Der 6. Kondratieff - Wohlstand in langen Wellen - Analysen & Trends Januar 2010 - Allianz
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Inhalt Der 6. Kondratieff – Wohlstand in langen Wellen 3 Kondratieffzyklen 4 Finanzkrise – die Mutter des 6. Kondratieff? 5 Zeitreise in die Zukunft – mit den Trends von morgen 7 Globalisierung und Demografie: Beschleuniger des Wandels 7 Asien – das Gravitationszentrum des 21. Jahrhunderts 9 Industriestaaten: Keimzelle des 6. Kondratieffzyklus? 10 Eco-Trends – Ökologisierung der Wirtschaft 11 Megatrend kleinste Strukturen 17 Megatrend ganzheitliche Gesundheit 20 Fazit 23 Investors Corner 25
Analysen & Trends Der 6. Kondratieff – Wohlstand in langen Wellen Von der Erfindung der Dampfmaschine bis zum Internet – die letzten 200 Jahre Wirtschaftsgeschichte waren geprägt von 5 langen (Kondratieff-)Zyklen. Anleger fragen sich: Sind die Bereiche Umwelt, Biotechnologie und Gesundheit die ökonomischen Kraftquellen von morgen? Von der Erfindung der Dampfmaschine im deren Ende sich zumeist eine Krise größeren Hören statt Lesen: 18. Jahrhundert, der Eisenbahn und der Elek Ausmaßes entlud. Anleger fragen sich: Mar Die Studie gibt es auch als trizität im 19. Jahrhundert bis hin zur Ent kiert die Finanzkrise vielleicht die Geburt 3-teiligen Podcast unter: wicklung des Automobils sowie der Informa eines neuen 6. Wohlstandszyklus? Sind viel www.allianzgi.de/podcast tionsgesellschaft im 20. Jahrhundert verlief leicht die Bereiche Umwelt, Biotechnologie die Wirtschaft in fünf langen Wellen. Fünf und Gesundheit die ökonomischen Kraftquel große Wirtschaftszyklen, geprägt von Phasen len von morgen? Können sie uns zurück auf langfristigen Wohlstandswachstums, an einen nachhaltigen Wachstumspfad führen? Fünf große Wirtschaftszyklen, geprägt von Phasen langfristig en Wohlstandswachstums, an deren Ende sich zumeist eine Krise größeren Ausmaßes ent- lud.
Analysen & Trends Summa Oeconomica • Die zeitlich nah aufeinander folgenden Krisen, der TMT-Bubble und der jüngsten Finanzkrise, könnten die Mut ter des 6. Kondratieffzyklus markieren. Vier Kennzeichen Kondratieffs, die eine Trendwende zu einem neuen Kondratieffzyklus einleiten, scheinen derzeit erfüllt: 1. Nutzungspotenzial alter Basisinnovation erschöpft (Zyklus von ca. 40 bis 60 Jahren). 2. Hoher Überschuss an Finanzkapital (versus Sachkapital). 3. Starke Rezessionsphase (Phase des Umbruchs). 4. Soziale/institutionelle Veränderungen. • Auf der Suche nach der Kraftquelle des neuen 6. Kondratieffzyklus finden sich gleich zwei Impulsgeber: 1. Zukünftige Megatrends, die zu Nachfrageverschiebungen führen, wie Globalisierung und Demografie. 2. Trends bzw. Innovationen, die die Angebotsstruktur in der Wirtschaft verändern, wie Umwelttechnologie, Bio- und Nanotechnologie oder „ganzheitliche Gesundheit“. • Im Übergang vom 5. auf den 6. Kondratieffzyklus werden durch die Megatrends Globalisierung und Demografie die Nachfrageimpulse wohl vorwiegend von den Schwellenländern insbesondere Asiens ausgelöst. • Der Weg der Industriestaaten hin zu einer Wissensökonomie scheint bereits vorgezeichnet. Es ist daher wahr scheinlich, dass von ihnen auch der 6. Kondratieffzyklus ausgehen wird. • Während im aktuellem Kondratieffzyklus das Informationszeitalter zu einer enormen Erhöhung der Arbeits produktivität geführt hat, scheint der Schlüssel für eine zukunftsträchtige Wirtschaft im nächsten langen Zyklus die Steigerung der Ressourcen- und Energieproduktivität zu sein. Wachstum wird künftig wohl aus einer neuen Mischung von Ökonomie, Ökologie und gesellschaftlichem Engagement generiert. „Eco-Trends“ heißt der künftige Strukturwandel der Wirtschaft. • Hinsichtlich einer neuen Ressourcen- und Energieproduktivität im 6. Kondratieffzyklus erscheinen auch die Perspektiven der Bereiche Nano- und Biotechnologie interessant. Denn durch innovative Materialien und Materi aleigenschaften sowie neue Prozesse können sie in vielen Bereichen für einen ressourcen- und energiescho nenden und damit umweltfreundlicheren Verbrauch sorgen. • Nicht nur für den Biotechnologiesektor, sondern auch für andere Wirtschaftsbereiche könnte der Gesundheits- sektor ein weiterer bedeutender Wachstumsmotor im 6. Kondratieffzyklus sein. Denn mit dem Paradigmen wechsel, nach dem in der Wahrnehmung Gesundheit zunehmend von einer „Eigenschaft“ zu einer Ressource und von einem Kostenfaktor zu einem Wachstumstreiber für Wirtschaft und Beschäftigung wird, sollte die Branche weiter an ökonomischer Bedeutung gewinnen Kondratieffzyklen schwungs werden. Vorausgesetzt, diese so genannten Basisinnovationen durchdringen Bei der Suche nach einer Antwort auf die nahezu alle Bereiche der Volkswirtschaft und Frage zur Entstehung langfristiger (Struktur-) lösen in der gesamten Wirtschaft neue Pro Zyklen stößt man auf einen Ökonomen duktivitätsschübe aus. Seit der industriellen namens Nikolai Kondratieff. Er beobachtete Revolution Ende des 18. Jahrhunderts bis langfristige Wirtschaftsschwankungen in heute unterscheidet er zwischen fünf Zyklen von 40 bis 60 Jahren, so genannte Kondratieffzyklen: Kondratieffzyklen. Nach seiner Theorie ste hen am Anfang eines jeden Zyklus neue tech Die genannten Zyklen markieren Zeiten des nologische Errungenschaften, die zu Trägern Umbruchs – fünf lange Zyklen, in denen eines lang anhaltenden Konjunkturauf technologische Netze ganze Gesellschaften veränderten:
Analysen & Trends Kondratieffzyklen 1. Kondratieff 2. Kondratieff 3. Kondratieff 4. Kondratieff 5. Kondratieff Periode (ca.) 1780 bis 1830 1830 bis 1880 1880 bis 1930 1930 bis 1970 1970 bis heute Erfindung Dampf Eisenbahn, Elektrizität, Automobil, Informations-, maschine Stahl Chemie Petrochemie Kommunikati onstechnik Bedarfsfeld Bekleidung Massen Massen Individuelle Information transport produktion Mobilität und Kommuni kation Quelle: L. A. Nefiodow, „Der Sechste Kondratieff“, 2006; Darstellung: AllianzGI Kapitalmarktanalyse • Alte Industriezweige wurden durch neue verdrängt. • Unternehmenskulturen und -prozesse haben sich gewandelt. • Neue Berufsfelder sind entstanden. • Mit ihnen vollzogen sich mehrjährige Pha sen langfristigen Wohlstandswachstums. • Diese waren verbunden mit zumeist ten denziell steigenden Aktienmärkten. Im jüngsten langfristigen Zyklus sind es zum Beispiel der PC und das Internet, die das täg liche Leben und Arbeiten zum Teil radikal verändert haben. Und bei jedem dieser Strukturzyklen waren es die Finanzmärkte, die das Ende eines Zyklus durch übertriebene Spekulationen und zu sehr aufgeblähte Vermögenspreisbla sen herbeiführten. Sie fungierten gleichzeitig auch als Beschleuniger des Aufschwungs. Finanzkrise – die Mutter des 6. Kondratieff? Zu Beginn eines neuen Kondratieffzyklus brauchen Unternehmer in der Regel reich lich Geld, um sich die Dampfmaschine, den (Liefer-)Wagen oder das IT-System kaufen zu können. Steigende Zinsen stören nicht, da die Unternehmer mit ihren produktiveren Anlagen schließlich auch mehr verdienen. Doch irgendwann, nach mehreren Jahren sind die neuen technologischen Netze erschlossen. Investitionen in das Gleiche rentieren sich immer weniger. Die Folge: Die Kreditnachfrage wächst langsamer, und am Ende tendieren die (Real-)Zinsen gegen Null.
