Das politische Buch im Gespräch - Erstes Halbjahr 2019 - Landeszentrale für politische ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Im Rahmen des aktuellen Programms unserer langjährigen Reihe „Das politische Buch im Gespräch“ präsentieren wir im 1. Halb- jahr 43 Neuerscheinungen auf dem politischen Buchmarkt in ins- gesamt 50 Veranstaltungen in allen Regionen Thüringens. Das breite Themenspektrum und die verschiedenen Anlässe, auf die wir uns beziehen, widerspiegeln unseren weit gefassten Begriff von politscher Bildung. Gemäß dem Selbstverständnis der Landeszentrale für politische Bildung repräsentieren die von uns eingeladenen Autorinnen und Autoren unterschied- liche politische Positionen. Mit unserer Lesereihe wollen wir Neuerscheinungen und Autorinnen sowie Autoren vorstellen und zum Dialog bzw. kontroversen Gespräch einladen. fb.me/LandeszentraleThueringen Ansprechpartner: Leiter: Franz-Josef Schlichting, 57 32 11 700 franz-josef.schlichting@tsk.thueringen.de Referat 1, stellvertretender Leiter: Peter Reif-Spirek, 57 32 11 710 peter.reif-spirek@tsk.thueringen.de Referat 2: Antonio Peter, 57 32 11 720 antonio.peter@tsk.thueringen.de Referat 3: Ursula Nirsberger, 57 32 11 730 ursula.nirsberger@tsk.thueringen.de Referat 4: Wieland Koch, 57 32 11 740 wieland.koch@tsk.thueringen.de Landeszentrale für politische Bildung Thüringen Regierungsstraße 73, 99084 Erfurt Telefon 0361-57 32 11 701 Fax 0361-57 32 11 702 www.lzt-thueringen.de
Manja Präkels Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß Landleben zwischen Lethargie und Lebenslust. Mimi und Oliver sind Nachbarskinder und Angelfreunde in einer kleinen Stadt an der Havel. Sie spielen Fußball miteinander, leisten den Pionierschwur und berauschen sich auf Familienfesten heimlich mit den Schnapskirschen der Eltern. Mit dem Mauerfall zerbricht auch ihre Freundschaft. Mimi sieht sich als der letzte Pionier – Timur ohne Trupp. Oliver wird unter dem Kampfna- men Hitler zu einem der Anführer marodierender Jugendbanden. In Windeseile bringen seine Leute Straßen und Plätze unter ihre Kon- trolle. Dann eskaliert die Situation vollends … Manja Präkels erzählt in ihrem Debütroman vom Verschwinden der DDR in einem brandenburgischen Kleinstadtidyll, dem Auftauchen ver- loren geglaubter Gespenster, von Freundschaft und Wut. Die Autorin wurde für dieses Buch mit dem Kranichsteiner Jugendlite- ratur-Stipendium 2018 und dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2018 ausgezeichnet. Sie erhielt zudem den Anna-Seghers-Preis 2018. Manja Präkels, 1974 in Zehdenick/Mark geboren, ist Sängerin der Band »Der singende Tresen« und Autorin des Lyrikbandes »Tresenlie- der«. Sie ist Mitherausgeberin der erzählerischen Anthologie »Kaltland – Eine Sammlung«, eines Klassikers der Nachwende-Literatur. Manja Präkels stellte mit Markus Liske das Erich-Mühsam-Lesebuch »Das seid ihr Hunde wert!« (2014) sowie den Band »Vorsicht Volk! Oder: Bewegungen im Wahn?« (2015) zusammen. Präkels erhielt für ihr Werk zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem das Alfred-Döblin- Stipendium der Akademie der Künste (2005) und das Aufenthaltssti- pendium im Writers House Ventspils, Lettland (2012/13). Freitag, 11. Januar 2019, 18:00 Uhr Gera, Gedenkstätte Amthordurchgang e.V. Weitere Informationen gibt Referat 4. 1
Christian Bommarius 1949 – Das lange deutsche Jahr 1949 ist das Jahr der doppelten Staatsgründung und des Beginns der zweiten Demokratie auf deut- schem Boden. Die ersten Bun- destagswahlen bringen Konrad Adenauer ins Kanzleramt, Theodor Heuss wird Bundespräsident, Bonn Hauptstadt der Bundesrepublik. In der DDR wird Wilhelm Pieck Präsi- dent, Ministerpräsident Otto Grote- wohl. Christian Bommarius erzählt so kundig wie kurzweilig die Ge- schichte des langen Jahres 1949, das bereits 1948 einsetzt, als mit Währungsreform und Auftrag zur Verfassungsbildung die Weichen in Richtung Bundesrepublik gestellt wurden. Und 1948 blockiert auch die Sowjetunion den Zugang zu West-Berlin, eine Blockade, die fast ein Jahr andauert, die abgeschnittene Stadt kann nur durch die Luftbrücke der Alliierten mit dem Lebensnotwendigen versorgt werden. Bommarius schildert zentrale und marginale Episoden aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Alltagsleben. Sein Buch ist ein buntes Panop- tikum der frühen Bundesrepublik – und birgt eine höchst aktuelle Botschaft: Demokratisches Denken und Handeln muss immer wieder gegen Widerstände gelebt werden, damals wie heute. „Christian Bommarius‘ großes Panorama der Nachkriegsjahre verstört und ist zugleich ein stilistischer Genuss, von dem man nicht mehr los- kommt. Nie ist so klug, komisch und kompromisslos über diese Zeit geschrieben worden.“ (Prof. Dr. Karina Urbach, Institute for Advanced Study, Princeton) Christian Bommarius, Jahrgang 1958, studierte Germanistik und Rechtswissenschaft. Nach journalistischen Stationen, etwa als Korres pondent beim Bundesverfassungsgericht, war er von 1998 bis 2017 Redakteur der Berliner Zeitung. Seit 2018 ist er Kolumnist der Süd- deutschen Zeitung. Für sein publizistisches Werk wurde Bommarius der Heinrich-Mann-Preis verliehen. Mittwoch, 16. Januar 2019, 18:30 Uhr Geisa, Haus auf der Grenze, Platz der deutschen Einheit 1 Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. 2
Joachim Käppner 1918. Aufstand für die Freiheit. Die Revolution der Besonnenen Die Revolution der Arbeiter und Sol- daten von 1918 – eine historische Chance für ein demokratisches Deutschland, die nicht genutzt wur- de. Ziel der Revolutionäre war nicht, nach russischem Vorbild ein bol- schewistisches Regime zu errichten, sondern den Krieg zu beenden und die Freiheit zu erringen. Das Aufbe- gehren in Deutschland blieb verhält- nismäßig friedlich, bis die von der SPD geführte Übergangsregierung, der „Rat der Volksbeauftragten“, mit der alten Heeresführung ein Bünd- nis schloss, statt sie umgehend ab- zusetzen. Die Radikalisierung des Protestes bis zu den „Weihnachts- kämpfen“ 1918 war eine Folge. Am Ende mobilisierte eine sozialdemo- kratische Regierung ihre früheren Todfeinde aus dem Militär gegen die Revolutionäre. Doch die Geister, die sie rief, wurde sie nie wieder los – zum bleibenden Schaden für die junge Demokratie. In der Geschichtswissenschaft galt lange das Diktum, die SPD habe keine andere Wahl gehabt, als sich gegen die linksradikalen und für die reaktionären Kräfte zu entscheiden. Joachim Käppner wertet Quel- len und neueste Forschungsergebnisse aus und zeichnet ein gerech- teres Bild der Arbeiter und Matrosen, die eine Welt aus den Angeln hoben und den Weg in die Weimarer Demokratie öffneten. Joachim Käppner, promovierter Historiker, ist Redakteur und Autor bei der Süddeutschen Zeitung. Zuletzt erschien von ihm im Berlin Verlag „Die Familie der Generäle. Eine deutsche Geschichte“ (2007) und „Berthold Beitz. Die Biographie“ (2010). Donnerstag, 17. Januar 2019, 19:00 Uhr Gotha, Historischer Saal des Tivoli, Am Tivoli 3 Weitere Informationen gibt Referat 1. 3
