Der demografische Wandel im Unterweserraum

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Der demografische Wandel im Unterweserraum
Der demografische Wandel im Unterweserraum:
 Eine erste Analyse der Entwicklungen und Bewertung der vorliegenden
Prognosen auf Ebene der Landkreise Cuxhaven und Wesermarsch sowie
                         der Stadt Bremerhaven

                                                      Dass der Unterweserraum zu den am
                                                      stärksten vom demografischen
                                                      Wandel betroffenen Regionen
                                                      Deutschlands gehört, dürfte
                                                      mittlerweile bekannt sein.
                                                      Das Bundesamt für Bauwesen und
                                                      Raumordnung (BBR) prognostiziert,
                                                      wie die nebenstehende Grafik
                                                      verdeutlicht, erhebliche
                                                      Bevölkerungsverluste bis Mitte des
                                                      Jahrhunderts.
                                                      Vor diesem Hintergrund hat die
                                                      Unterweserkonferenz am 28.04.2008
                                                      ein „Positionspapier Demografischer
                                                      Wandel“ beschlossen in dem es u. a.
                                                      heißt:

„Die aktuellen Trends der Bevölkerungsentwicklung lassen auf einen Wandel
in der Entwicklung schließen, die in der regionalen Diskussion aufgegriffen werden sollten.
Die Entwicklung sollte kontinuierlich und zeitnah beobachtet und ausgewertet werden, um
entsprechend Berücksichtigung in der Diskussion zu finden und entsprechende Reaktionen
in den Kommunen zu ermöglichen“.

Um diese Aufgabe voranzubringen und den Kommunen beider Landkreise - auch denen, die
noch nicht Mitglieder des Regionalforums Bremerhaven sind - verwertbare Analysen und
Materialien zur Verfügung zu stellen, hat das Regionalforum in Zusammenarbeit mit der
Stadt Langen die Stelle eines Demografiebeauftragten geschaffen.
Der demografische Wandel im Unterweserraum
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I.      Ausgangslage

     Karte zur Verdeutlichung der Lage des Untersuchungsraumes in der Region
Der demografische Wandel im Unterweserraum
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Der Untersuchungsraum umfasst die beiden Landkreise Cuxhaven und Wesermarsch sowie
die Stadt Bremerhaven. Die Bezeichnung „Unterweserraum“ darf nicht darüber hinweg
täuschen, dass historisch die Weser trotz Fährverbindungen zwischen Bremerhaven und
Blexen, Dedesdorf und Kleinensiel sowie Sandstedt und Golzwarden/Brake eine
Trennungslinie dargestellt hat. Mit der Fertigstellung des Wesertunnels Anfang 2004
entstand eine feste Verbindung zwischen den beiden Landkreisen, die im Zusammenhang
mit der geplanten Küstenautobahn A 22 weitere Bedeutung gewinnen wird.

                                 Einfahrt zum Wesertunnel

Der Wesertunnel war sicherlich auch die Voraussetzung für ein engeres Zusammenwirken
der Region in Form von Kooperationen wie dem Regionalforum, welches durch eine
Vereinbarung der Landkreise Wesermarsch und Cuxhaven, der Stadt Bremerhaven sowie
einzelner Städte und Gemeinden im März 2003 gegründet wurde. Der Zweck dieses
Zusammenschlusses wurde in der Vereinbarung zur Gründung wie folgt definiert:

„Die Arbeitsgemeinschaft verfolgt das Ziel, die Entwicklung des Gesamtraumes der
Beteiligten zu fördern und dauerhaft zu sichern. Die Kooperation ist angelegt auf
interkommunale Zusammenarbeit; dazu gehören alle Fragen überlokaler Bedeutung,
insbesondere die Abstimmung von Maßnahmen überlokaler Bedeutung, die Erarbeitung
gemeinsamer Planungsvorstellungen sowie die Erarbeitung und Umsetzung gemeinsamer
Projekte jedweder kommunaler Handlungsfelder sowie
die Unterhaltung einer politischen Plattform zur Formulierung und Artikulierung von
Interessen des Gesamtraumes gegenüber externen Handlungsträgern.“
Der demografische Wandel im Unterweserraum
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                         Mitglieder des Regionalforums (Stand 2008)

                                                                             •    Landkreis Cuxhaven
                                                                             •    Landkreis Wesermarsch
                                                                             •    Stadt Bremerhaven
                                                                             •    Stadt Cuxhaven
                                                                             •    Stadt Langen
                                                                             •    Stadt Nordenham
                                                                             •    Samtgemeinde Bederkesa
                                                                             •    Samtgemeinde Beverstedt
                                                                             •    Samtgemeinde Hadeln
                                                                             •    Samtgemeinde Hagen
                                                                             •    Samtgemeinde Land Wursten
                                                                             •    Gemeinde Butjadingen
                                                                             •    Gemeinde Loxstedt
                                                                             •    Gemeinde Nordholz
                                                                             •    Gemeinde Schiffdorf

