastung droht. nachhaltige, ganzheitliche und damit gesellschaft der Autobahn, die Asfinag, Die tritt häufig an Tagen um die Feiertage grüne Umwelt- und Verkehrspolitik? uns gebeten, an drei Tagen den Zufluss zu ein. Das ist ja auch die Vorgabe der EU: Es Die Lage in Tirol ist noch mal eine beson- drosseln, um die Sanierungsarbeiten un- soll keine Schikane sein, sondern eine dere. Wir haben zum einen diese Überlas- gestört durchführen zu können. Das kann Vorsichtsmaßnahme im Sinne der Ver- tung auf der Brennerstrecke. Zum anderen auch im Jahr 2022 eintreten. kehrssicherheit und des Verkehrsflusses. ist das Inntal sehr eng, weshalb unsere Au-
Verkehrspolitik in Tirol Seite 11 dern wir eine Kostenwahrheit auf der Ja, aber dort ist viel flaches Land. Bei uns Vita Ingrid Felipe Straße. Die externen Kosten wie Emissi- gehen links und rechts die Berge hoch, so ons-, Lärm- und Staukosten müssen in der dass Lärm oder Abgase nicht entweichen Ingrid Felipe wurde am 22. August 1978 in Hall/Tirol geboren. Sie hat Betriebswirt- Maut in vollem Umfang berücksichtigt können. Wir haben auch keine Möglich- schaft in Innsbruck studiert. werden. Dann können wir uns die Dosie- keiten, Alternativstrecken zu bauen. Des- Mit 27 Jahren startete sie ihre parteipoliti- rungen und viele der Fahrverbote sparen. halb weichen wir aus und bauen einen sche Karriere als Finanzreferentin der Grü- Tunnel. Wir müssen die Wirtschaft dar- nen in Tirol. Am 1. Mai 2012 zog sie für die „Gute Nachbarschaft geht anders“ ist ein auf vorbereiten, dass der Transitverkehr Grünen erstmals als Abgeordnete in den Zitat der bayerischen Verkehrsministerin künftig vorwiegend per Bahn erfolgt. Landtag von Tirol ein. Ein Jahr später wurde Kerstin Schreyer aus dem letzten Jahr Denn die Straße benötigen wir für die sie in Tirol zur Landesrätin gewählt und angesichts der Tiroler Verkehrspolitik. Feinverteilung und den Individualver- bekleidet dieses Amt bis heute. Zuständig Können Sie den Unmut nachvollziehen? kehr. ist sie unter anderem für Umwelt- und Kli- Ich bin seit 2013 in Tirol für den Verkehr maschutz und europäische Verkehrspolitik. Felipe ist seit 2013 Stellvertreterin des Lan- zuständig und habe in dieser Zeit mit di- Noch mal zur Blockabfertigung: Die Fah- deshauptmanns Günther Platter von der versen Ministern in Bayern und Deutsch- rer und Fahrerinnen stehen dort stunden- Österreichischen Volkspartei (ÖVP). cd land gesprochen. Ich habe darum gebeten, lang im Stau, können sich nicht Nägel mit Köpfen zu machen und über eine verpflegen, nicht mal auf Toilette. Würden Bepreisung des Lkw den Verkehr zu len- Sie gerne mit denen tauschen wollen? ken. Wir haben verschiedene Memoranden Nein, natürlich nicht. Da habe ich auch tobahnen zum großen Teil nur zweispurig unterzeichnet, zuletzt einen Zehn-Punkte- einiges lernen dürfen. Als in meinem ers- sind. Ausschlaggebend für die Dosierung Plan. Doch passiert ist überschaubar viel. ten Amtsjahr 2013 der Chef der Verkehrs- war ein Verkehrsinfarkt auf der Inntal-Au- Wir hingegen haben in Österreich einiges planung auf mich zukam, um einen tobahn, als dann nichts mehr ging. Wir gemacht, nicht nur Fahrverbote erlassen. zusätzlichen Lkw-Parkplatz zu bauen, müssen mit allen Beteiligten versuchen, Nehmen Sie den Brenner-Basis-Tunnel. habe ich damals gesagt: Nein, dann ma- dass vor allem während des Berufsverkehrs Dort sind wir wesentlich weiter als all un- chen wir den Lkw-Verkehr doch nur nicht alle gleichzeitig unterwegs sind. sere Vertragspartner. Ich bin hier in Tirol noch attraktiver. Heute weiß ich, dass auch für den Klima- und Umweltschutz ausreichend Parkplätze notwendig sind, Durch