50plus Ihre Erfahrung zählt - CHANCEN AM ARBEITSMARKT Wertvoll und gefragt: Ihr Wissen, Ihre Erfahrung - Bundesagentur für Arbeit
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AUSGABE 2015/2016 | PERSPEKTIVEN FÜR IHR BERUFSLEBEN 50plus Ihre Erfahrung zählt CHANCEN AM ARBEITSMARKT Wertvoll und gefragt: Ihr Wissen, Ihre Erfahrung ALTERSGERECHT ARBEITEN Im Beruf bleiben ALTERNATIVEN IM BERUF Wege zur neuen Stelle
INHALT THEMEN Themenheft 2015/2016 50plus Fotos: Thomas Riese, Michael Schrenk, Klaus-Dietmar Gabbert, Thomas Lohnes 50PLUS – IHRE ERFAHRUNG ZÄHLT Interview Auch mit 50plus gibt es viele Möglichkeiten, beruflich am Ball zu „Es zählt allein, dass jemand zu uns passt.“��������������������������������� 6 bleiben. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt stehen dafür günstig, schließlich bringen Sie Berufserfahrung und Fachwissen mit. Neue Herausforderungen können Sie daher motiviert angehen – sei es eine Stellensuche, eine Weiterbildung oder eine Alternative zur klassischen Vollzeitbeschäftigung. Dieses Themenheft zeigt Ihnen Wege auf und liefert wertvolle Informationen. IMPRESSUM Herausgeber Druck Alpha print Medien AG, Darmstadt Chancen am Arbeitsmarkt Im Porträt Vier aktive Menschen Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg Redaktionsschluss Mit Erfahrung punkten�������������������������������������������������������������������������������������� 4 über 50 berichten �������������������������� 8 Verlag August 2015 Meramo Verlag GmbH, Haftungsausschluss Gutenstetter Straße 8d, 90449 Nürnberg Für die Richtigkeit der Eintragungen kann – auch wegen Tel. 0911 937739-0 der schnellen Entwicklung in Gesellschaft, Wirtschaft und Fax 0911 937739-99 Technik und der großen regionalen Unterschiede – keine E-Mail: redaktion@meramo.de Haftung übernommen werden. Bitte informieren Sie sich bei Ihrer Agentur für Arbeit, ob in der Zwischenzeit in Redaktion Berufsfeldinformationen Gesamtleitung: Rainer Möller einzelnen Punkten Änderungen eingetreten sind. Weitere Themen Chefredaktion: Andreas Seidl Copyright Redaktion: Evelyn Schulz © Bundesagentur für Arbeit Lektorat: Edith Backer Alle Rechte vorbehalten. Der Nachdruck, auch auszugs- Alternativen Art Direktor: Nero A. Kaiser weise, sowie jede Nutzung der Inhalte bedarf der vor- Wege zur neuen Stellv. Art Direktor: Viviane Schadde herigen Zustimmung des Verlags. In jedem Fall ist eine genaue Quellenangabe erforderlich. Bilder dürfen grund- Beschäftigung ���������������������������� 22 Layout: Monika Orend, René Weinberg sätzlich nicht genutzt werden. Mit Namen gekennzeich- Titelfoto: Thomas Riese nete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Aus der Praxis Wir fotografierten in der St. Pauls Apotheke Fürth und Redaktionund des Herausgebers wieder. Existenzgründung bedanken uns für die freundliche Unterstützung. Bestellungen 24 als Chance ��������������������������������� Autoren Das Heft kann über den Bestellservice der Bundesagentur Arbeitsmodelle Altersgemischte Teams Bernd Klement, Sabine Olschner, Judith Schallenberg, für Arbeit im Internet bezogen werden: Altersgerechte Jeder bringt sein Checkliste Sabine Schrader www.ba-bestellservice.de Lösungen finden �������������������������12 Potenzial ein ............��������������������18 Tipps für die Bewerbung ������������� 27 2 3
ARBEITSMARKTCHANCEN EINFÜHRUNG d Themenheft 2015/2016 50plus DAS WISSEN AUS EINER Foto: Thomas Riese ie geburtenstarken Jahrgänge aus den 1950er- WEITERBILDUNG KANN und 1960er-Jahren kommen langsam ins Ren- tenalter – und machen Platz für den Nachwuchs GOLD WERT SEIN. in den Unternehmen. Das Problem ist jedoch: Es kommen zum Teil nicht so viele junge Arbeitskräfte nach, wie ältere in Ruhestand gehen. Folglich werden Arbeitgeber in Zukunft sind eine perfekte Kombination, um gemeinsam gute Leis- vermehrt auch auf ältere Arbeitskräfte angewiesen sein, um tungen zu erbringen. Und das freut letztendlich auch den den Betrieb am Laufen zu halten. Die Zahl der Beschäftigten Arbeitgeber. über 50 Jahre in den Unternehmen stieg von 5,2 Millionen im Jahre 1999 auf 9,1 Millionen im Jahr 2013. Wenn diese nun Eigene Kenntnisse betonen aus Altersgründen nach und nach ausscheiden, wird es für Wenn Sie lange Zeit in nur einer Firma beschäftigt waren und die Arbeitgeber eng: Das Institut der deutschen Wirtschaft sich neu orientieren möchten oder müssen, sind Sie vielleicht Köln rechnet damit, dass bis zum Jahr 2020 rund 1,3 Milli- beim Thema Bewerbungen nicht mehr ganz auf dem Laufen- onen Fachkräfte fehlen werden. den. Bevor Sie sich an die Bewerbungsschreiben setzen, brin- „Ich bin doch zu alt, mich will keiner mehr“, ist heute kein gen Sie Ihr Wissen auf den neuesten Stand. Bei der Jobsuche Argument mehr, um Bewerbungen zu scheuen oder zu resig- selbst helfen oft Kontakte: Je mehr Menschen Sie kennen, nieren. Ganz im Gegenteil: Erfahrung ist gefragt. Arbeitneh- umso größer ist die Chance, dass einer von ihnen den ent- merinnen und Arbeitnehmer bleiben heute länger im Beruf scheidenden Tipp für eine neue Stelle geben kann. Aktivieren als noch vor einigen Jahren. In den Personalabteilungen Sie also Ihr Netzwerk. Ganz wichtig: Ziehen Sie sich im Fall und Chefetagen weiß man sehr genau, welche Pluspunkte einer Arbeitslosigkeit nicht aus Ihren sozialen Kreisen zurück. erfahrene Kräfte aufweisen. Die Firmen stellen sich mit an- Nur so können Sie bei Bedarf auf die Hilfe anderer bauen. gepassten Arbeitsplätzen und Aufgaben auf die speziellen Wichtig ist es, im Rahmen von Bewerbungen das eigene Bedürfnisse einer älteren Belegschaft ein. Licht nicht unter den Scheffel zu stellen! Sie haben im Laufe Ihres Berufslebens viele Fähigkeiten erlernt, Kenntnisse er- Fit bleiben, geistig und körperlich worben und Erfahrungen gesammelt. Von Ihrem beruflichen Wichtig ist es, die eigene Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Mit re- Wissensschatz kann ein möglicher Arbeitgeber nur profitie- gelmäßigem Sport stärken Sie Ihr Wohlbefinden und fördern ren. Heben Sie das in Bewerbungen und Gesprächen klar Ihre Gesundheit. Viele Unternehmen bieten auch Betriebs- hervor und beweisen Sie, dass Sie noch lange nicht zum sportgruppen oder andere Gesundheitsprogramme an, um „alten Eisen“ gehören. ihre Belegschaft fit zu halten. Lassen Sie sich die Gelegen- heit der oft kostenlosen Sportprogramme nicht entgehen. Es genügt jedoch nicht, nur körperlich fit zu bleiben – auch Ihren Geist sollten Sie auf Trab halten. Das können Sie am besten tun, indem Sie regelmäßig