Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen - Kompetenzorientiertes Curriculum für die Europäische Dimension und das Interkulturelle ...
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Gesellschaft für europäische Bildungsprojekte e. V. Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen Kompetenzorientiertes Curriculum für die Europäische Dimension und das Interkulturelle Lernen
Impressum Herausgeber: Gesellschaft für europäische Bildungsprojekte e.V. im Auftrag des Hessischen Kultusministeriums Verantwortlich: Daniel Rück-Hofmann Redaktion: Maria-Luise Campen-Schreiner, Werner Damm, Hizniye Dursun, Petra Klein, Reimund Krönert, Kerstin Mathie, Margit Rippert, Stephan Rollmann, Daniel Rück-Hofmann, Ronald Seffrin Titelfoto /Layout: Muhr – Design und Werbung Druck: Druckkollektiv, Gießen Bestelladresse: Koordinationsstelle Hessische Europaschulen Staatliches Schulamt für den Lahn-Dill-Kreis und den Landkreis Limburg-Weilburg Frankfurter Straße 20-22 35781 Weilburg Hinweis: Als Online-Fassung finden Sie diese Publikation auch auf der Internetseite der GeB: www.geb-online.de Veröffentlichung: August 2008 2
Gesellschaft für europäische Bildungsprojekte e. V. Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen Kompetenzorientiertes Curriculum für die Europäische Dimension und das Interkulturelle Lernen Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 3
Vorwort Vorwort Im Jahre 2003 wurde das erste Europäische Curri- Der in letzter Zeit vorgenommene Paradigmen- culum der Hessischen Europaschulen veröffentlicht. wechsel in der pädagogischen Diskussion, der sich Durch die Zusammenarbeit der verschiedenen sowohl auf die Outputsteuerung (Zentrale Prüfun- Schulformen war es gelungen, ein Curriculum zu gen; Vergleichsarbeiten; Überprüfung der Bil- verfassen, das sich von den Lehrplänen besonders dungsstandards) als auch auf die geänderte Input- darin unterschied, dass die Inhalte der verschiede- steuerung (Bildungsstandards; Lehrplanrevision; nen Fächer aufeinander bezogen wurden. Das Eu- Lernfeldarbeit) bezieht, sollte dabei mit berücksich- ropäische Curriculum wurde in den darauf folgen- tigt werden. den Jahren schrittweise in den Unterricht der Hessi- schen Europaschulen implementiert. Die Weiterentwicklung des Europäischen Curriculums wurde im Rahmen von mehreren Tagungen durch Kol- Zum damaligen Zeitpunkt wurde aber auch festge- leginnen und Kollegen der Hessischen Europaschu- stellt, dass die Europaschulen ihr Curriculum auf der len geleistet. Zusätzlich wurde der Prozess durch die Grundlage der pädagogischen und wissenschaftli- wissenschaftliche Begleitung des Programms, Prof. Dr. chen Diskussion weiter entwickeln werden. Marlies Krainz-Dürr, und durch die Mitglieder der Steu- ergruppe begleitet. Jürgen Wrobel und Dr. Ulrich An- Die Erfahrungen aus der Arbeit mit dem Europäi- dersch standen während der Tagungen als externe schen Curriculum, aber auch die Entwicklung von Berater den Arbeitsgruppen zur Verfügung. Beson- Bildungsstandards und die Kompetenzorientierung ders hilfreich war außerdem die Zusammenarbeit mit von Kerncurricula haben die Europaschulen zu der vom HKM eingesetzten Arbeitsgruppe Europa im einem neuen Ansatz geführt. Im Rahmen einer Ver- Unterricht. Mit den vorhandenen Unterrichtsbeispie- anstaltung zum Thema „Möglichkeiten einer ergeb- len konnten die Arbeitsergebnisse überprüft und ggf. nisorientierten Qualitätsentwicklung in den Hessi- verändert werden. schen Europaschulen“ stellte Dr. Brigitte Steinert vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogi- Das nun vorliegende weiterentwickelte und kompe- sche Forschung (DIPF) Schwerpunkte der Weiter- tenzorientierte „Curriculum für die Europäische Di- entwicklung des Europäischen Curriculums dar. mension und das Interkulturelle Lernen“ stellt Insbesondere die Frage, welche spezifischen Kom- einleitend die Grundlagen der Hessischen Europa- petenzen Schülerinnen und Schüler im Laufe ihrer schulen dar. In diesem Zusammenhang werden in Schullaufbahn an einer Hessischen Europaschule er- Verbindung mit dem Hessischen Referenzrahmen werben, stand im Mittelpunkt der Diskussion. Dabei für Schulqualität einzelne Bereiche bezüglich ihrer wurde der Fokus auf die Sprachliche Bildung, die Spezifikation für Europaschulen differenziert darge- Mathematisch-Naturwissenschaftliche Bildung sowie stellt. auf die Politische Bildung gelegt. Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 4
Das Profil In dem zentralen Teil werden die Bildungsbereiche Broschüre der Gesellschaft für europäische Bil- der Sprachlichen, der Mathematisch-Naturwissen- dungsprojekte e.V. zu sehen, die konkrete Beispiele schaftlichen und der Politischen Bildung unter dem der Anwendung von verschiedenen Evaluationsme- Gesichtspunkt der Kompetenzorientierung ausfor- thoden darstellt.1 muliert. Trotz der unterschiedlichen Vorgehenswei- sen der drei Arbeitsgruppen ist hier versucht wor- Zusätzlich zu den dargestellten Bildungsbereichen den, auf der Basis von gleichen Grundlagen ein für nimmt auch die Ästhetische Bildung einen beson- die Leserin / den Leser nachvollziehbares und an- deren Stellenwert in den Europaschulen ein. Dabei wenderfreundliches Curriculum zu entwickeln. Kon- motivieren die Kolleginnen und Kollegen ihre Schü- krete Anwendungsbeispiele und Evaluationsmög- lerinnen und Schüler, ästhetische Bildung als ge- lichkeiten, von denen auch viele über das Internet meinsame Kulturleistung der Völker Europas und abrufbar sind, sollen dabei als Hilfe dienen. Auch die der Welt zu verstehen. In den vielfältigen Aus- Berufliche Bildung ist in die drei oben genannten tauschprojekten, die Europaschulen durchführen, ist Bereiche eingearbeitet. der Bereich der ästhetischen Bildung ein wesentli- cher Bestandteil der Begegnung, da kulturelle The- Die Kompetenzformulierungen gehen auf den An- men und Projekte besonders geeignet sind, satz zurück, dass kognitive und affektive Lernpro- Kontakte zu knüpfen und gemeinsam Kreativität und zesse in die Handlungsprozesse der Schülerinnen interkulturelle Lernerfahrungen zu ermöglichen. In und Schüler eingebunden sind. Finden sich in den der hier vorliegenden Version des Curriculums wird verschiedenen Bildungsbereichen bestimmte Kom- jedoch noch nicht dezidiert auf die Kompetenzen in petenzformulierungen unter bestimmten Kompe- der Ästhetischen Bildung eingegangen. Dies wird tenzbereichen, ist diese Zuordnung eher theore- aber Kernpunkt der nächsten Weiterentwicklung tischer Natur. Im Unterricht selbst bedingen die sein, die im Herbst 2008 beginnen wird. Kompetenzbereiche einander und erst durch ihr Zu- sammenspiel, ihr wechselseitiges Durchdringen und Schließlich möchten wir den Mitgliedern der Ar- Verschmelzen wird die von den Schülerinnen und beits- und Redaktionsgruppen danken, die in den Schülern erwünschte Handlungskompetenz erreicht. gemeinsamen Tagungen das nun vorliegende Curri- culum auf den Weg gebracht haben. In Bezug auf die Überprüfbarkeit wird grundsätzlich auf eine Operationalisierung verzichtet, vielmehr Wolf Schwarz, werden den beschriebenen Kompetenzen konkrete Dr. Jürgen Charnitzky, Beispiele aus dem Unterricht zugeordnet und mög- Daniel Rück-Hofmann liche Evaluationsmethoden benannt. Im Anhang be- finden sich zusätzlich 12 exemplarische Evaluations- 1 Selbstevaluation von Unterrichtsprojekten im Schulalltag. Konzepte, Methoden und methoden. In diesem Zusammenhang ist auch die Beispiele aus dem Europaschulprogramm in Hessen. (Gladenbach Mai 2007). Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 5