                                                                         (Die Samtgemeinde „Am Dobrock“ ist 2007
                                                                          aus dem Regionalforum ausgetreten)

Die eingangs beschriebene historisch begründete Trennungsfunktion der Weser ist tief
verwurzelt und findet ihren Ausdruck in der Orientierung der Wesermarsch auf die Zentren
Bremen und Oldenburg während der Landkreis Cuxhaven sehr stark verbunden ist mit der
Stadt Bremerhaven. Die südlichen Teile des Landkreises orientieren sich zusätzlich nach
Bremen und die Gemeinden der Hadelner Region nach Stade und Hamburg.
Das Zusammenwachsen der neuen Unterweserregion wird also ein langsamer Prozess sein,
der durch Projekte wie den „Jade-Weser-Port“ und die Küstenautobahn an Dynamik
gewinnen wird. Auch Kooperationen im Bereich des für die gesamte Region wirtschaftlich
bedeutsamen Tourismus wirken sicherlich fördernd.
Am deutlichsten kann man die Ausgangssituation wohl an den Pendlerverflechtungen
ablesen:

             Einpendler aus dem LK-Wesermarsch                           Auspendler aus Bremerhaven
             nach Bremerhaven                                            in den LK-Wesermarsch
30.06.1999                                                         447                                             316
30.06.2000                                                         460                                             311
30.06.2001                                                         463                                             331
30.06.2002                                                         450                                             324
30.06.2003                                                         438                                             321
30.06.2004                                                         457                                             294
30.06.2005                                                         465                                             322
30.06.2006                                                         519                                             319
30.06.2007                                                         643                                             339

                       (Sonderauswertung Statistik-Service-Nordost der Bundesagentur für Arbeit)
Der demografische Wandel im Unterweserraum
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Seit der Eröffnung des Wesertunnels finden zwar etwas mehr sozialversicherungspflichtig
Beschäftigte aus dem Landkreis Wesermarsch ihren Arbeitsplatz in der Stadt Bremerhaven,
angesichts des dennoch äußerst geringen Anteil von 3,9 Prozent an der Gesamtheit der
Auspendler und 2,8 Prozent der Einpendler spielt aber die Verknüpfung der Arbeitsplätze
„über die Weser“ doch noch eine sehr geringe Rolle.
Ganz anders die Situation im Landkreis Cuxhaven: Hier beträgt der Anteil der Auspendler
nach Bremerhaven 52,5 aller Auspendler und 42,5 Prozent bei den Einpendlern von
Bremerhaven in den Landkreis Cuxhaven (= 15.062 Auspendler und 2.934 Einpendler, IHK
Stade, 2006).
Auf die unterschiedliche wirtschaftliche Situation in den drei Teilräumen des
Untersuchungsgebietes „Unterweserregion“ wird zu einem späteren Zeitpunkt noch näher
eingegangen.

                Einwohnerentwicklung zu ausgewählten Zeitpunkten:

                                1995             2000         2004           2007
Landkreis Cuxhaven           198.654        204.843        206.308        203.230
Landkreis Wesermarsch         94.061            94.084      94.075         92.783
Stadt Bremerhaven            130.400        120.822        117.281        115.313
Region insgesamt             423.115        419.749        417.664        411.326

Die Tabelle veranschaulicht, dass die Einwohnerentwicklung in den drei Teilregionen
(Landkreis Cuxhaven Landkreis Wesermarsch und Stadt Bremerhaven) sehr unterschiedlich
verlief:

Im Landkreis Cuxhaven stiegen die Einwohnerzahlen bis 2004 kontinuierlich und sanken
seitdem in jedem Jahr etwa in Höhe des Geburtendefizits.

Der Landkreis Wesermarsch konnte in seiner Gesamtheit (mit lokalen Unterschieden) in
den Wachstumsjahren keine Einwohnergewinne erzielen, und verlor seit 2004 über das
Geburtendefizit hinaus Einwohner.

Die Stadt Bremerhaven hatte ihre größten Einwohnerverluste im Zeitraum von 1995 bis
2000. Fast 60 % davon erfolgten durch Abwanderung in die Umlandkommunen (Bederkesa,
Beverstedt, Hagen, Land Wursten, Langen, Loxstedt, Nordholz, Schiffdorf). Dieser
Suburbanisierungsprozess verlangsamte sich in den Folgejahren und ist faktisch zum
Stillstand gekommen, wie die folgende Grafik zeigt.
-6-

                                                  Wanderungsdefizit mit Umlandgemeinden

     1300

               1149                 1159
     1100

      900

      700

      500
                                                                             427

                                                                                                 326
      300

                                                          140
      100
                                                                                                                   80
                                                                                                                                                         20
                                                                                                                                         -12
            2000                 2001               2002                  2003              2004                2005                  2006            2007
     -100

                                                                  (Quelle: Statistik-Bremen)

Ursache hierfür sind verschiedene Faktoren:
         •   das infrage kommende Potential von Bremerhavener Bürgerinnen und Bürgern
             in der Familiengründungsphase ist erheblich geschrumpft
         •   die steuerliche Anreize der Eigenheimförderung sind weggefallen und die
             Kilometerpauschale wurde trotz steigender Benzinpreise abgeschafft
         •   Bremerhaven entwickelte systematisch innerstädtisches Wohnbauland.

