TANDEMAusgabe 113 | Juni 2021 - Das Magazin der - Autismus erkennen und verstehen - Lebenshilfe Neuss
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
TANDEM Ausgabe 113 | Juni 2021 Autismus erkennen und verstehen Sonderseiten Freunde und Gemeinschaft Beschäftigte loben Arbeitgeberqualitäten Das Magazin der
Inhaltsverzeichnis EDITORIAL WOHNEN 04 Vorwort der UWO – Vorstandsvorsitzenden Ambulant Unterstütztes Wohnen 05 Grußwort der 20 Käthe Kr. und Elke Kr. feiern Geschäftsführung 10-jähriges UWO-Jubiläum 21 Mit dem UWO zum LEBENSHILFE Kinder-Bauernhof WISSENSWERT Wohnhäuser 06 Wir im Gespräch mit 1LIVE 36 Gedanken aus dem Wohn- haus Weckhoven zum 08 Autismus erkennen und Corona-Ausbruch verstehen – die Lebenshilfe Neuss berät, stützt und er- 37 Backaktion und gemütliches möglicht Teilhabe Beisammensein im Wohn- haus Gnadental 11 Start der langersehnten Imp- fungen THEMENSEITEN 12 Danke für die Spende! FREUNDE UND GEMEINSCHAFT 14 Neuer Bus für das Wohnhaus 24 Kita-Kontakt über Video Gnadental 25 „Freundschaft ist...“ – 15 Beschäftigte loben Arbeitge- Meinungen von Kita-Kids berqualitäten der Lebenshilfe 26 Freundschaft in der Pan- Neuss demie: Gedanken von 16 Wir gratulieren zum UWO-Nutzerinnen und 25-jährigen Dienst- Nutzern Jubiläum! 29 Über das Miteinander im 17 Neubau Kinder- und Jugend- Familienzentrum Marienburg wohnhaus geht voran 30 Anders spielen in Corona- 18 Infos zur Zeiten im Abenteuerland Corona-Impfung 31 Gastbeitrag von Pfarrer 19 reffen vor Ort oder online im T Sebastian Appelfeller Lebenshilfe-Center 34 Best Friends – trotz Corona 02 TANDEM: INHALTSVERZEICHNIS
OFFENE HILFEN Texte in Leichter Sprache 38 in Blick aus den Offenen E Hilfen zurück – und immer stehen in einem blauen Kasten. wieder nach vorne Leichte Sprache Bilder 40 Neues Freizeitprogramm der markieren diese Text-Kästen. Offenen Hilfen Im Inhalts-Verzeichnis sind 41 Ambulant Unterstützender Dienst hilft auch in diesen die Titel dieser Texte blau Zeiten hinterlegt. KINDER & JUGENDLICHE IMPRESSUM 42 Das Hundertwasserhaus im Herausgeber: Familienzentrum Marienburg Lebenshilfe Neuss gGmbH Hamtorwall 16, 41460 Neuss 43 Danna Benjumea im Dualen kontakt@lebenshilfe-neuss.de Studium der Kindheitspäda- www.lebenshilfe-neuss.de gogik 02131-369 18 0 44 Kita Wimmelgarten feiert 1. Geschäftsführer: Geburtstag Gesine Eschenburg, Winfried Janßen 45 1 Jahr im neuen Haus Redaktionsleitung: Marion Stuckstätte 47 sterprogramm bei strahlen- O Realisation: © 2021 Katja Maßmann, Neuss dem Sonnenschein www.iD-Signs.de © Grafiken: Created by Freepik Die gezeichneten Bilder in den Leichte Sprache Kästen sind übernommen von: © Lebenshilfe für Menschen mit geisti- ger Behinderung Bremen e.V. Illustrator: Stefan Albers, Atelier Fleetin- sel, 2013. Alle Rechte vorbehalten. © Fotos: Lebenshilfe Neuss gGmbH Titelfoto: Käthe Kr. und Elke Kr. im UWO-Ausflug zum Kinderbauernhof Druck: Teamdruck GmbH, Neuss TANDEM: INHALTSVERZEICHNIS 03
Editorial Liebe Freundinnen und Freunde der Lebenshilfe Neuss, ein „Editorial“ zu schreiben, ist in diesen Tagen nicht leicht. Es steht unter dem nicht enden wollenden Eindruck eines ein- zigen bestimmenden Themas – Corona. Wenn das ein schönes wäre – kein Pro- blem. Aber eigentlich sind alle nur noch genervt. Im besten Falle mit Geduld, meistens aber mit Ärger über all die Zu- mutungen, die dieses Virus über uns ge- bracht hat. – bekommt hiermit eine neue Vielfalt. Wie also kriegen wir die Kurve? Nun, Das Wohnangebot im Weißenberger ein Blick auf das Erreichte ist hilfreich – Weg ergänzt bestehende Möglichkeiten, ebenso wie ein Blick auf die Pläne, die die vom „ganz allein mit Unterstützung“ wir haben. Zu ersterem dürfen wir zäh- wohnen bis zum „Wohnhaus“ (heute len, dass wir nach Allerheiligen schauen „Wohnen in der besonderen Wohn- und das Kinder- und Jugendwohnhaus form“) mit allen denkbaren Zwischen- nun bereits im Rohbau steht. Der Ein- stufen reichen. zug zum Jahresende ist in greifbarer Nähe. Wir freuen uns sehr. Aber auch Entscheidend ist für uns dabei, verschie- im Weißenberger Weg haben wir vor- denste Möglichkeiten anzubieten, damit beigeschaut und uns am Baufortschritt jede/r so ganz nach seinem Geschmack erfreut. leben kann. Und damit sind wir schon bei den Plä- Bis wir uns an diesen unterschiedlichen nen: Die Erwachsenen aus Grimling Orten hoffentlich wieder treffen, bleiben hausen begeben sich auf einen Weg. Sie gesund und zuversichtlich! Künftig wohnen sie nicht mehr in einem gemeinsamen Wohnhaus, sondern in Ihre einem Projekt, das aus mehreren klei- nen Wohnungen besteht. Hinzu kommt natürlich auch dort Fläche für gemein- schaftliche Aktivitäten für alle, die es Angelika Quiring-Perl mögen. Vorsitzende des Lebenshilfe Neuss e.V. Vorsitzende des Aufsichtsrates der Das, was man im Zuge des Bundesteil- Lebenshilfe Neuss gGmbH habegesetzes „Personenzentrierung“ nennt – und was von der Lebenshilfe im Namen von Vorstand und Aufsichtsrat Neuss seit vielen Jahren umgesetzt wird 04 TANDEM: EDITORIAL
Editorial Liebe Leserinnen und Leser, in unserem Sonderteil dieser Ausgabe geht es um Freunde und Gemeinschaft. Natürlich haben wir dieses Thema auch deshalb in den Mittelpunkt gerückt, weil es einen besonderen Bezug zu dem lei- digen „Corona-Virus“ hat. Freundschaft musste sich notgedrungen anpassen, ändern – oder auch nicht? Die Wahrneh- mung ist sicher sehr unterschiedlich. reits guten der vorherigen sind, sondern Aber den meisten fehlen die Begegnun- auch, dass fast 45 Prozent aller Beschäf- gen mit Freund(inn)en, die häufig in- tigten teilgenommen haben – laut Rietz zwischen nur noch virtuell stattfinden, ein außerordentlich hoher Wert. sowie Umarmungen, Gespräche und ge- meinsame Erlebnisse. Den Mitarbeiter(inne)n gilt auch das vor- letzte Wort dieses Editorials. Unseren Wir hoffen sehr, dass sich dies bald wie- Dank wiederholen wir gern erneut – die der ändern kann. Die Lebenshilfe tut je- bei uns zu leistenden Aufgaben sind in je- denfalls viel dafür, die Einschränkungen dem Fall anspruchsvoll, aber in Corona- so gering wie möglich zu halten. Auch Zeiten deutlich belastender. Dennoch deshalb wurde bereits lange vor der ge- erleben wir auch nach mehr als einem setzlichen Vorgabe ein Testkonzept ent- Jahr motivierte, engagierte und tatkräf- wickelt. Viele Mitarbeiter/-innen haben tige Mitarbeiter/-innen, die die Situation sich schulen lassen, um Kolleg(inn)en, annehmen und Großartiges leisten! Bewohner/-innen und Besucher/-innen testen zu können. Gleichwohl hat uns Das letzte Wort soll nun Ihnen, unseren das Virus im Januar und Februar noch Leser(inne)n gelten: Bleiben Sie gesund einmal sehr getroffen. Nun sind wir aber und uns gewogen! Wir wünschen Ihnen zuversichtlich, dass Besserung in Sicht und uns einen Sommer voller Fröhlich- ist – die Impfungen der Mitarbeiter/-in- keit. nen sowie Bewohner/-innen und Nut- zer/-innen haben gemäß Verordnung im März begonnen. Voraussichtlich sollen diese im Juni abgeschlossen sein. Gesine Eschenburg In dieser besonderen Situation des ver- Geschäftsführerin gangenen Jahres haben wir wie geplant unsere Mitarbeiter/-innen-Befragung durchgeführt. Mit Unterstützung von Professor Christian Rietz von der PH Hei- delberg wurde eine vergleichbare Ana- lyse zu der von vor drei Jahren erstellt. Winfried Janßen Uns freut daran nicht nur, dass die Er- Geschäftsführer gebnisse noch einmal besser als die be- TANDEM: EDITORIAL 05