Uli Schöler (Hg.) Weltkrieg, Spaltung, Revolution. Sozialdemokratie 1916–1922 2019 jährt sich zum 100. Mal die Gründung der Weimarer Republik, die sich der Novemberrevolution der Arbeiterbewegung verdankt. Ebenfalls vor 100 Jahren wurde Rosa Luxemburg ermordet – in den Gewaltexzessen der sogenannten Januarkämpfe 1919, die den Beginn der ersten deutschen Demokratie prägten und deren politische Kultur dauerhaft belasteten. Die Geschichte der Arbeiterbewe- gung von 1916 bis 1922 wird oft als Zweiteilung in Mehrheitssozialde- mokratie und Unabhängige Sozial- demokratie einerseits sowie die sich gründende Kommunistische Partei andererseits beschrieben. Doch diese allzu schlichte Darstellung wird den tatsächlichen politischen Auseinandersetzungen zwischen und in diesen Gruppen nicht gerecht. Der Vortrag zum Sammelband wird vor allem Rosa Luxemburg, die Novemberrevolution und die Weimarer Linke in den Blick nehmen. Uli Schöler rekonstruiert die Spaltungsgeschichte der Arbeiterbewegung und Rosa Luxemburgs Rolle in diesen Auseinandersetzungen. Er stellt die kontroversen Debatten in der Novemberrevolution um Fragen der politischen Verfassung und der Gestaltung der Wirtschaftsordnung (Nationalversammlung oder Räteverfassung) dar, die in gewalttätigen Auseinandersetzungen und Umsturzversuchen eskalierten. Die Ja- nuarkämpfe und die gegensätzlichen Einschätzungen der russischen Entwicklung vertieften die Spaltungen der Arbeiterbewegung in der Demokratiefrage. Schließlich untersucht der Vortrag den Umgang mit dem theoretischen Erbe Rosa Luxemburgs in den unterschiedlichen Strömungen der Weimarer Linken. Prof. Dr. Uli Schöler lehrt am Otto-Suhr-Institut der Freien Universi- tät Berlin. Hauptberuflich ist er stellvertretender Direktor und Abtei- lungsleiter beim Deutschen Bundestag, ehrenamtlich leitet er die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung. Zuletzt gab er mit Thilo Scholle den Sammelband „Weltkrieg, Spaltung, Revolution. Sozialdemokratie 1916–1922“ heraus. Mittwoch, 23. Januar 2019, 19:00 Uhr Erfurt, Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7 Weitere Informationen gibt Referat 1. 4
Eckart Conze Die Grosse Illusion. Versailles 1919 und die Neuordnung der Welt Der Versailler Vertrag hat die Welt geprägt bis heute – alte Reiche ver- sanken, moderne Nationalstaaten erwachten, es entflammten aber auch neue Konflikte, ob auf dem Balkan oder im Nahen Osten. Dabei waren 1919 die Hoffnungen der ganzen Welt darauf gerichtet, dass nach dem Großen Krieg eine stabile Ordnung ge- schaffen und dauerhafter Friede herr- schen würde. Doch wie Eckart Conze in seinem glänzend geschriebenen und minutiös recherchierten Buch zeigt, erwiesen sich alle Hoffnungen als gewaltige Illusion. Denn weder die alliierten Sieger noch das geschlage- ne Deutschland und die anderen Ver- lierer waren bereit, wirklich Frieden zu machen. Auf allen Seiten ging auch nach dem Waffenstillstand der Krieg in den Köpfen weiter, mit verhee- renden Folgen. Versailles - das war der Frieden, den keiner wollte. Eckart Conze, geboren 1963, ist Inhaber des Lehrstuhls für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Marburg. Von ihm zuletzt erschie- nen: „Die Suche nach Sicherheit. Eine Geschichte der Bundesrepublik von 1949 bis in die Gegenwart“ (2009) und „Das Amt und die Vergan- genheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepu- blik“ (mit N. Frei, P. Hayes und M. Zimmermann, 2010). Mittwoch, 30. Januar 2019, 18:15 Uhr Jena, Historisches Institut, Friedrich-Schiller-Universität, Zwätzengasse 3 Doppellesung mit Markus M. Payk: Frieden durch Recht? Der Aufstieg des modernen Völkerrechts und der Friedensschluss nach dem Er- sten Weltkrieg Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. 5
Marcus M. Payk Frieden durch Recht? Der Aufstieg des moder- nen Völkerrechts und der Friedensschluss nach dem Ersten Weltkrieg – Ein Autorengespräch „Versailles“ und die Verrechtlichung der internationalen Politik. Bei kei- nem anderen Frieden der neuzeit- lichen Geschichte spielte die Be- rufung auf Recht und Gerechtigkeit eine so prominente Rolle wie nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Im Gegensatz zu bisherigen Dar- stellungen, die sich vornehmlich auf eine Demütigung Deutschlands durch das „Versailler Diktat“ kon- zentrieren, bietet diese breit ange- legte Neuinterpretation der gesam- ten Pariser Friedenskonferenz von 1919/20 ein differenziertes Bild. Marcus Payk kann anhand zahlrei- cher Beispiele nachweisen, welche politische Kraft, aber auch welche unkontrollierbare Eigenlogik völkerrechtlichen Argumenten und Akteu- ren während der Friedensverhandlungen zukam. Erst durch die Berück- sichtigung der normativen Erwartungen der Vorkriegs- und Kriegszeit werden die Friedensabkommen mit Deutschland, Österreich, Ungarn, Bulgarien und dem Osmanischen Reich verständlich. Die Untersu- chung ordnet den Friedensschluss damit in längerfristige Tendenzen einer Verrechtlichung der internationalen Politik ein und fordert zu- gleich dazu auf, über die Möglichkeiten und Grenzen des Völkerrechts nachzudenken. Markus M. Payk, Professor für Neuere Geschichte unter Berücksichti- gung der westeuropäischen Geschichte an der Helmut-Schmidt-Uni- versität / Universität der Bundeswehr, Hamburg Mittwoch, 30. Januar 2019, 18:15 Uhr Jena, Historisches Institut, Friedrich-Schiller-Universität, Zwätzengasse 3 Doppellesung mit Eckart Conze: Die Grosse Illusion. Versailles 1919 und die Neuordnung der Welt Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. 6
