EVANGELISCH IN ÜBACH PALENBERG
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Kirchengemeinde Übach‐Palenberg EVANGELISCH Gemeindebrief der Evangelischen IN ÜBACH‐PALENBERG OKTOBER / NOVEMBER Grafik: sveta / stock.adobe.com ANDACHTEN FÜR DIE THEMA: SCHÖPFUNG, S. KOMMENDEN WOCHEN, S. KONFIRMATIONEN, S.
EDITORIAL Inhaltsverzeichnis Editorial Titelthema: Schöpfung ....................... Liebe Leserin, lieber Leser, Andachten ........................................... zumindest was das Kirchenjahr be‐ Amtshandlungen ............................... trifft, geht es nun langsam in den End‐ Nachruf .............................................. spurt: Erntedankfest, Reformations‐ Konfirmationen ......................... tag, Buß‐ und Bettag und der Ewig‐ Gottesdienste .................................... keitssonntag stehen nun noch „auf Besuchsdienst ................................... dem Programm“ – und wir hoffen, Familiengottesdienst ........................ dass wir all diese Tage wenigstens Kirche mit Kindern ............................ auch mit „richtigen“, mit Präsenz‐Got‐ Kinder‐ und Jugendarbeit ................. tesdiensten begehen können. Aber FSJler gesucht ................................... wer weiß, was die nächsten Wochen Ferienfreizeit im Sommer ......... noch an mehr oder weniger erfreuli‐ Jahre Emder Synode .................. chen Neuigkeiten bringen? Bethel‐Sammlung ............................. In den Blick gerät nun aber auch Lesetipp ............................................. schon die Adventszeit – und da wür‐ Kinderseite ........................................ den wir gerne schon mehr Sicherheiten Adressen und Telefonnummern ...... haben, was alles möglich sein wird und was nicht. Leider können wir dazu aber noch nichts sagen. Ob es einen Weih‐ nachtsmarkt geben wird, ist zumindest fraglich. Wie es mit dem Fenstersingen und dem Weihnachtsbaumverkauf aus‐ sieht, darüber wird noch zu beraten sein. Bitte achten Sie auf die Informa‐ tionen in der Tagespresse. Im Namen des Redaktionskreises wünsche ich Ihnen allen aber auf jeden Fall einen wunderschönen bunten Herbst – und natürlich eine vergnüg‐ liche Lektüre dieses Gemeindebriefes. Foto: Valiphotos / pixabay.com Impressum Der Gemeindebrief „Evangelisch in Übach‐Palenberg“ wird herausgegeben vom Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Übach‐Palenberg, vertreten durch den Vorsitzenden, Pfarrer Christian Justen. Redaktion: Jana Eickvonder, Christian Justen (v.i.S.d.P.), Renate de Kleine, Angelika Krakau Anschrift der Redaktion: Maastrichter Straße 47, 52531 Übach‐Palenberg Gestaltung: Christian Justen. Druck: Gemeindebriefdruckerei Harms, Martin‐Luther‐Weg 1, 29393 Groß Oesingen Auflage: 3 300 Bei der Gestaltung dieser Ausgabe kam ausschließlich Open‐Source‐Software (insbesondere Scribus, und unter Debian und Ubuntu) zum Einsatz. 2021 Oktober e nächst e Ausgabe: 31. hluss für di 2 Redaktionssc
THEMA: SCHÖPFUNG „... dass Gott mich geschaffen hat ...“ Sobald Theologiestudent:innen zu Be‐ suchen, Leben zu schaffen, wenn Men‐ ginn des Hebräisch‐Sprachkurses es schen sich an Gottes Stelle setzen wol‐ geschafft haben, sich die ungewohn‐ len, so hat dies verheerende Konse‐ ten hebräischen Schriftzeichen einiger‐ quenzen. Man denke an Mary Shelleys maßen anzueignen, folgt rasch der ers‐ „Frankenstein“ oder an die Legende te hebräische Satz, den sie lesen (und vom Golem oder auch an Fritz Langs auswendig lernen) dürfen: בראשית ברא „Metropolis“ und „Jurassic Park“! אלהים את השמים ואת הארץ. Auf Deutsch: Nun steckt ein biblisch begründeter „Am Anfang schuf Gott den Himmel Schöpfungsglaube schon seit Jahrhun‐ und die Erde.“ (1. Mose 1,1) Und sie ler‐ derten in einer Krise, jedenfalls dann, nen auch gleich schon eine wichtige wenn er annimmt, die biblischen theologische Einsicht kennen: Das Verb Schöpfungsberichte seien historische „ בראschaffen“ wird im Alten Testa‐ Dokumente. Ein englischer Theologe ment ausschließlich mit Bezug auf Gott des 17. Jahrhunderts hatte etwa ausge‐ verwendet. Menschen „machen“ in rechnet, dass Himmel und Erde am der Bibel etwas, sie „fertigen an“, sie 23. Oktober 4004 vor Christi Geburt „formen“, aber: Etwas zu „schaffen“, um 9.00 Uhr morgens geschaffen wur‐ das ist alleine Gott vorbehalten. Zu‐ den, und kein geringerer als Isaac New‐ gleich bleibt der Schöpfungsakt etwas ton machte sich später die Mühe, die Geheimnisvolles, Verborgenes wie „Berechnung“ zu überprüfen und das Schöpfung im biblischen Sinn vor sich Alter der Erde um 534 Jahre nach un‐ geht, das bleibt dem menschlichen ten zu „korrigieren“. Dieses angebliche Verstand verborgen. Wir können zwar „Wissen“ hielt sich sehr lange und sehr wissen, wie man ein Feld bestellt, wie hartnäckig, selbst als Charles Darwin man ein Haus baut, wie man ein Gefäß schon längst sein Werk „Von der Ent‐ aus Ton herstellt und vieles, vieles stehung der Arten“ veröffentlicht hat‐ mehr. Wie man aber etwas lebendig te, mit dem er die heute sog. Evoluti‐ macht – das bleibt uns Menschen ein onstheorie darlegte. Dass diese im Wi‐ Geheimnis. Dabei ist gerade dies schon lange ein Wunsch‐ traum, den nicht we‐ nige hegten und he‐ gen. Seinen Nieder‐ schlag hat das in Literatur und Kunst gefunden, in der Re‐ gel jedoch verbun‐ den mit der Einsicht: Wenn Menschen ver‐ Michelangelo: Die Erschaffung Adams 3
THEMA: SCHÖPFUNG worden – weswegen ausgerechnet Al‐ bert Einstein der Theorie sehr kritisch gegenüber stand, weil er befürchtete, über den Urknall solle gleichsam durch die Hintertür wieder der Schöpfungs‐ gedanke eingeführt werden. Was jedoch oft übersehen wird: Die Bibel beabsichtigt überhaupt nicht, ein historisches Bild von der Entstehung der Erde zu vermitteln. Das ist schon daran ersichtlich, dass sie nicht nur ei‐ nen Schöpfungsbericht enthält, son‐ dern gleich zwei (nachzulesen in den beiden ersten Kapiteln des 1. Buch Mo‐ se). Vergleicht man beide miteinander, fällt rasch auf, dass sie sich fundamen‐ tal widersprechen und ein jeweils ganz anderes Weltbild widerspiegeln. Ei‐ gentlich ist das verblüffend, würde man doch erwartet haben, dass dieje‐ nigen, welche die biblischen Erzählun‐ Die Erschaffung der Welt – Darstellung in der gen zu einem Buch vereint haben, bei‐ Lutherbibel von 1545 de Schöpfungsberichte zusammenge‐ derspruch zu den biblischen Schöp‐ fasst oder wenigstens harmonisiert fungsgeschichten steht, ist offenkun‐ hätten. Dass das nicht geschah, lässt dig, und in der Folge entwickelte sich darauf schließen: Für die biblischen ein bisweilen unversöhnlicher Streit Zeugen war das historische Wie der zwischen den Naturwissenschaften Weltentstehung weiter nicht von Be‐ und den Anhänger:innen eines biblizis‐ lang! Warum dann aber überhaupt tischen Weltbildes, der bis heute nach‐ Schöpfungsberichte in der Bibel? Der wirkt. In den etwa kämpfen sog. „Kreationisten“ dagegen, dass in den Schulen die Evolutionstheorie im Un‐ terricht vorkommt, und setzen dieser Wir fühlen, dass, selbst so abstruse Theorien wie „Intelligent wenn alle möglichen Design“ entgegen. Auch andere natur‐ wissenschaftlichen Fragen wissenschaftliche Erkenntnisse berei‐ ten manchen Christenmenschen beantwortet sind, Bauchschmerzen, beispielsweise die unsere Lebensprobleme sog. „Urknalltheorie“. Dabei war diese noch gar nicht sogar von einem belgischen Priester, berührt sind. nämlich Georges Lemaître, begründet Ludwig Wittgenstein 4