Analysen & Trends Das war so bei der Panik 1837, rund um die beispielsweise macht die Arbeitsprozesse Eine weiterführende Zeit des Gründerkrachs 1873, der Weltwirt nicht mehr sehr viel produktiver. Der Feld Analyse zum Thema schaftskrise 1929 und den Ölkrisen 1974 zug des Internets ist bereits weit vorange „Konjunktur“ finden Sie sowie 1980. Und diese Tendenz war auch in schritten. direkt unter http://www. den zeitlich nah aufeinander folgenden Kri • Ebenso war die Wirtschaft bis 2007, vor dem allianzgi.de/kapitalmarkt- sen, der TMT-Bubble und der jüngsten Ausbruch der Finanzkrise, von einem Über analyse Rubrik Finanzkrise, zu beobachten. schuss an Finanzkapital geprägt. Mit der PortfolioPraxis/Akademie Expansion der Kredit-(Derivate-)Wirtschaft Zusammenfassend nennt Kondratieff u. a. traf zu viel Geld auf zu wenig Realwirtschaft. vier Kennzeichen, die eine Trendwende zu Mit der Dominanz des Finanz- über das einem neuen Kondratieffzyklus einleiten: Sachkapital (Summe der Betriebsmittel) suchten Anleger auf ihrer Renditejagd 1. Nutzungspotenzial alter Basisinnovation nach Anlagealternativen, die sie größten erschöpft (Zyklus von ca. 40 bis 60 Jahren). teils in kreditfinanzierten US-Immobilien 2. Hoher Überschuss an Finanzkapital oder in Finanzderivaten fanden. (versus Sachkapital). • Die Folge war eine Finanzkrise, die in eine 3. Starke Rezessionsphase (Phase des Weltwirtschaftskrise mündete, wie wir sie Umbruchs). seit 1930 nicht mehr erlebt haben. Der 4. Soziale/institutionelle Veränderungen. 9. März 2009 war für Anleger ein historischer Tag – im negativen Sinne. An diesem Tag Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass alle markierten US-amerikanische Aktien nicht vier genannten Kriterien, die den Prozess nur das Kurstief des S&P 500, sondern gleich einer Neuorientierung der Wirtschaft mar zeitig fiel die 10-Jahres-Performance des US- kieren, auf die aktuelle Finanz- und Wirt Aktienindex mit einer durchschnittlichen schaftskrise zuzutreffen scheinen: Rendite von -8 % p. a. auf das niedrigste Niveau seit 200 Jahren (siehe Schaubild 1). • Der Produktivitätsschub der Informations • Und schließlich wird derzeit an einer glo technik, die 1941 mit der Erfindung des balen ordnungspolitischen Finanzarchitek Computers „Z3“ durch Konrad Zuse ihren tur gebastelt, die das Fundament für ein Ursprung hatte, scheint langsam auszu nachhaltiges Wirtschafts- und Finanz klingen. Ein noch schnelleres Notebook system bilden soll. Schaubild 1: Kondratieffzyklen – Wohlstand in langen Wellen. Rollierende 10 Jahresrenditen des S&P 500 seit 1814 bis März 2009 (in %, p. a.) 4. Kondratieff 5. Kondratieff 6. Kondratieff 1930-1970 1970-2010 2010-20XX Automobil, Informations- Umweltmarkt? Petrochemie technik Nano-/ 18% 1. Kondratieff 2. Kondratieff 3. Kondratieff Biotechnologie? 16% 1780-1830 1830-1880 1880-1930 Gesundheit? Dampf- Eisenbahn, Elektrontechnik, 14% maschine, Stahl Chemie 12% Textilindustrie 10% 8% 6% 4% 2% 0% -2 % 1. & 2. Ölkrise -4 % Gründerkrise 1974-1980 -6% 1873-1879 -8 % Panik von 1837 Weltwirtschaftskrise Finanzkrise 1837-1843 1929-1939 -10 % 2007-2009 1819 1829 1839 1849 1859 1869 1879 1889 1899 1909 1919 1929 1939 1949 1959 1969 1979 1989 1999 2009 S&P 500 rollierende 10-Jahresrenditen Keine Prognose für die Wertentwicklung einer Fondsanlage; Quelle: Datastream; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse
Analysen & Trends Schaubild 2: Globaler Trend: Demografie. Bevölkerung in Millionen Menschen 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 Afrika Asien Europa Lateinamerika Nordamerika 2005 2020 2050 Quelle: UN, Population Division; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse Die jüngste Finanzkrise könnte eine Phase Potenzial zu einer ökonomischen, politi Eine weiterführende des Umbruchs markieren, wie sie Kondratieff schen sowie gesamtgesellschaftlichen Ein Analyse zum Thema charakterisiert hat. Der 6. Kondratieffzyklus flussnahme und können gleichzeitig neue „Demografie“ finden Sie hat vermutlich bereits begonnen, nur die Produktivitätsschübe in mehreren Wirt direkt unter http://www. Haupt- und Nebenrollen sind noch nicht ver schaftsbereichen auslösen. allianzgi.de/kapitalmarkt- geben. analyse Rubrik Analysen & Trends/ Megatrend: Globalisierung und Demografie: Wie geht es also weiter? Welche Trends Demografie könnten den nächsten, den 6. Kondratieff Beschleuniger des Wandels zyklus prägen? Und was bestimmt unser Leben im 21. Jahrhundert, wofür das Funda Zwei Aspiranten für eine Hauptrolle im näch ment heute gelegt wird? sten langen Wirtschaftszyklus scheinen bereits identifiziert zu sein: Globalisierung und demo grafischer Wandel. Durch sie sind vor allem Zeitreise in die Zukunft – mit globale Nachfrageverschiebungen zu erwar den Trends von morgen ten. Ihre Wirkung besteht bereits seit längerer Zeit, ihre volle Tragweite dürften sie aber erst Auf der Suche nach der Kraftquelle des in den nächsten Jahren und Jahrzehnten ent neuen 6. Kondratieffzyklus finden sich gleich falten. zwei Impulsgeber: Mit dem Wegfall technologischer Schranken 1. Zukünftige Megatrends, die zu Nachfrage durch das Internet hat die Globalisierung verschiebungen führen, wie Globalisie eine neue Qualitätsstufe erreicht. Nicht nur rung und Demografie. Waren können per Knopfdruck auf jedem 2. Trends bzw. Innovationen, die die Ange Fleck der Erde angeboten werden, vielmehr botsstruktur in der Wirtschaft verändern, erlaubt das Internet nun auch den Export wie Umwelttechnologie, Bio- und Nano von Dienstleistungen. So ist der Welthandel technologie oder „ganzheitliche Gesund seit 1987 im Volumen um das 4-Fache gestie heit“. gen, obwohl sich die globale Wirtschaftslei stung (Bruttoinlandsprodukt) im gleichen Voraussetzung: Diese so genannten Mega Zeitraum lediglich verdoppelt hat. trends bzw. Basisinnovationen haben das
