DAS NATUR-HISTORISCHE - Naturhistorisches Museum Wien
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DA S M AG A Z I N DE S NAT U R H I S TOR IS C H E N MUSE U M S W IE N F RÜHLING 2 015 DAS NATUR- HISTORISCHE Bisons HEIDI & HANS-JÜRGEN KOCH Die präparierte Welt Körpersteine Das Wissen n n der Dinge n Evolution der Insekten n Zeitlose Herbarien n Hohe Ehrung n Termine
2 Editorial aus der Generaldirektion 3 BKA/REGINA AIGNER Liebe Leserin, lieber Leser! D as Jahr 2014 ging für das NHM Wien sehr erfolgreich zu Ende. Im Dezem- ber haben über 90.000 Personen unser Museum besucht – vermutlich ein Rekord. Insgesamt hatte das NHM im Jahr 2014 etwa 650.000 Besucherin- nen und Besucher. Das sind zwar etwas weniger als im Vorjahr, das durch Hoher Besuch in der äußerst die sehr attraktive Sonderausstellung „Körperwelten“ ganz besonders er- NHM/KURT KRACHER, ERNST MIKSCHI erfolgreichen Mammut- folgreich war, aber doch deutlich mehr als im Jahr 2012. Der Aufwärtstrend setzt sich Sonderausstellung: also fort. Die hohen Besucherzahlen gegen Ende des Jahres hatten sicherlich auch etwas Bundesminister Dr. Josef Ostermayer (2.v.r.) mit Mag. mit unserer neuen, spektakulären Sonderausstellung mit dem Titel „Mammuts. Eismu- Christian Cap (Vorsitzender mien aus Sibirien“ zu tun, die in der zweiten Novemberhälfte eröffnet wurde. Hier wur- des NHM-Kuratoriums, l.), de zum ersten Mal ein aus dem sibirischen Permafrost stammendes eingefrorenes Mam- NHM-Generaldirektor mutbaby gezeigt – und viele weitere einmalige Objekte. Die meisten Objekte stammten Dr. Christian Köberl (2.v.l.) und seinem Stellvertreter, aus den reichen Schätzen des Zoologischen Museums der Russischen Akademie der Wis- Dr. Herbert Kritscher (r.). senschaften in St. Petersburg und wurden ergänzt durch Mammutfunde aus Wien und Montierte Skelettpräparate gehören zu den faszinierendsten Umgebung. Die präparierte Objekten in naturkundlichen Die ersten drei Termine (im ersten Halbjahr 2015) für unsere neue Veranstaltungs- Museen. serie „Nacht im Museum“ sind bereits ausverkauft: Im Februar und März gibt es für Kinder und im April für Erwachsene die Möglichkeit, eine ganze Nacht im Museum zu verbringen – mit einem spannenden und exklusiven Programm. Ab 11. März 2015 wird, passend zum 150-jährigen Jubiläum der Ringstraße, die historische und bedeu- Welt E tende Baugesteinssammlung des NHM Wien in einer neuen und modernen Aufstel- lung im Saal 1 zu sehen sein. Ab Mitte April gibt es dann gleich zwei neue Sonderaus- stellungen: einerseits die Ausstellung „Die präparierte Welt“, wo die Künste der Präpa- Sie stemmen und schleifen, ziehen igentlich bedeutet präparie- ren nichts anderes als vorbe- ratorinnen und Präparatoren gezeigt werden, und andererseits eine Fotoausstellung Häute ab, malen, schnitzen Körper reiten. Und das ist auch die mit dem Titel „Buffalo Ballad“, in der faszinierende Schwarz-Weiß-Fotos der deutschen Fotografen Heidi und Hans-Jürgen Koch die fast ausgerotteten Riesentiere der nord- kerne oder legen organische Struktu- ursprüngliche Aufgabe von Präparatoren aller Sparten: amerikanischen Ebenen dokumentieren. Und ab 6. Mai zeigen wir im Saal 50 anläss- ren frei. In ihren Werkstätten staubt das Vorbereiten von Fundstücken und lich des 650-jährigen Jubiläums der Universität Wien die Ausstellung „Das Wissen der Exponaten für die wissenschaftliche Dinge“, in deren Mittelpunkt Objekte aus den Lehr- und Forschungssammlungen der es und riecht oft streng nach Verwe- Untersuchung. Und damit verbunden Universität Wien stehen. Auch im Digitalen Planetarium gibt es ab Anfang März Neuerungen: Gezeigt wer- sung oder Lösungsmitteln. Präparato- das Konservieren von Objekten. Zu den ältesten Belegen präparato- den vier neue Fulldome-Filme, die für das NHM Wien von den bekannten Schauspie- ren der Zoologie, der Medizin und der rischer Leistungen zählen die Mumien lern Frank Hoffmann, Peter Matic, Cornelius Obonya und Chris Pichler deutsch ein- gesprochen wurden. Am Ende darf ich noch in eigener Sache mitteilen, dass Bundes- Paläontologie sind Meister ihres Faches des alten Ägypten. Nicht nur Men- schen, auch Tiere wurden vor über minister Dr. Josef Ostermayer knapp vor Weihnachten nach einer Ausschreibung und und das Rückgrat jedes naturwissen- 3000 Jahren einbalsamiert. Etwa Ibis- auf Empfehlung einer Findungskommission entschieden hat, dass Vizedirektor HR Dr. se, Krokodile oder Gazellen. Das Motiv Herbert Kritscher und ich für eine weitere Amtszeit, bis Mitte 2020, bestellt werden. schaftlichen Museums. Jetzt wird ih- für diese Form der Präparation war – Wie immer hoffe ich, dass Sie uns im Haus am Ring besuchen kommen – nen eine Sonderausstellung gewidmet: zumindest oft – ein religiöses, das Wis- es gibt immer etwas Neues zu sehen. sen um die hohe Kunst der Einbalsa- die präparierte Welt. mierung ging im Lauf der Jahrhunder- Ihr Christian Köberl Von Ernst Mikschi und Robert Illek te weitgehend verloren. In Europa stieg, Generaldirektor beginnend mit dem Entstehen der mo- dernen Naturwissenschaften und der Medizin, die Nachfrage nach Präpara- ten. Ab dem 19. Jahrhundert entwi- Universum Magazin 3 | 2015 3 | 2015 Universum Magazin
