EVANGELISCH IN ÜBACH PALENBERG

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EVANGELISCH IN ÜBACH PALENBERG
Kirchengemeinde Übach‐Palenberg

                                                   EVANGELISCH
                 Gemeindebrief der Evangelischen

                                                     IN ÜBACH‐PALENBERG
                                                                OKTOBER / NOVEMBER
Grafik: sveta / stock.adobe.com

                            ANDACHTEN FÜR DIE                 THEMA: SCHÖPFUNG, S.
                            KOMMENDEN WOCHEN, S.              KONFIRMATIONEN, S.
EVANGELISCH IN ÜBACH PALENBERG
EDITORIAL

   Inhaltsverzeichnis                                             Editorial
   Titelthema: Schöpfung .......................                  Liebe Leserin, lieber Leser,
   Andachten ...........................................              zumindest was das Kirchenjahr be‐
   Amtshandlungen ...............................                 trifft, geht es nun langsam in den End‐
   Nachruf ..............................................         spurt: Erntedankfest, Reformations‐
   Konfirmationen                .........................         tag, Buß‐ und Bettag und der Ewig‐
   Gottesdienste ....................................             keitssonntag stehen nun noch „auf
   Besuchsdienst ...................................              dem Programm“ – und wir hoffen,
   Familiengottesdienst ........................                  dass wir all diese Tage wenigstens
   Kirche mit Kindern ............................                auch mit „richtigen“, mit Präsenz‐Got‐
   Kinder‐ und Jugendarbeit .................                     tesdiensten begehen können. Aber
   FSJler gesucht ...................................             wer weiß, was die nächsten Wochen
   Ferienfreizeit im Sommer                     .........         noch an mehr oder weniger erfreuli‐
        Jahre Emder Synode ..................                     chen Neuigkeiten bringen?
   Bethel‐Sammlung .............................                      In den Blick gerät nun aber auch
   Lesetipp .............................................         schon die Adventszeit – und da wür‐
   Kinderseite ........................................           den wir gerne schon mehr Sicherheiten
   Adressen und Telefonnummern ......                             haben, was alles möglich sein wird und
                                                                  was nicht. Leider können wir dazu aber
                                                                  noch nichts sagen. Ob es einen Weih‐
                                                                  nachtsmarkt geben wird, ist zumindest
                                                                  fraglich. Wie es mit dem Fenstersingen
                                                                  und dem Weihnachtsbaumverkauf aus‐
                                                                  sieht, darüber wird noch zu beraten
                                                                  sein. Bitte achten Sie auf die Informa‐
                                                                  tionen in der Tagespresse.
                                                                      Im Namen des Redaktionskreises
                                                                  wünsche ich Ihnen allen aber auf jeden
                                                                  Fall einen wunderschönen bunten
                                                                  Herbst – und natürlich eine vergnüg‐
                                                                  liche Lektüre dieses Gemeindebriefes.

                                 Foto: Valiphotos / pixabay.com

       Impressum
       Der Gemeindebrief „Evangelisch in Übach‐Palenberg“ wird herausgegeben vom Presbyterium der Evangelischen
       Kirchengemeinde Übach‐Palenberg, vertreten durch den Vorsitzenden, Pfarrer Christian Justen.
       Redaktion: Jana Eickvonder, Christian Justen (v.i.S.d.P.), Renate de Kleine, Angelika Krakau
       Anschrift der Redaktion: Maastrichter Straße 47, 52531 Übach‐Palenberg
       Gestaltung: Christian Justen. Druck: Gemeindebriefdruckerei Harms, Martin‐Luther‐Weg 1, 29393 Groß Oesingen
       Auflage: 3 300
       Bei der Gestaltung dieser Ausgabe kam ausschließlich Open‐Source‐Software (insbesondere Scribus,      und
            unter Debian und Ubuntu) zum Einsatz.                                                                2021
                                                                            Oktober
                                                    e nächst e Ausgabe: 31.
                                       hluss für di
   2                      Redaktionssc
EVANGELISCH IN ÜBACH PALENBERG
THEMA: SCHÖPFUNG

„... dass Gott mich geschaffen hat ...“
Sobald Theologiestudent:innen zu Be‐          suchen, Leben zu schaffen, wenn Men‐
ginn des Hebräisch‐Sprachkurses es            schen sich an Gottes Stelle setzen wol‐
geschafft haben, sich die ungewohn‐            len, so hat dies verheerende Konse‐
ten hebräischen Schriftzeichen einiger‐       quenzen. Man denke an Mary Shelleys
maßen anzueignen, folgt rasch der ers‐        „Frankenstein“ oder an die Legende
te hebräische Satz, den sie lesen (und        vom Golem oder auch an Fritz Langs
auswendig lernen) dürfen: ‫בראשית ברא‬          „Metropolis“ und „Jurassic Park“!
‫אלהים את השמים ואת הארץ‬. Auf Deutsch:             Nun steckt ein biblisch begründeter
„Am Anfang schuf Gott den Himmel              Schöpfungsglaube schon seit Jahrhun‐
und die Erde.“ (1. Mose 1,1) Und sie ler‐     derten in einer Krise, jedenfalls dann,
nen auch gleich schon eine wichtige           wenn er annimmt, die biblischen
theologische Einsicht kennen: Das Verb        Schöpfungsberichte seien historische
‫„ ברא‬schaffen“ wird im Alten Testa‐            Dokumente. Ein englischer Theologe
ment ausschließlich mit Bezug auf Gott        des 17. Jahrhunderts hatte etwa ausge‐
verwendet. Menschen „machen“ in               rechnet, dass Himmel und Erde am
der Bibel etwas, sie „fertigen an“, sie       23. Oktober 4004 vor Christi Geburt
„formen“, aber: Etwas zu „schaffen“,           um 9.00 Uhr morgens geschaffen wur‐
das ist alleine Gott vorbehalten. Zu‐         den, und kein geringerer als Isaac New‐
gleich bleibt der Schöpfungsakt etwas         ton machte sich später die Mühe, die
Geheimnisvolles, Verborgenes wie              „Berechnung“ zu überprüfen und das
Schöpfung im biblischen Sinn vor sich         Alter der Erde um 534 Jahre nach un‐
geht, das bleibt dem menschlichen             ten zu „korrigieren“. Dieses angebliche
Verstand verborgen. Wir können zwar           „Wissen“ hielt sich sehr lange und sehr
wissen, wie man ein Feld bestellt, wie        hartnäckig, selbst als Charles Darwin
man ein Haus baut, wie man ein Gefäß          schon längst sein Werk „Von der Ent‐
aus Ton herstellt und vieles, vieles          stehung der Arten“ veröffentlicht hat‐
mehr. Wie man aber etwas lebendig             te, mit dem er die heute sog. Evoluti‐
macht – das bleibt uns Menschen ein           onstheorie darlegte. Dass diese im Wi‐
Geheimnis. Dabei ist
gerade dies schon
lange ein Wunsch‐
traum, den nicht we‐
nige hegten und he‐
gen. Seinen Nieder‐
schlag hat das in
Literatur und Kunst
gefunden, in der Re‐
gel jedoch verbun‐
den mit der Einsicht:
Wenn Menschen ver‐
                         Michelangelo: Die Erschaffung Adams
                                                                                   3
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THEMA: SCHÖPFUNG

                                                  worden – weswegen ausgerechnet Al‐
                                                  bert Einstein der Theorie sehr kritisch
                                                  gegenüber stand, weil er befürchtete,
                                                  über den Urknall solle gleichsam durch
                                                  die Hintertür wieder der Schöpfungs‐
                                                  gedanke eingeführt werden.
                                                      Was jedoch oft übersehen wird: Die
                                                  Bibel beabsichtigt überhaupt nicht, ein
                                                  historisches Bild von der Entstehung
                                                  der Erde zu vermitteln. Das ist schon
                                                  daran ersichtlich, dass sie nicht nur ei‐
                                                  nen Schöpfungsbericht enthält, son‐
                                                  dern gleich zwei (nachzulesen in den
                                                  beiden ersten Kapiteln des 1. Buch Mo‐
                                                  se). Vergleicht man beide miteinander,
                                                  fällt rasch auf, dass sie sich fundamen‐
                                                  tal widersprechen und ein jeweils ganz
                                                  anderes Weltbild widerspiegeln. Ei‐
                                                  gentlich ist das verblüffend, würde
                                                  man doch erwartet haben, dass dieje‐
                                                  nigen, welche die biblischen Erzählun‐
   Die Erschaffung der Welt – Darstellung in der   gen zu einem Buch vereint haben, bei‐
   Lutherbibel von 1545
                                                  de Schöpfungsberichte zusammenge‐
   derspruch zu den biblischen Schöp‐             fasst oder wenigstens harmonisiert
   fungsgeschichten steht, ist offenkun‐           hätten. Dass das nicht geschah, lässt
   dig, und in der Folge entwickelte sich         darauf schließen: Für die biblischen
   ein bisweilen unversöhnlicher Streit           Zeugen war das historische Wie der
   zwischen den Naturwissenschaften               Weltentstehung weiter nicht von Be‐
   und den Anhänger:innen eines biblizis‐         lang! Warum dann aber überhaupt
   tischen Weltbildes, der bis heute nach‐        Schöpfungsberichte in der Bibel? Der
   wirkt. In den      etwa kämpfen sog.
   „Kreationisten“ dagegen, dass in den
   Schulen die Evolutionstheorie im Un‐
   terricht vorkommt, und setzen dieser           Wir fühlen, dass, selbst
   so abstruse Theorien wie „Intelligent          wenn alle möglichen
   Design“ entgegen. Auch andere natur‐           wissenschaftlichen Fragen
   wissenschaftliche Erkenntnisse berei‐
   ten     manchen      Christenmenschen
                                                  beantwortet sind,
   Bauchschmerzen, beispielsweise die             unsere Lebensprobleme
   sog. „Urknalltheorie“. Dabei war diese         noch gar nicht
   sogar von einem belgischen Priester,           berührt sind.
   nämlich Georges Lemaître, begründet            Ludwig Wittgenstein