an Weiterbildungen teilnehmen, die Ihr Wissen und Ihre Fähigkeiten festigen und links ausbauen. Teils werden vom Arbeitgeber entsprechende Seminare angeboten. Daneben sollten Sie sich aber auch Weiterbildung ja – aber wie findet man die passende? selbst über mögliche Fortbildungen informieren. Neues Wis- Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) unter- sen kann zu mehr Sicherheit im Berufsalltag führen und Sie stützt Sie bei der Auswahl mit seiner Checkliste dazu motivieren, neue Aufgaben zu übernehmen. Fragen „Qualität beruflicher Weiterbildung“. Die Liste enthält Sie Ihren Arbeitgeber, ob er bereit ist, in eine Weiterbildung unter anderem Hinweise zu Fortbildungsabschlüssen zu investieren. Falls er dies ablehnt, dann informieren Sie und Fördermöglichkeiten. www.bibb.de/checkliste Alles hat seinen Platz, jeder Handgriff sitzt: Ältere gehen bei der Bewältigung ihrer Aufgaben strukturiert vor. sich über die Möglichkeiten einer alternativen Finanzierung sowie über Fördermöglichkeiten. Wer weiß, ob Sie nicht In KURSNET, einem Portal der Bundesagentur für doch noch einmal die Arbeitsstelle wechseln wollen oder Arbeit, können Sie gezielt nach Weiterbildungs müssen? Das zusätzliche Wissen aus einer Weiterbildung angeboten suchen. www.kursnet.arbeitsagentur.de könnte dann Gold wert sein. DIE CHANCEN NUTZEN Voneinander lernen In der Zusammenarbeit mit jüngeren Kollegen und Kollegin- Welcher Lerntyp sind Sie? Wie können Sie durch Weiterbildung Ihre Beschäftigungsfähigkeit erhalten? Diese und weitere Themen werden im durchstarten- nen können Sie sich das eine oder andere aneignen – und Themenheft „Weiter durch Bildung“ der Bundes- Diversen wissenschaftlichen Studien zufolge wird sich aufgrund des im Gegenzug können diese von Ihrer langjährigen Erfahrung agentur für Arbeit behandelt: demografischen Wandels der Fachkräftemangel in Deutschland in den im Berufsleben profitieren, zum Beispiel was den Umgang www.arbeitsagentur.de/durchstarten > Weiter durch mit stressigen Situationen oder die effiziente Gestaltung von Bildung. Hier finden Sie das Heft als PDF-Datei zum nächsten Jahren verschärfen. Dadurch könnten sich die Arbeitsmarkt- Arbeitsprozessen betrifft. Die Berufs- und Lebenserfahrung Herunterladen. chancen von erfahrenen Fachkräften in Zukunft verbessern. von Älteren und die innovativen Ideen von Berufsanfängern 4 5
ARBEITSMARKTCHANCEN INTERVIEW Themenheft 2015/2016 50plus INTERVIEW Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Älteren und Jüngeren? Sina Trinkwalder: Die funktioniert wunderbar, weil wir den richtigen Mix haben. Die Jungen haben oft verrückte Ideen, die Älteren bringen diese Ideen in umsetzbare Maß- Foto: Michael Schrenk SINA nahmen. Wenn es mal stressig ist, wissen die Jüngeren Im Berufsalltag TRINKWALDER aufgrund mangelnder Erfahrung oft nicht, wie sie reagie- kommt es oft gar ren sollen. Dann bringen die Älteren Ruhe und Sicher- nicht auf das heit hinein. Denn sie wissen: Das haben wir schon immer Alter an. Foto: Thomas Riese geschafft, das werden wir auch dieses Mal schaffen. Die „ÄLTERE BRINGEN RUHE älteren Kolleginnen und Kollegen sind bei uns also eine ganz wertvolle Säule. UND SICHERHEIT“ Sind ältere Menschen, die vielleicht eine Weile In ihrer Augsburger Textilmanufaktur nicht gearbeitet haben, bei ihrem Neuanfang besonders motiviert? Sina Trinkwalder: Wenn Menschen länger aus dem Job checkliste „manomama“ lässt Sina Trinkwalder raus sind, ist es eigentlich eher gefährlich, zu motiviert an die Sache heranzugehen. Denn dadurch setzen sie sich Wer bin ich? Was kann ich? ökologische Textilien fertigen. 2010 selbst unter zu großen Druck, dem sie gar nicht gerecht Was will ich erreichen? als soziales Projekt gestartet, erhielt werden können. Ich habe schon gesehen, wie ein über- Sich selbst einzuschätzen, ist nicht immer einfach. die Firma 2011 den Deutschen motivierter Mensch nach drei Tagen alles hinwarf und Experten sprechen von verschiedenen Kompetenz sagte: „Ich wusste, dass das nichts wird.“ Dann sage ich: feldern: fachliche, soziale und Methoden-Kompetenz. Nachhaltigkeitspreis. Die 37-jährige „Du lässt es jetzt etwas langsamer angehen.“ Diejenigen, Die Checkliste hilft Ihnen dabei, Ihre eigenen Kenntnis- Welche Fragen sind wichtig, wenn Gründerin beschäftigt auch viele denen ich eine zweite Chance gegeben habe, sind heute se und Fähigkeiten besser einzuschätzen. Denn ich mich beruflich neu positionieren Ältere. Welche positiven Erfahrungen meine wertvollsten Mitarbeiter. Sie sind über sich hinaus- gerade Ältere können meist mehr, als sie denken. möchte? gewachsen. Und dieses Selbstwert-Erlebnis geben sie an sie mit ihnen macht, erzählt sie im die Jüngeren weiter, denen sie sagen können: „Wirf die Fachliche Kompetenz, z.B.: Beim bisherigen Arbeitgeber: Interview. Flinte nicht ins Korn, das klappt schon!“ □□Welche Abschlüsse haben Sie? □□Haben Sie mit Ihrem Arbeitgeber über einen □□Beförderungen? neuen Aufgabenbereich, Teilzeit, Homeoffice oder Welche Arbeitszeitmodelle bieten Sie an? □□Weiterbildungen? andere altersgerechte Maßnahmen gesprochen? Sina Trinkwalder: Bei uns arbeiten 90 Prozent der Be- □□Berufliche Stationen? □□Können Sie sich vorstellen, Ihr Wissen an Azubis und schäftigten in Vollzeit, weil sie Alleinverdiener sind. Und □□Verantwortlichkeiten? jüngere Kollegen weiterzugeben, etwa als Mentor? wenn jüngere Mitarbeiter mit Kindern nur zu bestimmten □□Fachkenntnisse? □□Bietet Ihr Arbeitgeber die Möglichkeit, sich Wie setzt sich Ihre Belegschaft Zeiten arbeiten können, sind unsere älteren Mitarbeiter weiterzubilden? altersmäßig zusammen? bereit, Rücksicht darauf zu nehmen und zu anderen Zeiten Soziale Kompetenz, z.B.: □□Käme eine niedriger angesiedelte Position für Sie in- Sina Trinkwalder: Bei uns gibt es ältere und jüngere, zu arbeiten, oder umgekehrt. □□Teamfähigkeit frage – und damit auch Abstriche im Gehalt -, wenn erfahrenere und innovativere Menschen. Wir sind vor □□Offenheit Sie dadurch bei Ihrem Arbeitgeber bleiben könnten? fünf Jahren ausschließlich mit Kollegen und Kolleginnen Was tun Sie dafür, um Ihre älteren Mitarbeiter □□Motivation über 45 Jahren gestartet. Heute sind 154 Menschen und Mitarbeiterinnen arbeitsfähig zu halten? □□Einfühlungsvermögen Bei einem neuen Arbeitgeber: bei uns fest angestellt, davon sind rund zehn Prozent Sina Trinkwalder: Wir haben zusammen mit den □□Zuverlässigkeit □□Fühlen Sie sich körperlich und geistig fit für einen über 60, etwa 40 Prozent über 50 und rund 30 Prozent Krankenkassen ein