Wir im Gespräch mit 1LIVE 1LIVE ist ein beliebter Radio-Sender. Viele junge Menschen hören dort täglich Musik. Es gibt auch kurze Beiträge bei 1LIVE. Dann geht es um aktuelle Themen. Geschichten aus der Politik. Oder aus der Gesellschaft. Der Sender behandelt wichtige Inhalte. Im Januar gab es einen besonderen Themen-Tag. Den ganzen Tag sprach man über Menschen mit Behinderung. Das Thema hieß: Wie erleben Menschen mit Behinderung Corona? 1LIVE hat dazu viele Menschen befragt. Das macht ein Journalist. Ein Journalist arbeitet für die Presse. Somit für die Zeitung, das Radio oder für das Fernsehen. Er bearbeitet Themen. 06 TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT
Das heißt Inhalte. Und bringt sie dann als Beitrag ein. Der Journalist von 1LIVE hat sich gut informiert. Er heißt Philip Strunk. Er hat die Gespräche für den Radio-Sender geführt. Auch in der Sendung hat er gesprochen. Vorher hat er Fragen gestellt. An Betroffene. Auch im Wohnhaus Grimlinghausen. Philip stellte Daria einige Fragen. Daria N. wohnt im Erwachsenen-Bereich Grimlinghausen. Sie hört gerne 1LIVE. Das Gespräch lief über das Telefon. Und wurde mit dem Handy aufgenommen Laura Brömmel kam auch zu Wort. Sie ist die stellvertretende Leitung. Im Kinder- und Jugend-Bereich in Grimlinghausen. Das ganze Gespräch ging dann an den Sender. Dort wurde es ausgewertet. Und in kleine Aussagen geschnitten. Während der Sendung spielt man diese dann ab. Man nennt dies Mit-Schnitte. Lange Vorbereitung für kurze Mit-Schnitte Am Themen-Tag hörte man viele Infos. Wie Menschen mit Behinderung in der Pandemie leben. Was ihnen fehlt. Was sie jeden Tag so machen. Wovor sie Angst haben. Wie sie arbeiten. TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT 07
Und vieles mehr. Zu allen Infos gab es Mit-Schnitte. Die von Daria und Laura waren auch dabei. Das war sehr spannend. Auch die Vorbereitung auf das Gespräch. Die dauerte aber deutlich länger. Auch wurde viel mehr aufgenommen. Am Ende hört man aber nur einen ganz kleinen Teil. Denn der Sender schneidet nur das Wichtigste rein. Das war alles richtig aufregend. Und einige haben nachher noch bei uns angerufen. Sie hatten Daria und Laura im Radio gehört. Und fanden es klasse. Wir auch!!! Man kann auch jetzt noch reinhören. Über unsere Website unter: www.lebenshilfe-neuss.de/wir-auf-1live Autismus erkennen und verstehen – die Lebenshilfe Neuss berät, stützt und ermöglicht Teilhabe „Ich bin kein Rain Man“ M. Th. arbeitet, nutzt Bus und Bahn, mit Dustin Hoffmann Autismus inter- fährt gerne in den Urlaub, bezahlt seine national bekannt gemacht hat. Er spielt Miete und erledigt Einkäufe. All das ist einen Autisten, der sein Leben nicht al- nicht ungewöhnlich. Oder doch? – Denn lein steuern kann; einen Menschen, den M. Th. ist Autist; und Autismus hat viele nicht exakt geregelte Abläufe komplett Ausprägungsformen. Manches ist be- aus der Bahn werfen. Er versteht Emo- kannt, vieles eher nicht. Jedes Jahr am tionen nicht, zwischenmenschliche Be- 2. April ist Welt-Autismus-Tag; seit 2007. ziehungen kann er nicht knüpfen, aber Er dient dazu, mehr Aufmerksamkeit sein Gehirn ist hochfunktionell und auf das Thema zu lenken und darüber in bestimmten Bereichen weit über- zu informieren. Noch heute wissen vie- durchschnittlich: Berge von Zahnsto- le kaum etwas damit anzufangen, auch chern kann er zahlenmäßig in Sekun- wenn das Hollywood-Drama von 1988 denschnelle erfassen, die Nummern im 08 TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT
Autismus umfasst ein breites Spektrum an Störungen, von leichten Verhaltensauffälligkeiten bis zu schweren Behinderungen. Teils werden diese erst spät oder manchmal bei geringer Auffälligkeit gar nicht erkannt. Frühe und richtige Diagnosen können jedoch zu großen Fort- schritten führen. Telefonbuch lernt er im Nu auswendig gebissen oder sich über sein Kinn ge- und das Kartenzählen im Kasino ist für strichen. Das mache er ab und zu heute ihn ein Kinderspiel. „Rechnen wie ein noch. Aber auch andere hätten ähnliche Taschenrechner kann ich nicht“, sagt seltsame Gewohnheiten. M. Th. Auch blitzschnell Streichhölzer, Zahnstocher oder Spielkarten aufaddie- M. Th. hat das Asperger-Syndrom. Kenn- ren sei nicht seins. „Ich bin kein ‚Rain zeichnend dafür ist, dass Betroffene im Man‘ – und will es auch nicht sein.“ M. sozialen Miteinander mit anderen Men- Th. ist auch Autist, aber das beschreibt schen Defizite aufweisen. Sie sind oft ihn wenig. Denn Autismus umfasst ein Einzelgänger, können Emotionen ande- breites Spektrum an Störungen. Diese rer nicht deuten. Einfühlungsvermögen können von leichten Verhaltensauffällig- und Kommunikation sind eingeschränkt, keiten bis zu schweren Behinderungen Interaktion erschwert. Einige entwickeln reichen. Ursächlich ist eine Veränderung zwanghafte Verhaltensweisen. Doch bei der Wahrnehmungs- und Informations- geringer Ausbildung wird das Asper- verarbeitung des Gehirns. ger-Syndrom oft nur schwer, spät oder mitunter gar nicht erkannt. Betroffene Erschwerte Interaktion sind häufig normal intelligent (teils mit M. Th. lebt seit April 1995 in einer WG, Inselbegabungen und ungewöhnlichen einer Wohngruppe der Neusser Lebens- Sonderinteressen). hilfe. Als 22-Jähriger hat er sein Eltern- haus verlassen. „Ich lebe ganz normal, „Mein Kind ist anders wie jeder andere auch.“ Früher habe als andere.“ sich sein Autismus mehr bemerkbar ge- Aber auch andere autistische Störungen macht. Wenn er ängstlich oder nervös werden oft nicht sofort wahrgenom- gewesen sei, habe er sich in den Finger men, wie bei Familie M. Auf der Suche TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT 09