4 Präparation 5 FELICITAS MATERN, ERNST MIKSCHI (3), NHM/HANS-MARTIN BERG Präparation eines Geiers: Das Einsetzen von passend gefärbten Glasaugen macht ausgestopfte Tiere besonders „lebensecht“. Schon die alten Ägypter präparierten Tiere – im Bild eine Präparate von Fischen – im Bild ein Fächerfisch – sind wegen beschädigte, teilweise geöffnete Ibismumie. ihres hohen Wassergehalts besonders aufwendig. Säugetiere wie dieser Tiger werden häufig dynamisch dargestellt. ckelte sich eine rege Nachfrage nach zu haben. Insekten müssen vielfach steht durch zunächst mechanische, dings einen Schauwert haben soll, hatte. In einer Zeit lange vor HD- stand, sie zeigen sogar mehr Details Jagdtrophäen; neue Techniken wur- nur getrocknet werden, um für wis- in der Folge auch chemische Ablö- werden die Teile montiert. Tierdokumentationen und hochauf- und sind eben keine Kopie, sondern den erfunden, bestehende wie die senschaftliche Untersuchungen zur sung des Gewebes. Abschließend „Schauwert“ ist ein Begriff, den lösenden Fotos waren im günstigs- ein Original. Was sich verändert hat, Gerberei und die Fixierung weiter- Verfügung zu stehen. Wirbeltiere kommen oft tierische Helfer für die die frühesten Präparatoren nicht ten Fall Skizzen des Sammlers als sind vor allem die Materialien: Statt entwickelt. allerdings sind nur mit relativ auf- Präparation zum Einsatz: Das vor- kannten. Die Sammlungen dienten Information vorhanden. Gerade Stroh, Heu und Torf kommen Holz- Ziel jeder zoologischen Präpara- wendigen Verfahren zu erhalten. gereinigte Skelett bzw. seine Teile Studienzwecken, nicht der Unter- beim Versuch, Dermoplastiken dy- wolle, PU-Schaum und Epoxidharze tion war und ist die Erhaltung von Die einfachste Form eines Präparats werden Speckkäferlarven „zum haltung eines breiten Publikums. namisch zu gestalten, also in einer zum Einsatz. Neue Methoden wie organischen Strukturen, zunächst ist dabei die Konservierung des gan- Fraß“ vorgesetzt. Die Insekten – ei- Und wenn – wie etwa in den Wun- Bewegung darzustellen, kam es die Gefriertrocknung wurden ent- zu rein wissenschaftlichen Zwecken. zen Tiers in Alkohol. Mehr Auf- gentlich gefürchtete Schädlinge derkammern der Renaissance – die mitunter zu aus heutiger Sicht bi- wickelt, Gifte wie das früher regel- Dabei ergeben sich beim „Haltbar- wand bedeutet das Anfertigen von musealer Sammlungen – sorgen in- Arrangements der Belustigung zarren Ergebnissen, weil niemand mäßig verwendete Arsen wurden machen“ tierischer Strukturen Bälgen, also das Abziehen und Ger- nerhalb einiger Wochen für die End- dienten, war die Zielgruppe auf den wusste, welche Haltung ein Tier bei nach Möglichkeit aus den Konser- höchst unterschiedliche Anforde- ben der Haut. Hier bleiben wichtige reinigung der Knochen. Für wissen- überschaubaren Kreis eines Hof- der Balz oder während des Revier- vierungsprozessen verbannt. rungen. Muschelschalen oder Strukturen für die Untersuchung schaftliche Zwecke werden die so staats beschränkt. Das änderte sich kampfs einnahm. Und wenn Präparation an die Schneckenhäuser bedürfen so gut erhalten. Noch mehr Information gewonnenen Skelettteile lose auf- mit dem Entstehen der heutigen na- Grenzen des Machbaren stößt, wie keiner Behandlung, um Bestand bietet das Skelettpräparat: Es ent- bewahrt. Wenn ein Skelett aller- turkundlichen Museen. Sie hatten Keine Kopie, das Original! springt ihr der Modellbau zur Seite. einen Bildungsauftrag, sie sollten Ergänzt wurde dieses Nicht-Wissen Wenn Tiere einfach zu klein sind, Großer Aufwand informieren, auch über die Vielfalt durch Modeerscheinungen, etwa um mit freiem Auge erkannt zu für große Tiere: der Tierwelt. Dazu brauchte es in die Darstellung von Aggressivität. werden, bietet der Modellbau Ver- Die Montage eines Mammutmodells der Präparation auch attraktive Vor allem Anfang des 20. Jahrhun- größerungen. Wenn sich Tiere wie erfordert die Formen der Darstellung: Dermo- derts wurden Tiere bevorzugt mit Quallen, Muscheln oder Schnecken Mithilfe vieler plastiken. Darunter versteht man gefletschten Zähnen, mit (viel zu) aufgrund ihrer Körperkonsistenz geschulter Hände. die dreidimensionale Rekonstrukti- weit geöffnetem Maul oder in einer einer Präparation entziehen, helfen on des gesamten Tieres. Ausgangs- anderen Angriffspose dargestellt. Nachbildungen. Auch bei der Rekon- Maximale Ausdehnung punkt ist stets der Balg, also die prä- Der Zeitgeist wollte „Kreaturen“, struktion bereits ausgestorbener der Mammutsteppe in parierte Haut des Tieres, ergänzt bedrohliche Gestalten im „Kampf Arten leistet der Modellbau hervor- Europa vor 40.000 Jahren durch weitere „Originalteile“ wie ums Dasein“. ragende Dienste. Präparation und z.B. Geweih, Hufe oder Zähne. Zu- Damit hat die moderne Präpara- Modellbau sind heute eine einzigar- nächst wurde der Balg mit diversen tion nichts mehr zu tun. Die Anfor- tige Mischung aus handwerklichem Füllmaterialien wie Stroh, Moos, derungen an die Qualität der Dar- Können, großem Fachwissen und Hanf oder auch Torf ausgestopft stellung haben sich – besonders in