Inhalt Inhalt VORWORT...................................................................................................................................................................4 DIE GRUNDLAGEN DER HESSISCHEN EUROPASCHULEN ................................................................................8 DAS LEITBILD..............................................................................................................................................................9 DIE LEITZIELE..............................................................................................................................................................9 DAS PROFIL ..............................................................................................................................................................10 Europäische Dimension und Interkulturelles Lernen...........................................................................................10 Schulentwicklung im Sinne des Hessischen Referenzrahmens ..........................................................................10 Lehren und Lernen ...................................................................................................................................................11 Führung und Management .....................................................................................................................................12 Ziele und Strategien der Qualitätsentwicklung ....................................................................................................13 Professionalität ..........................................................................................................................................................13 Schulkultur.................................................................................................................................................................14 BILDUNGSBEREICHE IM EUROPÄISCHEN CURRICULUM ................................................................................14 Begründungszusammenhang.................................................................................................................................14 Definition des hier verwendeten Kompetenzbegriffs..........................................................................................14 Bildungsbereiche als Strukturprinzip .....................................................................................................................15 KULTURELLE UND ÄSTHETISCHE BILDUNG.......................................................................................................16 Rolle und Ziele der Kulturellen und Ästhetischen Bildung .................................................................................16 Kompetenzbereiche kultureller und ästhetischer Bildung..................................................................................17 Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 6
Inhalt SPRACHLICHE BILDUNG ........................................................................................................................................17 Rolle und Ziele der Sprachlichen Bildung .............................................................................................................17 Die Kompetenzbereiche für den Sprachunterricht ..............................................................................................18 Fachkompetenz im Bereich der Sprachlichen Bildung: Mehrsprachigkeit .......................................................20 Fachkompetenz im Bereich der Sprachlichen Bildung: Berufsbezogene sprachliche Kompetenz...............21 Interkulturelle kommunikative Handlungskompetenz im Bereich der Sprachlichen Bildung ........................24 Methodenkompetenz im Bereich der Sprachlichen Bildung..............................................................................30 Persönlichkeitsbezogene Kompetenz im Bereich der Sprachlichen Bildung...................................................31 Soziale Kompetenz im Bereich der Sprachlichen Bildung ..................................................................................33 MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE BILDUNG .............................................................................35 Rolle und Ziele der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Bildung................................................................35 Kompetenzbereich in der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Bildung ....................................................35 Projektorientierter Unterricht in der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Bildung ...................................36 Fremdsprachliche Module in der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Bildung........................................40 Austausch und Projekte mit internationalem Informationsaustausch in der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Bildung..................................................................................................41 POLITISCHE BILDUNG ............................................................................................................................................48 Rolle und Ziel der politischen Bildung...................................................................................................................48 Kompetenzbereiche politischer Bildung...............................................................................................................49 