Der demografische Wandel im Unterweserraum
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Der demografische Wandel im Unterweserraum: Eine erste Analyse der Entwicklungen und Bewertung der vorliegenden Prognosen auf Ebene der Landkreise Cuxhaven und Wesermarsch sowie der Stadt Bremerhaven Dass der Unterweserraum zu den am stärksten vom demografischen Wandel betroffenen Regionen Deutschlands gehört, dürfte mittlerweile bekannt sein. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) prognostiziert, wie die nebenstehende Grafik verdeutlicht, erhebliche Bevölkerungsverluste bis Mitte des Jahrhunderts. Vor diesem Hintergrund hat die Unterweserkonferenz am 28.04.2008 ein „Positionspapier Demografischer Wandel“ beschlossen in dem es u. a. heißt: „Die aktuellen Trends der Bevölkerungsentwicklung lassen auf einen Wandel in der Entwicklung schließen, die in der regionalen Diskussion aufgegriffen werden sollten. Die Entwicklung sollte kontinuierlich und zeitnah beobachtet und ausgewertet werden, um entsprechend Berücksichtigung in der Diskussion zu finden und entsprechende Reaktionen in den Kommunen zu ermöglichen“. Um diese Aufgabe voranzubringen und den Kommunen beider Landkreise - auch denen, die noch nicht Mitglieder des Regionalforums Bremerhaven sind - verwertbare Analysen und Materialien zur Verfügung zu stellen, hat das Regionalforum in Zusammenarbeit mit der Stadt Langen die Stelle eines Demografiebeauftragten geschaffen.
-3- Der Untersuchungsraum umfasst die beiden Landkreise Cuxhaven und Wesermarsch sowie die Stadt Bremerhaven. Die Bezeichnung „Unterweserraum“ darf nicht darüber hinweg täuschen, dass historisch die Weser trotz Fährverbindungen zwischen Bremerhaven und Blexen, Dedesdorf und Kleinensiel sowie Sandstedt und Golzwarden/Brake eine Trennungslinie dargestellt hat. Mit der Fertigstellung des Wesertunnels Anfang 2004 entstand eine feste Verbindung zwischen den beiden Landkreisen, die im Zusammenhang mit der geplanten Küstenautobahn A 22 weitere Bedeutung gewinnen wird. Einfahrt zum Wesertunnel Der Wesertunnel war sicherlich auch die Voraussetzung für ein engeres Zusammenwirken der Region in Form von Kooperationen wie dem Regionalforum, welches durch eine Vereinbarung der Landkreise Wesermarsch und Cuxhaven, der Stadt Bremerhaven sowie einzelner Städte und Gemeinden im März 2003 gegründet wurde. Der Zweck dieses Zusammenschlusses wurde in der Vereinbarung zur Gründung wie folgt definiert: „Die Arbeitsgemeinschaft verfolgt das Ziel, die Entwicklung des Gesamtraumes der Beteiligten zu fördern und dauerhaft zu sichern. Die Kooperation ist angelegt auf interkommunale Zusammenarbeit; dazu gehören alle Fragen überlokaler Bedeutung, insbesondere die Abstimmung von Maßnahmen überlokaler Bedeutung, die Erarbeitung gemeinsamer Planungsvorstellungen sowie die Erarbeitung und Umsetzung gemeinsamer Projekte jedweder kommunaler Handlungsfelder sowie die Unterhaltung einer politischen Plattform zur Formulierung und Artikulierung von Interessen des Gesamtraumes gegenüber externen Handlungsträgern.“
-4- Mitglieder des Regionalforums (Stand 2008) • Landkreis Cuxhaven • Landkreis Wesermarsch • Stadt Bremerhaven • Stadt Cuxhaven • Stadt Langen • Stadt Nordenham • Samtgemeinde Bederkesa • Samtgemeinde Beverstedt • Samtgemeinde Hadeln • Samtgemeinde Hagen • Samtgemeinde Land Wursten • Gemeinde Butjadingen • Gemeinde Loxstedt • Gemeinde Nordholz • Gemeinde Schiffdorf (Die Samtgemeinde „Am Dobrock“ ist 2007 aus dem Regionalforum ausgetreten) Die eingangs beschriebene historisch begründete Trennungsfunktion der Weser ist tief verwurzelt und findet ihren Ausdruck in der Orientierung der Wesermarsch auf die Zentren Bremen und Oldenburg während der Landkreis Cuxhaven sehr stark verbunden ist mit der Stadt Bremerhaven. Die südlichen Teile des Landkreises orientieren sich zusätzlich nach Bremen und die Gemeinden der Hadelner Region nach Stade und Hamburg. Das Zusammenwachsen der neuen Unterweserregion wird also ein langsamer Prozess sein, der durch Projekte wie den „Jade-Weser-Port“ und die Küstenautobahn an Dynamik gewinnen wird. Auch Kooperationen im Bereich des für die gesamte Region wirtschaftlich bedeutsamen Tourismus wirken sicherlich fördernd. Am deutlichsten kann man die Ausgangssituation wohl an den Pendlerverflechtungen ablesen: Einpendler aus dem LK-Wesermarsch Auspendler aus Bremerhaven nach Bremerhaven in den LK-Wesermarsch 30.06.1999 447 316 30.06.2000 460 311 30.06.2001 463 331 30.06.2002 450 324 30.06.2003 438 321 30.06.2004 457 294 30.06.2005 465 322 30.06.2006 519 319 30.06.2007 643 339 (Sonderauswertung Statistik-Service-Nordost der Bundesagentur für Arbeit)
-5- Seit der Eröffnung des Wesertunnels finden zwar etwas mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus dem Landkreis Wesermarsch ihren Arbeitsplatz in der Stadt Bremerhaven, angesichts des dennoch äußerst geringen Anteil von 3,9 Prozent an der Gesamtheit der Auspendler und 2,8 Prozent der Einpendler spielt aber die Verknüpfung der Arbeitsplätze „über die Weser“ doch noch eine sehr geringe Rolle. Ganz anders die Situation im Landkreis Cuxhaven: Hier beträgt der Anteil der Auspendler nach Bremerhaven 52,5 aller Auspendler und 42,5 Prozent bei den Einpendlern von Bremerhaven in den Landkreis Cuxhaven (= 15.062 Auspendler und 2.934 Einpendler, IHK Stade, 2006). Auf die unterschiedliche wirtschaftliche Situation in den drei Teilräumen des Untersuchungsgebietes „Unterweserregion“ wird zu einem späteren Zeitpunkt noch näher eingegangen. Einwohnerentwicklung zu ausgewählten Zeitpunkten: 1995 2000 2004 2007 Landkreis Cuxhaven 198.654 204.843 206.308 203.230 Landkreis Wesermarsch 94.061 94.084 94.075 92.783 Stadt Bremerhaven 130.400 120.822 117.281 115.313 Region insgesamt 423.115 419.749 417.664 411.326 Die Tabelle veranschaulicht, dass die Einwohnerentwicklung in den drei Teilregionen (Landkreis Cuxhaven Landkreis Wesermarsch und Stadt Bremerhaven) sehr unterschiedlich verlief: Im Landkreis Cuxhaven stiegen die Einwohnerzahlen bis 2004 kontinuierlich und sanken seitdem in jedem Jahr etwa in Höhe des Geburtendefizits. Der Landkreis Wesermarsch konnte in seiner Gesamtheit (mit lokalen Unterschieden) in den Wachstumsjahren keine Einwohnergewinne erzielen, und verlor seit 2004 über das Geburtendefizit hinaus Einwohner. Die Stadt Bremerhaven hatte ihre größten Einwohnerverluste im Zeitraum von 1995 bis 2000. Fast 60 % davon erfolgten durch Abwanderung in die Umlandkommunen (Bederkesa, Beverstedt, Hagen, Land Wursten, Langen, Loxstedt, Nordholz, Schiffdorf). Dieser Suburbanisierungsprozess verlangsamte sich in den Folgejahren und ist faktisch zum Stillstand gekommen, wie die folgende Grafik zeigt.
