DER BEITRAG DER UN-DEKADE 2005 - 2014 ZU VERBREITUNG UND VERANKERUNG DER BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG - HORST RODE, GERD MICHELSEN
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Der Beitrag der UN-Dekade 2005 – 2014 zu Verbreitung und Verankerung der Bildung für nachhaltige Entwicklung Horst Rode, Gerd Michelsen Bildung | Wissenschaft | K ULTU R | Kommunikation
Herausgeber Deutsche UNESCO-Kommission e.V. (DUK) Langwartweg 72 53129 Bonn Fon: +49-(0)228-688444-0 Fax: +49-(0)228-688444-79 E-Mail: sekretariat@esd.unesco.de www.bne-portal.de Redaktion Gerd Michelsen / Horst Rode Fotos: Titelseite DUK/Studnar; S.4 Gorilla/Fotolia.com; S. 11 UNESCO/Andrew Wheeler; S. 25 Mediaserver Hamburg/C. Spahrbier; S. 28 DBU-Archiv; S. 31 Bayerische Verwal- tungsstelle Biosphärenreservat Rhön; S. 59 istockphoto.com/spekulator; S. 62 Markus Schieder/Fotolia.com Gestaltung: MediaCompany GmbH Druck: VAS Verlag Auflage: 1.000 ISBN: 978-3-940785-37-4 Bonn, 2012 Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier
Inhalt Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund der Studie. .................................................................................................................................................... 5 2 Datenlage und Datenquellen........................................................................................................................................... 8 3 Entwicklung der UN-Dekade.................................................................................................................................... 10 3.1 Konzeptionelle Entwicklungen............................................................................................................................... 10 3.1.1 Ebene der UN: International Implementation Scheme (IIS). .............................................. 11 3.1.2 Nationale Ebene: Nationaler Aktionsplan (NAP)............................................................................. 13 3.1.3 Ebene der Bundesländer: Aktionspläne der Länder....................................................................... 17 3.1.4 Lokale Ebene: Die Projekte......................................................................................................................................... 21 3.2 Zahl der Projekte und Verteilung nach Region und Trägerschaft................................. 24 3.2.1 Regionale Verteilung........................................................................................................................................................... 26 3.2.2 Struktur der Projektträger............................................................................................................................................... 29 3.3 Die UN-Dekade als Diffusionsprozess für BNE – Zwischenbilanz........................... 30 4 Ergebnisse der quantitativen Studie. ................................................................................................................. 31 4.1 Vorüberlegungen zur Datenauswertung....................................................................................................... 31 4.2 Voraussetzungen und Reichweite........................................................................................................................ 32 4.3 Verbreitung von BNE: Ziele der Projekte und Verbreitungsansätze. ....................... 45 4.4 Hindernisse für die Projektumsetzung und die Verbreitung von BNE................... 53 5 Die UN-Dekade als Diffusionszentrum für BNE.............................................................................. 55 Literatur. .............................................................................................................................................................................................. 60 Anhang 1: Fragebogen für laufende Projekte........................................................................................................................ 63 Anhang 2: Fragebogen für abgeschlossene Projekte. ................................................................................................... 72 3
UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung Der Beitrag der UN-Dekade 2005 – 2014 zu Verbreitung und Verankerung der Bildung für nachhaltige Entwicklung
UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung 1 Hintergrund der Studie Im Jahre 2002 haben die Vereinten Diese Vorhaben werden zum Teil über die Nationen (UN) die Weltdekade „Bildung Auszeichnungsperiode von zwei Jahren für nachhaltige Entwicklung“ (2005 – hinaus fortgesetzt. 25 Projekte befinden 2014) ausgerufen. Die Umsetzung dieser sich bereits in der vierten Auszeichnungs- Dekade ist nach den schulischen Program- periode. Darüber hinaus gibt es in jedem men der Bund-Länder-Kommission für Jahr eine große Zahl neuer Aktivitäten, Bildungsplanung und Forschungsförde- die vor ihrer Auszeichnung stehen bzw. rung (BLK) „21“ und „Transfer 21“ die sich um eine Auszeichnung bewerben. eine weitere nationale Aktivität zur Eta- Die Zahl der Bewerbungen erreicht aktuell blierung, Verbreitung und Stabilisierung die Zahl von 2500 (Stand: Februar 2012). der Bildung für nachhaltige Entwicklung Diese Entwicklungen belegen, dass die (BNE) in Deutschland. Im Vergleich zu Bildungsaktivitäten im Rahmen der UN- den BLK-Programmen geht die Deka- Dekade in Deutschland expandieren und de jedoch über den schulischen Bereich lassen damit erwarten, dass die Dekade deutlich hinaus und bezieht alle Bildungs- einen Beitrag zur Verbreitung und Ver- segmente bis hin zur informellen Bildung stetigung von BNE leistet. Diese Prozesse ein. Vor diesem Hintergrund benennt sind aber noch nicht systematisch erfasst der „Nationale Aktionsplan“ (NAP) die und bedürfen einer möglichst präzisen vier zentralen Ziele der UN-Dekade: Beschreibung, um künftige Bemühungen um Verbreitung gezielter und wirkungs- n Weiterentwicklung und Bündelung der voller unterstützen und so einen Beitrag Aktivitäten sowie Transfer guter Praxis zur weiteren Verstetigung von BNE leisten in die Breite, zu können. n Vernetzung der Akteure der BNE, Die UN-Dekade ist mit ihren unterschied- n Verbesserung der öffentlichen lichen Gremien, Maßnahmen, Arbeits- Wahrnehmung der BNE, gruppen und pro Jahr mit rund 300 parallel laufenden ausgezeichneten Einzelprojek- n Verstärkung internationaler ten eine stabil laufende Initiative, die vom Kooperationen. Elementarbereich über allgemeine und be- rufliche Bildung, Hochschulen, Erwachse- Innerhalb der UN-Dekade werden Projek- nenbildung bis hin zur informellen Bildung te und Kommunen für ihr herausragendes alle Bildungsbereiche erreicht und umfasst. Engagement im Bereich BNE ausgezeich- net. Die Zahl der ausgezeichneten Projekte Untersuchungsfelder und ist seit Beginn der Dekade auf nunmehr Fragestellungen über 1400 angestiegen. Diese Projekte stellen einen Bezug zu den strategischen Dieser hohe Grad an Komplexität und Zielen des NAP her, weisen einen Bil- Vielschichtigkeit macht eine Fokussie- dungsanspruch im Sinne von BNE aus, rung der Begleitforschung sinnvoll. Die beschreiben ihre Reichweite und benennen Verbreitungsstrategien und -bedingungen zu erwartende Ergebnisse bzw. Produkte. in der UN-Dekade werden vor diesem 5
UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung Hintergrund unter zwei zentralen Aspek- politischer oder gesellschaftlicher Inno- ten betrachtet: vationen beschreiben, analysieren und deren weiteren Verlauf prognostizieren n Dynamik des Feldes. BNE entwickelt können. Für diesen Zweig der Forschung im Zusammenhang mit der UN-Dekade wird der Begriff der Diffusionsforschung und darüber hinaus eine erhebliche Dy- (Rogers, 1995; Warford, 2002) geprägt. namik – aktuell nicht zuletzt auch durch Für den Bildungsbereich ist diese Dis- die Diskussion um den Klimaschutz kussion erheblich jünger. In Deutschland und die verstärkte Nutzung erneuerbarer beginnt die Debatte um Implementation Energien nach den Ausstiegsbeschlüssen und Dissemination im Anschluss an die zur Atomenergie. Diese politisch-gesell- großen, mehrere Bundesländer umfassen- schaftliche Dynamik leistet vermutlich den BLK-Modellversuche der 90er Jah- einen Beitrag für die weitere Ausbreitung re und ihrer Fortsetzungen, die teilweise und Verankerung von BNE und dürfte erst vor wenigen Jahren abgeschlossen damit die Verbreitungsbemühungen im wurden. Erste intensivere Forschungsar- Rahmen der Dekade verstärken. beiten, für die sich der Arbeitsbegriff der „Transferforschung“ durchgesetzt hat, lie- n Verbreitungsstrategien auf der Ebene gen zu Modellversuchen in der beruflichen der Einzelprojekte als Kern der empi- Bildung vor. Die Nutzung, Sicherung und rischen Untersuchung. Hier ist zu un- möglichst flächendeckende, zeitlich über- tersuchen, inwieweit die Zielsetzung dauernde Verbreitung der gewonnenen „Verbreitung“ überhaupt Eingang in Erkenntnisse über Prozesse und Inhalte Projektplanung und -durchführung aus diesen Modellversuchen wurde zuletzt gefunden hat. Bei fortgeschrittenen bereits in der wissenschaftlichen Beglei- Projekten ist zu analysieren, ob es ver- tung berücksichtigt. Zusätzlich gibt es breitungsfähige oder verbreitungs- Forschungsprojekte, die sich mit der Ver- werte Ergebnisse gibt. Hier ist auch breitung von Innovationen nach Abschluss Fragen nach der Art der Aufbereitung der Modellversuche befassen (Nickolaus der Ergebnisse und der genutzten Ver- et al., 2010). Auch wenn im Folgenden breitungswege nachzugehen. Darü- einige Überlegungen zur Erforschung der ber hinaus ist der Blick auch darauf zu Verbreitungsbedingungen für Innovati- richten, ob bestimmte Zielgruppen oder onen diskutiert werden, so muss man be- Teile der Öffentlichkeit gezielt ange- achten, dass dieses Forschungsfeld immer sprochen werden. Vor diesem Hinter- noch neu und wenig erschlossen ist und grund werden zum Erhebungszeitpunkt sich in erster Linie auf formale Bildungs- laufende Projekte und zum Erhebungs- prozesse im schulischen Bereich richtet. zeitpunkt bereits abgeschlossene Projek- Informelle Lerngelegenheiten hingegen te untersucht. wurden bislang kaum betrachtet. Diese Ansätze lassen sich daher nur begrenzt Theoretische Grundlagen auf eine komplexe Initiative wie die UN- Dekade anwenden. Seit den 20er und 30er Jahren des ver- gangenen Jahrhunderts werden Ansätze Aus den verschiedenen Überlegungen zu entwickelt, die die Verbreitung hauptsäch- Transfer und Diffusion wurde ein Analy- lich technischer, in geringerem Maße auch serahmen für die Aktivitäten im Rahmen 6
UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung der UN-Dekade entwickelt. Dabei war zu u. ä. orientieren, nur begrenzt anwendbar. beachten, dass der größte Teil der Akti- Diffusion oder Transfer können deswe- vitäten eher im non-formellen Bereich gen nur fragmentarisch sichtbar werden. der Bildung angesiedelt ist und somit die Allerdings können sowohl Transfer- als für das allgemeine und berufliche Schul- auch Diffusionsmodelle die Analyse der wesen formulierten Konzepte und damit Dekade-Aktivitäten strukturieren helfen. verbundene Operationalisierungen ver- Darüber hinaus bilden sie eine Grundlage mutlich nicht vollständig angemessen für Operationalisierungen, die für einen sind. Auf der anderen Seite sollte man empirischen Zugang besonders zu den die Dekade, für die sich in verschiedenen Projekten notwendig sind. Bundesländern beispielsweise Unterstüt- zungssysteme und übergreifende Koope- Vor diesem Hintergrund wurde ein Ana- rationsstrukturen entwickeln und festigen lyserahmen entwickelt, der die Voraus- auch nicht als ein reines Diffusionsprojekt setzungen (Motivationen und Anlässe begreifen. Die UN-Dekade unterscheidet für die Beteiligung an der UN-Dekade, sich aber auch von Modellversuchen, die Erwartungen zum Nutzen der Teilnah- einen für alle Beteiligten verbindlichen me), die Reichweite (Nutzung von Kom- konzeptionellen Rahmen und in der Re- munikationswegen, lokale und regionale gel eine für alle Beteiligten ebenfalls ver- Ausrichtung der Projekte, Sicherung von bindliche und klar definierte Zielsetzung Ergebnissen), die Einschätzung ver- innerhalb eines ebenfalls eng umschrie- breitungswerter Inhalte und Umset- benen Kontextes haben. Bei einem breit zungshürden in den Blick nimmt. Die angelegten Vorhaben wie der UN-Dekade Operationalisierung wurde in Teilen in ist der Modellcharakter weniger deutlich Anlehnung an Überlegungen von Nicko- – es geht nicht um die Entwicklung ei- laus et al. (2006) vorgenommen, da die nes dann verbreitet anwendbaren Imple- Ausbreitung von Innovationen dort sehr mentations- oder Anwendungsmodells, konkret beschrieben und analysiert wird, sondern um eine Vielfalt an (Bildungs-) auch wenn dies an Hand der eher stärker Zugängen zur nachhaltigen Entwicklung formalisierten Modellversuche im Schul- in unterschiedlichen Kontexten und in bereich geschieht. allen Bildungssegmenten. Die Mischung aus Elementen formellen Transfers im Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Rahmen beispielsweise von interminis- Analyserahmens ist die Frage, welche teriellen Arbeitsgruppen in verschiede- Ansätze zur Verbreitung von BNE in den nen Bundesländern und den von diesen Maßnahmen und besonders den Projekten Arbeitsgruppen koordinierten Maßnah- mitgedacht werden und wie Schnittstel- men und von Elementen der Diffusion len für eine mögliche Rezeption gestaltet in den einzelnen Projekten begrenzt die werden. Die Frage, ob eine Verbreitung Anwendbarkeit. Auch dort, wo keine angestrebt oder unterstützt wird, stellt formellen Strukturen aufgebaut oder sich im Grunde nicht: Erste Überlegun- schwach ausgeprägt sind, sind sowohl gen zum Transfer bzw. zur Verbreitung Transfermodelle, die sich auf Modell- von BNE sind eine Voraussetzung für versuche beziehen lassen, als auch Dif- die Anerkennung als offizielles Dekade- fusionsmodelle, die sich an Prozessen bei Projekt und müssen bereits bei der der Etablierung von Produktinnovationen Bewerbung formuliert sein. 7
UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung 2 Datenlage und Datenquellen Quantitative Befragung zur Steigerung der Zahl ausgefüllter Fra- gebogen musste der ursprünglich auf vier Die quantitativen Befragungen der laufen- Wochen veranschlagte Erhebungszeitraum den und abgeschlossenen Dekade-Projekte erheblich verlängert werden. Die letzten wurden auf der Grundlage der Datenban- auswertbaren Fragebogen erreichten Lüne- ken der Berliner Arbeitsstelle beim Vor- burg nach bis zu sechs Erinnerungen erst sitzenden des UNESCO-Nationalkomitees im Jahr 2009. als Vollerhebungen unter den Projekten konzipiert. Zu Beginn der Befragung Insgesamt ergaben sich trotz der erforder- im Herbst 2008 waren in der Projekt- lichen häufigen Erinnerungen sehr zufrie datenbank insgesamt 696 ausgezeichnete denstellende Rücklaufquoten von 60% Projekte enthalten, die bei 497 verschiede bei den laufenden und 43% bei den abge nen Projektträgern liefen. In Einzelfällen schlossenen Projekten (vgl. Tab. 1). Bei wurden bis zu sieben teils sehr unter der Bewertung des Rücklaufs zeigt sich, schiedliche Projekte pro Projektträger dass die Aussagefähigkeit der Daten durch durchgeführt. 367 der gelisteten Projekte die Teilnahme von Trägern mit mindestens waren im Erhebungszeitraum als lau zwei Projekten etwas eingeschränkt wird. fende und 229 als abgeschlossene Projek- In 11 Fällen wurde von der gleichen Per- te einzustufen. Die Daten beider Gruppen son je ein Fragebogen zu laufenden und von Projekten wurden mit spezifischen abgeschlossenen Projekten ausgefüllt. In Fragebogen im Online-Verfahren erhoben. diesen Fällen wurde nur der Fragebogen Wegen der notwendigen Rücklaufpflege für laufende Projekte in die Auswertung 8
UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung einbezogen, so dass 87 Fragebogen für Die empirischen Teilstudien wurden abgeschlossene Projekte verbleiben. Die durch die Nutzung verschiedener Da- Rücklaufquotne sind sowohl für die lau- ten und Dokumente der Dekade ergänzt. fenden als auch die abgeschlossenen Pro- Dazu gehören unabhängig von der Aus- jekte durchweg zufriedenstellend. 193 zeichnung aufbereitete Angaben aus laufenden Projekten konnten darüber hi- der Projektdatenbank zu allen Projekten naus Angaben aus den vorliegenden Be der UN-Dekade, die Antragsunterlagen werbungsunterlagen zur Auszeichnung als eines großen Teils der Projekte, Unter- Dekade-Projekt zugeordnet werden. lagen zum NAP und Unterlagen zu den Aktionsplänen und Aktivitäten in den Dokumente und Datenbanken Bundesländern. Ein Teil der Angaben in den Antragsunterlagen wurde codiert Eine die Fragebogen ergänzende Daten- und in die Datensätze der laufenden und quelle sind die Bewerbungsunterlagen abgeschlossenen Projekte integriert. für die Auszeichnung als Dekade-Projekt, von denen ein großer Teil (2005-2009) Die in der Projektdatenbank enthaltenen einer Analyse zugänglich ist. Zusätzlich Informationen wurden nach Projektträ- konnte auf die gebündelten Veröffent- gern mit mehreren Projekten, Projektträ- lichungen von Kurzd ars tellungen der gertyp mit dem Fokus auf die Beteiligung Projekte zurückgegriffen werden, die von Schulen, Fortsetzungsanträge sowie erstmals im Zuge der Auszeichnungs die Entwicklung der Gesamtzahl der Pro- veranstaltung in Erfurt (26.09.2008) jekte analysiert. Dabei werden Projekte herausgegeben wurden. bis zur Auszeichnungsveranstaltung im Frühjahr 2010 berücksichtigt. Laufende Abgeschlossene Projekte Projekte Projekte in der Datenbank 367 (100%) 229 (100%) * Fragebogenaufrufe 301 (82%) 146 (64%) Ausgefüllte Fragebogen 221 (60%) 98 (43%) Zugeordnete Anträge auf Auszeichnung 193 als offizielles Dekade-Projekt ** Projektträger mit mindestens 2 Projekten 43 16 Dopplungen zwischen laufenden und 11 abgeschlossenen Projekten * 5 Fragebogen wurden in Papierform versandt ** 28 Projekten, von denen ein Fragebogen vorlag, konnte kein Antrag zugeordnet werden, da die Projektbezeichnung im Fragebogen nicht der im Antrag entsprach und die Projektnummer nicht angegeben wurde. Tab. 1: Grunddaten der quantitativen Studien zu den Dekade-Projekten 9
UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung 3 Entwicklung der UN-Dekade 3.1 Konzeptionelle Entwicklungen Die konzeptionellen Entwicklungen in nen der UN-Dekade angeschlossen; der UN-Dekade verlaufen auf unter- Aktivitäten finden in allen Ländern schiedlichen Ebenen mit unterschiedli- statt. In einigen Ländern werden die chen Merkmalen und unterschiedlichen Aktionspläne regelmäßig fortgeschrie- Geschwindigkeiten und Intensitäten: ben. Konzeption und Aufbau lehnen sich deutlich an den NAP an. Es wer- n E bene der UN. Seit 2005 gibt es das den Maßnahmen definiert und Stütz- „International Implementation Scheme systeme aufgebaut. Allerdings werden for the United Nations Decade of Edu- nur selten der Zielerreichungsgrad der cation for Sustainable Development“ Maßnahmen und die Qualität der Akti- (IIS), das Hinweise für mögliche Ko- vitäten untersucht. operationen, potenzielle Akteure und Vorgehensweisen auf lokaler, nationa- n L okale Aktivitäten. Hierzu zählen vor ler und internationaler Ebene enthält. allem die Projekte, die in den quantita- Darüber hinaus werden Leitlinien und tiven und qualitativen Studien detail- Vorschläge für eine Verbreitung und lierter untersucht worden sind. Hinzu Verankerung von BNE unterbreitet. kommen die ausgezeichneten Kommu- Das IIS muss auf die vielen nationalen nen und Landkreise. und vor allem kulturellen Unterschiede und die damit verbundenen Schwer- Die UN fügen zwischen der nationalen punktsetzungen und Ziele Rücksicht und internationalen Ebene noch eine nehmen. Es bleibt daher auf einer „regionale“ Ebene ein, die sich auf die allgemeinen Ebene und lässt große UN-Regionen bezieht, die jeweils größere Gestaltungsspielräume. geographische Räume mit mehreren Staa- ten umfassen. Auf der anderen Seite gibt n N ationale Ebene. Ziele und Leitlinien es keine Entsprechung für die regionalen sind auf der nationalen Ebene in Besonderheiten und Abgrenzungen inner- Deutschland im Nationalen Aktions- halb föderalistischer Staaten wie Deutsch- plan (NAP) formuliert. Der erste NAP land. wurde 2005 vorgelegt und 2009 und 2011 fortgeschrieben (u. a. Aktualisie- Die verschiedenen Dokumente der Deka- rung der Maßnahmen, 2011 Strategie de werden analog den Anforderungen für die zweite Dekadehälfte). Für jede einer Konzeptevaluation (Rossi et al. Maßnahme werden spezifische Ziele 1999) betrachtet. Im Mittelpunkt steht die und Indikatoren der Zielerreichung Frage, ob die beschriebenen Ziele, Ziel- festgelegt. erreichungskriterien und Konzepte geeig- net sind, einen Beitrag zur weiteren n B undesländer. Elf der 16 Bundeslän- Verbreitung, Verankerung und Populari- der haben sich mit eigenen Aktionsplä- sierung von BNE zu leisten. 10
UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung 3.1.1 Ebene der UN: International der Gedanke an Vernetzungen und Bünd- Implementation Scheme (IIS) nissen deutlich im Mittelpunkt: „With such an enormous and diverse group of Im IIS von 2005 werden Vorschläge und potential partners, there is a need to focus Leitlinien für eine Ausdehnung und Ver- on networks and alliances“ (UN 2005, ankerung von BNE unterbreitet. Das IIS S. 6). Den Akteuren jeder Ebene werden formuliert keine Transfer- oder Diffusi- spezifische Aufgaben zugeordnet, auf lo- onsstrategie, gibt jedoch Hinweise für kaler Ebene (subnational level) etwa „in- mögliche Kooperationen, potenzielle Ak- tegrate ESD into regular learning teure und Vorgehensweisen auf lokaler, activities and programmes“ (ebenda), auf nationaler und internationaler Ebene. Ak- nationaler Ebene für die Bildungsadmi- tionspläne der Bundesländer, z. B. Ham- nistration beispielsweise „provide a natio- burg, beziehen sich ausdrücklich auf das nal policy framework for ESD“ oder IIS. „budget and mobilize resources“, für NGOs und gesellschaftliche Netzwerke Das IIS geht von einem „Partnership/ „facilitate exchange and information sha- Alliance“-Ansatz aus, der Akteure aus ring among their members about ESD der öffentlichen Verwaltung und Politik practices and experiences“ (ebenda, S. 7). („Government“), aus der Zivilgesellschaft Der lokalen Ebene werden konkrete und von NGOs sowie Private (Einzelper- Handlungen und die Entwicklung konkre- sonen, Firmen) zusammenführen soll. ter Handlungsoptionen, der nationalen Dieser Ansatz wird auf die lokale, natio- Ebene die Erstellung eines Rahmens und nale und internationale Ebene und die unterstützende Funktionen, wie die dort tätigen Akteure bezogen. Dabei steht Setzung politischer Prioritäten und die 11
UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung Vorhaltung von Informationen für die Ak- ten, die sich zu einem guten Teil im teure, zugewiesen. Die Kooperation zwi- Ansatz der Gestaltungskompetenz wie- schen den Ebenen bewegt sich sehr stark derfinden. Besonderes Augenmerk er- im informellen und wenig verbindlichen halten Lehrerbildung und -fortbildung. Bereich. Vorschläge für den Aufbau von Stützsystemen und die Ebenen enger ver- n R esearch, development and innovati- knüpfenden Kooperationsformen finden on umfasst einerseits die begleitende sich kaum. Im Vordergrund stehen umfas- Forschung und Entwicklung auf al- sende Möglichkeiten gesellschaftlicher len Ebenen und die Entwicklung von Gruppen, im Gesamtprozess zu partizipie- Lernumgebungen und -settings, die ren (ebenda, S. 9). BNE fördern. Dazu gehört auch die (pädagogische) Methodenentwicklung. Die sieben Strategien „for moving for- ward“ beschreiben im Anschluss, welche n U se of information and communica- Vorgehensweisen BNE international in tion technologies beschreibt die wich- den stark divergierenden nationalen Kon- tige Rolle, die diese Technologien aus texten fördern können: Sicht der UN für die Entwicklung und Durchführung eines großen interna- n V ision-building and advocacy bezeich- tionalen Projekts haben. Besonders net die Entwicklung von Vorstellungen die Funktion als Lernplattform wird zu einer nachhaltigen Gemeinschaft, hervorgehoben. Einschränkende Be- verbunden mit der Einbeziehung aller dingung ist der noch nicht überall potenziellen Akteure und Anspruchs- gegebene Zugang zu diesen Technolo- gruppen in die Kommunikation und gien. Entwicklung zur Verbreitung der Nach- haltigkeitsidee. n M onitoring and evaluation wird als wichtiger Baustein für die Bewertung n C onsultation and ownership bezieht der Wirkungen und der durch die De- sich auf partizipative Ansätze zur Ver- kade angestoßenen Entwicklungen ge- breitung der Nachhaltigkeitsidee unter sehen. Von besonderer Bedeutung ist Einbeziehung der verschiedenen An- die Aussage, dass die Aktivitäten in spruchsgruppen. Die öffentliche Ver- laufende und bestehende Prozesse inte- waltung wird als Rahmengeberin und griert werden sollen und daher von Initiatorin für partizipative Prozesse Anfang an evaluativ zu beobachten gesehen. sind. n P artnership and networks umfasst die Im Mittelpunkt des IIS stehen Vernetzun- Kooperation und Vernetzung zwischen gen und die partizipative Einbindung ei- verschiedenen Akteuren im Rahmen ner breiten Palette unterschiedlicher von BNE. Besonders betont wird die Akteure. Das eher programmatische IIS Notwendigkeit eines regelmäßigen ge- macht keine expliziten Aussagen über genseitigen Konsultationsprozesses. Mechanismen, die die weitere Verbrei- tung und Implementation von BNE unter- n C apacity building and training bein- stützen. Dies erscheint nachvollziehbar, haltet die Entwicklung von Fähigkei- wenn man bedenkt, dass es abhängig von 12
UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung kulturellen, ökonomischen, ökologischen und sozialen Hintergründen in den Mit- gliedsstaaten der UN unterschiedliche Verständnisse und Schwerpunkte von BNE gibt (Rieckmann, 2010). 3.1.2 Nationale Ebene: Nationaler Aktionsplan (NAP) Grundlage für die nationalen Aktivitäten in Deutschland ist der Nationale Aktions- plan (NAP), der 2005 erstmals aufgestellt und 2008/09 und 2011 fortgeschrieben wurde. Der erste NAP setzt vier zentra- le Ziele für die UN-Dekade, von denen gleich das erste Ziel eng mit der Weiter- verbreitung von BNE verbunden ist (NAP 2005, S. 10ff.): 1. „Weiterentwicklung und Bündelung der Aktivitäten sowie Transfer guter Praxis in die Breite“. Unter dieser dem Gesichtspunkt der Verbreitung Überschrift werden mehrere Zielbe- und Stabilisierung von BNE hervor- reiche für unterschiedliche Bildungs- zuheben. bereiche formuliert: frühkindliche Bildung, allgemeinbildende Schule 3. „Verbesserung der öffentlichen Wahr- unter Berücksichtigung der Ergebnis- nehmung der Bildung für nachhaltige se und Produkte des BLK-Programms Entwicklung“. Durch eine verstärk- „21“ und des Nachfolgers „Trans- te Information der Bürgerinnen und fer-21“ sowie unter Verbindung mit Bürger soll Einfluss auf Bildungsan- außerschulischen Lernangeboten, gebote ausgeübt werden. Darüber hi- Hochschulen und Weiterbildung. naus wird eine verstärkte Präsenz der Nachhaltigkeitsthematik in den Medi- 2. „Vernetzung der Akteure der Bildung en angestrebt. für nachhaltige Entwicklung“. Dieses Ziel bildet deutlich eine Zielsetzung 4. „Verstärkung internationaler Koope- des IIS ab. Besonders das Teilziel in- ration“. Unter der Perspektive einer tensiverer lokaler Vernetzung (public- Verbreitung von BNE erscheint der private-partnerships) und der Aufbau Austausch von Beispielen guter Praxis von Stützsystemen durch „zentrale in einem europäischen Rahmen beach- fachliche Servicestellen und geschulte tenswert. Ergebnisse aus Deutschland Multiplikatoren, auch im Bereich der sollen europäisch sichtbar werden und beruflichen Bildung, der Hochschu- Ergebnisse und Produkte aus anderen len, der außerschulischen Bildung und Ländern sollen BNE in Deutschland des informellen Lernens“, sind unter anreichern. 13
UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung Zur Erreichung dieser vier übergrei- hinaus wird ein weiterer Ausbau des In- fenden Ziele werden in den NAP ver- ternetportals der Dekade zur Dokumen- schiedene Maßnahmen aufgenommen, tation und Bereitstellung von Beispielen die sich zu einem beachtlichen Teil auf guter Praxis in Aussicht gestellt. Nahezu bereits zu Beginn der Dekade laufende unverändert bleiben die übrigen Teilzie- Aktivitäten beziehen und damit Ansatz- le, die nach vor wie alle Bildungsberei- punkte für eine Verstetigung bieten. Die che betreffen. Zu beachten ist, dass die Maßnahmen umfassen sowohl Aktivitä- Fortschreibung des NAP den Stand vom ten auf Bundes-, Länder- und regionaler Juli 2008 wiedergibt, so dass Aktions- Ebene unter fallweiser Einbeziehung pläne einzelner Bundesländer (z. B. Bay- auch nicht-öffentlicher Partner. Jedem ern), die erst später aufgestellt wurden, der vier Ziele sind entsprechende Maß- dort noch nicht berücksichtigt sind. nahmen zugeordnet. Überprüfungs- und Erfolgskriterien sind jeweils maßnah- Auch das zweite zentrale Ziel (Vernet- menspezifisch formuliert. 27 der insge- zung) bleibt unverändert. Die Teilziele samt 61 Maßnahmen betreffen Ziel eins, bleiben ebenfalls unverändert. Das dritte 16 Ziel zwei und je 9 die Ziele drei und Ziel (Verbesserung der Wahrnehmung vier. Einige Maßnahmenträger (z. B. von BNE in der Öffentlichkeit) wird VENRO, BANU) sind an mehr als einer um ein neues Teilziel ergänzt, das die Maßnahme beteiligt. Von Bedeutung ist Sichtbarmachung von BNE im Rahmen in diesem Zusammenhang, dass der NAP lokaler Initiativen durch die Auszeich- nicht als statisch, sondern als dynamisch nung von Projekten und Kommunen angesehen wird, wie die beiden inzwi- hervorhebt. Das vierte zentrale Ziel (In- schen erfolgten Fortschreibungen und ternationale Kooperation) bleibt mitsamt Ergänzungen belegen. Es ist insbeson- seiner Teilziele unverändert. Insgesamt dere vorgesehen, den Maßnahmenkata- geschieht bei den Zielen und Teilzielen log ständiger Beobachtung und Revision der Dekade ein sehr sparsamer Fort- zu unterziehen. Die Maßnahmen können schreibungsprozess, bei dem offenbar einen Beitrag zur Diffusion von BNE konzeptioneller Stabilität der Vorzug leisten, indem sie ein breites Spektrum gegenüber einer größeren Veränderungs- von Zielgruppen ansprechen und diese geschwindigkeit gegeben wird. Auch in die BNE-gerichteten Aktivitäten ein- dies unterstreicht den Diffusionscharak- binden, stützende (Netzwerk-)Strukturen ter der UN-Dekade in Deutschland. aufbauen und am Leben erhalten. Dafür spricht auch, dass die Dekade wei- NAP-Fortschreibung 2008/09 terhin dezentral umgesetzt werden soll. Weiter heißt es: „Lokale Aktivitäten, Die Fortschreibung des NAP ab 2009 Kommunen und Projekte können weiter- hält an den vier zentralen Zielen fest. hin als Offizielle Dekadeprojekte/Kom- Unter Ziel 1 (Transfer guter Praxis in munen bzw. Städte der Weltdekade in die Breite) wird den Entwicklungen seit die UN-Dekade aufgenommen werden. 2005 Rechnung getragen: Als Teilziel Auf diese Weise soll der vielfältigen Bil- kommt die Aufstellung von Landesak- dungslandschaft Deutschlands Rechnung tionsplänen und deren Fortschreibung getragen und das lokale Engagement in allen Bundesländern hinzu. Darüber unterstützt werden“ (NAP 2009, S. 16). 14
UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung Im Unterschied zum NAP von 2005 ent- vier von nur noch 5 Maßnahmen ver- hält die Ausgabe 2009 Kriterien für die folgt wird. Der NAP 2008/09 weist 66 Aufnahme von Aktivitäten in den Maß- Maßnahmen aus, der NAP von 2005 61 nahmenkatalog (NAP 2009, S. 18), die Maßnahmen. Bis 2010 erhöhte sich die auch Verbreitungs- und Verstetigungs- Zahl der Maßnahmen auf 72. aspekte benennen: So muss mindestens eines der vier zentralen Ziele adressiert Unverändert bleiben die Organe der De- werden, die Dimensionen der BNE müs- kade als Stützsysteme. Dazu gehören das sen berücksichtigt werden und es sind Nationalkomitee, die Jury für die Aus- Methoden und Mechanismen zu entwi- zeichnung der Projekte, die beiden Ko- ckeln, die zeigen, wie sich BNE in ver- ordinierungsstellen in Berlin und Bonn schiedenen Bildungsbereichen verankern sowie der Runde Tisch mit wechselnden lässt. Wichtig ist auch das Kriterium der Zusammensetzungen und die verschiede- Reichweite: Es sollen auch Menschen nen Arbeitskreise auf nationaler Ebene. außerhalb der Maßnahme erreicht wer- Einige Länder übernehmen diese Struktu- den – national wie international. Betont ren analog in ihre eigenen Aktionspläne. wird an dieser Stelle der Modellcharakter, der eine Umsetzung der Ergebnisse „auch Die Verbindung zwischen Bundes- und in anderen Bildungskontexten“ ermögli- Länderebene erfolgt vornehmlich über chen soll. Mit diesen Anforderungen geht den bundesweiten Runden Tisch, an eine „Ergebnisorientierung“ einher, die dem alle Länder vertreten sind. Im Nati- ebenfalls die Übertragbarkeit in andere onalkomitee sind die Länder durch zwei Kontexte fordert. Ein letztes Kriterium ist KMK-Vertreter repräsentiert. Viele Ver- die formale Korrektheit der Anträge im bindungen zwischen den Ebenen Bund, Sinne der UN-Dekade. Diese Anforde- Land und lokales Projekt verlaufen eher rungen zur Anerkennung als Dekade- indirekt, beispielsweise über Verbände Maßnahme nehmen auch Transfer- bzw. wie ANU oder VENRO und andere In- Diffusionsaspekte in den Blick. teressenvertretungen. Die Einbeziehung von Medien und Kommunikationsunter- Die Struktur der Maßnahmen ähnelt der nehmen auf der Bundesebene definiert die aus dem Jahre 2005. Entfallen sind ab- Schnittstelle zu einer breiten Öffentlich- geschlossene Maßnahmen wie etwa das keit und kann Verbreitung bzw. Diffusion BLK-Programm „Transfer-21“. Hinzu- fördern. gekommen sind Maßnahmen auf Lände- rebene, da acht Länder zwischen 2005 NAP-Fortschreibung 2011 und 2009 eigene Aktionspläne aufgestellt haben, die auch im NAP ihren Nieder- Die vier grundlegenden Ziele des NAP schlag fanden. Besonders zum ersten werden auch in der Forschreibung 2011 zentralen Ziel ist eine Ausweitung der unverändert beibehalten. Ein neues Ele- Maßnahmen zu beobachten, dessen Errei- ment ist die „Strategie für die zweite De- chung nunmehr 33 Maßnahmen dienen. kade-Hälfte“. Die Dekade soll verstärkt 15 Maßnahmen nehmen sich dem Ziel die Leistungsfähigkeit von BNE zeigen: der Vernetzung an, während Ziel drei „Für Akteure außerhalb der BNE muss (Verbesserung der öffentlichen Wahr- deutlich werden, warum sie sich für BNE nehmung) von 13 Maßnahmen und Ziel öffnen sollten“ (NAP 2011, S. 71). Ein 15
UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung besonderer Fokus wird noch einmal auf Nach diesen Kriterien sind aktuell 33 die formelle Bildung und dort den Schul- Maßnahmen ausgewählt, die allerdings bereich gelegt. Hierauf richtet sich eine nicht im NAP geführt werden. Reihe von Empfehlungen, die Bildungs- träger von der frühkindlichen Bildung über Ein zweiter zentraler Schwerpunkt der die Schule bis hin zur beruflichen Aus- Strategie für die zweite Dekade-Hälfte ist und Weiterbildung in den Blick nehmen. die „Steigerung der öffentlichen Sichtbar- Dabei wird – besonders für den berufli- keit von BNE“ (NAP 2011, S.73f.). Dies chen Bereich – noch einmal auf die Leis- soll durch eine Verstärkung der Aktivitä- tungspotenziale von BNE hingewiesen: ten in Richtung neue Medien, aber auch BNE-geschulte Mitarbeiter seien aufgrund die Einpassung von Dekade-Inhalten in ihres Reflexionsvermögens motivierter, existierende Sende- und Publikationsfor- ein Unternehmens-Engagement macht mate klassischer Medien unter Einbindung sich durch die Einsparung von Ressourcen von Journalisten erreicht werden. Auch die rasch bezahlt. Einbeziehung neuer fachlicher Zielgrup- pen und Bündelung von Kommunikations- Der NAP 2011 enthält keine Maßnah- strategien im Hinblick auf die Erreichung men. Die laufenden Maßnahmen werden einer breiteren Öffentlichkeit wird als einer Revision unterzogen, die Kriterien konkrete Aktivität für die nahe Zukunft denen der Einzelprojekte angepasst. Alle genannt. Maßnahmen sind aufgefordert, sich einer erneuten Bewerbung und damit Prüfung Hinzu kommen eine Intensivierung der zu unterziehen. Dabei werden drei Anfor- internationalen Aspekte und Verankerung derungen für Maßnahmen festgelegt, die von BNE sowie eine engere Kooperati- über die bisherigen Anforderungen hinaus- on mit der Privatwirtschaft. Dazu gehört gehen (NAP 2011, S. 66): die Empfehlung, Wirtschaft und Konsum in den Aktivitäten der BNE deutlicher 1. D ie Aktivitäten haben einen „politisch- hervortreten zu lassen und die Manage- strategischen“ Anspruch, ment-Ebene für BNE zu sensibilisieren. Schließlich gelten weitere Empfehlungen 2. D ie Reichweite muss „mindestens einer Intensivierung der Zusammenarbeit überregional“ sein, mit Kommunen, beispielsweise über das Konzept „Lernende Regionen“, wobei ie Aktivitäten „prägen die Bildungs- 3. D BNE durchaus als „Standortfaktor für die landschaft nachweislich auf Dauer, das Kommunen“ hervorgehoben werden soll. heißt, sie sind deutlich über das Ende Als Beleg können die Entwicklungen in der Dekade 2014 hinaus wirksam.“ den bisherigen Kommunen der Dekade dienen (NAP 2011, S. 75f.). 16
UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung 3.1.3 E bene der Bundesländer: Schwerpunkte sichtbar. So werden etwa Aktionspläne der Länder1 in Mecklenburg-Vorpommern oder auch Rheinland-Pfalz bedingt durch entspre- Elf Bundesländer haben analog zum chende Vorarbeiten und Vorerfahrungen NAP eigene Aktionspläne mit spezifi- deutliche Schwerpunkte in ökologienahen schen Zielsetzungen und Maßnahmen Bereichen, wie etwa der Waldpädagogik, aufgestellt: Baden-Württemberg, Bayern, gelegt, während in Hamburg und Thürin- Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg- gen eine sehr breite und alle Bildungsbe- Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, reiche umfassende thematische Palette Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-An- bearbeitet wird. halt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Diese Aktionspläne werden in einigen Die folgende Synopse der Länder-Akti- Ländern in unterschiedlichen Abstän- onspläne umfasst sechs Kriterien: die re- den fortgeschrieben (z. B. Hamburg und gelmäßige Fortschreibung, die Zahl und Thüringen jährlich, Sachsen-Anhalt al- Struktur der Maßnahmen in den Ländern le drei Jahre, vgl. Tabelle 2). Alle Akti- verbunden mit den Kriterien für die Auf- onspläne enthalten Überlegungen und nahme in die Maßnahmenkataloge, die Mechanismen, die unterschiedliche Bil- Kompatibilität zum NAP, die Ausprägung dungsbereiche und Aktivitäten, teilweise von Stützsystemen für BNE und die The- explizit im Sinne lebenslangen Lernens, matisierung von Transfer und Diffusion in die UN-Dekade einbinden. Dabei von BNE. kommen auch Aktivitäten zum Zuge, die bereits vor der UN-Dekade begon- Regelmäßige Fortschreibung nen haben. Durch die Fortschreibung werden auch aktuelle Entwicklungen In den meisten Ländern mit eigenem Ak- (z. B. Diskurs zum Klimaschutz) abgebil- tionsplan ist eine Fortschreibung vorgese- det und damit Teil der Dekade-Aktivitä- hen oder wird bereits vollzogen. So gibt ten. Länder ohne Aktionsplan entfalten es beispielsweise im Saarland, in Baden- ebenfalls koordinierte Aktivitäten: so bet- Württemberg und Sachsen-Anhalt bisher tet beispielsweise Hessen die Dekade in eine Fortschreibung, während Thüringen die „Nachhaltigkeitsstrategie für Hessen“ einen jährlichen Rhythmus erreicht. Die ein; Bremen hat ein BNE-Netz eingerich- letzten Aktualisierungen haben in diesen tet und Niedersachsen nutzt vorhandene Ländern zum Zeitraum 2009/2010 stattge- Strukturen wie die Regionalen Umwelt- funden. Die übrigen Länder haben ihre zentren und verändert seine Lehrpläne Pläne zwischen 2007 und 2009 aufge- und auch die zweite Phase der Lehrkräfte- stellt, so dass es noch nicht zu Fortschrei- Ausbildung deutlich in Richtung BNE. bungen und Revisionen gekommen ist. Die zeitlichen Abstände zwischen den In den vorliegenden Aktionsplänen Fortschreibungen sind dementsprechend der Länder werden durchaus differente sehr unterschiedlich. Gelegentlich wird die Fortschreibung der Aktionspläne an andere Aktivitäten im Bereich nachhalti- ger Entwicklung gekoppelt, beispielswei- 1 D ie Aktionspläne der Länder werden mit den notwendigen Angaben im Literaturverzeich- se in Rheinland-Pfalz, wo ein Anschluss nis aufgeführt. an die Entwicklung der Landesagenda 17
UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung Jahr des Erscheinens bzw. der Fortschreibung Land 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Reinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Tabelle 2: Übersicht über die Länderaktionspläne im Rahmen der UN-Dekade stattfindet. Insgesamt lässt sich feststel- nahme in den NAP gefunden haben. Der len, dass die Länder bemüht sind, BNE Katalog wird nach Bildungsbereichen auf diesem Wege zu stabilisieren und eine differenziert. Mecklenburg-Vorpommern weitere Implementierung zu fördern – listet 82 Maßnahmen auf, die teilwei- wenn auch in unterschiedlichen Ausprä- se nach Regionen (Schwerin, Rostock, gungen (vgl. Tabelle 2). Stralsund-Greifwald, Neubrandenburg) gegliedert sind. Wie auch in Hamburg Länderspezifische Maßnahmen mit seinen 116 den einzelnen Bildungs- bereichen zugeordneten Maßnahmen Im Zuge der Aufstellung ihrer Aktions- gibt es in Mecklenburg-Vorpommern pläne haben einige Länder eigene Maß- mehr Maßnahmen als Projekte. Ähn- nahmenkataloge zusammengestellt, aber lich sind die Verhältnisse in Thüringen nicht in jedem Fall beibehalten oder wei- mit 101 Maßnahmen, die Sachgebieten terentwickelt, wie die nachfolgenden (u. a. Klimaschutz und Energie, Gesund- Beispielen zeigen. So verzeichnet Bayern heit und Entwicklung, Arbeit, Fami- 43 Maßnahmen21, von denen fünf Auf- lie und Soziales) zugeordnet sind, und Schleswig-Holstein mit einer Zuordnung nach Bildungsbereichen und inhaltlichen Kategorien mit Nachhaltigkeitsaffinität 2 D ie Anzahl der Maßnahmen wurde an Hand der jeweils jüngsten Fortschreibungen der (z. B. Verbraucherbildung). In Thüringen Aktionspläne ermittelt. werden allerdings seit der Fortschreibung 18
UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung des Aktionsplans 2006 keine Maßnahmen Kompatibilität zum NAP mehr genannt, sondern nur noch die im Land angesiedelten Projekte aufgeführt. Fast alle Länderaktionspläne weisen in Sachsen-Anhalt ordnet seine 29 Maßnah- ihren Zielsetzungen und den für eine Un- men den Bildungsbereichen vom Kinder- terstützung der UN-Dekade notwendigen garten bis zur Erwachsenenbildung zu. Strukturen und Gremien ein hohes Maß Wichtigstes Strukturierungsmerkmal der an Kompatibilität zum NAP auf (z. B. Kataloge sind die unterschiedlichen Bil- Einrichtung Runder Tische). Gelegentlich dungsbereiche und weniger die im NAP werden zusätzlich noch länderspezifische formulierten Kernziele der Dekade. Zielsetzungen formuliert. So kommen als Ziele in Thüringen noch die Eröffnung Nur wenige Länder formulieren explizit von Handlungsmöglichkeiten für Bürge- Qualitätskriterien für Maßnahmen bzw. rinnen und Bürger, die Schlüsselrolle von im Land zu fördernde Projekte. So wa- Bildung und Erziehung hinzu. Bayern ren in Thüringen am Beginn der Dekade nennt explizit Innovation und Transfer das Vorhandensein einer „Zeitleiste“ und als ein weiteres Ziel neben den vier Zie- überprüfbare Kriterien zur Zielerreichung len des NAP. Mecklenburg-Vorpommern wichtig. Sachsen-Anhalt ergänzt die- ordnet seinen Aktionsplan in das Kon- se Kriterien um maßnahmenspezifische zept lebenslangen Lernens ein und rich- Überprüfungskriterien, die ähnlich wie in tet die Zielsetzungen entsprechend aus. Schleswig-Holstein von der Anzahl ein- Der Aktionsplan für Schleswig-Holstein bezogener Akteure über die erfolgreiche greift als einziger die Ziele des NAP nicht Durchführung von Veranstaltungen bis explizit auf und vermittelt nur wenige zur Produktion von Materialen o. ä. rei- Bezüge. chen. Für zu fördernde Projekte im Land stellt das Saarland einen vergleichsweise Ausprägung von Stützsystemen umfangreichen Katalog von Qualitätskri- für BNE terien zusammen, die sich einerseits an den NAP anlehnen, andererseits darüber Als Stützsysteme werden überwiegend hinaus gehen. Bemerkenswert sind die bereits existierende Strukturen ge- Kriterien praktischer Nutzen, Übertrag- nutzt. Beispiele sind die in verschiede- barkeit und öffentliche Wahrnehmung, nen Ländern laufenden Kampagnen zur die Transferaspekte in den Blick nehmen. Verankerung der BNE in der täglichen Schulpraxis (Internationale Agendaschu- Die Überprüfung der Zielerreichung wird len, Zukunftsschulen), Initiativen zur Ein- in allen genannten Ländern maßnahmen- beziehung des außerschulischen Bereichs spezifisch formuliert. Dies erschwert eine (z. B. außerschulische BNE-Partner in Bewertung von Fortschritten im Sinne der Schleswig-Holstein, Netzwerke unter Be- vier Ziele des NAP und lässt kaum eine teiligung staatlicher Stellen und NGOs, vergleichende Betrachtung von Struktu- wie beispielsweise im Saarland oder unter ren und deren Tragfähigkeit innerhalb der Einbeziehung von Kirchen, Gewerkschaf- Maßnahmen zu. Darüber hinaus ist die ten und Einrichtungen der Erwachsenen- Diagnose problematischer Verläufe bei bildung wie in Bayern). Hamburg und stark differierenden Zielsetzungen und Thüringen sind Beispiele für den Aufbau Prozessgestaltungen kaum möglich. neuer oder den grundlegenden Umbau be- 19
UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung stehender Strukturen. So gibt es in Ham- ren soll ein Prozess initiiert werden, an burg die behördenübergreifende Initiative dessen Ende die Bildung für nachhaltige „Hamburg lernt Nachhaltigkeit (HLN)“ Entwicklung in allen Bildungsbereichen oder die Vereinigung staatlicher Einrich- implementiert und zum selbstverständ- tungen und NGOs in den „Nachhaltig- lichen Bildungsbestandteil geworden ist keitszentren“ Thüringens. Kennzeichnend (Aktionsplan Baden-Württemberg 2005, für vorhandene und neu gebildete Stütz- S. 2).“ In Bayern wird ein Handlungs- systeme ist die Einbeziehung eines mög- feld „Innovation und Transfer“ definiert. lichst breiten Spektrums von Akteuren. Hamburg nennt die Qualifizierung von Multiplikatoren und die Verankerung von In einzelnen Ländern (z. B. Bayern, BNE in Richtlinien, während sich Meck- Baden-Württemberg, Thüringen) wird lenburg-Vorpommern auf die Vermitt- die Dekade unter Nutzung öffentlicher lung von Gestaltungskompetenz als Ziel Mittel auch personell unterstützt. Gelder konzentriert. Das Saarland benennt 2009 fließen auch in Kampagnen, wie etwa Arbeitsfelder und Zielgruppen und ver- für Agenda- oder Zukunftsschulen (z. B. weist auf die 87 in das BLK-Programm Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Schles- „Transfer-21“ involvierten Schulen des wig-Holstein, Mecklenburg-Vorpom- Landes. Schleswig-Holstein sieht in einer mern). Insgesamt zeigt sich das Bemühen stärkeren Fort- und Weiterbildung von um die Stützung einer breiten Veran- Lehrkräften sowie in der Verankerung kerung von BNE in den verschiedenen von BNE in die Curricula verschiedener Bildungsbereichen und innerhalb der Bildungsbereiche wichtige Ziele zur Un- Gesellschaft. Allerdings bleibt oft un- terstützung von BNE. klar, wer welchen Beitrag in welcher Verantwortung leistet. Diese Unschärfen Länder mit annährend jährlicher Fort- erschweren eine Form von Evaluation, schreibung der Aktionspläne tendieren die auf der Grundlage definierter Zielset- auch zu einer