Kommunikative Kompetenz im Bereich der Politischen Bildung .......................................................................50 Analytische Kompetenz im Bereich der Politischen Bildung ..............................................................................52 Interkulturelle Kompetenz im Bereich der Politischen Bildung ..........................................................................54 BERUFSROLLENSCHEMA – ARBEITSROLLE – BERUFLICHKEIT ......................................................................55 ZWÖLF EXEMPLARISCHE EVALUATIONSMETHODEN.....................................................................................56 LITERATURLISTE.......................................................................................................................................................75 NAMENSLISTE DER MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER........................................................................76 Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 7
Grundlagender Hessischen Europaschulen Die Grundlagen der Hessischen Auftrag des Landesprogramms der Hessischen Euro- paschulen ist erfüllt, wenn die Programme und Pro- Europaschulen jekte der Europaschulen anderen Schulen im Sinne Die Europäische Dimension des Lernens ist in Hessen der „lernenden Organisation” helfen, die Qualität des fester Bestandteil des Hessischen Schulgesetzes. Be- Unterrichts zu steigern. reits im ersten Teil des Gesetzes (§ 2, Absatz 4) wird die Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf die „Lernen für Europa” ist in unserer Zeit kein Schlagwort, Wahrnehmung ihrer „Aufgaben als Bürgerinnen und sondern eine Aufgabe der Schule im zusammen- Bürger in der Europäischen Gemeinschaft“ zu einem wachsenden Europa. Es geht insbesondere darum, besonderen Erziehungsauftrag der Schule erklärt. Zen- die Qualität der Schule – auch im internationalen Ver- trales Anliegen der Hessischen Europaschulen ist die gleich – zu verbessern. Schulen mit europäischem Pro- Herausbildung einer europäischen Identität ihrer fil nehmen im Interesse ihrer Schülerinnen und Schüler Schülerinnen und Schüler. ihren Bildungsauftrag in Bezug auf die Europäische Dimension wahr. Sie eröffnen Lernchancen, die das Die herausragende Stellung der Europäischen Di- Fundament für das Selbstverständnis ihrer Schülerin- mension findet ihre Ausformung im vorliegenden Eu- nen und Schüler als Bürger in einer offenen und de- ropäischen Curriculum auf der Grundlage von mokratischen europäischen Gesellschaft legen und Kompetenzformulierungen. Aufgrund der neueren damit den europäischen Integrationsprozess fördern. Entwicklung, schulische Lernprozesse im Sinne von Vergleichbarkeit, Präzisierung und Überprüfbarkeit Das vorliegende Curriculum beschreibt die Schwer- auszurichten, ist es notwendig, einen Paradigmen- punkte und formuliert Kompetenzen zur Einbindung wechsel zu Kompetenzbeschreibungen vorzunehmen. der Europäischen Dimension des Lernens in Unter- Diese orientieren sich an übergeordneten Bildungs- richtsvorhaben. Es konkretisiert sich in daraus abgelei- standards. teten Beispielen evaluierter Unterrichtseinheiten und Projekte aus der Praxis, die im Internet abrufbar sind.3 Die Weiterentwicklung des Europäschen Curriculums 2 der Hessischen Europaschulen trägt diesem Prozess Die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union vom 18. Dezember 2006 zu Schlüsselkompetenzen für lebensbegleitendes Rechnung. Dieses schärft ihr besonderes Profil und ist Lernen erstreckt sich auf folgende, im Europäischen Referenzrahmen definierte acht Bestandteil ihrer jeweiligen Schulprogramme. Schlüsselkompetenzen: 1. Muttersprachliche Kompetenz; 2. Fremdsprachliche Kom- petenz; 3. Mathematische und grundlegende naturwissenschaftlich-technische Kom- petenz; 4. Computerkompetenz; 5. Lernkompetenz; 6. Soziale Kompetenz und Dieses Curriculum verbindet fachliche mit interkultu- Bürgerkompetenz; 7. Eigeninitiative und unternehmerische Kompetenz; 8. Kulturbe- wusstsein und kulturelle Ausdrucksfähigkeit. Siehe Amtsblatt der Europäischen Union rell-kommunikativer Handlungskompetenz.2 Eine dau- L 394/13 DE (30.12.2006). ernde Verbesserung der Qualität schulischer Bildung 3 Die Unterrichtsbeispiele sind unter www.lernarchiv.bildung.hessen.de/praxeu/ ab- wird durch internationale Kooperation gefördert. Der rufbar. Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 8
Leitbild & Leitziele Das Leitbild Im Miteinander aller Schulformen arbeiten die Eu- ropaschulen in einem kontinuierlichen Prozess Die Hessischen Europaschulen fördern interkultu- der Schulentwicklung, in dem Methodenlernen relle Lernprozesse, die es ihren Schülerinnen und und Evaluation integrale Bestandteile darstellen. Schülern wie auch ihren Studierenden ermöglichen, Sie nehmen damit ihre Rolle als aktive Partner in in der Begegnung mit anderen Kulturen Verständ- einer sich wandelnden Gesellschaft verantwort- nis und Toleranz zu entwickeln, sich in der interna- lich wahr. tionalen Arbeitswelt zu bewähren, verantwortungs- bewusst mit modernen Technologien und den Res- sourcen der Umwelt umzugehen, ihre Identität als Die Leitziele politisch mündige Bürgerinnen und Bürger in einem zusammenwachsenden Europa zu festigen und auf Die Hessischen Europaschulen fühlen sich gemein- diese Weise ihre Persönlichkeit zu stärken. samen Leitzielen verpflichtet: Mit ihren Programmen und Projekten gestalten die Eu- Lehrer-, Schüler- und Elternschaft übernehmen ropaschulen offene pädagogische Räume, in denen Verantwortung für sich selbst und andere; sie Fremdes kennen gelernt und erlebt wird und in denen leben Respekt und Offenheit gegenüber der ei- sich Sprachenvielfalt, Wissen um naturwissenschaftli- genen wie den anderen Kulturen in Europa und che Zusammenhänge und die notwendige Berufsori- der Welt. entierung mit vielfältigen Formen sozialen Lernens zu interkultureller Kompetenz verbinden. In den vielfälti- Europaschulen ermöglichen im schulischen All- gen Austausch- und Begegnungsprojekten, die Euro- tag ihren Schülerinnen und Schülern, durch de- paschulen durchführen, ist auch der Bereich der mokratische Teilhabe, Mitgestaltung und Dialog- ästhetischen Bildung ein wesentlicher Bestandteil der bereitschaft aller Beteiligten, ihre individuelle Begegnung, da kulturelle Themen und Projekte be- und kollektive Identität zu entwickeln. sonders geeignet sind, Kontakte zu knüpfen und ge- meinsam Kreativität zu ermöglichen. Projekt- und handlungsorientierte Unterrichts- formen sind vorrangiges Prinzip, sie werden re- Die Hessischen Europaschulen verstehen sich selbst gelmäßig reflektiert und evaluiert. als demokratische und lernende Institutionen, deren Konzeption auf dem Gedanken der Nachhaltigkeit Transparenz, Kommunikation und Kooperati- beruht und die ihre Schülerinnen und Schüler sowie on innerhalb der Schulgemeinde und nach ihre Studierenden zur politischen Mitbestimmung in außen sind Voraussetzungen der pädagogi- einer europäischen Demokratie befähigen wollen. schen Arbeit. Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 9