künstlerischem Geschick. Mit dem (daher der Begriff „Stopfpräparat“), den letzten Jahrzehnten – deutlich immer gleichen Ziel: möglichst nahe was mitunter zu wenig authenti- erhöht. Das enorme Angebot an Bild- an das Original heranzukommen. GRAPHIK: REPP/GÖHLICH 2014 (NHMW) schen Ergebnissen führte. Fehler und Filmmaterial ermöglicht heute entstanden auch nicht selten, weil sehr rasch den kritischen Vergleich Die präparierte Welt. WWW.KURT-KRACHER.AT dem Präparator keine Unterlagen zwischen lebendem Tier und Präpa- Sonderausstellung in den zu Verfügung standen, wie das Tier rat. Moderne Exponate halten dem Sälen 17 und 18 im Leben tatsächlich ausgesehen Vergleich mit dem Bild nicht nur 15. April 2015 – 04. Oktober 2015 Universum Magazin 3 | 2015 3 | 2015 Universum Magazin
6 Bisons 7 B isons sind die Ikonen der Prärie und, vermittelt durch die Legenden über „Buffalo Bill“, indirekt Teil jener Wildwestromantik, die man aus der Zigarettenwer- bung und „Cowboy-und-Indianer“-Spielen kleiner Bu- Der amerikanische ben kennt. Dass die Realität weit weniger romantisch Bison (Bison bison) war, v.a. für die amerikanischen Ureinwohner, ist weithin bekannt. hat einen dreiecks- Dass dies jedoch auch für den Bison zutrifft, vielleicht weniger. förmigen Kopf mit kurzen, gebogenen Denn ähnlich wie sein europäischer Zwillingsbruder, der Wisent, Hörnern und einem ist der Bison dem Ausrottungstod nur um Haaresbreite entkom- kräftigen Bart. men. Die Gründe für das Abschlachten waren vielfältig: von der steigenden Nachfrage nach Bisonleder in Kombination mit neu- en Gerbverfahren über den Fleischbedarf und die „Reinigung“ der Landschaft von Hindernissen für den sich ausbreitenden Ei- senbahnverkehr bis hin zur Vernichtung der Lebensgrundlage der amerikanischen Ureinwohner in den „Indianerkriegen“. Mit ursprünglich mehr als 30 Millionen Tieren vom Norden Mexikos bis Alaska und Kanada verbreitet, verblieben gegen 1890 nur mehr Die letzten Riesen einige hundert Tiere, die berühmtesten unter ihnen im Yellowsto- ne-Nationalpark. Heute leben wieder insgesamt rund 30.000 Bi- sons in Freiheit; 19.000 davon gehören zu der Prärie-Unterart, Die größten die restlichen 11.000 zur nördlichen Unterart des noch größeren Landsäugetiere Eine fotografische Hommage an den Bison Waldbisons (heute auf Kanada beschränkt, in Alaska ausgestor- Nordamerikas werden bis zu Von Frank Zachos Fotos: Heidi & Hans-Jürgen Koch ben). Dem gegenüber stehen rund 500.000 Tiere, meist Prärie- 3,80 Meter bisons, in kommerziellen Viehherden, die für den Artenschutz (Männchen) gar nicht oder nur sehr eingeschränkt von Nutzen sind. Frei le- bzw. 2,40 Meter (Weibchen) bende Bisons sind aus 99 Prozent ihres ursprünglichen Verbrei- lang. tungsgebietes verschwunden und auch heute noch durch Hybri- disierung mit Hausrindern, durch genetische Verarmung sowie durch Rinderkrankheiten und Habitatverlust bedroht. Die Rin- derlobby, die die Übertragung von Krankheiten vom Bison auf ihr Vieh fürchtet, übt mancherorts erheblichen Druck aus, den Bisonbestand möglichst klein zu halten. Die Ausstellung und das Buch (Deutscher Fotobuchpreis GOLD 2015) „Buffalo Ballad – On the Trail of an American Icon“ von Heidi und Hans-Jürgen Koch sind eine Hommage an diese gewal- tigen Tiere. Der zweisprachige Text (Deutsch und Englisch) ist sehr kurz gehalten und beschränkt sich auf Grundinformationen und eine chronologische Auflistung der für die Beziehung von Mensch und Bison relevanten Ereignisse. Im Zentrum stehen großformatige, fast ausschließlich schwarz-weiße Fotografien, auf Beinahe ausgerottet wurde der Bison in denen der Bison und seine Welt auf beeindruckende Weise ein- der Vergangenheit – gefangen sind. Die Fotoarbeiten sind eine Augenweide, zugleich heute leben wieder Feier der und Verbeugung vor der Natur. Der Titel deutet zwar rund 30.000 Bisons an, dass der Mythos mitschwingt, jedoch zeigen viele naturalis- in Freiheit. tische Aufnahmen ganz einfach die entmystifizierte Tierart Bi- son bison, was eine romantisierende Verklärung im Keim erstickt. Die Fotografien sind nicht nur ein optischer Genuss, sie sind auch das Porträt eines Überlebenden – und erzeugen somit zugleich Freude darüber, dass diese faszinierenden Tiere gerade noch ein- mal davongekommen sind und sich nicht in die lange Liste der vom Menschen ausgerotteten Arten eingereiht haben. Heidi und Hans- Jürgen Koch haben Buffalo Ballad. Fotografien von Heidi & Hans-Jürgen Koch den Bisons eine Hom- Sonderausstellung in den Kabinetten im Hochparterre mage vorwiegend in schwarz-weißen Fotos 15. 04. bis 04. 10. 2015 in Kooperation mit der Edition Lammerhuber gewidmet. Universum Magazin 3 | 2015 3 | 2015 Universum Magazin
