Das Magazin - Aus dem Inhalt - für evangelische Pfarrer:innen - Pfarrerinnen- und Pfarrerverein
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62. Jahrgang 1/22 Das Magazin Hessisches für evangelische Pfarrer:innen Pfarrblatt Aus dem Inhalt Masken Autorität und Authentizität Kommunikation im Internet Schattenseite D 1268 F 1
Masken schauen Tragen und ertragen Am Anfang war das Geschrei groß – und die Diskussionen wurden lautstark geführt. Ob Bettina von Haugwitz es denn erwiesen sei, dass das was bringen würde. Dann kam die Maskenpflicht. Und jetzt Pfarrerin (Hasselroth) bin ich schon froh, dass wir beim Reli-Unterricht derzeit keine FFP 2 Maske mehr tragen müssen. Das war echt anstrengend. Dabei hatten wir doch in früheren Zeiten so viel Spaß mit dem Maske-tragen. Schon im Kindergarten kann man ganz wunderbare Masken basteln. Einfach einen Pappteller ge- nommen, zerschnippelt und beklebt, und dann kann man damit herrlich spielen. Wie schön, wenn nicht gleich alle sehen, was ich für ein Gesicht mache, welche Gefühle mich grade überwältigen. Also auch für die Arbeit mit pubertierenden Jugendlichen eine schöne Sache. Wer eine Maske trägt, kann etwas verbergen. Wer eine Maske trägt, ist jemand anderes. Schlüpft in eine andere Rolle. Verschwindet hinter seiner Maske. Wer eine Maske trägt, verändert sich. Die Person tritt zurück, geht auf Distanz. Gelegentlich ist das eine gute Erfahrung, hilfreich und anregend. Aber dauerhaft? Beim Einkaufen, Konzertbesuch und überall da, wo ich auf Menschen treffe, macht die Maske einfach alle zu Fremden. Dazu noch warm eingepackt mit Mütze und Schal – wenig Aussicht auf eine kurze, freundliche Begegnung. Solch eine Distanz tut richtig weh. Vor allem dort, wo Nähe wichtig ist. Im Altenheim, in der Kita, im Krankenhaus. Denn Distanz bedeu- tet: Komm mir nicht zu nahe. Bleib weg von mir. Nähe ist gefährlich … lebensgefährlich. Wie soll das weitergehen? Ohne Maske jedenfalls nicht (mehr). Meine Erfahrung: Mit Einschränkungen lebt es sich leichter, wenn Fantasie ins Spiel kommt. Kreativität ist gefragt. Es gibt viele Möglichkeiten, Resonanz zu erzeugen. Da bin ich mir sicher. Pastoral integrierend wie bei den Schweizer Kol- leg:innen mit Mund-Nasenschutz in den liturgischen Farben. Oder kunstvoll fokussierend, wie Marcel Gregory Stock, der Maske und Mensch in den Mittelpunkt stellt. Seine Bilder überraschen. Seine Botschaft: Sieh genau hin, trau deinen Augen, vergiss deinen Humor nicht. Passt gut, denke ich – auch zur Fastnacht. Da werden dunkle Mächte mittels Masken vertrieben. Auch nicht schlecht. 2
Augen Blicke Editorial wagen Liebe Leserin, lieber Leser, Einer, der aus unseren Reihen kommt, sagte Die neue Regierung Deutschlands möchte „mehr jüngst: Wir wagen nicht mehr ausreichend. Die Fortschritt wagen“. Es wird auch Zeit. Angesichts Wolfgang H. Weinrich Publizist Tugend des Mutes ist unterbewertet, weil es uns von zunehmender Armut, wachsender Orien- (Darmstadt) seit Genenationen gut geht. Wir leben seit vielen tierungslosigkeit im demokratischen System der Jahren ohne Krieg, ohne Not und mit beständig Republik, zu beobachtendem Desinteresse am wachsendem Wohlstand. Menschheitsgeschicht- gesellschaftlichen Miteinander, mangelndes Zu- lich ist das unnormal. Man kann so tun, als wäre trauen in wirtschaftliches Handeln oder man- dieser Zustand durch Stillhalten zu sichern. Aber gelnde Integrationsbereitschaft von Fremden wenn wir beispielsweise die Wirtschaft betrach- und Fremdem. ten, spüren wir, dass dies eine Haltung ist, die Aufgaben für die Regierung. Aufgaben für den innovationsfeindlich ist. Worte des Altbundes- Staat. Für die Religionsgemeinschaften und Kir- präsidenten Joachim Gauck (Die Zeit, 9.12.21) chen. Für uns. erhalten die Nachfrage: Wenn die Gesellschaft Es ist an der Zeit, neue, im Grund immer be- zuvor unter Übermut litt (Wilhelm II. / Adolf Hit- rechtigte Fragen zu stellen. Welche Werte sollen ler), leidet sie vielleicht jetzt unter Untermut? gelten? Wem ist zu glauben? Welche Regeln Die Antworten sind nicht einfach. Feststellbar ist, werden benötigt? Welche Interessen werden be- dass wenig gewagt wird, wenn nicht alles zuvor dient? Was ist Haltung? Warum ist der Weg das genauestens geklärt scheint. Wird gegen Daten- Ziel? Was macht Hoffnung? Gibt es ein Recht auf schutz verstoßen? Werden individuelle Rechte Leben und Sterben? eingeschränkt? Wird gegen Gleichheitsgebote Die Evangelische Kirche gibt auf diese Fragen verstoßen? Sind alle Belange aller (tatsächlich Antworten. Sie bedient sich vieler (neuer) Mittel aller) Beteiligten berücksichtigt? Ist es juristisch und Wege. Beispiele im Magazin. Gut so. So ar- einwandfrei? beitet sie weiter an ihrem Auftrag, um des Him- Untermut hat Raum gegriffen und dazu geführt, mels willen für die Menschen da zu sein. Wagt dass immer weniger Menschen Neues wagen. Neues. Es ist an der Zeit! Auch hier. Neues, das bislang nicht vorgesehen, gedacht, geplant, versucht worden ist. Vielleicht haben es sich auch zu Viele bequem gemacht, sich ein- gerichtet, wollen noch den Status Quo erhalten. Ihnen und Ihrer Arbeit Gottes Segen wünschend Warum Neues? Eine alternde Gesellschaft, deren Rente und Pensionen wichtiger sind als die Zu- kunft ihrer Kinder und Kindeskinder und deren Gestaltung? Der Satz von Konrad Adenauer „keine Experimente“ lebt! Zu wenige nehmen Chefredakteur (große) Wagnisse auf sich, wagen Neues, das die Gesellschaft voranbringen könnte. Startup – ver- suchen es. Nicht viele, eher zu wenige. Die sind Die kommende Ausgabe 2/22 beschäftigt sich schnell die Dummen; werden verlacht, diskredi- mit den Themen Ostern und neuem Leben! tiert, bleiben chancenlos. 3
Inhalt Inhalts verzeichnis Masken Buchempfehlungen ................................. 22 (Bettina von Haugwitz) ........................... 2 A P. Matheson / H. Sommer-Matheson: Editorial Sei also ohne Sorge, Liebling (Wolfgang H. Weinrich) ........................... 3 (Jens Haupt) Autorität und Authentizität B M. Käßmann / A.Helm: (Dr. Eberhard Pausch) .............................. 5 Mit mutigem Schritt zurück zum Glück (Kurt-Helmuth Eimuth) Der Augenblick sagt viel / M. G. Stock (Achim Ritz) ............................................. 8 C H. Wegner-Nord: Ohne Himmel ist die Erde ziemlich grau Maske und Beruf (Kurt-Helmuth Eimuth) (Prof. Dr. Freimut Schirrmacher) ............. 11 D Revolutionäres Christentum – Leitbild Pfarrverein Kurhessen-Waldeck 13 ein Plädoyer (Maria Kissel) Dein Gott ist mein Gott - Queer (Nele Nogeitzig) ....................................... 15 E W. Ratzmann / P. Zimmerling: Predigten mit Liedern Einladung zur Mitgliederversammlung / (Manfred Holtze) Pfarrverein Hessen-Nassau ..................... 16 Schattenseite: Jemen .............................. 17 Drei Fragen an … Karl Wolf .................... 25 Gemeindliche Kommunikation im Internet (Lutz Neumeier) ....................................... 18 Briefe an die Redaktion .......................... 26 #digitaleKirche und ihr Boom – Persönliches aus den Pfarrvereinen....... 27 Wo Kirche wächst … (Jörg Niesner) ........................................... 21 Impressum ............................................... 27 Save the date: Tag für Pfarrer:innen ..... 12 neue sprache (Clara Baum)............................................. 28 4