die Blockabfertigung kommt es zu zuständig und kann daher nicht tatenlos damit die Fahrer auf Toilette gehen, sich Staus und Auffahrunfällen. Erst jüngst zusehen, wie der Transitverkehr immer waschen und sich etwas kaufen können. gab es wieder ein Unfall mit zwei Schwer- mehr unsere Bevölkerung beeinträchtigt. Die Fahrer und Fahrerinnen erledigen verletzten. Kann die Tiroler Regierung Aber wenn wir ständig vertröstet werden einen anspruchsvollen, verantwortungs- diese Folgen einfach ignorieren? wie aktuell bei der Eurovignetten-Richt vollen Job unter schwierigen Rahmenbe- Nein, das tun wir auch nicht. Wir analy- linie, dann bleibt uns nichts anderes übrig, dingungen. Dessen bin ich mir bewusst. sieren die Lage immer wieder. Aber Staus als zu solchen Notwehrmaßnahmen wie Deshalb haben wir in Tirol auch ver- lassen sich nicht vermeiden. Wir müssen der Blockabfertigung zu greifen. gleichsweise viele Parkplätze für Lkw. beispielsweise auf Tiroler Seite auch damit leben, weil die deutsche Regierung täglich Viel Verkehr in noch stärker besiedelten Wissenschaftler haben ermittelt: Ein Grenzkontrollen zur Kontrolle der Migra- Gebieten gibt es auch anderswo, bei- langsamer, stetiger Verkehrsfluss sorgt tion macht. Aber ich kann die Belastung spielsweise im Ruhrgebiet. für weniger Staus als Stop-and-go. für alle Beteiligten nachvollziehen. Die Brenner-Strecke ist offensichtlich aus Kos- tengründen so attraktiv, dass sich nie- mand eine Alternative sucht. Es gäbe günstigere und vor allem kürzere Wege über die Alpen. Laut einer Untersuchung trifft das für gut ein Drittel der Lkw-Tran- sitverkehre zu. Ein Grund sind die günsti- gen Dieselpreise in Österreich. Aber auch daran arbeite ich, dass das Dieselprivileg in Österreich abgeschafft wird. Dass es kürzere Wege gibt, ja. Aber dass Nicht ökologisch Roland Mühlanger/dpa/picture-alliance die Unternehmen höhere Kosten in Kauf und wegen der nehmen, um über den Brenner zu fah- Staus eine Gefahr ren, das kann ich kaum glauben. für die Autofahrer: Das sind die Ergebnisse einer Studie zur Die Blockabfertigung Untersuchung der Routenwahl, die wir auf der Brenner Ende des Jahres vorgelegt haben. Unser autobahn in Tirol größtes Problem ist, dass die Maut über wird vom Transport- den Brenner im Vergleich beispielsweise gewerbe heftig zum Gotthard zu niedrig ist. Deshalb for- kritisiert
Seite 12 Verkehrspolitik in Tirol Jakob Gruber/dpa/picture-alliance Zwei, die sich harscher Kritik seitens des Transportgewerbes ausgesetzt sehen: Ingrid Felipe (l.) und der Landeshauptmann von Tirol, Günther Platter, im Brenner- Basistunnel Da haben Sie recht. Aber das Problem an der Zeit, zu überlegen, ob jeder Ver- Maßnahmen so gestaltet, dass sie rechts- sind nicht unsere Dosierungen. Das Pro- kehr tatsächlich jederzeit stattfinden darf konform sind. Es gibt auch deshalb bei blem sind die zu vielen Lkw. Dagegen oder ob es möglich ist, dass eine regionale uns keine anderen Überlegungen, weil ich müssen wir Maßnahmen ergreifen, wenn Regierung zum Schutz der Bevölkerung davon überzeugt bin, dass zur Klima- ich bei Zu- und Abfluss nicht ein kom- die Wahl des Verkehrsmittels – und nur wende der Verkehr dazugehört. Ich bin plettes Chaos haben möchte. Die Verrin- darum geht es – einschränken darf. Denn gleichfalls überzeugt, dass wir eine ge- gerung der Lkw-Transit-Fahrten: Das ist wir verbieten nicht den Transport durch meinsame europäische Lösung finden der Schlüssel zum Erfolg. Dazu braucht es Tirol. Vielleicht sollte man darüber auch werden. Und die heißt Kostenwahrheit. faire Preise für den Straßengüterverkehr. mal beim EuGH eine Diskussion führen. Dazu gehört dann