THEMA: SCHÖPFUNG Bibel geht es nicht um die Frage: „Wie ist es einmal gewesen?“ Sondern für die Bibel steht letztlich immer die Fra‐ ge im Mittelpunkt: „Worauf vertraust du in deinem Hier und Jetzt?“ Man könnte es vielleicht zugespitzt so ausdrücken: Naturwissenschaft fragt nach dem Wie. Der Glaube fragt nach dem Warum und Wozu, nach dem, was man heute oft als den „Sinn‐ des Lebens“ bezeichnet. In seinem Kleinen Katechismus er‐ klärt Martin Luther den ersten Artikel des Glaubensbekenntnisses so: „Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat Foto: epd‐Bild samt allen Kreaturen, mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne gegeben hat und noch erhält; [...] und das alles aus Albert Schweitzer. Motiv seines Handelns war die Ehrfurcht vor dem Leben. lauter väterlicher, göttlicher Güte und Barmherzigkeit, ohn all mein Verdienst und Würdigkeit“. Damit wird deutlich: Leben, es geht um mich. Es geht dar‐ Es geht beim biblischen Schöpfungsge‐ um, dass ich als kleiner Mensch ein von danken eben auch um mein eigenes Gott geliebtes Geschöpf bin – genau so wie jedes andere Geschöpf. Schöp‐ fungsglaube stellt sich so nicht gegen naturwissenschaftliche Erkenntnis, vielmehr geht es ihm darum, aller Schöpfung, allem Leben einen Wert zuzusprechen. In besonderer Weise ist dies etwa beim Theologen und Arzt Al‐ bert Schweitzer zu erkennen, dessen ganzes Handeln und Wirken von seiner Ehrfurcht vor dem Leben geprägt war. Man kann die Entstehung der Welt und des Lebens vielleicht erklären, oh‐ ne einen Schöpfer bemühen zu müs‐ sen. Wer aber Gott den Schöpfer ganz außen vorlässt, riskiert damit, die Welt zu einem kalten, lieblosen und letztlich unmenschlichen Ort werden zu lassen. Christian Justen Charles Darwin, Begründer der Evolutionstheorie 5
THEMA: SCHÖPFUNG Was bedeutet für uns Schöpfung? Schöpfung – was ist das eigentlich? nen oder zu wollen. Diese Diffe‐ Was bedeutet das eigentlich? Es macht renzierung existierte schon in der Sinn, zunächst nach Herkunft und Um‐ Antike und verstärkte sich, als in fang des Begriffes in der deutschen Europa in der Neuzeit naturwissen‐ Sprache zu fragen, um festzustellen, schaftliche Erkenntnisse in Wider‐ was darunter eigentlich alles verstan‐ spruch gerieten zu wörtlich verstande‐ den wird. Mit „die Schöpfung“ ist in nen Texten der Bibel. vielen spirituellen Weltanschauungen Der altgriechische Begriff „Gene‐ und allen Weltreligionen meist das ge‐ sis“, namensgebend für das erste Buch samte Universum gemeint, weil davon Mose, das den biblischen Schöpfungs‐ ausgegangen wird, dass das Univer‐ bericht enthält, kann etwa mit sum (lat. „die Gesamtheit“ oder ein‐ „Entstehung“, „Schöpfung“, „Ur‐ fach „Alles“) von einer übersinnlichen sprung“ oder Geburt übersetzt wer‐ göttlichen Macht erschaffen wurde. den. Hier wird deutlich, dass unter Schöpfung ist in diesem Fall also in ers‐ Schöpfung explizit nicht nur ein Er‐ ter Linie ein Glaubensbegriff für Welt gebnis, sondern zugleich auch dessen und Weltall, auch wenn die mythischen Entstehungsprozess verstanden wird. Erzählungen in den einzelnen Religio‐ Als „eine Schöpfung“ beschreibt nen unterschiedlich gestaltet sind. der Begriff grundlegend einen zumeist Konkreter bezeichnet „die Schöpfung“ kreativen Prozess, also einen Vorgang, nach speziell christlichem Verständnis in dem etwas Neues entsteht. Dies des Ergebnis der biblischen Schöp‐ macht zugleich deutlich, dass diese fungsgeschichte. „Die Schöpfung“ Form von Schöpfung etwas ist, was setzt einen Schöpfer oder eine Schöp‐ nur der Mensch – biblisch als Ebenbild ferin voraus, während die Philosophie Gottes – leisten kann. Die Erkenntnis, in der Metaphysik neutraler eben von dass der Mensch in diesem Sinne als Universum spricht, ohne dessen komplexestes intelligentes Wesen Ursprung endgültig erklären zu kön‐ „Krone der Schöpfung“ ist, hat lange Zeit aber auch als überhebliche Fehlentwicklung dazu geführt, dass die Menschheit rücksichtslos die Erde ausgebeutet hat. Der sprachliche Ursprung des Begriffs „Schöpfung“ liegt in jenen Zeiten, als das lebensnotwendige Wasser nicht einfach aus der Leitung kam, sondern mühevoll vom Brunnen geholt werden musste. Als Sprichwort ist uns „aus dem Vollen schöpfen“ geläufig. Das Gerät, mit dem geschöpft wurde, ist 6
THEMA: SCHÖPFUNG der „Schoppen“. mitmachen, auch wenn dies zunächst Soweit sich „die Schöpfung“ nur auf einige Unannehmlichkeiten mit sich die Erde bezieht, ist spätestens seit bringt. Auch kleine Schritte summieren 1945 und dem Abwurf der Atom‐ sich, angefangen von der Anschaffung bomben auf die beiden japanischen eines energiesparenden Kühlschrankes Städte Hiroshima und Nagasaki klar, über den Einsatz von Recyclingpapier. dass die Menschheit in der Lage ist, die Eine andere mögliche Maßnahme ist irdische Schöpfung vollständig und die kritische Überprüfung des eigene unwiederbringlich zu vernichten. Konsum‐ und Mobilitätsverhaltens. Schon rund 100 Jahre früher, im Muss die Autofahrt wirklich sein, oder Zeitalter der Industrialisierung, traten geht es auch mit dem Rad oder erste Probleme auf. Zunehmende Luft‐ öffentlichen Verkehrsmitteln? verschmutzung, der Abfall der wach‐ „Ihr habt doch gewusst, was senden Städte und ungeklärte Ab‐ geschieht, es stand doch in allen wässer machten erstmals deutlich, Medien! Warum habt ihr nichts dass der Mensch seine Umwelt mit getan?“ „Ihr habt doch gesehen, wie dem zunehmenden Fortschritt nicht die Orte am Tagebau abgebaggert nur in positiver Weise verändert. worden sind. Warum habt ihr nicht So ist in den frühen 70er Jahren das demonstriert, warum habt ihr nicht Verständnis gewachsen, dass der anders gewählt?“ Die Frage nach dem Mensch nicht nur Krone der Schöpfung persönlichen und politischen Verhalten ist, sondern vielmehr ein Teil. Diese in Sachen Bewahrung der Schöpfung kybernetischen Bezüge und die Pro‐ werden wir uns eines Tages von bleme wurden vom Club of Rome unseren Kindern und Enkeln unter erstmals unter dem Titel „Grenzen des Umständen genauso stellen lassen Wachstums“ benannt. Zunehmend müssen, wie unsere Eltern ihre Eltern wurde klar, dass die Ressourcen auf zum Verhalten in der ‐Diktatur der Erde endlich sind und die Erde ein kritisch befragt haben. empfindliches Ökosystem ist, das auf Angelika Krakau kleine Veränderungen massiv reagiert. Der Begriff Umweltschutz fand lang‐ sam Eingang in die öffentliche Debatte. In christlicher Terminologie bedeutet Bewahrung der Schöpfung in diesem Sinne zunächst den Erhalt der Lebensgrundlagen der Menschheit. Die Herausforderung „Bewahrung der Schöpfung“ ist sowohl eine „Wir gehen mit dieser politische wie persönliche, eine natio‐ Welt um, als hätten wir nale wie auch internationale. Retten noch eine zweite können wir die Welt nur gemeinsam, im Kofferraum.“ und jeder muss ein Stück weit Jane Fonda 7