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THEMA: SCHÖPFUNG

Bibel geht es nicht um die Frage: „Wie
ist es einmal gewesen?“ Sondern für
die Bibel steht letztlich immer die Fra‐
ge im Mittelpunkt: „Worauf vertraust
du in deinem Hier und Jetzt?“
    Man könnte es vielleicht zugespitzt
so ausdrücken: Naturwissenschaft
fragt nach dem Wie. Der Glaube fragt
nach dem Warum und Wozu, nach
dem, was man heute oft als den „Sinn‐
des Lebens“ bezeichnet.
    In seinem Kleinen Katechismus er‐
klärt Martin Luther den ersten Artikel
des Glaubensbekenntnisses so: „Ich
glaube, dass mich Gott geschaffen hat

                                                                                                     Foto: epd‐Bild
samt allen Kreaturen, mir Leib und
Seele, Augen, Ohren und alle Glieder,
Vernunft und alle Sinne gegeben hat
und noch erhält; [...] und das alles aus          Albert Schweitzer. Motiv seines Handelns war
                                                  die Ehrfurcht vor dem Leben.
lauter väterlicher, göttlicher Güte und
Barmherzigkeit, ohn all mein Verdienst
und Würdigkeit“. Damit wird deutlich:             Leben, es geht um mich. Es geht dar‐
Es geht beim biblischen Schöpfungsge‐             um, dass ich als kleiner Mensch ein von
danken eben auch um mein eigenes                  Gott geliebtes Geschöpf bin – genau so
                                                  wie jedes andere Geschöpf. Schöp‐
                                                  fungsglaube stellt sich so nicht gegen
                                                  naturwissenschaftliche        Erkenntnis,
                                                  vielmehr geht es ihm darum, aller
                                                  Schöpfung, allem Leben einen Wert
                                                  zuzusprechen. In besonderer Weise ist
                                                  dies etwa beim Theologen und Arzt Al‐
                                                  bert Schweitzer zu erkennen, dessen
                                                  ganzes Handeln und Wirken von seiner
                                                  Ehrfurcht vor dem Leben geprägt war.
                                                      Man kann die Entstehung der Welt
                                                  und des Lebens vielleicht erklären, oh‐
                                                  ne einen Schöpfer bemühen zu müs‐
                                                  sen. Wer aber Gott den Schöpfer ganz
                                                  außen vorlässt, riskiert damit, die Welt
                                                  zu einem kalten, lieblosen und letztlich
                                                  unmenschlichen Ort werden zu lassen.
                                                                           Christian Justen
Charles Darwin, Begründer der Evolutionstheorie
                                                                                                 5
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THEMA: SCHÖPFUNG

   Was bedeutet für uns Schöpfung?
   Schöpfung – was ist das eigentlich?         nen oder zu wollen. Diese Diffe‐
   Was bedeutet das eigentlich? Es macht       renzierung existierte schon in der
   Sinn, zunächst nach Herkunft und Um‐        Antike und verstärkte sich, als in
   fang des Begriffes in der deutschen          Europa in der Neuzeit naturwissen‐
   Sprache zu fragen, um festzustellen,        schaftliche Erkenntnisse in Wider‐
   was darunter eigentlich alles verstan‐      spruch gerieten zu wörtlich verstande‐
   den wird. Mit „die Schöpfung“ ist in        nen Texten der Bibel.
   vielen spirituellen Weltanschauungen            Der altgriechische Begriff „Gene‐
   und allen Weltreligionen meist das ge‐      sis“, namensgebend für das erste Buch
   samte Universum gemeint, weil davon         Mose, das den biblischen Schöpfungs‐
   ausgegangen wird, dass das Univer‐          bericht enthält, kann etwa mit
   sum (lat. „die Gesamtheit“ oder ein‐        „Entstehung“,     „Schöpfung“,    „Ur‐
   fach „Alles“) von einer übersinnlichen      sprung“ oder Geburt übersetzt wer‐
   göttlichen Macht erschaffen wurde.           den. Hier wird deutlich, dass unter
   Schöpfung ist in diesem Fall also in ers‐   Schöpfung explizit nicht nur ein Er‐
   ter Linie ein Glaubensbegriff für Welt       gebnis, sondern zugleich auch dessen
   und Weltall, auch wenn die mythischen       Entstehungsprozess verstanden wird.
   Erzählungen in den einzelnen Religio‐           Als „eine Schöpfung“ beschreibt
   nen unterschiedlich gestaltet sind.         der Begriff grundlegend einen zumeist
   Konkreter bezeichnet „die Schöpfung“        kreativen Prozess, also einen Vorgang,
   nach speziell christlichem Verständnis      in dem etwas Neues entsteht. Dies
   des Ergebnis der biblischen Schöp‐          macht zugleich deutlich, dass diese
   fungsgeschichte.     „Die Schöpfung“        Form von Schöpfung etwas ist, was
   setzt einen Schöpfer oder eine Schöp‐       nur der Mensch – biblisch als Ebenbild
   ferin voraus, während die Philosophie       Gottes – leisten kann. Die Erkenntnis,
   in der Metaphysik neutraler eben von        dass der Mensch in diesem Sinne als
   Universum spricht, ohne dessen              komplexestes intelligentes Wesen
   Ursprung endgültig erklären zu kön‐         „Krone der Schöpfung“ ist, hat lange
                                               Zeit aber auch als überhebliche
                                               Fehlentwicklung dazu geführt, dass die
                                               Menschheit rücksichtslos die Erde
                                               ausgebeutet hat. Der sprachliche
                                               Ursprung des Begriffs „Schöpfung“
                                               liegt in jenen Zeiten, als das
                                               lebensnotwendige       Wasser    nicht
                                               einfach aus der Leitung kam, sondern
                                               mühevoll vom Brunnen geholt werden
                                               musste. Als Sprichwort ist uns „aus
                                               dem Vollen schöpfen“ geläufig. Das
                                               Gerät, mit dem geschöpft wurde, ist

   6
EVANGELISCH IN ÜBACH PALENBERG
THEMA: SCHÖPFUNG

der „Schoppen“.                             mitmachen, auch wenn dies zunächst
    Soweit sich „die Schöpfung“ nur auf     einige Unannehmlichkeiten mit sich
die Erde bezieht, ist spätestens seit       bringt. Auch kleine Schritte summieren
1945 und dem Abwurf der Atom‐               sich, angefangen von der Anschaffung
bomben auf die beiden japanischen           eines energiesparenden Kühlschrankes
Städte Hiroshima und Nagasaki klar,         über den Einsatz von Recyclingpapier.
dass die Menschheit in der Lage ist, die    Eine andere mögliche Maßnahme ist
irdische Schöpfung vollständig und          die kritische Überprüfung des eigene
unwiederbringlich      zu     vernichten.   Konsum‐ und Mobilitätsverhaltens.
Schon rund 100 Jahre früher, im             Muss die Autofahrt wirklich sein, oder
Zeitalter der Industrialisierung, traten    geht es auch mit dem Rad oder
erste Probleme auf. Zunehmende Luft‐        öffentlichen Verkehrsmitteln?
verschmutzung, der Abfall der wach‐             „Ihr habt doch gewusst, was
senden Städte und ungeklärte Ab‐            geschieht, es stand doch in allen
wässer machten erstmals deutlich,           Medien! Warum habt ihr nichts
dass der Mensch seine Umwelt mit            getan?“ „Ihr habt doch gesehen, wie
dem zunehmenden Fortschritt nicht           die Orte am Tagebau abgebaggert
nur in positiver Weise verändert.           worden sind. Warum habt ihr nicht
    So ist in den frühen 70er Jahren das    demonstriert, warum habt ihr nicht
Verständnis gewachsen, dass der             anders gewählt?“ Die Frage nach dem
Mensch nicht nur Krone der Schöpfung        persönlichen und politischen Verhalten
ist, sondern vielmehr ein Teil. Diese       in Sachen Bewahrung der Schöpfung
kybernetischen Bezüge und die Pro‐          werden wir uns eines Tages von
bleme wurden vom Club of Rome               unseren Kindern und Enkeln unter
erstmals unter dem Titel „Grenzen des       Umständen genauso stellen lassen
Wachstums“ benannt. Zunehmend               müssen, wie unsere Eltern ihre Eltern
wurde klar, dass die Ressourcen auf         zum Verhalten in der           ‐Diktatur
der Erde endlich sind und die Erde ein      kritisch befragt haben.
empfindliches Ökosystem ist, das auf                                 Angelika Krakau
kleine Veränderungen massiv reagiert.
Der Begriff Umweltschutz fand lang‐
sam Eingang in die öffentliche Debatte.
In christlicher Terminologie bedeutet
Bewahrung der Schöpfung in diesem
Sinne zunächst den Erhalt der
Lebensgrundlagen der Menschheit.
    Die Herausforderung „Bewahrung
der Schöpfung“ ist sowohl eine              „Wir gehen mit dieser
politische wie persönliche, eine natio‐     Welt um, als hätten wir
nale wie auch internationale. Retten        noch eine zweite
können wir die Welt nur gemeinsam,          im Kofferraum.“
und jeder muss ein Stück weit               Jane Fonda