Die folgende Grafik zeigt den Zusammenhang zwischen der seit einigen Jahren entwickelten
aktiven Baulandpolitik Bremerhavens und dem Rückgang der fertig gestellten Ein- und
Zweifamilien- sowie Reihenhäusern in den 8 Umlandkommunen.

                                           Fertiggestellte Ein- und Zweifamilien- sowie Reihenhäuser

             800

             700

             600

             500

             400

             300

             200

             100

               0
                   1991   1992     1993    1994    1995    1996    1997    1998    1999   2000   2001    2002   2003    2004   2005     2006   2007

                                                                      Umlandgemeinden      Bremerhaven

                                                          (Quelle: Statistik-Bremen und NLS)
-7-

       Der folgende Bericht beinhaltet zunächst eine vergleichende Analyse der
       wichtigsten Wirkfaktoren (Geburtenhäufigkeit, Geburtendefizit und
       Wanderungsbewegungen) auf der Ebene der beiden Landkreise Cuxhaven und der
       Stadt Bremerhaven in der Rückschau der vergangenen Jahre. In einem zweiten Teil
       werden die vorliegenden Prognosen bis zum Jahr 2020 bewertet und einer eigenen
       Abschätzung gegenübergestellt.

II.         Geburtenentwicklungen

Der Vergleich der Entwicklung des Geburtendefizits in den drei Untersuchungsräumen zeigt
auffallende Unterschiede. Die Entwicklung in der Stadt Bremerhaven verläuft trotz nach wie
vor erheblicher wirtschaftlicher und sozialer Probleme deutlich positiver als in den beiden
Landkreisen.
                                                            Geburtendefizit

  1200

  1000

      800

      600

      400

      200

       0
            1994   1995   1996   1997      1998      1999       2000     2001        2002    2003     2004      2005   2006   2007

  -200

                                        Stadt Bremerhaven       Landkreis Cuxhaven      Landkreis Wesermarsch

                                                       (Quelle Statistik-Bremen und NLS)

Noch signifikanter sind die Unterschiede, wenn man das Geburtendefizit in Relation zur
Einwohnerzahl in den entsprechenden Jahren setzt: Insbesondere im Landkreis
Wesermarsch steigt das Geburtendefizit überproportional. Hierzu die Grafik auf der
folgenden Seite:
-8-

                                                  Geburtendefizit in Relation zu Einwohnern

     1200

     1000

      800

      600

      400

      200

       0
            1994   1995    1996         1997      1998      1999        2000       2001      2002    2003      2004       2005   2006      2007

     -200

     -400

                                               Stadt Bremerhaven        Landkreis Cuxhaven      Landkreis Wesermarsch

                                                         (Quelle: eigene Berechnungen)

Ursache dieser in der Stadt Bremerhaven günstigeren Entwicklung ist die Tatsache, dass in
Bremerhaven die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau gegen den allgemeinen Trend, der
sich auch in den beiden Landkreisen widerspiegelt, zugenommen hat. Im Jahr 2006 lag der
Fertilitätsindex um 16,2 % über dem Bundesdurchschnitt, zwei Jahre vorher waren es noch
12,3 %. Auch in den beiden Landkreisen liegt der Fertilitätsindex noch über dem
Bundesdurchschnitt, ist aber deutlich gesunken (Landkreis Wesermarsch von 22,0 auf 18,7
und im Landkreis Cuxhaven von 11,4 auf 9,8 % im gleichen Zeitraum).

                                                    Durchschnittliche Kinderzahl pro Frau

            1,8

            1,6

            1,4

            1,2

             1
                                                                                                                                    1990
                                                                                                                                    2006
            0,8

            0,6

            0,4

            0,2

             0
                          Bremerhaven                              Landkreis Cuxhaven                  Landkreis Wesermarsch

                                                      (Quelle: Statistik-Bremen und NLS)
-9-

Auch das Durchschnittsalter der Mutter bei Geburt spielt eine Rolle, denn die
Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Frau für mehr als ein Kind entscheidet sinkt, je älter die
Frau bei Geburt ist. Auch hier gibt es in der Stadt Bremerhaven einen gegenläufigen Trend:

                                               Alter der Mutter bei Geburt

           30,5

                                30,09
            30

                                                                   29,6
           29,5

                                                     29,04
            29
                    28,75

                                                                                                      1995
           28,5
                                                                                                      2006
                                                                                  28,08
            28                                                                                27,89

           27,5

            27

           26,5
                    Landkreis Cuxhaven             Landkreis Wesermarsch          Stadt Bremerhaven