ERNTEDANKFEST – . OKTOBER Andacht zum Erntedankfest Und es begab sich, als Jesus nach Jeru‐ aus der Mode gekommen zu sein, son‐ salem wanderte, dass er durch Sama‐ dern vor allen Dingen auch das, was rien und Galiläa hin zog. Und als er in dahinter steht: Nämlich die Dankbar‐ ein Dorf kam, begegneten ihm zehn keit gegenüber Gott. Dass wir all das, aussätzige Männer; die standen von was wir in unserem Leben haben, all ferne und erhoben ihre Stimme und das, was uns das Leben ermöglicht, al‐ sprachen: Jesus, lieber Meister, erbar‐ lein Gott verdanken, das ist eine Bot‐ me dich unser! Und als er sie sah, schaft, die heute kaum noch jemand sprach er zu ihnen: Geht hin und zeigt hören will. Vielleicht ist aber deshalb in euch den Priestern! Und es geschah, besonderer Weise die Frage zu stellen: als sie hingingen, da wurden sie rein. Welchen Zweck hat es eigentlich, Einer aber unter ihnen, als er sah, dass dankbar zu sein? er gesund geworden war, kehrte er Es ist ja eine Merkwürdigkeit der Er‐ um und pries Gott mit lauter Stimme zählung aus dem Lukasevangelium, und fiel nieder auf sein Angesicht zu dass von den zehn Aussätzigen nur ein Jesu Füßen und dankte ihm. Und das einziger zu Jesus zurückkehrt und Je‐ war ein Samariter. Jesus aber antwor‐ sus auch nur diesem einen zuspricht: tete und sprach: Sind nicht die zehn „Dein Glaube hat dir geholfen!“ Aber: rein geworden? Wo sind aber die Die Erzählung lässt mit keinem Wort neun? Hat sich sonst keiner gefunden, auch nur erahnen, dass die anderen der wieder umkehrte, um Gott die Eh‐ neun Aussätzigen nicht auch geheilt re zu geben, als nur dieser Fremde? worden wären. Am Ende sind sie alle Und er sprach zu ihm: Steh auf, geh gesund geworden, alle zehn! Da könn‐ hin; dein Glaube hat dir geholfen. (Lu‐ ten die neune sich ja durchaus fragen: kas 17,11–19) „Warum sollten wir die Mühe auf uns nehmen und uns bei Jesus bedanken? Ich kann mich noch erinnern, dass in Gesund geworden sind wir so und so. meiner Kindheit Erntedank eines der Wir haben es nicht schlechter als die‐ ganz, ganz großen Feste im Jahreslauf ser eine Samariter.“ war, dass die Kirche wunderschön ge‐ Vielleicht sind auch uns diese Fra‐ schmückt war, der Musikverein spielte, gen nicht so ganz fremd: „Welchen der Gesangverein sang, und kaum ein Sinn hat es, Gott gegenüber dankbar Platz war noch in der Kirche frei. zu sein? Welchen Sinn hat es über‐ Wie anders sieht es dagegen heut‐ haupt, an Gott zu glauben? Ist es denn zutage landauf, landab aus. Wir nicht so, dass all das in der Regel schmücken wohl noch jedes Jahr unse‐ nichts, aber auch rein gar nichts än‐ ren Abendmahlstisch, aber selbst in dert?“ Und andersherum müssen wir ja ländlichen Gegenden wird die Kirche auch zugleich oft die traurige Erfah‐ kaum voller als an anderen Tagen. rung machen: Gerade die Menschen, Nicht nur das Fest scheint mir jedoch die es am tollsten treiben, die auf 8
ERNTEDANKFEST – . OKTOBER nichts achten, denen jedes Gespür da‐ für abgeht, wem sie etwas zu verdan‐ ken haben, die nur auf sich selbst und ihr eigenes Wohlergehen fixiert sind, gerade die Menschen scheinen das meiste Glück im Leben zu haben, gera‐ de denen scheint es am allerbesten zu gehen. Jesus sagt zu dem Samariter, der zu ihm zurückgekehrt ist: „Dein Glaube hat dir geholfen.“ Was ist damit ge‐ meint? Glaube ist nicht gleichbedeu‐ Foto: Lotz tend mit Frömmigkeit, Glaube ist kein Tun, kein Handeln, sondern Glaube ist: trauen; Mut, meinen Lebensweg in der Vertrauen. An Gott zu glauben, das Gewissheit zu gehen, dass Gott mich meint: Ich vertraue darauf, dass Gott nicht allein gehen lässt; Mut, zu glau‐ der Grund meines Lebens ist. ben, zu hoffen, zu wissen, dass mich Und das ist der wesentliche Unter‐ nichts auf der Welt, weder Freude schied zwischen dem Samariter und noch Leid, von der Liebe Gottes tren‐ den neun anderen Geheilten: Sie alle nen kann. haben die Gesundung ihres Körper er‐ lebt, sie alle haben eine heilvolle Erfah‐ Liedvers rung gemacht. Aber allein der Samari‐ ter hat dieses Erlebnis nicht einfach so Nun preiset alle Gottes Barmherzig‐ hingenommen, sondern begriffen, dass keit! / Lob ihn mit Schalle, werteste derjenige, welcher ihm seine körperli‐ Christenheit! / Er lässt dich freundlich che Gesundheit geschenkt hat, dass zu sich laden; / freue dich, Israel, seiner der auch derjenige ist, der sein ganzes Gnaden. (EG 501,1) Leben heil machen kann. Er allein wagt es, von seinem eigenen Wege abzu‐ Gebet weichen, den Weg auf Gott hin zu ge‐ hen, sich und sein Leben in die Hand Wir danken dir, Gott, denn Du machst Gottes zu legen, sein ganzes Vertrauen uns lebendig. Erhalte uns im Glauben allein auf den menschgewordenen zum ewigen Leben. Deine Schöpfung Gott in Jesus Christus zu setzen. Dar‐ erzählt von Deiner Liebe für uns, ewi‐ aus, aus diesem Vertrauen, kann dieser ger Gott. Aus deinen Händen empfan‐ Mensch wirkliche Hilfe erfahren. gen wir, was uns leben lässt. Du gibst Für mich ist der Samariter so keine und wir haben die Fülle. Dank sei dir! mahnende Gestalt, die mich mit erho‐ Amen. benem Zeigefinger auffordert: „Sei Christian Justen Gott gegenüber dankbar.“ Sondern er macht mir Mut: Mut, auf Gott zu ver‐ 9