Anja Baumheier Kranichland In ihrem Debütroman erzählt Anja Baumheier eine packende Familienge- schichte über das geteilte Deutschland. Die Groen-Schwestern wachsen im Ost- Berlin der sechziger Jahre heran. Unter- schiedlicher könnten die beiden Mäd- chen nicht sein: Charlotte, die ältere, brennt ebenso für den Sozialismus wie ihr Vater Johannes, der am Ministerium für Staatssicherheit Karriere macht. Die künstlerisch begabte Marlene hingegen eckt überall an und verliebt sich Hals über Kopf in Wieland, einen Pfarrers- sohn, der die DDR kritisch hinterfragt. Mit jedem Tag wächst die Sehnsucht nach einem Leben in Freiheit. Als das junge Paar beschließt, in den Westen zu fliehen, trifft Marlenes Vater eine Entscheidung – mit fatalen Folgen, die noch Jahrzehnte später spürbar sind … „Kranichland“ erzählt anhand des bewegenden Schicksals der Familie Groen fast achtzig Jahre deutsche Zeitgeschichte: von Bom- bennächten und Vertreibung, Wiederaufbau und Gründung der DDR, über das geteilte Deutschland und die Wende bis heute. Anja Baumheier wurde 1979 in Dresden geboren und hat ihre Kindheit in der DDR verbracht. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Berlin und arbeitet als Lehrerin für Französisch und Spanisch an einer Berliner Schule. 2018 erschien mit „Kranichland“ ihr erster Roman. Mittwoch, 6. Februar 2019, 19:00 Uhr Mühlhausen, Stadtbibliothek, Sankt Jacobi 1 Weitere Informationen gibt Referat 4. 7
Hans Schafranek Widerstand und Verrat. Gestapospitzel im antifaschistischen Untergrund 1938–1945 Die Geheime Staatspolizei (Gestapo), das am meisten gefürchtete Instrument des NS-Regimes, verfügte lediglich über eine sehr dünne Personaldecke. Dennoch ge- lang es ihr, in fast alle Gruppen und Netz- werke des organisierten Widerstandes einzudringen und sie zu zerschlagen. Wie dies möglich war, zeigt Hans Schafranek in seiner hochinteressanten Studie über die Unterwanderung von Widerstands- gruppen durch die Wiener Gestapo. Da- bei arbeitet er in seinem Buch nicht nur regionale Besonderheiten heraus, son- dern schildert auch allgemeine Aspekte der verdeckten Ermittlungsarbeit der Gestapo sowie deren strukturellen Auf- bau und Tätigkeitsfelder. Im Vordergrund stehen die persönlichen Geschichten über Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen Spitzel für das NS-Regime wurden. Man- che drängten sich beinahe als Verräter auf, andere wiederum wurden un- freiwillig und unter Druck zu Kollaborateuren. Sie alle arbeiteten als Zuträ- ger, die regelmäßig und gegen Geld Informationen über Einzelpersonen, aber auch Gruppen weitergaben. In dieser Funktion traten sie zum Teil auch als aktive Werber und augenscheinliche Initiatoren des Widerstan- des auf und lieferten die Beteiligten später an die Gestapo aus. Nur ein ge- ringer Teil der Spitzel wurde nach Kriegsende wegen ihrer Taten angeklagt. Auf der Grundlage langjähriger Recherchen in österreichischen, deut- schen und russischen Archiven dokumentiert und analysiert Hans Schafranek die immense und lange Zeit unterschätzte Bedeutung von V-Leuten. Entstanden ist ein bahnbrechendes Werk über einen bislang weitgehend unerforschten Teil der NS-Geschichte. Das Buch wirft nicht nur einen Blick auf dieses tödliche Netzwerk, sondern zeigt auch, wie in der Zeit des Nationalsozialismus Widerstand und Verrat unauflöslich miteinander verknüpft waren. Dr. Hans Schafranek ist Historiker und freier Mitarbeiter am Dokumen- tationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Außerdem ist er Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher zu den Themenschwerpunkten ver- gleichende Diktaturforschung, österreichische Zeitgeschichte bis 1945, Emigration in die UdSSR und Nachrichtendienste im Zweiten Weltkrieg. Mittwoch, 6. Februar 2019, 19:00 Uhr Erfurt, Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7 Weitere Informationen gibt Referat 1. 8
Susanne Hantke Schreiben und Tilgen. Bruno Apitz und die Entstehung des Buchenwald-Romans „Nackt unter Wölfen“ Der Roman „Nackt unter Wölfen“, 1958 in der DDR erschienen, wurde innerhalb kurzer Zeit ein Welterfolg, der bald in 30 Sprachen übersetzt wurde. Sein Autor, der Kommunist Bruno Apitz (1900–1979), war selbst Häftling in Buchenwald gewesen und hatte fast acht Jahre Lager überlebt. Nachdem die Buchenwalder Kom- munisten in der frühen DDR ins po- litische Abseits geraten waren, woll- te Apitz den Überlebenskampf der Kommunisten im KZ schildern und die politisch-moralischen Konflikte des Widerstands zum Thema ma- chen. Die Idee zum Roman entstand bald nach der Befreiung, doch erst ab 1954 wagte sich Apitz an den Stoff. Drei Jahre lang arbeitete er in- tensiv an dem Manuskript: Figuren und Szenen fielen der Selbstzensur und konkurrierenden politischen Lesarten zum Opfer. Auf der Basis des von ihr vollständig erschlossenen Romanmanu- skripts zeichnet Susanne Hantke den Schreib- und Entstehungspro- zess des antifaschistischen Bestsellers nach und erhellt darin vielfach unbekannte biografische und politische Hintergründe. Zum 60. Jahres- tag des Romans „Nackt unter Wölfen“ ist Susanne Hantkes Arbeit ein elementarer Beitrag zur Entmythologisierung des Buchenwaldgedächt- nisses. Susanne Hantke, Historikerin und Germanistin, lebt in Berlin. Sie hat gemeinsam mit Angela Drescher die textkritisch erweiterte Neuausga- be von „Nackt unter Wölfen“ (2012) herausgegeben und das Nachwort zum Buch verfasst. Für die filmische Neuinterpretation des Romans (2015) hat sie die Dreharbeiten als Beraterin begleitet. Donnerstag, 7. Februar 2019, 19:00 Uhr Weimar, Eckermann-Buchhandlung, Marktstraße 2 Weitere Informationen gibt Referat 1. 9
Andreas B. Bengsch, Udo Scheer Taucher in der Wüste. Die Nächte und Tage des Carl Graff Manchmal passiert es, dass man nicht fertig wird mit einem Roman. Erst recht, wenn er anspruchsvoll ist und der Autor ein Stück seiner Lebensgeschichte in einen größeren Rahmen stellen möch- te. So ging es Andreas B. Bengsch, geboren im Aufstand-Jahr 1953, ge- storben schon früh, 2017. Zurück blieb sein Romanmanuskript „Taucher in der Wüste“. Eine echte Herausforderung. Kann man so ein Buch überhaupt be- enden? Udo Scheer ist das Wagnis ein- gegangen. Auch weil ihn sichtlich eine lange Freundschaft mit dem einstigen Mit-Dissidenten verbindet. Beide sind mit dem vormundschaftlichen Staat in der DDR aneinandergeraten. Bengsch hat für seine Widerständigkeit mit mehreren Haftstrafen gebüßt. Wenn er also seine fragmentarische Geschichte über den heimatlos gewor- denen Weltenbummler Carl Graff mit bedrückenden Szenen aus dem Knast beginnen lässt, dann steckt dahinter reale Erfahrung. Dann darf man sich an Erich Loests beeindruckende Schilderungen zu Bautzen erinnert fühlen. Dann wird hier jener Teil der hingeschwunde- nen DDR sichtbar, in dem sie versuchte, den Menschen mit Drohungen, Wegsperren und Lebensentzug die Widerständigkeit auszutreiben. Andreas Bertolt Bengsch (1953–2017) wuchs in der DDR auf. Journali- stische Ausbildung beim Deutschen Fernsehfunk, später Redakteur für Rundfunk, Fernsehen und Tageszeitungen. Berufsverbot nach öffent- licher Kritik an der Biermann-Ausbürgerung, danach vier Haftstrafen, nach Freikauf Gastdozent, Journalist und Autor. Udo Scheer, geb. 1951 in München, 1960 Übersiedlung in die DDR, die Veröffentlichung seiner literarischen Arbeiten wurde in der DDR bis 1989 weitgehend verhindert. Seit 1993 ist er freiberuflicher Publizist und Schriftsteller. Er lebt in Stadtroda/Thüringen. Donnerstag, 7. Februar 2019, 19:00 Uhr Stadtroda, Stadtbibliothek, Sonnenscheinweg 11 Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. 10