auch, Güter auf die Es gibt noch weitere Instrumente wie Angenommen, Tirol verliert den Rechts- Bahn zu verlagern. Eine Möglichkeit ist das sektorale Fahrverbot oder das streit vor dem EuGH: Haben Sie schon die RoLa. Doch derzeit verkehren gerade Nachtfahrverbot. Laut einem Rechts- neue Folterinstrumente in der Schub- mal 30 RoLa-Züge pro Tag. Ist die gutachten ist das Nachtfahrverbot nicht lade liegen? Schiene tatsächlich eine realistische Aus- rechtens, weil damit das heimische (lacht) Nein. Zum einen: Die Maßnah- weichmöglichkeit, so lange der Brenner- Transportgewerbe über Ausnahmege- men, die in meiner Amtsperiode 2013 Basistunnel noch nicht fertig ist? nehmigungen bevorteilt wird. eingeführt wurden, bestehen alle noch Die Kapazitäten auf der der RoLa sind Zunächst mal gilt das sektorale Fahrver- und haben auch vor dem EuGH bestan- nicht das Problem. Wenn die Nachfrage bot nur für einige Güter. Es ist völlig egal, den. Das ist mir ein großes Anliegen: danach weiter steigt, ist die Rail Cargo ob das Lkw-Kennzeichen ein „A“ für Ös- Dass wir Maßnahmen ergreifen, die Group (RCG) als Betreiber der RoLa in terreich hat oder ein ausländisches: Das rechtskonform sind. Und zum anderen der Lage, zusätzliche Züge bereitzustellen. Fahrverbot hängt ausschließlich vom Gut haben wir auch aus den Niederlagen vor Aber: Die RoLa ist nur eine Übergangslö- ab, das transportiert wird. Gleiches gilt für Gericht vor meiner Zeit gelernt und die sung. Zu viel Totgewicht auf der Schiene das Nachtfahrverbot und die Ausnahmen. Die gelten für den Quell- und Zielverkehr in Tirol. Da ist es jedoch egal, ob der Lkw aus Deutschland oder Tirol stammt. Güterverkehr über die Brenner-Achse Über den Brenner dominiert der Lkw Einer möglichen Klage vor dem EuGH 2019 wurden über den Brenner 53,8 Millionen (Mio.) Tonnen befördert, davon 39,9 Mio. per Lkw sehen Sie gelassen entgegen? (74,2 Prozent) und 13,9 Mio. per Bahn (25,8 Prozent). Über den wichtigsten Schweizer Alpenpass, Ja, wir sind gut vorbereitet. Sie können den Gotthard, zählten die Statistiker im gleichen Jahr 22,4 Mio. Tonnen. Davon entfielen auf die sicher sein, dass wir uns unsere Maßnah- Straße 7,3 Mio. Tonnen (32,6 Prozent) und auf die Schiene 15,1 Mio. Tonnen (67,4 Prozent). men sehr gut überlegen und juristisch Vergleicht man die Daten zwischen 2008 und 2019 (das Jahr 2009 eignet sich aufgrund der prüfen lassen, ob diese den Anforderun- Wirtschaftskrise nicht), dann ist der Güterverkehr per Lkw auf der Inntalautobahn von 35,2 gen an die Verhältnismäßigkeit standhal- Mio. Tonnen auf 39,9 Mio. Tonnen um 13,4 Prozent gestiegen. Auf der Bahn hingegen stagnier- ten. Gestatten Sie mir eine grundsätzliche te die Entwicklung (14,0 Mio. Tonnen 2008 zu 13,9 Mio. Tonnen 2019). Über die Gotthard-Route Bemerkung: Die Warenverkehrsfreiheit, hingegen ist das Aufkommen in diesem Zeitraum auf der Straße um 33,6 Prozent und auf der Schiene um 2,6 Prozent gesunken. Die Zahlen verdeutlichen, dass es eine Verlagerung des die einer der vier großen Freiheiten der Güterverkehrs Richtung Brenner gegeben hat. EU ist, beruht auf Erkenntnissen aus den Als Alternative zur Straße wird in Tirol auch die Rollende Landstraße (RoLa) gesehen. Dort wur- 70er-Jahren. Vielleicht ist es im Jahr 2022, den 2021 mit 160.000 Lkw so viele Einheiten wie seit zehn Jahren nicht mehr befördert. Das im Lichte des Green Deals und des Kli- war ein Plus gegenüber dem Vorjahr von 29 Prozent. cd maschutzes, den wir alle predigen, ja mal