-6- Wanderungsdefizit mit Umlandgemeinden 1300 1149 1159 1100 900 700 500 427 326 300 140 100 80 20 -12 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 -100 (Quelle: Statistik-Bremen) Ursache hierfür sind verschiedene Faktoren: • das infrage kommende Potential von Bremerhavener Bürgerinnen und Bürgern in der Familiengründungsphase ist erheblich geschrumpft • die steuerliche Anreize der Eigenheimförderung sind weggefallen und die Kilometerpauschale wurde trotz steigender Benzinpreise abgeschafft • Bremerhaven entwickelte systematisch innerstädtisches Wohnbauland. Die folgende Grafik zeigt den Zusammenhang zwischen der seit einigen Jahren entwickelten aktiven Baulandpolitik Bremerhavens und dem Rückgang der fertig gestellten Ein- und Zweifamilien- sowie Reihenhäusern in den 8 Umlandkommunen. Fertiggestellte Ein- und Zweifamilien- sowie Reihenhäuser 800 700 600 500 400 300 200 100 0 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Umlandgemeinden Bremerhaven (Quelle: Statistik-Bremen und NLS)
-7- Der folgende Bericht beinhaltet zunächst eine vergleichende Analyse der wichtigsten Wirkfaktoren (Geburtenhäufigkeit, Geburtendefizit und Wanderungsbewegungen) auf der Ebene der beiden Landkreise Cuxhaven und der Stadt Bremerhaven in der Rückschau der vergangenen Jahre. In einem zweiten Teil werden die vorliegenden Prognosen bis zum Jahr 2020 bewertet und einer eigenen Abschätzung gegenübergestellt. II. Geburtenentwicklungen Der Vergleich der Entwicklung des Geburtendefizits in den drei Untersuchungsräumen zeigt auffallende Unterschiede. Die Entwicklung in der Stadt Bremerhaven verläuft trotz nach wie vor erheblicher wirtschaftlicher und sozialer Probleme deutlich positiver als in den beiden Landkreisen. Geburtendefizit 1200 1000 800 600 400 200 0 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 -200 Stadt Bremerhaven Landkreis Cuxhaven Landkreis Wesermarsch (Quelle Statistik-Bremen und NLS) Noch signifikanter sind die Unterschiede, wenn man das Geburtendefizit in Relation zur Einwohnerzahl in den entsprechenden Jahren setzt: Insbesondere im Landkreis Wesermarsch steigt das Geburtendefizit überproportional. Hierzu die Grafik auf der folgenden Seite:
-8- Geburtendefizit in Relation zu Einwohnern 1200 1000 800 600 400 200 0 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 -200 -400 Stadt Bremerhaven Landkreis Cuxhaven Landkreis Wesermarsch (Quelle: eigene Berechnungen) Ursache dieser in der Stadt Bremerhaven günstigeren Entwicklung ist die Tatsache, dass in Bremerhaven die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau gegen den allgemeinen Trend, der sich auch in den beiden Landkreisen widerspiegelt, zugenommen hat. Im Jahr 2006 lag der Fertilitätsindex um 16,2 % über dem Bundesdurchschnitt, zwei Jahre vorher waren es noch 12,3 %. Auch in den beiden Landkreisen liegt der Fertilitätsindex noch über dem Bundesdurchschnitt, ist aber deutlich gesunken (Landkreis Wesermarsch von 22,0 auf 18,7 und im Landkreis Cuxhaven von 11,4 auf 9,8 % im gleichen Zeitraum). Durchschnittliche Kinderzahl pro Frau 1,8 1,6 1,4 1,2 1 1990 2006 0,8 0,6 0,4 0,2 0 Bremerhaven Landkreis Cuxhaven Landkreis Wesermarsch (Quelle: Statistik-Bremen und NLS)
-9- Auch das Durchschnittsalter der Mutter bei Geburt spielt eine Rolle, denn die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Frau für mehr als ein Kind entscheidet sinkt, je älter die Frau bei Geburt ist. Auch hier gibt es in der Stadt Bremerhaven einen gegenläufigen Trend: Alter der Mutter bei Geburt 30,5 30,09 30 29,6 29,5 29,04 29 28,75 1995 28,5 2006 28,08 28 27,89 27,5 27 26,5 Landkreis Cuxhaven Landkreis Wesermarsch Stadt Bremerhaven (Quelle: eigene Berechnungen auf der Grundlage von GENESIS) Zusammengefasst lässt sich an dieser Stelle folgendes feststellen: • In allen drei Untersuchungsteilräumen ist aufgrund des demografischen Wandels die absolute Zahl von Frauen der Altersgruppe 15-45 Jahre zurückgegangen, in der Stadt Bremerhaven um 19,4 %, im Landkreis Wesermarsch um 10 % und im Landkreis Cuxhaven um 6,4 %. • In Relation zur Gesamtbevölkerung hat sich der Frauenanteil dieser Altersgruppe fast gleichmäßig verringert und ist weiterhin in der Stadt Bremerhaven geringfügig höher als in den Landkreisen. • Teilt man die Zahl aller im Untersuchungsjahr im jeweiligen Gebiet geborenen Kinder durch die Zahl aller „potentiellen Mütter“ ergibt sich ein Reproduktionsfaktor, der Aufschluss über die Geburtenhäufigkeit gibt. Im Vergleich der Jahre 1995 und 2006 ist dieser im Landkreis Wesermarsch um 24,3 % und im Landkreis Cuxhaven um 17,7 %, in der Stadt Bremerhaven aber nur um 2,6 % gesunken! • Das Alter der Mutter bei Geburt ist insbesondere im Landkreis Cuxhaven um 1,34 Jahre erheblich und im Landkreis Wesermarsch um 0,56 Jahre gestiegen, in Bremerhaven jedoch geringfügig um 0,19 Jahre gesunken!