. SONNTAG NACH TRINITATIS – . OKTOBER Andacht für den 10. Oktober 2021 „Heile du mich, H , so werde ich sammen, der eine hat Auswirkungen heil; hilf mir, so ist mir geholfen“, auf die andere und umgekehrt. heißt es im Wochenspruch aus dem Und was ist, wenn die Gesundheit Buch des Propheten Jeremia. Heil und nicht wiederhergestellt werden kann? Heilung, das ist das Thema dieses Während ich diese Andacht schreibe, Sonntags. finden die Paralympics (die olympi‐ Heilung ist mehr als Gesundheit. schen Spiele für Sportler:innen mit Be‐ Das erfahren die Menschen, die Gott hinderung) in Tokio statt. Da zeigen und vor allem dem in Jesus Christus Menschen, die nicht mehr am Körper menschgewordenen Gott gegenüber‐ gesunden können, was sie leisten kön‐ treten und ihn um Gesundheit bitten, nen. Da geht es nicht um Unversehrt‐ immer wieder. Es geht um mehr als heit, sondern darum, das, was fehlt, wieder laufen oder sehen zu können. anzunehmen und sein Leben dennoch Es geht um mehr als seine Epilepsie zu zu bestehen. Es geht darum, seinen überwinden oder dass der eiternde Körper (und auch Geist) so zu nehmen, Ausschlag geheilt wird. Es geht sogar zu akzeptieren und vielleicht sogar zu um mehr als von den Toten wieder auf‐ lieben, wie er jetzt ist: stumm, blind, erweckt zu werden, wie Lazarus es er‐ taub oder mit fehlenden Gliedmaßen, lebt hat. Heilung geht tiefer. Heilung eben körperlich oder seelisch einge‐ bezieht die Seele, unser Innerstes mit schränkt. Heilung findet im Kopf und ein, bleibt nicht am Äußerlichen ste‐ im Herzen statt, glaube ich. Und das ist hen. So wie sich Heilung und Gesund‐ ebenso wichtig für diejenigen, die per heit gegenüberstehen und doch mit‐ Definition als gesund oder unversehrt einander verbunden sind, stehen sich gelten. Außerdem wissen wir, wie Krankheit und Sünde gegenüber und schnell sich das ändern kann im Leben. sind ebenfalls miteinander verquickt. Dann müssen wir uns schlimmstenfalls Denn, und das spüren wir selbst zur mit den Tod auseinandersetzen, denn Genüge, Körper und Seele gehören zu‐ nicht jede Krankheit ist heilbar bzw. zu stoppen. Manche führen unweigerlich zum Tod, weil die Erkrankung erst im fortgeschrittenen Stadium diagnosti‐ ziert wurde oder der Verlauf nur verzö‐ gert, aber ihm kein Einhalt geboten werden kann. Aber was heißt das dann für mich? Welche Konsequenzen hat das für mein Leben? Brauche ich dann Gott überhaupt, wenn es sowieso nichts mehr zu machen gibt? Wenn „mein Defekt“ nicht mehr rückgängig gemacht werden kann? Wenn ich da‐ 10
. SONNTAG NACH TRINITATIS – . OKTOBER mit weiterleben muss, ja sogar da‐ Einsamkeit und Finsternis. Denn dafür durch (vorzeitig) zum Tode verurteilt ist Jesus Christus gestorben und aufer‐ bin? standen. Er lässt mich hoffen, durch Ich für meinen Teil brauche Gott – ihn und mit ihm für immer in Gottes auch dann! Ich bin dankbar für mein Herrlichkeit zu leben. Das ist sein An‐ Leben, das nicht ohne Einschränkung gebot an alle, die auf ihn hoffen, die begonnen hat und das ich weiterlebe ihm vertrauen. „Heile du mich, H , mit dieser Einschränkung und mit wei‐ so werde ich heil; hilf mir, so ist mir teren, die dazugekommen sind, und geholfen.“ (Jeremia 17,14) Amen. mit denen, die noch dazukommen wer‐ den. Darum ist Gesundheit für mich Liedverse wichtig im Leben, aber nicht das Wich‐ tigste, weil ich nie körperlich 100‐pro‐ Danke für manche Traurigkeiten, / dan‐ zentig gesund war. Darum ist mir Zu‐ ke für jedes gute Wort. / Danke, dass friedenheit mit dem, was ich kann und deine Hand mich leiten / will an jedem bin, viel, viel wichtiger, selbst, wenn sie Ort. mir immer mal wieder abhanden‐ kommt. Ich möchte heil sein; heil an Danke, dein Heil kennt keine Schran‐ Körper und Geist, das heißt zufrieden ken. / Danke, ich halt mich fest daran. / mit mir, dankbar für alles, was ich Danke, ach Herr, ich will dir danken, / (noch) kann und im Reinen mit mei‐ dass ich danken kann. (EG 334,4.6) nem Gott. Ich weiß, dass ich ihm alles anvertrauen kann, dass ich mit ihm ha‐ Gebet dern kann, dass ich wütend und zornig sein darf, aber vor allem, dass ich im‐ Guter Gott, ich danke dir für mein Le‐ mer und überall zu ihm kommen darf, ben, mit allen Brüchen und allem, was so wie ich bin. Mit all meiner Schuld, fehlt. Ich danke dir für alles, was mein mit all meinen Fehlern, meinen Schwä‐ Leben reich und kostbar macht, für chen hält er mich aus. Und dafür bin deine unendliche Liebe, für die Liebe ich ihm dankbar. Gott macht mich heil, der Menschen, die mir nahe stehen und das ist eben mehr als Gesundheit. und mir viel bedeuten. Ich danke dir Gott macht mich heil. Er bleibt mit mir dafür, dass du mich heil machen willst. in Verbindung. Ich bleibe mit ihm in Ich bitte dich, bleibe bei mir und wenn Verbindung und lebe. du mir eine Last auflegst, hilf mir, sie Ja, auch ich habe Angst vor dem zu tragen. Amen. Sterben, vor dem, wie der Weg sein Angelika Krakau wird, bis ich endlich meinen letzten Atemzug tue. Aber ich weiß, dass ich danach bei Gott bin. Er, der mein Le‐ ben heil macht, wird mich auch dann halten. Ich werde nicht getrennt sein von Gott. Mein Leben endet nicht in 11
. SONNTAG NACH TRINITATIS – . OKTOBER Andacht zum 17. Oktober 2021 Nach der Sintflut baute Noah dem ben. Der Zorn, der Ärger über Gott H einen Altar und nahm von al‐ mag die Menschen ein Stück weit ent‐ lem reinen Vieh und von allen reinen lasten – und Gott kann das aushalten. Vögeln und opferte Brandopfer auf Der Abschluss der Sintfluterzählung dem Altar. Und der H roch den macht hingegen deutlich: Auch wenn lieblichen Geruch und sprach in sei‐ Menschen dies vielleicht anders fühlen, nem Herzen: Ich will hinfort nicht so ist Gott doch niemals der wirkliche mehr die Erde verfluchen um der Urheber menschlichen Leides. Gott will Menschen willen; denn das Dichten kein Leid. Gott will nicht, dass seine und Trachten des menschlichen Her‐ Schöpfung gequält wird. Gott will zens ist böse von Jugend auf. Und ich nicht unseren Tod, sondern Gott ist ein will hinfort nicht mehr schlagen alles, Gott des Lebens, Gott ist ein Gott der was da lebt, wie ich getan habe. Solan‐ Liebe und der Barmherzigkeit. ge die Erde steht, soll nicht aufhören Die Bilder aus dem Ahrtal, die wir Saat und Ernte, Frost und Hitze, Som‐ im Juli zu sehen bekamen, haben in mir mer und Winter, Tag und Nacht. (aus oft den Gedanken hervorgebracht: 1. Mose 8) „Das sieht aus wie nach einem Krieg!“ Und vielleicht wäre es gut, diesen Ge‐ Von Anfang an steht für die biblischen danken auch gar nicht allzu schnell Zeugen eine Frage im Raum: Woher wieder ziehen zu lassen. Es mag viel‐ kommt das Unheil, woher kommt das leicht ein wenig martialisch klingen, Böse, das uns Menschen bedroht? aber: Führen wir Menschen der Neu‐ Doch die Bibel tut erstaunlicherweise zeit nicht letzten Endes tatsächlich genau das: die Frage im Raum stehen einen Krieg, einen Krieg gegen die Na‐ lassen. Sie gibt keine Antwort auf die tur, einen Krieg gegen die Schöpfung? Frage. Denn sie weiß: All das, was In unserem Wahn, wir könnten die Er‐ Menschen an Schrecklichem, an Leid, de beherrschen, haben wir etwas ganz an Elend widerfährt, das ist am Ende Entscheidendes verlernt, was für die immer unerklärlich – jedenfalls dann, Menschen früherer Zeiten noch selbst‐ wenn eine offenkundige Ursache nicht verständliches Wissen war: Wir können erkennbar ist. nur mit der Natur leben, nicht gegen In früheren Zeiten haben Menschen sie. Genau das tun wir aber oft genug dann oft den Ausweg darin gesucht, oder versuchen es zumindest. Wir ver‐ die Schuld auf Gott abzuwälzen. Auch suchen der Natur unsere Lebensweise davon finden sich Spuren in unserer Bi‐ aufzuzwingen – um dann festzustellen, bel, besonders im Hiobbuch und beim dass die Natur sich nicht zwingen lässt. Propheten Jeremia. Vielleicht tut es Eine gewiss nicht kleine Rolle spielt der Menschen gut, wenn sie einen Schuldi‐ kaum mehr zu leugnende Klimawan‐ gen für alles Unglück finden und wenn del, zu dem wir alle beitragen. Natür‐ sie dann vor allem Gott die Schuld ge‐ lich hat es schon immer schwere und 12