Wolfgang Engler, Jana Hensel WER WIR SIND. Die Erfahrung ostdeutsch zu sein Mit dem Jahr 1989 beginnt für die Ost- deutschen nicht nur ein neues Leben, sondern gleichsam eine neue histori- sche Epoche. In der sogenannten Nach- wendezeit lagen Glück und Unglück dicht beieinander: Freiheit und Massen- arbeitslosigkeit, Demokratie und ein ra- dikaler Wertewandel, der eine immense Anpassungsleistung verlangte. „Wer seid ihr?“ wurden die Ostdeutschen in der Vergangenheit vor allem dann gefragt, wenn negative gesellschaftspolitische Ereignisse Anlass dazu gegeben haben: Stasi, Rostock-Lichtenhagen, NSU, Pe- gida. Die ostdeutsche Gesellschaft ist schon lange keine Terra incognita mehr. Knapp dreißig Jahre Beschäftigung mit den gesellschaftlichen Phänomenen Ostdeutschlands liegen hinter uns. Die Journalistin Jana Hensel und der Soziologe Wolfgang Engler stellen sich die Frage nach der ostdeutschen Erfahrung, die, so ihre These, „vielleicht am besten mit Heimatlosigkeit zu beschreiben ist, mit einem Unbehaustsein, das viele Facetten kennt. Das sich nicht jeden Tag übergroß vor einem aufstellt, aber das spürbar ist, nie weggeht.“ Jana Hensel wurde 2002 mit ihrem Porträt einer jungen ostdeutschen Generation „Zonenkinder“ schlagartig bekannt. 2010 gewann sie den Theodor-Wolff-Preis, 2017 erschien ihr Roman „Keinland“ und sorgte für große Resonanz. Hensel arbeitet als Autorin für Zeit Online und Die Zeit im Osten. Wolfgang Engler, Soziologe, Dozent an der Schauspielhochschule „Ernst Busch“ in Berlin, von 2005 bis 2017 dort Rektor. Langjähriger Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen. Veröffentlichungen u.a.: „Unerhörte Freiheit. Arbeit und Bildung in Zukunft“, „Lüge als Prinzip. Aufrichtigkeit im Kapitalismus“, „Die Ostdeutschen. Kunde von einem verlorenen Land“, „Die Ostdeutschen als Avantgarde“ und „Bürger, ohne Arbeit. Für eine radikale Neugestaltung der Gesellschaft“. Donnerstag, 7. Februar 2019, 19:30 Uhr Ranis, Literatur- und Kunstburg Ranis, Burg Ranis Freitag, 8. Februar 2019, 19:30 Uhr Jena, Villa Rosenthal, Mälzerstraße 11 Weitere Informationen gibt Referat 1. 11
Andreas Platthaus 18/19 – Der Krieg nach dem Krieg. Deutschland zwischen Revolution und Versailles Der September 1918 sollte end- lich den Sieg bringen. Mit der letzten großen Offensive des deutschen Heeres setzt Andreas Platthaus’ packende Darstellung ein, in der er die Zeit vom Herbst 1918 bis zum Sommer 1919 als einen einzigen großen Gewalt- zusammenhang erzählt. Denn mit dem Waffenstillstand war der Krieg keineswegs beendet. Die Zeitgenossen erlebten, wie eine Welt umgestürzt wurde, und sie stritten mit allen Mitteln um die Frage, was nun kommen sollte: Eine kommunistische Volksherr- schaft? Eine gemäßigte Republik? Und wie sollte die Nachkriegsord- nung aussehen? Die Hoffnungen auf einen Großen Frieden nach dem Großen Krieg zerschlugen sich, am Ende stand der diktierte Frieden von Versailles. 2018/19 jährt sich der eigentliche Beginn des «kurzen» 20. Jahrhunderts zum hun- dertsten Mal. Mit den Jahrestagen von Waffenstillstand, November- revolution, Republikgründung, Münchner Räterepublik und Versailles schildert Andreas Platthaus den Krieg nach dem Krieg und den Anfang einer schrecklichen Moderne. Die packende Analyse jenes histori- schen Moments, in dem für einen Augenblick alles möglich schien – bevor auf verhängnisvolle Weise die Weichen für die Zukunft gestellt wurden. Andreas Platthaus, geboren 1966 in Aachen, hat Philosophie, Rheto- rik und Geschichte studiert. Er leitet das Ressort «Literatur und litera- risches Leben» der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung», für die er seit 1992 schreibt. 2006 erschien die vielbeachtete Biographie «Alfred Herrhausen – Eine deutsche Karriere». Seine große Darstellung der Völkerschlacht bei Leipzig, «1813», stand lange auf der «Spiegel»- Bestsellerliste und erhielt begeisterte Presse. Andreas Platthaus lebt in Leipzig und Frankfurt am Main. Montag, 18. Februar 2019, 19:00 Uhr Hermsdorf, Stadtbibliothek, Am Alten Versuchsfeld 1 Weitere Informationen gibt Referat 4. 12
Udo Scheer Jürgen Fuchs. Schriftsteller, Bürgerrechtler, Sozialpsychologe. Ein Porträt Jürgen Fuchs, 1950 in Reichenbach im Vogtland geboren, gestorben am 9. Mai 1999 in Berlin, war ein Schriftsteller und Bürgerrechtler, der polarisierte wie nur wenige. Sein Anspruch: „Sagen, was ist“ führte 1975 zur politischen Zwangsexmat- rikulation von der Jenaer Universität. Nach der Biermann-Ausbürgerung 1976 kam er in die Stasi-U-Haft Berlin-Hohenschönhausen. Starke internationale Proteste führten nach neun Monaten zu seiner Ausbürge- rung. In der Bundesrepublik wurde er ein viel beachteter Schriftsteller. Gleichzeitig sah die SED-Führung wegen seiner wirkungsvollen Unter- stützung der Bürgerrechtsbewegung in Osteuropa und der DDR in ihm ei- nen „Staatsfeind Nr. 1“. Der Schriftsteller und Publizist Udo Scheer lässt mit diesem Porträt zugleich ein spannungsreiches Stück Zeitgeschichte lebendig werden. Udo Scheer wurde 1951 in München geboren und kam 1960 in die DDR. Er studierte bis 1974 Technologie für den wissenschaftlichen Gerätebau an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er arbeitete in der DDR als Konstrukteur und schrieb, ohne die Möglichkeit zu haben, seine Werke veröffentlichen zu können. Das MfS „bearbeitete“ ihn in zwei operativen Vorgängen. Nach der friedlichen Revolution in der DDR engagierte er sich u. a. ab 1995 als Vorsitzender der Geschichtswerk- statt Jena e.V.; seit 1993 ist Scheer freiberuflicher Schriftsteller und Publizist. Dienstag, 19. Februar 2019, 18:00 Uhr Erfurt, Thüringer Landtag, Jürgen-Fuchs-Straße 1 Mittwoch, 8. Mai 2019,19:00 Uhr Gera, Gedenkstätte Amthordurchgang e.V., Amthordurchgang 9 Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. 13