Sportprogramm aufgelegt, das alle □□Positive Einstellung zum Beruf beruflichen Neustart? über 40 Jahre alt. Beschäftigte, gleich welchen Alters, nutzen können. Dabei □□Könnte ein neues Arbeitsverhältnis auch zeitlich be- lernen sie zum Beispiel, ergonomisch richtig an den Näh- Methoden-Kompetenz, z.B: fristet sein? Wenn Sie neues Personal einstellen, achten maschinen zu sitzen. □□Flexibilität □□Was halten Sie von einem Branchenwechsel? Sie dann auf das Alter der Bewerber? □□Mobilität □□Würden Sie für eine neue Stelle Weiterbildungen Sina Trinkwalder: Es ist mir völlig egal, wie alt ein Be- Was ist Ihr Tipp für Bewerbungen? □□Interesse an Weiterbildung absolvieren, diese auch selbst finanzieren und dafür werber oder eine Bewerberin ist, was er bisher gemacht Sina Trinkwalder: Entschuldigen Sie sich nicht für Ihr □□Interesse an Neuerungen eventuell in eine andere Stadt fahren? hat, ob er einen Migrationshintergrund hat, alleinerzie- Alter! Und wenn Sie mal eine Weile nicht gearbeitet □□Zeitmanagement □□Welche Weiterbildungen kommen infrage: hend ist, gehandicapt ist oder welche Qualifikationen er haben, ist das kein Manko. Dann haben Sie sich offenbar □□Kunden- und Dienstleistungsorientierung Fachwissen, IT, Fremdsprachen, Soft Skills? hat. Es zählt allein, dass er oder sie zu uns passt. gerade um Ihr Leben gekümmert. 6 7
ARBEITSMARKTCHANCEN IM PORTRÄT Themenheft 2015/2016 50plus GELEGENHEITEN ERGREIFEN Foto: Klaus-Dietmar Gabbert JEDEN TAG Nach 24 Jahren im Beruf wechselte Ronny Doll den Arbeitgeber. Der Grund: NEUES LERNEN Foto: Torsten Andreas Er wollte noch einmal etwas Neues wagen, in einem anderen Umfeld und ohne Schichtdienst arbeiten. Er bewarb sich – und hatte Erfolg. Peter Rux hat in den vergangenen Foto: Torsten Andreas Jahren beruflich die verschiedensten Ronny Doll, Schlosser, Aufgaben übernommen. Nun ist er Mühlenbeck als Mitarbeiter für die logistischen r Abläufe eines Kurierdienstleisters zuständig. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert Peter Rux, onny Doll hat zu Zeiten der ehemaligen DDR die Ar- Sachbearbeiter, Nach einigen Branchenwechseln ist Peter Rux nun beruflich beit eines Zerspaners von der Pike auf gelernt und Ronny Doll in der Schlosserei seines neuen Arbeitgebers. Berlin am Ziel: Er arbeitet bei einem Kurierdienstleister. seit seiner Ausbildung nichts anderes gemacht. Nach dem Fall der Mauer wechselte er in ein großes Un- ternehmen – und blieb dort rund 25 Jahre lang. „Im Laufe Schichtarbeit mehr machen. Wegen seiner zwei Kinder n übergeben. 60 bis 100 Pakete laufen bei dem Zweierteam der Zeit hat sich die Technik in meiner Branche natürlich zögerte er jedoch lange, sich nach etwas Neuem umzuse- jeden Tag auf. „Es muss immer schnell gehen, und ich muss weiterentwickelt. Viel wurde automatisiert, sodass die Ar- hen. „Mit Familie gibt man nicht so leichtfertig eine feste viel mit dem Kunden, den Kollegen und den Kurieren kom- beit immer monotoner wurde und mir keinen Spaß mehr Anstellung auf.“ munizieren. Das macht auf jeden Fall Spaß.“ Seine Stelle machte“, erzählt der 50-Jährige. Außerdem wollte er keine Nun, da die Kinder aus dem Haus sind, hat er den Schritt, ist zwar nur auf sechs Stunden pro Tag angelegt, je nach nach Absprache mit seiner Familie, aber doch gewagt. „Pri- ach einer Ausbildung im Metallbereich arbeitete Versandvolumen gibt es aber auch mal mehr zu tun. Peter vat, über den Sport, habe ich einen Mitarbeiter der Bear Peter Rux zunächst viele Jahre bei den Berliner Rux sieht es positiv: „Ich hätte natürlich gern eine Vollzeit- Mühlen & Behälter GmbH Berlin kennengelernt, der mir von Verkehrsbetrieben, bis er sich als Kurierfahrer selbstständig machte. Als es nach einiger Zeit finanziell schwierig für ihn wurde, entschloss er sich, die Branche stelle gehabt. Aber so bleibt mir wenigstens auch Zeit für Haus und Garten.“ Bei seinen Bewerbungsschreiben hat Peter Rux trotz Ab- praxistipps seiner Arbeit erzählte. Als dort ein Jahr später Schlosser ge- sucht wurden, habe ich mich beworben.“ Er erhielt die Zu- sage des Anlagenbauers, der Produkte für die Kakao- und zu wechseln und fing an, in verschiedenen Bereichen zu sagen nie aufgegeben. „Man darf nicht nachlassen und auch Süßwarenindustrie herstellt, und übernimmt seither dort jobben: Er war unter anderem im Autobau, im Antennen- bei Nackenschlägen nicht resignieren“, so sein Rat an alle, Netzwerke aufbauen Zerspanungs- und Schlosserei-Aufgaben. „Hier kann ich bau und im Eisenbahnbau tätig, zuletzt bei einem Sicher- die ebenfalls auf Jobsuche sind. Und noch einen Tipp hat der Sie lernen gerne neue Menschen kennen, knüpfen endlich wieder das machen, was ich mal gelernt habe. Und heitsdienst. In einer Phase der Arbeitslosigkeit entdeckte Familienvater für berufserfahrene Stellensuchende: „Eigen- leicht Kontakte und interessieren sich für andere? die Tätigkeiten als Schlosser eigne ich mir jetzt auch noch er im Internet die Stellenanzeige des Kurierdienstleisters initiative zeigen! Wenn man etwas erreichen will, muss man Dann bringen Sie die besten Voraussetzungen für er- an, indem ich erfahrene Kollegen bei der Arbeit begleite und Messenger in Berlin, der einen Logistikmitarbeiter für die sich auch mal in eine Sache festbeißen.“ folgreiches Netzwerken mit. Pflegen Sie Ihre berufli- Lehrgänge besuche. So kann ich demnächst überall flexibel operativen Abläufe bei einem großen Druckereikunden be- chen und persönlichen Kontakte – wer weiß, vielleicht eingesetzt werden.“ nötigte. „Da ich mich mit Kurierdiensten und organisatori- ergibt sich daraus eine neue Stelle. In seinem Team arbeiten sowohl jüngere als auch erfahrene schen Aufgaben auskenne, passte das sehr gut“, sagt der Kollegen. „Das Betriebsklima ist sehr gut, ich kann jederzeit 50-Jährige. Vier Tage nach der Bewerbung bei dem Berliner Kurierdienstleister trat er, nach zwei Stunden Probearbeit, seine neue Stelle an. „Der Kollege, der die Stelle aufgebaut info Einige Gelegenheiten, das eigene Netzwerk zu erweitern: •• im Verein, beim Sport Fragen stellen.