Kontroverse kritisch Authentizität und Argumente: Warum der Protestantismus gute Autorität braucht Worms 1521 mehrmalige Berufung auf das je-eigene Gewissen, Dr. Eberhard Pausch argumentativ schließlich der Verweis auf die Zeug- Als Martin Luther 1521 vor dem Wormser Reichs- Studienleiter nisse der Schrift und die klaren Vernunftgründe. tag auftrat, war sein Leben in Gefahr. Das wusste Evangelische Akademie er. Aber er scheute den Autoritätskonflikt mit der (Frankfurt) römisch-katholischen Kirche und auch mit dem Konservativ-autoritäre mächtigen Kaiser nicht. Er wollte die Kirche erneu- ern. Stattdessen kam es zur Bildung einer neuen, Traditionen in der Kirche der evangelischen Konfession. 500 Jahre später Kirchliche Autorität steht auch heute in der Dis- wurde in Worms und an anderen Orten des dama- kussion. Für die römisch-katholische Kirche ist ligen Geschehens gedacht. Zugleich autoritätskri- die Autoritätsfrage allerdings spätestens seit dem tisch, authentisch und argumentativ klingen noch Unfehlbarkeitsdogma von 1871 klar gelöst: Die heute die Worte, die Luther damals fand und öf- Kirche selbst, der Jurisdiktionsprimat des Papst- fentlich aussprach: „… wenn ich nicht durch Zeug- amtes sowie seine unterstellte Unfehlbarkeit in nisse der Schrift und klare Vernunftgründe über- Glaubensfragen „ex cathedra“ sichern dort ein zeugt werde; denn weder dem Papst noch den Herrschaftssystem, das von Basisbewegungen wie Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, dass sie „Maria 2.0“ zwar angekratzt, aber bis heute nicht öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben, wesentlich erschüttert werden kann. Nicht nur aus so bin ich durch die Stellen der Heiligen Schrift, die evangelischer Sicht ist das tragisch. ich angeführt habe, überwunden in meinem Ge- wissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher Kritik an Autoritäten, speziell auch kirchlichen, kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das wurde seit der Aufklärung immer heftiger. Das gilt Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam auch für die modernen Gestalten der Aufklärung, ist. Gott helfe mir, Amen!“ Autoritätskritisch war den Kritischen Rationalismus und die Kritische The- der Zweifel an Papst und Konzilien, authentisch die orie der Frankfurter Schule. Der Anarchismus und 5
Kontroverse strategisch die antiautori- on“) auf den Weg brachten, dachten sie, wie ge- täre Bewegung sagt, nicht antiautoritär oder anarchistisch. Auch bezweifeln so- der Gedanke an eine autonome Vernunft, den gar alle Auto- später die Aufklärung ins Spiel brachte, lag ihnen ritäten. Diese fern. Vielmehr setzten sie der Autorität der Kirche beiden Strö- und des Papstes die Autorität der Bibel als Wort mungen ha- Gottes als Grundlage für den christlichen Glauben ben allerdings entgegen. Dieser strategische Geniestreich muss- im deutschen te in der Folgezeit teuer bezahlt werden. Denn Protestantis- es entstand ein fundamentalistischer Flügel des mus bis heute Protestantismus, der die Lehre von der „Verbal- wenig Reso- inspiration“ der Bibel etablierte und die evangeli- nanz erzielt. sche Kirche bis heute von innen her belastet und Das hat mit spaltet. Biblizismus und Literalismus lagen Luther theologischen selbst zwar fern. Denn obwohl er die Kenntnis der Prämissen wie Bibel für unabdingbar wichtig hielt, war sie für ihn der „Zwei-Regimenten-Lehre“, aber auch mit der kein Gesetzbuch. Und sie war auch kein „papiere- Historie des Staatskirchentums zu tun. Bekanntlich ner Papst“, beanspruchte also keine Unfehlbarkeit geboten die Fürsten über die Konfession ihrer Lan- für sich. Sie war vielmehr ein Kunstwerk, gebildet deskinder, und der König von Preußen war obers- aus vielen einzelnen Büchern, geschrieben von irr- ter Bischof seiner Landeskirche. Daher bildete sich tumsfähigen Menschen. Daher gewichtete Luther oft ein „autoritätsfrommes“ Bewusstsein aus, und die Bücher der Bibel auch unterschiedlich stark. es entstanden starre Administrationssysteme, die Die Paulusbriefe bedeuteten ihm etwa mehr als bis heute Bestand haben. Überhaupt, Preußen als der Jakobusbrief. Sein Kriterium dafür war, ob eine protestantische DNA! In der Regierungszeit Fried- Schrift „Christum treibet“, also die Botschaft von rich Wilhelms (des Vaters Friedrichs des Großen) der bedingungslosen Liebe Gottes zu uns Men- wurden Pastoren regelmäßig zuerst als Militär- schen in den Vordergrund stellt oder nicht. Gottes geistliche („Feldprediger“) eingestellt, bevor sie in Liebe zählt. Und die Bibel zählt, weil und sofern normalen Gemeinden Dienst tun durften. So lern- sie von dieser Liebe erzählt. Luthers Theologie war ten sie früh, sich mit dem Geist ihres militaristisch somit keineswegs „fundamentalistisch“. ausgerichteten Staates zu identifizieren. Auch vor diesem Hintergrund erklärt sich, warum die Pfar- Gute und schlechte Autorität rerschaft in ihrer großen Mehrheit die Weimarer Vielleicht ist ja ohnehin jegliche Art von Fundamen- Demokratie ablehnte und stattdessen lieber im talismus ein Ausdruck von „schlechter Autorität“. März 1933 mit Hitler und Hindenburg den „Tag Es gibt nämlich zwei Arten von Autorität: gute und von Potsdam“ feierte. schlechte. Sie sind anhand von mindestens fünf Merkmalen phänomenologisch klar voneinander Kirchlich-päpstliche zu unterscheiden. versus biblische Autorität 1. Gute Autorität sucht Gründe und Rechtfertigun- Als Luther und Zwingli in den 1520er Jahren die gen für ihre Behauptungen und Handlungen. Sie protestantische Reformbewegung („Reformati- rekurriert auf Argumente. Schlechte Autorität ver- 6