stärkeren Thematisierung zungen den Zielerreichungsgrad misst, der Diffusion und Stabilisierung von die förderlichen Prozesse und problema- BNE. Allerdings treten bei den Bemü- tischen Verläufe beschreibt und daraus hungen auch immer wieder die unter- Empfehlungen für den weiteren Verlauf schiedlichen BNE-Verständnisse in den herleitet. Ländern zutage: Es gibt Ansätze die sehr deutlich im Umweltbereich verwurzelt Verbreitung und Stabilisierung sind und dabei BNE und Umweltbildung von BNE parallel oder nahezu synonym verwen- den (z. B. Mecklenburg-Vorpommern). Implementierung, Verankerung und Ver- Auf der anderen Seite gibt es Versuche, breitung (Diffusion) von BNE werden in eine möglichst große thematische Breite der Mehrzahl der Länder-Aktionspläne mit vermuteter oder erwarteter BNE-Re- thematisiert. Ins Auge fällt, dass dies levanz herzustellen (z. B. Bayern), ohne überwiegend auf der Ziel- aber kaum auf dass jedoch eine immer nachvollziehbare der Prozessebene geschieht. Typisch ist Strukturierung erfolgt. Meilensteine für eine Formulierung aus dem Aktionsplan eine Ausdehnung der BNE in die Breite für Baden-Württemberg: „In Zusam- oder Gedanken zur Relation zwischen menarbeit mit nichtstaatlichen Akteu- dem Einsatz zeitlicher, finanzieller und 20
UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung personeller Ressourcen und angestrebten vier zentralen Ziele der UN-Dekade er- Zielen finden sich in keinem der länder- reicht werden sollen. spezifischen Aktionspläne. Die überwiegende Zahl der Auszeich- Die Aktionspläne der Länder lassen sich nungsanträge enthält konkrete Vorstel- insgesamt als Referenzrahmen des Mög- lungen zu einer Weiterverbreitung von lichen interpretieren. Es gelingt, viele BNE. Bei 21,5% der Anträge sind aller- Akteure unter dem Dach der Dekade zu- dings die konzeptionellen Vorstellungen sammenzuführen und damit eine große nicht auf konkrete geplante Aktivitäten Zahl und Bandbreite BNE-gerichteter bezogen, sondern eher als allgemeine Aktivitäten anzustoßen. Man muss aller- Zielsetzung formuliert. Favoriten bei den dings in Rechnung stellen, dass nicht alle Ansätzen zur Verbreitung von BNE sind Länder Aktionspläne aufgestellt haben der Aufbau von Kooperationsstrukturen und dass nicht überall eine regelmäßige und Vernetzungen (26,2%) sowie die Fortschreibung stattfindet. Für die Bewer- Bereitstellung von Materialien und Infor- tung von Maßnahmen liefert der jüngste mationen auf unterschiedlichen medialen NAP Kriterien, die vielleicht auch in die Wegen (Broschüren, oft Internetpräsenz). Länderaktionspläne Eingang finden könn- Mit großem Abstand folgen die Gewin- ten. nung und Schulung von Multiplikatoren (15%) und die Implementation der eige- 3.1.4 Lokale Ebene: Die Projekte nen Ergebnisse in anderen Einrichtungen und Kontexten, z. B. die Übertragung Die Verbreitung von BNE wird in den von Schule zu Schule oder auf verwandte Antragsunterlagen angesprochen und ist Strukturen in einem anderen Bundesland eine Voraussetzung für die Auszeichnung (13,1%). Ein durch Institutionen gestütz- als offizielles Dekade-Projekt. Diese Fra- ter Transfer wird bei knapp 4%, die ge- ge bildet die Vorgehensweise innerhalb zielte Ansprache neuer Zielgruppen bei der Dekade-Projekte ab, mit denen die knapp 5%, genannt (vgl. Abb. 1). % 30 20 10 0 Implementation strukturen und Schulung von Institutionen neue Informationen Multiplikatoren Transferkonzept in andere Netzwerke Material und Kooperations- gestützter Zielgruppen Kontexte nicht erkennbar Transfer Abb. 1: Inhaltliche Schwerpunkte der Transferansätze in den Bewerbungsunterlagen (N = 965) 21
UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung Die nähere Analyse der Bewerbungsun- BNE bei Projektträger und Projekt- terlagen macht deutlich, dass die Form beteiligten fokussiert ist. der Abfrage von Verbreitungsansätzen nicht unproblematisch ist. So gibt es Hin- n einige Bewerber den Gedanken der weise darauf, dass „best practice“ stark in den Vorder- grund stellen, jedoch hinsichtlich der n m anche Bewerber nicht zwischen Umsetzungschancen nicht ganz sicher Nachhaltiger Entwicklung und BNE sind: „Neben der praktischen Umset- differenzieren. So heißt es etwa in ei- zung steht jedoch die Aufklärung ganz nem der Anträge: „Das Thema Nach- wesentlich im Vordergrund. Sollte sich haltigkeit wird in den Freizeitbereich der Modellcharakter dieses Projektes der Menschen getragen. Im Rahmen durch Übertragung auf andere Schu- von Wanderungen oder Radtouren len erfüllen, wäre das ‚Good Practice’ schaffen die Natur-Trails Gelegen- Prinzip weitgehend erfüllt.“ heiten zur informellen Weiterbildung über Natur- und Umweltschutz.“ Ana- Insgesamt versuchen die Antragsteller, loge Formulierungen finden sich in die Frage nach dem Transfer konstruktiv mehreren Anträgen. zu beantworten. Dabei zeigt sich jedoch, dass der bei den Bewerbungen gebrauch- n m anche Bewerber den Begriff des te Transferbegriff den Bewerbern für die Transfers nicht im Sinne einer Ver- Auszeichnung nicht immer klar ist. Dar- breitung und Stabilisierung von BNE über hinaus muss man auch berücksich- sehen, sondern eher im Sinne der An- tigen, dass nicht alle Antragsteller mit wendung von Gelerntem (das ist der solchen Verfahren vertraut sind und sich „klassische“ Transferbegriff). Mitunter beim Formulieren der Anträge schwertun. werden auch beide Aspekte vermischt. Aus diesem Grunde wird auf Zusatzinfor- So heißt es in einem Antrag: „Der mationen zurückgegriffen, die über die eindeutige Schwerpunkt liegt in der Internet-Auftritte, Durchsicht von Veran- Verbesserung der öffentlichen Wahr- staltungsprogrammen oder Telefonate mit nehmung von Bildung für nachhaltige den Antragstellern gewonnen werden. Entwicklung. Diese findet nicht nur in- stitutionalisiert und räumlich gebunden Die Frage nach dem Transfer ist nur eine statt, sondern kann auch mit dem Frei- aus einem ganzen Katalog von Fragen, zeitverhalten und Erholung in der frei- die bei der Bewerbung für eine Aus- en Landschaft verbunden werden. Der zeichnung zu beantworten sind. Trans- Lernprozess verläuft eher unbewusst.“ feraspekte sind auch in Fragen nach der Verankerung, der Übertragbarkeit von In einem anderen Fall heißt es stich- Produkten und Ergebnissen, Partizipa- wortartig: „Erweiterung der Aktivitä- tionsmöglichkeiten für die vom Projekt ten des Vereins […] und Erschließung berührten Gruppen, der Benennung von neuer Geldquellen durch Sponsoring“. Zielgruppen und Formen der Öffentlich- Hier lässt sich eher ein Transfer- keitsarbeit enthalten. Damit werden die verständnis erkennen, dass auf eine Ziele des NAP abgebildet und die An- Verankerung und Stabilisierung von tragsteller auf diese Ziele hin orientiert und verpflichtet. 22
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