8 Körpersteine 9 Nierensteine völ ker ung persteinen, die an der PASiN Körpersteine – beobachtet. Die Galle ist für die Fettver- verwahrt werden, sollte die Vielfalt der kristallinen Pro- dukte veranschaulichen und Mineralien der dauung und die Ausscheidung ver- schiedener Substanzen auch eine Diagnose am Fundort bei der Skelettbergung oder der an- thropologischen Analyse erleichtern. besonderen Art Von Maria Teschler-Nicola und Eduard Winter aus dem Körper, etwa Cho- lesterin und Bilirubin, verant- wortlich. Liegen diese Bestandteile in der Gallenflüssigkeit nicht im richtigen Gallensteine Eine an der PASiN verwahrte Kollek- tion, eine „geschlossene“ Privatsamm- lung von Nieren- und Blasensteinen, hat überdies nicht nur als Anschauungsma- Verhältnis vor, können Gallensteine aus- terial von „Kunstwerke[n] aus dem In- kristallisieren. Die meisten dieser Steine nern“ (Die Zeit, 26.1.2012) Bedeutung er- I Die Steinesammlung des Urologen und Chirurgen Leopold von Dittel (1815–1898) n der Pathologisch-anatomischen sind „stumme Steine“, die keine Be- langt, sondern auch als medizinhisto- Sammlung im „Narrenturm“ schwerden verursachen. Auch Nieren risch relevante Kollektion. Sie wurde (PASiN) wird u. a. auch eine Objekt- und ableitende Harnwege zählen zu den von Leopold von Dittel (1815–1898), ei- kategorie besonderer Art, nämlich Regionen, die von Steinbildungsprozes- nem österreichischen Urologen eine Kollektion von etwa 500 mensch- sen bevorzugt betroffen sind und Chirurgen, der für seine lichen Körpersteinen, verwahrt. Wie (=„Nephrolithe“ resp. „Urolithe“); innovative Operations- klinische Erfahrungen und Statistiken Konkremente können sich in allen technik bekannt ge- zeigen, sind solche Hartgebilde in der Teilen der Niere, dem Nieren- worden war, ange- rezenten Bevölkerung sehr häufig. Sie kelch, dem Nierenbecken, dem legt und kann werden durch Ausfällung vorher gelös- Nierenparenchym oder den bei Spezial- ter organischer oder mineralischer Sal- Nierenpapillen, entwickeln – f ü h r u nge n ze in Hohlkörpern, etwa der Gallen- ebenso findet man Steine in besicht ig t oder Harnblase, sowie anderen Gewe- Harnleiter, -blase und -röhre. werden. Ein ben unter bestimmten Bedingungen Ihre Häufigkeit in der Bevölke- einschlägiges gebildet. Für das bizarre, farb- und rung beträgt rund fünf Prozent. Objekt von formenreiche Erscheinungsbild der Trotz ihrer Häufigkeit in der heu- ähnlicher Be- Körpersteine („Konkremente“) ist häu- tigen Bevölkerung scheinen Körper- deutung – in die- fig die Morphologie des Manifestati- steine in prähistorischen Kontexten bis- sem Fall handelt es onsorgans und die Zusammensetzung her massiv unterrepräsentiert. Ein Phä- sich um eine kalzifi- Gallensteine der Gewebeflüssigkeit verantwortlich. nomen, das sich eventuell der ver- zierte, benigne Ge- Die Ursachen von Steinleiden sind viel- gleichsweise geringeren durchschnittli- schwulst der glatten fältig und komplex; oft ist die Entste- chen Lebenserwartung (und einer ge- Muskelfasern der Gebär- hung mit der Ernährung und der Flüs- ringeren Konkrementbildungs-Wahr- mutter (Uterusmyom) – fin- sigkeitszufuhr assoziiert. Ein Steinlei- scheinlichkeit) des prähistorischen Men- det sich auch im Sammlungs- den kann auch als Produkt angebore- schen verdankt oder aus ungünstigen Blasensteine bestand der Anthropologischen ner Stoffwechselerkrankungen auftre- Erhaltungsbedingungen resultiert. Abteilung. Es gilt als erstes biologisches ten oder einen Bezug zu chronischen Ebenso plausibel scheint uns die An- Konkrement, das als Körperstein in Gallensteine Ein Uterusmyom Krankheiten oder Infektionskrankhei- nahme, dass die Konkremente einem archäologischen (römer- ten aufweisen. aufgrund ihres natursteinar- zeitlichen) Fundzusam- Körpersteine werden nach unter- tigen Charakters bei der menhang entdeckt und schiedlichen Kriterien, etwa nach ih- Bergung der menschli- beschrieben wurde rer Lokalisation oder auch auf- chen Skelettreste ein- und unseren Wis- grund ihrer chemischen Zusam- fach übersehen senskanon um ei- NHM WIEN/WOLFGANG REICHMANN mensetzung, charakterisiert. wurden bzw. wer- nen weiteren Sie finden sich am häufigsten den. Die kürzlich lebensge- in der Galle und im Gallen- vorgenommene s ch icht l ich gang (=„Choleolithe“), in In- fotografische interessan- dustrieländern werden sie etwa Dokumentati- ten Hinweis bei zehn bis 15 Prozent der Be- on von Kör- ergänzt. Universum Magazin 3 | 2015 3 | 2015 Universum Magazin
10 Jubiläumsausstellung Insekten 11 Das Wissen der Dinge Insekten: Herrscher der Eine Ausstellung zum 650-jährigen Jubiläum der Universität Wien im NHM Wien Lüfte für 200 Mio. Jahre W Von Claudia Feigl issensproduktion und die über die wichtigsten Daten -vermittlung an der aus der Geschichte der Univer- Universität Wien von sität Wien informiert. Veran- Insekten sind vor rund 480 Millio- W 1755 bis heute ist Gegenstand ei- schaulicht werden diese Daten ner Jubiläumsausstellung, die durch reproduzierte Baupläne issenschaftlern des in- anhand von Objekten aus den und Gebäudeansichten einer- nen Jahren aus marinen Vorfahren ternationalen 1KITE- Lehr- und Forschungssamm- seits und durch Objekte aus den hervorgegangen und haben sich zur Projekts („1000 Insect lungen Einblicke in das wissen- Lehrsammlungen der Universi- Transcriptome Evoluti- schaftliche Arbeiten und Leh- tät andererseits. Dabei wird der vielfältigsten und erfolgreichsten on“, www.1kite.org) ist ren in den Geo- und Lebenswis- senschaften, der Astronomie, Versuch unternommen, anhand sogenannter Objektleitgruppen