Analysen & Trends Schaubild 3: Asien meldet sich in der Weltwirtschaft zurück. Weltanteile Asiens 2009 und 1995 im Vergleich (in %) Marktkapitalisierung in USD* BIP in USD BIP (kaufkraftbereinigt) Energieverbrauch** Devisenreserven Bevölkerung 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 2009 1995 * ohne Japan; ** Jahr 2008 Quelle: MSCI, IWF,UN, BP, Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse Während sich die Erde immer stärker vernetzt, vorwiegend in den Schwellenländern, wird die ist jedoch demografisch betrachtet eine zuneh Bevölkerung weiter wachsen und vergleichs mende Zweiteilung der Welt erkennbar (vgl. weise jung bleiben. Schaubild 2). Zwar wird die Weltbevölkerung bis 2050 um rund 40 % auf über 9 Mrd. Men Aus diesen beiden Megatrends dürften sich in schen anwachsen. Doch in der einen Hälfte Zukunft zwei weitere langfristige Entwicklun der Welt, in den Industriestaaten wie Europa gen ableiten: die Verlagerung des Gravitations und Japan, wird die Bevölkerung schrumpfen zentrums nach Asien sowie der Weg der Indus und immer älter. Und in der anderen Hälfte, triestaaten hin zu einer Wissensökonomie. Schaubild 4: Schwellenländer verfügen noch über IT-Produktivitätsreserven Besitzer/Nutzer pro 100 Einwohner USA Deutschland Japan Brasilien Russland Indien China 0 20 40 60 80 100 120 140 PC Internet Handys PKW Quelle: International Telecommunication Union, 2009; UN Statistical Yearbook, 2008; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse
Analysen & Trends Schaubild 5: Aufholprozess der Schwellenländer scheint ungebrochen. BIP pro Kopf (kaufkraftadjustiert, in USD) vs. BIP-Wachstum (Durchschnitt 1999–2009; in % p. a.) 50.000 USA Industrieländer 45.000 BIP pro Kopf (kaufkraftadjustiert) 40.000 Schweiz G7 Singapur 35.000 Deutschland UK Eu-15 30.000 Japan Südkorea 25.000 20.000 Schwellenländer Russland 15.000 Mexiko ehem. GUS-Staaten 10.000 Südamerika Welt Mittlerer Osten und Nordafrika China 5.000 Thailand Asien ex. Japan Indien 0 0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% BIP-Wachstum (10-Jahresmittel p.a.) Quelle: Datastream; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse Asien – das Gravitationszen- Mit zunehmendem Wohlstandswachstum – die Weltbank schätzt in einer Studie, dass bis trum des 21. Jahrhunderts 2030 China und Indien rund 44 % der globa len Mittelschicht stellen werden – dürfte sich Im Zuge der voranschreitenden Globalisie diese Schere langsam schließen. Die Welt rung und des weltweiten Bevölkerungswachs bank geht davon aus, dass die Länder mit tums scheint sich das Gravitationszentrum niedrigem Einkommen in den nächsten Jahr des 21. Jahrhunderts zunehmend nach Asien zehnten doppelt so schnell wachsen wie die zu verlagern. Asien stellt mit fast 4 Mrd. Men Länder mit hohem Einkommen. schen nicht nur rund 60 % der Weltbevölke rung, sondern verfügt auch über knapp 40% aller Devisenreserven und erwirtschaftet mittlerweile rund 34 % der globalen kauf kraftadjustierten Wertschöpfung (siehe Schaubild 3). Nach Schätzungen der Asian Development Bank wird der Anteil Asiens an der Weltwirtschaftsleistung 2050 etwa 50 % ausmachen und China wird diesbezüglich vermutlich die USA und Europa überholt haben. Die Schwellenländer scheinen – noch mitten im 5. Kondratieffzyklus – sich die Pro duktivitätsreserven der Informationstechnik zu erschließen. Ein Indiz dafür: In Indien oder China besitzen lediglich 3 bzw. 5 von 100 Einwohnern einen PC und nur 7 bzw. 22 einen Internetzugang. In westlichen Län dern, wie den USA oder Deutschland, liegt die Penetrationsrate von PCs bei 80 bzw. 69 bezogen auf 100 Einwohner und bei 71 bzw. 76 für Internetzugänge (siehe Schaubild 4).
Analysen & Trends Schaubild 6: Industrieländer noch mit „Pionier- Die Folge: Der Rohstoffbedarf der Schwellen vorsprung“. Global Innovation Index (2009). länder steigt nicht nur durch die quantitativ steigende Weltbevölkerung, es kommt auch Singapur zu einem „qualitativen“ Wachstum. Das Südkorea Schweiz heißt, mit höherem Wohlstand wird der Kon Island sum rohstoffintensiver. Gleichzeitig bleibt Irland das Angebot begrenzt, so dass Rohstoffe zu Hong Kong einer immer knapperen Ressource werden! Finnland USA Japan Schweden Industriestaaten: Keimzelle Dänemark des 6. Kondratieffzyklus? Niederlande Luxemburg Kanada Während sich das Wohlstandswachstum in UK den Schwellenländern noch nicht in der Israel Breite erschlossen hat, scheinen die Industrie Österreich länder hingegen auf der Lernkurve des Infor Norwegen Deutschland mationszeitalters deutlich weiter vorange Frankreich schritten zu sein. Wie zuvor erwähnt, sind hier die Penetration und die Nutzung von PC 0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 und Internet bereits groß, so dass das Nut zungspotenzial der Basisinnovation weitest Quelle: Boston Consulting Group, Global Innovation Report 2009; gehend erschöpft zu sein scheint. Ein Indiz: Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse Mit höherem Pro-Kopf-Einkommen sind die Produktivitätsgewinne und Wachstumsraten in den etablierten Staaten deutlich niedriger Eine weiterführende Analyse zum als in den Schwellenländern. So ist die Arbeits Thema „Asien im Aufbruch – Gravitati produktivität – gemessen an der Wirtschafts onszentrum des 21. Jahrhunderts“ fin leistung pro Arbeitskraft – in den Schwellen den Sie direkt unter http://www.alli ländern wie China oder Indien seit 1990 um anzgi.de/kapitalmarktanalyse Rubrik das 4- bzw- 2-Fache gestiegen. Spiegelbildlich Analysen & Trends / Globalisierung 3.0 wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Gruppe der aufstrebenden Staaten in den letzten 10 Jahren (1999 bis 2009) im Schnitt über 5 % p. a., während die Wirtschaftsleistung Schaubild 7: Industriestaaten: Forschung wird groß geschrieben. Ausgaben für Forschung und Entwicklung in % des BIP 3,5 % 3,0 % 2,5 % 2,0 % 1,5 % 1,0 % 0,5 % 0% Indien Brasilien Russland China Deutschland USA Japan (2006) Quelle: UNESCO 2008; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse 10