“ In der eigenen kleinen Werkstatt der Firma führt Ronny Doll Dreh- und Fräsarbeiten durch, die im Rahmen der Reparatur und Fertigung der Mühlen und Behälter anfallen. hatte, hat mich acht Wochen lang eingearbeitet, und jetzt •• über Freunde und Familie Weitere Aufgaben soll er nach und nach übernehmen. Sein bin ich zusammen mit einem etwa gleichaltrigen Kollegen Wenn Sie arbeitslos gemeldet sind, können Sie sich •• im Berufsleben: in anderen Abteilungen, auf Dienst- Tipp für erfahrene Ältere, die ebenfalls noch einmal die Stelle für den gesamten Versand des Druckereikunden zuständig“, in der LERNBÖRSE exklusiv der Bundesagentur für reisen, Messen und Fortbildungsveranstaltungen wechseln möchten: „Man muss bewusst die Entscheidung erklärt Peter Rux. „Auch wenn ich mich schon recht sicher Arbeit zu den unterschiedlichsten Themen informie- •• im Internet in Karriere-Netzwerken treffen, dass man etwas Neues machen will. Wenn man nichts in meinen Aufgaben fühle: Ich lerne jeden Tag wieder etwas ren, und das in Ruhe und kostenlos. Wie wäre es mit unternimmt, verändert sich auch nichts.“ Er selber habe Glück Neues dazu.“ einem Englischkurs? Oder benötigen Sie Hilfe bei der Tipp: Seien auch Sie Netzwerkpartner: Unterstützen gehabt, dass er jemanden kannte, der zufällig von einer Stelle Die versandfertigen Pakete der Druckerei kommen bei Bewerbung? Nutzen Sie das Online-Lernangebot unter Sie nach Möglichkeit andere. Bei Bedarf können dann wusste, die auf ihn passte. „Ich war zur richtigen Zeit am rich- ihm und seinem Kollegen an. Sie müssen diese vermessen, www.arbeitsagentur.de/lernboerse. auch Sie selbst auf Unterstützung bauen. tigen Ort“, sagt er. „Aber man muss auch den Mut haben, die Versandkosten berechnen und die Pakete den Kurieren solche Gelegenheiten zu ergreifen.“ 8 9
ARBEITSMARKTCHANCEN IM PORTRÄT Themenheft 2015/2016 50plus SELBSTSICHER NEUE STADT, NEUE BRANCHE Foto: privat AUFTRETEN Hildegard Kinski (63) machte sich aufgrund ihres Alters keine großen Hoffnungen auf eine neue Arbeitsstelle, als sie von Süddeutschland nach Kiel zog. Und doch: Wenig später fand sie eine Stelle als Verkäuferin in einem Modegeschäft. Foto: privat Foto: privat Marlies Hildegard Klingsporn, Kinski, Foto: Michael Neuner Pflegefachkraft, Verkäuferin, Hamburg Kiel Die Versorgung von Pflegebedürftigen gibt Marlies s h Klingsporn viel Kraft. Marlies Klingsporn hat als Pflegefach- kraft das Glück, in einer Branche zu eit dem Ende ihrer Ausbildung zur Krankenschwes- arbeiten, in der Mitarbeiterinnen und ildegard Kinski hatte schon viele Jobs: Wäh- ter – heute heißt der entsprechende Abschluss Mitarbeiter gesucht werden. Nach rend sie ihre drei Kinder großzog, arbeitete die „Gesundheits- und Krankenpflegerin“ – hat Marlies einem Umzug fand sie schnell eine ausgebildete Buchhalterin stundenweise auf Klingsporn durchgehend in Pflegeheimen gearbeitet, unter- verschiedenen Stellen. Nach dem Tod ihres Mannes zog sie brochen nur von einigen Familienpausen. „Das gefällt mir neue Stelle – dank ihrer überlegt von Bayern zu ihrer Tochter nach Schleswig-Holstein. „Ich gut, weil es dort familiärer zugeht als in einem Kranken- angegangenen Bewerbungsphase. hatte erst Angst, mit über 60 noch mal auf Stellensuche zu haus, in dem die Patienten schnell wieder weg sind“, sagt gehen“, erinnert sich Hildegard Kinski. Doch mithilfe einer die 52-Jährige. Vor einigen Jahren zog sie nach Hamburg. Beratung gewann sie den Mut, sich bei verschiedenen Un- Mit 50 Jahren noch einmal eine neue Stelle finden, in einer das Verteilen der Medikamente, die Dokumentation der ternehmen zu bewerben. neuen Stadt? „Von Frankfurt aus hatte ich mich im Internet Maßnahmen und die Pflege der Bewohner und Bewohne- Soweit es möglich war, hat Hildegard Kinski ihre Bewer- nach Stellen umgesehen und schon einmal meine Unter- rinnen. „Ich fühle mich noch sehr fit, sodass mir auch die bungsunterlagen immer persönlich bei den Verantwortlichen lagen, zum Beispiel den Lebenslauf und meine Zeugnisse, körperliche Arbeit nichts ausmacht.“ abgegeben. „Dann bekommt man schon mal einen ersten Ware sortieren, aber auch Kunden beraten und im Team zusammengestellt. In Hamburg konnte ich diese dann sofort Im Laufe ihres Berufslebens besuchte sie etliche Fortbil- Eindruck voneinander.“ Von dem Kaufhaus TK Maxx bekam arbeiten: Eine Tätigkeit im Verkauf ist abwechslungsreich. in die Post geben, versehen noch mit einem individuellen dungen und erarbeitete sich so zusätzliches Wissen, das sie sie eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. „Ich er- Anschreiben.“ Nach neun Bewerbungen bekam sie sieben für Arbeitgeber noch interessanter macht. Unter anderem zählte ganz offen, was ich kann. Das hat meinen künftigen Einladungen zu Vorstellungsgesprächen. Entschieden hat absolvierte sie eine Qualifizierung zur Pflegedienstleitung Chef offenbar überzeugt.“ Ein paar Tage später erhielt sie die würde, in einer fremden Branche noch mal ganz von vorn sich Marlies Klingsporn für das Pflegeheim Kursana Villa sowie eine Weiterbildung zur Praxisanleiterin – dank Letz- Zusage. „Erst wollte ich die Stelle gar nicht annehmen, weil zu beginnen“, erinnert sich Hildegard Kinski. Doch schließ- Reinbek. „Als Fachkraft übernehme ich häufig die Schicht- terer darf sie ausbilden. „Außerdem finden bei den Arbeit- ich mir plötzlich nicht mehr sicher war, ob ich es schaffen lich sagte sie zu. Die heute 63-Jährige ist froh darüber: „Ich leitung und trage damit die Verantwortung für alles, was in gebern regelmäßig interne und externe Fortbildungsver- freue mich jeden Tag auf meine Arbeit. Alle im Team sind dieser Schicht zu regeln ist.“ Dazu gehören unter anderem anstaltungen statt, zum Beispiel zu Themen wie Hygiene, sehr nett. Auch wenn ich die Älteste bin: Wir respektieren Sturzrisiko oder Ernährung. Als Pflegekraft muss man immer uns gegenseitig.“ mal wieder sein Wissen auffrischen und ergänzen.“ Vom Alter her ist ihr Team gemischt, Marlies Klingsporn praxistipps Als Verkäuferin berät Hildegard Kinski die Kundschaft und kassiert. Sie hat eine Teilzeitstelle mit 20 Wochenstunden info gehört zu den Älteren. Sie kommt mit allen gut zurecht. „Das ist eine Frage des respektvollen Umgangs miteinander.“ Äl- teren, die sich um eine neue Stelle bemühen müssen oder Sie wollen in einem Bereich arbeiten, der Ihnen und springt ein, wenn mal mehr gearbeitet werden muss. „Teilzeitarbeit ist ein gutes Modell für mich, schließlich bin ich mit 63 nicht mehr so fit wie noch vor zehn Jahren.“ Wenn wollen, rät sie, im Vorstellungsgespräch sicher aufzutreten noch fremd ist? Gute Anlaufstellen für Informati- sie in zwei Jahren in Rente geht, würde sie danach gerne wei- Es gibt immer mehr pflegebedürftige Menschen. Daher und sich auf das Gespräch gut vorzubereiten, indem man onen sind die Branchenverbände. Es gibt sie für ter auf 450-Euro-Basis in dem Geschäft arbeiten, sofern es steigt auch der Bedarf an Pflegekräften. Die Broschüre sich das Unternehmen genau ansieht. Auch Verhandlungs- jede Berufsgruppe, zum Beispiel den Bundesverband ihre Gesundheit zulässt. „Die Arbeit hält mich jung.