Tiergruppe entwickelt. In einem in- es gelungen, mit einer bisher unerreich- ten Datenmenge und der Entwicklung Chemie und Physik gewährt. den Wandel didaktischer Hilfs- ternationalen Forschungsprojekt, an völlig neuer Analyseverfahren den GUIDO MOCAFICO (2), MATHIAS TOMANDL, MATTHIAS SVOJTKA Die Ausstellung ist in einen the- mittel in einem Zeitraum von Stammbaum der Insekten zu rekon matischen Teil, der sechs wis- mehr als 200 Jahren zu zeigen: dem Ulrike und Horst Aspöck sowie struieren. Mit der Veröffentlichung in Carmarina hastata, senschaftliche Praktiken zeigt, Bücher, Bilder und Modelle fan- Nikolaus Szucsich vom NHM Wien der Fachzeitschrift „Science“ werden die und einen historischen Teil, der den sich in den ersten Lehr- Grundlagen für ein besseres Verständnis Glasmodell von L eopold und Rudolf den thematischen einbettet und sammlungen und dienen noch beteiligt sind, wurde die bis dato der Evolution dieser Tiergruppe präsen- Blaschka, um 1880 eine zeitliche Orientierung bie- tet, gegliedert. heute dazu, Studierenden Lehr- inhalte anschaulich zu vermit- größte Datenmenge mittels neu ent- tiert. Für diese Publikation arbeiteten rund 100 Wissenschaftler und Wissen- Im thematischen Teil werden teln. Im Lauf der Zeit sind zwar wickelter Methoden analysiert, um schaftlerinnen zusammen. Das chinesi- anhand historischer Instru- mente, Geräte, Apparate und bestimmte Wissensinhalte gleich geblieben, der Großteil die stammesgeschichtliche Entwick- che Institut BGI finanzierte die Sequen- zierung der Transkriptome, das sind alle Präparate grundlegende wissen- der Lehrinhalte hat sich jedoch lung der Insekten zu klären und zu zu einem Zeitpunkt aktiven Gene. Die schaftliche Methoden veran- stark verändert. Aber nicht nur wegen der riesigen Datenmenge notwen- schaulicht. Dabei stehen Funk- die Inhalte haben sich geändert, datieren. Von Ulrike Aspöck und Nikolaus Szucsich dige Entwicklung neuer Algorithmen tion und Aufgaben der Objekte sondern auch die Materialität und Software macht einen wesentlichen im Vordergrund: Welches Wis- der Objekte. Diese Kontinuitä- Teil der Innovationskraft von 1KITE aus. Kamelhalsfliegen – im Bild Raphidia ariadne – haben den Einschlag eines Asteroiden sen konnte den Forschungsob- ten und Diskontinuitäten wer- zu Ende der Kreide knapp überlebt und existieren heute in weniger als 300 Arten. Insekten sind mit mehr als einer Million jekten mit Hilfe der Geräte ent- den anhand der Objekte sichtbar beschriebenen Arten die mit Abstand ar- lockt werden? Wie sahen die Bil- gemacht. tenreichste und vielfältigste Tiergruppe der bzw. Informationen aus, die Den Glasmodellen mariner unseres Planeten. Die ungeheure Vielfalt diese Apparate produzierten? Wirbelloser von Leopold und macht Insekten zu Modellorganismen Die historischen Objekte über- Rudolf Blaschka aus der Zeit um für alle evolutionsbiologischen Frage- nehmen auch eine Brücken- 1880 wird in der Ausstellung stellungen. Anhand der Häufigkeiten von funktion für das bessere Ver- eine eigene Inszenierung gewid- Mutationen im Genom kann man das Al- ständnis moderner Mikrosko- met, um ihre einzigartige Posi- ter von Aufspaltungen im Stammbaum pie, Präparation, Spektroskopie, tion an der Schnittstelle zwi- grob abschätzen. Im 1KITE-Projekt wur- Photometrie, Morphometrie schen Lehre, Forschung und de diese „molekulare Uhr“ in einer rich- und aktueller geologischer Feld- Kunsthandwerk besonders her- tungsweisenden Form mit Hilfe von Fos- Virtuelles quantenphy- forschung. Die heutigen For- vorzuheben. silien kalibriert. Demnach traten Insek- sikalisches Labor, Bild- schirmexperiment von schungsthemen werden v.a. in ten schon vor rund 480 Mio. Jahren Mathias Tomandl, 2014 Form von Bildschirmpräsenta- Das Wissen der Dinge erstmals auf, zeitgleich mit den ersten tionen gezeigt, vereinzelt auch Jubiläumsausstellung der Landpflanzen. Bereits 100 Mio. Jahre H. BRUCKNER, N. SZUCSICH Aconitum napellus durch dreidimensionale Objekte. Universität Wien später eroberten Insekten als erste Tiere (Blauer Eisenhut), Blü- Der historische Teil liefert Sonderausstellung im Saal 50 den Luftraum und blieben für fast 200 tenmodell von Robert entlang der Wände historische des NHM Wien Mio. Jahre die alleinigen Herrscher der Brendel, um 1870 Daten in Form einer „Zeitleiste“, 06. 05. bis 31. 08. 2015 Lüfte. Universum Magazin 3 | 2015 3 | 2015 Universum Magazin