                                                                                  7
EVANGELISCH IN ÜBACH PALENBERG
ERNTEDANKFEST – . OKTOBER

   Andacht zum Erntedankfest
   Und es begab sich, als Jesus nach Jeru‐    aus der Mode gekommen zu sein, son‐
   salem wanderte, dass er durch Sama‐        dern vor allen Dingen auch das, was
   rien und Galiläa hin zog. Und als er in    dahinter steht: Nämlich die Dankbar‐
   ein Dorf kam, begegneten ihm zehn          keit gegenüber Gott. Dass wir all das,
   aussätzige Männer; die standen von         was wir in unserem Leben haben, all
   ferne und erhoben ihre Stimme und          das, was uns das Leben ermöglicht, al‐
   sprachen: Jesus, lieber Meister, erbar‐    lein Gott verdanken, das ist eine Bot‐
   me dich unser! Und als er sie sah,         schaft, die heute kaum noch jemand
   sprach er zu ihnen: Geht hin und zeigt     hören will. Vielleicht ist aber deshalb in
   euch den Priestern! Und es geschah,        besonderer Weise die Frage zu stellen:
   als sie hingingen, da wurden sie rein.     Welchen Zweck hat es eigentlich,
   Einer aber unter ihnen, als er sah, dass   dankbar zu sein?
   er gesund geworden war, kehrte er              Es ist ja eine Merkwürdigkeit der Er‐
   um und pries Gott mit lauter Stimme        zählung aus dem Lukasevangelium,
   und fiel nieder auf sein Angesicht zu       dass von den zehn Aussätzigen nur ein
   Jesu Füßen und dankte ihm. Und das         einziger zu Jesus zurückkehrt und Je‐
   war ein Samariter. Jesus aber antwor‐      sus auch nur diesem einen zuspricht:
   tete und sprach: Sind nicht die zehn       „Dein Glaube hat dir geholfen!“ Aber:
   rein geworden? Wo sind aber die            Die Erzählung lässt mit keinem Wort
   neun? Hat sich sonst keiner gefunden,      auch nur erahnen, dass die anderen
   der wieder umkehrte, um Gott die Eh‐       neun Aussätzigen nicht auch geheilt
   re zu geben, als nur dieser Fremde?        worden wären. Am Ende sind sie alle
   Und er sprach zu ihm: Steh auf, geh        gesund geworden, alle zehn! Da könn‐
   hin; dein Glaube hat dir geholfen. (Lu‐    ten die neune sich ja durchaus fragen:
   kas 17,11–19)                              „Warum sollten wir die Mühe auf uns
                                              nehmen und uns bei Jesus bedanken?
   Ich kann mich noch erinnern, dass in       Gesund geworden sind wir so und so.
   meiner Kindheit Erntedank eines der        Wir haben es nicht schlechter als die‐
   ganz, ganz großen Feste im Jahreslauf      ser eine Samariter.“
   war, dass die Kirche wunderschön ge‐           Vielleicht sind auch uns diese Fra‐
   schmückt war, der Musikverein spielte,     gen nicht so ganz fremd: „Welchen
   der Gesangverein sang, und kaum ein        Sinn hat es, Gott gegenüber dankbar
   Platz war noch in der Kirche frei.         zu sein? Welchen Sinn hat es über‐
      Wie anders sieht es dagegen heut‐       haupt, an Gott zu glauben? Ist es denn
   zutage landauf, landab aus. Wir            nicht so, dass all das in der Regel
   schmücken wohl noch jedes Jahr unse‐       nichts, aber auch rein gar nichts än‐
   ren Abendmahlstisch, aber selbst in        dert?“ Und andersherum müssen wir ja
   ländlichen Gegenden wird die Kirche        auch zugleich oft die traurige Erfah‐
   kaum voller als an anderen Tagen.          rung machen: Gerade die Menschen,
   Nicht nur das Fest scheint mir jedoch      die es am tollsten treiben, die auf

   8
EVANGELISCH IN ÜBACH PALENBERG
ERNTEDANKFEST – . OKTOBER

nichts achten, denen jedes Gespür da‐
für abgeht, wem sie etwas zu verdan‐
ken haben, die nur auf sich selbst und
ihr eigenes Wohlergehen fixiert sind,
gerade die Menschen scheinen das
meiste Glück im Leben zu haben, gera‐
de denen scheint es am allerbesten zu
gehen.
    Jesus sagt zu dem Samariter, der zu
ihm zurückgekehrt ist: „Dein Glaube
hat dir geholfen.“ Was ist damit ge‐
meint? Glaube ist nicht gleichbedeu‐         Foto: Lotz
tend mit Frömmigkeit, Glaube ist kein
Tun, kein Handeln, sondern Glaube ist:       trauen; Mut, meinen Lebensweg in der
Vertrauen. An Gott zu glauben, das           Gewissheit zu gehen, dass Gott mich
meint: Ich vertraue darauf, dass Gott        nicht allein gehen lässt; Mut, zu glau‐
der Grund meines Lebens ist.                 ben, zu hoffen, zu wissen, dass mich
    Und das ist der wesentliche Unter‐       nichts auf der Welt, weder Freude
schied zwischen dem Samariter und            noch Leid, von der Liebe Gottes tren‐
den neun anderen Geheilten: Sie alle         nen kann.
haben die Gesundung ihres Körper er‐
lebt, sie alle haben eine heilvolle Erfah‐   Liedvers
rung gemacht. Aber allein der Samari‐
ter hat dieses Erlebnis nicht einfach so     Nun preiset alle Gottes Barmherzig‐
hingenommen, sondern begriffen, dass          keit! / Lob ihn mit Schalle, werteste
derjenige, welcher ihm seine körperli‐       Christenheit! / Er lässt dich freundlich
che Gesundheit geschenkt hat, dass           zu sich laden; / freue dich, Israel, seiner
der auch derjenige ist, der sein ganzes      Gnaden. (EG 501,1)
Leben heil machen kann. Er allein wagt
es, von seinem eigenen Wege abzu‐            Gebet
weichen, den Weg auf Gott hin zu ge‐
hen, sich und sein Leben in die Hand         Wir danken dir, Gott, denn Du machst
Gottes zu legen, sein ganzes Vertrauen       uns lebendig. Erhalte uns im Glauben
allein auf den menschgewordenen              zum ewigen Leben. Deine Schöpfung
Gott in Jesus Christus zu setzen. Dar‐       erzählt von Deiner Liebe für uns, ewi‐
aus, aus diesem Vertrauen, kann dieser       ger Gott. Aus deinen Händen empfan‐
Mensch wirkliche Hilfe erfahren.             gen wir, was uns leben lässt. Du gibst
    Für mich ist der Samariter so keine      und wir haben die Fülle. Dank sei dir!
mahnende Gestalt, die mich mit erho‐         Amen.
benem Zeigefinger auffordert: „Sei                                   Christian Justen
Gott gegenüber dankbar.“ Sondern er
macht mir Mut: Mut, auf Gott zu ver‐
                                                                                     9
EVANGELISCH IN ÜBACH PALENBERG
. SONNTAG NACH TRINITATIS –     . OKTOBER