Gregor Buß Katholische Priester und Staatssicherheit. Historischer Hintergrund und ethische Reflexion In der 40-jährigen Geschichte der DDR wurden knapp 100 ka- tholische Priester als inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit registriert. Wie kam es dazu? In welchem Umfang haben die Geist- lichen mit dem Geheimdienst kol- laboriert? Was hat sie dazu moti- viert? Auf der Basis ausführlicher Aktenrecherchen und Zeitzeugen- interviews gibt das vorliegende Buch Einblicke in dieses brisante Kapitel der jüngeren Kirchenge- schichte. Es beleuchtet den his- torischen Kontext, befasst sich aber auch mit den schwierigen ethischen Fragen und Dilemmata einer inoffiziellen Stasi-Mitarbeit. Von der Bewertung konkreter Ein- zelfälle wird dabei abgesehen. Ziel der Studie ist vielmehr, das moralische Feld, auf dem sich die inoffiziellen Mitarbeiter bewegt haben, umfassend auszumessen und Kriterien zur Bewertung von Einzelfällen zu erarbeiten. Es wird gezeigt, dass katholische Priester in einigen Gesichtspunkten aus der Schar der inoffiziellen Mitarbeiter herauszuheben sind. Vielfach jedoch sind bei ihnen dieselben Zwänge, Antriebe und Unvorsichtigkeiten am Werk, die auch andere DDR-Bürgerinnen und -Bürger in die Hände der Stasi getrieben haben. Insofern ist das Buch nicht nur ein Beitrag zur Aufarbeitung der ostdeutschen Kirchengeschichte, sondern zur DDR- Geschichte insgesamt. Gregor Buß, geb. 1979, Studium der katholischen Theologie in Müns- ter, Jerusalem und Erfurt, Promotion an der Karlsuniversität in Prag. Derzeit Post-Doktorand an der Hebräischen Universität Jerusalem. Dienstag, 19. Februar 2019, 19:30 Uhr Mühlhausen, Liborius-Wagner-Haus, Kleine Waidstraße 3 Dienstag, 26. Februar 2019, 19:30 Uhr Nordhausen, Kapitelhaus, Domstraße 17/18 Mittwoch, 27. Februar 2019, 19:00 Uhr Sömmerda, Gemeindehaus der Pfarrei St. Franziskus, Weißenseer Straße 44 Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. 14
Andreas Rödder Wer hat Angst vor Deutschland? Geschichte eines europäischen Problems Deutschland steckt in einem Dilem- ma. Allenthalben wird erwartet, dass es politische Führung übernimmt. Doch wenn es dies tut, ist der Vorwurf der deutschen Dominanz vorprogram- miert. Der renommierte Historiker An- dreas Rödder erzählt die Geschichte, die dahintersteht: die Geschichte der »deutschen Stärke« in Europa, die alle Katastrophen des 20. Jahrhun- derts überlebt hat, die Geschichte deutscher Selbstbilder als Kulturna- tion und die Geschichte der vielen zwiespältigen Gefühle der Nachbarn gegenüber Deutschland – die bis heute immer wieder präsent sind. Wie kann Deutschland mit diesen Ambi- valenzen umgehen? Wie lassen sich deutsche Stärke und europäisches Gemeinwohl vereinbaren? Und wie kann Deutschland zu einem starken Europa beitragen? Mit seinem brillanten Blick in die Geschichte erklärt Andreas Rödder überzeugend auch das aktuelle Dilemma Deutsch- lands in Europa – und entwickelt Vorschläge, wie das Problem zu lösen ist. Ein großer politischer Essay, ein gewichtiger Beitrag zu einer höchst kontroversen Debatte. Andreas Rödder, geboren 1967, zählt zu den bedeutendsten deut- schen Historikern. Auf brillante Weise macht er Geschichte für ein Ver- ständnis unserer unmittelbaren Gegenwart fruchtbar. Seine Beiträge finden umfassende nationale wie internationale Resonanz. Seit 2005 ist er Professor für Neueste Geschichte an der Johannes Gutenberg- Universität Mainz. Zuletzt erschien »21.0 – Eine kurze Geschichte der Gegenwart«, das mehrere Wochen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste stand. Donnerstag, 21. Februar 2019, 19:00 Uhr Ettersburg, Schloss Ettersburg Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. 15
Karl Nendel General der Mikroelektronik. Autobiografie In seiner Autobiografie berichtet der letzte Regierungsbeauftragte der DDR für Mikroelektronik Karl Nendel über die Erfolge sowie die Irrungen und Wir- rungen beim Aufbau der sogenannten Schlüsseltechnologien. Der imposante und umstrittene Macht- mensch und Macher — unter sei- nen Mitstreitern als „Revolver-Karl“ bekannt, beschreibt lebhaft, wie er gemeinsam mit Devisenbeschaffer Schalk-Golodkowski den Embargo- handel organisierte und dafür nach der Wende vor Gericht kam. Offen und packend gewährt Nendel einen tiefen Einblick in die Wirtschaftspolitik der SED und den Aufstieg des Schlosser- sohns und gelernten Elektrikers zum Staatssekretär und Regierungsbeauf- tragten sowie den Beginn einer neuen Karriere nach der Wende. Die Autobiografie beruht auf lebensgeschichtlichen Interviews mit dem Protagonisten. In ergänzenden Interviews kommen an der politischen, ökonomischen sowie technischen Entwicklung beteiligte Spezialisten zu Wort. Die Interviews wurden aufgeschrieben und bearbeitet von Ralf Pasch. Die Idee zum Buch entstand im Zusammenhang mit Wirtschafts- Erzählsalons mit ehemaligen DDR-Kombinatsdirektoren, veranstaltet vom Verein zur Förderung lebensgeschichtlichen Erinnerns und biogra- fischen Erzählens e. V. in Kooperation mit Rohnstock Biografien. Katrin Rohnstock, Geschäftsführende Inhaberin und Gründerin von Rohnstock Biografien wird die Autobiografie Karl Nendels vorstellen. Im Germanistikstudium beschäftigte sie sich mit autobiografischem Schreiben. Ihre Neugier auf das alltägliche Schreiben setzte sie als Herausgeberin der sechsbändigen Buchreihe Ost-Westlicher Diwan um. 1998 kommt eine geniale Idee auf sie zu: Die Lebenserinnerungen von Menschen wie „du und ich“ aufzuschreiben und auf diese Weise Familien- und Zeitgeschichte zu bewahren. Sie entwickelte eine spe- zielle Methode der Interviewführung und des lebensgeschichtlichen Schreibens. März 2019 Neuhaus und Sömmerda (Die genauen Veranstaltungsorte und Termine werden noch bekanntgegeben.) Weitere Informationen gibt Referat 3. 16
Antonia Meiners Die Stunde der Frauen 1913–1919. Zwischen Monarchie, Weltkrieg und Wahlrecht 1913 gab es Kaiserreiche und Mo- narchien, die Frauen trugen lange Kleider und arbeiteten zumeist im Haus, Bildung und Selbstständig- keit waren alles andere als selbst- verständlich. Doch die angestamm- ten Verhältnisse standen Kopf, als 1914 der Krieg ausbrach und Frauen vielerorts die Verantwortung übernahmen - in Fabriken, Lazaret- ten, Betrieben und in der Landwirt- schaft. Als 1918 der Krieg dann zu Ende war, gab es kein Kaiser- und kein Zarenreich mehr, die Kleider wurden kürzer, das Selbstbewusst- sein der Frauen war gestiegen. Jetzt setzten unsere Groß- und Urgroßmütter in Deutschland und Österreich das Wahlrecht durch. Antonia Meiners führt anhand von Porträts bekannter und unbekann- ter Frauen und vielen privaten Dokumenten durch eine Zeit, an deren Ende die Welt – gerade für Frauen – eine andere war. Antonia Meiners, geboren im Bamberg, aufgewachsen in München und Berlin. Nach ihrem Studium der Kulturwissenschaft an der Hum- boldt-Universität und später der Germanistik an der Freien Universität Berlin begann sie ihre freiberufliche Tätigkeit als Lektorin, Herausgebe- rin und Autorin. Dabei widmet sie sich hauptsächlich historischen und kulturpolitischen Themen. Montag, 4. März 2019, 19:00 Uhr Suhl, Stadtbücherei, Bahnhofstraße 10 Dienstag, 5. März 2019, 17:00 Uhr Eisenach, Nachbarschaftszentrum, Goethestraße 10 Weitere Informationen gibt Referat 3. 17