“ „Altenpfleger werden“ der Stiftung Warentest infor- geschick in Zusammenhang mit dem Gehalt oder den Ur- Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. oder den Ihre Tipps für alle, die ebenfalls noch mal durchstarten miert über die Möglichkeiten eines Quereinstiegs in laubstagen könne nicht schaden. Mit ihrer heutigen Stelle Handelsverband Deutschland. Im Internet können Sie wollen: „Man darf sich von neuen Aufgaben nicht abschre- diesen Bereich sowie über Aufstiegs- und Fördermög- ist Marlies Klingsporn sehr zufrieden. „Ich liebe meine Ar- nach dem passenden Verband suchen, der zu Ihrem cken lassen. Man kann sich überall einarbeiten. Wichtig ist, lichkeiten. www.test.de/leitfaden-altenpflege beit, denn ich bekomme so viel Dankbarkeit von meinen Wunschberuf passt. an sich zu glauben und den Willen zu haben, zu arbeiten. Und: Pflegebedürftigen zurück.“ Wer nie etwas versucht, wird nie erfahren, ob er es kann.“ 10 11
Foto: Thomas Riese ARBEITSMODELLE HINTERGRUND Themenheft 2015/2016 50plus VORTEIL 50PLUS: WIE KOMPETENZ BLEIBT praxistipps Wie lässt sich das Fachwissen in Unternehmen Altersgerechte Arbeitszeitmodelle erhalten? Vor dieser Frage steht die deutsche Neben altersgerechten Arbeitsmodellen bieten auch flexible Arbeitszeitmodelle gute Voraussetzun- Wirtschaft. Ziehen Sie als Mitarbeiterin oder gen, um lange fit und motiviert im Beruf zu bleiben. Mitarbeiter 50plus Ihren Vorteil daraus: Geben Die gängigsten Modelle sind: Sie im Rahmen von altersgerechten, flexiblen Auf einem Langzeit-Arbeitskonto wird über ei- nen sehr langen Zeitraum Arbeitszeit angespart. So Arbeitsmodellen Ihre Kenntnisse weiter. können gerade langjährig Beschäftigte, die in frühe- ren Phasen mehr geleistet haben, die gutgeschriebe- d ne Zeit später flexibel nutzen, zum Beispiel, um sich längerfristig freistellen zu lassen, etwa für Pflegezeit. Bei der Gleitzeit-Regelung gibt es eine Kernar- beitszeit, in der die Beschäftigten im Betrieb arbeiten, sowie einen flexiblen Zeitbaustein, die sogenannte ie Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland sinkt: Gleitzeit, über die die Arbeitnehmer selbst verfügen. Im Jahr 2050 wird sie Schätzungen des Bundes- Auf diese Weise können Angestellte ein Zeitgutha- ministeriums für Wirtschaft und Technologie ben auf ihrem Gleitzeitkonto erwerben, das es etwa zufolge nur noch bei rund 35 Millionen liegen. Die Politik erlaubt, ein zeitliches Minus in Phasen mit weniger hat darauf mit einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit Arbeit auszugleichen. Manchmal können etwa Über- reagiert. Damit Sie bis zum Renteneintrittsalter fit und mit stunden in den Folgemonat übertragen und andere Freude an der Arbeit in den Betrieb eingebunden bleiben flexible Absprachen getroffen werden, beispielsweise können, können Sie sich über die Möglichkeiten informieren, im Rahmen einer Vertrauensarbeitszeit. die spezielle Arbeitsmodelle bieten. Sie gelten als altersge- Die Tätigkeit im Homeoffice (auch Telearbeit ge- recht, da sie den veränderten Ansprüchen und Bedürfnissen Erfahren in der Beratung: Ältere nannt) bedeutet Arbeiten in den eigenen vier Wänden. von Menschen über 50 Jahren entgegenkommen. Arbeitskräfte agieren im Umgang mit So sind Privatleben und Beruf oft besser miteinander Kunden freundlich und routiniert. vereinbar. Voraussetzung: Das Büro ist getrennt vom Altersgemischte Teams Teilzeit Rest des Wohnraums. Homeoffice gibt es in vielen Bei altersgemischten Teams handelt es sich um Arbeits- Bei einer Teilzeittätigkeit wird die regelmäßige wöchentliche Formen. Je nach Vereinbarung kommt man mehr oder gruppen, in denen Jung und Alt zusammenarbeiten. Dabei Arbeitszeit reduziert. Solche Lösungen ermöglichen es, Be- weniger häufig ins Unternehmen, arbeitet ansonsten wird der gegenseitige Erfahrungsaustausch gefördert, von ruf und Privatleben besser in Einklang zu bringen. Teilzeitmo- von zu Hause aus oder von unterwegs. dem beide Seiten profitieren. diesem Modell geht es darum, Nachwuchskräften durch delle gibt es viele: die Halbtagsbeschäftigung, den Wechsel Beim Jobsharing teilen sich zwei Personen eine ältere Kolleginnen und Kollegen unter die Arme zu greifen. von Ganztagsarbeit und Freizeit oder Blockmodelle. Arbeitsstelle. Dadurch verringert sich die Arbeitszeit Lerntandem Mentoren sind Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen für den Einzelnen. Das erfordert gute Organisation Ein Tandem-Team setzt sich üblicherweise aus jemandem für Karriere- und Fachfragen, helfen bei Problemen weiter, Jobrotation und genaue Absprachen. mit Berufserfahrung und aus jemandem, der neu im Beruf vermitteln neben Wissen auch Lebenserfahrung und ver- Mit Jobrotation ist üblicherweise der Stellenwechsel inner- Ein längerer Sonderurlaub wird als Sabbatical ist, zusammen. Ziel des Modells: Die Tandem-Mitglieder schaffen Kontakte. Das Coaching unterscheidet sich vom halb eines Unternehmens gemeint. Über einen systemati- bezeichnet. Es bedeutet in den meisten Fällen ein lernen voneinander. Mentoring insofern, als hier nicht die fachliche Beratung schen Arbeitsplatzwechsel tauschen dabei mehrere Be- ganzes Jahr Auszeit vom Berufsleben – mit Anspruch im Mittelpunkt steht. Vielmehr hat der Coach die Aufgabe, schäftigte ihre Stellen untereinander und übernehmen die auf eine Rückkehr an den früheren Arbeitsplatz. Die Mentoring und Coaching seinen Schützling bei seiner oder ihrer individuellen beruf- Aufgaben der jeweils anderen. Der Vorteil: Die Einblicke in freien Monate können zum Beispiel für eine Weiterbil- Beim Mentoring steht eine erfahrene Person – der Mentor – lichen Entwicklung zu unterstützen. Ältere können sich oft neue Aufgabenbereiche machen das Arbeiten spannend und dung verwendet werden oder um sich intensiv um die einer unerfahreneren, meist jüngeren Person – dem Mentee – firmenintern zum Coach weiterbilden und so ihr Wissen an erhöhen das Verständnis für die Arbeitsabläufe in anderen Familie zu kümmern. gegenüber und vermittelt ihr gezielt Erfahrungswissen. Bei Berufsanfänger weitergeben. Abteilungen. 12 13