 Andacht für den 10. Oktober 2021
 „Heile du mich, H , so werde ich         sammen, der eine hat Auswirkungen
 heil; hilf mir, so ist mir geholfen“,    auf die andere und umgekehrt.
 heißt es im Wochenspruch aus dem             Und was ist, wenn die Gesundheit
 Buch des Propheten Jeremia. Heil und     nicht wiederhergestellt werden kann?
 Heilung, das ist das Thema dieses        Während ich diese Andacht schreibe,
 Sonntags.                                finden die Paralympics (die olympi‐
     Heilung ist mehr als Gesundheit.     schen Spiele für Sportler:innen mit Be‐
 Das erfahren die Menschen, die Gott      hinderung) in Tokio statt. Da zeigen
 und vor allem dem in Jesus Christus      Menschen, die nicht mehr am Körper
 menschgewordenen Gott gegenüber‐         gesunden können, was sie leisten kön‐
 treten und ihn um Gesundheit bitten,     nen. Da geht es nicht um Unversehrt‐
 immer wieder. Es geht um mehr als        heit, sondern darum, das, was fehlt,
 wieder laufen oder sehen zu können.      anzunehmen und sein Leben dennoch
 Es geht um mehr als seine Epilepsie zu   zu bestehen. Es geht darum, seinen
 überwinden oder dass der eiternde        Körper (und auch Geist) so zu nehmen,
 Ausschlag geheilt wird. Es geht sogar    zu akzeptieren und vielleicht sogar zu
 um mehr als von den Toten wieder auf‐    lieben, wie er jetzt ist: stumm, blind,
 erweckt zu werden, wie Lazarus es er‐    taub oder mit fehlenden Gliedmaßen,
 lebt hat. Heilung geht tiefer. Heilung   eben körperlich oder seelisch einge‐
 bezieht die Seele, unser Innerstes mit   schränkt. Heilung findet im Kopf und
 ein, bleibt nicht am Äußerlichen ste‐    im Herzen statt, glaube ich. Und das ist
 hen. So wie sich Heilung und Gesund‐     ebenso wichtig für diejenigen, die per
 heit gegenüberstehen und doch mit‐       Definition als gesund oder unversehrt
 einander verbunden sind, stehen sich     gelten. Außerdem wissen wir, wie
 Krankheit und Sünde gegenüber und        schnell sich das ändern kann im Leben.
 sind ebenfalls miteinander verquickt.    Dann müssen wir uns schlimmstenfalls
 Denn, und das spüren wir selbst zur      mit den Tod auseinandersetzen, denn
 Genüge, Körper und Seele gehören zu‐     nicht jede Krankheit ist heilbar bzw. zu
                                          stoppen. Manche führen unweigerlich
                                          zum Tod, weil die Erkrankung erst im
                                          fortgeschrittenen Stadium diagnosti‐
                                          ziert wurde oder der Verlauf nur verzö‐
                                          gert, aber ihm kein Einhalt geboten
                                          werden kann. Aber was heißt das dann
                                          für mich? Welche Konsequenzen hat
                                          das für mein Leben? Brauche ich dann
                                          Gott überhaupt, wenn es sowieso
                                          nichts mehr zu machen gibt? Wenn
                                          „mein Defekt“ nicht mehr rückgängig
                                          gemacht werden kann? Wenn ich da‐
 10
. SONNTAG NACH TRINITATIS –          . OKTOBER

mit weiterleben muss, ja sogar da‐            Einsamkeit und Finsternis. Denn dafür
durch (vorzeitig) zum Tode verurteilt         ist Jesus Christus gestorben und aufer‐
bin?                                          standen. Er lässt mich hoffen, durch
    Ich für meinen Teil brauche Gott –        ihn und mit ihm für immer in Gottes
auch dann! Ich bin dankbar für mein           Herrlichkeit zu leben. Das ist sein An‐
Leben, das nicht ohne Einschränkung           gebot an alle, die auf ihn hoffen, die
begonnen hat und das ich weiterlebe           ihm vertrauen. „Heile du mich, H ,
mit dieser Einschränkung und mit wei‐         so werde ich heil; hilf mir, so ist mir
teren, die dazugekommen sind, und             geholfen.“ (Jeremia 17,14) Amen.
mit denen, die noch dazukommen wer‐
den. Darum ist Gesundheit für mich            Liedverse
wichtig im Leben, aber nicht das Wich‐
tigste, weil ich nie körperlich 100‐pro‐      Danke für manche Traurigkeiten, / dan‐
zentig gesund war. Darum ist mir Zu‐          ke für jedes gute Wort. / Danke, dass
friedenheit mit dem, was ich kann und         deine Hand mich leiten / will an jedem
bin, viel, viel wichtiger, selbst, wenn sie   Ort.
mir immer mal wieder abhanden‐
kommt. Ich möchte heil sein; heil an          Danke, dein Heil kennt keine Schran‐
Körper und Geist, das heißt zufrieden         ken. / Danke, ich halt mich fest daran. /
mit mir, dankbar für alles, was ich           Danke, ach Herr, ich will dir danken, /
(noch) kann und im Reinen mit mei‐            dass ich danken kann. (EG 334,4.6)
nem Gott. Ich weiß, dass ich ihm alles
anvertrauen kann, dass ich mit ihm ha‐        Gebet
dern kann, dass ich wütend und zornig
sein darf, aber vor allem, dass ich im‐       Guter Gott, ich danke dir für mein Le‐
mer und überall zu ihm kommen darf,           ben, mit allen Brüchen und allem, was
so wie ich bin. Mit all meiner Schuld,        fehlt. Ich danke dir für alles, was mein
mit all meinen Fehlern, meinen Schwä‐         Leben reich und kostbar macht, für
chen hält er mich aus. Und dafür bin          deine unendliche Liebe, für die Liebe
ich ihm dankbar. Gott macht mich heil,        der Menschen, die mir nahe stehen
und das ist eben mehr als Gesundheit.         und mir viel bedeuten. Ich danke dir
Gott macht mich heil. Er bleibt mit mir       dafür, dass du mich heil machen willst.
in Verbindung. Ich bleibe mit ihm in          Ich bitte dich, bleibe bei mir und wenn
Verbindung und lebe.                          du mir eine Last auflegst, hilf mir, sie
    Ja, auch ich habe Angst vor dem           zu tragen. Amen.
Sterben, vor dem, wie der Weg sein                                     Angelika Krakau
wird, bis ich endlich meinen letzten
Atemzug tue. Aber ich weiß, dass ich
danach bei Gott bin. Er, der mein Le‐
ben heil macht, wird mich auch dann
halten. Ich werde nicht getrennt sein
von Gott. Mein Leben endet nicht in
                                                                                    11
. SONNTAG NACH TRINITATIS –      . OKTOBER

 Andacht zum 17. Oktober 2021
 Nach der Sintflut baute Noah dem           ben. Der Zorn, der Ärger über Gott
 H       einen Altar und nahm von al‐      mag die Menschen ein Stück weit ent‐
 lem reinen Vieh und von allen reinen      lasten – und Gott kann das aushalten.
 Vögeln und opferte Brandopfer auf             Der Abschluss der Sintfluterzählung
 dem Altar. Und der H         roch den     macht hingegen deutlich: Auch wenn
 lieblichen Geruch und sprach in sei‐      Menschen dies vielleicht anders fühlen,
 nem Herzen: Ich will hinfort nicht        so ist Gott doch niemals der wirkliche
 mehr die Erde verfluchen um der            Urheber menschlichen Leides. Gott will
 Menschen willen; denn das Dichten         kein Leid. Gott will nicht, dass seine
 und Trachten des menschlichen Her‐        Schöpfung gequält wird. Gott will
 zens ist böse von Jugend auf. Und ich     nicht unseren Tod, sondern Gott ist ein
 will hinfort nicht mehr schlagen alles,   Gott des Lebens, Gott ist ein Gott der
 was da lebt, wie ich getan habe. Solan‐   Liebe und der Barmherzigkeit.
 ge die Erde steht, soll nicht aufhören        Die Bilder aus dem Ahrtal, die wir
 Saat und Ernte, Frost und Hitze, Som‐     im Juli zu sehen bekamen, haben in mir
 mer und Winter, Tag und Nacht. (aus       oft den Gedanken hervorgebracht:
 1. Mose 8)                                „Das sieht aus wie nach einem Krieg!“
                                           Und vielleicht wäre es gut, diesen Ge‐
 Von Anfang an steht für die biblischen    danken auch gar nicht allzu schnell
 Zeugen eine Frage im Raum: Woher          wieder ziehen zu lassen. Es mag viel‐
 kommt das Unheil, woher kommt das         leicht ein wenig martialisch klingen,
 Böse, das uns Menschen bedroht?           aber: Führen wir Menschen der Neu‐
 Doch die Bibel tut erstaunlicherweise     zeit nicht letzten Endes tatsächlich
 genau das: die Frage im Raum stehen       einen Krieg, einen Krieg gegen die Na‐
 lassen. Sie gibt keine Antwort auf die    tur, einen Krieg gegen die Schöpfung?
 Frage. Denn sie weiß: All das, was        In unserem Wahn, wir könnten die Er‐
 Menschen an Schrecklichem, an Leid,       de beherrschen, haben wir etwas ganz
 an Elend widerfährt, das ist am Ende      Entscheidendes verlernt, was für die
 immer unerklärlich – jedenfalls dann,     Menschen früherer Zeiten noch selbst‐
 wenn eine offenkundige Ursache nicht       verständliches Wissen war: Wir können
 erkennbar ist.                            nur mit der Natur leben, nicht gegen
     In früheren Zeiten haben Menschen     sie. Genau das tun wir aber oft genug
 dann oft den Ausweg darin gesucht,        oder versuchen es zumindest. Wir ver‐
 die Schuld auf Gott abzuwälzen. Auch      suchen der Natur unsere Lebensweise
 davon finden sich Spuren in unserer Bi‐    aufzuzwingen – um dann festzustellen,
 bel, besonders im Hiobbuch und beim       dass die Natur sich nicht zwingen lässt.
 Propheten Jeremia. Vielleicht tut es      Eine gewiss nicht kleine Rolle spielt der
 Menschen gut, wenn sie einen Schuldi‐     kaum mehr zu leugnende Klimawan‐
 gen für alles Unglück finden und wenn      del, zu dem wir alle beitragen. Natür‐
 sie dann vor allem Gott die Schuld ge‐    lich hat es schon immer schwere und
 12
. SONNTAG NACH TRINITATIS –                                                       . OKTOBER