Andreas Speit Das Netzwerk der Identitären. Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten Ihr Banner hing am Brandenburger Tor. Ihre Fahnen wehten bei Besetzun- gen und auf Messen. Ihr schwarz-gel- bes Logo, der griechische Buchstabe Lambda, prangt auf Internetseiten. In den vergangenen Jahren hat sich die Identitäre Bewegung (IB) fest in der politischen Landschaft verankert. Sie besteht zwar nur aus etwa 500 Akti- visten, wird jedoch von einer großen Anhängerschaft über Crowdfunding finanziell unterstützt. Der Bewegung gelingt es, über soziale Netzwerke Themen zu setzen und Debatten zu befeuern. Zentrales Thema: die „Is- lamisierung des Abendlandes“. Die Initialzündung der Bewegung kam 2012 aus Frankreich und griff auf Österreich und Deutschland über. Die gesamte Neue Rechte begrüßte die intelligenten Jugendlichen, die mit Aktionsformen der 68er Bewegung auf sich aufmerksam ma- chen. In vielfältiger Weise sind sie mit dem Netzwerk der radikalen Rechten verbunden. 15 Autoren, die seit Jahren die Entwicklung in der rechten Szene kri- tisch begleiten, legen einen gut verständlichen Übersichtsband vor, der die Entwicklung der Bewegung darstellt, ihre Ideologie analysiert, die Aktionen beschreibt und die Netzwerke offenlegt. Andreas Speit, freier Journalist und Publizist, Kolumnist der taz; re- gelmäßige Beiträge auch in anderen Medien. Autor und Herausgeber diverser Bücher zum Thema Rechtsextremismus, zuletzt erschien von ihm im Ch. Links Verlag: „Reichsbürger –Die unterschätzte Gefahr“ (2017). Dienstag, 5. März 2019, 19:00 Uhr Weimar, Eckermann-Buchhandlung, Marktstraße 2 Mittwoch, 6. März 2019, 19:00 Uhr Nordhausen, Bürgersaal im Bürgerhaus, Nikolaiplatz 1 Donnerstag, 7. März 2019, 19:00 Uhr Gotha, Rathaus, Bürgersaal, Hauptmarkt 1 Weitere Informationen gibt Referat 1. 18
Karsten Rudolph Die Thüringer Arbeiterbewegung vom Kaiser- reich bis zum Ende der Weimarer Republik Die Thüringer Arbeiterbewegung war anders. Ihre Geschichte zu ver- nachlässigen würde bedeuten, die Vielfalt in der deutschen Arbeiter- bewegung zu unterschlagen. Die LZT-Publikation zeichnet ihren Weg nach: von einem zersplitterten Ver- einsnetzwerk über den Aufstieg zur Massenbewegung und Staatsgrün- dungspartei bis zur letzten Bastion der Demokratie. Dabei rücken drei Wesensmerkmale immer wieder in den Vordergrund der Betrachtung – ihr Charakter als politische Vereins- bewegung, der Mythos der Einheit und der Versuch, das neu gegrün- dete Land Thüringen zu einem bes- seren Ort des Zusammenlebens zu machen, zu einem Ort der sozialen Demokratie mitten in Deutschland. Karsten Rudolph, Dr. phil. ist apl. Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum. Seine Schwerpunkte in der Lehrtätigkeit betreffen die Geschichte der Arbeiterbewegung, den Aufstieg des Nationalsozialismus in der Weimarer Republik sowie die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und des Kalten Krieges. Veröffentlichungen u.a.: „Die sächsische Sozialdemokratie vom Kai- serreich zur Republik (1871 – 1923)“, „Wirtschaftsdiplomatie im Kal- ten Krieg. Die Ostpolitik der westdeutschen Industrie“ (2004). Donnerstag, 14. März 2019, 19:00 Uhr Jena, Stadtmuseum, Markt 7 Weitere Informationen gibt Referat 1. 19
Annette Leo Das Kind auf der Liste. Die Geschichte von Willy Blum und seiner Familie Willy Blum war sechzehn Jahre alt, als er in Auschwitz-Birkenau ermordet wurde, nur weil er als Sinto geboren worden war. Über Willy Blum und seine Familie wusste man bisher nichts. Sein Name stand auf einer Transportliste nach Ausschwitz. Getippt worden war die Liste in der Häftlingsschreibstube des KZ Buchenwald: zwei Seiten mit den Namen von 200 Kindern und Ju- gendlichen. Der letzte Name, „Zweig, St.“ ist durchgestrichen. An seine Stelle wurde „Blum, Willy“ hinzugeschrieben. Der dreijährige Stefan Jerzy Zweig ver- blieb im KZ Buchenwald und überlebte. Seine Geschichte bildete später die Vorlage für den Erfolgsroman von Bruno Apitz „Nackt unter Wölfen“. Zwar löste die Liste mit den ausgetauschten Na- men kontroverse Debatten aus, doch über Willy Blum und seine Familie wusste man bislang nichts. Willy Blum wurde 1928 als das siebte Kind von Aloys und Toni Blum in Rübeland im Harz geboren. Er wuchs auf in einer Sinti-Familie, die mit einer Marionettenbühne durch das Land zog und in Gasthöfen und Gemeindesälen ihre Vorstellungen präsentierte. Das Buch erzählt von dieser mittlerweile versunkenen Welt der Wandermarionettentheater, sie handelt von Diskriminierung und Ausgrenzung, mit denen die Ange- hörigen der Minderheit seit Jahrhunderten gewohnt waren umzugehen. Bis schließlich der mörderische Rassismus der Nationalsozialisten ihre Existenz aufs äußerste bedrohte. Annette Leo erzählt die Geschichte der Familie Blum und zugleich auch die Geschichte des Verschweigens einer Opfergruppe in der Nachkriegszeit: die der Sinti und Roma. Dr. Annette Leo, Historikerin und Publizistin, lebt in Berlin. Veröffentli- chungen u.a.: „Vielstimmiges Schweigen. Neue Studien zum DDR-Anti- faschismus“ (Hg. mit Peter Reif-Spirek, 2001), „Leben als Balance-Akt. Wolfgang Steinitz – Wissenschaftler, Jude, Kommunist“ (2005), „Erwin Strittmatter. Die Biographie“ (2012). Dienstag, 19. März 2019, 19:00 Uhr Weimar, Deutsches Nationaltheater, Theaterplatz 2 Mittwoch, 20. März 2019, 19:30 Uhr Gera, Stadt- und Regionalbibliothek, Puschkinplatz 7 Donnerstag, 21. März 2019, 19:30 Uhr Rudolstadt, Schillerhaus, Schillerstraße 25 Weitere Informationen gibt Referat 1. 20