ARBEITSMODELLE INTERVIEW Themenheft 2015/2016 50plus Foto: Thomas Riese INTERVIEW „ÄLTERE HABEN ERFAHRUNGSWISSEN, DAS MAN AUS KEINEM LEHRBUCH LERNEN KANN.“ CHRISTIANE FLÜTER-HOFFMANN Findet in der Wirtschaft bereits ein Umdenken Foto: privat im Hinblick auf alternde Belegschaften statt? Ja, definitiv. Der Fachkräftemangel beziehungsweise Fachkräfteengpass ist bei den Unternehmen massiv Ist es ein Problem, wenn ältere Beschäftigte angekommen. Sie finden weder Auszubildende noch „DAS INTERESSE AN das Gespräch in dieser Hinsicht suchen? erfahrene Fachkräfte – beispielsweise in Industriebran- Nein! In großen Unternehmen sind die Arbeitszeit chen, in denen die Ingenieure und Ingenieurinnen und ERFAHRENEN FACHKRÄFTEN modelle ohnehin meist durch die Betriebsparteien aus- Techniker und Technikerinnen fehlen, oder in der Gesund- gehandelt und in Betriebsvereinbarungen festgelegt. heitsbranche, in der die Pflegekräfte ausgehen. Aber wir IST ENORM“ Man kann also dort nachlesen und sich darauf berufen, hören dieses Umdenken aus immer mehr Branchen. Am welche Arbeitszeitmodelle gelten und wie sie konkret schnellsten hat sich das praktische Umdenken in Richtung umgesetzt werden. Wo es möglich ist, bespricht man das demografiefreundliche Personalpolitik bei Großunterneh- Christiane Flüter-Hoffmann ist als Thema oft zuerst mit dem Betriebsrat. Aber auch dort men entwickelt. Sie haben immer eine längerfristigere Senior Researcher beim Institut raten wir immer dazu, diese Fragen mit dem direkten Planung als kleine und mittelständische Unternehmen. Vorgesetzten zu klären und Vorschläge zu unterbreiten, der deutschen Wirtschaft (IW) in die für beide Seiten vorteilhaft sind. Es ist oft weit mehr Köln auch Expertin und Beraterin für das Thema alternde Beleg- möglich, als manche denken. Welche Arbeitsmodelle haben sich besonders praxistipps schaften. Im Gespräch erläutert bewährt? Und was erwartet uns in Zukunft? sie die Vorteile von altersgerechten Die Zukunft liegt in der Vielzahl der flexiblen Modelle. Betriebliche Gesundheitsförderung Arbeitsmodellen. Gerade bei den Arbeitszeitmodellen gibt es so viele Va- Immer mehr Betriebe fördern die Gesundheit ihrer rianten, die teilweise auch gut miteinander kombinierbar Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Mit Maßnahmen sind: Teilzeitmodelle wie Jobsharing, Gleitzeit, Arbeits- wie Rückenschule, Ernährungsberatung oder Kur- zeitkonten, Vertrauensarbeitszeit, Homeoffice. Wir haben sen zur Stressbewältigung lassen sich Belastungen beispielsweise im Rahmen eines Projekts ein Arbeits- am Arbeitsplatz abbauen und gesundheitsfördernde zeitmodell entwickelt, das wir „Floating“ nennen. Dabei Verhaltensweisen stärken. Ziel ist es, das Wohlbefin- reduzieren Beschäftigte allmählich ihre Arbeitszeit, am den der Beschäftigten zu erhalten. Dazu gehört aber Was bringen ältere Mitarbeiter und Mitar- Anfang ohne Gehaltsverzicht. Als Wertschätzung bekom- auch eine Arbeit, die zufrieden macht und ausfüllt – beiterinnen den Unternehmen? men sie von ihrer Firma für langjährige Dienste Zeit und was passende betriebliche Weiterbildungsangebote Sehr viel. Wir nennen sie die „Generation E“ – E für Geld geschenkt. Die geringere Belastung tut ihrer Gesund- miteinbezieht. Erfahrung. Sie sind Wissensträger, Erfahrungsträger, heit gut. Das Modell läuft über fünf bis acht Jahre, und die meist sehr loyal, qualitätsbewusst und kennen alle Ab- Mitarbeiter reduzieren ihre Arbeitszeit stundenweise, bis Was können Sie tun, um lange fit und läufe im Unternehmen. Ältere verblüffen die Jüngeren sie bei 60 oder sogar 50 Prozent angekommen sind. Die gesund zu bleiben? oft dadurch, dass sie am Klang einer Maschine sagen Wo sorgfältiges Arbeiten gefordert ist, können Ältere mit betriebliche Praxis zur Arbeitszeitflexibilisierung zeigt oft, •• Einseitige Belastungen, schwere körperliche Arbeit können, was repariert werden muss. Das ist Erfah- ihrer ruhigen, bedachten Herangehensweise punkten. dass Regelungen gefunden werden können, mit denen alle und langes Sitzen sollten Sie nach Möglichkeit ver- rungswissen, das man aus keinem Lehrbuch lernen Beteiligten hochzufrieden sind. meiden beziehungsweise für körperlichen Aus- kann. Ein Großteil der Unternehmen achtet sehr genau gleich sorgen. darauf, dass sie ihre qualifizierten und erfahrenen Be- Stichwort Gesundheit: Was sollten Vorge •• Nutzen Sie Büropausen für leichte Bewegung wie schäftigten möglichst lange halten können. in kleinen und mittelständischen Unternehmen – das sind setzte, was sollten Beschäftigte selbst tun? gymnastische Übungen oder einen Spaziergang. immerhin 95 Prozent aller Unternehmen in Deutschland. Sie Grundsätzlich ist erst einmal jeder für seine eigene Ge- •• Versuchen Sie, Ihre Aufgaben abwechslungsreich Es gibt eine Vielzahl von Arbeits- und haben selbst ein Interesse daran, dass die Mitarbeiter und sundheit verantwortlich. Wie wichtig die betriebliche Ge- zu gestalten und Monotonie zu vermeiden. Arbeitszeitmodellen. Woher weiß man, Mitarbeiterinnen mit ihren Arbeitszeitregelungen zufrieden sundheitsvorsorge ist, wissen wir aus zahlreichen Studien. •• Nehmen Sie betriebliche Angebote zur Gesund- was zu einem passt? sind, denn so arbeiten sie motiviert. Die Modelle müssen na- Sie ist aber erst dann effektiv, wenn auch eine ergonomi- heitsförderung oder Prävention sowie Weiterbil- Durch das Gespräch mit dem Vorgesetzten. Individuelle, türlich zu den betrieblichen Erfordernissen passen, damit es sche Arbeitsgestaltung und ein „gesundes Führungsver- dungsangebote an. flexible Arbeitszeitregelungen sind gängige Praxis, gerade für beide Seiten passt. halten“ der Vorgesetzten hinzukommen. 14 15
ARBEITSMODELLE IM PORTRÄT Themenheft 2015/2016 50plus FLEXIBEL DANK VERTRAUEN Foto: Heidrun Hönninger Als Mentor oder Mentorin berät man Jüngere in sämtli chen Jobfragen. Gerhard Hoffmann ist fest angestellt, Foto: privat kann aber seine Arbeitszeit flexibel gestalten. Möglich macht das die Vertrauensarbeitszeit. Sie gewährt ihm trotz Projektverantwortung viel Freiraum in weniger arbeitsintensiven Zeiten. Foto: privat Gerhard Hoffmann, Ingenieur, Nürnberg ERFAHRUNGS- Foto: privat f Barbara Schimmel, Einkaufs SCHATZ TEILEN leiterin und Mentorin, Bremen rei über seine Arbeitszeit bestimmen zu können – das Gerhard Hoffmanns Arbeitgeber gewährt ihm Vertrauens arbeitzeit – ein Modell, das gerade für Ältere passend ist. ist Gerhard Hoffmann wichtig. Das klassische Modell, Barbara Schimmel (56) arbeitet in also von morgens neun bis abends um fünf oder sechs einem international tätigen US-Unter- Uhr im Büro zu sein, ist nichts für den 57-jährigen Soft- weniger zu tun ist. Die Vertrauensarbeitszeit kommt ihm Ihr derzeitiger Mentee ist ein junger Vertriebsleiter einer wareentwickler und Systemdesigner. Sein Arbeitgeber, der bei der Ausgestaltung seines beruflichen Alltags sehr ent- nehmen am Standort Bremen. Als Bremer Firma. Einmal im Monat treffen sich Mentorin und Siemens-Konzern am Standort Nürnberg, bietet Vertrauens- gegen. Planung und Projektierung erfolgen im Büro, die Mentorin gibt sie außerdem ehren- Mentee zum Austausch, und das über einen Zeitraum von arbeitszeit als Arbeitszeitmodell an. Inbetriebnahme von Anlagen wie Gepäckförderanlagen in amtlich ihr Wissen an eine jüngere einem Jahr. „Fachlich sind wir uns ähnlich. Das ist wich- Gerhard Hoffmann nutzt das Angebot bereits seit eini- Flughäfen erfolgt beim Auftraggeber vor Ort, auch im Aus- tig, denn die Kompetenzen sollten übereinstimmen.