-10- Noch differenzierter lässt sich die Entwicklung der Vergangenheit (als Voraussetzung für eine gesicherte Prognose!) analysieren, indem man die die jeweiligen Kohortenstärken „potentieller Mütter“ im Verlauf der Jahre untersucht: : Landkreis Cuxhaven: Frauen im Alter von... 8500 8000 7500 7000 6500 6000 5500 5000 4500 4000 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 15-20 20-25 25-30 30-35 35-40 (Quelle: NLS, eigene Berechnungen) Landkreis Wesermarsch: Frauen im Alter von... 4000 3800 3600 3400 3200 3000 2800 2600 2400 2200 2000 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 15-20 20-25 25-30 30-35 35-40 (Quelle: NLS, eigene Berechnungen)
-11- Stadt Bremerhaven: Frauen im Alter von... 5500 5000 4500 4000 3500 3000 2500 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 15-20 20-25 25-30 30-35 35-40 (Quelle: Statistik Bremen, eigene Berechnungen) In der Gegenüberstellung der drei Profile fällt zunächst einmal die Beeinflussung der Kurvenverläufe durch die Einwohnerentwicklung im Untersuchungszeitraum ins Auge. Allerdings sieht die Entwicklung in den beiden Landkreisen auf den ersten Blick günstiger aus, als sie tatsächlich verlaufen ist: In der Summierung aller Frauen im Alter von 15 bis 40 Jahren sind die Zahlen im Landkreis Cuxhaven um 16,6%, im Landkreis Wesermarsch um 20,2% und in der Stadt Bremerhaven um 27,1% zurückgegangen. Summe aller Frauen im Alter von 15-40 35000 30000 25000 20000 15000 10000 5000 0 Landkreis Cuxhaven Landkreis Wesermarsch Stadt Bremerhaven 1990 2006 (Quelle: eigene Berechnung)
-12- Wichtiger ist allerdings der fast deckungsgleiche Verlauf der hellgrünen Kurve der für die Geburtenentwicklung maßgeblichen Altersgruppe der 25 bis 30jährigen Frauen. Die höchsten Werte werden hier im Zeitraum 1993/94 erreicht, danach ist ein relativ starkes Absinken zu beobachten. Diese Entwicklung erklärt sich sehr leicht, wenn man auf der Zeitachse etwa 25 bis 30 Jahre zurückgeht, denn die Müttergeneration der frühen 90er-Jahre entstammt den geburtenstarken Jahrgängen der ersten Hälfte der 60er-Jahre. Mit dem danach einsetzenden „Pillenknick“ und einem Absinken der Fertilität auf das seit 1973 relativ stabile Niveau von 1,3 bis 1,4 Kindern pro Frau wird seitdem jede Generation um etwa 1/3 schwächer als die vorhergehende. Im Verlauf der letzten Jahre zeigen sich allerdings leichte Unterschiede zwischen den Landkreisen und der Stadt Bremerhaven. Im den Landkreisen Cuxhaven und Wesermarsch sinken die Zahlen der 25-30jährigen Frauen nach den starken Rückgängen seit 2002 langsam weiter, in der Stadt Bremerhaven ist seit dem Jahr 2004 ein Anstieg um 150 Frauen der entsprechenden Altergruppe zu verzeichnen. Im Verbund mit der ebenfalls gestiegenen Fertilität lässt dies auf höhere Geburtenraten hoffen. Die nachfolgenden Kohorten der 20 bis 25jährigen und der 15-20jährigen erreichen in allen drei Untersuchungsräumen bei weitem nicht mehr das Niveau der 90er-Jahre und die Kurven zeigen deutlich weniger Schwankungen. Für die Prognose muss berücksichtigt werden, dass sich diese Kohortenstärken im Zuge der Bildungswanderung noch verändern werden, die Landkreise verlieren junge Menschen, die Stadt Bremerhaven kann mit leichten Gewinnen rechnen.
-13- Bildungswanderung 18 bis unter 25jähriger 400 200 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 -200 -400 -600 Landkreis Cuxhaven Landkreis Wesermarsch Stadt Bremerhaven (Quelle GENESIS, eigene Berechnungen – der hohe Bremerhavener Wert für das Jahr 2002 ist auf eine Korrektur in der Statistik zurückzuführen und kann daher vernachlässigt werden!)
-14- III. Wanderungen Neben Fertilität und dem damit verbundenen Geburtendefizit sind die Wanderungsbewegungen der zweite wesentliche Faktor, der die Bevölkerungsentwicklung in den drei Untersuchungsräumen beeinflussen wird. Die Bilanz der Wanderungsgewinne bzw. –defizite seit 1995 sieht wie folgt aus: Wanderungsbilanzen 2500 2000 1500 1000 500 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 -500 -1000 -1500 -2000 Landkreis Cuxhaven Landkreis Wesermarsch Stadt Bremerhaven (Quelle GENESIS, eigene Berechnungen, der hohe Bremerhavener Wert für das Jahr 2002 ist auf eine Korrektur in der Statistik zurückzuführen und kann daher vernachlässigt werden) Augenfällig ist zunächst der ungewöhnliche Sprung im Jahr 2002 bei den Bremerhavener Werten. Dieser zieht sich durch sämtliche Auswertungen und ist zurückzuführen auf eine Korrektur des Bremer Landesamtes für Statistik, welches nachträglich 821 im Jahr 2001 erfolgte Zuzüge in die Stadt Bremerhaven im Jahr 2002 ausweisen musste und ist daher an dieser Stelle zu vernachlässigen. Darüber wird aber auch seit Mitte der 90er-Jahre eine nahezu spiegelbildliche Entwicklung zwischen Landkreis Cuxhaven und Bremerhaven sichtbar, die den stürmischen Suburbanisierungsprozess dieser Jahre ebenso wie den Rückgang dieser Entwicklung abbildet. Im Gegensatz zum Landkreis Cuxhaven, der sich halbkreisförmig um das Oberzentrum Bremerhaven mit seinem „Abwanderungspotential“ legt, befinden sich große Teile des Landkreises Wesermarsch in einer „Halbinsellage“, die Oberzentren Oldenburg und Bremen/Delmenhorst strahlen nur zu geringen Teilen in den südlichen Bereich des Landkreises Wesermarsch. Inwieweit die dort liegenden Gemeinden von ähnlichen Suburbanisierungsprozessen wie die im Landkreis Cuxhaven profitiert haben, wird zu einem späteren Zeitpunkt zu untersuchen sein.
-15- Seit 1997 beläuft sich das kumulierte Wanderungsdefizit des Landkreises Wesermarsch auf 224, die vorige Grafik verdeutlicht die relativ geringen jährlichen Schwankungen, allerdings auch den stabilen Abwärtstrend seit 2001. Wanderungsverflechtungen mit dem Umland 250 200 150 100 50 0 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 -50 -100 -150 -200 Bremen Wilhemshaven Oldenburg Delmenhorst LK-Cuxhaven (Quelle: NLS) Diese Grafik zeigt die relativ geringen Wanderungsgewinne des Landkreises Wesermarsch aus den naheliegenden Zentren Bremen, Delmenhorst und Wilhelmshaven und die dauerhaften Wanderungsdefizite mit der Stadt Oldenburg (Ausnahme1990). Kurzfristig konnte der Landkreis Wesermarsch von den hohen Auslandszuwanderungen nach Deutschland Anfang bis Mitte der 90er-Jahre und zusätzlich von der Ost-West- Wanderung nach der Deutschen Einheit profitieren. Ost-West- und Auslandswanderung LK-Wesermarsch 1500 1000 500 0 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 20 20 20 20 20 20 20 20 -500 -1000 ingesamt neue Bundesländer Ausland (Quelle: NLS)
-16- Ost-West- und Auslandswanderung LK-Cuxhaven 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 20 20 20 20 20 20 20 20 -500 -1000 insgesamt neue Bundesländer Ausland (Quelle: NLS) Die Entwicklung im Landkreis Cuxhaven in Bezug auf Wanderungsgewinne aus der Ost- West- und der Auslandswanderung verlief weitgehend analog der des Landkreises Wesermarsch. Dass der Landkreis Cuxhaven dennoch über einen langen Zeitraum erhebliche Zuzugsgewinne erzielen konnte lag an der besonderen Situation des Suburbanisierungsprozesses in den 90er-Jahren bis etwa 2002/03. Wanderungsbeziehungen LK-Cuxhaven mit Bremerhaven 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 -500 -1000 insgesamt Bremerhaven (Land Bremen) (Quelle: NLS)
-17- In den Beziehungen zu den Nachbarkreisen des Landkreises Cuxhaven gibt es, insgesamt betrachtet, nur geringe Wanderungsgewinne bzw. –defizite. Durch die Lage von Teilen des Landkreises Cuxhaven zur Großstadt Hamburg sind insbesondere in der Altergruppe der 18- 25jährigen Verluste zu verzeichnen. Wanderungsbilanz mit Nachbarkreisen und Hamburg 100 50 0 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 -50 -100 -150 Hamburg LK-Wesermarsch LK-Stade KL-OHZ Auf die besonderen Entwicklungen in Bremerhaven wird zu einem späteren Zeitpunkt eingegangen.