12 Herbarium 13 Das Herbarium – outdated? Ein besonde- Von Ernst Vitek res Merkmal des Acker- Gauchheils ist Gelbe Ragwurz, die Anzahl Ophrys lutea D von 30 bis 70 Drüsenhaaren ie Technik des Herbars hat sich figsten Fragen ist, ob das Sammeln solcher am Rand der vor mehr als 500 Jahren entwi- Belege heute überhaupt noch notwendig ist. Kronzipfel. ckelt. Es war notwendig, Informa- Eine Technik, die seit mehr als 500 Jahren Dieses Merk- mal ist erst auf tionen über Heilpflanzen weiterzugeben. mehr oder minder unverändert verwendet einer Nahauf- Dazu dienten Beschreibungen und Zeich- wird – „das kann doch nicht zeitgemäß sein, nahme mit nungen, bis jemand auf die Idee kam, ein- das muss doch heute anders gehen! Das kann starker Vergrö- fach eine Pflanze zu pressen und diese als man doch durch Fotos ersetzen!“ So hören ßerung zu er- kennen (rechts Information zu verschicken. Die Technik wir es immer wieder. unten). ist bis heute die gleiche geblieben: trock- Doch hier werden einige Beispiele gezeigt, nen, damit es erhalten bleibt, und flach- warum das nicht so einfach ist. Wenn man es pressen, weil dreidimensional Getrockne- vorher weiß, kann man alle unscheinbaren tes (auch das wäre v. a. bei steifen, robus- und kleinen Merkmale festhalten. Doch dann ten Pflanzen möglich) schwierig zu braucht man für jede Pflanze fünf bis zehn lagern und zu transportieren ist. Der Fotos. Und was ist, wenn sich erst im Laufe Vorteil des möglichen Vergleichs mit ei- einer wissenschaftlichen Analyse einer Pflan- nem Original war überzeugend, und sehr zengruppe ein anderes Merkmal als wichtig bald wurden Vergleichsherbarien vor al- erweist? Etwa die Behaarung auf der Blatt- lem von Heilpflanzen angelegt. Unterseite? Bei einem Herbar-Beleg drehen Ein Herbar-Beleg in einer wissenschaft- wir die Pflanze einfach um, bei einem Foto lichen Sammlung mit den damit verbunde- tun wir uns da schwer. Ein Herbar-Beleg zeigt nen Informationen ist auch eine Dokumen- jedoch alle Merkmale, denn es ist ja ein Ori- tation, dass diese Pflanze zum angegebenen ginal – eventuell mit Ausnahme der Farben, Datum am angegeben Ort zu finden war. die sich beim Trocknen verändern können. Mit dieser Information können alle mögli- Für die Interpretation eines Herbar-Bele- chen Fragestellungen bearbeitet werden: ges braucht es ein wenig Übung, doch dann Vergleiche von verwandten Arten, Verän- entstehen im Kopf aus flachen Pflanzen Bilder, derungen im Verbreitungsgebiet (z.B. durch wie die Blüten ursprünglich ausgesehen ha- Iberische Spiegel-Rag- Landschaftsveränderung durch Nutzung ben. Fotos sind dazu eine gute Hilfe und Er- wurz, Ophrys vernixia. oder Klimawandel), Nachweise von heute gänzung. Die Zukunft gehört dem Verbinden an dieser Stelle nicht mehr zu findenden der verschiedenen Informationen der Herbar- Bei manchen Pflan- zengruppen, etwa bei Arten usw. Belege und dazugehörender Fotos in einer der Orchideen-Gat- Wiesenpippau (Crepis biennis): Bei Führungen hinter die Kulissen der über das Internet zugänglichen Datenbank. tung Ragwurz (Ophrys), Bei der Gattung Pippau Botanischen Abteilung sind die Besucher sind Fotos sehr aussa- (Crepis) sind wichtige Merkma- immer stark von den scheinbar endlosen Die Botanische Abteilung ist mit ihrer Arbeit gekräftig. Doch wie NHM WIEN (9) le, wie die Art der Verzwei- groß sind die Blüten? gung im Blütenstand sowie Reihen von Schachteln mit 5,5 Millionen auch in der Ausstellung „Die präparierte Welt“ Auf einem Herbar- die Hüllblätter des Köpfchens, Herbar-Belegen beeindruckt. Eine der häu- (siehe Seiten 3 bis 5) vertreten. Beleg kann man auf einem Überblick-Foto nachmessen. nicht zu sehen. Das Merkmal „Hülle dicht Die Drüsen- spinnwebig- haare am Ein Originalbeleg der Das Merkmal „äußere filzig (anders Rand des Wulfenie (Wulfenia ca- Hüllblätter abstehend“ beim artige Haare Kronzipfels rinthiaca), von Wulfen Wiesenpippau ist am vergrö- fehlend)“ beim des Acker- zwischen 1770 und ßerten Foto zu erkennen, Pannonischen Gauchheils 1780 gesammelt, zeigt während „Hüllblätter auf der Pippau ist sind erst bei noch heute alle Merk- Innenseite anliegend seiden- auch im Ma einer starken male und kann mit un- haarig“ nur am Herbar-Beleg kro-Foto kaum Vergrößerung terschiedlichen Metho- zu sehen sind. erkennbar. zu erkennen. den analysiert werden. Universum Magazin 3 | 2015 12 | 2014 Universum Magazin
14 Ammoniten Freunde des NHM 15 Die Madagassen Erich Thenius: kommen Ehrenmitglied Von Alexander Lukeneder der Freunde des E NHM Wien inzigartige Ammo- den, welche ganze Verge- niten aus der Un- sellschaftungen zur Zeit terkreidezeit Ma- des Albiums vor 110 Milli- dagaskars (Ambatolafia onen Jahren zeigen. Die Von Herbert Summesberger A und Ambarimaninga, beiden 90 Kilogramm uf 72 Jahre Forschung, Lehre und Provinz Mahajanga) schweren Ammonitenblö- Publikationstätigkeit kann der konnten durch finanziel- cke zeigen nicht nur Em. Univ.-Prof. Erich Thenius (l.) weltweit angesehene Paläontologe le Mittel der Freunde des prachtvolle Exemplare des wird von Helmut Sattmann und Erich Thenius (*1924) zurückblicken: Naturhistorischen Muse- Ammoniten Cleoniceras Maria Teschler-Nicola geehrt. 