Bernd Polster Walter Gropius. Der Architekt seines Ruhms Zum 100. Jahrestag der Bauhaus- Gründung in Weimar enthüllt Bernd Polster in einer neue Forschungen berücksichtigenden, umfassenden Biografie über Walter Gropius die wahre Geschichte der Architekten- Legende. Gropius wird heute zwei- fellos zu den Großen der modernen Architektur gezählt. Was aber hat Walter Gropius wirklich gebaut? Nicht viel. Und das ist nicht erstaun- lich, denn nach zwei Jahren Studium war klar, dass ihm jedes Talent zum Architekten fehlte. Doch er gründete ein Architekturbüro, wo andere jene Bauten entwarfen, die heute als Iko- nen der Moderne gelten. In seinem Netzwerk tauchen alle Namen auf, die in der Geschichte der Architektur und des Designs im 20. Jahrhundert eine Rolle spielen. Wer wollte da an seiner Bedeutung zweifeln? Bernd Polster hat Gropius’ Leben akribisch erforscht – man wird es in Zukunft nicht mehr als Heldengeschichte, sondern als Schelmenroman erzählen. Die Buchvorstellung ist ein Kooperationsbeitrag der Landeszentrale zu den Weimarer Lesarten 2019. Bernd Polster, Jahrgang 1952, lebt als Publizist und Künstler in Bonn. Regelmäßige Beiträge für Rundfunk und Fernsehen, zahlreiche Buchver- öffentlichungen, u.a.: bauhaus design (2009, mit Volker Fischer und Kat- ja Simon), Autodesign international (2010, mit Phil Patton), Und kann man darauf auch sitzen? Wie Design funktioniert (2011). Weitere Infor- mationen: www.berndpolster.de Montag, 25. März 2019, 19:00 Uhr Weimar, Oberlichtsaal, Bauhaus Universität Weitere Informationen gibt Referat 4. 21
Monika Stenzel, Ulrike Jackwerth He, du Glückliche! 29 Lebensgeschichten Fast vierzig Jahre nach dem bahn- brechenden Interview-Buch »Gu- ten Morgen, du Schöne« von Maxie Wander befragten die Autorinnen Monika Stenzel und Ulrike Jackwerth ostdeutsche Großmütter, Töchter und Enkelinnen, wie sie heute ihr Leben meistern, was sie glücklich macht, was Heimat für sie bedeutet. Wie haben sie die umwälzenden ge- sellschaftlichen Veränderungen nach 1989 erlebt, wie sich in der »westli- chen Realität« zurechtgefunden? Und was bedeuten die gesellschaftlichen und biografischen Umbrüche für die nachfolgende Generation? In spannenden, unterhaltsamen und oftmals berührenden Porträts werden die Frauen und ihre Geschichten vorgestellt, kann man Anteil nehmen an ihren Erfahrungen und Erleb- nissen. Monika Stenzel, geboren in Halle (Saale). Abschluss an der Hochschu- le für Schauspielkunst »Ernst Busch«. 1981 stellte sie einen Antrag auf Ausreise und verließ 1984 mit ihrer Familie die DDR. Seitdem lebt sie in Berlin und arbeitete als freie Schauspielerin an verschiedenen Thea- tern der Republik. 2012 begann sie zu schreiben. »He, du Glückliche!« ist ihre erste Veröffentlichung. Ulrike Jackwerth, geboren in Wiener Neustadt/Österreich. Schauspiel- studium an der Universität für Musik und darstellende Kunst »Mozar- teum« in Salzburg. Seit 1984 lebt sie in Berlin, arbeitet als Schauspie- lerin und Regisseurin an zahlreichen Theatern im deutschsprachigen Raum und seit 2014 auch als Dozentin und Coach für Schauspiel. 1987 begegneten sich Ulrike Jackwerth und Monika Stenzel bei einer gemeinsamen Produktion und arbeiteten seitdem mehrfach erfolg- reich zusammen. Dienstag, 26. März 2019, 19:00 Uhr Gotha, Stadtbibliothek Heinrich Heine, Friedrichstraße 2-4 Mittwoch, 27. März 2019, 18:00 Uhr Erfurt, Kleine Synagoge, An der Stadtmünze 4 Donnerstag, 28. März 2019, 19:00 Uhr Weimar, Begegnungsstätte „LebensART am Palais“ des Lebenshilfe-Werks Weimar/Apolda e.V., Marktstraße 22 Weitere Informationen gibt Referat 3. 22
Lutz Lindemann, Frank Willmann Optimist aus Leidenschaft. Mein Leben Lutz Lindemann gehört zu den bekann- testen Fußballstars der DDR, er spielte für die Nationalmannschaft und für den FC Carl Zeiss Jena im Europapokal. Als Juniorennationalspieler verscherzt er es sich durch Sturheit und jugendlichen Leichtsinn mit den Genossen und schält während des Militärdienstes in der Ka- serne Kartoffeln – und schafft doch das scheinbar Unmögliche: die Rückkehr in die DDR-Oberliga und in den internatio- nalen Fußball. Was Lindemann aus sech- zig Jahren Fußballleben zu berichten hat, gewährt seltene Einblicke in die Seele dieses Sports und seiner Protagonisten: der Besessenen und der Besonnenen, der Geldgeber und der Geldausgeber. Von ihnen und von der großen Liebe zum Fußball erzählt Lindemann uneitel und mit trockenem Humor, aufge- schrieben von Frank Willmann. Frank Willmann, geboren 1963 in Weimar. 1984 Ausreise nach West- berlin. Schriftsteller, Publizist. Coach der Autorennationalmannschaft. Zuletzt erschienen: „Mauerkrieger“ (2013) und „Kassiber aus der Gummizelle – Geschichten vom Fußball“ (2015). Herausgeber der Rei- he „Fußballfibel – Bibliothek des Deutschen Fußballs“. Frank Willmann lebt in Berlin. Dienstag, 2. April 2019, 19:30 Uhr Gera, Stadt- und Regionalbibliothek, Puschkinplatz 7 Mittwoch, 3. April 2019, 19:00 Uhr Greiz, Stadt- und Kreisbibliothek, Kirchplatz 4 Mittwoch, 10. April 2019, 19:30 Uhr Weimar, Stadtbibliothek Gewölbekeller Donnerstag, 11. April 2019, 19:00 Uhr Hermsdorf, Stadtbibliothek, Am Alten Versuchsfeld 1 Weitere Informationen gibt Referat 4. 23
Alexander Wendt Kristall. Eine Reise in die Drogenwelt des 21. Jahrhunderts In der universalen Geschichte des Drogengebrauchs erleben wir eine grundsätzliche Wende: Der exzessi- ve Rausch wird im 21. Jahrhundert durch Optimierungssubstanzen ab- gelöst, etwa durch Crystal Meth, die den Benutzer wacher, konzentrierter und leistungsbereiter machen. Der Autor blickt zurück auf die Geschich- te der synthetischen Drogen, er beschreibt die gescheiterte Prohibi- tion, die Legalisierungswelle der Ge- genwart, er spricht mit Dealern, Kon- sumenten, Polizisten, Ärzten. Und er zeichnet das Bild einer möglichen Drogenzukunft, die sich schon heute abzeichnet: die Verbindung von Op- timierungssubstanzen mit Mensch/ Maschinen-Schnittstellen und künst- licher Intelligenz. In Kristall stehen Beschreibung und Skepsis neben- einander. Denn das Thema ist zu komplex für einfache Formeln. Alexander Wendt arbeitet seit 1989 als Journalist und Autor unter an- derem für den Stern, die Wirtschaftswoche, den Tagesspiegel und den Focus. Als Galerist kuratierte er zwischen 2005 und 2010 zahlreiche Ausstellungen. Er verfasste mehrere Sachbücher und literarische Tex- te. Er lebt in München und Berlin. Dienstag, 2. April 2019, 19:00 Uhr Sonneberg, Stadtbibliothek, Bahnhofsplatz 1 Mittwoch, 3. April 2019, 18:00 Uhr Nordhausen, Stadtbibliothek „Rudolf Hagelstange“, Nikolaiplatz 1 Weitere Informationen gibt Referat 3. 24