nach einem geeigneten Kita-Platz für Zusammenarbeit von Eltern, Thera- ihren Sohn A. kam die Familie zu einem peut(inn)enteam, pädagogischen Fach- Vorgespräch in eine Lebenshilfe-Kita. kräften und Kitaassistenz machte A. Die mit Behinderungen erfahrene Päda- große Fortschritte. Saß er anfangs fast gogin bemerkte rasch, dass A. in vielen nur allein auf dem Boden und drehte Entwicklungsbereichen auffällige Merk- Gegenstände, so spielt er heute Ball, male zeigte. So berichtete die Mutter u. klettert oder tanzt. Zeitweise nimmt er a., dass er in Spielgruppen eher für sich auch am Tisch in der Gruppe an den alleine sei und Spaß daran habe, Gegen- gemeinsamen Mahlzeiten teil. stände zu drehen. Eigentlich interessie- re er sich vornehmlich an allem, was sich Wie A. kann zahlreichen Kindern und drehe. Er gehe nicht auf andere zu, nur, Menschen geholfen werden. Eltern und wenn er etwas brauche. Mehrere der Angehörige sind oft erstaunt, wie sich Beschreibungen machten die Pädagogin Probleme wandeln und Fähigkeiten er- hellhörig, so dass sie der Familie einen öffnen. Wichtig hierbei ist, wachsam Hausbesuch anbot, um A. besser ken- Auffälligkeiten wahrzunehmen, um über nenzulernen. Die Familie nahm dankend frühe und gezielte Diagnostik angepass- an. Hierbei stellten sich noch weitere te wie interdisziplinäre Förderung anzu- Auffälligkeiten heraus, beispielsweise wenden. wurden Mahlzeiten nicht am Tisch ein- genommen, da A. nicht länger als zwei Weit verbreitet, doch wenig Minuten auf einem Stuhl sitzen konnte. bekannt Die Mutter lief verzweifelt hinter ihm her Rund ein Prozent der deutschen Ge- und versuchte, ihm auf diese Weise Es- samtbevölkerung ist von einer Autis- sen zukommen zu lassen. Schnell war mus-Spektrum-Störung betroffen. In der Fachkraft daher klar, dass A. Unter- den Einrichtungen der Lebenshilfe Neuss stützung braucht. So wurde eine Ent- gGmbH weisen aktuell 15 bis 20 Prozent wicklungsdiagnostik von Fachärzt(inn)en eine Autismus-Diagnose auf, unklare veranlasst, die den Verdacht auf eine Diagnosen ausgeschlossen. So leben Autismus-Spektrum-Störung (ASS) be- mehr als 30 Menschen mit Autismus in kräftigte. den verschiedenen Wohnhäusern der Lebenshilfe Neuss, u. a. im Kinder- und Aus Erschütterung wird Jugend-Wohnhaus in Grimlinghausen, Dankbarkeit in den Erwachsenen-Wohngruppen der Wie der Familie M. geht es vielen. Eltern Wohnhäuser in Weckhoven, Gnaden- machen sich Sorgen, verzweifeln am tal, Grimlinghausen und Furth sowie im Verhalten ihrer Kinder oder bezweifeln Wohnhaus Bauerbahn, welches beson- ihre eigenen Fähigkeiten. Eine Diagno- deren Schutz bietet. se auf Autismus kommt dann oft über- In allen Einrichtungen und Diensten raschend und erschreckend. Später der Lebenshilfe Neuss wurden indivi- nehmen Eltern diese jedoch meist mit duelle Förderprogramme entwickelt, Dankbarkeit auf. Denn vieles gestal- basierend auf heilpädagogischen Kon- tet sich auf einmal klarer; vorhandene zepten. Zudem wurde vor knapp drei Schuldgefühle klingen ab. So auch bei Jahren die ambulante Autismus-The- Familie M. Für A. wurde eine geeignete rapie in den Wohnhäusern implemen- Kindertagesstätte der Neusser Lebens- tiert. Besonderen Wert wird hier – wie hilfe gefunden, die er – unterstützt bei allen Förderungen der Lebenshilfe durch eine Kita-Assistentin – besuchte. Neuss gGmbH – auf ein koordiniertes Dank der Lebenshilfe-Therapiekoordi- Zusammenspiel aller beteiligten Be- natorin und der damit gut verzahnten zugssysteme gelegt, das Familie, Ärzte, 10 TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT
Pädagog(inn)en, Wohnhausteam, Schu- „Eigentlich bin ich ganz normal“ len, Werkstätten etc. umfasst. Dabei M. Th. arbeitet heute in den Gemeinnützi- stehen die Stärkung der Selbstständig- gen Werkstätten an der Hammer Brücke. keit, die Gestaltung des eigenen Lebens Früher war er Bauarbeiter, aber hier fühlt oder Arbeitens sowie das Entwickeln er sich wohler. Einmal im Jahr fliegt oder von Kontakt- und Beziehungsfähigkei- fährt er von seinem Ersparten in den Ur- ten im Vordergrund. So werden z. B. laub; bevorzugt auf seine Lieblingsinsel Tagesstrukturen entwickelt und sozia- Mallorca. Seine finanziellen Angelegenhei- le Einbindung in den Gruppenalltag in ten regelt er eigenständig. Manchen fällt den Wohngemeinschaften gefördert. seine Behinderung nicht auf. Andere stö- Ein Leitgedanke der Lebenshilfe Neuss ren sich daran, wenn er sich über sein Kinn ist, Menschen mit Autismus dazu zu be- fährt oder laut vor sich hin „summt oder fähigen, ihr individuelles Entwicklungs- brummt“, wie er es nennt. Und er gesteht, potenzial zu entdecken und im Alltag zu dass er sich häufig wiederholt. „Aber das entfalten. Auch wenn eine autistische macht meine Mutter auch – und andere Behinderung bis heute nicht heilbar ist, ältere Menschen ebenso.“ Da passt seine können Betroffene unter Einsatz spezi- Meinung zum Slogan der Neusser Lebens- alisierter therapeutisch-pädagogischer hilfe: „Es ist normal, verschieden zu sein.“ Methoden in einem hohen Maße geför- Denn M. Th. ergänzt: „Eigentlich ist man dert werden und einen hohen Grad an als Autist ganz normal.“ Selbstbestimmung erlangen. Start der langersehnten Impfungen Lichtblick im Kampf gegen die Pandemie Rund ein Jahr nach dem ersten Coro- na-Ausbruch im Wohnhaus Weckhoven starteten am 2. März die Impfungen für die Mitglieder der Wohnhaus-Teams. Kurz zuvor waren die Mitarbeiter/-in- nen vom Pflegedienst dran. Weite- re Mitarbeiter/-innen, die im direk- ten Kontakt mit Bewohner(inne)n und Nutzer(inne)n standen, sowie die Be- wohner/-innen folgten. Aufgrund über- arbeiteter Priorisierung ging es dann auch schnell mit den Impfungen an die Beschäftigten unserer Kitas, Familien- zentren, in den Offenen Hilfen und im UWO voran. Ebenso die Ehrenamtler/-in- nen, die regelmäßig in unseren Betriebs- stätten tätig sind, konnten geimpft wer- den. Endlich, nach langem Warten und extrem belasteten Zeiten, kam Licht ins Dunkel der Pandemie. TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT 11
Danke für die Spende! Wir wollen helfen. Wir unterstützen im Alltag. Auch generell im Leben. Wir sind für alle Alters-Gruppen da. Wir beraten. Und gestalten Freizeit. Alle Menschen sollen Teil der Gesellschaft sein. Jeder soll mitreden können. Und mitmachen. Und sein Leben selbst bestimmen. Im Beruf. Im geeigneten Wohn-Umfeld. Unter Freunden. In der Gemeinschaft. Spenden helfen uns. Zum Beispiel können wir Wohnen noch verbessern. Oder unsere Kinder-Gärten noch weiter ausstatten. Oder den Jugendbus. Und vieles mehr. 12 TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT
Das nutzbare Geld ist sehr begrenzt. Aber wir können noch so viel machen. Und haben tolle Ideen. Hilfe hilft! Darum arbeiten viele Menschen als Freiwillige für uns. Das heißt: Sie arbeiten ohne Bezahlung. Sie wollen auch anderen helfen. Das tun sie so. Andere Menschen spenden uns Sachen. Wieder andere Geld. Auch Firmen tun das. All das hilft uns sehr. Und vor allem unseren Bewohnern und Nutzern. Herzlichen Dank dafür! An alle helfenden Menschen. Auch an diese Unterstützer! Für großzügige Spenden in diesem Halb-Jahr von: - Catering Pütz - Dänisches Bettenlager - Ikea - Lions Club Neuss Quirinus - Rohr Frei Achternbosch - TK Maxx TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT 13
Neuer Bus für das Wohnhaus Gnadental Dank Stiftungsmittel Große Freude unter den Bewohnerin- gestattet. So ließ die erste Fahrt an den nen und Bewohnern sowie im Team des Rhein nicht lange auf sich warten... Wohnhauses Gnadental bereitete die Anschaffung eines neuen geräumigen Auch der Jugendbus profitiert durch Stif- Mercedes Sprinters: Der mit großzügi- tungsmittel: Im Rahmen einer Digitalisie- ger Unterstützung der Aktion Mensch rungsaktion bewarb sich die Lebenshilfe angeschaffte Bus hat ausreichend Raum Neuss mit mehreren Projekten. Den Zu- für Gruppenausflüge und ist zudem schlag erhielt der JuB, für den neue Ge- noch mit einer Rollstuhlhebebühne aus- räte angeschafft werden konnten. 14 TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT
Großer Zusammenhalt trotz Corona-Belastung Beschäftigte loben Arbeitgeber qualitäten der Lebenshilfe Neuss Überaus zufrieden und dankbar zeigte Entspannungskurse, Schichtzulagen, sich die Geschäftsführung der Lebens- Fortbildungen, Fahrradleasing, exter- hilfe Neuss gGmbH Anfang des Jahres ne psychosoziale Beratung u. v. m. zu aufgrund der Ergebnisse der aktuellen den Sonderleistungen. Im vergange- Mitarbeiter/-innen-Befragung: 95 Pro- nen Jahr kam noch die Anpassung an zent der Beschäftigten bescheinigen tarifliche Vergütung in Anlehnung an dem gemeinnützigen Unternehmen den TVöD dazu. gute Arbeit und die richtige Ausrich- tung in Werten und Zielen. „Natürlich Hohe Mitarbeiteridentifikation freuen wir uns sehr über die hohe „Auch wenn wir viel Arbeit in die Zufrie- Zustimmung unserer Mitarbeiterin- denheit unserer Beschäftigten stecken“, nen und Mitarbeiter“, erklärt Gesine so Geschäftsführer Winfried Janßen, „die Eschenburg, Geschäftsführerin der Pandemie verlangt viel ab, fordert jetzt Neusser Lebenshilfe. Mit Wissen um schon seit über einem Jahr enormen die derzeit extrem starke Belastung ist Einsatz und großen Zusammenhalt.“ das für sie keinesfalls selbstverständ- Letzteres attestiert nun erneut deutlich lich. Auch wenn sich das Unterneh- das Ergebnis der Mitarbeiter/-innen-Be- men seit Jahren für die Zufriedenheit fragung, die für Herbst 2020 anvisiert von Mitarbeiterinnen und Mitarbei- war – und auch gehalten wurde. Unter- tern in besonderer Weise einsetzt: Be- stützt, organisiert und ausgewertet wur- triebsvereinbarungen zur Arbeitszeit, de sie, wie schon drei Jahre zuvor, von zum Beschäftigtenschutz und zum Prof. Christian Rietz von der Fakultät für Betrieblichen Gesundheitsmanage- Erziehungs- und Sozialwissenschaften ment (BGM) sind betriebliche Pfeiler. der PH Heidelberg, der im Nachgang im Ebenso zählen die Eigenanteilserstat- Rahmen mehrerer Videokonferenzen tung von kassenärztlichen Vorsorge- die Ergebnisse den Mitarbeiter(inne)n maßnahmen, Supervision, Sport- und präsentierte. TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT 15
Schwerpunkte der Befragung waren die Stehen Pflege, Beratung und Unterstüt- allgemeine Arbeitssituation, die Aus- zung in diesen Zeiten unter außeror- richtung des Unternehmens, die interne dentlich erschwerten Bedingungen, so Zusammenarbeit und die beruflichen sind gerade jetzt Zuspruch und Hilfestel- Perspektiven. Mehr als 90 Prozent der lung für Menschen mit geistiger Behin- Mitarbeiter/-innen erleben ihre Arbeit derung gefordert. Für sie sind die um- als interessant. Auch mit dem Arbeits- fangreichen wie lebensbeschneidenden druck und den psychischen Belastungen Schutzmaßnahmen und Konsequenzen kommt der deutlich überwiegende Teil oft weitaus schwieriger zu verstehen gut zurecht. Eine Aussage, die die Ge- und zu akzeptieren. Beschäftigungsver- schäftsführung gerade im „Corona-Jahr lust, Krankheit und Isolation müssen in 2020“ zuversichtlich stimmt. besonderer Weise aufgefangen werden. Dass es gemeinsam geht, wenn Werte, Teamgeist und leitbildkonform Arbeitsgestaltung und familiäre Situatio- Ebenfalls sehr gut wird die Zusammen- nen im Leitbild wie im Alltag verankert arbeit mit den Kolleg(inn)en sowie mit sind, zeigt die aktuelle Auswertung der Vorgesetzten bewertet. Mit 95 Prozent Neusser Lebenshilfe. deutlich gestiegen gegenüber 2017 ist der Anteil der Mitarbeiter/-innen, die „Wir sind gut aufgestellt“, resümiert die sich der Ausrichtung und den Zielen der Geschäftsführung. Dank Angebot und Lebenshilfe Neuss in Gänze verbunden Betriebsklima den Wettbewerb nicht sehen. Ein weiteres Ergebnis, das das fürchten zu müssen, beruhige. Doch Unternehmen in Hinblick auf die Arbeit- lässt das die Lebenshilfe-Doppelspit- geberqualität und in Anbetracht auf die ze nicht ruhen: „Noch besser werden, Weiterempfehlung sehr begrüßt. bleibt unser Bestreben.“ Wir gratulieren! Viele Menschen arbeiten bei der Neusser Lebenshilfe. Das tun sie gerne. Das beweist auch die aktuelle Mitarbeiter-Befragung. Viele empfehlen die Neusser Lebenshilfe weiter. Nicht nur die Angebote. Auch einen Arbeits-Platz bei der Lebenshilfe. Einige arbeiten schon sehr lange hier. Darüber freuen wir uns. Daher feiern wir jetzt oft Jubiläum. Wir gratulieren allen Jubilaren herzlich! 16 TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT
Bis Stich-Tag 1. Juni feierten 2021 in der Lebenshilfe Neuss 25-jähriges Dienst-Jubiläum: Marita Dongo, Verwaltung Sabine Haardt, Wohnhaus Weckhoven Andreas Kasperowicz, Wohnhaus Furth Lilia Rudy, Wohnhaus Furth Neubau Kinder- und Jugendwohnhaus geht gut voran Stein auf Stein Jetzt nimmt das neueste Bauprojekt des Lebenshilfe Neuss e.V., der Neubau des Kinder- und Jugendwohnhauses an der Will-Hall-Straße, gut Gestalt an. Da lässt sich schon erahnen, was hier für ein viel- fältiges und großzügiges Haus mitten in Allerheiligen entsteht, das genügend Raum für Gemeinschaft und ebenso für Privatsphäre eröffnet. Zum Jahresende soll es bezogen werden. TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT 17