1946 Promotion, 1951 Habilitation, 1954– ums für das Haus ange- von bis zu 40 Zentimetern 1962 Assistent, 1962 Außerordentlicher kauft werden. Ammoni- Durchmesser, sie enthal- Professor für Wirbeltierpaläontologie, NHM WIEN/HERBERT SUMMESBERGER ten aus Madagaskar zäh- ten auch seltene Ammoni- 1965 Ordinarius für Paläontologie und len zu den schönsten, die ten der Gattungen Aiolo- Paläobiologie an der Universität Wien, die Paläontologie zu bie- ceras, Desmoceras, Dou- 1985 Emeritierung. ten hat. Ammoniten, villeiceras, Neosilesites, Verwandte der Tintenfi- Phylloceras und Sanmarti- Ammoniten-Block aus der Kreide Madagaskars, 110 Millionen Zeitlebens hat sich Erich Thenius da- Jahre alt. Der Durchmesser der polierten Ammoniten mit sche, sind die bekanntes- noceras sowie eine Viel- Aragonitschale und Lobenlinien beträgt bis zu 40 Zentimeter. mit beschäftigt, aus den Resten vergange- ten fossilen Meerestiere. zahl von verschiedenen nen Lebens – den Fossilien – die Lebewelt Ihre Blüte erlebten diese Muscheln und Schnecken. erdgeschichtlicher Epochen und die Evo- Weichtiere im Erdmittel- Erst seit zirka 2001 wer- topenmethoden (Sauer- Sauerstoffisotope 16O/18O lution der Tierwelt zu rekonstruieren. alter zwischen 251 und den solch wunderbare stoff- und Kohlenstoff- einbauen. Seine Bücher „Stammesgeschichte der 66 Millionen Jahren vor Ammoniten aus Madagas- Isotope) ist es möglich, Ab März 2015 sind die Säugetiere“ und „Grundzüge der Faunen- heute. Gemeinsam mit kar ausgeführt und gelan- Daten aus den fossilen wertvollen Stücke im Saal und Verbreitungsgeschichte der Säugetie- einer Vielzahl anderer gen auf den internationa- Schalen zu erhalten und 8 des NHM Wien zu be- re“ sind Standardwerke für die Fachwelt. Tiere starben sie am len Markt. Fossilien müs- die bis heute unklare Le- wundern. Eine glänzende Bestätigung seines Fest- Ende des Erdmittelalters sen gesetzlichen Vorgaben bensweise und die Ent- haltens an der Wegener‘schen Kontinen- aus. zufolge poliert oder be- wicklung von Ammoniten NHM Thema: taldrift lieferte die Plattentektonik mit Madagaskar lag zur un- schnitten werden, um als zu entschlüsseln. Da der Die Madagassen kommen Hilfe der Tiefseebohrungen. Thenius hat teren Kreidezeit nahe der rechtlich einwandfrei zu Schalenaragonit meistens • Sonntag, 29. 3., 15.30 Uhr Ammonit der Gattung Cleo- sich immer auch für die Vermittlung wis- afrikanischen Südspitze gelten. im Laufe der Jahrmillio- • Mittwoch, 29. 4., niceras mit Originalschale senschaftlicher Erkenntnisse an Interes- aus Aragonit (Perlmutt- und bildete damals noch Drei Merkmale machen nen in Calcit umgewandelt 18.30 Uhr: schale) aus der Unterkreide sierte engagiert: Von seinen Büchern eine Einheit mit Indien. diese Blöcke so einzigartig wird und die Isotopensig- Vortrag für die Freunde Madagaskars, 110 Millionen „Niederösterreich im Wandel der Zeit“, Erst mit Beginn der mitt- und auch wissenschaftlich naturen dabei verloren ge- des NHM Jahre alt. Der Durchmesser „Versteinerte Urkunden“ und „Lebende leren Kreide lösten sich bedeutsam. Zum einen die hen, sind derart alte Ara- des Ammoniten liegt bei 25 Fossilien“ sind jeweils mehrere Auflagen Zentimetern. Madagaskar und Indien Erhaltung der Ammoni- gonitschalen aus dem erschienen. vom afrikanischen Konti- ten aus primärem Arago- Zeitalter der Dinosaurier nent und wanderten nach nit, der Perlmuttschale; eine große Seltenheit. Aus Anlass seiner 50-jährigen Mitglied- Norden. Gondwana zer- zum zweiten die vollstän- Sauerstoffisotope gelten schaft wurde Erich Thenius zum Ehren- Die Schalen des Ammoniten brach endgültig – die Am- dige Erhaltung von fossi- als gute Anzeiger für die Cleoniceras bestehen aus gesta- mitglied der Freunde des Naturhistori- moniten sind Zeitzeugen len Vergesellschaftungen Temperatur zur Zeit der pelten Aragonitplättchen. Die schen Museums Wien ernannt und er- dieses gigantischen Ereig- Madagaskars; und zum Bildung von kalkigen winzigen Stapel, die in der hielt im Rahmen der akademischen Feier Rasterelektronenmikroskop- nisses. dritten wurden bis dato Schalen, da diese je nach Aufnahme (3700-fache Vergrö- zu seinem 90. Geburtstag die Goldene Es konnten nun erst- lediglich Einzelstücke von Umgebungstemperatur ßerung) zu sehen sind, zeigen, Ehrennadel der „Freunde“ von Maria NHM WIEN (4) mals einzigartige Fos- Ammoniten angeboten. des Meerwassers be- dass die Schalen seit Millionen Teschler-Nicola und Helmut Sattmann silblöcke erstanden wer- Mit Hilfe modernster Iso- stimmte Verhältnisse der von Jahren unverändert überreicht. geblieben sind. Universum Magazin 3 | 2015 3 | 2015 Universum Magazin
16 Veranstaltungen NHM WIEN/ KURT KRACHER Der Osterhase und seine Verwandten NHM Kids & Co ab 6 Jahren: • Samstag, 21. März, 14 Uhr • Sonntag, 22. März, 10 und 14 Uhr Nicht alle Hasen haben lange Ohren, aber sie besitzen Nagezähne, ja sogar vier davon! Aber sind sie deshalb Nagetiere? Erfahre die spannendsten Hasen- geschichten und mach dir deinen eigenen Osterhasen. NHM Digitales Planetarium mischen Zusammensetzung. Lass dich dabei nicht in den Fritz F. Steininger, Krahuletz- • Täglich außer Dienstag, 14.00– Erleben Sie unsere modernen April schicken! Museum, Eggenburg 17.00 Uhr (stündlich) Geräte live im Einsatz. • Samstag, 28. März, bis Donners- • Mittwoch, 8. April, 18.30 Uhr • Samstag und Sonntag zusätzlich Dan Topa, Zentrale Forschungs- tag, 2. April, 10 und 14 Uhr 11.00 und 13.00 Uhr laboratorien, NHM NHM Darkside Dinosaurier und das Abenteuer • Mittwoch, 18. März, 18.30 Uhr NHM Kids & Co ab 3 Jahren: Ein Streifzug durch das nächtli- des Fliegens, Supervulkane, Das Allerlei rund ums Ei che Museum, untermalt vom Geheimnis der Bäume (für Kin- NHM Vortrag: Ein Küken schlüpft aus dem Ei. Ruf des Käuzchens. der ab 4 Jahren), Die Entstehung Neues zum Ursprung der Aber wie ist es