. SONNTAG NACH TRINITATIS – . OKTOBER schwerste Unwetter gegeben, die star‐ seine Arme und schenkt ihnen seinen ke Zerstörungen angerichtet und viele Trost und seine Zuwendung. Menschenleben gekostet haben. Aber Uns allen sei aber mit einem (abge‐ es ist eben nicht mehr nur ein Bauch‐ wandelten) Wort von Dietrich Bonho‐ gefühl, dass diese Ereignisse in den effer gesagt: Es genügt nicht, diejeni‐ letzten Jahren immer häufiger werden gen zu verbinden, die unter die Räder und sie auch in Zukunft noch häufiger geraten sind. Wir müssen vielmehr auftreten werden. Unser Klima verän‐ dem Rad in die Speichen fallen. dert sich, und schon bislang nur un‐ scheinbare Klimaveränderungen sor‐ Liedvers gen bereits jetzt für riesengroße und drastische Veränderungen unserer Le‐ Bleib bei mir, Herr! Der Abend bricht benswirklichkeit. herein. / Es kommt die Nacht, die Fins‐ Vielleicht jedoch haben wir jetzt ternis fällt ein. / Wo fänd ich Trost, noch die Zeit, etwas dagegen zu tun, wärst du mein Gott nicht hier? / Hilf vielleicht können wir das Schlimmste dem, der hilflos ist: Herr, bleib bei mir! noch verhindern. Aber dann müssen (EG 488,1) wir jetzt auch tatsächlich handeln, dann haben wir keine Zeit mehr, unnö‐ Gebet tige Diskussionen zu führen und ne‐ benbei Witze über Greta Thunberg zu Barmherziger Gott, du bist unsere Zu‐ reißen. Wenn wir jetzt nicht endlich versicht und Stärke in jeder Not. Sieh den Allerwertesten hochbekommen nicht auf unsere Schuld, sondern halte und die Sache anpacken, wird es zu uns fest, damit Hoffnung auf deine Hil‐ spät sein. Dann werden wir in wenigen fe sich erfülle. Stärke uns durch dein Jahren in einer Situation stecken, wo Wort, dass wir in schweren Zeiten solche Katastrophen wie die Flut des nicht verzagen, sondern Trost und Sommers 2021 nicht mehr die Ausnah‐ Kraft finden. Amen. me sein werden, sondern die Regel. Christian Justen Und dann werden unsere Kinder und En‐ kelkinder ganz sicher wissen, wem sie die Schuld an künftigen Katastrophen Foto: epd‐Bild / Frank Schultze / Zeitenspiegel geben dürfen: nämlich uns. Was uns vielleicht als Trost bleiben mag: Da, wo wir versagen, da wo un‐ ser Krieg gegen die Natur, wo unser Allmachtswahn nur Trümmer und Ver‐ wüstung hinterlassen hat, da nimmt Gott die Opfer der Katastrophe, die Leidenden, diejenigen, die alles verlo‐ ren haben, die um einen geliebten Menschen trauern, sie alle nimmt er in Schuld (Ahr) nach der Flut 13
. SONNTAG NACH TRINITATIS – . OKTOBER Andacht für den 24. Oktober 2021 „Ihr sollt nicht meinen, dass ich ge‐ bruch in ihrem Leben auf, wo es sein kommen bin, Frieden zu bringen auf muss und nötig ist, wo Gottes Willen die Erde. Ich bin nicht gekommen, nicht entsprochen wird, wo Fremden‐ Frieden zu bringen, sondern das hass propagiert wird, wo Menschen, Schwert. Denn ich bin gekommen, den nur weil sie anders aussehen, anders Menschen zu entzweien mit seinem sprechen, sich anders bewegen, klei‐ Vater und die Tochter mit ihrer Mutter den oder essen, abgelehnt und ange‐ und die Schwiegertochter mit ihrer feindet werden. Dagegen wendet sich Schwiegermutter. Und des Menschen Jesus. Und das tut er auch an einer an‐ Feinde werden seine eigenen Hausge‐ deren Stelle, wie Matthäus, Markus nossen sein. Wer Vater oder Mutter und Lukas berichten. Als seine Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner und seine Brüder zu ihm kommen, weil nicht wert; und wer Sohn oder Toch‐ sie ihn sprechen wollen, weist er sie ab ter mehr liebt als mich, der ist meiner mit den Worten: „Das ist meine Mutter nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz und das sind meine Brüder! Denn wer auf sich nimmt und folgt mir nach, der Gottes Willen tut, der ist mein Bruder ist meiner nicht wert. Wer sein Leben und meine Schwester und meine Mut‐ findet, der wird’s verlieren; und wer ter.“ (Markus 3,34f) sein Leben verliert um meinetwillen, Und wenn ich an die Berufung der der wird’s finden.“ (Matthäus 10,34– ersten Jünger denke, zu denen auch 39) Petrus gehörte, tun sie ja genau das, Sie lassen ihre Familien zurück und fol‐ Ein Hammer, diese Worte Jesu, finden gen ihm. Tauschen ihren Beruf als Fi‐ Sie nicht auch? Jesus, der Friedensstif‐ scher ein gegen eine ungewisse Zu‐ ter, sagt seinen Jüngern, dass er auf kunft, denn sie wissen nicht, was da die Erde gekommen ist, um das auf sie zukommen wird. Sie lassen ihre Schwert zu bringen. Noch kurz zuvor Familien zurück, beenden von jetzt auf ruft er seine Zuhörer:innen dazu auf, gleich ihren Broterwerb und damit ihre Frieden zu halten und barmherzig zu Fürsorge für ihre Angehörigen, ziehen sein. „Selig sind, die Frieden stiften, mit Jesus von Ort zu Ort, oftmals ohne denn ihrer ist das Himmelreich“, ruft er zu wissen, wo sie am Abend schlafen den Menschen in seiner Bergpredigt werden und wie sie an Nahrung kom‐ zu. Und nun dieser radikale Wandel?! men. Aber sie wagen den Aufbruch, Und heißt es nicht in einem der Zehn die Veränderung. Sie werfen alle Ver‐ Gebote: „Du sollst deinen Vater und nunft und gesellschaftlichen Zwänge deine Mutter ehren, auf dass du lange und Regeln über Bord und folgen lebest in dem Lande, dass dir der H , ihrem Herzen bzw. dem, was dieser Je‐ dein Gott, geben wird.“? sus da in ihnen angerührt hat. Und so Jesus ruft diejenigen, die ihm fol‐ ist Jesus fortan nicht nur ihr Herr und gen wollen, zu einem radikalen Um‐ Meister, wie sie ihn nennen, sondern 14
. SONNTAG NACH TRINITATIS – . OKTOBER ebenso ihr Bruder, einer, der ihre Ge‐ danken versteht, der spürt, was ihnen fehlt. Aber auch einer, der nicht um die Wahrheit herumredet, sondern ihnen auch reinen Wein einschenkt, ihnen im‐ mer wieder sagt, dass sein Weg kein einfacher ist, dass sie Anfeindungen Foto: Bru‐nO / pixabay.com überstehen müssen und am Ende ein gewaltsamer Tod stehen wird – zumin‐ dest für ihn, aber unter Umständen auch für sie. Denn es gab und gibt nicht nur Menschen, die von der Sache Gottes begeistert sind. Immer wieder sind Menschen, die sich für den Glau‐ mit sie sich aufgehoben wissen in dem ben stark gemacht haben, angefeindet neuen Land, das sie betreten haben. worden. Es gab und gibt Auseinander‐ Amen. setzungen darum bis in die engste Fa‐ milie hinein. Berufsverbote, Kontakt‐ Liedverse sperren, Glaubenskriege. Darum herr‐ schen Unfriede und Unverständnis. Damit aus Fremden Freunde werden / Und da stellt Jesus Christus uns allen gehst du als Bruder durch das Land, / die Frage: Willst Du in deinen Zwängen begegnest uns in allen Rassen / und bleiben, die dir vielleicht sogar den machst die Menschlichkeit bekannt. Atem