Peter Wensierski Fenster zur Freiheit. Die radix-blätter – Untergrundverlag und Druckerei der DDR- Opposition Wie war das möglich? Mehr als hun- derttausend hektografierte Seiten, die in der DDR verbreitet wurden, ohne dass die Stasi wusste wie. Die illegalen „radix-blätter“ waren ein radikales Debattenforum der pro- gressiven politischen Kräfte in Ost- deutschland. Von 1986 bis 1990 wurden hier sonst nicht diskutierte Themen angepackt. Erstmals konn- te der Autor Einblicke in private Ar- chive der Beteiligten nehmen und so die spannenden Hintergrund- geschichte der „radix-Blätter“ und ihrer Macher beschreiben. Peter Wensierski, geb. 1954. Stu- dium der Politik, Geschichte und Publizistik. Ab 1979 Berichte und Reportagen aus der DDR für den SPIEGEL und andere Zeitungen, u.a. über die Oppositionsbewegung in der Jugend, den Kirchen, Künstler- und Intellektuellenkreisen. Ab 1986 Fernsehjournalist der ARD, 1993 Wechsel zum SPIEGEL. Wensierski ist Autor zahlreicher Bücher, Radio- sendungen und Dokumentarfilme. Mittwoch, 3. April 2019, 19:00 Uhr Erfurt, Kleine Synagoge, An der Stadtmünze 4 Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. 25
Udo Sierck Widerspenstig, eigensinnig, unbequem: Die unbekannte Geschichte behinderter Menschen Opfer oder Hilfsempfänger? Men- schen mit Behinderung wird oft ver- einfachend entweder das eine oder das andere zugeschrieben. Wie unterschiedlich und wie selbstbe- stimmt jedoch viele von ihnen leb(t) en, stellt dieses Buch in zwanzig Kurzbiografien vor. Sie porträtieren, vom Mittelalter bis in die Gegen- wart, berühmte Frauen und Männer mit körperlichen, geistigen oder psychischen Einschränkungen. Ihre widerspenstige, eigensinnige Kraft findet, so scheint es, ihren Ursprung nicht zuletzt in den Wid- rigkeiten ihrer Lebensumstände. So entstehen Bilder quer zu Klischees, die das Problem der Ausgrenzung nicht verneinen, aber ebenso kri- tisch die Bequemlichkeit der Opferrolle in den Blick nehmen. Dieses Spannungsfeld bezieht der Autor auch auf Leistung und Arbeit, Sexua- lität, Dankbarkeit, Kunst und Wahn. Damit stellt er ohne Beschönigung das Potenzial behinderter Menschen heraus, mit Würde und Selbstbe- wusstsein zu leben - und dabei manchmal Unvergessliches zu leisten. Udo Sierck, geb. 1956, Dipl.-Bibliothekar, freier Autor, langjähriges Redaktionsmitglied der „Krüppelzeitung“, Lehraufträge an der Uni Hamburg (Disability Studies) und der Evangelischen Hochschule Darm- stadt. Donnerstag, 4. April 2019, 16:00 Uhr Arnstadt, Rathaus, Rathaussaal, Markt 1 Weitere Informationen gibt Referat 3. 26
Christian Schüle In der Kampfzone. Deutschland zwischen Panik, Größenwahn und Selbstverzwergung Im Jahr 2019: Statt 70 Jahre Frieden, Wohlstand und Sicherheit zu feiern, befindet sich die Bundesrepublik im Ausnahmezustand. Die Ankunft geflüchteter Migranten hat die deut- sche Gesellschaft und Politik an- scheinend unversöhnbar gespalten. Gültige Übereinkünfte stehen infra- ge, es regieren Gefühle, Stimmungen und neuartige Erlösungsverspre- chen. Instinktpolitiker und Ideologen bedienen Hysterie und Hypermoral, Deutschland zwischen Panik, Grö- ßenwahn und Selbstverzwergung. Mit dem Blick des politischen Philo- sophen durchdringt Christian Schüle die typisch deutschen Muster, die der neuen Erregungsspirale zugrunde liegen und klärt auf, wie und warum es so weit kommen konnte. »In der Kampfzone« ist kein Bocksgesang, sondern ein provozierend-anregender Aufruf zu Vernunft, Einigkeit und Recht und Freiheit. Höchste Zeit für engagierten Widerspruch. Christian Schüle, Jahrgang 1970, geboren in Friedrichshafen am Bo- densee, Studium der Philosophie, Soziologie und Politischen Wissen- schaft in München und Wien, war fünf Jahre Redakteur und Autor im Dossier der Wochenzeitung Die Zeit und kündigte mit Mitte 30 aus frei- en Stücken, um mehr Eigenzeit zu haben und den Alltag nach seinen Bedürfnissen zu strukturieren. Der Härte des freien Marktes trotzend, arbeitet er bis heute erfolgreich als Schriftsteller und Essayist sowie als Publizist für Zeitungen, Magazine und den ARD-Hörfunk. Seine Texte wurden mehrfach ausgezeichnet, und seine Bücher befassen sich mit Deutschland, dem Gesellschaftsvertrag der Republik, der Kultur von Menschen- und Todeswürde und der Suche nach Gerechtigkeit. Seit April 2015 lehrt er im Fachbereich Kulturwissenschaft an der Universi- tät der Künste in Berlin. Donnerstag, 11. April 2019, 19:00 Uhr Ilmenau, Universitätsbibliothek Ilmenau, Langewiesener Straße 37 Weitere Informationen gibt Referat 3. 27
Tanja Brandes, Markus Decker Ostfrauen verändern die Republik Wohin man auch hört, immer wieder erklingt das Hohelied auf die ostdeut- schen Frauen. Sie seien berufsmobiler, risikobereiter und aufstiegsorientierter als die Männer. Ostfrauen sind häufiger berufstätig als Westfrauen und kehren nach der Geburt eines Kindes früher auf Vollzeitstellen zurück. Die Ostfrauen ha- ben dem vereinten Deutschland ihren Stempel aufgedrückt. Aber warum ist das so? Tanja Brandes und Markus Decker be- trachten vor allem die letzten drei Jahr- zehnte, werfen aber auch einen Blick zurück in die Zeit vor 1989 – auf die Chancen, die Frauen bekamen, ebenso wie auf den Zwang, am Erwerbsleben teilzunehmen, und die Doppelbela- stung. Portraitiert werden Politikerinnen und Unternehmerinnen, Wissenschaftlerinnen und Journalistinnen, eine ehemalige Leistungs- sportlerin. Dabei arbeiten Brandes und Decker heraus, worin das posi- tive Erbe der DDR besteht, ohne das System zu idealisieren. Und liefern überraschende neue Erkenntnisse. Unter den Portraitierten sind Katrin Göring-Eckardt, Sandra Hüller, Katja Kipping, Manuela Schwesig, An- gela Merkel, Katarina Witt, Sabine Rennefanz u.v.a. Tanja Brandes, Redakteurin im Ressort News. Wieder-Berlinerin nach Stationen bei der Haaretz in Tel Aviv, beim Kölner Stadt-Anzeiger und beim Bonner General-Anzeiger. Schreibt über Flüchtlingspolitik, Um- welt, Soziales, Kulturelles Markus Decker, Studium der Politikwissenschaft, Soziologie und Ro- manistik in Münster und Marburg, ab 1994 Redakteur in der Luther- stadt Wittenberg und Halle, seit 2001 Berliner Parlamentskorrespon- dent für die Mitteldeutsche Zeitung und den Kölner Stadtanzeiger, ab 2012 auch für die Berliner Zeitung und die Frankfurter Rundschau, seit 2018 beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). 2006 erhielt Mar- kus Decker den Journalistenpreis Münsterland für einen autobiografi- schen Text über seine Heimatstadt. Donnerstag, 11. April 2019, 19:30 Uhr Erfurt, Kleine Synagoge, An der Stadtmünze 4 Donnerstag, 9. Mai 2019, 19:30 Uhr Rudolstadt, Stadtbibliothek, Schulplatz 13 Weitere Informationen gibt Referat 3. 28
Sie können auch lesen