Kontroverse selbstkritisch zichtet auf Begründungen und Rechtfertigungen. nach vorne drängt und nach „kultureller Hege- Sie behauptet und beharrt. monie“ (Gramsci) strebt. Der Fall des Bischofs 2. Gute Autorität beansprucht Verständlichkeit Rentzing ist eine Spitze eines vielzackigen Eisber- und appelliert an die Einsicht. Schlechte Autorität ges. basiert auf der Struktur von Befehl und Gehorsam. Wo nach außen hin Liberalität behauptet wird, 3. Gute Autorität beruht auf der Authentizität, agiert man nach innen oft mit der von Herbert also der Glaubwürdigkeit und Wahrhaftigkeit des- Marcuse so eindringlich beschriebenen „repressi- jenigen, der Autorität in Anspruch nimmt. Schlech- ven Toleranz“: Die Kirchen lassen alle möglichen te Autorität wirkt unglaubwürdig, weil sie mit Be- theologischen Auffassungen und Lehrmeinungen liebigkeit und Willkür verbunden ist. in ihrer Mitte gelten, so dass eine unübersichtliche Pluralität von Wahrheitsansprüchen entsteht. Ein 4. Gute Autorität ist jederzeit selbstkritisch und Beispiel: Der Bremer Pastor Olaf Latzel hätte zu- lernfähig, schlechte Autorität ist unbelehrbar und allererst, längst bevor Staatsanwaltschaft und Ge- beratungsresistent. richte sich mit ihm beschäftigen mussten, einem 5. Gute Autorität eröffnet Freiheitsspielräume und kirchlichen Lehrbeanstandungsverfahren unter- fordert Verantwortung ein. Schlechte Autorität will zogen werden müssen. Fundamentalistische, lite- dagegen starr normieren, gesetzlich fixieren und ralistische und reaktionäre Theologien zerstören bei Verstößen hart sanktionieren. die Kirche von innen und sollten nicht geduldet werden. Der faktische kirchliche Pluralismus führt Repressive Toleranz und aber dazu, dass sich antagonistische Kräfte gegen- reaktionäre Selbstblockaden seitig lähmen und echter Fortschritt nicht möglich Diese kleine Phänomenologie guter und schlech- wird. Die strukturelle Fortschrittsblockade des ter Autorität lässt sich auf ganz verschiedene sozi- Protestantismus wird etwa sichtbar in der nahe- ale Systeme anwenden. Die Politik, aber auch die zu irreduziblen Vielzahl der Landeskirchen, in den Religionen und Kirchen liefern immer wieder Bei- vielen Unabhängigkeit beanspruchenden Klein- spiele für die dunklen Seiten von Autorität. Offen und Kleinstgemeinden in diesen Kirchen, und in repressiv verfährt die evangelische Kirche heute der großen Zahl der innerhalb einer Kirche jeweils nur noch selten. Aber ihre oft gepriesene Libe- bestehenden Organe, Gremien, Ausschüsse und ralität ist leider mitunter nur der Deckmantel für Lobbygruppen, die alle stets Beteiligung fordern Starrsinn, Dogmatismus und ein gut getarntes, und im Zweifelsfall einander ausbremsen und blo- gestaffeltes Sanktionsregime. Denn auch Kirchen ckieren. bergen Wölfe in Schafspelzen in ihrer Mitte. Die Wenn der Protestantismus zukunftsfähig sein will, „dunkle Seite der Macht“ findet sich nicht nur ist er auf „gute Autorität“ angewiesen. Also auf vor langer, langer Zeit in einer Galaxie weit, weit eine Autorität, die sich verständlich machen will entfernt von der unseren, sondern mitten unter und auf die Einsichtsfähigkeit der Glaubenden uns. Die Bundesarbeitsgemeinschaft „Kirche und vertraut. Die selbstkritisch und lernbereit auftritt. Rechtsextremismus“ kritisiert schon lange, dass Die Freiheit erschließt und zugleich Verantwor- auch in der evangelischen Kirche Rechtsextremis- tung einfordert. Gute Autorität braucht Argu- mus und Antisemitismus fröhliche Urständ feiern. mente und Authentizität. In Luthers Worten: klare Und es gibt immer wieder Anzeichen dafür, dass Vernunftgründe und ein Gewissen, gefangen im die „Neue Rechte“ im deutschen Protestantismus „Wort Gottes“. 7
Masken Marcel Gregory Stock lebendig Der Augenblick sagt viel Marcel Gregory Stock zeigt in seinem Bildband sind bunte Fotos und Erzählungen aus einer Kri- Achim Ritz #BEHINDTHEMASK wer und was hinter dem se, die die Menschen auf ganz unterschiedliche freier Journalist Stück Stoff steckt. Weise getroffen hat. Marcel Gregory Stock hat Im Moment zählt der Augenblick. Wenn während sie alle fotografiert und um rund 50 Interviews der Pandemie alle Menschen eine Maske tragen von Björn Eenboom ergänzt. Seine Porträts zei- und niemand Gesicht zeigt, wenn die Mimik sich gen, was man in den Augen sieht. hinter einem Stück Stoff versteckt, dann ist der Die thematische Aufteilung des Bildbandes erin- Blick in die Augen entscheidend. Sie können nert an eine LP der Beatles. Der Künstler hat fünf Geschichten erzählen, von Hoffnung und Trauer Songs als Titel ausgewählt, die sich manchmal berichten und die Stimmung ausdrücken. „Man wie Klagelieder anhören. „Help“ rufen Gastwir- kann mit den Augen auch flirten“, sagt Marcel te, Eventagenturen, Hoteliers oder die Kranken- Gregory Stock. Das habe er einmal im Super- schwester, die im Gespräch mit Marcel Gregory markt zwischen der Kassiererin und einem Kun- Stock Tränen in den Augen hat, wenn sie an die den beobachtet. Dieses Erlebnis gab dem Foto- in der Klinik verstorbenen Menschen denkt. „Vie- grafen einen Impuls. Wer oder was steckt hinter le waren noch so jung“, sagt die Pflegerin. „Yes- der Maske? Darauf hat der 35-Jährige viele Ant- terday“ – der Fotograf denkt an das Gestern, die worten gefunden. #BEHINDTHEMASK heißt sein schöne Zeit Ende 2019. „Here comes the sun“ neuer Bildband mit 160 Porträts und Geschichten – mit der Leichtigkeit eines lauen Sommerwindes von Menschen – mitten in der Krise. wehen sinkende Inzidenzzahlen später wieder Die Tapete hat viele Augen. Im Büro von Marcel sonnige Gedanken in den Alltag. Die Hoffnung Gregory Stock schauen ihm rund 70 Menschen wächst, bevor dann viele Menschen mit Delta täglich bei der Arbeit zu. Mal mit Maske, mal und Omikron zwei Buchstaben aus dem griechi- ohne Mund-Nasen-Schutz – Dutzende Fotos sei- schen Alphabet kennenlernen mussten, die wie ner Protagonisten aus dem Bildband schmücken die Rufe der Kassandra Unheil ankündigen. die Wände. Die Menschen begleiten ihn. Viele Marcel Gregory Stock hatte keine großen lassen ihn nicht mehr los. Ihre Geschichten wer- Schwierigkeiten, das Vertrauen von prominenten den mit Blick in den Bildband wieder lebendig. Es Gesprächspartnern wie Ben Becker, Dieter Hal- 8
Marcel Gregory Stock Masken philosophisch lervorden oder des ehemaligen Gesundheitsmi- Porträtierten, die die zwei Stablampen parallel nisters Jens Spahn und seines Nachfolgers Karl hochhielten, sah das auch aus wie Gitterstäbe. Das Lauterbach zu gewinnen. „Ich bin mit offenen passte zu Lockdown und Kontaktsperre, als viele Armen empfangen worden, viele haben sich ge- das Gefühl hatten eingesperrt zu sein, sagt Stock freut, dass mal jemand fragt, wie es ihnen geht.“ und ergänzt: „Außerdem gibt sich jeder selbst das Alle haben erzählt, was die Krise mit ihnen ge- Licht in der dunklen Zeit.“ macht hat und wie sie ihr Leben verändert hat. Der Satz hat etwas Philosophisches, klingt wie ein Bei seiner Reise durch 40 Städten hat er mit Men- Rezept. Die eigene Resilienz stärken, sich selbst schen gesprochen, „die einen Querschnitt unse- motivieren, positiv denken und dann raus aus der rer Gesellschaft abbilden“. Krise – vielleicht mit der innovativen Idee, die Men- Als der Fotograf mit seiner Canon EOS 5D Mark schen in der Pandemie künstlerisch in Szene zu II auf den Schornsteinfeger, die alleinerziehende setzen. So einfach ist es nicht für alle. Viele Men- Mutter, das seit 65 Jahren verheiratete Ehepaar, schen sind traurig, müde, gar verzweifelt, weil sie die Pflegefachkraft im Seniorenheim, den Bischof unter der Pandemie leiden, Freunde verloren ha- in Magdeburg oder den Sänger Thomas Anders ben oder wie Dieter Hallervorden um sein Theater zuging, mussten diese Hauptdarsteller vor der in Berlin bangen musste. Der 86-jährige Schau- Kamera bei der Beleuchtung selbst die Regie spieler wickelte sich beim Foto-Shooting mehrere übernehmen. Allen drückte der Fotograf zwei FFP2-Masken um die Hände und wollte damit das Stablampen, die Mechaniker bei der Autorepara- Virus einfach wegboxen. tur am Motor gern verwen- „Wenn man Menschen mit Maske sieht, malt den, in die Hände, damit man sich aus, wie das Gesicht wirklich aussehen sie sich selbst ins rechte könnte. Fantasie und Realität klaffen da meist aus- Licht rücken. „Das hat einander“, so die Erfahrung von Marcel Gregory vielen geholfen, weil Stock, der in Frankfurt aufgewachsen ist und heu- man beim Fotografie- te in Limburg wohnt. „Ich mag beim Fotografieren ren nie weiß, wohin mit den Doku-Stil und will mit der Kamera Menschen den Händen. Bei manchen begleiten, die eine Geschichte erzählen.“ 9