Analysen & Trends der Industriestaaten vergleichsweise gering Denn mit der Dynamik der Globalisierung um ca. 2 % p. a. zunahm (siehe Schaubild 5). sowie dem demografischen Wandel dürfte der Wettbewerbsdruck eher zu- als abneh Zwar ist der Anteil der Exporte der aufstreben men. Für die etablierten Industrienationen den Nationen im Bereich der Hochtechnolo scheint es nur einen Ausweg zu geben: den gie in den letzten Jahren deutlich gewachsen, Wissensanteil in der Wertschöpfung weiter dennoch verfügen die Industriestaaten in vie auszubauen. len Bereichen immer noch über einen bedeu tenden Pioniervorsprung. Zwei Beispiele: Im Übergang vom 5. auf den 6. Kondratieffzy klus werden durch die Megatrends • Beim Global Innovation Index – einem Indi Globalisierung und Demografie die Nachfra kator der Boston Consulting Group, der die geimpulse wohl vorwiegend von den Schwel Innovationsstärke von Staaten misst – sind lenländern insbesondere Asiens ausgelöst. in den TOP 20 nur Industriestaaten vertre Der Weg der Industriestaaten hin zu einer ten. (siehe Schaubild 6). Wissensökonomie scheint bereits vorge • Die Industriestaaten messen dem Bereich zeichnet. Investoren stellen sich die Frage: Forschung und Entwicklung noch immer Welche Basisinnovationen und welche Bran eine größere Bedeutung bei. So betragen chen könnten Impulse auf der Angebotsseite beispielsweise in Deutschland, Japan und auslösen und damit weitere Hauptrollen im den USA die Ausgaben dafür in Relation zur 6. Kondratieffzyklus spielen? Wirtschaftsleistung (BIP) über 2,5 %, wäh rend in den Schwellenländern wie Brasi Eco-Trends – Ökologisierung lien, Russland, Indien oder China (BRIC- Staaten) maximal 1,5 % des BIP in For der Wirtschaft schung und Entwicklung investiert werden (siehe Schaubild 7). Während im aktuellen Kondratieffzyklus das Informationszeitalter zu einer enormen Es ist daher wahrscheinlich, dass von ihnen Erhöhung der Arbeitsproduktivität geführt auch der 6. Kondratieffzyklus ausgehen wird. hat, scheint der Schlüssel für eine zukunfts +6,0�C Schaubild 8: Klimawandel: (Größte) Herausforderung für die Zukunft. Temperaturabweichung vom Durchschnitt (1961–1990) +5,5�C +5,0�C Vorrausichtlicher Temperaturanstieg (°C) +4,5�C +4,0�C +3,5�C +3,0�C +2,5�C +2,0�C Temperaturveränderung +1,5�C +1,0�C +1,0�C +0,5�C +0,5�C +0,0�C +0,0�C -0,5�C -0,5�C -1,0�C -1,0�C Jahr 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2100 Durchschnitt 1961-1990 nördliche Halbkugel Global Quelle: IPCC/WG1, Climate Change 2001/2007; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse 11
Analysen & Trends Schaubild 9: Ökologie und Ökonomie wachsen zusammen. Geschätzte Kosten für Klimaschutz und Schäden durch Klimawandel (weltweit, in Mrd. USD) Kosten für Klimaschutz Schäden durch Klimawandel 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 Beginn Beginn Bei Beginn des Bei Beginn des 2005 2025 Klimaschutzes Klimaschutzes 2005 2025 USA Europa Asien Japan China Südamerika Afrika Rest der Welt Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW); Darstellung Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse • Allein die Jahre 2001 bis 2007 zählten Klimawandel: (größte) Eine Kurz-Analyse zum Thema jeweils zu den 10 wärmsten Jahren seit Herausforderung für die „Öko-Trends“ finden Sie direkt unter Beginn der Wetteraufzeichnungen 1880 Zukunft http://www.allianzgi.de/kapitalmarkt (siehe Schaubild 8). analyse Rubrik Analysen & Trends/ • Der Anstieg des Meeresspiegels zwischen Knappe Ressourcen 1870 und 2004 beträgt 19,5 cm. • Einer Untersuchung des Global Carbon Projects aus dem Jahr 2008 zufolge ist in trächtige Wirtschaft im nächsten langen den Jahren 2000 bis 2007 der CO2-Ausstoß Zyklus die Steigerung der Ressourcen- und viermal schneller gestiegen als noch im Energieproduktivität zu sein. Denn unter den Jahrzehnt davor. veränderten Voraussetzungen von Globali • Extreme Wetterereignisse, wie Hurrikane sierung, demografischer Entwicklung, Klima oder Überschwemmungen, haben in den wandel, knappen Ressourcen sowie einem letzten Jahren überproportional stärkeren Umwelt- und Verantwortungsbe zugenommen. wusstsein der Konsumenten wird Wachstum künftig wohl aus einer neuen Mischung von Ohne Klimaschutz würden nach den Annah Ökonomie, Ökologie und gesellschaftlichem men von „RECIPE“ (Report on Energy and Engagement generiert. „Eco-Trends“ heißt Climate Policy in Europe), einer gemein der künftige Strukturwandel der Wirtschaft. samen Studie der Umweltstiftung WWF und des Allianz-Konzerns, die CO2-Emissionen bis Heißer Anwärter auf eine Hauptrolle im 2050 auf 2.500 Gigatonnen anwachsen. Das ist 6. Kondratieffzyklus ist daher der Umwelt gleichbedeutend mit einem globalen Tempe markt! raturanstieg auf bis zu sieben Grad gegenüber vorindustriellem Niveau. Der „Stern-Report“, Klima – eine knappe Ressource der die globalen volkswirtschaftlichen Kosten des Klimawandels untersucht, kam zu dem So dreht sich die Diskussion um den Klima Ergebnis, dass der Klima-wandel ohne weitere wandel längst nicht mehr, wie noch vor ein Klimaschutzmaßnahmen die Weltwirtschafts paar Jahren, um die Frage, ob es ihn über leistung bis 2050 etwa um 5 % bis 20 % belasten haupt gibt und wer die Verursacher sind. wird. Selbst wenn Klimaschutzmaßnahmen Vielmehr sind die Fakten bereits bekannt: ab 2025 getroffen würden, dürften nach Schätzungen des Deutschen Instituts für 12
Analysen & Trends Wirtschaftsforschung (DIW) die weltweiten ein. Ihr Ziel ist auch, dass die Unternehmen Schäden des Klimawandels bis 2050 auf rund Klimaschutzstrategien entwickeln und ihre 3,8 Billionen US-Dollar (USD) anwachsen. Emissionen senken. Würden Investitionen in den Klimaschutz bereits heute in Höhe von knapp 500 Mrd. Seien es die Einführung von CO2-Emissions USD entschieden, könnten die volkswirt rechten, die steigenden Rohstoffpreise oder schaftlichen Kosten der globalen Erderwär der Klimawandel als Unternehmensrisiko, mung immerhin auf 1,3 Billionen USD redu alle Faktoren tragen dazu bei, dass der Ver ziert werden (vgl. Schaubild 9). brauch von Umwelt einen Preis bekommt. Umwelt wird zunehmend zum Kosten- und Zwischenfazit: Unsere Umwelt entwickelt Risikofaktor. Es wird notwendig, in der globa sich zunehmend zu einer knappen Ressour len Wertschöpfung die Ressourcen- und ce! Sie erhält einen „Preis“, d. h. Umweltver Energieproduktivität zu steigern bzw. nach brauch wird zum Kosten- und Knappheits haltiger zu wirtschaften. Hieraus ergeben faktor. Und mit Blick u. a. auf den Handel mit sich gleichzeitig auch Wachstumschancen. CO2-Emissionsrechten werden Umweltkos ten zunehmend internalisiert. Kostenverur Umweltschutz, Ressourcenschonung und sacher werden somit verstärkt zur Kasse „Corporate Social Responsibility“ kennzeich gebeten. nen bereits heute in vielen Bereichen – ins besondere in den Industrieländern – das glo Umwelt bekommt einen Preis bale Wirtschaftssystem. Da die Folgen des Klimawandels immer Konsum findet, vor allem in den Industrie mehr zum Unternehmensrisiko werden kön staaten, unter völlig veränderten Prämissen nen, haben sich mittlerweile rund 6.000 von ethisch-ökologischen Kriterien und Nach große Unternehmen und 475 institutionelle haltigkeit statt. So sind die Verkäufe von US- Investoren mit einem Gesamtanlagevermö Hybridautos im Zeitraum 2004 bis 2008 um gen von rund 55 Billionen USD im „Carbon rund das 4-Fache gestiegen, über 80 % der Disclosure Project“ (CDP) zusammenge Briten recyceln Papier und verwerten Glas schlossen. Sie setzen sich nicht nur für ein wieder. In Schwellenländern wie China gab es heitliche Standards bei der Messung von im Jahr 2006 ca. 51.000 Proteste gegen Emissionen und die Berücksichtigung von Umweltverschmutzung. Zudem scheint auch Klimaschutzaspekten bei der Aktienanalyse in anderen Wirtschaftsbereichen das „Konsu 13