nehmen, oder willst Du frei sein, um meinen Weg des Friedens und der Damit aus Fremden Freunde werden, / Hoffnung einzuschlagen? Bist Du bereit lebst du die Liebe bis zum Tod. / Du über deinen Tellerrand hinauszusehen, zeigst den neuen Weg des Friedens; / um dich auf das Neue, das Andere, das das sei uns Auftrag und Gebot. (EG Fremde einzulassen? Bist Du bereit, 674,2.3) Deine alten Bindungen gegen neue einzutauschen, Vertrautes gegen Gebet Fremdes, dann wird es Unfrieden ge‐ ben zwischen denen, die sich nicht än‐ Gott, stehe du Menschen als Ratgeber dern wollen oder können, und Dir, also zur Seite, die vor schweren Entschei‐ sozusagen zwischen Deiner alten Fami‐ dungen stehen. Zeige den Familien, in lie und Dir, weil Du Dich ihren Regeln denen es schwer fällt, einander zu ak‐ nicht mehr unterwirfst. Aber Du steht zeptieren, neue Wege zueinander. Sei für den neuen Frieden ein, nämlich den Schutz und Schild den Brüdern und Frieden, der zwischen allen Menschen Schwestern, die unter Gefahr für Leib herrschen soll. Nur so können wir auf und Leben im Glauben an dich festhal‐ Fremde zugehen, ihnen Gottes Liebe ten. und Barmherzigkeit nahe bringen, da‐ Angelika Krakau 15
REFORMATIONSFEST – . OKTOBER Andacht zum Reformationstag „... und werden ohne Verdienst ge‐ Gottesdienst, starke Lieder, tolle Mu‐ recht aus seiner Gnade.“ (Römer sik, befreiende Botschaft aus dem Rö‐ 3,24a) merbrief, evangelisches Selbstbe‐ wusstsein. Oder? Ja, natürlich! Das Das ist die Botschaft des Reformati‐ Selbstbewusstsein der beschenkten onstages, die Botschaft Martin Luthers und befreiten Kinder Gottes! Nicht und der anderen Reformatoren. Nein, konfessionell verengt, das haben wir genauer: Es ist die Botschaft der Bibel, doch lange hinter uns. Hoffe ich. Worte des Apostel Paulus, die allen Reformation. Erneuerung. Neue Christenmenschen seit der Zeit der Ur‐ Wege. Neue Anfänge. Und ganz neue kirche hätten bekannt sein können, Möglichkeiten des Handelns. Das und die doch untergegangen waren im möchte ich erklären. Wer seine Hände täglichen Leistungseinerlei der Ge‐ braucht, weil er meint, er müsse Gott meinden. etwas bringen, damit Gott ihn liebt, Paulus schrieb also Worte an die der hat seine Hände nicht frei. Gemeinde in Rom, die Jahrhunderte Wer aber weiß und glaubt und da‐ lang keine Beachtung fanden und wohl mit lebt, dass Gott uns Menschen liebt, auch nicht finden sollten. Bis der ver‐ so wie wir sind, ohne Vorbedingungen zweifelt suchende Mönch aus Witten‐ und ohne Vorleistungen, der hat seine berg zum richtigen Zeitpunkt die richti‐ Hände frei, um damit tausend gute ge Seite in seiner Bibel aufschlug und Dinge zu tun. Der kann den Mit‐ las: „... und werden ohne Verdienst ge‐ menschen entdecken, der dringend recht aus seiner Gnade.“ Ihm ging das Hilfe braucht, weil er um einen lieben Licht seines Lebens auf. Und ich könn‐ Angehörigen trauert. Tröstende Hände te mir vorstellen, dass er fröhlich durch sind gefragt. – Der kann den Mit‐ das Kloster gerannt ist, und dass er je‐ menschen entdecken, der dringend dem, der es nicht hören wollte, immer Hilfe braucht, weil die Gleichgültigkeit und immer wieder seine Erleuchtung dieser Zeit ihn verletzt hat. Heilende auf die Nase gebunden hat. „He, Mit‐ Hände sind gefragt. – Der kann den bruder: ohne Verdienst, aus Gnade!“ Mitmenschen entdecken, der dringend Ich möchte mir den Bruder Martinus so Hilfe braucht, weil er krank geworden vorstellen, weil genauso die Botschaft ist. Pflegende Hände sind gefragt. – Der von der unverdienten Gnade Gottes kann den Mitmenschen entdecken, der funktioniert: Hören oder lesen, verste‐ dringend Hilfe braucht, weil eine un‐ hen, mit dem eigenen Leben in Zusam‐ menschliche Gesellschaft ihn fallen menhang bringen und weitersagen in lässt. Kämpfende Hände sind gefragt. – Wort und Tat. „He, Mitbruder, Mit‐ Der kann den Mitmenschen entde‐ schwester: ohne Verdienst, aus Gna‐ cken, der dringend Hilfe braucht, weil de!“ er als Flüchtling in unserem Land lebt Also: Reformationstag. Festlicher und voller Angst ist. Schützende Hände 16
REFORMATIONSFEST – . OKTOBER sind gefragt. – Ihr Lieben, jede und je‐ mit unseren Erfolgen und unseren Nie‐ der von uns hat Augen und Ohren, um derlagen, in Gesundheit und Krankheit, für sich herauszufinden, was er oder an guten und an schweren Tagen. sie mit den frei gewordenen Händen Dass dies so ist und dass wir darauf Gutes tun kann. unser Leben aufbauen können – auch „... und werden ohne Verdienst ge‐ das Leben unserer Kirche –, dafür steht recht aus seiner Gnade.“ Diese Lebens‐ der gerade, dessen Zeichen das Kreuz botschaft erzählen wir einander und von Golgatha ist. Und von dem es in anderen mit Herzen, Mund und Hän‐ der Antwort auf die erste Frage des den. Und da hat unsere Phantasie kei‐ Heidelberger Katechismus heißt, dass ne Grenzen, und unsere Kräfte bekom‐ er unser einziger Trost im Leben und men Flügel, und Gott selbst macht uns im Sterben ist. Feuer, damit wir die Botschaft von der Ihr Lieben, lasst uns immer wieder unverdienten Gnade im Alltag leben. fröhlich unseren Reformationstag be‐ Reformationstag. Erinnerung an die gehen, weil wir wirklich allen Grund Väter und Mütter der Kirche. Dankba‐ zum Feiern haben. Und die Freude die‐ res Gedenken an ihre Worte und Taten. ses Tages und seiner Botschaft soll uns Aber auch und vor allem: neu darüber in den Alltag hinein begleiten. Amen. nachdenken, welche Möglichkeiten uns Gott schenkt. Liedvers Von Schuld befreit, atmen wir auf. Unser Gang wird aufrecht und gerade. Es ist das Heil uns kommen her / von Kräfte werden frei, unser eigenes Le‐ Gnad und lauter Güte; / die Werk, die ben zu gestalten. Hände werden frei, helfen nimmermehr, / sie können nicht dem Nächsten zu helfen. Und im Le‐ behüten. / Der Glaub sieht Jesus Chris‐ ben und im Sterben sind wir absolut tus an, / der hat für uns genug getan, / geborgen bei dem, der uns liebt. Der er ist der Mittler worden. (EG 342,1) uns wirklich und wahrhaftig liebt, mit unseren Stärken und Schwächen, mit Gebet unserer Angst und unserer Hoffnung, Unser Vater im Himmel. Geheiligt wer‐ de dein Name. Dein Reich komme. Foto: epd‐Bild / Steffen Schellhorn Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen. Johannes de Kleine Luthergarten mit „Himmelskreuz“ in Wittenberg 17