Infos zur Corona-Impfung Das Corona-Virus ist gefährlich. Viele werden krank. Einige sterben. Das Virus verteilt sich sehr schnell. Es ist sehr ansteckend. Gegen das Virus helfen Impfungen. Sie sollen einen schützen. Auch andere. Dann breitet sich das Virus weniger aus. Viele freuen sich darüber. Antworten in Leichter Sprache Viele haben sich schon impfen lassen. Andere sind sich noch unsicher. Sie haben Fragen: Was passiert bei einer Impfung? Wie unterscheiden sich die Impf-Stoffe? Gibt es Neben-Wirkungen? 18 TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT
Kann ich trotz Impfung krank werden? Und viele weitere Fragen mehr. Daher gibt es erklärende Seiten zur Impfung. Im Netz über den Computer. Auch in Leichter Sprache. Wie bei der Bundes-Lebenshilfe. Hier findet man viele Infos zur Impfung: www.lebenshilfe.de/corona-impfung-leichte-sprache Neues vom Lebenshilfe-Center Treffen vor Ort oder online Leider kann das Lebenshilfe-Center we- gen der Pandemie nur eingeschränkt ge- öffnet werden. Aber Besuche sind den- noch – unter geltender Verordnung und Schutzbestimmung – möglich. Maximal 4 Personen aus einem Haushalt, einer WG oder aus einem Wohnhaus dürfen kommen (Stand zu Redaktionsschluss Anfang Mai). So ist das Lebenshilfe-Center weiterhin Anlaufstelle für Beratungen zu unter- schiedlichen Angeboten der Lebenshilfe sowie für Information zur Ehrenamts- arbeit bzw. für den Einsatz von freiwil- ligen Mitarbeiter(inne)n. Auch die Han- Montag bis Freitag von 13:30 bis 17:30 dy-Beratung findet weiter statt; jeden Uhr. Am besten vorab einen Termin Mittwoch zwischen 14:00 und 17:00 Uhr. vereinbaren, damit keine Wartezeiten Hier erfährt man einiges darüber, was entstehen. Seit dem 01. Februar 2021 ein Handy alles kann. Die Urlaubsbera- arbeitet Angelika Paprotny im Lebens- tung darf ebenfalls in Anspruch genom- hilfe-Center. Vielen Nutzer(inne)n vom men werden. Außerdem kann gemein- UWO ist sie schon bekannt, denn sie hat sam gekniffelt oder anderes gespielt vorher im UWO als Betreuerin gearbei- werden. Eingeladen ist ebenso der, der tet. Sie freut sich über Kontakt oder ei- einfach nur mal reden möchte. Und nen Besuch! wem der Weg zu unsicher ist oder wer lieber zuhause bleibt, der kann ein neu- i Ihre Ansprechpartnerin: es Angebot nutzen: das Online-Treffen. Angelika Paprotny Tel.: 02131 - 369 18 40 Das Lebenshilfe-Center hat geöffnet Mail: a.Paprotny@lebenshilfe-neuss.de TANDEM: LEBENSHILFE WISSENSWERT 19
Käthe Kr. und Elke Kr. feiern 10-jähriges UWO-Jubiläum Froh, in der eigenen Wohnung zu leben Leuchtenhof (GWN Betriebsstätte) hat uns damals von der Lebenshilfe erzählt“, sagt Elke Kr. Dafür sind sie heute noch dankbar. Für den Kontakt – und die Op- tion, in ihrer eigenen Wohnung leben zu können. Freude und Traurigkeit am Ehrentag Elke Kr.: „Die Ehrung auf dem Sommer- fest ist ausgefallen, das war sehr schade, wegen Corona. Da waren wir ein biss- chen enttäuscht, aber nicht viel.“ Käthe und Elke Kr.: „Wir haben dann Leute eingeladen, für eine ganz kleine Feier im Lebenshilfe-Café, für das 10-jäh- rige Jubiläum. Dann hat Marcel uns ge- sagt, dass das wegen Corona leider nicht stattfinden kann. Das war so schade, wir haben uns so darauf gefreut, die ande- ren mal wiederzusehen.“ Käthe Kr.: „Ich fand das schade, dass alles zu war, dass wir nichts mehr unter- Käthe Kr. (links) und Elke Kr. mit ihren nehmen konnten.“ Geschenken zum Jubiläum Elke und Käthe Kr.: „Dann kam Sabine In dieser Zeit ist so einiges anders, als es und hat uns erzählt, dass Marcel zu uns normalerweise ist. So wurden die Zwil- hinkommt. Das war spitze, wir haben lingsschwestern Käthe und Elke Kr. für uns sehr gefreut! Marcel kam und hat ihr 10-jähriges UWO-Jubiläum nicht auf uns die Geschenke überreicht. Sabine dem Sommerfest geehrt. Dafür erhiel- und Cordula, die haben das sehr schön ten sie ihre Gratulation höchstpersönlich gebastelt. Finden wir gut, dass die Be- vom Leiter des Ambulant Unterstützten treuer auch mal was basteln.“ Wohnens (UWO), Marcel Gräwert, bei sich zu Hause. Elke Kr.: „Wir haben dann noch ein Foto Lange ist es her, dass sie den ersten Kon- mit den Geschenken gemacht. Einen takt zum UWO der Lebenshilfe Neuss Gutschein haben wir gekriegt. Wir gehen suchten. Aber sie können sich noch gut dann lecker Eis essen in unserem Lieb- daran erinnern, als Ortrud (eine ehe- lings-Café Roma.“ malige UWO-Mitarbeiterin) vor über zehn Jahren ihnen ihren ersten eigenen Käthe Kr.: „Wir sind froh, dass es die Le- Wohnungsschlüssel überreicht hat. „Der benshilfe gibt! Die sind für uns da. 20 TANDEM: WOHNEN
Beitrag von Elke Kr. und Käthe Kr. Mit dem UWO zum Kinder-Bauernhof Im Oktober war es toll. Endlich konnten wir wieder einen Ausflug machen. Mit dem UWO. Das ging ja lange nicht wegen dem Virus. Wir haben den Kinder-Bauernhof besucht. Dort haben wir Pferde, Schweine und Esel gesehen. Und Hühner. Sogar einen Pfau. Wir durften auch ein Pferd und einen Esel streicheln. Das war schön. Bei den Schwänen und Enten war es sehr lustig. Einer aus unserer Gruppe machte ein lautes Geräusch. Dann haben alle Schwäne und Enten zurück geschnattert. Gleichzeitig und ganz laut. Das war zum Lachen! TANDEM: WOHNEN 21
Nach dem Spaziergang waren wir im Hof-Café. Das macht jetzt die GWN. Das hat uns sehr gut gefallen. Die haben alles neu gemacht. Kaffee und Kuchen haben sehr gut geschmeckt. Das war ein sehr schöner Ausflug. Da können wir gerne noch einmal hin. Das fanden auch die anderen: Ellen O.: „Mir hat es sehr gut gefallen.“ Marvin S.: „Schön war‘s.“ Katja H.: „Das war super lustig.“ 22 TANDEM: WOHNEN
Themenseiten mit Gastbeitrag Freunde und Gemeinschaft Sich treffen, sich austauschen und sich gemeinsame Ausflüge und gemütliche umarmen – das sind die Entsagungen, Gruppentreffen verboten. Wie wirkt das die in dieser Zeit vielen zu schaffen ma- auf unsere Gemeinschaft? Ändern sich chen. Schutzmaßnahmen minimieren hierdurch die Beziehungen zu unseren die Ausbreitung der Pandemie, doch Freundinnen und Freunden? Eine Fra- greifen sie zugleich tief in unseren All- ge, die uns beschäftigt. So haben wir tag. Viele Zusammenkünfte, wie wir uns in den Einrichtungen und Bereichen sie vor Corona kannten, finden derzeit zum Thema umgehört. Auch danken wir nicht statt. Besuche sind teils nicht mehr Pfarrer Sebastian Appelfeller für seinen oder nur sehr eingeschränkt möglich, berührenden Gastbeitrag. 23