Analysen & Trends Schaubild 10: Nachhaltiger Energiekonsum mit regenerativen Energien. Erwartete Entwicklung der Stromproduktion herkömmlicher und regenerativer Energien bis 2050. (in Twh pro Jahr) 35.000 30.000 25.000 30% x3 20.000 15.000 10.000 5.000 0 1985 2025 2050 Herkömmliche Energieträger Erneuerbare Energien Quelle: World Energy Council; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse mieren mit gutem Gewissen“ zunehmend dieses Jahrhunderts von derzeit ca. 7 % auf zum Wachstumsmotor zu werden. Der Markt rund 30 % anwachsen (siehe Schaubild 10). mit Bio-Lebensmitteln boomt ebenso wie Entsprechend schätzt das World Energy „grüne“ Geldanlagen und der Handel mit Fair- Council den Markt für erneuerbare Energien Trade-Produkten. für das Jahr 2010 auf 635 Mrd. USD. Bis 2020 soll er auf 1,9 Billionen USD wachsen. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Faktoren scheinen die Wurzeln des 6. Auch die Hightech-Industrie dürfte spürbar Kondratieffzyklus unlängst gelegt. Es ver vom grünen Wandel der Märkte profitieren, wundert daher kaum, dass Trendforschern weil die Nachfrage nach erneuerbaren Ener vor allem denjenigen Branchen großes gien, modernen Umwelttechnologien, nach Potenzial zutrauen, die für nachhaltige Ent haltiger Wasserwirtschaft, Recycling und wicklungen von Mensch und Gesundheit effizienteren Antriebstechniken steigt. Die entscheidend sind. Verzahnung des 5. Kondratieff- mit dem 6. Kondratieffzyklus, d. h. die Verbindung des „Green-Tech“ – ein Wachstumsmarkt Bereichs der Informationstechnologie mit dem der „grünen Märkte“, dürfte weiter zu- Neue Energieformen haben immer mehr an nehmen. So werden z. B. dem Bereich „Smart Einfluss gewonnen. Vor allem der Anteil Grid“, dem „Internet der Energie“, große erneuerbarer, CO2-neutraler Energiequellen Wachstumsperspektiven zugesprochen. am weltweiten Energiemarkt dürfte weiter Durch die dezentrale Erzeugung vor allem zunehmen. Denn mit steigender Weltbevöl von regenerativen Energien bei einer wach kerung – um 40 % bis 2050 – steigt auch der senden Zahl von privaten Haushalten und globale Energiebedarf. Dabei bleiben gleich Unternehmen wird eine effiziente Steuerung zeitig herkömmliche Energieressourcen, wie des Energiesystems immer bedeutender. z. B. Öl und Gas, begrenzt. Das World Energy Strommessung und -verwaltung über das Council schätzt, dass sich bis zum Jahr 2025 Internet, genauso wie virtuelle Kraftwerke, die globale Stromproduktion verdoppelt und die im „Energie-Web“ die Balance zwischen zum Jahr 2050 bereits verdreifacht haben Erzeugung und Verbrauch herstellen, dürf wird. Der weltweite Anteil regenerativer ten die Zukunftsmusik im Energiemarkt Energiequellen wird voraussichtlich bis Mitte spielen. 14
Analysen & Trends Die „Green-Tech“-Märkte werden die klas logien für die deutsche Wirtschaft größere sischen Industriezweige wohl deutlich hinter Bedeutung haben werden als die Automobil sich lassen. Analysen des DIW, des Fraunho industrie. Der Umsatzanteil der Umwelttech fer ISI und der Strategieberatung Roland nologien an der gesamten deutschen Wirt Berger im Auftrag des Bundesumweltmini schaftsleistung wird sich bis 2030 auf 16 % steriums zeigen zum Beispiel für Deutsch vervierfachen und dann voraussichtlich bei land, dass ab dem Jahr 2020 Umwelttechno 1 Billion Euro liegen (siehe Schaubild 11). Smart Grid „Smart Grid“ bedeutet zu Deutsch „Intelligentes Stromnetz“. Dahinter verbergen sich Stromnetze, die neben dem herkömmlichen Stromtransport auch bidirektionale Stromeinspeisungen und (Strom-)Datenkommunikation erlauben. Denn durch die dezentrale Erzeugung vor allem von regenerativen Energien bei einer wachsenden Zahl von privaten Haushalten und Unternehmen wird eine gezielte Steuerung des Energiesystems immer bedeutender. So werden auch immer mehr Konsumenten mit dem Einsatz von Solar-, Windkraft- oder Geothermieanlagen selbst zu Stromproduzenten. Ziel dieser neuen Technologie am zukünftigen Energiemarkt ist es, die Stromerzeu gung und -distribution sowie den Verbrauch möglichst effizient zu gestalten. Smart Grid besteht daher auch aus drei Kernbausteinen: 1. Smart Metering: ist ein intelligenter Stromzähler, der die Messung von Verbrauch und Erzeugung durch Daten fernübertragung über das Internet erlaubt. Er stellt somit die Grundvoraussetzung des Smart Grid dar. Gleich zeitig erlauben intelligente Zähler, variable Stromentgelte in Abhängigkeit von der Gesamtnachfrage und Netz auslastung zu erheben. 2. Grid Intelligence: nennt sich die Stromnetzinfrastruktur und die zugehörige Steuerungstechnik. Dieses virtu elle Kraftwerk ermöglicht im „Energie-Web“ eine effiziente Balance zwischen Erzeugung und Verbrauch. 