DRITTLETZTER SONNTAG DES KIRCHENJAHRES – . NOVEMBER Andacht für den 7. November 2021 Fast am Ende des Kirchenjahres ange‐ und an Schwerem, schauen aber auch kommen, geht es um unsere Hoffnung zugleich auf die Zukunft und das, was und um Frieden. Und so sind die Pre‐ wir uns für sie wünschen bzw. er‐ digttexte für diesen Sonntag, dessen hoffen oder was uns für sie in Aussicht Motto „Leben in der Hoffnung auf das gestellt wird. Reich Gottes“ lautet, angefüllt mit Be‐ Fast am Ende des Kirchenjahres griffen wie Hoffnung, Frieden, Gerech‐ weisen uns die biblischen Texte darauf tigkeit, Barmherzigkeit und Güte. Die hin. Und es ist ebenso eine Zeit, dar‐ Welt vergeht, aber als Christen sollen über nachzudenken, etwas zu verän‐ wir uns die Hoffnung auf ein neues, ein dern im eigenen Leben. Wir sind aufge‐ anderes Leben bewahren, auf ein Le‐ fordert, darüber nachzudenken, was ben im Friedensreich Gottes. Dort wird wir tun können, um zum Frieden beizu‐ es keine Kriegswaffen mehr geben, tragen, Streitigkeiten zu beenden, dem schreiben die Propheten Micha und Je‐ anderen die Hand zu reichen, statt eine saja, denn Völker und Nationen „wer‐ Versöhnung auszuschlagen. den ihre Schwerter zu Pflugscharen Wenn wir fast am Ende dieses Kir‐ chenjahres zurückblicken auf die ver‐ gangenen Monate, dann denke ich vor allem an die segensreichen Impfstoffe gegen das Coronavirus, die vielen eine relativ hohe Sicherheit geben, nicht schwer an Covid‐19 zu erkranken. Ich Foto: Capri23auto / pixabay.com denke aber auch an die vielen Men‐ schen, die an diesem Virus weltweit gestorben sind. Ich denke an das Weih‐ nachtsfest ohne Gottesdienste in unse‐ ren Kirchen, an so vieles, was gefehlt hat in den Wintermonaten an Nähe, aber auch an Verständnis füreinander. machen und ihre Spieße zu Si‐ Ich denke an die entsetzliche Hoch‐ cheln“ (Micha 4,3; Jesaja 2,4). wasserkatastrophe im Juli, die wir Fast am Ende des Kirchenjahres an‐ Menschen durch unser Handeln in den gekommen, geht es auch um Rückblick vergangenen Jahrzehnten letztendlich und Ausblick, ähnlich wie beim Jahres‐ mitverschuldet haben. Viele Menschen wechsel oder zum Geburtstag bzw. ei‐ haben ihr Leben verloren und noch nem Jubiläum. Wir blicken zurück auf mehr ihr ganzes Hab und Gut. Ich sehe das zu Ende gehende Jahr, Jahrzehnt die schrecklichen Bilder der Verwüs‐ oder die ihrem Abschluss entgegenge‐ tung vor meinem geistigen Auge. Wir hende (Lebens‐)Zeit und ziehen ein Re‐ müssen dringend handeln, um die Welt sümee. Überlegen, was war an Gutem zu erhalten, damit sie weiterhin für 18
DRITTLETZTER SONNTAG DES KIRCHENJAHRES – . NOVEMBER Menschen, Tiere und Pflanzen einiger‐ rechtigkeit und Friede sich küssen; maßen lebbar und lebenswert bleibt. dass Treue auf der Erde wachse und Ich denke an den Einsatz der Gerechtigkeit vom Himmel schaue; gemeinsam mit der in Afghani‐ dass uns auch der H Gutes tue, und stan, der im Sommer nach 20 Jahren so unser Land seine Frucht gebe; dass unrühmlich zu Ende gegangen ist. Er Gerechtigkeit vor ihm her gehe und hat viele Menschenleben gekostet und seinen Schritten folge.“ (Psalm 85,9– wird es noch. Die Dramen, die sich auf 14) dem Flughafen in Kabul zugetragen haben, bleiben im Gedächtnis. Die Liedverse Angst und Verzweiflung der dort zu‐ rückgelassenen Menschen sind für uns Es wird sein in den letzten Tagen, / so hier kaum vorstellbar. Welche Fehler hat es der Prophet geschaut, / da wird wurden gemacht? Wer hat sich schul‐ niemand Waffen mehr tragen, / deren dig gemacht? Wie können wir das Blatt Stärke er lange vertraut. / Schwerter noch wenden? Warum ist es so schwer, werden zu Pflugscharen, / und Krieg Frieden zu machen und ihn zu halten? lernt keiner mehr. / Gott wird seine Was braucht jede und jeder von uns, Welt bewahren / vor Rüstung und damit wir einander und denen, die uns Spieß und Speer. / Auf, kommt herbei! / fremd sind, die Hand reichen und mit‐ Lasst uns wandeln im Lichte des Herrn! einander tun als gegeneinander? War‐ um streben wir immer eher danach, Kann das Wort von den letzten Tagen / besser zu sein und mehr zu haben als aus einer längst vergangnen Zeit / uns der andere? Wie wunderbar wäre es, durch alle Finsternis tragen / in die Got‐ wenn wir die Welt verändern würden, tesstadt, leuchtend und weit? / Wenn nur ein wenig, jeder und jede an der ei‐ wir heute mutig wagen, / auf Jesu Weg genen Stelle, in der eigenen Umge‐ zu gehn, / werden wir in unsern Tagen / bung. Wie wunderbar wäre es, wenn den kommenden Frieden sehn. / Auf, wir uns dann alle irgendwann irgend‐ kommt herbei! / Lasst uns wandeln im wo treffen würden ohne Vorurteile, Lichte des Herrn. (EG 426,2.3) trotz aller Schuld, die wir auf uns gela‐ den haben, aber frei dazu, sie abzule‐ Gebet gen vor Gott, und befreit und mutig den Weg Jesu zu gehen. So höre ich Gott allen Lebens, du weckst Sehn‐ die Worte aus Psalm 85: „Könnte ich sucht nach Erneuerung unserer Welt, doch hören, was Gott der H redet, nach Frieden und Leben in deinem dass er Frieden zusagte seinem Volk Geist. So lass uns erkennen, wo dein und seinen Heiligen, damit sie nicht in Reich heute schon unter uns ist, damit Torheit geraten. Doch ist ja seine Hilfe wir ermutigt werden, Zeichen deiner nahe denen, die ihn fürchten, dass in Zukunft zu setzen und auf dein Heil zu unserm Lande Ehre wohne; dass Güte warten für unsere ganze Erde. Amen. und Treue einander begegnen, Ge‐ Angelika Krakau 19
VORLETZTER SONNTAG DES KIRCHENJAHRES – . NOVEMBER Andacht für den 14. November 2021 So spricht der H : Wo ist jemand, auf, dass man alles kann und alles ver‐ wenn er fällt, der nicht gern wieder mag und ganz gewiss Herr der Lage ist. aufstünde? Wo ist jemand, wenn er ir‐ Zugleich vergisst man darüber die regeht, der nicht gern wieder zurecht‐ grundlegende Forderung Gottes, dass käme? Warum will denn dies Volk irre‐ man nämlich zuallererst für Recht und gehen für und für? Sie halten so fest Gerechtigkeit zu sorgen habe. Und das am falschen Gottesdienst, dass sie meint im Kontext des Alten Testamen‐ nicht umkehren wollen. Ich sehe und tes immer: Dass man für soziale Ge‐ höre, dass sie nicht die Wahrheit re‐ rechtigkeit zu sorgen habe. Man rühmt den. Es gibt niemand, dem seine Bos‐ sich nur der eigenen Weisheit und Stär‐ heit leid wäre und der spräche: Was ke – und gerät gerade damit schließlich hab ich doch getan! Sie laufen alle ih‐ in die Gottesferne, gerät in die Gottlo‐ ren Lauf wie ein Hengst, der in der sigkeit. Eine Gesellschaft ohne Gott ist Schlacht dahinstürmt. Der Storch un‐ aber vor allen Dingen eine Gesell‐ ter dem Himmel weiß seine Zeit, Tur‐ schaft, die am Ende unmenschlich wird. teltaube, Kranich und Schwalbe halten Manches Mal habe ich das Gefühl, die Zeit ein, in der sie wiederkommen dass wir auch heute wieder auf mehr sollen; aber mein Volk will das Recht als nur eine einzige Katastrophe zu‐ des H nicht wissen. (Jeremia 8,4– steuern. Um nur ein Beispiel zu nen‐ 7) nen: In aller Munde ist ja schon seit langem etwa der Klimawandel, dessen Aus diesen Worten klingt eigentlich Auswirkungen auf unser Leben, ja für nichts Hoffnungsvolles heraus. Längst das Überleben der Menschheit über‐ hat der Prophet Jeremia es aufgege‐ haupt, im Augenblick noch gar nicht ben, noch daran zu glauben, dass seine abzuschätzen sind. Die Zeichen sind Zeitgenossen einen Ruf zur Umkehr überdeutlich! Dennoch