                              (Quelle: eigene Berechnungen auf der Grundlage von GENESIS)

Zusammengefasst lässt sich an dieser Stelle folgendes feststellen:

    •    In allen drei Untersuchungsteilräumen ist aufgrund des demografischen Wandels die
         absolute Zahl von Frauen der Altersgruppe 15-45 Jahre zurückgegangen, in der
         Stadt Bremerhaven um 19,4 %, im Landkreis Wesermarsch um 10 % und im
         Landkreis Cuxhaven um 6,4 %.
   •    In Relation zur Gesamtbevölkerung hat sich der Frauenanteil dieser Altersgruppe fast
        gleichmäßig verringert und ist weiterhin in der Stadt Bremerhaven geringfügig höher
        als in den Landkreisen.
   •    Teilt man die Zahl aller im Untersuchungsjahr im jeweiligen Gebiet geborenen Kinder
        durch die Zahl aller „potentiellen Mütter“ ergibt sich ein Reproduktionsfaktor, der
        Aufschluss über die Geburtenhäufigkeit gibt. Im Vergleich der Jahre 1995 und 2006 ist
        dieser im Landkreis Wesermarsch um 24,3 % und im Landkreis Cuxhaven um 17,7 %,
        in der Stadt Bremerhaven aber nur um 2,6 % gesunken!
   •    Das Alter der Mutter bei Geburt ist insbesondere im Landkreis Cuxhaven um 1,34
        Jahre erheblich und im Landkreis Wesermarsch um 0,56 Jahre gestiegen, in
        Bremerhaven jedoch geringfügig um 0,19 Jahre gesunken!
-10-

Noch differenzierter lässt sich die Entwicklung der Vergangenheit (als Voraussetzung
für eine gesicherte Prognose!) analysieren, indem man die die jeweiligen
Kohortenstärken „potentieller Mütter“ im Verlauf der Jahre untersucht:

:
                                      Landkreis Cuxhaven: Frauen im Alter von...

     8500

     8000

     7500

     7000

     6500

     6000

     5500

     5000

     4500

     4000
            1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

                                           15-20     20-25     25-30   30-35       35-40

                                        (Quelle: NLS, eigene Berechnungen)

                                 Landkreis Wesermarsch: Frauen im Alter von...

    4000

    3800

    3600

    3400

    3200

    3000

    2800

    2600

    2400

    2200

    2000
            1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

                                           15-20     20-25     25-30   30-35       35-40

                                        (Quelle: NLS, eigene Berechnungen)
-11-

                                          Stadt Bremerhaven: Frauen im Alter von...

     5500

     5000

     4500

     4000

     3500

     3000

     2500
            1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

                                                 15-20    20-25          25-30      30-35   35-40

                                          (Quelle: Statistik Bremen, eigene Berechnungen)

In der Gegenüberstellung der drei Profile fällt zunächst einmal die Beeinflussung der
Kurvenverläufe durch die Einwohnerentwicklung im Untersuchungszeitraum ins Auge.
Allerdings sieht die Entwicklung in den beiden Landkreisen auf den ersten Blick günstiger
aus, als sie tatsächlich verlaufen ist: In der Summierung aller Frauen im Alter von 15 bis 40
Jahren sind die Zahlen im Landkreis Cuxhaven um 16,6%, im Landkreis Wesermarsch um
20,2% und in der Stadt Bremerhaven um 27,1% zurückgegangen.

                                               Summe aller Frauen im Alter von 15-40

               35000

               30000

               25000

               20000

               15000

               10000

                5000

                  0
                          Landkreis Cuxhaven                Landkreis Wesermarsch                   Stadt Bremerhaven

                                                                  1990    2006

                                                   (Quelle: eigene Berechnung)
-12-

Wichtiger ist allerdings der fast deckungsgleiche Verlauf der hellgrünen Kurve der für die
Geburtenentwicklung maßgeblichen Altersgruppe der 25 bis 30jährigen Frauen. Die
höchsten Werte werden hier im Zeitraum 1993/94 erreicht, danach ist ein relativ starkes
Absinken zu beobachten. Diese Entwicklung erklärt sich sehr leicht, wenn man auf der
Zeitachse etwa 25 bis 30 Jahre zurückgeht, denn die Müttergeneration der frühen 90er-Jahre
entstammt den geburtenstarken Jahrgängen der ersten Hälfte der 60er-Jahre. Mit dem
danach einsetzenden „Pillenknick“ und einem Absinken der Fertilität auf das seit 1973 relativ
stabile Niveau von 1,3 bis 1,4 Kindern pro Frau wird seitdem jede Generation um etwa 1/3
schwächer als die vorhergehende.