Kita-Kontakt über Video Freunde haben ist toll. Man kann gemeinsam Spaß haben. Zusammen lachen. Oder über Probleme sprechen. Und Hilfe bekommen. Freunde sind einfach für einen da. Man möchte sich gerne oft treffen. Jetzt bei Corona geht das oft nicht. Dann telefoniert man. Oder spricht über den Computer. Das machen manchmal auch die Kinder. Denn die Gruppen in der Kita sind jetzt klar getrennt. Die Kinder dürfen sich nicht mischen. Nicht im Haus. Auch nicht im Garten. Manche vermissen daher die Freunde. Wenn sie in anderen Gruppen sind. Manchmal tauschen sie sich aber aus. Per Video. Auch hin und wieder in der Kita. Denn Freunde haben viele Gespräche. Über viele Themen. Auch im Familien-Zentrum am Baldhof. Über Aktionen der anderen. Und oft auch über die Kuschel-Tiere! 24
Meinungen der Kids aus der Kita Wimmelgarten Freundschaft ist… « „…, dass man eine Freundin hat!“ (Leyla, 5 Jahre) „…, wenn man Freunde hat und man fragt: ‚Können wir Freunde sein?‘ Dann ist es so.“ „…bei mir so, dass man gut lieb sein soll (Alexander, 4 Jahre) und aufeinander aufpassen soll.“ (Henry, 3 Jahre) „…, dann hat man Spaß!“ (Artin, 5 Jahre) „…, wenn jemand befreundet ist wie mit Ben. Ben hat mir geholfen. Er ist mein „…, dass man sich mag!“ bester Freund!“ (Anna, 5 Jahre) (Jayden, 6 Jahre) „…, man kann zusammen spielen und sich besuchen!“ (Hassan, 5 Jahre) „…, eine Freundin zu haben, das ist schön.“ (Hannah, 4 Jahre) „…, dass man zusammen spielt und Spaß hat!“ (Mia, 5 Jahre) « „…, man kann zusammen nach Hause gehen.“ (Lotta, 4 Jahre) 25
Freundschaft in Corona-Zeiten: Gedanken von UWO-Nutzerinnen und Nutzern Auch jetzt füreinander da sein Günter F. Frederik Sch. Corona hat die Welt, wie wir sie kennen, Was macht eine gute binnen kurzer Zeit verändert. Jeder, wirklich Freundschaft aus? jeder ist auf seine Weise von der Pandemie Viele Nutzer/-innen haben benannt, betroffen. Alle verbindet ein Gefühl der gute Freunde/-innen zeichne aus, dass Sorge und Angst angesichts dieser überaus sie auch und gerade in schlechten Zeiten gefährlichen Krankheit. Jeden Tag strömen füreinander da seien und zusammen- neue Nachrichten auf uns ein, manchmal halten würden. gute, oft schlechte. Wir hoffen und bangen im stetigen Wechsel und empfinden immer Günter F.: „Ich habe schon seit langer wieder ein Gefühl: Ohnmacht. Wir können Zeit eine sehr gute Freundin. Frau S. heißt nicht ändern, dass das Virus in der Welt ist sie. Ohne sie würde ich nicht zurecht- und bleiben wird. Wir können nur versu- kommen. Frau S. ist mir sehr wichtig!“ chen, bestmöglich darauf zu reagieren und uns sowie die Menschen um uns herum so Viele Freundschaften der UWO-Nut- gut es geht zu schützen. zer/-innen sind langjährig, teilweise dau- ern sie über Jahrzehnte an und zeichnen Was können wir sonst noch tun? sich durch tiefe Verbundenheit aus. Das Im Gespräch mit den UWO-Nutzer(inne)n „schweißt“ zusammen. So haben sie haben wir immer wieder ein Thema her- im Laufe der Zeit auch schon andere ausgehört: Die Bedeutung des Kontakts schwierige Situationen und Phasen zu- zu anderen Menschen, zur Familie und sammen erlebt und „gemeistert“. Das zu Freundinnen und Freunden. verleiht Hoffnung, auch aus dieser Kri- Wir haben daher den intensiven Aus- se irgendwann wieder herauszufinden; tausch mit den Nutzer(inne)n gesucht, und hat bereits zum wiederholten Male wie sie „Freundschaft in Corona-Zeiten“ die Erfahrung mit sich gebracht: erleben und was sie ihnen bedeutet. Zusammen kommt man leichter durch die Krise! 26
Was hat sich hierbei in der Eheleute Patrick und Svenja B.: „Wir Pandemie verändert? telefonieren jetzt viel mehr als früher Der fortlaufende und enge Kontakt oder machen Video-Telefonie. Das funk- zwischen Nutzer/-innen und Mitar- tioniert ganz gut. Das Gleiche, wie sich beiter/-innen des UWO unter aktuell zu treffen, ist das aber nicht.“ geltenden Corona-Hygieneschutz-Vor- schriften ist allen sehr wichtig. Die sorg- Hast Du neue Freundschaften fältige Umsetzung dieser Vorschriften gemacht? ebenfalls. Die bekannten Einschränkungen der Pandemie machen es zurzeit natür- Frederik Sch.: „Jeder trägt auch selbst lich schwierig, in der „realen Welt“ Verantwortung dafür, dass er sich und Menschen kennenzulernen. Daher die anderen gut schützt. Das kann le- haben einige Nutzer/-innen, wie an- benswichtig sein!“ dere Menschen auch, ihre Aktivitäten im Internet, insbesondere in den So- Gleichzeit erleben die Nutzer/-innen, zialen Netzwerken, sozusagen „zum dass die Umsetzung der Vorschriften Ausgleich“ gesteigert. Auf diesem auch für sie mit erheblichen Einschrän- Wege haben sich hier und da auch kungen, insbesondere im Bereich der tatsächlich neue Kontakte ergeben, sozialen Beziehungen, einhergeht. die bei den Nutzer/-innen in der Re- gel mit dem Wunsch verbunden sind, Domenik E.: „Ich durfte jemanden, der sich irgendwann auch mal „richtig“ zu mir sehr viel bedeutet, lange Zeit nicht treffen, „wenn Corona vorbei ist“. Für besuchen. Das war ganz schön hart und manche, wenn auch nicht für alle Nut- traurig für mich!“ zer/-innen, haben sich daher trotz der Krise also auch neue Kontakte erge- Viele Nutzer/-innen haben ähnliche Er- ben, von denen sie sich erhoffen, dass fahrungen sammeln müssen. Dies hat sie auch später noch Bestand haben oftmals dazu geführt, dass sie in der Fol- werden. ge auch ähnliche „Lösungs-Strategien“ gesucht und gefunden haben. Domenik E. Eheleute Patrick und Svenja B. 27
Stefan N. André B. Wann würdest Du eine Glaubst Du, dass man nach der Freundschaft beenden? Pandemie anders miteinander Für die Nutzer/-innen ist Freundschaft umgeht? ein hohes und kostbares Gut. Dies Die Nutzer/-innen teilen im Wesentlichen zeigt sich neben der langen Dauer die Hoffnung, dass die Pandemie ihr Le- dieser ebenso durch hohe Hilfsbereit- ben nicht dauerhaft verändern wird, son- schaft und Solidarität untereinander. dern sie ihr „altes Leben“ eines Tages wie- So erleben wir immer wieder, dass sich der fortsetzen können. Dies insbesondere die Nutzer/-innen ohne zu zögern in auch in Hinblick auf ihre sozialen Kontakte. einer sehr engagierten und emphati- So haben sie die Hoffnung, dass Treffen schen Weise umeinander kümmern mit der Familie und mit Freund(inn)en, und sich gegenseitig helfen; sei es bei aber auch gemeinschaftliche Ausflüge und einem konkreten Vorhaben, wie einem Feste sowie Reisen ins Ausland, „nach Co- Umzug, oder auch in einer emotional rona“ genauso möglich sein werden wie schwierigen Phase, wie einer Tren- zuvor. Unsicherheit besteht allerdings in nung. Gerade in der jetzigen Situation Hinblick auf die zeitliche Perspektive. Vie- sind die Nutzer/-innen in Gedanken oft le Nutzer/-innen hatten gehofft, dass die bei ihren Freund(inn)en und denken Pandemie und die mit ihr verbundenen darüber nach, wie sie sie bestmöglich Einschränkungen nur ein Jahr andauern unterstützen und mit ihnen in Kontakt würde. Dass ein Ende auch jetzt noch nicht bleiben können. konkret absehbar ist, erleben auch sie zu- nehmend als frustrierend und belastend. Stefan N.: „Freunde sind neben der Fa- Dies ändert aber nichts an ihrer grundle- milie doch das Wichtigste, was es gibt. genden Haltung, dass die Pandemie über- Und zu einer Freundschaft gehört, dass wunden werden wird und sie ihr altes Le- man sich gegenseitig hilft. Das ist doch ben dann wieder „aufnehmen“ können. selbstverständlich. Ich helfe meinen Freunden, wo ich nur kann. Sie helfen André B.: „Ich bin vor Corona immer als mir aber auch, wo es geht. So gehört DJ bei den Partys der Offenen Hilfen auf- sich das auch!