-18- Betrachtet man die Entwicklung der Wanderungen differenziert nach Teilräumen und Altersgruppen, lassen sich weitere Ergebnisse feststellen: Wanderungsprofil nach Altersgruppen Landkreis Cuxhaven 1000 800 600 400 200 0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 -200 -400 -600 unter 18 18 - unter 25 25 - unter 30 30 - unter 50 50 - unter 65 65 und mehr (Quelle: GENESIS, eigene Berechnungen) • Der Landkreis Cuxhaven leidet „traditionell“ unter einer bildungs- und ausbildungsbedingten Abwanderung junger Erwachsener (18 bis unter 25). In einer Zeit, in der die Gesellschaft zunehmende Bildungs- und Qualifizierungsansprüche an junge Menschen stellt, wird sich das Problem der Abwanderung dieser Altersgruppe in den ländlich strukturierten Regionen eher noch verschärfen, wie auch die Tendenz in der Grafik verdeutlicht. • In der, durch sinkende Geburtenzahlen ohnehin reduzierten Altersgruppe der unter 18jährigen kommt es zusätzlich seit dem Jahr 2004 zu Wanderungsverlusten. • Die Altersgruppe der 25 bis unter 30jährigen ist für den Bestand besonders wichtig, weil sie das Potential der „Familiengründer“ stellt. Die auch in der Vergangenheit nicht sehr starken Wanderungsgewinne dieser Altergruppe gehen gegen Null bzw. seit 2004 leicht in den negativen Bereich. • Die Kurve der Wanderungsgewinne bei den 30 bis unter 50jährigen entspricht weitgehend der zusammenfassenden Entwicklung der Wanderungen, da in dieser Altersgruppe das Hauptpotential des Suburbanisierungsprozesses zu finden ist. • Am stabilsten zeigen sich die Altersgruppen der 50 bis unter 65jährigen und die der über 65jährigen. Nach wie vor kann der Landkreis Cuxhaven hier leichte Wanderungsgewinne erzielen, wobei der Trend abwärts zeigt.
-19- In Ergänzung der Grafik werden im Folgenden die detaillierten Zahlen für den Landkreis Cuxhaven dokumentiert: 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 unter 18 509 466 500 578 377 477 106 187 18 -86 -62 18 – unter 25 -232 -296 -144 -200 -236 -76 -317 -297 -339 -349 -493 25 – unter 30 90 51 169 210 64 124 92 67 44 -45 -6 30 – unter 50 460 622 814 767 668 754 394 467 89 132 255 50 – unter 65 266 272 351 291 266 381 183 255 239 111 122 65 und mehr 240 257 269 314 295 268 170 266 215 209 75 Wanderungsprofil nach Altersgruppen Landkreis Wesermarsch 400 300 200 100 0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 -100 -200 -300 -400 unter 18 18 - unter 25 25 - unter 30 30 - unter 50 50 - unter 65 65 und mehr (Quelle: GENESIS, eigene Berechnungen) Das Wanderungsprofil des Landkreises Wesermarsch weist ähnliche Tendenzen auf, wie das des Landkreises Cuxhaven. Augrund der geringeren Einwohnerzahlen sind die Schwankungen bei den einzelnen Kurven weniger stark ausgeprägt. • Die Bildungswanderung bei den 18 bis unter 25jährigen setzt sich (allerdings mit einigen Schwankungen) seit den 90er-Jahren fort. • Die seit dem Jahr 2002 sinkenden Wanderungsgewinne bei den unter 18jährigen führen erstmals in 2006 zu einem Wanderungsverlust. • Schon seit 1998 weist die für die Bestandserhaltung wichtige Altersgruppe der 25 bis unter 30jährigen überwiegend Wanderungsdefizite auf. • Seit 2001 sinken auch die Werte in der Altergruppe 30 bis unter 50 und erreichen im Jahr 2006 den Negativbereich. • Bei den über 50jährigen ergeben sich nur geringfügige Schwankungen.
-20- Auch hier folgen die Zahlen für den Landkreis Wesermarsch getrennt nach Altersgruppen und Jahren in Tabellenform: 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 unter 18 322 87 3 81 128 108 153 134 70 25 -70 18 - unter 25 -87 -59 -324 -170 -133 1 -156 -163 -171 -121 -216 25 - unter 30 -98 -99 9 -77 -87 18 6 -29 -86 -1 -33 30 - unter 50 140 108 -36 -11 85 175 150 148 83 45 -44 50 - unter 65 52 17 55 65 2 44 16 15 73 -1 43 65 und mehr 26 27 -22 12 21 12 -3 6 32 -14 25 Wanderungsprofil nach Altersgruppen Stadt Bremerhaven 600 400 200 0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 -200 -400 -600 -800 unter 18 18 - unter 25 25 - unter 30 30 - unter 50 50 - unter 65 65 und mehr (Quelle: GENESIS, eigene Berechnungen, der hohe Bremerhavener Wert für das Jahr 2002 ist auf eine Korrektur in der Statistik zurückzuführen und kann daher vernachlässigt werden!) • Die Strukturen in der Stadt Bremerhaven mit Hochschule, Fachschulen und einem differenzierten Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten führt dazu, dass die Wanderungsbilanz bei der Altersgruppe der 18 bis unter 25jährigen trotz erheblichen Einwohnerverlusten deutlich besser ausfällt, als bei den Nachbarkreisen. Seit dem Jahr 2005 sind sogar leichte Wanderungsgewinne erzielt worden. • Bei den unter 18jährigen, die etwa bis zur Jahrtausendwende im Zuge der Familienwanderung Bremerhaven verließen, zeigt der Trend ebenso nach oben, wie bei den 25 bis unter 30jährigen, wobei in einzelnen Jahren seit 2003 sogar leichte Wanderungsgewinne erzielt werden konnten (das Jahr 2002 bleibt aus den vorher genannten Gründen der Bereinigung der Statistik unberücksichtigt).
-21- • Die Kurve der 30 bis unter 50jährigen gibt annähernd den Gesamttrend wieder und weist auf eine Stabilisierung der Wanderungsbilanz Bremerhavens hin. • Ähnlich der Entwicklung in den beiden Nachbarkreisen schwanken die Werte bei der Gruppe der 50 bis unter 65jährigen und der über 65jährigen geringer, da die Menschen im diesem Alter weniger zu Mobilität neigen. Allerdings kann bedingt durch im höheren Alter entstehende Pflegebedürftigkeit damit gerechnet werden, dass auch weiterhin Menschen dieser Personengruppe in stationäre Einrichtungen im Landkreis abwandern bzw. durch ihre mittlerweile außerhalb Bremerhavens lebenden Angehörigen versorgt werden. • Insgesamt zeigt das Wanderungsprofil der Stadt Bremerhaven immer enger zusammen liegende Werte und einen deutlichen Aufwärtstrend. Der Vollständigkeit halber auch hier die Zahlen in der tabellarischen Übersicht: 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 unter 18 -118 -306 -236 -222 -281 -229 306 103 10 117 -70 18 - unter 25 -57 -187 -179 -37 -193 -190 432 -188 -60 42 94 25 - unter 30 -340 -255 -416 -352 -165 -191 58 -80 -113 -59 -44 30 - unter 50 -473 -686 -630 -681 -631 -705 101 -77 -241 -174 -65 50 - unter 65 -57 -119 -154 -94 -99 -154 44 11 -25 -27 48 65 und mehr -190 -250 -256 -256 -235 -257 -102 -224 -189 -179 -155
-22- IV. Wirtschaftskraft Für die Beurteilung der zukünftig zu erwartenden Wanderungsbewegungen spielt sicherlich die Entwicklung am Arbeitsmarkt die entscheidende Rolle. Hier muss festgestellt werden, dass trotz einer gewissen Konsolidierung und den positiven Ansätzen insbesondere in der Stadt Bremerhaven mit Hafenwirtschaft und in der Windenergiebranche noch keine grundlegende Verbesserung erreicht werden konnte. In der Unterweserregion zusammen ist der Bestand an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in den Jahren 1998 bis 2007 sogar nochmals um 2,1 % zurückgegangen. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort 50000 45000 40000 35000 30000 25000 20000 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Landkreis Cuxhaven Landkreis Wesermarsch Stadt Bremerhaven (Quelle: GENESIS, Statistik Bremen und NLS) Insbesondere der Landkreis Cuxhaven ist auf die wirtschaftliche Entwicklung seiner Nachbarräume angewiesen, denn 69,4 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus dem Landkreis sind Auspendler. Im Landkreis Wesermarsch beträgt dieser Anteil nur 58,3 %, in der Stadt Bremerhaven nur 24,8 % (Zahlen von 2006). Das folgende Arbeitsplatzprofil (in der Relation zur Einwohnerzahl) zeigt deutlich die unterschiedlichen Abhängigkeiten. Die Stadt Bremerhaven stellt als Oberzentrum über den eigenen Bedarf hinaus in erheblichem Umfang sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse für die Region bereit. Obwohl die Zahl dieser Beschäftigungsverhältnisse in Bremerhaven von 1998 bis 2006 um 1.410 gesunken, hat sich die Zahl der Einpendler im gleichen Zeitraum um 1.863 erhöht.