Das Profil Das Profil Schulentwicklung im Sinne des Hessischen Referenzrahmens Europäische Dimension und Interkulturelles Lernen Der Unterricht an den hessischen Europaschulen wird auf die europäischen und internationalen For- derungen nach einer interkulturellen Kommunikati- ons- und Handlungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler ausgerichtet. Bei der Behandlung der in den curricularen Vorgaben festgelegten Unterrichtsin- halten in allen Fächern und Lernbereichen wird durch die Öffnung des Blickwinkels für europäische Inhalte Mehrperspektivität erreicht. Interkulturelle Arbeit wird als Unterrichtsprinzip in allen Fächern umgesetzt, um die eigene Identität in der Auseinan- dersetzung mit anderen Personen und Kulturen zu 4 entwickeln. So fördern die Europaschulen das Ziel eines friedlichen Zusammenlebens in einem ge- meinsamen europäischen Haus in globaler Verant- Das beschriebene Profil der Hessischen Europa- wortung für die Eine Welt. schulen verwendet die Begrifflichkeiten des Hessi- schen Referenzrahmens Schulqualität5 und präzi- Die sprachliche und kulturelle Vielfalt Europas wird siert die einzelnen Bereiche unter dem Gesichts- im Schulalltag an den Europaschulen berücksichtigt. punkt der oben genannten Leitbilder und Zielset- Die in der Schule vorgefundene Internationalität zungen. Im Zentrum steht der Bereich „Lehren und wird dabei als Chance gesehen, die Schule als Lern- Lernen“. Die anderen Bereiche „Führung und Ma- und Vorbereitungsfeld für das Leben in einer multi- nagement“, „Ziele und Strategien der Qualitätsent- kulturellen und globalisierten Gesellschaft zu erfahren. wicklung“, „Professionalität“ und „Schulkultur“ bilden Emotionale und soziale Fähigkeiten wie Solidarität, als Schnittmengen und Unterkategorien die Grund- Toleranz, Verständnis für die Eigenarten anderer lage und dienen der Unterstützung im Sinne einer können im täglichen Zusammenleben ständig an- umfassenden Profilbildung. gesprochen und geübt werden. 4 Grafik in Anlehnung an den Hessischen Referenzrahmen Schulqualität 5 Hessischer Referenzrahmen Schulqualität; Entwurf; Stand 05.02.2007 Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 10
Das Profil Lehren und Lernen Portfolioarbeit Europaschulportfolio der Hessischen Dieser besondere Bereich setzt Schwerpunkte auf Europaschulen der Ebene internationalen Lernens und der Metho- Europäisches Portfolio der Sprachen denkompetenz. Besondere Bedeutung erhält dabei Berufswahlpass die Förderung der Mehrsprachigkeit, des selbst- ständigen Lernens und der Öffnung von Schule vor Methodencurriculum dem Hintergrund methodischer und medialer Teamarbeit Grundkompetenzen, die sich in folgenden Akzenten Soziales Lernen hervorheben: Selbstständiges Lernen Moderne Medien Lernen in internationalen Begegnungen Präsentationstechniken Gemeinsame Projekte im Rahmen europäischer Schulpartnerschaften Öffnung von Schule Europäische Programme (Programm für lebens- Einbindung außerschulischer Lernorte und langes Lernen) Institutionen Internationale Praktika in Betrieben, Institutionen Einbindung von Experten in das schulische und sozialen Einrichtungen Bildungsangebot Thematisch orientierte Austauschprogramme Internationale Berufsorientierung Auslandsaufenthalte Schulische Netzwerke Internet-Projekte Nationale und internationale Wettbewerbe Bereitschaft zur Mobilität – Wahrnehmung der vielfältigen Begegnungsangebote Lern- und Unterrichtsarrangements Projekt- und handlungsorientierter Unterricht Fremdsprachenlernen Fachübergreifende und fächerverbindende Mehrsprachigkeit Unterrichtsvorhaben frühes Fremdsprachenlernen Teamteaching Angebote von Bilingualem Unterricht Interkulturelle Integrationsprojekte Sprachkurse Internationale Sprachprüfungen und Zertifikate Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 11
Das Profil Führung und Management Planungs- und Steuergruppe Europaschule mit Vertretern der Lehrer-, Eltern- und Schülerschaft Eltern, Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und „Gesellschaft für europäische Bildungsprojekte Lehrer sowie die Schulleitung steuern gemeinsam e.V.“ zur Unterstützung von Fortbildungsmaß- mit den außerschulischen Partnern die Schulent- nahmen und Publikationen wicklung in Übereinstimmung mit den Bestimmun- gen des Hessischen Schulgesetzes. In Planungs- Aufgaben oder Steuerungsgruppen sind die wesentlichen Konzeptionelle Weiterentwicklung unter Berück- Gruppierungen der Schule so vertreten, dass sie die sichtigung der kontinuierlichen Evaluationen und Schwerpunktbereiche des Europaschulprogramms der Partizipation aller Hessischen Europaschulen repräsentieren und die Entwicklung der Europa- Kontinuierlicher Austausch im Rahmen von re- schulen reflektieren und unterstützen können. gelmäßigen Schulleiterdienstversammlungen, regionalen und überregionalen Koordinatoren- Die zentrale Steuerung des gesamten Europaschul- tagungen programms erfolgt durch die Steuerungsgruppe im Durchführung von jährlichen Grundsatztagungen Hessischen Kultusministerium. In ihr sind neben dem aller beteiligten Gremien Ministerium, der Schulaufsicht, dem Amt für Lehrer- Berücksichtigung der Leitideen und Leitziele bei bildung, dem Institut für Qualitätsentwicklung, den der schulinternen Personalentwicklung Studienseminaren auch die wissenschaftliche Be- Zielgerichtete und programmbezogene Budge- gleitung, die Gesellschaft für Europäische Bildungs- tierung projekte und die Schulen selbst vertreten. Internes und externes Finanzcontrolling Programmcontrolling durch die genannten Gre- Gremien und Verantwortliche mien und zuständigen Staatlichen Schulämter Steuergruppe „Schulentwicklungsprogramm Hes- sische Europaschulen“ des Hessischen Kultus- ministeriums6 Wissenschaftliche Begleitung Management des Schulentwicklungsprogramms Hessische Europaschulen Europaschulkoordinatorinnen und –koordinatoren Regionalkoordinatorinnen und -koordinatoren 6 Siehe Seite 78; Mitglieder der Steuergruppe. Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 12