“ Dass gen Jahren und schätzt daran die zeitliche Flexibilität. Da land. Die Projekte dauern im Schnitt von einem halben bis Fachkraft weiter. a die Mentees, meist zwischen 30 und 40 Jahre alt, nicht er überwiegend im Rahmen von Projekten arbeitet, ist sein zu anderthalb Jahren. aus dem eigenen Unternehmen kommen, ist ein zentraler Berufsalltag unregelmäßig – geprägt von Hochphasen mit Die „Freizeit“ gestaltet sich in seinem Alter, mit fast Punkt des Programms: „Aus der unabhängigen, neutralen entsprechendem Arbeitspensum und Phasen, in denen 60 Jahren, ein wenig anders als früher, erzählt er: „Meine Position heraus sehe ich viel mehr von der Situation meines Mutter braucht mehr und mehr Hilfe. Steht ein Arzttermin Gegenübers.“ für sie an, kann ich meine Arbeit unterbrechen und sie zur ls Barbara Schimmel jünger war, mehrte sie Bei den insgesamt zwölf Treffen klären die beiden alle Untersuchung begleiten. Danach komme ich wieder an den nicht nur ihr Fachwissen ständig. Sie war auch immer offen für Neues. Nach der Ausbildung zur chemisch-technischen Assistentin arbeitete sie konsequent Fragen, die sich aus dem Berufsleben des jungen Mentee ergeben. Da Barbara Schimmel in ihrer langen beruflichen Laufbahn bereits Teams mit bis zu 25 Personen geleitet hat, info Arbeitsplatz zurück. Und das alles ohne großen Verwal- tungs- und Zeiterfassungsaufwand.“ In den weniger inten- siven Projektphasen versucht Gerhard Hoffmann, für Aus- an ihrer Karriere, hatte Stellen bei verschiedensten Firmen kann sie ihrem „Schützling“ viel mitgeben. Etwa, wie es ist, gleich zum Beruf zu sorgen, und ist sportlich aktiv. An einem im In- und Ausland und schloss zusätzlich ein Studium der ein Team zu leiten. „Mein Mentee hat gerade erste Füh- Vertrauensarbeitszeit ist ein Arbeitszeitmodell, Tag pro Woche macht er dann früher Schluss, um etwa die Betriebswirtschaftslehre ab. Heute ist die 56-Jährige als Ein- rungsaufgaben übernommen. Hier berate ich ihn vor allem das ohne elektronische Zeiterfassung auskommt. Radtour mit Freunden nicht zu versäumen. Und manchmal käuferin bei der Bremer Niederlassung von Thermo Fisher fachlich.“ Diese Hilfestellung trägt auch zur Persönlichkeits- Im Vordergrund steht die Erledigung bestimmter Auf- erfüllt er sich seinen Traum vom Fliegen und dreht mit dem Scientific tätig. Neben ihrem Job gibt Barbara Schimmel ihr entwicklung des Mentee bei. „Ich selbst habe im Laufe mei- gaben innerhalb eines gewissen Zeitrahmens, weniger Ultraleichtflugzeug einige Runden. „Das geht natürlich nur, Fachwissen und ihre Führungsexpertise als Mentorin weiter. ner Karriere auch von der Erfahrung älterer Kollegen und die Anwesenheit zu festen Zeiten. Der Arbeitnehmer wenn es die Arbeit erlaubt und die Kollegen und Kolleginnen Dazu kam sie, als vor einigen Jahren die Organisation Cross Kolleginnen profitiert. Damals gab es viele Ratschläge, aber ist selbst für die Erfassung der Arbeitszeit verantwort- Bescheid wissen.“ Mentoring Deutschland für ihr Mentoring-Programm erfah- eher nebenbei, etwa, wenn man gemeinsam an der Kaffee- lich. In Abgrenzung zur Gleitzeit bietet die Vertrauens- Mit dem Alter veränderten sich auch seine Prioritäten im rene Männer und Frauen suchte, die junge Führungskräfte – maschine stand.“ Heute, mit Mitte 50, will sie ihr Wissen arbeitszeit einen größeren Spielraum. Wie auch beim Arbeitsleben. Früher hat ihn die Herausforderung, eine tech- Mentees – branchenübergreifend beraten. „Seitdem habe und ihre Kompetenz gezielt weitergeben. „Wie groß mein Gleitzeitkonto können mögliche Plusstunden als Frei- nische Aufgabe zu lösen, so gereizt, dass ihn das manchmal ich jedes Jahr einen jüngeren Menschen in Führungsfach- Erfahrungsschatz wirklich ist, wurde mir erst durch das zeitausgleich genommen werden. an die Grenzen der gesundheitlichen Belastbarkeit führte. fragen begleitet“, sagt Barbara Schimmel. Mentoring bewusst.“ Heute weiß er, wie wichtig eine gute Work-Life-Balance ist. 16 17
ALTERSGEMISCHTE TEAMS IM PORTRÄT Themenheft 2015/2016 50plus Marcel Nicolay und Ingrid Reutzel arbeiten gerne zusammen. Das Alter? Spielt keine Rolle. EIN GEWINN FÜR ALLE Nicht selten glauben Menschen jenseits der 50, für Arbeitgeber nicht mehr interessant zu sein. Dabei schätzen viele Unternehmen die positiven Effekte, die mit der Zusammenarbeit von älteren und jüngeren Beschäftigten einhergehen. j Foto: Thomas Lohnes üngere und ältere Arbeitnehmer in einem Team – kann das funktionieren? Auf die Vorteile von altersgemisch- ten Teams weist unter anderem eine 2010 veröffent- liche repräsentative Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung zur Wirkung von Personalmaßnahmen Immobilienbereich, er im Bereich Valutierung und Sicher hin: Ältere sind leistungsfähiger, wenn sie in Teams mit Jün- stellung – profitieren die beiden von ihren jeweiligen Kennt- geren zusammenarbeiten und wenn sie Aufgaben erfüllen, hätten die beiden wohl kaum Gemeinsamkeiten. Sie haben nissen und Fähigkeiten. sind, kann es zu großem Stress kommen. Das ist auch bei die Erfahrung voraussetzen. Auch der Produktivitätsbeitrag jedoch mit der ING-DiBa AG in Frankfurt am Main nicht nur Teamleiterin Claudia Beck ist überzeugt davon, dass die Marcel Nicolay von Zeit zu Zeit der Fall. Dann ist der beru- der Jüngeren steigt in solchen Teams signifikant. Offensicht- einen gemeinsamen Arbeitgeber, sondern sind auch Mitglie- enge Zusammenarbeit von Jung und Alt erhebliche Vorteile higende Hinweis von Ingrid Reutzel hilfreich: „Das ist kein lich profitieren sie in der Praxis von der Berufserfahrung der der in einem altersgemischten Team. mit sich bringt. Besonders kleinere Probleme lassen sich im großes Ding. Wir arbeiten jetzt einfach konzentriert weiter, älteren Kollegen. Es entsteht ein Erfahrungsaustausch, der Austausch sehr gut lösen. „Auf der einen Seite stehen die dann wird das schon.