gibt es nach hören könnten. Längst ist Jeremia ge‐ wie vor unglaublich viele Menschen, wiss: Das Unheil kommt unvermeidlich, die alles einfach schönreden, die so es kann nicht mehr aufgehalten wer‐ tun, als seien alle Warnungen doch nur den, die Katastrophe ist längst in Gang Hirngespinste. Und Hand auf’s Herz: gesetzt. Alles, was Jeremia nun nur Wir selbst müssen uns ja durchaus ge‐ noch tun kann, ist der Versuch, Einsicht fragt sein lassen, ob wir eigentlich für in die Ursachen der Kommenden zu er‐ uns überhaupt schon Konsequenzen wecken: Die Einsicht, dass das bevor‐ gezogen haben. Tragen wir selbst mit stehende Unheil seinen Grund darin der Weise, wie wir leben, etwas dazu hat, dass die Gesellschaft seiner Zeit bei, dass diese drohende Katastrophe sich mehr und mehr von Gott abge‐ ausbleibt? Oder bleiben auch wir blind wandt hat: Man vertraut vor allen Din‐ für die Katastrophe? Machen wir es gen auf die eigenen Fähigkeiten, auf vielleicht so wie Kinder, die sich die Au‐ die eigene Stärken; man vertraut dar‐ gen zuhalten und glauben, wenn sie 20
VORLETZTER SONNTAG DES KIRCHENJAHRES – . NOVEMBER den an seiner Menschheit, seinem Lei‐ Foto: Kranich17 / pixabay.com den an dem, was Menschen sich einan‐ der antun, er entspringt Gottes Mitlei‐ den mit seiner gequälten Schöpfung. Aber gerade darum ist Gottes Zorn auch kein lange währender. Und erst recht nicht ist Gottes Zorn seine end‐ gültige Antwort auf menschliches Ver‐ halten. Vielmehr hat Israel die Erfah‐ rung gemacht, dass menschliche Schuld Gottes Liebe und Gottes Treue niemals auslöschen können. Israel hat die Erfahrung gemacht, dass Gottes ei‐ selbst nichts sehen, dass sie dann auch gentliche Antwort auf unsere Schuld nicht gesehen werden können? seine Liebe ist. Gott ist barmherzig, Es stellt sich dabei immer wieder Gott schafft Recht und Gerechtigkeit. die Frage: Ist die drohende Katastro‐ Das ist Gottes Antwort auf die Un‐ phe unausweichlich, oder können wir barmherzigkeit, Rechtlosigkeit und Un‐ ihr entgegensteuern? Sind wir wirklich gerechtigkeit der Menschen. bereit, etwas zu ändern, besonders: uns selbst zu ändern? Oder siegt am Liedvers Ende unser Beharrungsvermögen über unsere Einsicht? Gib Frieden, Herr, wir bitten! / Du Für seine Zeit hat Jeremia die Frage selbst bist, was uns fehlt. / Du hast für beantwortet. Aber gerade darum uns gelitten, / hast unsern Streit er‐ müsste seine Verkündigung uns heute wählt, / damit wir leben könnten, / in eigentlich als völlig trost‐ und hoff‐ Ängsten und doch frei, / und jedem nungslos erscheinen, wenn sie nicht ei‐ Freude gönnten, / wie Feind er uns ne Fortsetzung, eine Nachgeschichte auch sei. (EG 430,3) erfahren hätte. Es hat ja seinen guten Grund, warum das Volk Israel diese Gebet Worte durch die Zeiten hindurch über‐ liefert hat. Denn Israel hat zwar die Ka‐ Wir danken dir, Gott, dass du uns nicht tastrophe des Exils erfahren müssen, uns selbst überlässt, sondern uns im‐ aber dann doch auch noch einmal ganz mer wieder nahe kommst. So kommen andere Erfahrungen gemacht: Das Un‐ wir heute zu dir und bitten dich, dass heil währt nicht ewig, sondern durch wir dein Wort nicht nur hören, sondern das Unheil hindurch hat Israel schließ‐ auch tun. Lass uns die Zeit, die du uns lich doch wieder Gottes gute Zuwen‐ schenkst, für andere nutzen, und die dung spüren dürfen. Gaben, die du uns gibst, zum Wohle Gottes Zorn ist kein blindwütiger unseres Nächsten einsetzen. Amen. Zorn, sondern er entspringt Gottes Lei‐ Christian Justen 21
AMTSHANDLUNGEN Die Amtshandlungen werden aus Gründen des Datenschutzes nur in der Print‐Ausgabe veröffentlicht. Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf das Warten auf Christus. 2. Thessalonicher 3,5 – Monatsspruch November 2021 22
NACHRUF Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein! (Jesaja 43,1) Die Evangelische Kirchengemeinde Übach‐Palenberg nimmt in Trauer, aber auch voller Dankbarkeit, Abschied von Wolfgang Engel * 26. August 1947 † 21. Juli 2021 der nach langer schwerer Krankheit im Alter von 73 Jahren gestorben ist. Ab 1992 war Wolfgang Engel fast 20 Jahre lang Mitglied des Presbyteriums, zunächst in der damaligen Kirchengemeinde Übach‐Palenberg‐West, dann ab 2007 in der vereinigten Kirchengemeinde Übach‐Palenberg. Zudem war er Vorsitzender des Ev. Gemeindevereins Marienberg. Ganz besonders am Herzen lag ihm die Kinder‐ und Jugendarbeit, die er tatkräftigst unterstützte. Aber auch in vielen anderen Bereichen des Gemeindelebens engagierte er sich mit großer Hilfsbereitschaft und Leidenschaft. Seinem Nachnamen machte er dabei alle Ehre! Kennzeichnend für ihn waren seine Fröhlichkeit, seine Freundlichkeit und sein großer Humor, der ihn auch in schwierigen Zeiten niemals verließ. Unsere Gedanken sind bei seinen Angehörigen. Wir wünschen ihnen Kraft und Geborgenheit durch den, der unser einziger Trost ist im Leben und Sterben. Das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Übach‐Palenberg Pfarrer Christian Justen Gerd Schindler Vorsitzender des Presbyteriums Kirchmeister 23
KONFIRMATIONEN Konfirmationen am 12. September 2021 Die Fotos unserer Konfirmandinnen und Konfirmanden werden aus Gründen des Datenschutzes nur in der Print‐Ausgabe veröffentlicht. 24
GOTTESDIENSTE Übach-Palenberg Geilenkirchen Gangelt-Selfkant- Waldfeucht 10 Uhr Teveren 9 Uhr nur Bocket (!) 10 Uhr Geilenkirchen 10.15 Uhr 3. Oktober Krakau Aktuelle Informatio- Schoenen Erntedank 11 Uhr Übach nen auf der Webseite 11 Uhr der Kirchengemeinde: www.ekir.de/geilenkirchen 13 Uhr Konfirmationen 10. Oktober de Kleine Benz 19. Sonntag n. T. Übach 450 Jahre Emder Synode 17. Oktober Justen — 20. Sonntag n. T. Übach Herbstkirche 24. Oktober Krakau Schoenen 21. Sonntag n. T. Übach 31. Oktober Krakau Schoenen Reformationsfest Übach 7. November Justen Schoenen Drittl. S. d. Kirchenjahres Übach 14. November Justen Benz Vorl. S. d. Kirchenjahres Übach 17. November de Kleine Schoenen Buß- und Bettag 19 Uhr Übach 19 Uhr 21. November Krakau Schoenen Ewigkeitssonntag Übach 28. November Justen Benz 1. Advent Übach 5. Dezember Krakau Schoenen 2. Advent Übach Für die Präsenzgottesdienste in Übach‐Palenberg gilt die „3G‐Regel“: Bitte bringen Sie einen Immunisierungsnachweis oder einen negativen Test mit. Um Anmeldung wird dringend gebeten! Die Kirchen finden Sie unter • Ev. Kirche Geilenkirchen folgenden Adressen: Konrad‐Adenauer‐Straße 83, 52511 Geilenkirchen • Christuskirche Frelenberg • Ev. Kirche Teveren Theodor‐Seipp‐Straße 5, Welschendriesch 3, 52511 Geilenkirchen 52531 Übach‐Palenberg • Friedenskirche Gangelt • Erlöserkirche Übach Lohhausstraße 36, 52538 Gangelt Maastrichter Straße / Ecke Comenius‐ • Geusenhaus Bocket straße, 52531 Übach‐Palenberg An der Flachsroth 2, 52525 Waldfeucht 25
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