-23- Die Wirtschaftskraft im Landkreis Wesermarsch ist deutlich stärker als die des Landkreises Cuxhaven, in Relation zur Einwohnerzahl werde hier mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse angeboten, der Auspendleranteil ist geringer und der Einpendleranteil höher. Arbeitsplatzprofil 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Soz.-vers.-pfl. Soz-vers-pfl. Auspendler Einpendler Beschäftigte Arbeitsplätze Landkreis Cuxhaven Landkreis Wesermarsch Stadt Bremerhaven (Quelle: GENESIS, eigene Berechnungen) Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht die grundsätzlichen Unterschiede hinsichtlich der wirtschaftlichen Strukturen: der Landkreis Wesermarsch stellt mit 48,5% der Arbeitsplätze im sekundären Sektor (verarbeitendes Gewerbe, Energie, bau usw.) einen ungewöhnlich hohen Anteil an industriellen Arbeitsplätzen zur Verfügung, der primäre Bereich (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei) spielt kaum eine Rolle der tertiäre Sektor (Handel, Dienstleistung, Banken und Versicherungen, öffentlicher Dienst, Soziales usw.) dominiert im Landkreis Cuxhaven und der Stadt Bremerhaven. Diese starke industrielle Ausprägung führt zu einer hohen Bruttowertschöpfung pro Erwerbstätigem (Werte von 2005) im Landkreis Wesermarsch und einem vergleichsweise hohem Anteil Hochqualifizierter am Arbeitsort. Landkreis Landkreis Stadt Cuxhaven Wesermarsch Bremerhaven Beschäftigte im 1. Sektor (%) 3,2 1,9 0,4 Beschäftigte im 2. Sektor (%) 27,6 48,5 22,4 Beschäftigte im 3. Sektor (%) 69,3 49,5 77,1 Bedeutung als Arbeitsort 0,6 0,8 1,4 Hochqualifizierte am Arbeitsort 4,2 5,9 6,6 Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigem in € 43.470 55.794 51.981 (Quelle: Bertelsmann-Stiftung und Focus-Money-Ranking 2007)
-24- Im Wettstreit der Regionen, der vor dem Hintergrund des demografischen Wandels schon lange begonnen hat, ist die Ausgangsbasis für die Unterweserregion nicht sehr günstig. Wesentliche Entwicklungen finden in den Großstädten und Metropolen statt, dort konzentriert sich Forschungs- und Entwicklung und diese besitzen eine hohe Attraktivität. Mit Fernwanderungsgewinnen in nennenswerten Umfang kann also nicht gerechnet werden. Die nachfolgende Folie des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung dokumentiert diese Konzentration in den Metropolen. Grundtypen der Raumstruktur in Deutschland Zentrenerreichbarkeit als Maß für die Lagegunst von Regionen: • Zentrale Orte bündeln Beschäftigungsmöglichkeiten und Versorgungseinrichtungen. • Nähe zu Zentralen Orten vermittelt räumliche Standortattraktivität. • Zentrale und zentrennahe Räume sind Räume mit hoher wirtschaftlicher Aktivität und großen Kontaktpotenzialen. © BBR Bonn 2005 Dr. Horst Lutter, Alexander Schürt; BBR Bonn Folie 9 Bonn, den 18. Mai 2005 Auch an der Zuwanderung aus dem Ausland partizipieren fast ausschließlich die großen Zentren. Die nachfolgende Karte der Verteilung der Zuzüge aus dem Ausland dokumentiert diese metropolenorientierte Sogkraft. Hinzu kommt, dass der Wanderungssaldo mit dem Ausland mittlerweile gegen Null geht.
-25-
-26- V. Prognosenvergleich Für die Beurteilung der Situation und der Herausforderungen, die der demografische Wandel für die Akteure in der Region mit sich bringt, ist eine Prognose der zukünftigen Entwicklungen unerlässlich. Diese Prognose sollte weit genug in die Zukunft reichen, um vorausschauende Entscheidungen zu ermöglichen, auf der anderen Seite darf sie nicht zu ungenau werden. Rein theoretisch lässt sich der demografische Wandel recht genau vorhersagen, den die wesentlichen Einflussfaktoren sind bekannt: Geburten, Lebenserwartung und Wanderungen. Für den Zeitraum von etwa 25 Jahren könnten also mit den heute vorhandenen Daten der bereits geborenen Kinder, die für eine spätere Elternschaft infrage kommen, aussagekräftige Prognosen erstellt werden. Für den Bereich Gesamtdeutschlands funktioniert dieser Ansatz recht gut, lediglich der Faktor ‚Wanderungsbilanz mit dem Ausland’ bildet hier eine entscheidende Variable. Das Statistische Bundesamt hat zuletzt Ende 2006 in seiner 11. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung anhand verschiedener Varianten langfristige Prognosen bis zum Jahr 2050 erstellt, wonach die Bevölkerungszahl Deutschlands bei fast konstanter Geburtenhäufigkeit, moderatem Anstieg der Lebenserwartung und einem positiven jährlichen Wanderungssaldo von 100.000 um 14 Millionen sinken wird. Je weiter man sich in der Analyse von dieser globalen Ebene löst und kleinräumigere Prognosen entwickelt, desto stärker wirken regionale oder lokale Besonderheiten, insbesondere die Auswirkungen von Wanderungsbewegungen. Die klassische Form der Prognoseerstellung basiert auf der (zumeist linearen) Fortschreibung der Entwicklungen der Vergangenheit. Problematisch wird dieser methodische Ansatz, wenn innerhalb des für die Prognose genutzten Zeitraumes der Vergangenheit gravierende Veränderungen eingetreten sind. Wie in den Abschnitten II. bis IV. dieses Berichts erläutert, gab es im Verlauf der letzten Jahre im Untersuchungsgebiet entscheidende Veränderungen in der Zahl der ‚potentiellen Mütter’, den Geburten, im Suburbanisierungsprozess und auf der Ebene der globalen Zuwanderung. Die Bertelsmann-Stiftung, die in Deutschland am bekanntesten auf dem Sektor der Prognoseerstellung ist und die mit ihrem ‚Wegweiser’ ein für alle Kommunen (über 5.000 Einwohnern) wichtiges Instrument entwickelt hat, versucht auf diese Fehlerquelle durch ergänzende Verlaufsübersichten seit 2003 (bis 2006) hinzuweisen. Leider findet sich dieser entscheidende Hinweis nicht in allen Veröffentlichungen der Bertelsmann-Stiftung und kann dadurch, wie zuletzt im ‚Regionalreport Niedersachsen’ falsche Schlussfolgerungen bei kommunalen Akteuren auslösen. Im Folgenden werden die Veränderungen einiger wichtiger von der Bertelsmann-Stiftung genutzten Indikatoren im Verlauf der Jahre 2003-2006 dokumentiert:: 1. Bevölkerungsentwicklung der vorhergegangenen 7 Jahre in % 2003 2004 2005 2006 Landkreis + 3,5 + 2,8 + 1,5 + 0,2 Cuxhaven Landkreis - 0,2 - 0,5 - 0,6 - 1,1 Wesermarsch Stadt -8 ,3 - 7,6 - 6,5 - 5,5 Bremerhaven