“ getreten. Das vermisse ich total. Ich hoffe, dass Corona bald vorbei ist und ich wieder als DJ auftreten kann. Das wäre super!“ 28
Über das Miteinander im Familienzentrum Marienburg Austausch über die Absperrung Beschränkungen – das ist so ein Wort, sorgen sich mit Hilfe und ggf. Erinne- man mag es kaum mehr hören. Über- rung darum und übernehmen Verant- all sind sie in der Pandemie zu spüren. wortung. Natürlich auch im Familienzentrum Ma- rienburg: Die Betreuungszeiten sind Cloud eingerichtet reduziert, viele Angebote dürfen nicht Die Zeit während des ersten Lock- gemacht werden, u. a. sportliche Akti- downs haben wir neben Reinigungen vitäten, gemeinsames Singen und Aus- auch dafür genutzt, unsere Cloud ein- flüge. Das stellt die Kinder, Eltern und zurichten. Damit teilen wir in Bildern Mitarbeiter/-innen vor die Frage: Was und Videos die Erlebnisse der Kinder können wir tun, um trotzdem Ziele zu mit den Eltern oder stellen Arbeits- erreichen, den Tag sinnvoll zu gestalten und Bastelblätter zur Verfügung. Wir und ein harmonisches Miteinander in freuen uns über die positiven Rück- den Gruppen zu leben? meldungen dazu. Not macht erfinderisch Da die Gruppen sich nicht mischen dürfen, ist z. B. der Außenbereich mit einem Absperrband in zwei Teile ge- trennt. Geschwisterkinder werden ge- meinsam in einer Gruppe betreut, was mit veränderten Konstellationen ein- hergeht. Auch wenn es für die Kinder zunächst ungewohnt war, haben sie so neue Freunde gefunden. Da zwei Grup- pen den geteilten Außenbereich nutzen können, findet manchmal Kommunika- tion über die Absperrung hinweg statt. Auch die Spielideen passen sich an die neue Situation an. Not macht halt erfin- derisch. Die Morgenkreise und Ruhephasen nut- zen wir z. B. für Geschichten, über die wir uns austauschen. Diese Geschich- ten gehen um Freundschaft, Rücksicht aufeinander und gegenseitige Akzep- tanz, wie z. B. in „Blauland“. Hundertwasserhaus In den Angebotsphasen wird natürlich auch gebastelt. Die Kinder haben ge- meinsam einen neuen Entwurf für das berühmte Hundertwasserhaus in Wien geliefert und als Modell fertiggestellt. Mit Beginn des Frühlings wurden Blu- men und Kräuter gepflanzt. Die Kinder 29
Mit Blick nach vorne Es werden sicher noch mehr Ideen kom- men und uns werden noch andere Be- sonderheiten auffallen. Es ist, wie es ist – und wir machen das Beste daraus. Alle sind aktiv, jeder macht sich Gedanken – und blickt nach vorne. Punkte, in de- nen sich alle einig sind, sind rar. Dafür sind alle zu agil und im konstruktiven Austausch. Einer dieser seltenen Vor- kommnisse, die weder Klärung noch Diskussion bedürfen: Wir wünschen uns alle ausnahmslos, dass es bald über- standen ist. Dass die Situation stabil ge- nug ist und wir wieder singen können, spazieren gehen, Ausflüge planen und vieles mehr. Bis dahin haben wir anders Spaß. Und lachen über andere Dinge. Anders spielen in Corona-Zeiten im Abenteuerland Freundschaft neu – und auf Distanz Da wir unsere Gruppen nicht mehr mi- schen dürfen und Geschwister sich in einer Gruppe befinden, wurden viele Freundschaften plötzlich auseinander- gerissen. Für alle war das keine einfache Situa- tion. Aber: In den neuen Gruppenkon- stellationen sind neue Freundschaften entstanden – und tolle gemeinschaft- liche Aktionen. Kinder haben zuein- ander gefunden, die sonst kaum Be- rührungspunkte hatten. Corona war somit auch eine Chance, sich neu zu orientieren; ebenso für kreative Ideen. Denn die „alten“ Freundschaften wur- den nicht vergessen. Die Kinder unter- halten sich auf Abstand und nehmen – soweit möglich – Teil am Geschehen der anderen, z. B. wenn die eine Grup- pe draußen spielt und die andere von drinnen zuschaut. 30
Gastbeitrag von Pfarrer Sebastian Appelfeller Liebe Leserinnen und Leser, es ist nun ein paar Wochen her, dass Denke ich darüber nach, was mir am ich einen alten Kollegen in Köln be- meisten fehlt, dann ist es vor allem die sucht habe. Es war die erste Fahrt mit Gemeinschaft, in der wir hier in Neuss der S-Bahn in diesem Jahr und das erste zusammenleben. Denke ich etwa an Mal, dass ich unseren Kreis seit Oktober die Kontakte in der Lebenshilfe Neuss, 2020 verlassen hatte. Fast ein wenig ver- dann habe ich zahlreiche schöne Be- boten fühlte es sich an. Etwas, das mir gegnungen vor Augen. Ich erinnere vorher kaum vorstellbar war, bestimmt mich, wie wir ökumenisch den Grund- inzwischen meine Realität. Die Welt, in stein hier in Gnadental für das neue der ich lebe, sie ist klein geworden. Die Wohnheim gelegt haben. Ich habe vor immergleichen Menschen, denen ich be- Augen, wie der Sekt zu schnell hoch gegne, sie sind mir sehr vertraut, ande- ging und alle freudig gelacht haben. re Kontakte gibt es dafür außerhalb von Ich erinnere mich an die Jugendlichen, Skype und Zoom kaum noch. Und auch die wir aus der Wohngruppe in Grim- wenn ich als Pfarrer selbst im tiefsten linghausen jedes Jahr mit auf Freizeit Lockdown immer ein paar reale Kontak- nehmen. Dabei habe ich den wohl te durch Trauerfeiern und Seelsorgege- weltbesten Kettcarfahrer kennenler- spräche hatte, hat sich auch für mich viel nen dürfen und den Jungen, bei dem geändert. Viele Veranstaltungen gibt es wir uns anfangs nicht sicher waren, nicht mehr. Vieles, das wir zusammen ob das trotz Asperger mit der Freizeit geplant haben, mussten wir absagen. klappen würde. 31