Verkehrspolitik in Tirol Seite 13 ist nicht effizient. Wir müssen zu mehr Ich möchte betonen, dass wir in Tirol mit Nein. Ich kann mit dem Gegenwind leben, Transporten im unbegleiteten Kombi- dem Ziel der Verlagerung auf die Schiene weil ich aus tiefster Überzeugung der An- nierten Verkehr kommen. Aber solange nicht alleine dastehen. Es gibt auch in sicht bin, dass das, was wir tun, richtig ist der Tunnel nicht da ist, gehört die RoLa Deutschland oder Italien viele Stimmen, für die Region und gut für die Umwelt. zu den Verlagerungsinstrumenten. Mir die eine solche Maßnahme fordern, auch Gegenwind hält man dann nicht so gut wäre auch lieber, die RoLa würde über in den konservativen Kreisen. Ich glaube, aus, wenn man selber Zweifel hat. Aber ich längere Distanzen führen, beispielsweise auch unter den Frachtunternehmen gibt zweifle nicht und versuche, in Gesprächen von Wörgl bis nach Trento und nicht nur es viele, die einer Kostenwahrheit im Ver- mit anderen zu überzeugen. Daher werde bis zum Brenner. Dann könnten die Fah- kehr zustimmen würden. Denen wäre das ich demnächst auch mit dem neuen Bun- rer auch ihre Ruhezeit besser nutzen. lieber als die diversen Fahrverbote mit desverkehrsminister Volker Wissing Kon- vielen Ausnahmen, die nicht immer ganz takt aufnehmen wie auch mit Robert Was wäre denn möglich auf der RoLa? einfach zu durchschauen sind. Habeck als den zuständigen Minister für Die RCG hat uns in Aussicht gestellt, dass Klimaschutz in Deutschland. cd sie bis zu 450.000 Lkw von den rund 2,5 Eine Kostenwahrheit würde dann aber Millionen Transit-Lkw pro Jahr bei Aus- die Produkte verteuern. bau der Kapazitäten mit der RoLa beför- Ja, damit wäre zu rechen. Aber das käme dern können. Aber dafür braucht man dann der regionalen Wirtschaft zugute. auch die Nachfrage, die momentan nicht Dann bräuchte es vielleicht nicht die so hoch ist. Zwiebel aus Neuseeland, sondern die Ver- braucher würden die von den Bauern aus Streit um den Brenner-Transit gibt es Österreich oder Deutschland kaufen. Gasser-Mair/ÖBB seit Jahrzehnten. Zuletzt haben sich die Fronten nochmals verhärtet. Was wür- Sie als die Vertreterin der Tiroler Landes- den Sie denn vorschlagen, um zu einem regierung werden immer wieder, zum tragfähigen Kompromiss für alle Seiten Teil auch hart, angegangen. Hat man ir- zu kommen? gendwann die Schnauze voll? Die RoLa als Alternative zur Brennerautobahn Wir freuen uns über 1 Jahr myGW und 4,5 Sterne bei der Kundenzufriedenheit. 12.000 Userinnen und User arbeiten bereits mit dem Kundenportal und nutzen es individuell und flexibel. www.gw-world.com/de/mygw
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Seite 16 Anzeige Mit Nischenfahrzeugen zur Marktführerschaft Nach dem 150-Jahre-Bestandsjubiläum im vergangenen Jahr blickt die Schwarzmüller Gruppe mit klaren Zielen nach vorne. Das Portfolio von 150 Fahrzeugtypen wurde zum Geburtstag rundum er- neuert und unterstreicht die Vision des Premiumanbieters: Nischenfahrzeuge zu liefern, die ihren Nutzern einen Mehrwert im Einsatz garantieren. „Wir haben eine jahrzehntelange Erfahrung mit Premiumfahrzeugen und können des halb unseren Kunden höchst leistungsfä hige und individuell angepasste Fahrzeuge liefern. Und das bereits in 21 europäischen Ländern“, erläutert CEO Roland Hartwig. Schwarzmüller bietet bei den Baufahrzeu gen, die mittlerweile mehr als 50 Prozent des Absatzes ausmachen, ein Komplett angebot. Die neuen Fernverkehrsfahr zeuge der POWER LINE gehen weit über den Standard hinaus und verbinden Roland Hartwig lei- Leichtbau mit höherer Leistungsfähigkeit. tet als CEO seit 2016 die Schwarzmüller Trotz Corona starke Performance Gruppe. Er ist zufrie- Fotos: Schwarzmüller Wirtschaftlich ist Hartwig mit 2021 den mit der Perfor- durchaus zufrieden, ein deutliches mance seines Wachstum wurde trotz der Schwierigkei Unternehmens in ten mit Lieferengpässen erreicht. 