-27- 2. Fertilitätsindex (jeweils im Verlauf der 4 letzten Jahre gemittelte prozentuale Abweichung vom Bundesdurchschnitt) 2003 2004 2005 2006 Landkreis 10,9 11,4 11,4 9,8 Cuxhaven Landkreis 20,0 22,0 20,5 18,7 Wesermarsch Stadt 11,7 12,3 12,2 16,2 Bremerhaven 3. Bildungswanderung (pro 1000 Einwohner in der Gruppe der 18 – 24jährigen) 2003 2004 2005 2006 Landkreis - 17,0 - 18,6 - 23,1 - 26,6 Cuxhaven Landkreis - 17,3 - 18,6 - 21,9 - 24,6 Wesermarsch Stadt - 3,6 - 0,3 + 4,7 - 2,7 Bremerhaven 4. Familienwanderung (Wanderungsgewinn oder –verlust pro 1000 Einwohner in der Gruppe der unter 18jährigen und der 30 – 49jährigen) 2003 2004 2005 2006 Landkreis + 8,5 + 6,2 +4,1 +2,6 Cuxhaven Landkreis + 5,6 + 5,4 +4,7 + 2,1 Wesermarsch Stadt - 6,4 - 6,8 -5,3 - 1,9 Bremerhaven In allen vier für die Prognoseerstellung entscheidenden Indikatorenbereichen ist es in diesen 4 Jahren zu signifikanten Veränderungen gekommen, die sich ebenfalls in allen Bereichen positiv für die Bremerhavener und negativ für die Prognosen der beiden Landkreise auswirkt! Im Vergleich der vorliegenden Gutachten der Bertelsmann-Stiftung, des Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) und der Landesämter wird im Folgenden zu überprüfen sein, inwieweit solche Tendenzänderungen berücksichtigt worden sind. Zusätzlich werde ich versuchen, auf der Grundlage meiner Analyse eine eigene Prognose zu erstellen.
-28- A. Landkreis Cuxhaven Zunächst einmal ist festzustellen, dass alle Gemeinden im Landkreis Cuxhaven und die Stadt Cuxhaven z.T. schon seit Jahren, spätestens jedoch seit 2005, Einwohnerverluste zu verzeichnen haben. Stadt/Gemeinde/ Einwohnerverlust bis Ende 2007 entspricht Verlust in Samtgemeinde: seit Ende: Prozent und Jahr: Am Dobrock 2003 = 274 0,55 Bederkesa 2003 = 291 0,58 Beverstedt 2003 = 418 0,73 Börde Lamstedt 2005 = 46 0,37 Hadeln 2005 = 103 0,50 Hagen 2004 = 115 0,34 Hemmoor 2004 = 273 0,63 Land Wursten 2004 = 91 0,31 Langen 2004 = 263 0,47 Loxstedt 2003 = 443 0,67 Nordholz 2005 = 68 0,45 Schiffdorf 2004 = 215 0,50 Sietland 2004 = 127 0,74 Cuxhaven 2003 = 1.289 0,61 (Datenquelle: NLS) Wie problematisch es ist, eine Prognose zu erstellen, wird an den Veröffentlichungen des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik(NLS) deutlich. Natürlich bietet das NLS auch eine Bevölkerungsvorausschätzung an. Datengrundlage ist das Jahr 2004 und die Prognose reicht bis 2021 (Tabelle K1010113). Danach würde der Landkreis bis zum Jahr 2020 lediglich 4.156 Einwohner verlieren, dies entspräche einem Bevölkerungsrückgang von 2,01 Prozent. Dabei ging das NLS zum Zeitpunkt der Prognoseerstellung davon aus, dass die Bevölkerungszahl im Landkreis Cuxhaven noch bis zum Jahr 2008 wachsen wird. Tatsächlich hat jedoch der Landkreis Cuxhaven in den drei Jahren seit 2004 bereits 3.375 Einwohner verloren, dies entspricht 1,64 % gegenüber dem Ausgangswert.
-29- Reale Entwicklung und Prognose NLS 208000 207000 206000 205000 204000 203000 202000 201000 200000 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 reale Entwicklung Prognose NLS Auch das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) hat entsprechende Prognosen erarbeitet. Ausgehend vom Basisjahr 2002 prognostiziert das BBR für den Landkreis Cuxhaven einen Bevölkerungsrückgang von lediglich 0,7 Prozent bis zum Jahr 2020. Leider haben weder das Bundesamt für Statistik, noch das BBR ihre Prognosen, die natürlich längst überholt sind, den realen Entwicklungen angepasst. Die dritte Prognose stammt von der bereits mehrfach erwähnten Bertelsmann-Stiftung und auch diese ist leider ebenfalls wenig hilfreich. Auf der eigentlich aktuelleren Grundlage des Jahres 2006 wird bis zum Jahr 2020 ein Einwohnerrückgang von nur 0,4 Prozent ermittelt, dies entspräche in 14 Jahren 817 Einwohnern. Tatsächlich ist aber bereits in dem einen Jahr 2007 ein Einwohnerverlust von 1.302 zu verzeichnen gewesen! Eine weitere Prognose hat der Landkreis Cuxhaven durch sein Sozialplanungsreferat selber erarbeiten lassen und Ende 2005 der Öffentlichkeit präsentiert. Danach würde der Bevölkerungsrückgang gegenüber dem Jahr 2005 bis 2020 2,52 Prozent (= 5.211 Einwohner) betragen. Allerdings ging auch der Landkreis Cuxhaven bei seinen Berechnungen noch von einem Anstieg der Bevölkerung bis zum Jahr 2008 aus. Zu welch unterschiedlichen Ergebnissen in der Prognose man kommt, wenn die aktuellen Entwicklungen in die Berechnungen einfließen, wird durch die ‚NIW-Bevölkerungsprognose 2007’ des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung (NIW) im Auftrag der Landestreuhandstelle für das Wohnungswesen in Niedersachsen (LTS) deutlich. Der Autor, Prof. Jung, berücksichtigt die geschlechtsspezifischen jahrgangsweise Bevölkerungsfortschreibung der Geborenen, die Sterbefälle sowie die Zu- und Fortzüge für Niedersachsen bzw. seine Teilräume. Für die Projektion der Geborenenzahlen wurden die alters- und geschlechtsspezifischen Geborenenraten des jeweiligen Stadt- bzw. Landkreises im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2006 und für die Sterbefälle die mit einem leichten Trend zur weiteren Erhöhung der Lebenserwartung fortgeschriebenen alters- und