Ich erinnere mich aber auch, wie er dem zu dürfen, als man für möglich gehal- verdutzten Soldaten vor dem Palast in ten hatte, und welche integrative Kraft Oslo seine Kamera in die Hand gab und es hat, wenn jemand plötzlich nicht nur der dann sein Gewehr wegstellte und betreut, sondern auch gebraucht wird. von beiden ein Selfie machte. Was für Von da an war der Junge in der Gruppe ein gelungenes Foto einer gelungenen angekommen. Was all unser Bemühen Freizeit. im Einsatz für ihn nicht geschafft hatte, schaffte der Umstand, dass der Junge In Erinnerung geblieben ist mir die Ge- sich für andere einsetzen konnte. schichte eines Jugendlichen, den wir mit in Schweden hatten. Eine Woche lang Ich habe die vielen wunderbaren Kon- hatten wir Mühe, ihn zu integrieren. Er takte zum Jugendtreff in Allerheiligen selbst hatte vielleicht auch wegen seiner vor Augen. Meine eigenen Kinder bei der emotionalen Verfassung kaum Kontakt Rollstuhlralley und vieles mehr. zu anderen. Eines Tages flog ein Spielge- Denke ich an all diese Kontakte, dann rät oben in einen Baum. Wir versuchten weiß ich, was mir aktuell am meisten alles, um wieder an das Gerät zu kom- fehlt: Es sind diese Begegnungen und die men, schossen Pfeile in den Baum, bis Gemeinschaft, die aus ihnen erwachsen auch die Pfeile weg waren. Als er kam ist. Vielleicht hat es etwas Gutes. Wäh- und seine Hilfe anbot, glaubte keiner, rend mir sonst im Alltag bisweilen die dass das gelingen könnte. Jedenfalls Zeit fehlt, all das wertzuschätzen und die- schnappte er sich einen Fußball, probier- se Begegnungen schnell zu Terminen im te kurz und holte mit viel Geschick erst Kalender werden, merke ich jetzt gerade, die Pfeile und dann das Spielgerät zu- wie sie immer schon mehr waren. Näm- rück. Was für eine Lehre für alle Umste- lich eben jene Gemeinschaft, in und von henden. Mehr in jemanden entdecken der wir hier gemeinsam in Neuss leben. 32
Anfangs hatte ich gedacht, so ein gesell- Jahre auch für mich persönlich erleben schaftliches Runterfahren hat neben sei- durfte. Ich bin weit weg von der Idee, ner absoluten Notwendigkeit bestimmt dass wir alle die Pandemie brauchten, auch sein Gutes für mich. Wer weiß nicht um klüger zu werden, das Leben wieder auch davon zu erzählen, dass Kontak- zu schätzen und das Besondere am Le- te, Begegnungen hin und wieder echte ben zu entdecken. Ich halte das für zy- Arbeit sein können. Gerade da, wo wir nisch. Zu viel Mühsames mussten wir im Menschen mit anderen Ansichten und letzten Jahr miteinander teilen, dass es Lebensgewohnheiten begegnen. Da jetzt nicht schön zu reden gilt. sind wir herausgefordert und vielleicht auch selbst in Frage gestellt. Aber ich weiß nach einem Jahr, mit dem Ende dieser Zeit im Blick, worauf ich Doch so anstrengend all das ist, nach ei- mich freue. Auf die Gemeinschaft mit nem Jahr merke ich, wie sehr es mir fehlt vielen, die anders sind als ich. Die hin und wie sehr ich mich darüber freue, und wieder auch eine Herausforderung dass es bald hoffentlich wieder losgeht. für mich bedeuten. Deren Gemeinschaft Denn ich habe gemerkt, in all der Her- aber auch für mich die schöne Botschaft ausforderung, andere so anzunehmen, enthält, auch ich bin in Ordnung, so wie wie sie sind, steckte immer auch ein klei- ich bin. nes Versprechen an mich. Wenn andere so in Ordnung sind, wie sie sind, dann Auf dem Weg dahin wünsche ich Ihnen bin ich das vermutlich auch. allen gute Nerven, noch ein wenig Aus- dauer und Gottes Segen. Als evangelischer Pfarrer bin ich es ge- wohnt, davon zu sprechen, dass Gott Bis hoffentlich sehr bald jeden Menschen liebt, wie er ist. Mit all Pfarrer Sebastian Appelfeller seinen Stärken und Schwächen. Viel- leicht ist das die wesentlichste Aussage allen Predigens und aller Seelsorge. Al- len Arbeitens in der Diakonie und der Pädagogik. Und ich vermute auch allen Kurzvita: Engagements im Haupt- und Ehrenamt in der Lebenshilfe. Was uns aber gut ge- Pfarrer Sebastian Appelfeller ist in lingt, anderen zu sagen und zu zeigen, Mönchengladbach geboren und in fällt uns oft genauso schwer für uns Krefeld aufgewachsen. selbst in Anspruch zu nehmen. Gerade Nach dem Studium der Theologie, in diesem Jahr des Abstandes zu vielen das er in Wuppertal und Heidelberg merke ich, wie sehr ich andere brauche, absolvierte, kam er über Stationen die mir Ähnliches sagen, oder noch viel in Remscheid und Mönchenglad- besser spüren lassen. bach 2012 als Pfarrer nach Neuss. Sebastian Appelfeller ist Vorsitzen- In der lebendigen Gemeinschaft viel- der des Evangelischen Gemeinde leicht gerade in der Lebenshilfe mit ih- verbands Neuss und Pfarrer der rem großen Engagement für Menschen Neusser Christuskirchengemeinde. mit und ohne Behinderung spüre ich Er ist verheiratet und hat vier in diesem Jahr, wie sehr ich das all die Kinder. 33
Antworten von KiJuZe-Besucher/-innen Best Friends – trotz Corona Was ist uns wichtig? Worauf können wir schen Luft wie beim „Skaten“. Wichtig sei verzichten? – Auf vieles, aber auf gute der Zusammenhalt, das Wir-Gefühl, Spaß Freunde nicht. Da sind sich die meisten ei- und der gleiche Humor. Außerdem legen nig. Doch jeder hat eine andere Vorstellung viele Wert auf Vertrauen, Loyalität und davon, was einen guten Freund oder eine Ehrlichkeit im Umgang. Eine Freundschaft gute Freundin ausmacht. Wir haben einen beenden würden die Jugendlichen dann, Tag Fragebögen an unsere Kinder und Ju- wenn sie der andere „schlecht behandelt“, gendlichen im KiJuZe verteilt. Dabei kamen betrügt oder schlicht nicht mehr für sie da von den 9- bis 18-Jährigen interessante ist. Meinungen zusammen. Hier ein paar da- von: Neue Freunde, auch online? Trotz der Kontaktbeschränkungen und Gleicher Humor und Loyalität dem eingeschränkten Schulbetrieb ha- sind wichtig ben die meisten Kinder- und Jugendlichen In den Bögen tauchte häufig auf, dass sogar neue Freundschaften geschlossen vor allem gemeinsame Aktivitäten den – und das überwiegend online. Aber auch befragten Jugendlichen für eine gute bei gemeinsamen Aktivitäten, im Sport Freundschaft wichtig sind – egal ob online oder in der Schule gibt es nach wie vor beim „Zocken“ oder beim Sport an der fri- Möglichkeiten. 34
Einfluss der Pandemie Positiv gestimmt Wie sich der Kontakt zu Freunden durch Insgesamt blicken jedoch die von uns an die Pandemie verändert hat, erleben die einem sonnigen Osterferientag befragten befragten Jugendlichen unterschiedlich. Kinder und Jugendlichen optimistisch in Teils haben sich „wahre Freundschaften die Zukunft. Die meisten von ihnen glau- herausgefiltert“, Kontakte sind entweder ben nicht, dass die Pandemie den Umgang seltener geworden oder man trifft sich ver- miteinander langfristig verändert: „Freund- mehrt in Online-Foren oder draußen an schaft bleibt Freundschaft“, bringt Paul M., der frischen Luft. 18 Jahre, es für sich auf den Punkt. 35
Sie können auch lesen