schwerste Unwetter gegeben, die star‐                                                  seine Arme und schenkt ihnen seinen
ke Zerstörungen angerichtet und viele                                                  Trost und seine Zuwendung.
Menschenleben gekostet haben. Aber                                                        Uns allen sei aber mit einem (abge‐
es ist eben nicht mehr nur ein Bauch‐                                                  wandelten) Wort von Dietrich Bonho‐
gefühl, dass diese Ereignisse in den                                                   effer gesagt: Es genügt nicht, diejeni‐
letzten Jahren immer häufiger werden                                                    gen zu verbinden, die unter die Räder
und sie auch in Zukunft noch häufiger                                                   geraten sind. Wir müssen vielmehr
auftreten werden. Unser Klima verän‐                                                   dem Rad in die Speichen fallen.
dert sich, und schon bislang nur un‐
scheinbare Klimaveränderungen sor‐                                                     Liedvers
gen bereits jetzt für riesengroße und
drastische Veränderungen unserer Le‐                                                   Bleib bei mir, Herr! Der Abend bricht
benswirklichkeit.                                                                      herein. / Es kommt die Nacht, die Fins‐
    Vielleicht jedoch haben wir jetzt                                                  ternis fällt ein. / Wo fänd ich Trost,
noch die Zeit, etwas dagegen zu tun,                                                   wärst du mein Gott nicht hier? / Hilf
vielleicht können wir das Schlimmste                                                   dem, der hilflos ist: Herr, bleib bei mir!
noch verhindern. Aber dann müssen                                                      (EG 488,1)
wir jetzt auch tatsächlich handeln,
dann haben wir keine Zeit mehr, unnö‐                                                  Gebet
tige Diskussionen zu führen und ne‐
benbei Witze über Greta Thunberg zu                                                    Barmherziger Gott, du bist unsere Zu‐
reißen. Wenn wir jetzt nicht endlich                                                   versicht und Stärke in jeder Not. Sieh
den Allerwertesten hochbekommen                                                        nicht auf unsere Schuld, sondern halte
und die Sache anpacken, wird es zu                                                     uns fest, damit Hoffnung auf deine Hil‐
spät sein. Dann werden wir in wenigen                                                  fe sich erfülle. Stärke uns durch dein
Jahren in einer Situation stecken, wo                                                  Wort, dass wir in schweren Zeiten
solche Katastrophen wie die Flut des                                                   nicht verzagen, sondern Trost und
Sommers 2021 nicht mehr die Ausnah‐                                                    Kraft finden. Amen.
me sein werden, sondern die Regel.                                                                             Christian Justen
Und dann werden unsere Kinder und En‐
kelkinder ganz sicher wissen, wem sie
die Schuld an künftigen Katastrophen
                                           Foto: epd‐Bild / Frank Schultze / Zeitenspiegel

geben dürfen: nämlich uns.
    Was uns vielleicht als Trost bleiben
mag: Da, wo wir versagen, da wo un‐
ser Krieg gegen die Natur, wo unser
Allmachtswahn nur Trümmer und Ver‐
wüstung hinterlassen hat, da nimmt
Gott die Opfer der Katastrophe, die
Leidenden, diejenigen, die alles verlo‐
ren haben, die um einen geliebten
Menschen trauern, sie alle nimmt er in
                                                                                       Schuld (Ahr) nach der Flut
                                                                                                                              13
. SONNTAG NACH TRINITATIS –        . OKTOBER

  Andacht für den 24. Oktober 2021
  „Ihr sollt nicht meinen, dass ich ge‐      bruch in ihrem Leben auf, wo es sein
  kommen bin, Frieden zu bringen auf         muss und nötig ist, wo Gottes Willen
  die Erde. Ich bin nicht gekommen,          nicht entsprochen wird, wo Fremden‐
  Frieden zu bringen, sondern das            hass propagiert wird, wo Menschen,
  Schwert. Denn ich bin gekommen, den        nur weil sie anders aussehen, anders
  Menschen zu entzweien mit seinem           sprechen, sich anders bewegen, klei‐
  Vater und die Tochter mit ihrer Mutter     den oder essen, abgelehnt und ange‐
  und die Schwiegertochter mit ihrer         feindet werden. Dagegen wendet sich
  Schwiegermutter. Und des Menschen          Jesus. Und das tut er auch an einer an‐
  Feinde werden seine eigenen Hausge‐        deren Stelle, wie Matthäus, Markus
  nossen sein. Wer Vater oder Mutter         und Lukas berichten. Als seine Mutter
  mehr liebt als mich, der ist meiner        und seine Brüder zu ihm kommen, weil
  nicht wert; und wer Sohn oder Toch‐        sie ihn sprechen wollen, weist er sie ab
  ter mehr liebt als mich, der ist meiner    mit den Worten: „Das ist meine Mutter
  nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz       und das sind meine Brüder! Denn wer
  auf sich nimmt und folgt mir nach, der     Gottes Willen tut, der ist mein Bruder
  ist meiner nicht wert. Wer sein Leben      und meine Schwester und meine Mut‐
  findet, der wird’s verlieren; und wer       ter.“ (Markus 3,34f)
  sein Leben verliert um meinetwillen,           Und wenn ich an die Berufung der
  der wird’s finden.“ (Matthäus 10,34–        ersten Jünger denke, zu denen auch
  39)                                        Petrus gehörte, tun sie ja genau das,
                                             Sie lassen ihre Familien zurück und fol‐
  Ein Hammer, diese Worte Jesu, finden        gen ihm. Tauschen ihren Beruf als Fi‐
  Sie nicht auch? Jesus, der Friedensstif‐   scher ein gegen eine ungewisse Zu‐
  ter, sagt seinen Jüngern, dass er auf      kunft, denn sie wissen nicht, was da
  die Erde gekommen ist, um das              auf sie zukommen wird. Sie lassen ihre
  Schwert zu bringen. Noch kurz zuvor        Familien zurück, beenden von jetzt auf
  ruft er seine Zuhörer:innen dazu auf,      gleich ihren Broterwerb und damit ihre
  Frieden zu halten und barmherzig zu        Fürsorge für ihre Angehörigen, ziehen
  sein. „Selig sind, die Frieden stiften,    mit Jesus von Ort zu Ort, oftmals ohne
  denn ihrer ist das Himmelreich“, ruft er   zu wissen, wo sie am Abend schlafen
  den Menschen in seiner Bergpredigt         werden und wie sie an Nahrung kom‐
  zu. Und nun dieser radikale Wandel?!       men. Aber sie wagen den Aufbruch,
  Und heißt es nicht in einem der Zehn       die Veränderung. Sie werfen alle Ver‐
  Gebote: „Du sollst deinen Vater und        nunft und gesellschaftlichen Zwänge
  deine Mutter ehren, auf dass du lange      und Regeln über Bord und folgen
  lebest in dem Lande, dass dir der H ,      ihrem Herzen bzw. dem, was dieser Je‐
  dein Gott, geben wird.“?                   sus da in ihnen angerührt hat. Und so
      Jesus ruft diejenigen, die ihm fol‐    ist Jesus fortan nicht nur ihr Herr und
  gen wollen, zu einem radikalen Um‐         Meister, wie sie ihn nennen, sondern
  14
. SONNTAG NACH TRINITATIS –        . OKTOBER

ebenso ihr Bruder, einer, der ihre Ge‐
danken versteht, der spürt, was ihnen
fehlt. Aber auch einer, der nicht um die
Wahrheit herumredet, sondern ihnen
auch reinen Wein einschenkt, ihnen im‐
mer wieder sagt, dass sein Weg kein
einfacher ist, dass sie Anfeindungen

                                                                                   Foto: Bru‐nO / pixabay.com
überstehen müssen und am Ende ein
gewaltsamer Tod stehen wird – zumin‐
dest für ihn, aber unter Umständen
auch für sie. Denn es gab und gibt
nicht nur Menschen, die von der Sache
Gottes begeistert sind. Immer wieder
sind Menschen, die sich für den Glau‐      mit sie sich aufgehoben wissen in dem
ben stark gemacht haben, angefeindet       neuen Land, das sie betreten haben.
worden. Es gab und gibt Auseinander‐       Amen.
setzungen darum bis in die engste Fa‐
milie hinein. Berufsverbote, Kontakt‐      Liedverse
sperren, Glaubenskriege. Darum herr‐
schen Unfriede und Unverständnis.          Damit aus Fremden Freunde werden /
Und da stellt Jesus Christus uns allen     gehst du als Bruder durch das Land, /
die Frage: Willst Du in deinen Zwängen     begegnest uns in allen Rassen / und
bleiben, die dir vielleicht sogar den      machst die Menschlichkeit bekannt.
Atem nehmen, oder willst Du frei sein,
um meinen Weg des Friedens und der         Damit aus Fremden Freunde werden, /
Hoffnung einzuschlagen? Bist Du bereit      lebst du die Liebe bis zum Tod. / Du
über deinen Tellerrand hinauszusehen,      zeigst den neuen Weg des Friedens; /
um dich auf das Neue, das Andere, das      das sei uns Auftrag und Gebot. (EG
Fremde einzulassen? Bist Du bereit,        674,2.3)
Deine alten Bindungen gegen neue
einzutauschen,     Vertrautes     gegen    Gebet
Fremdes, dann wird es Unfrieden ge‐
ben zwischen denen, die sich nicht än‐     Gott, stehe du Menschen als Ratgeber
dern wollen oder können, und Dir, also     zur Seite, die vor schweren Entschei‐
sozusagen zwischen Deiner alten Fami‐      dungen stehen. Zeige den Familien, in
lie und Dir, weil Du Dich ihren Regeln     denen es schwer fällt, einander zu ak‐
nicht mehr unterwirfst. Aber Du steht      zeptieren, neue Wege zueinander. Sei
für den neuen Frieden ein, nämlich den     Schutz und Schild den Brüdern und
Frieden, der zwischen allen Menschen       Schwestern, die unter Gefahr für Leib
herrschen soll. Nur so können wir auf      und Leben im Glauben an dich festhal‐
Fremde zugehen, ihnen Gottes Liebe         ten.
und Barmherzigkeit nahe bringen, da‐                              Angelika Krakau
                                                                              15
REFORMATIONSFEST –       . OKTOBER