-30- geschlechtsspezifischen Sterbewahrscheinlichkeiten für den Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2006 zu Grunde gelegt. Für die Vorausberechnung der Zu- und Fortzüge wurde angenommen, dass auch zukünftig die alters- und geschlechtsspezifischen Wanderungsintensitäten im Durchschnitt der letzten drei Jahre 2004 bis 2006 liegen. Ausgehend vom Ausgangszeitpunkt 01.01.2007 wurden auf dieser Basis die natürliche Entwicklung sowie die Wanderungen Jahr für Jahr bis zum Jahr 2025 ermittelt. Abweichungen zu vorliegenden älteren Prognosen ergaben sich durch den aktuelleren Startzeitpunkt, der die tatsächlich abgelaufene Entwicklung des Jahres 2006 bzw. weiter zurückliegender Jahre voll einbezieht, sowie durch aktualisierte Annahmen zu den zukünftigen Geborenenraten, Sterberaten und vor allem zu den alters und geschlechtsspezifischen Zu- und Fortzugsraten, deren Niveau sich gerade in den letzten Jahren stark verringert hat. Durch diesen, aktuelle Entwicklungen berücksichtigenden Ansatz kommt Prof. Jung zu ganz anderen Ergebnissen, als alle anderen Institute. Bis zum Jahr 2025 prognostiziert er einen Bevölkerungsrückgang sowohl im Landkreis Cuxhaven als auch im Landkreis Wesermarsch von etwa 13 %. Umgerechnet auf den Zeitraum bis 2020 entspricht dies für den Landkreis Cuxhaven einem Rückgang von 9,6 Prozent bzw. 19.600 Einwohnern gegenüber dem Jahr 2006. Diese Prognose mag zunächst erschrecken, fußt aber auf einer realistischen Einschätzung, wie im Folgenden zu untersuchen ist. Prognoseabschätzung und Bewertung: Gemäß der Formel „Bevölkerung heute minus Geburtendefizit minus Wanderungsdefizit ergibt die zu erwartende Bevölkerungszahl“ gilt es, die vorliegenden Prognosen im Hinblick auf ihre Eintrittswahrscheinlichkeit zu bewerten. Auch in der Vergangenheit, als die Geburtenraten im Landkreis noch relativ hoch lagen, übertraf die Zahl der Sterbefälle regelmäßig die der Geburten. Bis zur Jahrtausendwende lag das jährliche Geburtendefizit ziemlich gleichmäßig bei etwa 350. Wie die folgende Grafik zeigt, stieg bei unveränderter Sterblichkeitsquote durch die sinkende Geburtenentwicklung das Geburtendefizit und erreichte im Mittel der letzten drei Jahre jeweils 940. Geburten und Sterbefälle im Landkreis Cuxhaven 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Geburten Sterbefälle (Quelle: NLS)
-31- Durch die zunehmende Alterung der Bevölkerung, und diese lässt sich ziemlich genau vorherberechnen da diese Bevölkerungsgruppe nur in einem sehr geringen Maß Wanderungsbewegungen unterworfen ist, wird die Zahl der Sterbefälle in der Zukunft eher zunehmen, allerdings geringfügig beeinflusst durch die Zunahme der Lebenserwartung von derzeit etwa drei Monaten pro Jahrgang. Lebenserwartung in Deutschland Durchschnittliche weitere Lebenserwartung Sterbetafel 2002/2004 2003/2005 2004/2006 Männer Jahre 75,89 76,21 76,64 Alter 0 Frauen Jahre 81,55 81,78 82,08 Männer Jahre 56,55 56,85 57,24 Alter 20 Frauen Jahre 62,07 62,28 62,56 Männer Jahre 37,37 37,63 37,98 Alter 40 Frauen Jahre 42,46 42,66 42,92 Männer Jahre 20,05 20,27 20,58 Alter 60 Frauen Jahre 24,08 24,25 24,49 Männer Jahre 16,26 16,47 16,77 Alter 65 Frauen Jahre 19,77 19,94 20,18 Männer Jahre 7,24 7,35 7,51 Alter 80 Frauen Jahre 8,64 8,72 8,87 (Quelle: Statistisches Bundesamt) Der Anteil 60 – 79jähriger an der Bevölkerung des Landkreises Cuxhaven wird von 22,4 % (in 2006) auf 25,9 % und der der über 80jährigen von 5,4 % (in 2006) auf 8,8 % im Jahr 2020 steigen. Das folgende Alterungsprofil für den Landkreis Cuxhaven zeigt den Anstieg der Jahrgänge unterhalb der durchschnittlichen Lebenserwartung (Männer etwa 74, Frauen etwa 80 Jahre).
-32- Alterungsprofil 59-60 61-62 63-64 65-66 67-68 69-70 71-72 73-74 75-76 77-78 79-80 81-82 83-84 über 85 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 Männer Frauen (Quelle: NLS) Die voraussichtliche Geburtenentwicklung ist abhängig von der Zahl der infrage kommenden ‚potentiellen Mütter’ und deren Fertilität. Würden alle heute im Landkreis Cuxhaven lebenden Mädchen und jungen Frauen bis zum Jahr 2020 wohnhaft bleiben, würde die Entwicklung der relevanten Altersgruppe wie folgt verlaufen: Ausgehend vom Stand Ende 2007 (= 9.320) würde die Zahl zunächst weiter absinken auf 9.071 im Jahr 2009, dann leicht ansteigen und 2013 erstmals wieder das Ausgangsniveau erreicht haben. Danach steigt die Zahl deutlich an, denn hier wirkt sich der „Echoeffekt“ auf die relativ starken Geburtenjahrgänge der 90er-Jahre aus, die dann zu ‚potentiellen Müttern’ werden, sinken aber nach 2020 auf ein noch niedrigeres Niveau als heute.
-33- Vergleich der Entwicklung der 25-35jährigen Frauen 11000 10500 10000 9500 9000 8500 8000 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Frauen 25-35 wanderungsbereinigt (Quelle: NLS, eigene Berechnungen) Zwei Faktoren müssen an dieser Stelle beachtet werden: • Zunächst einmal sieht die Entwicklung – sogar statisch betrachtet – positiver aus, als sie wirklich ist. Im Vergleich zu den Kohortenstärken der 90er-Jahre liegen die Werte in den Jahren 2019/20 immer noch um fast 4.000 unter denen von 1995. • Zum anderen wissen wir, dass durch die Abwanderung junger Menschen im Zuge von Ausbildung, Studium und Arbeitsaufnahme jährlich etwa 150 Frauen den Landkreis Cuxhaven verlassen, bevor sie das Alter von 25 Jahren erreichen. Insofern dürfte die reale Entwicklung im Prognosezeitraum eher dem unteren Kurvenverlauf entsprechen, der dieses Element (vorsichtig geschätzt mit 100, im Durchschnitt der letzten 5 Jahre waren es 173) berücksichtigt. Hinsichtlich der Fertilität hat sich die durchschnittliche Zahl der Kinder pro Frau in den letzten 15 Jahren immer mehr dem Bundesdurchschnitt angenähert und liegt etwa bei 1,4. Da dieser Mittelwert in Deutschland seit über 30 Jahren weitgehend unabhängig von wirtschaftlichen Entwicklungen oder sozialpolitischen Maßnahmen erreicht wird, kann in der Prognose für den Landkreis Cuxhaven davon ausgegangen werden, dass es hier keine gegenläufigen Entwicklungen geben wird. Aufgrund der zu erwartenden Entwicklung der Kohortenstärken wird die Zahl der Geburten bis etwa 2011 weiter abnehmen und sich dann langsam wieder dem heutigen Niveau anzunähern.