Im Verlauf der letzten Jahre zeigen sich allerdings leichte Unterschiede zwischen den
Landkreisen und der Stadt Bremerhaven. Im den Landkreisen Cuxhaven und Wesermarsch
sinken die Zahlen der 25-30jährigen Frauen nach den starken Rückgängen seit 2002
langsam weiter, in der Stadt Bremerhaven ist seit dem Jahr 2004 ein Anstieg um 150 Frauen
der entsprechenden Altergruppe zu verzeichnen. Im Verbund mit der ebenfalls gestiegenen
Fertilität lässt dies auf höhere Geburtenraten hoffen.
Die nachfolgenden Kohorten der 20 bis 25jährigen und der 15-20jährigen erreichen in allen
drei Untersuchungsräumen bei weitem nicht mehr das Niveau der 90er-Jahre und die Kurven
zeigen deutlich weniger Schwankungen. Für die Prognose muss berücksichtigt werden, dass
sich diese Kohortenstärken im Zuge der Bildungswanderung noch verändern werden, die
Landkreise verlieren junge Menschen, die Stadt Bremerhaven kann mit leichten Gewinnen
rechnen.
-13-

                                     Bildungswanderung 18 bis unter 25jähriger

   400

   200

     0
          1995     1996      1997     1998       1999     2000      2001          2002     2003          2004   2005   2006

   -200

   -400

   -600

                                     Landkreis Cuxhaven   Landkreis Wesermarsch      Stadt Bremerhaven

(Quelle GENESIS, eigene Berechnungen – der hohe Bremerhavener Wert für das Jahr 2002 ist auf eine Korrektur in der Statistik
                                zurückzuführen und kann daher vernachlässigt werden!)
-14-

III.         Wanderungen

Neben Fertilität und dem damit verbundenen Geburtendefizit sind die
Wanderungsbewegungen der zweite wesentliche Faktor, der die Bevölkerungsentwicklung in
den drei Untersuchungsräumen beeinflussen wird.
Die Bilanz der Wanderungsgewinne bzw. –defizite seit 1995 sieht wie folgt aus:

                                                          Wanderungsbilanzen

   2500

   2000

   1500

   1000

       500

         0
             1995     1996      1997     1998      1999        2000     2001     2002     2003     2004       2005    2006     2007

   -500

  -1000

  -1500

  -2000

                                          Landkreis Cuxhaven      Landkreis Wesermarsch   Stadt Bremerhaven

        (Quelle GENESIS, eigene Berechnungen, der hohe Bremerhavener Wert für das Jahr 2002 ist auf eine Korrektur in der Statistik
                                        zurückzuführen und kann daher vernachlässigt werden)

Augenfällig ist zunächst der ungewöhnliche Sprung im Jahr 2002 bei den Bremerhavener
Werten. Dieser zieht sich durch sämtliche Auswertungen und ist zurückzuführen auf eine
Korrektur des Bremer Landesamtes für Statistik, welches nachträglich 821 im Jahr 2001
erfolgte Zuzüge in die Stadt Bremerhaven im Jahr 2002 ausweisen musste und ist daher an
dieser Stelle zu vernachlässigen.

Darüber wird aber auch seit Mitte der 90er-Jahre eine nahezu spiegelbildliche Entwicklung
zwischen Landkreis Cuxhaven und Bremerhaven sichtbar, die den stürmischen
Suburbanisierungsprozess dieser Jahre ebenso wie den Rückgang dieser Entwicklung
abbildet. Im Gegensatz zum Landkreis Cuxhaven, der sich halbkreisförmig um das
Oberzentrum Bremerhaven mit seinem „Abwanderungspotential“ legt, befinden sich große
Teile des Landkreises Wesermarsch in einer „Halbinsellage“, die Oberzentren Oldenburg und
Bremen/Delmenhorst strahlen nur zu geringen Teilen in den südlichen Bereich des
Landkreises Wesermarsch. Inwieweit die dort liegenden Gemeinden von ähnlichen
Suburbanisierungsprozessen wie die im Landkreis Cuxhaven profitiert haben, wird zu einem
späteren Zeitpunkt zu untersuchen sein.
-15-

Seit 1997 beläuft sich das kumulierte Wanderungsdefizit des Landkreises Wesermarsch auf
224, die vorige Grafik verdeutlicht die relativ geringen jährlichen Schwankungen, allerdings
auch den stabilen Abwärtstrend seit 2001.

                                                             Wanderungsverflechtungen mit dem Umland

        250

        200

        150

        100

         50

          0
                   1984       1985    1986      1987     1988      1989      1990      1991    1992        1993    1994     1995         1996    1997      1998     1999      2000

         -50

        -100

        -150

        -200

                                                         Bremen           Wilhemshaven         Oldenburg          Delmenhorst            LK-Cuxhaven

                                                                                    (Quelle: NLS)

Diese Grafik zeigt die relativ geringen Wanderungsgewinne des Landkreises Wesermarsch
aus den naheliegenden Zentren Bremen, Delmenhorst und Wilhelmshaven und die
dauerhaften Wanderungsdefizite mit der Stadt Oldenburg (Ausnahme1990).
Kurzfristig konnte der Landkreis Wesermarsch von den hohen Auslandszuwanderungen
nach Deutschland Anfang bis Mitte der 90er-Jahre und zusätzlich von der Ost-West-
Wanderung nach der Deutschen Einheit profitieren.