Masken Marcel Gregory Stock mutig Für seinen Bildband hat er mehr rund 25.000 Fotos gemacht. Er weiß, was es bedeutet, vor der Kamera zu stehen, denn seit knapp zehn Jahren bringt er sich vor der Linse der digitalen Fotoapparate in Stellung. Nach seiner Ausbildung im Groß- und Außenhandel und während seines BWL-Studiums hat er seine Kariere als Model gestartet und nach fünf Jahren die Position ge- wechselt, das heißt die Kamera selbst in die Hand genommen, um sich ein Bild von anderen Men- schen zu machen, ein Foto, das auch ohne Worte alles sagt. Mit dem Weitwinkel ist Marcel Gregory Stock ganz nah an den Menschen. Die Begegnungen miert ist und sich seiner Kirchengemeinde zu- und Gespräche haben Tiefgang. Neulich habe er hause fühlt. „In der Kirche zu sein, ohne Handy, seit langem mal wieder einen Gottesdienst be- nur die Orgelmusik, da kannst Du nachdenken, sucht. „Das hat mir Mut gegeben. Die Kirche das tut gut, da kommst Du runter. Das ist wichtig ist für viele Menschen ein Zufluchtsort, wo man in Krisenzeiten“, sagt Marcel Gregory Stock. Die Harmonie sucht und wo manche auf ihre Weise Sicht nach innen, dieser Augenblick in der Kirche beten“, sagt der Mann, der getauft und konfir- zählt für ihn. + Termin vormerken + Termin vormerken + Termin vormerken + Der Pfarrerinnen- und Pfarrerverein in der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau e.V. lädt ein: Tag für Pfarrerinnen und Pfarrer 22. Juni 2022 · Friedberg u.a. mit Erik Flügge – Autor des Buches „Eine Kirche für viele statt heiligem Rest“ Die Einladung (mit Anmeldemöglichkeit) ist zu finden im Magazin für evangelische Pfarrer:innen 2/2022 und wird zusätzlich an unsere Mitglieder verschickt. + Termin vormerken + Termin vormerken + Termin vormerken + Termin vormerken + 10
Pandemie markieren Maske und Beruf – Eine kurze Verhältnisbestimmung in der Pandemie 1. Maske und Rolle Beziehungsfeld. Der oder die Rollenträger/in gestal- Prof. Dr. Die Maske ist zur Ikone der Corona-Pandemie ge- tet nämlich mit seiner oder ihrer Person die Vorga- Freimut Schirrmacher worden. Welche Folgen ergeben sich daraus für ben des Rollenprofils in einer letztlich unnachahm- Pfarrer Berufe, die sich besonders auf Beziehungs- und lichen Weise. Das ist Grundlage allen Theaterspiels: Bundesbereitschafts- Prozessgestaltung beziehen? Zunächst einmal: dass Schauspieler*innen ihre Rollen „ausfüllen“, ge- polizeidirektion Menschen schützen sich mit Masken, sie verändern stalten und auch prägen können. Die Metapher der (Kassel) aber auch Kommunikation und Wahrnehmung und Rolle engt also nicht ein, sondern öffnet – auch für sind Zeichen der Fürsorge und des Selbstschutzes, professionelle Berufswahrnehmung und etwa auch ebenso wie Homeoffice, Zoom-Konferenzen, Ver- Leitungsaufgaben – ein Spektrum. Sie ermöglicht änderungen der Arbeitsabläufe. Der Gebrauch der „Rollensicherheit“ und erschließt ein ganz eigenes Maske steht dabei in einer kulturgeschichtlichen Feld von Kreativität und Reflexivität. Beide, Rolle und Tradition: Masken schützen Menschen voreinander, Person, entwickeln sich aneinander, bleiben aber aber sie verbergen und täuschen auch, oder ermög- unterschieden: Die Person konkretisiert die Rollen- lichen (zeitweise) Perspektivwechsel. vorgaben mit ihren individuellen Ausdrucksmöglich- keiten und die Rolle gewinnt durch die Person ihre Ergibt sich daraus auch ein verändertes Verständnis unnachahmliche Ausprägungsgestalt. Dabei gibt es professioneller Berufsausübung, etwa im Pfarramt? keine starre Schnittstelle (wie im Bild der Maske), Aufgrund der Starrheit einer Maske sicher nicht. An- aber dennoch fallen Rolle und Person nicht vollstän- ders der Begriff der Rolle, der in der Professionslite- dig ineinander. Es leuchtet ein, dass ein solches Me- ratur eine wichtige Bedeutung hat. „Maskenhaft“, taphernfeld für die Reflexivität von Berufen bzw. der „maskiert“, „hinter einer Maske“ – das markiert Beziehung einer Person zum Beruf leistungsfähiger dagegen in der Regel eine Problemanzeige: die ist als das der Maske – und dass sich so ein spezi- Eigentlichkeit (oder Authentizität) des Menschen fisches Profil für Supervision und Coaching in Bezug wird konfrontiert mit einer quasi erstarrten Berufs- auf das eigene Rollenverhalten ergibt. realisierung. Dies lässt keine dynamische oder kons- truktive Entwicklung und Situationsangemessenheit zu. Dies aber ist für professionelle Berufsausübung 2. Berufsidentität und Maske grundlegend. In Berufsausübung und Führung Lehramt, Pfarramt, Sozialpädagogik oder auch Po- kommt es zwar wesentlich auf Rollensicherheit, und lizei stellen etwa solche Professionen dar. In ihnen Verlässlichkeit an, aber nicht auf Starrheit ohne Si- haben Beziehungsfähigkeit und Prozessgestaltung tuationsreflexivität. Dies gilt für die Rolle des oder grundlegende Bedeutung, in z.T. vorgegebenen der Unterrichtenden ebenso wie im Pfarramt, in der Settings. Darauf muss sich auch eine kontinuier- Sozialpädagogik, aber auch bei der Polizei. Masken- liche Reflexion der Rollenwahrnehmung beziehen. haftigkeit assoziiert eine (letztlich auch unmensch- Sonst besteht die Gefahr, dass das Bezugsfeld von liche) Unbeweglichkeit – und verhindert situations- Person und Rolle ins Ungleichgewicht gerät: ent- angemessenes Handeln. Anders ist dies bei dem weder beeinträchtigen unreflektierte Impulse der ebenfalls aus dem Schauspielbereich entlehnten Person die Rollenwahrnehmung oder aber Anfor- Begriff der Rolle. Hier ist Dynamik schon von vorn- derungen der Berufswahrnehmung verlieren den herein inkludiert: die Rolle setzt einen Rahmen, ist Bezug zur Person. Im letzteren Falle besteht tat- aber ausgestaltbar und hat auch eine Schutzfunk- sächlich die Gefahr der Maskenhaftigkeit, so dass tion für den oder die Rollenträger/in. Dabei ergibt das berufliche Handeln unglaubwürdig und „auf- sich „zwischen“ Person und Rolle ein dynamisches gesetzt“ wirkt: Die Person ist dann aufgrund quasi 11