3. Utility IT: bezeichnet intelligente Datenmanagementsysteme, welche die Abrechnung und Speicherung von Kundendaten und Parametern der Stromleitungsnetze automatisch steuern. Man spricht beim Smart Grid auch vom „Internet der Energien“ oder dem „Energie-Web“. Anwendungsbeispiele für die Zukunft gibt es bereits einige: • Wenn in der Wüste Nordafrikas oder in den Windparks auf hoher See Strom erzeugt wird, bedarf es intelligenter Stromverteilernetze, die den teilweise unregelmäßig produzierten Strom direkt an die Verbrauchsquelle weiter leiten. • Wenn in der Nacht der Verbrauch naturgemäß zurückgeht und der Strom in der Regel günstiger ist, aber der Wind stark über die Nordsee fegt, können verschiedenste Speicher bis hin zu Batterien für Elektroautos und -züge gefüllt werden oder tausende Waschmaschinen anspringen. • Wenn im Sommer hunderttausende Fotovoltaikanlagen Strom produzieren und ihn quer durch das Land gleichzeitig ins Netz einspeisen, sorgen intelligente Regler dafür, dass Kraftwerke zum Teil abgestellt bzw. ihre Leistungen reduziert werden können. Folglich erscheint das Marktpotenzial dieser neuen Technologie sehr vielversprechend. So schätzt die Europä ische Energieplattform Smart Grids, dass bis 2030 für den flächendeckenden Einsatz intelligenter Stromnetze 390 Mrd. Euro in Europa investiert werden müssen. Allein 300 Mrd. Euro flössen davon in die Erneuerung und Erweite rung der elektrischen Stromversorgungsinfrastruktur, 90 Mrd. in die Stromübertragung. Auch Cisco Systems, einer der größten Netzwerkanbieter weltweit, rechnet mit einem eigenen Umsatz im Bereich Smart Grid von 20 Mrd. USD pro Jahr ab 2013. Das Unternehmen geht davon aus, dass das Energie-Web 100-mal so groß werden wird wie das Internet. Energieeffiziente und damit Ressourcen sparende Smart Grids stellen somit eine bedeutende Technologie im Pro zess einer zunehmenden Ökologisierung der Wirtschaft dar. Quelle: Smart Grids European Technology Platform, Siemens AG, Wikipedia. 15
Analysen & Trends Schaubild 11: Grüne Energien: wachsender Milliarden-Markt. Umsatzwachstum und Anteil am Umsatz aller Wirtschaftsbereiche in Deutschland Umsatzprognose Deutschland (Milliarden Euro) Anteil am Umsatz aller Wirtschaftsbereiche 1.000 1.000 2005 4% Umwelt- 900 technologie 800 700 600 570 500 2030 16 % Umwelt- 400 technologie 280 290 300 200 170 150 100 0 2005 2030 Maschienenbau Fahrzeugbau Umwelttechnologien Quelle: BMU, 2006, Zukunftsinstitut; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse Industriepolitik wird grün zung der Wirtschaft von über 2 Billionen USD einen deutlichen Grünanstrich bekommen. In der Politik sind erneuerbare Energien eben Der Anteil für Umweltschutzmaßnahmen an falls angekommen und dürften dem Bereich den Konjunkturpaketen reicht bis zu 81 % der Umwelttechnologie zusätzlichen Rücken (Südkorea). Auch die USA planen mit dem wind geben. Die Europäische Union hat sich Regierungswechsel ein umfangreiches zum Ziel gesetzt, dass bis 2020 erneuerbare Umweltprogramm: Immerhin 12 % des Kon Energien 20 % des Energieaufkommens aus junkturpakets sollen in nachhaltige klima machen sollen. China will bis 2020 mindes schonende Projekte fließen, was einem Inves tens 15 % seines Energiebedarfs durch erneu titionsvolumen von ca. 120 Mrd. USD erbare Energien decken. Außerdem haben entspricht (vgl. Schaubild 12). die weltweiten Fiskalmaßnahmen zur Stüt Schaubild 12: „Grüne“ Fiskalpakete. Anteile an Fiskalmaßnahmen zum Umweltschutz Gesamte Fiskal- maßnahme „Grüne“ Maßnahmen Italien Japan UK Kanada Australien USA Deutsch- Frank- China EU S. Korea land reich 586,1 972,0 26,7 30,4 31,8 33,7 38,1 38,8 103,5 104,8 485,9 Mrd. Mrd. Mrd. Mrd. Mrd. Mrd. Mrd. Mrd. Mrd. Mrd. Mrd. 9% 7% 8% 21% 81% 59% 1% 13% 3% 38% 12% Australien UK Kanada Frank- S. Korea EU Italien Deutschland Japan China USA reich Quelle: Financial Times, RCM, Allianz Global Investors. 16
Analysen & Trends Kasten: Farbenlehre der Biotechnologie Rote Biotechnologie: Medizin/Pharmazeutik Als Biotechnologie wird die Umset Grüne Biotechnologie: Landwirtschaft, Pflanzenbiotechnologie zung von Erkenntnissen aus der Biolo gie und der Biochemie in technische Weiße Biotechnologie: Biotech-Produkte/Industrieprozesse oder technisch nutzbare Elemente Blaue Biotechnologie: Produkte aus dem Meer verstanden. Da Biotechnologie ein sehr weit gefasster Begriff ist, wird Graue Biotechnologie: Abfallwirtschaft nach Anwendungsgebieten unter Braune Biotechnologie: Technische -/Umwelt-Biotechnologie schieden Gelbe Biotechnologie: Herstellung von Lebensmitteln und Grundstoffen Quelle: DIB Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie Vorausschauende Investoren sollten überle von Hefe bereits seit gut 5.000 Jahren bekannt. gen – durchaus im Sinne des Umwelt Die Biotechnologie ist zwar oft nicht direkt zu schutzes – wie sie von diesen langfristigen, sehen, steckt aber in diversen Produkten. Medi ökologischen wie ökonomischen „Eco- zin (z. B. Impfstoffe), Industrie (z. B. abbaubare Trends“ profitieren können. Kunststoffe), Landwirtschaft (z. B. biologische Pflanzenschutzmittel), Lebensmittelindustrie (z. B. Käse) und Umwelttechnik (z. B. Abwasser Megatrend kleinste Strukturen reinigung) sind nur einige nennenswerte Bei spiele (Farbenlehre der Biotechnologie siehe Hinsichtlich einer neuen Ressourcen- und Kasten). Energieproduktivität im 6. Kondratieffzyklus erscheinen auch die Perspektiven der Immerhin betragen die weltweiten Umsätze Bereiche Nano- und Biotechnologie interes nanooptimierter Produkte bereits 147 Mrd. sant. Beide könnten eine weitere Hauptrolle USD (2007). Und nach Marktprognosen von im neuen Strukturzyklus spielen. Denn Lux Research soll das Weltmarktvolumen auf durch innovative Materialien und Materialei ca. 3 Billionen USD in 2015 steigen, was einer genschaften sowie neue Prozesse können sie jährlichen Wachstumsrate von 46 % ent in vielen Bereichen für einen ressourcen- spräche. Größtes Potenzial wird dem Bereich und energieschonenden und damit umwelt der Materialien und Produktionstechnik freundlicheren Verbrauch sorgen. (Anstieg von 97 Mrd. USD in 2007 auf 1.700 Mrd. USD in 2015) eingeräumt (siehe Sowohl die Nano- als auch die Biotechnologie Schaubild 13). leisten derzeit zwar faktisch noch einen gerin gen Beitrag zur Wirtschaftsleistung, aber sie In der Biotechnologie beläuft sich das Umsatz sind in Bezug auf den Fortschritt bereits aus volumen weltweit börsennotierter Biotechno ihren Kinderschuhen herausgewachsen. Als logie-Unternehmen bereits auf knapp 90 Mrd. Querschnittstechnologien zu Anderen, wie USD, was 17 % des Pharmasektors entspricht z. B. der Umwelt-, der Elektro- und der Medizin (Quelle: Ernst & Young). Erstaunlich: Auch in technik, werden sie vermutlich weiter an der Finanzkrise konnten die Umsätze 2008 Bedeutung gewinnen. Anwendungsgebiete im gegen den allgemeinen Trend um 12 % gestei Alltag gibt es bereits mehrere: In der Nano gert werden. Mit zunehmender Umstellung technologie sind es z. B. schmutzabweisende industrieller Prozesse auf biotechnologische Textilien und Lacke, Miniatur-Wirkstoffdepots Verfahren wird allein für die industrielle für chronische Erkrankungen oder aufrollbare (weiße) Biotechnologie mit einem Anstieg Flachdisplays (OLED). Auch Biotechnologie ist von heute 50 Mrd. Euro auf rund 300 Mrd. aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken, Euro in zehn Jahren gerechnet. schließlich ist sie durch den Gärungsprozess bei der Brot- oder Bierherstellung mit Hilfe 17