Das Profil Ziele & Strategien der Qualitätsentwicklung Professionalität Zur Umsetzung ihrer Ziele haben sich die Europa- Motivation, Kompetenzen und die Bereitschaft der schulen ein Schulprogramm mit europäischer und Lehrerinnen und Lehrer zu lebenslangem Lernen internationaler Orientierung gegeben. Dieses Schul- verbessern die Qualität der Bildungs- und Erzie- programm konkretisiert sich in jährlichen Aktions- hungsprozesse an Schulen. plänen, in die alle Unterrichtsvorhaben, Projekte und Austauschprogramme für ein Schuljahr mit Verant- Die zu entwickelnden Kompetenzen im Unterrich- wortlichkeiten und einem Zeitraster aufgenommen ten, Erziehen, Diagnostizieren, Beurteilen und Bera- werden. Um eine kontinuierliche Weiterentwicklung ten zielen auf schüleraktivierende Lernprozesse in der fachlichen, methodischen und schulprogram- einer heterogenen Schülerschaft. matischen Arbeit zu gewährleisten, überprüfen die Europaschulen ihre Arbeit durch regelmäßige Eva- An einer Europaschule bedeutet dies: luation des Unterrichts und der Programmschwer- Erweiterte Mitgestaltung und Mitwirkung an punkte. Evaluierte Projekte und andere Ergebnisse schulischen Entscheidungsprozessen im Rahmen werden veröffentlicht und dienen der Weiterent- des Schulentwicklungsprogramms Hessische Eu- wicklung pädagogischer Arbeit (Know-How-Transfer).7 ropaschulen Interner und externer Informationsaustausch: Schulentwicklung mit außerschulischen Partnern Systematische Lehrerausbildung und -weiterbil- z.B. wissenschaftliche Begleitung, universitäre dung mit internationaler Perspektive Unterstützung, Lehrerausbildung und -weiterbil- Systematische Weitergabe von Fortbildungsin- dung halten, auch im landes- und bundesweiten Netz- Verfahren der internen und externen Evaluation werk der Europaschulen zur Feststellung und Weiterentwicklung von Un- Kooperation im Lehrerkollegium durch Teambil- terrichtsqualität dung Schulprogramme mit europäischer und interna- Praxisreflexion durch jährliche Evaluationen mit tionaler Orientierung wissenschaftlicher Begleitung und Erfüllung der Systematische Implementierung des Europäi- Zertifizierungskriterien: schen Curriculums Europäische Dimension und Interkulturelles Zeitlich begrenzte Zertifizierung als Europaschule Lernen durch das Hessische Kultusministerium nach fest- Methodenlernen und Unterrichtsentwicklung gelegten Qualitätsstandards Schulmanagement und Qualitätssicherung Know-how-Transfer 7 Siehe www.europaschulen.de und www.lernarchiv.bildung.hessen.de/praxeu/ Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 13
Bildungsbereiche im Europäischen Curriculum Schulkultur Öffentlichkeitsarbeit in Kooperation mit der Gesellschaft für Europäische Bildungsprojekte Durch gemeinsame pädagogische Ziele aller am Bil- e.V. und im Bundesnetzwerk Europaschule e.V. dungsprozess Beteiligten (Lehrpersonal, Schülerin- nen und Schüler, Eltern, Kooperationspartner) entwickelt sich eine Schulkultur, die durch wert- Bildungsbereiche im Europäischen schätzende Zusammenarbeit Schule gemeinsam als Curriculum Lern- und Lebensraum gestaltet. Begründungszusammenhang Pädagogische Grundhaltung: Freundlicher und wertschätzender Umgang im Aufgrund der neueren Entwicklung, schulische Lern- interkulturellen Kontext prozesse im Sinne von Vergleichbarkeit, Präzisierung Kooperative Strukturen für Gestaltungsspiel- und Überprüfbarkeit auszurichten, ist es notwendig, räume einen Paradigmenwechsel von der Input- zur Output- Verantwortungsübernahme orientierung, vom „Lehrplan“8 zu Kompetenzbeschrei- Partizipation an der Organisationsentwicklung bungen vorzunehmen. Sie orientieren sich an über- des Lern- und Lebensraums Schule geordneten Bildungsstandards. Identifikation mit der Schule Demokratie leben und dabei eine Streit-, Konflikt- und Diskussionskultur entwickeln Definition des hier verwendeten Kompetenzbegriffs Schulleben: Vielfältiges, kulturell anregendes Schulleben Kompetenzen werden verstanden als: mit Angeboten zur europäischen Dimension fachbezogene Kompetenzen Kreative und motivierende Gestaltung fachübergreifende Kompetenzen von Schule und Schulalltag Handlungskompetenzen Schulgemeinschaft, soziale Integration und Zusammenleben der Kulturen Kooperation und Kommunikation nach außen: Regelmäßige Publikationsprojekte zu gelunge- nen Kooperationen im Schulumfeld, bei Unterrichtsprojekten, Schulpartnerschaften, Schüler- und Lehreraustauschprogrammen etc. 8 In diesem Sinn ist der Begriff „Lehrplan“ stellvertretend für die bisherigen curricu- laren Vorgaben aller Schulformen zu verstehen. Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 14
Bildungsbereiche im Europäischen Curriculum Sie erlauben erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten Aktivitäts- und umsetzungsorientierte Kompe- in sehr unterschiedlichen Lebenssituationen erfolg- tenzen (AUK) reich und verantwortlich zu nutzen. Sie dienen dabei (Grundlagen des Handelns). Diese Kompetenzen der Disposition, konkrete Anforderungssituationen zu sind die Grundlage für die Integration der ande- bewältigen.9 ren Kompetenzen mit dem eigenen Willensan- trieb und umfassen das Ingangsetzen und nach- Im Einzelnen beziehen sich Kompetenzmodelle auf haltige Durchführen von Handlungen. den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen10 für Sprachen und auf die Typologisierung nach Er- penbeck und von Rosenstiel 11: Bildungsbereiche als Strukturprinzip Personale Kompetenzen (PK) Die nachfolgend beschriebenen Kompetenzen dif- (Handeln an sich selbst). Hierzu gehören die ferenzieren sich in vier Strukturelemente, die als zen- Kompetenzen, „reflexiv selbstorganisiert zu han- trale Bildungsbereiche benannt sind. Im Einzelnen deln", also Selbsteinschätzung, die Entfaltung sind dies: von Einstellungen, Motivation und die persönli- che Entwicklung. Kulturelle und Ästhetische Bildung Sprachliche Bildung Fachlich-methodische Kompetenzen (FMK) Mathematisch-Naturwissenschaftliche Bildung (Handlung an der gegenständlichen Umwelt). Politische Bildung Hierzu gehören alle Kompetenzen zur Lösung von sachlich-gegenständlichen Problemen, was Um schulformübergreifend der Kompetenzorientie- sowohl Kenntnisse, Methoden und deren Wei- rung gerecht zu werden, wird bewusst auf eine fä- terentwicklung umfasst. cherbezogene Zuordnung verzichtet. Sozialkommunikative Kompetenzen (SKK) (Handlung an der sozialen Umwelt). Diese um- fassen alle Kompetenzen, kommunikativ und ko- 9 operativ zu handeln, sich mit anderen ausei- Vgl. Franz E. Weinert (Hrsg.), Leistungsmessungen in Schulen, Weinheim, 2. Aufl. 2002, S. 28 ff. und Eckhard Klieme, Was sind Kompetenzen und wie lassen sie sich nanderzusetzen und sich beziehungsorientiert zu messen?, in: Pädagogik 6 (2004), S. 10-13. verhalten. 10 Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beur- teilen, München 2001. 11 John Erpenbeck, Lutz von Rosenstiel (Hrsg.), Handbuch Kompetenzmessung: Er- kennen, Verstehen und Bewerten von Kompetenzen in der betrieblichen, pädagogi- schen und psychologischen Praxis, Stuttgart 2. Aufl. 2007. Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 15