2020 hat der Corona-Krise das Unternehmen trotz Corona sowohl die Stammmannschaft wie auch den Um satz gehalten. Die Marktanteile konnten deutlich ausgebaut werden. Seither ist Marktführer: in Österreich, Tschechien, völlige neue Produktion, die in allen Schwarzmüller als größter Nischenher der Slowakei, Ungarn und der Schweiz. Werken aufgebaut worden ist. Die se steller Europas in fünf Ländern sogar Basis für diese starke Position ist eine quenzierte Fließproduktion hat die Durchlaufzeiten um die Hälfte reduziert und den Liefertermin deutlich verkürzt, obwohl zwei Drittel der Fahrzeuge indivi Mit einer Offroad-Mulde hat Schwarzmüller duelle Komponenten aufweisen! Um die seine breite Palette von Kippanhängern noch- Effizienz der Produktionslinien weiter zu mals erweitert steigern, errechnet der Computer täglich die exakte Reihenfolge. Bei aktuellen Pla nungsoptimierungen wird sogar quanten unterstützte Rechenleistung eingesetzt. Nachhaltigkeit rückt in den Fokus Parallel zur Wachstumsstory der vergan genen Jahre wurde in die Nachhaltigkeit investiert. Das Mutterwerk Hanzing in Freinberg (Oberösterreich) wird über ein Hackschnitzel-Heizwerk mit Wärme energie versorgt. Die Prozessenergie kommt jetzt aus der Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Werkshallen. Zuvor
Anzeige Anzeige Seite 49 Eine Studie des Schwarzmüller Innovations- und Zukunftszentrums: Der Anhänger wird zur Flugplattform für eine Lastendrohne waren energieintensive Prozesse opti gebaut. Es gibt aktuell drei Datenpakete, triert sich ganz auf die langfristigen Per miert worden, zum Beispiel durch Ener die auf die Nutzung im Fernverkehr, in spektiven in der Transportwirtschaft. gierückgewinnung in der Lackierung. der Bauwirtschaft und in Infrastrukturun Zum Beispiel durch die Übertragung Mehr Nachhaltigkeit der Produkte wird ternehmen sowie auf Sicherheitsaspekte biologischer Strukturen auf moderne durch konsequenten Leichtbau erreicht. zugeschnitten sind. Das Sicherheitspaket Anhänger. Oder durch die Kombination Als einziger europäischer Hersteller ist mit Alarmfunktionen ausgestattet und von Materialien mit intelligenten Kom schafft Schwarzmüller das in allen acht überwacht den Verschleiß der Bremsen ponenten. Ebenso im Fokus: eine Teil Fahrzeugfamilien. Deshalb forciert man und Reifen. „Aktuelle Nutzungsdaten automatisierung des Betriebes. Denn der auch den Lang-Lkw in Leichtbauweise. sind der Schlüssel zur Optimierung einer Anhänger der Zukunft wird sich stark „Wir können nachweisen, dass unser Anhängerflotte. Zum B eispiel werden verändern, ist man bei Schwarzmüller Lang-Lkw bis zu zehn Prozent Treibstoff durch die vorausschauende Wartung die überzeugt. einspart, und zwar ohne jede Investition Stehzeiten verringert“, betont Hartwig. in die Infrastruktur“, erläutert der Schwarzmüller-CEO. Aus Anhänger wird Flugplattform Zuletzt hat Schwarzmüller für den deut Telematik reduziert Stehzeiten schen Drohnenspezialisten Volocopter Kontakt Weiterhin wird Telematik eine CO2-Re die Flugplattform für eine Lastendrohne Schwarzmüller Gruppe duktion ermöglichen, ist man bei konzipiert. Ein Anhänger wird automa Hanzing 11 Schwarzmüller überzeugt. Zum Beispiel tisch zu einer runden Plattform, von der A-4785 Freinberg durch eine bessere Auslastung der Fahr die Lastendrohnen landen und starten www.schwarzmueller.com zeuge. Deshalb ist ein Telematik-System können. Das Schwarzmüller Innova office@schwarzmueller.com in allen Schwarzmüller-Anhängern ein tions- und Zukunftszentrum konzen
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