   Andacht zum Reformationstag
   „... und werden ohne Verdienst ge‐          Gottesdienst, starke Lieder, tolle Mu‐
   recht aus seiner Gnade.“ (Römer             sik, befreiende Botschaft aus dem Rö‐
   3,24a)                                      merbrief,    evangelisches      Selbstbe‐
                                               wusstsein. Oder? Ja, natürlich! Das
   Das ist die Botschaft des Reformati‐        Selbstbewusstsein der beschenkten
   onstages, die Botschaft Martin Luthers      und befreiten Kinder Gottes! Nicht
   und der anderen Reformatoren. Nein,         konfessionell verengt, das haben wir
   genauer: Es ist die Botschaft der Bibel,    doch lange hinter uns. Hoffe ich.
   Worte des Apostel Paulus, die allen              Reformation. Erneuerung. Neue
   Christenmenschen seit der Zeit der Ur‐      Wege. Neue Anfänge. Und ganz neue
   kirche hätten bekannt sein können,          Möglichkeiten des Handelns. Das
   und die doch untergegangen waren im         möchte ich erklären. Wer seine Hände
   täglichen Leistungseinerlei der Ge‐         braucht, weil er meint, er müsse Gott
   meinden.                                    etwas bringen, damit Gott ihn liebt,
       Paulus schrieb also Worte an die        der hat seine Hände nicht frei.
   Gemeinde in Rom, die Jahrhunderte                Wer aber weiß und glaubt und da‐
   lang keine Beachtung fanden und wohl        mit lebt, dass Gott uns Menschen liebt,
   auch nicht finden sollten. Bis der ver‐      so wie wir sind, ohne Vorbedingungen
   zweifelt suchende Mönch aus Witten‐         und ohne Vorleistungen, der hat seine
   berg zum richtigen Zeitpunkt die richti‐    Hände frei, um damit tausend gute
   ge Seite in seiner Bibel aufschlug und      Dinge zu tun. Der kann den Mit‐
   las: „... und werden ohne Verdienst ge‐     menschen entdecken, der dringend
   recht aus seiner Gnade.“ Ihm ging das       Hilfe braucht, weil er um einen lieben
   Licht seines Lebens auf. Und ich könn‐      Angehörigen trauert. Tröstende Hände
   te mir vorstellen, dass er fröhlich durch   sind gefragt. – Der kann den Mit‐
   das Kloster gerannt ist, und dass er je‐    menschen entdecken, der dringend
   dem, der es nicht hören wollte, immer       Hilfe braucht, weil die Gleichgültigkeit
   und immer wieder seine Erleuchtung          dieser Zeit ihn verletzt hat. Heilende
   auf die Nase gebunden hat. „He, Mit‐        Hände sind gefragt. – Der kann den
   bruder: ohne Verdienst, aus Gnade!“         Mitmenschen entdecken, der dringend
   Ich möchte mir den Bruder Martinus so       Hilfe braucht, weil er krank geworden
   vorstellen, weil genauso die Botschaft      ist. Pflegende Hände sind gefragt. – Der
   von der unverdienten Gnade Gottes           kann den Mitmenschen entdecken, der
   funktioniert: Hören oder lesen, verste‐     dringend Hilfe braucht, weil eine un‐
   hen, mit dem eigenen Leben in Zusam‐        menschliche Gesellschaft ihn fallen
   menhang bringen und weitersagen in          lässt. Kämpfende Hände sind gefragt. –
   Wort und Tat. „He, Mitbruder, Mit‐          Der kann den Mitmenschen entde‐
   schwester: ohne Verdienst, aus Gna‐         cken, der dringend Hilfe braucht, weil
   de!“                                        er als Flüchtling in unserem Land lebt
       Also: Reformationstag. Festlicher       und voller Angst ist. Schützende Hände

   16
REFORMATIONSFEST –         . OKTOBER

                               sind gefragt. – Ihr Lieben, jede und je‐        mit unseren Erfolgen und unseren Nie‐
                               der von uns hat Augen und Ohren, um             derlagen, in Gesundheit und Krankheit,
                               für sich herauszufinden, was er oder             an guten und an schweren Tagen.
                               sie mit den frei gewordenen Händen                  Dass dies so ist und dass wir darauf
                               Gutes tun kann.                                 unser Leben aufbauen können – auch
                                   „... und werden ohne Verdienst ge‐          das Leben unserer Kirche –, dafür steht
                               recht aus seiner Gnade.“ Diese Lebens‐          der gerade, dessen Zeichen das Kreuz
                               botschaft erzählen wir einander und             von Golgatha ist. Und von dem es in
                               anderen mit Herzen, Mund und Hän‐               der Antwort auf die erste Frage des
                               den. Und da hat unsere Phantasie kei‐           Heidelberger Katechismus heißt, dass
                               ne Grenzen, und unsere Kräfte bekom‐            er unser einziger Trost im Leben und
                               men Flügel, und Gott selbst macht uns           im Sterben ist.
                               Feuer, damit wir die Botschaft von der              Ihr Lieben, lasst uns immer wieder
                               unverdienten Gnade im Alltag leben.             fröhlich unseren Reformationstag be‐
                                   Reformationstag. Erinnerung an die          gehen, weil wir wirklich allen Grund
                               Väter und Mütter der Kirche. Dankba‐            zum Feiern haben. Und die Freude die‐
                               res Gedenken an ihre Worte und Taten.           ses Tages und seiner Botschaft soll uns
                               Aber auch und vor allem: neu darüber            in den Alltag hinein begleiten. Amen.
                               nachdenken, welche Möglichkeiten
                               uns Gott schenkt.                               Liedvers
                                   Von Schuld befreit, atmen wir auf.
                               Unser Gang wird aufrecht und gerade.            Es ist das Heil uns kommen her / von
                               Kräfte werden frei, unser eigenes Le‐           Gnad und lauter Güte; / die Werk, die
                               ben zu gestalten. Hände werden frei,            helfen nimmermehr, / sie können nicht
                               dem Nächsten zu helfen. Und im Le‐              behüten. / Der Glaub sieht Jesus Chris‐
                               ben und im Sterben sind wir absolut             tus an, / der hat für uns genug getan, /
                               geborgen bei dem, der uns liebt. Der            er ist der Mittler worden. (EG 342,1)
                               uns wirklich und wahrhaftig liebt, mit
                               unseren Stärken und Schwächen, mit              Gebet
                               unserer Angst und unserer Hoffnung,
                                                                               Unser Vater im Himmel. Geheiligt wer‐
                                                                               de dein Name. Dein Reich komme.
Foto: epd‐Bild / Steffen Schellhorn

                                                                               Dein Wille geschehe, wie im Himmel,
                                                                               so auf Erden. Unser tägliches Brot gib
                                                                               uns heute. Und vergib uns unsere
                                                                               Schuld, wie auch wir vergeben unsern
                                                                               Schuldigern. Und führe uns nicht in
                                                                               Versuchung, sondern erlöse uns von
                                                                               dem Bösen. Denn dein ist das Reich
                                                                               und die Kraft und die Herrlichkeit in
                                                                               Ewigkeit. Amen.
                                                                                                   Johannes de Kleine
                               Luthergarten mit „Himmelskreuz“ in Wittenberg
                                                                                                                    17
DRITTLETZTER SONNTAG DES KIRCHENJAHRES – . NOVEMBER

   Andacht für den 7. November 2021
   Fast am Ende des Kirchenjahres ange‐                                    und an Schwerem, schauen aber auch
   kommen, geht es um unsere Hoffnung                                       zugleich auf die Zukunft und das, was
   und um Frieden. Und so sind die Pre‐                                    wir uns für sie wünschen bzw. er‐
   digttexte für diesen Sonntag, dessen                                    hoffen oder was uns für sie in Aussicht
   Motto „Leben in der Hoffnung auf das                                     gestellt wird.
   Reich Gottes“ lautet, angefüllt mit Be‐                                     Fast am Ende des Kirchenjahres
   griffen wie Hoffnung, Frieden, Gerech‐                                    weisen uns die biblischen Texte darauf
   tigkeit, Barmherzigkeit und Güte. Die                                   hin. Und es ist ebenso eine Zeit, dar‐
   Welt vergeht, aber als Christen sollen                                  über nachzudenken, etwas zu verän‐
   wir uns die Hoffnung auf ein neues, ein                                  dern im eigenen Leben. Wir sind aufge‐
   anderes Leben bewahren, auf ein Le‐                                     fordert, darüber nachzudenken, was
   ben im Friedensreich Gottes. Dort wird                                  wir tun können, um zum Frieden beizu‐
   es keine Kriegswaffen mehr geben,                                        tragen, Streitigkeiten zu beenden, dem
   schreiben die Propheten Micha und Je‐                                   anderen die Hand zu reichen, statt eine
   saja, denn Völker und Nationen „wer‐                                    Versöhnung auszuschlagen.
   den ihre Schwerter zu Pflugscharen                                           Wenn wir fast am Ende dieses Kir‐
                                                                           chenjahres zurückblicken auf die ver‐
                                                                           gangenen Monate, dann denke ich vor
                                                                           allem an die segensreichen Impfstoffe
                                                                           gegen das Coronavirus, die vielen eine
                                                                           relativ hohe Sicherheit geben, nicht
                                                                           schwer an Covid‐19 zu erkranken. Ich
                                         Foto: Capri23auto / pixabay.com