Pandemie distanzieren mechanisierter Vollzüge im Handeln gar nicht mehr Kommunikation wird störanfälliger, weil Ge- erkennbar. Im ersteren Fall können übersteigerte An- sichtsmimik oder „emotionale Zwischentöne“ liegen nach Anerkennung, Bedürfnisbefriedigung schlechter erkennbar sind, oder (im Pfarrberuf nicht ganz selten) Weltbesse- Feed backs aus Gesprächsverhalten und intuiti- rung die reflektierte Rollen-wahrnehmung zerstören ven Reaktionen sind weniger präzis möglich, oder zumindest überlagern: Wahrnehmen und Han- nicht alle Themen können überhaupt bei Mas- deln im Berufskontext stehen dann in der Gefahr, kierung oder in Zoom-Konferenzen angespro- sich immer mehr nach den Bedürfnissen der Person chen werden, insbesondere emotionale Aspek- zu orientieren und zu verabsolutieren – mit zum Teil te verlangen nach zusätzlichen Kommunika- zerstörerischen Folgen. In beiden Fällen entkoppelt tionsmöglichkeiten. sich jedenfalls aber die Beziehung von Rolle und Per- Kommunikation wird im Distanzmodus also an- son, so dass es zu Überlastungsszenarien und Stress strengender, auch Führen wird in der Pandemie kommt. Es kann sich auch eine Entwicklung über schwieriger: die Gefahr von Missverständnissen und verschiedene Erschöpfungsstadien zum hin zum Konflikten steigt, Vertrauen bedarf der Pflege und Burn-out ereignen, im Bemühen, das empfundene es erscheint schwieriger, Sicherheit aufzubauen. Er- Defizit immer intensiver und aktiver erreichen zu forderlich sind daher in der Pandemie besondere wollen – und daran letztlich zu scheitern. Achtsamkeit und eine bedachtsame Erweiterung Die sensible Beziehung von Person und Rolle wird des Handlungsspektrums, insbesondere durch: in einigen professionellen Berufsfeldern noch er- strukturierte Feedback-Phasen, Kultur der Feh- weitert um die der Organisation, so dass sich eine lerfreundlichkeit Trias ergibt: Das professionelle Handeln interpre- Möglichkeit für zusätzliche persönliche Kontakt- tiert quasi das „offizielle“ Bild der Organisation. Da aufnahmen bei emotional sensiblen Problemlagen mag in Kirche, Kultusministerium, Sozialeinrichtung Gesprächsstrukturierungen und Moderation oder Polizeidirektion vieles an Absichtserklärungen Phasen zum Austausch zur Befindlichkeit in der und Stellungnahmen ergehen – wirksam und an- Pandemie-Situation schaulich wird eine Organisation durch konkrete Offenheit für Reflexion und Weiterentwicklun- Beziehungen, Begegnungen und Erfahrungen mit gen von Mischformen der Kommunikationsme- konkreten Akteur:innen. Personalführung und Or- dien ganisationsentwicklung haben also die besondere Die Pandemie verändert aufgrund des Zwanges zu Aufgabe, hierfür Raum und Sicherheit zu geben. Distanzkommunikation also die Beziehungsgestal- Dies geht sicher auch nur mit kontinuierlicher Refle- tung in professionellen Berufen. Dies bedeutet aber xion des Führungsverhaltens. nicht zwingend, dass Kommunikation maskenhaft erstarren muss. Dieser Gefahr aber ist aktiv entge- 3. Maske und Pandemie genzuarbeiten. Das Bedingungsgefüge aus Person, Was bedeutet der von Maskierung und Distanzie- Rolle und Organisation, wie es für professionelle Be- rung geprägte Kontext also für professionelle Be- rufsausübung kennzeichnend ist, gilt es zu sichern, rufsausübung? Es zeigen sich eine Reihe von Gefah- weiterzuentwickeln und an die Distanzsituation an- ren, insbesondere: zupassen. Entsprechend nimmt die Bedeutung der Die eigene Beziehungsgestaltung kann zu „emo- Reflexivität, d.h. der Supervision, in der Pandemie tionaler Maskenhaftigkeit“ erstarren, sich also zu. So wird die Maske zum Ausgangspunkt des auf eine Informationsebene reduzieren, Nachdenkens über das eigene Selbstverständnis. 12
Orientierung solidarisch Leitbild Pfarrverein Kurhessen-Waldeck Der Pfarrverein Kurhessen-Waldeck ist ein Leitbild freiwilliger Zusammenschluss von Pfarrerin- 1. Der Pfarrverein versteht sich als Solidargemein- nen und Pfarrern, Vikarinnen und Vikaren in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Wal- schaft der Pfarrer:innen und Vikar:innen in der deck. Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Hierzu bietet er vielfältige Unterstützungsleis- tungen, wie zum Beispiel: Gründung Der Pfarrverein Kurhessen-Waldeck ist am 1. Ok- Gewährung von Beihilfen zur Anschaffung tober 1891 gegründet worden als Interessenver- eines Talars, zum Berufsstart, zum Dienst- tretung der Pfarrerschaft mit dem Wunsch nach zeitende und in persönlichen Notsituatio- mehr Gemeinschaft miteinander, nach Förderung nen, sowie in der Ausbildung, Fort-/Weiter- der theologischen Arbeit und Beihilfe zur mate- bildung (Studiensemester), sowie bei Pro- riellen und sozialen Sicherung des Pfarrerstandes motions- und Habilitationsvorhaben; einschließlich rechtlicher Vertretung. Diese Ziele persönliche Beratung und Begleitung in sind bis heute gültig für das Selbstverständnis des schwierigen beruflichen und privaten Situ- Vereins. ationen; anwaltliche Erstberatung Vorstand & Organe bei Dienstrechtsfragen; Der Vorstand besteht aus 5 Mitgliedern, die der Versicherungen; Gesamtausschuss für eine Zeit von 6 Jahren wählt. Pfarramtskalender. Dazu gehören der oder die Vorsitzende samt Stell- vertretung, sowie drei Mitglieder und drei Bei- Neben finanziellen Beihilfen und anderen Sach- sitzende mit beratender Stimme (Vertretung der leistungen bietet der Pfarrverein auch günstigen Vikar:innen, Vertretung der Ruheständler:innen, Wohnraum, bislang vor allem für die Zeit nach Pfarrer:innenvertretung), sowie der Schatzmeister. Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses und Der Gesamtausschuss besteht aus dem Vorstand dem damit verbundenen Auszug aus dem Pfarr- und den Vertrauensleuten aus den Kirchenkreisen haus. und trifft sich einmal im Jahr und ist offen für alle Mitglieder. Jahresabschluss und Haushaltsplan 2. Der Pfarrverein sieht sich als „Sprachrohr“ sei- werden durch den Gesamtausschuss genehmigt. ner Mitglieder gegenüber dem Dienstgeber. Er Die Mitgliederversammlung wird nach Bedarf vom vertritt die Interessen seiner Mitglieder in der Vorstand einberufen. Öffentlichkeit und gegenüber dem Dienstgeber. Der Pfarrverein hat zurzeit 1134 Mitglieder, dar- Als berufsständische Organisation arbeitet er unter ca. 65 % im aktiven Dienst und 35% Ruhes- eng mit der gesetzlich geregelten Pfarrvertre- tändler:innen (Stand Januar 2021). Im Pfarrverein tung und der Mitarbeitervertretung zusammen sind ca. 90% der aktiven Pfarrerinnen und Pfarrer und fördert deren Arbeit. Mitglied. Die Verwaltung des Pfarrvereins wird vom Kirchen- 3. Der Pfarrverein fördert die theologische Diskussion. kreisamt Kirchhain-Marburg wahrgenommen. Gemeinsam mit dem Evangelischen Pfarrerin- Das Sekretariat des Pfarrvereins befindet sich in nen- und Pfarrerverein in Hessen und Nassau Kassel. gibt er das “Hessische Pfarrblatt” als Forum der 13