                                                   Ost-West- und Auslandswanderung LK-Wesermarsch

        1500

        1000

         500

               0
                   84

                         85

                               86

                                      87

                                             88

                                                   89

                                                         90

                                                                91

                                                                      92

                                                                             93

                                                                                    94

                                                                                          95

                                                                                                96

                                                                                                       97

                                                                                                              98

                                                                                                                    99

                                                                                                                           00

                                                                                                                                    01

                                                                                                                                          02

                                                                                                                                                 03

                                                                                                                                                        04

                                                                                                                                                              05

                                                                                                                                                                    06

                                                                                                                                                                           07
               19

                        19

                              19

                                     19

                                           19

                                                  19

                                                        19

                                                              19

                                                                     19

                                                                           19

                                                                                  19

                                                                                         19

                                                                                               19

                                                                                                      19

                                                                                                            19

                                                                                                                   19

                                                                                                                          20

                                                                                                                                20

                                                                                                                                         20

                                                                                                                                                20

                                                                                                                                                      20

                                                                                                                                                             20

                                                                                                                                                                   20

                                                                                                                                                                         20

         -500

       -1000

                                                                             ingesamt         neue Bundesländer           Ausland

                                                                                    (Quelle: NLS)
-16-

                                     Ost-West- und Auslandswanderung LK-Cuxhaven

       3000

       2500

       2000

       1500

       1000

       500

          0
           84

           85

           86

           87

           88

           89

           90

           91

           92

           93

           94

           95

           96

           97

           98

           99

           00

           01

           02

           03

           04

           05

           06

           07
         19

         19

         19

         19

         19

         19

         19

         19

         19

         19

         19

         19

         19

         19

         19

         19

         20

         20

         20

         20

         20

         20

         20

         20
       -500

      -1000

                                                 insgesamt     neue Bundesländer    Ausland

                                                        (Quelle: NLS)
Die Entwicklung im Landkreis Cuxhaven in Bezug auf Wanderungsgewinne aus der Ost-
West- und der Auslandswanderung verlief weitgehend analog der des Landkreises
Wesermarsch. Dass der Landkreis Cuxhaven dennoch über einen langen Zeitraum
erhebliche Zuzugsgewinne erzielen konnte lag an der besonderen Situation des
Suburbanisierungsprozesses in den 90er-Jahren bis etwa 2002/03.

                                 Wanderungsbeziehungen LK-Cuxhaven mit Bremerhaven

        3000

        2500

        2000

        1500

        1000

         500

              0
                  1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

        -500

       -1000

                                                  insgesamt     Bremerhaven (Land Bremen)

                                                        (Quelle: NLS)
-17-

In den Beziehungen zu den Nachbarkreisen des Landkreises Cuxhaven gibt es, insgesamt
betrachtet, nur geringe Wanderungsgewinne bzw. –defizite. Durch die Lage von Teilen des
Landkreises Cuxhaven zur Großstadt Hamburg sind insbesondere in der Altergruppe der 18-
25jährigen Verluste zu verzeichnen.

                                       Wanderungsbilanz mit Nachbarkreisen und Hamburg

       100

        50

         0
              1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

        -50

       -100

       -150

                                                  Hamburg     LK-Wesermarsch     LK-Stade     KL-OHZ

Auf die besonderen Entwicklungen in Bremerhaven wird zu einem späteren Zeitpunkt
eingegangen.
-18-

Betrachtet man die Entwicklung der Wanderungen differenziert nach Teilräumen und
Altersgruppen, lassen sich weitere Ergebnisse feststellen:

                       Wanderungsprofil nach Altersgruppen Landkreis Cuxhaven

 1000

  800

  600

  400

  200

    0
        1996    1997      1998      1999          2000        2001        2002       2003            2004      2005   2006

 -200

 -400

 -600

                       unter 18   18 - unter 25    25 - unter 30     30 - unter 50   50 - unter 65      65 und mehr

                                      (Quelle: GENESIS, eigene Berechnungen)