“ für beide Seiten Vorteile mit sich bringt. Jüngere bringen Innovation und Expertise jüngeren Kollegen, die auch einmal etwas Neues probieren. Neben dem persönlichen Zuspruch kann ihr jüngerer Ideen für Innovationen ein, Ältere geben ihren Erfahrungs- In ihrem Büro sitzen sich Ingrid Reutzel und Marcel Nicolay Da ist es nicht auszuschließen, dass sie manchmal an ihre Kollege auch von der über dreißigjährigen Erfahrung profi- schatz weiter. direkt gegenüber. Die räumliche Nähe fördert einen schnel- Grenzen stoßen. In solchen Situationen ist es wichtig, dass tieren, die Ingrid Reutzel in ihrer Arbeit bei einer Filialbank So ist es auch bei der 57-jährigen Ingrid Reutzel und dem len Austausch bei allen Fragen rund um die anfallenden Auf- sie ältere, lebenserfahrene Kollegen und Kolleginnen haben, sammeln konnte. Zu ihrem derzeitigen Arbeitgeber kam sie 23-jährigen Marcel Nicolay. Würde es um Freizeitthemen – gaben in einem Geldinstitut. Obwohl die beiden für unter die sie dann auffangen“, sagt Claudia Beck. Gerade in Situ- vor knapp drei Jahren – ebenso wie Marcel Nicolay. Er hat etwa den Musikgeschmack oder Lieblingsfilme – gehen, schiedliche Aufgabengebiete zuständig sind – sie für den ationen, die für die jüngeren Kolleginnen und Kollegen neu damals seine Ausbildung zum Bankkaufmann begonnen. 18 19
ALTERSGEMISCHTE TEAMS IM PORTRÄT Themenheft 2015/2016 50plus „DER KLARE VORTEIL ALTERSGEMISCHTER TEAMS – AUCH FÜR DIE UNTERNEHMEN – LIEGT AUF DER HAND.“ Fotos: Thomas Lohnes Sich gegenseitig unterstützen, voneinander lernen: Altersgemischte Teams bieten viele Vorzüge. Bei konkreten fachlichen Fragen zähle jedoch weniger das Alter als vielmehr die Kenntnisse, wie Marcel Nicolay aus- führt: „Wenn ich eine konkrete fachliche Frage habe, wende ich mich an jemanden mit dem entsprechenden Wissen.“ praxistipps Verschiedene Perspektiven Teamleiterin Claudia Beck weiß den Wert langjähriger beruf Welches altersgerechte Arbeitsmodell •• bei einem Lerntandem den Part des Älteren und Er- licher Erfahrung zu schätzen. „Aus meiner eigenen beruf- passt zu mir? fahrenen zu übernehmen, der mit dem Jüngeren und lichen Entwicklung erinnere ich mich noch an die Diskus- „Altersgerechtes Arbeiten“ bedeutet, dass sich Unerfahrenen gemeinsam an einem Projekt arbeitet. sionen über Gesprächsführung mit Kunden. In solchen die Arbeit an den speziellen Bedürfnissen der Nach und nach gebe ich mein Wissen weiter, der oder Situationen wurden die Hilfestellungen und Tipps der älteren Zielgruppeausrichtet. Zu einer altersgerechten die Jüngere übernimmt stetig mehr Verantwortung. Kollegen oft sehr geschätzt.“ In ihrem Führungsalltag hat sie Arbeitsgestaltung von Beschäftigten 50plus gehören die verschiedenen Perspektiven von Jung und Alt im Blick. neben ergonomischen Hilfestellungen auch Arbeits- •• als Mentor bzw. Mentorin jüngeren, unterfahrenen Be- „Das zeigt sich etwa bei Besprechungen: Die Jüngeren wol- Ingrid Reutzel mit Teamleiterin Claudia Beck. modelle, die dabei helfen, Belastungen zu reduzie- schäftigten unter die Arme zu greifen. Meine Unter- len natürlich wissen, wie ihre berufliche Weiterentwicklung ren. So können diese Modelle dazu beitragen, dass stützung dreht sich dabei um Karriere- und Fachfragen. aussehen könnte. Bei den Älteren steht eine solche Frage Ältere ihren Firmen möglichst lange erhalten bleiben Ich helfe auch bei Problemen, verschaffe nützliche hingegen nicht mehr so sehr im Vordergrund. Sie haben ih- und ihr Erfahrungsschatz nicht verloren geht, und Kontakteund berate meinen Schützling auch im Be- ren Weg schon gemacht und ihren Platz gefunden.“ Das Wissen der Älteren bleibt erhalten das jenseits einer klassischen Vollzeitbeschäftigung. reich Persönlichkeitsentwicklung. An dem weiteren Werdegang ihrer jüngeren Kollegen ist Ingrid Reutzel und Marcel Nicolay sind das jeweils älteste auch Ingrid Reutzel interessiert. „Ich will wissen, wie sie sich und das jüngste Mitglied eines 14-köpfigen Teams, in dem Welches Modell kommt Ihren Vorstellungen und Be- •• als Coach tätig zu werden. Dabei geht es, im Unter- ihre Zukunft vorstellen, ob sie beispielsweise vorhaben, ihre sich ganz unterschiedlicher Altersstufen finden. Einen der dürfnissen am nächsten? Sprechen Sie Ihren Arbeit- schied zum Mentoring, weniger um die fachliche Be- jetzige Berufslaufbahn zu unterbrechen, weil sie noch einmal Vorteile einer solchen Zusammensetzung aus Firmensicht geber darauf an, was in Ihrem Tätigkeitsbereich um- ratung. Vielmehr habe ich als Coach die Aufgabe, als studieren möchten. Denn dadurch, dass ich etwas über die beschreibt Alexander Baumgart, der als Pressesprecher setzbar sein könnte. neutrale Bezugsperson meine Klienten bei deren indivi- Vorstellungen der Jüngeren mitbekomme, bleibe ich selbst des Unternehmens fungiert und auch für Personalthemen dueller Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen. am Puls der Zeit.“ Und wie sieht es mit dem Wissenstransfer zuständig ist: „Wir haben eine sehr geringe Fluktuation. Ich kann mir vorstellen … von Jung nach Alt aus? Stimmt das Klischee, dass der Ältere Angenommen, wir hätten vor diesem Hintergrund ein wich- •• Teil eines altersgemischten Teams zu sein, in dem •• innerhalb des Unternehmens die Stelle zu wechseln schon mal an der neuen Computersoftware verzweifelt und tiges Team, das nur aus jungen, ungefähr gleichaltrigen ich in der Gruppe mit Jüngeren, die neu im Be- im Sinne einer Jobrotation. Über einen systematischen sich von Jüngeren helfen lassen muss? Ingrid Reutzel winkt Mitarbeitern besteht, so hieße dies, dass wir irgendwann rufsleben sind, zusammenarbeite. Dabei gebe ich Arbeitsplatzwechsel tausche ich dabei mit anderen Be- ab: „Ich habe es geschafft, meine fachlichen Kenntnisse auf ein Team mit gleichaltrigen Älteren hätten. Und das würde meine Erfahrung und mein Fachwissen weiter und schäftigten die Stelle und übernehme die Aufgaben des dem Laufenden zu halten.“ Aber: „Wenn sich doch einmal ein dann spätestens beim Übergang in den Ruhestand zum nutze die Möglichkeit, durch den Austausch mit jeweils anderen. Die Einblicke in neue Aufgabenberei- kleines technisches Problem auf dem Bildschirm andeutet, Problem.“ Der klare Vorteil altersgemischter Teams – auch Jüngeren fachlich am Ball zu bleiben. che kann das Arbeiten spannend machen. habe ich keine Scheu, Herrn Nicolay um seine Unterstützung für die Unternehmen – liegt also auf der Hand: Die Mi- zu bitten“, ergänzt sie. schung macht’s. 20 21
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