Analysen & Trends Schaubild 13: Nanotechnologie: Kleine Strukturen ganz groß. Weltmarktvolumen nanooptimierter Produkte (in Mrd. USD) 3.500 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Materialien Produktionstechnik Elektronik Gesundheit Quelle: LUX Research; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse Gleichzeitig ziehen die Bereiche Biotechno Während großkapitalisierte Unternehmen logie und Pharma im Vergleich mit anderen im Nanotechnologie-Bereich (noch) kaum Branchen die meisten Investitionen in For zu finden sind, kann sich für Anleger, die auf schung und Entwicklung auf sich. Nach einer den Megatrend der kleinsten Strukturen set Erhebung der Europäischen Kommission zen wollen, ein Engagement im Biotechnolo (R&D Scoreboard) liegt der Biopharma-Sek giesektor empfehlen. Denn diese Unterneh tor mit Investitionen in Forschung und Ent men scheinen langsam den Kinderschuhen wicklung von weltweit 71 Mrd. Euro in 2007 zu entwachsen. Indiz: Während 2004 ledig noch vor den Sparten Technologie-Hard lich 20 % der börsennotierten Biotech-Unter ware/-Ausrüstung. nehmen Gewinne erwirtschafteten, waren es in 2007 bereits 30 %. In den USA erreichte der Schaubild 14: Weiße Biotechnologie – eine Wachstumsbranche. Weltweiter Umsatz mit Produkten der weißen Biotechnologie (Mrd. EUR) 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Biotreib- Pflanzliche Pharma- Bulk- Lebens- Fette Enzyme Sonstige stoffe Rohstoffe Wirkstoffe Chemikalien, und und Öle Polymere Futtermittel 2005: 77 Mrd. EUR Umsatz durch industrielle Biotechnologie in der chem. Industrie (7% des Gesamtumsatzes) 2010: 125 Mrd. EUR Umsatz durch industrielle Biotechnologie in der chem. Industrie (10 % des Gesamtumsatzes) Quelle: Dr. Garthoff, „Weiße Biotechnologie, 2008; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse 18
Analysen & Trends Schaubild 15: Biotechnologie – Unternehmen werden Erwachsen. Weltweiter Anteil profitabler Biotechnologieunternehmen (in %) 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 2004 2005 2006 2007 2008E 2009E 2010E 2011E 2012E Quelle: Barclays Research; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse Gesamtsektor 2008 zum ersten Mal die die Megatransaktionen aus den Vorjahren ist Gewinnzone. Nach Schätzungen von Bar dies ein neuer Rekord. In Europa kletterte der clays Research dürfte der Anteil weltweit pro Gesamtwert der M&A-Transaktionen auf 5 fitabler Biotech-Konzerne bis ins Jahr 2012 Mrd. USD. auf gute 60 % anwachsen (siehe Schaubild 15). Kein Wunder, dass sich auch die eta Die gestiegene Profitabilität und Nachfrage blierten Pharmaunternehmen zusehends für spiegelte sich auch in den Aktien wider. So den Biotechnologiesektor interessieren. Laut erwiesen sich Biotechnologieaktien in der einer Studie von Ernst & Young übertraf in jüngsten Vergangenheit als erstaunlich den USA 2008 der Gesamtwert an Fusionen krisenresistent. Während die weltweiten und Übernahmen (M&A) im Biotech-Sektor Aktien im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2008 die Marke von 28,5 Mrd. USD. Bereinigt um um ca. 40 % eingebrochen sind, konnte der Schaubild 16: Biotechnologie – Krisenresistent während der Finanzkrise. Performance MSCI Welt versus MSCI Biotechnologie im Jahr 2008 (01.01.2008 = 100) 130 120 110 100 90 80 70 60 50 JAN FEB MAR APR MAI JUN JUL AUG SEP OKT NOV DEZ Biotechnologie (Preisindex) MSCI Welt (Preisindex) Quelle: Datastream; Darstellung: Allianz Global Investors 19
Analysen & Trends Branchenindex MSCI Biotechnologie sogar ein Kursplus von rund 10 % verzeichnen (siehe Schaubild 16). Der Bereich der kleinsten Strukturen, mit den Sektoren Nano- und Biotechnologie, kann derzeit zwar noch nicht die Funktion einer Lokomotive für die Weltwirtschaft ausüben. Aber mit Blick auf die hohen Forschungs- und Entwicklungsausgaben in diesem Bereich, die großen Wachstumsmöglichkeiten und die breite gesellschaftliche Durchdringung als Querschnittstechnologie haben beide Technologiefelder das Potenzial, sich zum Megatrend und damit zum Träger des 6. Kondratieffs zu entwickeln. Bereits in 2005 beliefen sich die Gesundheits ausgaben der OECD-Staaten auf zwischen 5 % Megatrend ganzheitliche und 10 % des BIP. Nach Schätzungen der Gesundheit OECD dürften die Ausgaben bis 2050 über proportional zum BIP-Wachstum steigen Nicht nur für den Biotechnologiesektor, son und in einigen Ländern bis zu 15 % der Wirt dern auch für andere Wirtschaftsbereiche schaftsleistung ausmachen (siehe Schaubild könnte der Gesundheitssektor ein weiterer 17). Allein der Umsatz börsennotierter Phar bedeutender Wachstumsmotor im 6. maunternehmen umfasste in 2008 ein Volu Kondratieffzyklus sein. men von rund 770 Mrd. USD (Quelle: IMS Health). Rund um den Begriff „ganzheitliche Denn mit dem Paradigmenwechsel, nach Gesundheit“ – im Sinne einer körperlichen, dem in der Wahrnehmung Gesundheit seelischen, ökologischen und sozialen zunehmend von einer „Eigenschaft“ zu einer Gesundheit – dürften neue expandierende Ressource und von einem Kostenfaktor zu Märkte und Produktwelten entstehen. einem Wachstumstreiber für Wirtschaft und Beschäftigung wird, sollte die Branche weiter an ökonomischer Bedeutung gewinnen. Schaubild 17: Gesund altern: Ausgaben im Gesundheitssektor steigen. Ausgaben für Gesundheit (in % des Bruttoinlandsproduktes) Norwegen 9,9 % 15,0% Irland 6,7 % 14,5% Deutschland 8,8% 14,3% Japan 6,9 % 13,4% Frankreich 8,1% 13,4 % Italien 6,6 % 13,2% Schweden 8,6% 12,9% UK 7,2% 12,7% USA 7,2% 12,4% Schweitz 7,4% 12,3% Spanien 5,6% 12,1% Türkei 6,0% 11,7% Österreich 5,1 % 10,9% 2005 2050 Quelle: OECD, 2006; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse 20