                                                                           denke aber auch an die vielen Men‐
                                                                           schen, die an diesem Virus weltweit
                                                                           gestorben sind. Ich denke an das Weih‐
                                                                           nachtsfest ohne Gottesdienste in unse‐
                                                                           ren Kirchen, an so vieles, was gefehlt
                                                                           hat in den Wintermonaten an Nähe,
                                                                           aber auch an Verständnis füreinander.
   machen und ihre Spieße zu Si‐                                               Ich denke an die entsetzliche Hoch‐
   cheln“ (Micha 4,3; Jesaja 2,4).                                         wasserkatastrophe im Juli, die wir
      Fast am Ende des Kirchenjahres an‐                                   Menschen durch unser Handeln in den
   gekommen, geht es auch um Rückblick                                     vergangenen Jahrzehnten letztendlich
   und Ausblick, ähnlich wie beim Jahres‐                                  mitverschuldet haben. Viele Menschen
   wechsel oder zum Geburtstag bzw. ei‐                                    haben ihr Leben verloren und noch
   nem Jubiläum. Wir blicken zurück auf                                    mehr ihr ganzes Hab und Gut. Ich sehe
   das zu Ende gehende Jahr, Jahrzehnt                                     die schrecklichen Bilder der Verwüs‐
   oder die ihrem Abschluss entgegenge‐                                    tung vor meinem geistigen Auge. Wir
   hende (Lebens‐)Zeit und ziehen ein Re‐                                  müssen dringend handeln, um die Welt
   sümee. Überlegen, was war an Gutem                                      zu erhalten, damit sie weiterhin für

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DRITTLETZTER SONNTAG DES KIRCHENJAHRES – . NOVEMBER

Menschen, Tiere und Pflanzen einiger‐        rechtigkeit und Friede sich küssen;
maßen lebbar und lebenswert bleibt.         dass Treue auf der Erde wachse und
    Ich denke an den Einsatz der            Gerechtigkeit vom Himmel schaue;
gemeinsam mit der            in Afghani‐    dass uns auch der H    Gutes tue, und
stan, der im Sommer nach 20 Jahren so       unser Land seine Frucht gebe; dass
unrühmlich zu Ende gegangen ist. Er         Gerechtigkeit vor ihm her gehe und
hat viele Menschenleben gekostet und        seinen Schritten folge.“ (Psalm 85,9–
wird es noch. Die Dramen, die sich auf      14)
dem Flughafen in Kabul zugetragen
haben, bleiben im Gedächtnis. Die           Liedverse
Angst und Verzweiflung der dort zu‐
rückgelassenen Menschen sind für uns        Es wird sein in den letzten Tagen, / so
hier kaum vorstellbar. Welche Fehler        hat es der Prophet geschaut, / da wird
wurden gemacht? Wer hat sich schul‐         niemand Waffen mehr tragen, / deren
dig gemacht? Wie können wir das Blatt       Stärke er lange vertraut. / Schwerter
noch wenden? Warum ist es so schwer,        werden zu Pflugscharen, / und Krieg
Frieden zu machen und ihn zu halten?        lernt keiner mehr. / Gott wird seine
Was braucht jede und jeder von uns,         Welt bewahren / vor Rüstung und
damit wir einander und denen, die uns       Spieß und Speer. / Auf, kommt herbei! /
fremd sind, die Hand reichen und mit‐       Lasst uns wandeln im Lichte des Herrn!
einander tun als gegeneinander? War‐
um streben wir immer eher danach,           Kann das Wort von den letzten Tagen /
besser zu sein und mehr zu haben als        aus einer längst vergangnen Zeit / uns
der andere? Wie wunderbar wäre es,          durch alle Finsternis tragen / in die Got‐
wenn wir die Welt verändern würden,         tesstadt, leuchtend und weit? / Wenn
nur ein wenig, jeder und jede an der ei‐    wir heute mutig wagen, / auf Jesu Weg
genen Stelle, in der eigenen Umge‐          zu gehn, / werden wir in unsern Tagen /
bung. Wie wunderbar wäre es, wenn           den kommenden Frieden sehn. / Auf,
wir uns dann alle irgendwann irgend‐        kommt herbei! / Lasst uns wandeln im
wo treffen würden ohne Vorurteile,           Lichte des Herrn. (EG 426,2.3)
trotz aller Schuld, die wir auf uns gela‐
den haben, aber frei dazu, sie abzule‐      Gebet
gen vor Gott, und befreit und mutig
den Weg Jesu zu gehen. So höre ich          Gott allen Lebens, du weckst Sehn‐
die Worte aus Psalm 85: „Könnte ich         sucht nach Erneuerung unserer Welt,
doch hören, was Gott der H        redet,    nach Frieden und Leben in deinem
dass er Frieden zusagte seinem Volk         Geist. So lass uns erkennen, wo dein
und seinen Heiligen, damit sie nicht in     Reich heute schon unter uns ist, damit
Torheit geraten. Doch ist ja seine Hilfe    wir ermutigt werden, Zeichen deiner
nahe denen, die ihn fürchten, dass in       Zukunft zu setzen und auf dein Heil zu
unserm Lande Ehre wohne; dass Güte          warten für unsere ganze Erde. Amen.
und Treue einander begegnen, Ge‐                                   Angelika Krakau
                                                                                   19
VORLETZTER SONNTAG DES KIRCHENJAHRES –             . NOVEMBER

   Andacht für den 14. November 2021
   So spricht der H : Wo ist jemand,          auf, dass man alles kann und alles ver‐
   wenn er fällt, der nicht gern wieder       mag und ganz gewiss Herr der Lage ist.
   aufstünde? Wo ist jemand, wenn er ir‐      Zugleich vergisst man darüber die
   regeht, der nicht gern wieder zurecht‐     grundlegende Forderung Gottes, dass
   käme? Warum will denn dies Volk irre‐      man nämlich zuallererst für Recht und
   gehen für und für? Sie halten so fest      Gerechtigkeit zu sorgen habe. Und das
   am falschen Gottesdienst, dass sie         meint im Kontext des Alten Testamen‐
   nicht umkehren wollen. Ich sehe und        tes immer: Dass man für soziale Ge‐
   höre, dass sie nicht die Wahrheit re‐      rechtigkeit zu sorgen habe. Man rühmt
   den. Es gibt niemand, dem seine Bos‐       sich nur der eigenen Weisheit und Stär‐
   heit leid wäre und der spräche: Was        ke – und gerät gerade damit schließlich
   hab ich doch getan! Sie laufen alle ih‐    in die Gottesferne, gerät in die Gottlo‐
   ren Lauf wie ein Hengst, der in der        sigkeit. Eine Gesellschaft ohne Gott ist
   Schlacht dahinstürmt. Der Storch un‐       aber vor allen Dingen eine Gesell‐
   ter dem Himmel weiß seine Zeit, Tur‐       schaft, die am Ende unmenschlich wird.
   teltaube, Kranich und Schwalbe halten          Manches Mal habe ich das Gefühl,
   die Zeit ein, in der sie wiederkommen      dass wir auch heute wieder auf mehr
   sollen; aber mein Volk will das Recht      als nur eine einzige Katastrophe zu‐
   des H       nicht wissen. (Jeremia 8,4–    steuern. Um nur ein Beispiel zu nen‐
   7)                                         nen: In aller Munde ist ja schon seit
                                              langem etwa der Klimawandel, dessen
   Aus diesen Worten klingt eigentlich        Auswirkungen auf unser Leben, ja für
   nichts Hoffnungsvolles heraus. Längst       das Überleben der Menschheit über‐
   hat der Prophet Jeremia es aufgege‐        haupt, im Augenblick noch gar nicht
   ben, noch daran zu glauben, dass seine     abzuschätzen sind. Die Zeichen sind
   Zeitgenossen einen Ruf zur Umkehr          überdeutlich! Dennoch gibt es nach
   hören könnten. Längst ist Jeremia ge‐      wie vor unglaublich viele Menschen,
   wiss: Das Unheil kommt unvermeidlich,      die alles einfach schönreden, die so
   es kann nicht mehr aufgehalten wer‐        tun, als seien alle Warnungen doch nur
   den, die Katastrophe ist längst in Gang    Hirngespinste. Und Hand auf’s Herz:
   gesetzt. Alles, was Jeremia nun nur        Wir selbst müssen uns ja durchaus ge‐
   noch tun kann, ist der Versuch, Einsicht   fragt sein lassen, ob wir eigentlich für
   in die Ursachen der Kommenden zu er‐       uns überhaupt schon Konsequenzen
   wecken: Die Einsicht, dass das bevor‐      gezogen haben. Tragen wir selbst mit
   stehende Unheil seinen Grund darin         der Weise, wie wir leben, etwas dazu
   hat, dass die Gesellschaft seiner Zeit     bei, dass diese drohende Katastrophe
   sich mehr und mehr von Gott abge‐          ausbleibt? Oder bleiben auch wir blind
   wandt hat: Man vertraut vor allen Din‐     für die Katastrophe? Machen wir es
   gen auf die eigenen Fähigkeiten, auf       vielleicht so wie Kinder, die sich die Au‐
   die eigene Stärken; man vertraut dar‐      gen zuhalten und glauben, wenn sie
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VORLETZTER SONNTAG DES KIRCHENJAHRES –                . NOVEMBER