Orientierung Kurhessen-Waldeck theologischen und gesellschaftspolitischen Dis- 5. Der Pfarrverein pflegt die Gemeinschaft der Mit- kussion heraus. glieder, er gibt den Pfarrerinnen und Pfarrern im Er veranstaltet dazu jährlich einen Pfarrtag, auch Ruhestand eine „Heimat“, tritt für den theo- um den Austausch und die Gemeinschaft zu logischen Nachwuchs ein und fördert diesen. fördern. Der Pfarrverein trägt zur Weiterentwicklung des 6. Der Pfarrverein initiiert innovative Projekte zur Berufsbildes „Pfarrerin bzw. Pfarrer“ bei. Gestaltung der Arbeitsbedingungen im Pfarr- Er versteht den Pfarrdienst in der Spannung von dienst und fördert deren Umsetzung. Er setzt Amt und Beruf. sich für menschengerechte Lebens- und Arbeits- Der Pfarrdienst ist eingebunden in die Gemein- bedinungen im Pfarrdienst ein. schaft der anderen kirchlichen Dienste, die an der Kommunikation des Evangeliums in ihrer je eigenen Weise mitwirken. Im Rahmen der Verhältnisbestimmung der un- Hintergrund: Die Frage der neuen Bischöfin, Dr. terschiedlichen Dienste in der Kirche vertritt der Beate Hofmann, wozu es den Pfarrverein benöti- Pfarrverein die Interessen der Pfarrerschaft. ge, nahm der Vorstand zum Anlass, Ziele und In- halte der Arbeit des Pfarrvereins zu verschriftlichen. 4. Der Pfarrverein arbeitet mit anderen Pfarr- Auch im Hinblick auf die Gewinnung von neuen vereinen auf Ebene der Evangelischen Kirche in Mitgliedern erschien eine Standortbestimmung, Deutschland zusammen und ist mit ihnen in re- die Veränderungen in der Selbstwahrnehmung ak- gelmäßigem Austausch. tueller Herausforderungen für den Pfarrdienst im An der Herausgabe des “Deutsches Pfarrerin- 21.Jahrhundert ernst nimmt, sinnvoll. Aus diesem nen- und Pfarrerblatt” und des “Pfarramtska- internen Verständigungsprozess entstand das Leit- lenders” ist er beteiligt. . bild. Darüber hinaus führte Austausch zu erfreuli- Er unterstützt die Teilnahme am Deutschen Pfar- chen Veränderungen der Leistungen (Beihilfen) für rerinnen- und Pfarrertag. die Mitglieder. 14
Queer lieben Dein Gott ist mein Gott Netzwerk Queerhessen- als wir uns als Team von vier jungen Theolog:in- nen der EKKW zur Gründung unseres Netzwerks Nele Nogeitzig, Waldeck stellt sich vor entschlossen. Mittlerweile besteht unsere Gruppe Studentin der Theologie aus Theolog:innen unterschiedlichen Alters und (Leipzig) Ruth und Noomi. David und Jonathan. Von beiden Paaren wird gesagt, dass sie einander sehr viel be- aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern innerhalb von deuteten und sich lieben. Ruth hat Noomi ange- Kurhessen-Waldeck, sowohl im Pfarramt als auch hangen. „Denn wo immer du hingehst, da gehe ich an der Universität. Zurzeit treffen wir uns alle zwei hin, und wo immer du übernachtest, da übernachte Monate zu einem (digitalen) Stammtisch. Zudem auch ich. Dein Volk ist mein Volk, dein Gott ist mein wollen wir für die pfarramtliche Praxis ein Konzept Gott.“ (Rut 1,16 BigS) Worte aus Ruth`s Mund zu erarbeiten, wie queere Menschen und queere bzw. ihrer Schwiegermutter Noomi. Später wird Ruth eine queerfreundliche Pfarrpersonen für Kasualien besser Ehe mit Boaz eingehen, und doch bleibt es Noomi, zueinander finden können. Ebenso ist eine Planung die ihre wichtigste Beziehung ist. für queere Gottesdienste anlässlich des Christopher Street Days 2022 im Gespräch. Unser Netzwerk ist David und Jonathan lieben einander und schließen ein klares Symbol für Toleranz und Gleichberechti- darüber einen Bund. David singt in seinem Lied nach gung aus dem Inneren der EKKW heraus. Solidarisch dem Tod von Jonathan: „Schmerz kommt an mich stehen wir im Bund mit unseren queeren Glaubens- wegen dir, mein Bruder Jonathan, du warst mir so geschwistern auch über die Grenzen unserer Lan- lieb. Wundersamer war mir deine Liebe als Frauen- deskirche hinaus. liebe.“ (2 Sam 1,26 BigS). Viele queere Menschen in kirchlichen Räumen ha- Man kann diese Texte so auslegen, dass es sich um Liebesgeschichten eines lesbischen und eines schwulen Paars handelt. Selbst wenn sie so nicht interpretiert werden, sind es doch Geschichten, die davon erzählen, dass zwei Menschen in treuer Ver- antwortung verbindlich füreinander da sind. Liebesgeschichten. Für mich ist es wichtig, die Erinne- rung daran wachzuhalten, dass wir als queere Men- schen in eine lange Geschichte mit Gott eingeschrie- ben sind, so, wie wir sie in der Bibel finden. Diese Erinnerung stellt für uns einen wichtigen Teil unserer ben schwere Verletzungen erlitten. Das darf nicht Identität dar: Wir sind als queere Menschen Theo- vergessen werden. Dazu wollen wir nicht schwei- log:innen und als Theolog:innen queere Menschen. gen, sondern heute und in Zukunft ein heilsames Queer zu sein kann bedeuten, sich außenstehend Gegengewicht schaffen. Die Diskriminierung nicht- und allein auf weiter Flur zu fühlen. Je nachdem heteronormativer Menschen ist in weiten Teilen wo und wie man lebt, kann es sein, dass es weni- der Gesellschaft eine schmerzliche Realität. Es kann ger Räume gibt, in denen man sich in seiner Identi- auch nicht ausgeschlossen werden, dass für uns in tät angenommen und gesehen fühlen kann. Unser der theologischen Arbeit und pfarramtlichen Praxis Netzwerk Queerhessen-Waldeck stellt einen solchen noch einige bedrohlich wirkende Klippen zu um- Raum dar: Wir wollen einander unterstützen, fürei- schiffen sind. Daher wollen wir einander daran er- nander da sein und einander sehen, weil uns vieles innern, dass wir alle Ruth und Noomi, David und miteinander verbindet. Wir starteten Anfang 2021, Jonathan sind. 15
Einladung zur Mitgliederversammlung 9. März 2022 PFARRERINNEN- UND PFARRERVEREIN IN DER EVANGELISCHEN KIRCHE HESSEN UND NASSAU E.V. Melsunger Straße 8 a · 60389 Frankfurt am Main · Telefon 069 / 471820 · Fax 069 / 479487 E-Mail: info@pfarrverein-ekhn.de · www.pfarrverein-ekhn.de Der Vorstand des Pfarrerinnen- und Pfarrervereins in der EKHN e. V. lädt ein zur ordentlichen Mitglie- derversammlung. Mittwoch, 09. März 2022, 14 Uhr. Diese wird als Zoom-Konferenz stattfinden. Anmeldung bis 02.03.2022 (Kontaktdaten s. o.). Tagesordnung Propsteibereich Starkenburg 1.) Anträge zur Tagesordnung f.) Stellvertreter/in 2.) Begrüßung und Feststellung Propsteibereich Starkenburg der Beschlussfähigkeit g.) Stellvertreter/in 3.) Geistliches Wort und Totengedenken Propsteibereich Oberhessen 4.) Bericht des Vorsitzenden 12.) Satzungsänderungen 5.) Vortrag: „Beihilfe besser verstehen – a.) Redaktionelle Änderungen: sachkundige Antworten auf häufig ge- § 3, Absatz 1: „Der Vorstand besteht stellte Fragen“ von der Leiterin der Bei- aus folgenden Personen, von denen hilfestelle der EKHN, Katrin Vollhardt je eine für folgende Aufgaben gewählt 6.) Bericht des Schatzmeisters wird: Vorsitz, dessen Stellvertretung, für das Rechnungsjahr 2021 Schriftführung, verantwortliche Kassen- 7.) Bericht des Vorsitzenden des Verwal- führung, Vorsitz des Verwaltungsrats tungsrats für soziale Einrichtungen für soziale Einrichtungen, Schriftleitung (Solidarfonds) des Mitteilungsblattes, sofern vom Ver- 8.) Entlastung des Vorstands und des Ver- ein der EKHN gestellt, je eine Vertre- waltungsrats für das Rechnungsjahr 2021 tung der Propsteibereiche, Vertretung 9.) Anträge Pfarrer Mathias Engelbrecht – der Pfarrerinnen und Pfarrer im Ruhe- u.a. Antrag Satzungsänderung § 6 stand, Vertretung der Pfarrerinnen und (Unterlagen dazu vergleiche Homepage.) Pfarrer im Probedienstverhältnis, Ver- 10.) Haushaltsplan für 2022 tretung der Pfarramtskandidatinnen 11.) Wahlen und Pfarramtskandidaten.“ a.) Stellvertretende/r Vorsitzende/r – Änderung von „Schriftleitung des b.) Schriftführer/in Mitteilungsblattes“ in „Redaktions- c.) Vertreter/in der Ruheständlerinnen leitung des Mitteilungsblattes“. und Ruheständler d.) Vertreter/in für Propsteibereich 13.) Verschiedenes Rheinhessen und Nassauer Land e.) Vertreter/in gez. Dr. Martin Zentgraf 16