-34- Größter Unsicherheitsfaktor bei einer Bevölkerungsprognose bleibt dann die Wanderungsbilanz. Der Gesamttrend geht deutlich nach unten, im Jahr 2005 musste der Landkreis Cuxhaven zum ersten Mal seit 1988 wieder ein Wanderungsdefizit verzeichnen. Dieses stieg dann 2006 von 28 auf 109 und im letzten Jahr auf 418. Auf die Faktoren, die dazu geführt haben, wurde bereits ausführlich eingegangen: • Der Suburbanisierungsprozess ist praktisch zum Stillstand gekommen • Die wirtschaftliche Entwicklung mit ihrer Zentrenorientierung führt zu einer weiteren Schwächung der ‚peripheren’ Räume, das eigene Potential in der Region reicht nicht für eine Schaffung neuer Arbeitsplätze • Die Zuwanderung aus dem Ausland konzentriert sich ebenfalls weitgehend in den Metropolen. Fazit: In der Summe muss für den Landkreis Cuxhaven davon ausgegangen werden, dass die natürliche Bevölkerungsentwicklung durch weiterhin sinkende Geburtenzahlen und alterungsbedingten leichten Anstieg der Sterbefälle zu einem jährlichen Defizit von bis zu 1.000 Einwohnern im Jahr führen wird. Würde es gelingen, die jährlichen Wanderungsverluste stabil auf dem Niveau des Jahres 2007 zu halten, ergäbe sich für den Landkreis Cuxhaven zusammengenommen bis Ende 2020 ein Einwohnerverlust von 18.200, entsprechend also 8,97 Prozent ausgehend vom Stand Ende 2007. Zu befürchten ist allerdings, dass sich die Entwicklung der letzten drei Jahre fortsetzt und sich die Einwohnerverluste bis zum Jahr 2020 auf etwa 20.000 und damit ca. 10 Prozent summieren werden. Ausdrücklich muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass sich diese Aussage auf den Landkreis Cuxhaven in seiner Gesamtheit bezieht, auf der kleinteiligen Ebene der kreisangehörigen Kommunen bzw. der Stadt Cuxhaven können die Einzelergebnisse im Verlauf des Prognosezeitraumes davon abweichen, ohne dass dies den Gesamttrend wesentlich beeinflusst.
-35- B. Landkreis Wesermarsch Auch im Landkreis Wesermarsch sind flächendeckend für alle Städte und Gemeinde Bevölkerungsverluste festzustellen: Stadt/Gemeinde Einwohnerverlust bis Ende 2007 entspricht Verlust in seit Ende: Prozent und Jahr: Berne 2003 = 197 0,68 Brake 2003 = 210 0,32 Butjadingen 2004 = 146 0,74 Elsfleth 2005 = 127 0,68 Jade 2005 = 71 0,60 Lemwerder 2003 = 194 0,66 Nordenham 2003 = 532 0,48 Ovelgönne 2004 = 94 0,54 Stadtland 2004 = 256 1,07 Die Prognose des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik (NLS) für den Landkreis Wesermarsch auf der Grundlage der Daten des Jahres 2004 geht von einem Bevölkerungsrückgang des Landkreises Wesermarsch von 3.225 Einwohnern bis zum Jahr 2020 aus. Dies entspräche einem Verlust von 3,42 Prozent. Wie die nachfolgende Grafik verdeutlicht, weicht die Prognose bereits in den ersten Jahren deutlich von der realen Entwicklung ab, denn die Hälfte des vorhergesagten Einwohnerverlustes wurde schon innerhalb der ersten drei Jahre des Prognosezeitraumes erreicht, das entspricht bereits einem Verlust von 1,72 Prozent gegenüber dem Ausgangswert . Reale Entwicklung und Prognose NLS 94500 94000 93500 93000 92500 92000 91500 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 reale Entwicklung Prognose NLS
-36- Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) geht von fast gleichen Werten aus, hier wird für den Zeitraum von 2002 bis 2020 ein Einwohnerrückgang von 3,6 Prozent vorausgesagt, demnach hätte der Landkreis Wesermarsch im Jahr 2020 noch 90.037 Einwohner, also 3.396 gegenüber dem Jahr 2002 verloren. Auch hier ist die reale Entwicklung also deutlich schneller vorangeschritten, als vom BBR erwartet. Die Bertelsmann-Stiftung liegt bei ihrer Einschätzung der Entwicklung im Landkreis Wesermarsch mit einem prognostizierten Bevölkerungsrückgang von 4,6 Prozent im Zeitraum 2006 bis 2020 ( = minus 4.282 Einwohner) schon deutlich höher als die anderen beiden Institute. Für zwei Gemeinden aus dem Landkreis Wesermarsch liegen seit kurzem auch detaillierte Fallstudien zum demografischen Wandel vor. Die Oldenburger FORUM GmbH hat hier für die Gemeinden Lemwerder und Berne umfassendes Material und Handlungsempfehlungen erarbeitet. Ebenfalls von der Forum GmbH erstellt wurde im letzten Jahr eine Studie zum demografischen Wandel in der Metropolregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten, in der für allen Städte, Gemeinden und Samtgemeinden der Metropolregion anhand von diversen Indikatoren Demografieprofile entnommen werden können. Ausdrücklich weisen die Autoren dieser Studie darauf hin, dass ihre an den Daten der Bertelsmann-Stiftung orientierten Aussagen angesichts der aktuellen Entwicklungen zu optimistisch erscheinen und relativiert werden müssen. Während die Fallstudien keine in Zahlen gefasste Bevölkerungsprognose für den Zeitraum bis 2020 beinhalten sondern ihren Schwerpunkt auf Analysen und Handlungsempfehlungen setzen, finden sich im Bericht über die Metropolregion Hinweise auf absehbare Schrumpfungstendenzen bis 2020 in den Städten Nordenham und Brake und der Gemeinde Stadland (> = 10 %). Für die Gemeinden Burhave, Jade, Ovelgönne und Elsfleth wurde ein Absinken um mehr als 5 %, für die Stadt Elsfleth Stagnation und für Berne noch ein leichter Gewinn angenommen. Das Niedersächsische Institut für Wirtschaftsforschung (NIW) geht in seiner Bevölkerungsprognose 2007, wie bereits erwähnt, unter Zugrundelegen der aktuellsten Entwicklungen von einem Bevölkerungsrückgang von 13 % bis 2025 aus, was real einem Rückgang von 9,6 Prozent bzw. 8937 Einwohnern bis 2020 entspricht. Prognoseabschätzung und Bewertung: Im Gegensatz zum Landkreis Cuxhaven lag die Zahl der Geburten in der Wesermarsch lange über der der Sterbefälle. Bis 1998 konnten durch diese „natürliche Bevölkerungsentwicklung“ Einwohnerzuwächse verzeichnet werden. Seit dem Jahr 1999 stieg das Geburtendefizit jedoch stetig und erreichte 2007 den Wert von 399. Im Mittel der letzten drei Jahre verlor der Landkreis Wesermarsch jährlich 339 Einwohner infolge dieser Entwicklung.
-37- Geburten und Sterbefälle im Landkreis Wesermarsch 1200 1000 800 600 400 200 0 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Geburten Sterbefälle (Quelle: NLS) Hinsichtlich der Anzahl der Sterbefälle ist davon auszugehen, dass diese mittelfristig infolge der zunehmenden Alterung trotz steigender Lebenserwartung steigen wird. Der Anteil der 60 -79jährigen an der Bevölkerung wird von 21,2 % (in 2006) bis zum Jahr 2020 auf 23,7 und der der über 80jährigen von 4,9 % auf 8,1 % im gleichen Zeitraum steigen. Diese Zahlen können insofern als gesichert gelten, da die ältere Bevölkerung weniger ausgeprägt an Wanderungsprozessen beteiligt ist. Auch hier zeigt das Alterungsprofil ein starkes Anwachsen der Jahrgänge unterhalb der derzeitigen durchschnittlichen Lebenserwartung. Alterungsprofil 59-60 61-62 63-64 65-66 67-68 69-70 71-72 73-74 75-76 77-78 79-80 81-82 83-84 über 85 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 Männer Frauen
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