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Foto: Kranich17 / pixabay.com

                                                                       den an dem, was Menschen sich einan‐
                                                                       der antun, er entspringt Gottes Mitlei‐
                                                                       den mit seiner gequälten Schöpfung.
                                                                       Aber gerade darum ist Gottes Zorn
                                                                       auch kein lange währender. Und erst
                                                                       recht nicht ist Gottes Zorn seine end‐
                                                                       gültige Antwort auf menschliches Ver‐
                                                                       halten. Vielmehr hat Israel die Erfah‐
                                                                       rung gemacht, dass menschliche
                                                                       Schuld Gottes Liebe und Gottes Treue
                                                                       niemals auslöschen können. Israel hat
                                                                       die Erfahrung gemacht, dass Gottes ei‐
                           selbst nichts sehen, dass sie dann auch     gentliche Antwort auf unsere Schuld
                           nicht gesehen werden können?                seine Liebe ist. Gott ist barmherzig,
                               Es stellt sich dabei immer wieder       Gott schafft Recht und Gerechtigkeit.
                           die Frage: Ist die drohende Katastro‐       Das ist Gottes Antwort auf die Un‐
                           phe unausweichlich, oder können wir         barmherzigkeit, Rechtlosigkeit und Un‐
                           ihr entgegensteuern? Sind wir wirklich      gerechtigkeit der Menschen.
                           bereit, etwas zu ändern, besonders:
                           uns selbst zu ändern? Oder siegt am         Liedvers
                           Ende unser Beharrungsvermögen über
                           unsere Einsicht?                            Gib Frieden, Herr, wir bitten! / Du
                               Für seine Zeit hat Jeremia die Frage    selbst bist, was uns fehlt. / Du hast für
                           beantwortet. Aber gerade darum              uns gelitten, / hast unsern Streit er‐
                           müsste seine Verkündigung uns heute         wählt, / damit wir leben könnten, / in
                           eigentlich als völlig trost‐ und hoff‐       Ängsten und doch frei, / und jedem
                           nungslos erscheinen, wenn sie nicht ei‐     Freude gönnten, / wie Feind er uns
                           ne Fortsetzung, eine Nachgeschichte         auch sei. (EG 430,3)
                           erfahren hätte. Es hat ja seinen guten
                           Grund, warum das Volk Israel diese          Gebet
                           Worte durch die Zeiten hindurch über‐
                           liefert hat. Denn Israel hat zwar die Ka‐   Wir danken dir, Gott, dass du uns nicht
                           tastrophe des Exils erfahren müssen,        uns selbst überlässt, sondern uns im‐
                           aber dann doch auch noch einmal ganz        mer wieder nahe kommst. So kommen
                           andere Erfahrungen gemacht: Das Un‐         wir heute zu dir und bitten dich, dass
                           heil währt nicht ewig, sondern durch        wir dein Wort nicht nur hören, sondern
                           das Unheil hindurch hat Israel schließ‐     auch tun. Lass uns die Zeit, die du uns
                           lich doch wieder Gottes gute Zuwen‐         schenkst, für andere nutzen, und die
                           dung spüren dürfen.                         Gaben, die du uns gibst, zum Wohle
                               Gottes Zorn ist kein blindwütiger       unseres Nächsten einsetzen. Amen.
                           Zorn, sondern er entspringt Gottes Lei‐                             Christian Justen
                                                                                                             21
AMTSHANDLUNGEN

                      Die Amtshandlungen werden
                    aus Gründen des Datenschutzes
                 nur in der Print‐Ausgabe veröffentlicht.

                                            Der Herr aber richte
                                                eure Herzen aus
                                            auf die Liebe Gottes
                                            und auf das Warten
                                                    auf Christus.
                                 2. Thessalonicher 3,5 – Monatsspruch November 2021

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NACHRUF

                                                       Fürchte dich nicht,
                                                denn ich habe dich erlöst;
                                                ich habe dich bei deinem
                                             Namen gerufen, du bist mein!
                                                             (Jesaja 43,1)

         Die Evangelische Kirchengemeinde Übach‐Palenberg
      nimmt in Trauer, aber auch voller Dankbarkeit, Abschied von

                    Wolfgang Engel
                    * 26. August 1947   † 21. Juli 2021

 der nach langer schwerer Krankheit im Alter von 73 Jahren gestorben ist.
Ab 1992 war Wolfgang Engel fast 20 Jahre lang Mitglied des Presbyteriums,
   zunächst in der damaligen Kirchengemeinde Übach‐Palenberg‐West,
   dann ab 2007 in der vereinigten Kirchengemeinde Übach‐Palenberg.
     Zudem war er Vorsitzender des Ev. Gemeindevereins Marienberg.

 Ganz besonders am Herzen lag ihm die Kinder‐ und Jugendarbeit, die er
  tatkräftigst unterstützte. Aber auch in vielen anderen Bereichen des
  Gemeindelebens engagierte er sich mit großer Hilfsbereitschaft und
      Leidenschaft. Seinem Nachnamen machte er dabei alle Ehre!

  Kennzeichnend für ihn waren seine Fröhlichkeit, seine Freundlichkeit
und sein großer Humor, der ihn auch in schwierigen Zeiten niemals verließ.

             Unsere Gedanken sind bei seinen Angehörigen.
         Wir wünschen ihnen Kraft und Geborgenheit durch den,
            der unser einziger Trost ist im Leben und Sterben.

Das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Übach‐Palenberg

   Pfarrer Christian Justen                               Gerd Schindler
   Vorsitzender des Presbyteriums                          Kirchmeister

                                                                             23
KONFIRMATIONEN

   Konfirmationen am 12. September 2021

                            Die Fotos unserer
                  Konfirmandinnen und Konfirmanden
                 werden aus Gründen des Datenschutzes
                 nur in der Print‐Ausgabe veröffentlicht.

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GOTTESDIENSTE

                               Übach-Palenberg          Geilenkirchen               Gangelt-Selfkant-
                                                                                    Waldfeucht
                               10 Uhr                   Teveren 9 Uhr               nur Bocket (!) 10 Uhr
                                                        Geilenkirchen 10.15 Uhr

 3. Oktober                    Krakau                   Aktuelle Informatio-        Schoenen
 Erntedank                     11 Uhr Übach             nen auf der Webseite        11 Uhr
                                                        der Kirchengemeinde:
                                                        www.ekir.de/geilenkirchen   13 Uhr
                                                                                    Konfirmationen
 10. Oktober                   de Kleine                                            Benz
 19. Sonntag n. T.             Übach
                               450 Jahre Emder Synode
 17. Oktober                   Justen                                               —
 20. Sonntag n. T.             Übach
                               Herbstkirche
 24. Oktober                   Krakau                                               Schoenen
 21. Sonntag n. T.             Übach
 31. Oktober                   Krakau                                               Schoenen
 Reformationsfest              Übach
 7. November                   Justen                                               Schoenen
 Drittl. S. d. Kirchenjahres   Übach
 14. November                  Justen                                               Benz
 Vorl. S. d. Kirchenjahres     Übach
 17. November                  de Kleine                                            Schoenen
 Buß- und Bettag               19 Uhr Übach                                         19 Uhr
 21. November                  Krakau                                               Schoenen
 Ewigkeitssonntag              Übach
 28. November                  Justen                                               Benz
 1. Advent                     Übach
 5. Dezember                   Krakau                                               Schoenen
 2. Advent                     Übach
Für die Präsenzgottesdienste in Übach‐Palenberg gilt die „3G‐Regel“:
Bitte bringen Sie einen Immunisierungsnachweis oder einen negativen Test mit.
Um Anmeldung wird dringend gebeten!

Die Kirchen finden Sie unter                             • Ev. Kirche Geilenkirchen
folgenden Adressen:                                       Konrad‐Adenauer‐Straße 83,
                                                          52511 Geilenkirchen
• Christuskirche Frelenberg                             • Ev. Kirche Teveren
  Theodor‐Seipp‐Straße 5,                                 Welschendriesch 3, 52511 Geilenkirchen
  52531 Übach‐Palenberg                                 • Friedenskirche Gangelt
• Erlöserkirche Übach                                     Lohhausstraße 36, 52538 Gangelt
  Maastrichter Straße / Ecke Comenius‐                  • Geusenhaus Bocket
  straße, 52531 Übach‐Palenberg                           An der Flachsroth 2, 52525 Waldfeucht
                                                                                                            25
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