   •    Der Landkreis Cuxhaven leidet „traditionell“ unter einer bildungs- und
        ausbildungsbedingten Abwanderung junger Erwachsener (18 bis unter 25). In einer
        Zeit, in der die Gesellschaft zunehmende Bildungs- und Qualifizierungsansprüche an
        junge Menschen stellt, wird sich das Problem der Abwanderung dieser Altersgruppe in
        den ländlich strukturierten Regionen eher noch verschärfen, wie auch die Tendenz in
        der Grafik verdeutlicht.
   •    In der, durch sinkende Geburtenzahlen ohnehin reduzierten Altersgruppe der unter
        18jährigen kommt es zusätzlich seit dem Jahr 2004 zu Wanderungsverlusten.
   •    Die Altersgruppe der 25 bis unter 30jährigen ist für den Bestand besonders wichtig,
        weil sie das Potential der „Familiengründer“ stellt. Die auch in der Vergangenheit nicht
        sehr starken Wanderungsgewinne dieser Altergruppe gehen gegen Null bzw. seit
        2004 leicht in den negativen Bereich.
   •    Die Kurve der Wanderungsgewinne bei den 30 bis unter 50jährigen entspricht
        weitgehend der zusammenfassenden Entwicklung der Wanderungen, da in dieser
        Altersgruppe das Hauptpotential des Suburbanisierungsprozesses zu finden ist.
   •    Am stabilsten zeigen sich die Altersgruppen der 50 bis unter 65jährigen und die der
        über 65jährigen. Nach wie vor kann der Landkreis Cuxhaven hier leichte
        Wanderungsgewinne erzielen, wobei der Trend abwärts zeigt.
-19-

In Ergänzung der Grafik werden im Folgenden die detaillierten Zahlen für den Landkreis
Cuxhaven dokumentiert:

                1996     1997      1998        1999       2000        2001            2002      2003           2004      2005      2006
unter 18         509      466       500         578        377         477             106       187             18       -86       -62
18 – unter 25   -232     -296      -144        -200       -236         -76            -317      -297           -339      -349      -493
25 – unter 30     90       51       169         210         64         124              92        67             44       -45        -6
30 – unter 50    460      622       814         767        668         754             394       467             89       132       255
50 – unter 65    266      272       351         291        266         381             183       255            239       111       122
65 und mehr      240      257       269         314        295         268             170       266            215       209        75

                       Wanderungsprofil nach Altersgruppen Landkreis Wesermarsch

  400

  300

  200

  100

    0
        1996    1997       1998      1999          2000        2001        2002          2003           2004      2005          2006

 -100

 -200

 -300

 -400

                        unter 18   18 - unter 25    25 - unter 30     30 - unter 50     50 - unter 65      65 und mehr

                                        (Quelle: GENESIS, eigene Berechnungen)

Das Wanderungsprofil des Landkreises Wesermarsch weist ähnliche Tendenzen auf, wie
das des Landkreises Cuxhaven. Augrund der geringeren Einwohnerzahlen sind die
Schwankungen bei den einzelnen Kurven weniger stark ausgeprägt.
   • Die Bildungswanderung bei den 18 bis unter 25jährigen setzt sich (allerdings mit
      einigen Schwankungen) seit den 90er-Jahren fort.
   • Die seit dem Jahr 2002 sinkenden Wanderungsgewinne bei den unter 18jährigen
      führen erstmals in 2006 zu einem Wanderungsverlust.
   • Schon seit 1998 weist die für die Bestandserhaltung wichtige Altersgruppe der 25 bis
      unter 30jährigen überwiegend Wanderungsdefizite auf.
   • Seit 2001 sinken auch die Werte in der Altergruppe 30 bis unter 50 und erreichen im
      Jahr 2006 den Negativbereich.
   • Bei den über 50jährigen ergeben sich nur geringfügige Schwankungen.
-20-

Auch hier folgen die Zahlen für den Landkreis Wesermarsch getrennt nach Altersgruppen
und Jahren in Tabellenform:

                  1996       1997       1998         1999       2000        2001            2002      2003            2004      2005      2006
unter 18           322         87          3           81        128         108             153       134              70        25       -70
18 - unter 25      -87        -59       -324         -170       -133           1            -156      -163            -171      -121      -216
25 - unter 30      -98        -99          9          -77        -87          18               6       -29             -86        -1       -33
30 - unter 50      140        108        -36          -11         85         175             150       148              83        45       -44
50 - unter 65       52         17         55           65          2          44              16        15              73        -1        43
65 und mehr         26         27        -22           12         21          12              -3         6              32       -14        25

                             Wanderungsprofil nach Altersgruppen Stadt Bremerhaven

  600

  400

  200

    0
        1996        1997        1998       1999          2000        2001        2002          2003            2004      2005          2006

 -200

 -400

 -600

 -800

                             unter 18    18 - unter 25    25 - unter 30     30 - unter 50      50 - unter 65      65 und mehr

    (Quelle: GENESIS, eigene Berechnungen, der hohe Bremerhavener Wert für das Jahr 2002 ist auf eine Korrektur in der Statistik
                                    zurückzuführen und kann daher vernachlässigt werden!)