Bildungsbereiche im Europäischen Curriculum Die vier Bildungsbereiche finden sich in einem ein- wohl für die eigene Kultur als auch für fremde Kultu- heitlich lesbaren Format wieder. Ausgehend von ren sensibilisieren will. Kompetenzbeschreibungen, Teilkompetenzbeschrei- bungen, Beispielen aus dem Schulalltag und mögli- Die Europaschulen motivieren ihre Schülerinnen chen Evaluationsmethoden differenzieren sich in und Schüler, ästhetische Bildung als gemeinsame den vier Bildungsbereichen unterschiedliche An- Kulturleistung der Völker Europas und der Welt zu sätze für Kompetenzbereiche. verstehen. Der internationale Zusammenhang sowie der Anteil der Kulturen an dieser gemeinsamen Leis- Schulinterne Evaluation wird in diesem Zusammen- tung sind Schwerpunkte der ästhetischen Bildung. hang als ein systematischer, kontinuierlicher Lern- Dazu gehören aber auch Fragen, die durch die Kom- und Arbeitsprozess gesehen, in dem vor Ort Infor- merzialisierung künstlerischen und ästhetischen mationen und Daten über das Lernen, den Unter- Schaffens und der Rezeption entstehen. richt und die Schule gesammelt werden, um aus ihnen Erkenntnisse zu gewinnen und sie zu bewer- Kulturelle und Ästhetische Kompetenz setzt ein Be- ten. Sie dient der Selbstreflexion über die Arbeit, wusstsein des lokalen, nationalen und europäischen der Weiterentwicklung der Schule, der Rechen- Kulturerbes und dessen Stellung in der Welt voraus. schaftslegung und der Demonstration schulischer Dies hilft die Bedeutung ästhetischer Ausdrucksfor- Leistungen nach außen.12 men zu verstehen. Zu den Fähigkeiten zählen sowohl die Würdigung des anderen als auch des eigenen Der im bisherigen Curriculum ausgewiesene Bildungs- künstlerischen Ausdrucks. Im Mittelpunkt zum Erwerb bereich „Arbeit, Beruf, Wirtschaft“ ist in der hier vorlie- dieser Fähigkeiten steht die kreative und künstlerische genden Fassung in den vier Bereichen eingearbeitet. Handlungskompetenz. Eigene kreative und künstleri- sche Äußerungen werden mit denen anderer vergli- chen und eröffnen Einblicke in soziale und wirt- Kulturelle und Ästhetische Bildung schaftliche Möglichkeiten einer kulturellen Aktivität.13 Rolle und Ziele der Kulturellen und Die Schülerinnen und Schüler lernen, auf der Grund- Ästhetischen Bildung lage der mit den fachlichen Inhalten und Methoden ver- mittelten Werte- und Normvorstellungen gesell schaft- Ästhetische Bildung in ihrem traditionellen Selbstver- ständnis erscheint besonders geeignet, die europäi- 12 Vgl. Broschüre der GeB e.V.: Selbstevaluation von Unterrichtsvorhaben im Schul- alltag Gladenbach 2007. sche und internationale Dimension des Lernens zu 13 Vgl. Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember fördern, indem sie die Schülerinnen und Schüler so- 2006 zu Schlüsselkompetenzen für lebensbegleitendes Lernen, Amtsblatt der Euro- päischen Union, L 394/10 DE (30.12.2006) Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 16
Sprachliche Bildung lichen Anforderungen zu begegnen. Lebenssituationen auf die eigene Sprache und Kultur. Denken und Han- können mit Hilfe kommunikativer Grundkompetenzen deln werden bereichert, Persönlichkeitsentwicklung und bewältigt, Gefühle und Vorstellungen sowohl erfasst als Identitätsbildung gefördert. auch mitgeteilt und Kritikfähigkeit gefördert werden. Der fremd-16 und herkunftssprachliche Unterricht zielt Dies dient wesentlich der Persönlichkeitsentwick- darauf, Sprachen lebenslang lernen und erweitern zu lung, das heißt der Stärkung von Selbstbewusstsein, wollen; die Neugier und Freude in der Begegnung mit Sozialkompetenz und Teamfähigkeit.14 eigenen und anderen Sprach- und Kulturbereichen zu erhalten und zu fördern. Dies geschieht durch einen Kompetenzbereiche kultureller und Unterricht, der an Interessen und Erfahrungen der ästhetischer Bildung Schülerinnen und Schüler anknüpft, individuelle Fä- higkeiten der Schülerinnen und Schüler wertschätzt Kompetenzbeschreibungen zur kulturellen und ästhe- und fördert. Er ist handlungs-, prozess- und ergebnis- tischen Bildung reduzieren sich nicht ausschließlich auf orientiert ausgerichtet. Frühes vielfältiges Sprachen- einen Bildungsbereich, sondern finden sich — unter lernen, Mehrsprachigkeit, Unterricht in der Her- dem Aspekt der Interdisziplinarität — teilweise bereits in kunftssprache sowie das Führen eines Sprachenport- den anderen Bildungsbereichen wieder. Im Rahmen folios gehören ebenso zu den Angeboten wie eine der dynamischen Weiterentwicklung dieses Curricu- Vielzahl von themenbezogenen Austauschprogram- lums ist eine spezifische Ausformulierung zu differen- men und Auslandspraktika.17 zierten Kompetenzbereichen notwendig. Kontinuierliches Methodenlernen ist fester Be- standteil des Unterrichts. Durch gezielte Angebote Sprachliche Bildung im bilingualen Sachfachunterricht werden Schüle- rinnen und Schüler auf komplexe Situationen und Rolle und Ziele der Sprachlichen Bildung somit auf eine international geprägte Lebens- und Arbeitswelt vorbereitet. Der Sprachunterricht15 an Hessischen Europaschulen trägt zu einer grundlegenden Persönlichkeitsentwick- 14 Vgl. Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Mittleren Schulabschluss Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 4.12.2003) S. 6. lung und einer umfassenden Entfaltung von Bildung 15 bei. Er sensibilisiert und motiviert zur Offenheit und To- Sprachunterricht bedeutet in diesem Zusammenhang: Deutsch als Mutter- und Zweitsprache sowie fremd- und herkunftssprachlichen Unterricht. leranz gegenüber verschiedenen Sprachen, anderen 16 Der Fremdsprachliche Unterricht beinhaltet in diesem Zusammenhang auch Ländern und Kulturen. Die Auseinandersetzung mit Deutsch als Zweitsprache in Intensiv- und Förderkursen. fremden Sprachen und Kulturen erweitert das Weltwis- 17 Siehe die von der GeB herausgegebne Broschüre: Internationaler Schüleraustausch sen der Schülerinnen und Schüler, aber auch den Blick – den Dialog wagen – grenzüberschreitend lernen, Gladenbach 2008. Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 17