mit Schnecken, Karten nur im Vorverkauf, 19,- des Lebens, Leben – eine kosmi- Gattung Homo Fischen und Schildkröten? Wir Euro sche Geschichte, Im Reich des Eine Veranstaltung der Freunde vergleichen Eier von verschiede- • Freitag, 10. April, 22.00 Uhr Lichts, Dynamische Erde: Klima des NHM. Spektakuläre neue nen Tieren und untersuchen ein im Wandel, Der Blaue Planet und Fossilfunde aus Südafrika wer- Hühnerei. Dann besuchen wir NHM Vortrag: das Leben im All oder Katastro- fen ein völlig neues Licht auf den die Tiere, die Eier legen – und Implications of a Changing phen im Kosmos Ursprung der Gattung Homo. natürlich auch den Osterhasen! Earth: Obvious and Cascading Live zu den Sternen: Reise durch Peter Schmid, Universität und • Sonntag, 29. März, 16 Uhr Eine Veranstaltung der Freunde die Nacht (Liveshow) ETH Zürich des NHM gemeinsam mit der • Jeden Mittwoch, 17.00 Uhr und • Mittwoch, 18. März, 18.30 Uhr NHM Thema: April, April! Österreichischen Geologischen Sonntag, 14.00 und 16:00 Uhr Manches aus der Natur klingt Gesellschaft Supervolcanoes (englisch) NHM Thema: unglaublich und ist trotzdem Stephen Macko, • Jeden Mittwoch, 15.00 Uhr Auf den Zahn gefühlt – von wahr. Welche Geschichte erzählt University of Virginia Detaillierter Spielplan auf www. Ottern und Nattern die Wahrheit, was wurde frei er- • Mittwoch, 15. April, 18.30 Uhr nhm-wien.ac.at/veranstaltungs- Seit jeher haben Menschen Gift- funden? Lassen Sie sich dabei programm bzw. www.nhm-wien. schlangen mit einer Mischung nicht in den April schicken! NHM Vortrag: ac.at/planetarium aus Angst, Ehrfurcht, Abscheu Peter Sziemer, Abteilung Aus- Der Nusplinger Plattenkalk – Er- und Faszination betrachtet. Die stellung und Bildung, NHM forschung einer Fossillagerstätte NHM Vortrag: Führung gibt Einblicke in das • Mittwoch, 1. April, 18.30 Uhr im Oberjura Süddeutschlands Meeresschildkröten im Mittel- Leben dieser meist zu Unrecht Eine Veranstaltung der Freunde meer: 20 Jahre österreichische gefürchteten Lebewesen. NHM Vortrag: des NHM gemeinsam mit der Ös- Schutzbemühungen Silke Schweiger, Herpetologische Candid Ponz Reichsritter von En- terreichischen Paläontologischen Michael Stachowitsch, Sammlung, NHM gelshofen (1803–1866) – Gutsherr, Gesellschaft Universität Wien • Sonntag, 22. März, 15.30 Uhr Sammler, Forscher Günter Schweigert, Staatliches • Mittwoch, 11. März, 18.30 Uhr Eine Veranstaltung der Freunde Museum Stuttgart NHM Vortrag: des NHM • Mittwoch, 22. April, 18.30 Uhr NHM Thema: China – Edelsteine und Jade Best of NHM – Die Essenz aus Xinjiang Poetische Texte als alternativer Eine Veranstaltung der Freunde Zugang zu den traditionellen In- des NHM. Die Jadevorkommen 150 Jahre Wiener Ringstraße NHM/KURT KRACHER formationsschienen – bekannte entlang der Seidenstraße besit- und weniger bekannte Objekte in zen jahrhundertealte Tradition. Neugestaltung im Saal 1: Bau- und der Schausammlung des NHM Pegmatitvorkommen liefern er- Dekorgesteinssammlung unter neuen Blickwinkeln. lesene Edelsteine. Chinakenner Das NHM Wien besitzt eine der größten Sammlungen von Brigitta Schmid, Abteilung Aus- Berthold Ottens berichtet mit stellung & Bildung, NHM eindrucksvollen Fotos über die Bau-, Dekor- und Ziergesteinen in Europa. Die Sammlung • Sonntag, 15. März, 15.30 Uhr aktuelle Fundsituation in der wurde in der zweiten Hälfte des 19. wenig bekannten Region. Jahrhunderts von Felix Karrer ge- NHM Hinter den Kulissen: Berthold Ottens, Walsdorf bei gründet und beinhaltet Proben von Das elektronenmikroskopische Bamberg Gesteinen, die beim Bau berühmter Labor • Mittwoch, 25. März, 18.30 Uhr Gebäude und Monumente einge- Seit 2012 sind die modernisierten setzt wurden. Im neuen Ausstel- Labore für analytische Elektro- NHM Kids & Co ab 6 Jahren: lungskonzept werden ab 11. März nenmikroskopie in Betrieb. Elek- April, April! vor allem Proben jener Gesteine ge- tronenmikroskopie dient der Un- Manches aus der Natur klingt zeigt, die für die Gestaltung von tersuchung von Objekten im Mi- ganz unglaublich und ist trotz- Wiener Gebäuden und Denkmälern kro- und Nanometerbereich dem wahr! Finde heraus, welche Verwendung fanden – unter beson- (0,000001 mm), sowohl struktu- Geschichte die Wahrheit erzählt derer Berücksichtigung der Bauten rell als auch hinsichtlich der che- und was frei erfunden wurde. der Wiener Ringstraße. Impressum Medieninhaber: LW Werbe- und Verlags GmbH, Unternehmensbereich LW Media, 3500 Krems, Ringstraße 44/1 und 1060 Wien, Linke Wienzeile 40/22, Österreich. Herausgeber und Geschäftsführer: Erwin Goldfuss. Chefredakteur: DI Martin Kugler. Redaktionsteam Naturhistorisches Museum: Dr. Reinhard Golebiowski, Mag. Irina Kubadinow, Dr. Helmut Sattmann, Dr. Herbert Summesberger, Mag. Gertrude Zulka-Schaller. Artdirektion: Erich Schillinger. Das Naturhistorische erscheint vierteljährlich als Beilage zum Universum Magazin. „Das Naturhistorische” ist eine entgeltliche Einschaltung in Form einer Medienkooperation mit dem Naturhistorischen Museum. Die redaktionelle Verantwortung liegt beim Universum Magazin. Universum Magazin 3 | 2015
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