Die Schatten Seite Studienhilfe Jemen ist wahrscheinlich das ärmste Foto: Copyright Abdullah Gamal Abdullah/Diakonie Katastrophenhilfe · Land: Jemen Land der Erde. Schauplatz einer der dramatischsten humanitären Krisen weltweit. 24 Millionen Menschen sind direkt von den Folgen bewaffneter Auseinander- setzungen betroffen - den meisten fehlt der Zugang zu elementarer Gesundheits- und Wasserversorgung, sicheren Unterkünften und Bildung. Der Jemen-Konflikt hat das Land in eine humanitäre Krise gestürzt. Millionen Menschen brauchen Hilfe. Auf einer Geberkonferenz appellierte UN-Generalsekretär Guterres eindringlich an die Staaten. 17
Internet Youtube Podcast Kommunikation im Netz Schlaglichter Hybride kirchliche Arbeit ist nicht neu. Bereits Pau- Lutz Neumeier lus hat sich neben seinem Vorort-Sein Gemeinden Pfarrer, Medienpädagoge aus 20jähriger Erfahrung in Briefen zugewandt. (Lich) Anfang der 2000er Jahre hatten die ersten Kir- chengemeinden eigene Websites, über ihre Not- Vom Kassettendienst wendigkeit wurde heiß diskutiert. 20 Jahre später sind gemeindliche Seiten Standard geworden und zu YouTube und Podcast erreichen viele Menschen. Als ich in Vakanzvertretung vor 10 Jahren eine Das Internet hat sich in dieser Zeit grundlegend ge- Kirche zu renovieren hatte, sollte die Möglichkeit, wandelt: Von statischen Websites zur Kommunika- Kassetten vom Gottesdienst aufzunehmen, wieder tionszentrale und zum täglichen Lebensbegleiter ermöglicht werden. Nach Diskussion wurde auf eines Großteils der Menschen, nicht nur in unse- USB-Sticks umgestellt. Seit Corona vermehrt ge- rem Land. nutzt ist es einfacher, Gottesdienste ins Internet zu übertragen, entweder live, oder im Nachhinein. Für einfachste Varianten ist wenig Technik nötig. Auch Senioren schauen sich Gottesdienste auf YouTube live an: Beim ersten Lockdown war bei uns oft ein über 90 Jahre alter Mann mit seiner 15 Jahre jünge- ren Partnerin online dabei und grüßte im Chat. Eine von vielen weiteren Möglichkeiten ist, Podcasts aufzunehmen, z.B. von Predigten. Das Verbreiten der Audiofiles ist nicht schwer: die aufgenommene mp3-Datei auf der Website der Gemeinde bereit- stellen oder die einschlägigen Podcast-Möglichkei- ten nutzen. Ein Podcast, den unsere Vikarin und ich monatlich während ihres Vikariats aufnahmen („So kann’s lau- fen“ lich.link/pod ) wurde pro Folge im Schnitt 2700 Mal angehört und wird weiter abgerufen - auch ein Es ist eine unumkehrbare Tatsache, dass die meis- Jahr nach Veröffentlichung der vorerst letzten Folge. ten Menschen täglich im Internet sind und es nicht nur beruflich oder zum Lernen, sondern auch zur Pfarrpersonen täglichen Kommunikation und Unterhaltung nut- zen. (vgl. jährliche Studie von ARD / ZDF: https:// in Socialmedia www.ard-zdf-onlinestudie.de). Facebook macht es uns einfach: Ehemaligen Kon- Will evangelische Kirche, wollen Gemeinden nah firmand:innen gratuliere ich so zum Geburtstag bei den Menschen sein, müssen sie heute wie zu und wünsche Gottes Segen. So kommt Gott auf allen Zeiten dort hingehen, wo die Menschen sind: ihre Timeline und am Geburtstag in ihr Leben und Auf die Straßen und Plätze vor Ort und heute ge- in das all der anderen, die vielleicht auch zum Ge- nauso ins Internet und in die Socialmedia: Hybride burtstag gratulieren und meine Gratulation lesen. kirchliche Arbeit vor Ort und digital ist unabdingbar. Über Socialmedia lässt sich hervorragend Kontakt 18
Internet Facebook Instagram halten zu den Menschen aus der Gemeinde, noch Durch das mobile und kommunikative Web 2.0 Jahre über die Konfizeit hinaus. sind die Möglichkeiten noch vielfältiger geworden. Als Pfarrer:innen können wir aber auch aus unse- Heute geschieht Kommunikation und Seelsorge rem Alltag berichten. So kommen Menschen auf auch in den Socialmedia oder über Messenger die Idee, uns anzusprechen, wenn sie vielleicht (gerade auch immer wieder die Anbahnung eines einen ähnlichen Anlass haben, wie den, über den Seelsorgegesprächs, das f2f fortgesetzt werden wir mal in einem Post berichtet hatten. kann). Ich erhalte Anfragen für Taufen und Hochzeiten über die sozialen Medien. Auf diesem Wege gab Gemeinde es auch bereits Beerdigungsanfragen. Wir wollen als Seelsorger:innen so einfach wie möglich an- in Socialmedia sprechbar sein und die Menschen suchen uns da, In den sozialen Medien können wir als Gemeinden wo sie einen gut Teil ihrer Zeit verbringen: In den über unsere Arbeit berichten oder auch für Veran- Socialmedia. Auch Seelsorge kann so beginnen: staltungen werben. Für unseren jährlichen Motorradgottesdienst wer- Digitale Seelsorge ben wir unter anderem auf Facebook auch mit be- zahlter Werbung in einem Radius, der Frankfurt mit in der Gemeinde einschließt. Und tatsächlich kommen Menschen Chat-Seelsorge schon Anfang der 2000er Jahre: aus Frankfurt nach Oberhessen, genießen die An- Als junger Pfarrer habe ich die Erfahrung gemacht, fahrt, den Gottesdienst und die anschließende ge- dass Konfirmand:innen im Internet eine viel gerin- meinsame Ausfahrt mit Kaffeetrinken. Wir schal- gere Hemmschwelle haben, mit ihrem Pfarrer zu ten bezahlte Werbung aber auch für klassische kommunizieren als von Angesicht zu Angesicht Konzerte unserer Kantorei. Die Werbung ist um ein (face to face, f2f). Immer wieder haben sich im Vielfaches billiger als in der örtlichen Wochenzei- Chat (damals ICQ) neben vielen einfachen Kon- tung, erreicht dabei aber ebenso viele Menschen. takten tiefgehende seelsorgerische Chats ergeben Unser Instagram-Account ist in unsere gemeindli- (siehe Chatauszug im Kasten), die manches Mal im che Website eingebunden. So sind neue Fotos von Internet anfingen und dann f2f fortgesetzt wur- Veranstaltungen oft schon direkt während des Ge- den. meindefestes zum Beispiel nicht nur auf Instagram und Facebook, sondern ohne jeden zusätzlichen Aufwand auch auf der Website zu sehen. Konfiarbeit in digitaler Erweiterung Für die Konfis sind ihre Smartphones wichtiger Be- standteil ihres Lebens. Die von der Deutschen Bi- belgesellschaft und der EKD entwickelte KonApp (www.konapp.de) kann die ganze Konfizeit be- gleiten und z.B. auch eine Messengernutzung er- sparen. 19