Sprachliche Bildung Der bewusste Umgang mit der eigenen Sprache Die fünf Kompetenzbereiche bedingen sich gegen- und Kultur sowie interkulturelle Begegnungen mit seitig und dürfen nicht isoliert gesehen werden. Sie Literatur, Medien und kultureller Praxis leisten auch bauen aufeinander auf, ergänzen und überschnei- im Sprachunterricht einen Beitrag zur gesellschaftli- den sich. Sie beschreiben Wissen, Handlungsmög- chen Integration der Schülerinnen und Schüler. lichkeiten, Können und Haltungen. Die Kompetenzbereiche für den Sprachunterricht Die Kompetenzbeschreibungen orientieren sich an dem „Gemeinsamen Europäischen Referenzrah- men“ für Sprachen und dem o.g. Modell nach Er- penbeck und von Rosenstiel. Im Einzelnen: Handlungskompetenz: Fachkompetenz: Funktionale kommunikative Kompetenzen Kompetenzen im Bereich der Mehrsprachigkeit Berufsbezogene Sprachkompetenz Interkulturelle kommunikative Handlungs- kompetenz Diese Kompetenzen sind Teile einer umfassenden Methodenkompetenz Handlungskompetenz. Sie wird erreicht durch För- Persönlichkeitsbezogene Kompetenz derung der Mehrsprachigkeit und Flexibilität, die Soziale Kompetenz Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Weltan- schauungen und Werten, für ein angemessenes Ver- halten im In- und Ausland bei Kontakten und Begeg- nungen mit der eigenen Kultur und anderen Kultu- ren sowie die Übernahme gemeinsamer Verantwor- tung zur nachhaltigen Entwicklung durch Projekte und internationale Aktivitäten. Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 18
Sprachliche Bildung Die Teilkompetenzen sind in Anlehnung an den Ge- Berufsbezogene Sprachkompetenz meinsamen Europäischen Referenzrahmen 18 gege- Die Schülerinnen und Schüler nehmen Verände- benenfalls in drei Niveaustufen unterteilt: rungen im europäischen Arbeitsumfeld wahr und begreifen sie als Chancen für die eigene Le- Elementare Sprachverwendung (A) bensgestaltung. Die Schülerinnen und Schüler Selbstständige Sprachverwendung (B) können berufliche Aufgaben im Ausland ab- Kompetente Sprachverwendung (C) schätzen und eigenständig bewältigen. Im Folgenden wird die Fachkompetenz in Analogie Im Weiteren werden Kompetenzen in Ergänzung zu zu den Bildungsstandards der Kultusministerkonfe- den Bildungsstandards 19 formuliert, die an Europa- renz dargestellt. schulen erworben werden können. Fachkompetenz im Bereich der Sprachlichen Bildung Funktionale kommunikative Kompetenzen in den Fertigkeitsbereichen: Hör- und Hör/Sehverstehen Leseverstehen Sprechen – An Gesprächen teilnehmen – Zusammenhängend sprechen Schreiben Sprachmittlung Mehrsprachigkeit Frühes Sprachenlernen, Unterricht in der Herkunfts- sprache, veränderte Sprachenfolgen, erweiterte Fremdsprachenangebote im Regelunterricht und in zusätzlichen Arbeitsgemeinschaften vermitteln den Schülerinnen und Schülern an Hessischen Europa- 18 schulen Kompetenzen in mehreren Sprachen. Dabei Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beur- teilen, München 2001. können sie Lernstrategien auf weitere Sprachen über- 19 Vgl. auch Bildungsstandards für die erste Fremdsprache (Englisch/Französisch) für tragen und entwickeln so eigenverantwortlich unter- den Mittleren Schulabschluss, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom schiedliche Lernmethoden (Interkomprehension). 4.12.2003, München 2004. Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen 19
Sprachliche Bildung 20 Fachkompetenz im Bereich der Sprachlichen Bildung: Mehrsprachigkeit Kompetenzbeschreibung Teilkompetenzbeschreibung Beispiele aus dem Schulalltag mögliche Evaluationsmethoden Die Schülerinnen und Schüler kön- Die Schülerinnen und Schüler nen ihren Sprachlernprozess reflek- tieren und sind bereit, lebenslang nehmen Sprachangebote an und AG Frühenglisch Fragebogen Sprachen zu lernen. wenden erlernte Methoden zum Frühitalienisch auch im Kindergarten Interviews Spracherwerb an. Bilingualer Unterricht Meinungsbarometer Sprachen AGs am Nachmittag Portfolio Sprachkurse außerhalb der Schule Die Schülerinnen und Schüler kön- Die Schülerinnen und Schüler nen sich in der eigenen und in ande- ren Sprachen verständigen. A können elementare interkulturelle Rollenspiele im Klassenraum Fragebogen Kommunikationssituationen im E-Mails/ Briefe Interviews Klassenraum bewältigen. Klassenpartnerschaften Meinungsbarometer B können selbstständig authentische Begegnungssituationen Portfolio Kommunikationssituationen bewäl- Schüleraustausche tigen. Comenius- und Europaprojekte C können authentische Präsentationen gemeinsamer Projek- Kommunikationssituationen te / Sachfachunterricht (Abschluss- kompetent gestalten, sich in realen prüfungen) Begegnungssituationen inhaltlich Gruppenarbeit Theateraufführungen und sprachlich differenziert in den Fremdsprachen ausdrücken und angemessen Internationale Betriebspraktika interagieren. Langzeitauslandsaufenthalte Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen
Fachkompetenz im Bereich der Sprachlichen Bildung: Berufsbezogene sprachliche Kompetenz Kompetenzbeschreibung Teilkompetenzbeschreibung Beispiele aus dem Schulalltag mögliche Evaluationsmethoden Die Schülerinnen und Schüler kön- Die Schülerinnen und Schüler nen Informationen aus verschiede- nen Quellen über die Berufsausbil- A können unter Anleitung aus einfa- Projekt über die verschiedenen Be- Arbeitsblätter dung und den beruflichen Alltag von chen fremdsprachlichen Texten In- rufsausbildungsgänge und den be- Videomitschnitte der Präsentation Jugendlichen in Europa entnehmen formationen über diverse europäi- ruflichen Alltag. Nutzung von au- und qualitative Auswertung nach Kri- und darüber berichten. sche Berufsausbildungsgänge er- thentischen fremdsprachlichen terienraster schließen und benennen. Quellen (Lexika, Zeitungen, Broschü- Textspuren ren, WWW, Suchmaschinen) B können selbständig und gezielt Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen Textmarkierungen, Informationen aus umfangreiche- einfache Inhaltsangaben der Schüle- ren Texten (auch Internettexte) rinnen und Schüler entnehmen und benennen. Sprachenportfolio C können Informationen zur Be- rufsausbildung und zu dem berufli- chen Alltag im europäischen Aus- land verstehen und gezielt verar- beiten Die Schülerinnen und Schüler kön- Die Schülerinnen und Schüler nen den eigenen Berufswunsch in der eigenen Sprache sowie in min- A können ihren eigenen Berufs- E-mail-Projekt mit der Partnerschule Interviews destens einer Fremdsprache be- wunsch mit einfachen Sätzen for- über Berufsbilder, Berufswahl, Aus- qualitative Auswertung der Schüler- gründen. mulieren. bildungs- und Arbeitsbedingungen beiträge mit Hilfe eines Kriterienras- im Vergleich ters B können mit den korrekten Fach- termini ihren Berufswunsch und Internetrecherche Internetprojekt mit Partnerschule berufstypische Tätigkeiten be- (What’s your career?‘) schreiben. Sprachenportfolio C präsentieren ihre eigenen Berufs- wünsche und beschreiben die ent- sprechenden Berufsausbildungs- gänge im europäischen Ausland. 21 Sprachliche Bildung