Analysen & Trends Schaubild 18: Gesundheitsmarkt profitiert von der „doppelten Alterung“. Anteil der Bevölkerung über 65 Jahren nach Regionen (2005 und 2050e) 30% 27% 25% 22% 20 % 20% 19 % 17% 16% 15% 13% 10% 10% 7% 6% 6% 5% 3% 0% Europa Nordamerika Lateinamerika Ozeanien Asien Afrika 2005 2050 (geschätzt) Quelle: UN Population Devision; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse Im Wesentlichen sind es folgende Treiber, Prozentsatz der über 65-Jährigen die die dem Gesundheitssektor neue Wachs Ausgaben im Gesundheitswesen steigen tumsimpulse liefern sollten: lassen. So wird der Anteil der Bevölke rung ab 65 Jahren beispielsweise in Euro 1. Der globale demografische Wandel dürfte pa voraussichtlich von rund 16 % in 2005 zu einer veränderten und höheren Nachfra auf über 27 % in 2050 wachsen (siehe ge nach Gesundheitsleistungen führen. Schaubild 18). Der Begriff vom „alten Kontinent“ gewinnt somit eine ganz • Zum einen wird die Weltbevölkerung in neue Bedeutung. Aber auch auf den den nächsten 50 Jahren voraussichtlich anderen Kontinenten ist der Alterungs um gut 2,5 Mrd. Menschen wachsen. Eine prozess nicht zu stoppen. In Asien wird Steigerung um knapp 40 %. Der Bedarf an z. B. mit einem Anstieg des Rentneran Gesundheitsvorsorge steigt aber nicht teils von derzeit ca. 6 % auf gut 17 % in nur durch die quantitativ steigende Welt- 2050 gerechnet. Die Folge: Der Bedarf an bevölkerung, es kommt auch zu einem Arzneimitteln und medizinischen Ein „qualitativen“ Wachstum: Die Weltbank griffen dürfte steigen. Denn mit höherem geht davon aus, dass die Länder mit Alter werden die chronischen und aku niedrigem Einkommen in den nächsten ten Leiden größer, so dass die Gesund Jahrzehnten doppelt so schnell wachsen heitsausgaben überproportional wach wie die Länder mit hohem Einkommen. sen: Ein 45- bis 64-jähriger Deutscher Mit höherem Wohlstand nimmt der Kon verbraucht im Schnitt gut 3.000 Euro an sum von qualitativ höherwertigen Gesundheitsdienstleistungen im Jahr, Gesundheitsleistungen zu. So betrug der ein 65- bis 84-jähriger knapp 6.000 Euro Pro-Kopf-Verbrauch an Gesundheitslei und bei einem über 85-jährigen sind es stungen in den USA 2008 rund 1.500 USD sogar knapp 12.000 Euro (siehe pro Jahr, während er in China oder Schaubild 19). Indien nur bei rund 200 USD lag. 2. Der medizintechnische Fortschritt ermög • Gleichzeitig dürften die längere Lebens- licht höhere Heilungschancen und längere erwartung der Bevölkerung in den Indus Lebenszeiten – auch mit chronischen trienationen – jedes Jahr steigt sie um Erkrankungen. Durch die engere Verzah rund drei Monate – sowie der wachsende nung mit anderen noch jungen Technolo 21
Analysen & Trends Schaubild 19: Länger leben – mit chronischen Krankheiten. Krankheitskosten je Altersklasse in Deutschland (in EUR p. a.) 16.000 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 unter 15 15-29 30-44 45-64 65-84 85+ Gesamt Altersgruppe Frauen Männer Quelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes, „Gesundheit und Krankheit im Alter“, 2009; Darstellung: Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse giebereichen wie der Bio- und Nanotechno 4. Im Gesundheitssektor findet eine zuneh- logie ergeben sich in der Diagnose und der mende Ökonomisierung statt. Zum einen ist Therapie neue Wachstumsmärkte. So ist es eine Entwicklung erkennbar, bei der sich z. B. bereits möglich, mit Nanorobotern Leistungserbringer im Gesundheitswesen Medikamente gezielt im Blutkreislauf zu zunehmend an Modellen aus der Privat platzieren. Oder es lassen sich durch wirtschaft orientieren. Nicht nur ökono Enzyme in der Biotechnologie gezielt Impf mische Prinzipien, wie das der Effizienz, stoffe oder Antibiotika herstellen. Auch werden die medizinische Wertschöpfungs eine verbesserte Diagnostik durch den kette stärker prägen, sondern ebenso wer Datenaustausch von Körperfunktionsdaten den sich auch Kostenverursacher zuneh über das Internet ist ein noch junger Markt. mend an den Kosten für Gesundheit beteiligen. Beispiele finden sich bereits 3. Vor allem in den alternden Wohlstandsge einige, z. B. höhere Versicherungsprämien sellschaften der Industrieländer ist ein für Raucher oder Schadensersatzzah Wertewandel hin zu mehr eigenverantwort lungen der Tabakindustrie. Gleichzeitig fin licher Gesundheitsvorsorge und aktiver det eine zunehmende Liberalisierung im Körperfitness zu beobachten. Auf dem Sektor statt. Und schließlich werden Pati Gesundheitsmarkt rückt neben der Hei enten auch immer mehr zu Konsumenten, lung von Krankheiten zunehmend die deren Bedürfnisse im Vordergrund stehen. Erhaltung von Gesundheit in den Fokus. Die So entwickelte sich Gesundheit bereits in Folge ist ein sich noch stärker ausdifferen der Nahrungsmittelindustrie oder in der zierender Gesundheitsmarkt, der sich vom Sportartikelbranche zunehmend zu einem regulierten Angebots- zum Nachfrage bedeutenden Vermarktungsthema. markt entwickelt. Dabei können neue Dienstleistungen und Produkte rund um die Themen gesunde Nahrungsmittel (Bio kost, „Functional Food“), „Personal Health“, Gesundheitsberatung und -prävention sowie Wellness entstehen. 22
Analysen & Trends Fazit Auch wenn die Haupt- und Nebenrollen im 6. Kondratieffzyklus noch nicht klar vergeben Bereits heute ist absehbar, dass vorhandene sind, scheinen die Wurzeln bereits gelegt. Technologien und Materialien an ihre tech Die zeitlich nah aufeinander folgenden Kri nologischen Grenzen stoßen werden. Ob sen der „TMT-Bubble“ und der jüngsten Megatrends auf der Nachfrageseite, wie Glo Finanzkrise markieren vielleicht schon den balisierung und Demografie, oder Megat Beginn des 6. Kondratieffzyklus. Ein Zyklus, rends auf der Angebotsseite, wie Umwelt in dem der Wohlstand vermutlich in langen technologie, die Bereiche kleinster Wellen weiter rollt. Strukturen oder ganzheitliche Gesundheit: Alle haben nicht nur das Potenzial, langfri Voraussichtlich wird die Zeit des Umbruchs stig Produktivitätsschübe für die Weltwirt nach der Finanzkrise noch eine Weile andau schaft auszulösen, sondern verfügen gleich ern. Für langfristig orientierte Anleger kann zeitig über das Leistungsvermögen einer es sich jedoch empfehlen, die jüngste Krise gesamtgesellschaftlichen Einflussnahme. als Chance zu nutzen, um frühzeitig auf der Innovative Produkte und Dienstleistungen sechsten Welle des Kondratieffs mitzureiten. dürften sich eine neue Nachfrage erschlie ßen, die vermutlich zunächst aus den Indus dn trieländern wachsen wird. 23
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