Internet TikTok Twitter Unsere Konfis lernen die Geschichten von Jesus ben mit Gratulationen auf Facebook: Warum nur auch über eine App kennen und folgen dort auf die Senioren besuchen und nicht wenige Minuten Jesu Spuren: findingJ, zu finden im Playstore und für digitale Gratulationen nutzen? Ich bekomme Appstore. Wie das geht, ist auf der Website www. immer einen „Like“ und fast immer ein „Vielen findingJ.de beschrieben. Dank“ für solche Glückwünsche und manches Die Konfis können aber auch selbst mit ihren Han- Mal, wenn ich die Zeit habe, entspannt sich ein dys kreativ werden: kurzer Chat: „Was machst du denn heute (darf ich Jugendliche verbringen viele Stunden damit, Vi- noch ‚du‘ sagen)?“ … Aus solch lockeren Online- deos auf YouTube anzuschauen oder Influencern Begegnungen haben sich immer wieder Seelsorge- auf Instagram oder TikTok zu folgen. Selten aber gespräche ergeben. werden sie von sich aus aktiv und gestalten eigene Es ist doch unsere originäre Arbeit als Pfarrerin:en, Inhalte. Hier kann in der Konfiarbeit ein Anstoß ge- den Kontakt zu den Menschen zu suchen und Zeit geben werden, die eigenen Gaben zu entdecken zu haben für sie. Suchen wir also den Kontakt dort, und Fähigkeiten zu erlernen: Von Konsumenten zu wo sie heutzutage sind: Im Internet und in den so- Produzenten! zialen Medien! Das ist eine sehr lohnenswerte und Mit selbst erstellten Erklärvideos, Stopmotionfil- beflügelnde Gemeindearbeit im digitalen Raum! men oder Instagram-Stories können biblische Ge- schichten von den Jugendlichen aufgenommen Zum Schluss: werden oder sie reflektieren z.B. über das Thema Im Februar gibt es vom Autor und dem Medien- Mobbing. Beispiele und Anleitungen finden sich haus der EKHN eine Fortbildungsreihe zu kirchli- unter lich.link/mpg. cher Arbeit in den Socialmedia - gerade auch für Das rpi der EKKW und EKHN bietet regelmäßig Anfänger:innen oder Interessierte: ekhn.link/feb22 Fortbildungen auch für digitale Möglichkeiten in der Konfiarbeit an. Ein toller Nebeneffekt: Die selbst gedrehten Filme Alle hier genannten bleiben jahrelang auf den Handys und erinnern im- Links sind auf einer mer wieder an die Konfizeit. kleinen Webseite zu finden: Ist der Aufwand nicht zu groß? lich.link/hessen Wenn ich in den Supermarkt im Ort gehe, so pla- (oder nebenstehenden ne ich normalerweise die doppelte Zeit ein, weil QR-Code scannen) es ja fast immer Gespräche mit Menschen aus der Gemeinde gibt. Warum planen wir nicht auch ein oder zwei Stunden pro Woche (oder auch mehr) Wenn es zu all dem Geschriebenen ein für Kontaktpflege in den sozialen Medien und Fragen gibt, bin ich jederzeit für all die anderen Möglichkeiten, den Menschen gerne zu Rede und Antwort bereit, unserer Gemeinden dort zu begegnen, wo sie sich auch für Beratungen über viele Stunden wöchentlich aufhalten? für Kolleg:innen, Gemeinden Eine Stunde pro Woche kann schon reichen, ein oder z.B. Dekanatskonferenzen. größerer Zeitaufwand ist aber auch sehr lohnens- wert. Da beginnt zum Beispiel wie oben geschrie- Kontakt: neumedier.com 20
Internet Foto: Christina Simon #hashtag #digitaleKirche und ihr Boom – Wo Kirche wächst … Viele Pfarrer:innen erkannten schon früh das Poten- nach Seelsorge und authentischer Verkündigung tial des Internets für die kirchliche Arbeit. Vielfach wuchs stetig. Längst waren erste digitale Andachts- Jörg Niesner Pfarrer autodidaktisch wurden Kenntnisse in der Program- formate wie etwa die „#twomplet“ bei Twitter ent- Mitglied im YEET-Netzwerk mierung von Websites erworben und in oft nächte- standen und unter dem Hashtag #digitaleKirche der EKD langer Arbeit gaben sie ihren Gemeinden ein Gesicht versammelte sich all das neue Erleben von Kirche im (Laubach) im Netz. Es wurden Termine und Gottesdienste be- digitalen Raum. Der Boom der #digitaleKirche ging worben, Kontaktdaten einfach verfügbar gemacht, schon vor der Corona-Pandemie los, aber die Pande- Predigten online gestellt. Als die ersten sozialen Netz- mie hat die Entwicklung massiv beschleunigt. Auch werke aufkamen – los ging es in Deutschland mit auf der Seite der Netz-Skeptiker war nun klar: Kirche StudiVZ, wer-kennt-wen, später kamen Facebook ohne Internet wird es nicht mehr geben. und Twitter dazu, war Kirche zurückhaltender. Nur Inzwischen tauchen täglich neue Pfarrer:innen, Vi- wenige Pfarrpersonen waren als solche auffindbar kar:innen und Theologiestudierende bei Instagram, und aktiv. Zu einer generellen (berechtigten) Skepsis Twitter, Tiktok usw. auf und erstellen vielfältige Inhal- hinsichtlich des Datenschutzes, gesellten sich pasto- te, sind für die Menschen, die längst nicht mehr zwi- raltheologische Anfragen zum Verhältnis von Amt schen online und offline unterscheiden, sondern für und Person, zur Privatheit und Abgrenzung – auch die die Sozialen Netzwerke und der Austausch über diese Fragen: berechtigt. „Social Media“ wurde sie, ganz normaler Teil ihres Leben ist, ansprechbar. Es kirchlicherseits eher aus der Perspektive der Öffent- findet Seelsorge statt, Menschen lernen christlichen lichkeitsarbeit wahrgenommen und genutzt, denn Glauben kennen und feiern ihn gemeinsam. Neben als Chance für die Kommunikation des Evangeliums. Verkündigungsinhalten und Seelsorge gibt es ver- Währenddessen fingen Menschen an, ihr Leben schiedene (Live-)Andachtsformate. Besonders wird auch in aller Selbstverständlichkeit online zu leben: von vielen geschätzt, dass es verschiedene Rückka- sie schlossen online Freundschaften und Beziehun- näle gibt, Möglichkeiten, sich inhaltlich einzubringen gen, tauschten sich über existenzielle Fragen aus, und zu diskutieren. trauerten im Netz. Kleine Bildchen mit Sinnsprüchen Die EKD hat über das Gemeinschaftswerk der Evan- wurden millionenfach geteilt, bei Twitter&Co. leiden- gelischen Publizistik „YEET“ initiiert, ein Netzwerk schaftlich um ethische Fragen gerungen. Im Grunde verschiedener kirchlicher Content-Creator und es ist entstand ein gewisses Sinn- und auch Ritual-Vakuum nicht mehr das einzige. Im November wurde dann im digitalen Raum. In den Medienhäusern der Lan- die norddeutsche Gemeindepastorin Josephine Tes- deskirche merkte man schnell, dass es mehr brauch- ke, die als „Sinnfluencern“ unter dem Namen @se- te, als Bibelverse auf Bilden aus Bilddatenbanken zu ligkeitsdinge_ täglich 35.000 Follower:innen erreicht, posten, allerdings war die Arbeit nun mal - auch per- in den Rat der EKD gewählt. Es tut sich viel rund um sonell - eher auf kirchlichen Journalismus und klassi- #digitaleKirche. Sie wächst täglich, während Kirche sche Öffentlichkeitsarbeit ausgelegt. insgesamt schrumpft. Kirche tut gut daran, Struktu- Die wenigen Pfarrpersonen, die bei Twitter und In- ren zu schaffen, die kreative Digitalarbeit fördern. Für stagram ohne besonderen diesbezüglichen Auftrag einige Unbelehrbare ist es immer noch „am Handy unterwegs waren, wurden in der binnenkirchlichen daddeln“, aber in Wahrheit ist es echte Arbeit, die Öffentlichkeit eher kritisch beäugt, merkten aber echte Zeit kostet. selbst zunehmend, wie gefragt pastorale Arbeit im (Der Autor ist als @wasistdermensch in den Sozia- Netz ist. Die Nachfrage nach theologischen Inhalten, len Netzwerken aktiv und erreicht dort täglich bis zu insbesondere bibelhermeneutische Grundfragen, zehntausend Menschen). 21
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