Sprachliche Bildung 22 Fachkompetenz im Bereich der Sprachlichen Bildung: Berufsbezogene sprachliche Kompetenz Kompetenzbeschreibung Teilkompetenzbeschreibung Beispiele aus dem Schulalltag mögliche Evaluationsmethoden Die Schülerinnen und Schüler kön- Die Schülerinnen und Schüler nen Informationen zu ausgewählten Arbeitsbereichen und beruflichen A können aus einfachen fremd- Projekt über den Arbeitsalltag in Interviews Perspektiven entnehmen und diese sprachlichen Texten Informationen diversen Berufen im europäischen Lehrerbeobachtung präsentieren über verschiedene Berufe entneh- Ausland men und kurz darstellen. Präsentation Nutzung von fremdsprachlichen Sprachenportfolio B können gezielt Informationen zu Quellen (einfache Sachtexte, Inter- unterschiedlichen Arbeitsberei- net) zur Informationsgewinnung chen entnehmen und diese ange- Sammeln gezielter Informationen zu messen präsentieren. verschiedenen Arbeitsbereichen in C können in fachspezifischer Sprache ausländischen Zeitschriften und In- Auskunft geben über ausgewählte formationsbroschüren Arbeitsbereiche und Perspektiven Teilnahme an Austauschprojekten im europäischen Ausland. und Ferienpraktika im europäischen Ausland Die Schülerinnen und Schüler kön- Die Schülerinnen und Schüler nen die eigene Biografie in der ei- genen sowie in mindestens einer A können in einfachen Formulierun- Bewerbung um einen Prakti- Präsentation Fremdsprache wiedergeben. gen ihre Person und ihren schuli- kumsplatz im europäischen Ausland Interview schen Werdegang vorstellen und über ihre beruflichen Wünsche be- qualitative Auswertung der Schüler- richten. leistung durch Sichtung der Bewer- bungsunterlagen B können in angemessener Sprache Anzahl der vermittelten Prakti- über ihren schulischen und berufli- kumsplätze im europäischen Aus- chen Werdegang und ihre berufli- land chen Perspektiven berichten. Sprachenportfolio C kennen die im europäischen Aus- land üblichen Fachtermini hinsicht- lich der schulischen und berufli- chen Bildung und können diese in ihren Bewerbungsunterlagen auf ihre Person bezogen anwenden. Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen
Fachkompetenz im Bereich der Sprachlichen Bildung: Berufsbezogene sprachliche Kompetenz Kompetenzbeschreibung Teilkompetenzbeschreibung Beispiele aus dem Schulalltag mögliche Evaluationsmethoden Die Schülerinnen und Schüler kön- Die Schülerinnen und Schüler nen in beruflichen Alltagssituationen agieren und reagieren. A kennen die fremdsprachlichen Rollenspiele, speech simulations zu Rollenspiele Begrüßungs- und Verabschie- beruflichen Alltagssituationen Interviews dungsrituale und können einfache vertraute berufliche Alltagssituati- Projekte onen sprachlich bewältigen. Sprachenportfolio Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen B beherrschen neben dem alltags- sprachlichen Umgang mit berufli- chen Partnern das Fachvokabular ausgesuchter Berufsbilder. C können ritualisierte sprachliche Mittel in beruflichen Situationen adressatenbezogen einsetzen (small talk, Höflichkeit, repair stra- tegies). Die Schülerinnen und Schüler kön- Die Schülerinnen und Schüler nen im europäischen Ausland arbei- ten. A- B- C sammeln gezielt Informationen Betriebspraktikum im fremdsprachli- Praktikumsberichte über den Arbeitgeber im europäi- chen Ausland persönliche Erfahrungsberichte schen Ausland und nutzen diese Betriebserkundungen Vergleich der Berichte vor und nach gezielt im Bewerbungsverfahren. Lektüre der betrieblichen Informati- dem Praktikum onen über mögliche Arbeitgeber erfolgreiche Stellenvermittlung Die Schülerinnen und Schüler be- herrschen im Berufsalltag das ge- Sprachenportfolio forderte Fachvokabular. 23 Sprachliche Bildung
Sprachliche Bildung 24 Interkulturelle kommunikative Handlungskompetenz im Bereich der Sprachlichen Bildung European Citizenship – Europäische Identitätsbildung in einer globalisierten Welt unter Berücksichtigung der Vielfalt der Kulturen und Sprachen Kompetenzbeschreibung Teilkompetenzbeschreibung Beispiele aus dem Schulalltag mögliche Evaluationsmethoden Die Schülerinnen und Schüler kön- Die Schülerinnen und Schüler nen in Begegnungssituationen mehrsprachig kommunizieren und A können elementare interkulturelle Rollenspiele im Klassenraum Beobachtungen mit Menschen anderer Kulturen in Kommunikationssituationen im Klas- Klassenprojekte, z. B. Praxisbeispiel Schülerberichte Alltagssituationen interkulturell an- senraum und bei Begegnungen be- „Frühstücken in Deutschland und Fragebogen zum erzielten Lernzu- gemessen agieren wältigen: Alltagsituationen (Schule, anderswo“ wachs bezogen auf Wissen, Haltun- Freizeit, Essen, Trinken, Gewohnhei- ten usw.) beschreiben und Bedürfnis- Begegnungsprojekte der Grund- gen und Einstellungen: Skalierte se und Wünsche äußern. schulen Frage mit Einschätzskala, Entschei- Interaktion durch E-Mails und Briefe dungsfrage, Multiple-Choice-Frage, B können selbstständig authentische offene Antwortmöglichkeit, Inter- Klassenpartnerschaften Kommunikationssituationen (reale views mit Leitfragen Internetprojekte (z.B. Praxisbeispiel Begegnungen oder Internetprojekte) Europäisches Portfolio der Spra- „Food Taboos“) ab Jg. 6 bewältigen und kulturelle Gegeben- chen: Selbstevaluationsbögen, heiten berücksichtigen. Vorbereitung von und Teilnahme an Sprachenbiografie, Dossier thematisch orientierten Schüleraus- Auslandstagebuch C können authentische Kommunikati- tauschen, Comeniusprojekten Berichte und Dokumentationen über onssituationen kompetent gestalten Interkulturelle Begegnungen Auslandsfahrten oder Austausch- und reflektieren, sich in realen Be- Präsentation gemeinsam erarbeite- programme, gegnungssituationen (thematisch ter Ergebnisse orientierte Austausche, internationale Präsentationen Betriebspraktika etc.) inhaltlich und Gruppenarbeit Beobachtungsbogen sprachlich differenziert ausdrücken Theatervorführungen in Fremdspra- Externe Tests und angemessen interagieren. chen Praktikumsberichte in der Zielspra- Präsentation im fremdsprachlichen che Sachfachunterricht (Abschlussprü- fung R und Landesabitur) Internationale Betriebspraktika Langzeitauslandsaufenthalte Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen
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