    •   Die Strukturen in der Stadt Bremerhaven mit Hochschule, Fachschulen und einem
        differenzierten Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten führt dazu, dass die
        Wanderungsbilanz bei der Altersgruppe der 18 bis unter 25jährigen trotz erheblichen
        Einwohnerverlusten deutlich besser ausfällt, als bei den Nachbarkreisen. Seit dem
        Jahr 2005 sind sogar leichte Wanderungsgewinne erzielt worden.
    •   Bei den unter 18jährigen, die etwa bis zur Jahrtausendwende im Zuge der
        Familienwanderung Bremerhaven verließen, zeigt der Trend ebenso nach oben, wie
        bei den 25 bis unter 30jährigen, wobei in einzelnen Jahren seit 2003 sogar leichte
        Wanderungsgewinne erzielt werden konnten (das Jahr 2002 bleibt aus den vorher
        genannten Gründen der Bereinigung der Statistik unberücksichtigt).
-21-

   •   Die Kurve der 30 bis unter 50jährigen gibt annähernd den Gesamttrend wieder und
       weist auf eine Stabilisierung der Wanderungsbilanz Bremerhavens hin.
   •   Ähnlich der Entwicklung in den beiden Nachbarkreisen schwanken die Werte bei der
       Gruppe der 50 bis unter 65jährigen und der über 65jährigen geringer, da die
       Menschen im diesem Alter weniger zu Mobilität neigen. Allerdings kann bedingt durch
       im höheren Alter entstehende Pflegebedürftigkeit damit gerechnet werden, dass auch
       weiterhin Menschen dieser Personengruppe in stationäre Einrichtungen im Landkreis
       abwandern bzw. durch ihre mittlerweile außerhalb Bremerhavens lebenden
       Angehörigen versorgt werden.

   •   Insgesamt zeigt das Wanderungsprofil der Stadt Bremerhaven immer enger
       zusammen liegende Werte und einen deutlichen Aufwärtstrend.

Der Vollständigkeit halber auch hier die Zahlen in der tabellarischen Übersicht:

                 1996   1997   1998   1999    2000    2001   2002    2003    2004   2005   2006
 unter 18        -118   -306   -236   -222    -281    -229    306     103      10    117    -70
 18 - unter 25    -57   -187   -179    -37    -193    -190    432    -188     -60     42     94
 25 - unter 30   -340   -255   -416   -352    -165    -191     58     -80    -113    -59    -44
 30 - unter 50   -473   -686   -630   -681    -631    -705    101     -77    -241   -174    -65
 50 - unter 65    -57   -119   -154    -94     -99    -154     44      11     -25    -27     48
 65 und mehr     -190   -250   -256   -256    -235    -257   -102    -224    -189   -179   -155
-22-

IV.      Wirtschaftskraft

Für die Beurteilung der zukünftig zu erwartenden Wanderungsbewegungen spielt sicherlich
die Entwicklung am Arbeitsmarkt die entscheidende Rolle. Hier muss festgestellt werden,
dass trotz einer gewissen Konsolidierung und den positiven Ansätzen insbesondere in der
Stadt Bremerhaven mit Hafenwirtschaft und in der Windenergiebranche noch keine
grundlegende Verbesserung erreicht werden konnte. In der Unterweserregion zusammen ist
der Bestand an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in den Jahren 1998 bis 2007
sogar nochmals um 2,1 % zurückgegangen.

                         Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort

 50000

 45000

 40000

 35000

 30000

 25000

 20000
          1998    1999      2000        2001        2002       2003         2004        2005     2006   2007

                               Landkreis Cuxhaven   Landkreis Wesermarsch    Stadt Bremerhaven

                                   (Quelle: GENESIS, Statistik Bremen und NLS)

Insbesondere der Landkreis Cuxhaven ist auf die wirtschaftliche Entwicklung seiner
Nachbarräume angewiesen, denn 69,4 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus
dem Landkreis sind Auspendler. Im Landkreis Wesermarsch beträgt dieser Anteil nur 58,3 %,
in der Stadt Bremerhaven nur 24,8 % (Zahlen von 2006).

Das folgende Arbeitsplatzprofil (in der Relation zur Einwohnerzahl) zeigt deutlich die
unterschiedlichen Abhängigkeiten. Die Stadt Bremerhaven stellt als Oberzentrum über den
eigenen Bedarf hinaus in erheblichem Umfang sozialversicherungspflichtige
Beschäftigungsverhältnisse für die Region bereit. Obwohl die Zahl dieser
Beschäftigungsverhältnisse in Bremerhaven von 1998 bis 2006 um 1.410 gesunken, hat sich
die Zahl der Einpendler im gleichen Zeitraum um 1.863 erhöht.
-23-

Die Wirtschaftskraft im Landkreis Wesermarsch ist deutlich stärker als die des Landkreises
Cuxhaven, in Relation zur Einwohnerzahl werde hier mehr sozialversicherungspflichtige
Beschäftigungsverhältnisse angeboten, der Auspendleranteil ist geringer und der
Einpendleranteil höher.

                                                Arbeitsplatzprofil

         40

         35

         30

         25

         20

         15

         10

          5

          0
               Soz.-vers.-pfl.           Soz-vers-pfl.            Auspendler             Einpendler
               Beschäftigte              Arbeitsplätze

                        Landkreis Cuxhaven         Landkreis Wesermarsch       Stadt Bremerhaven

                                          (Quelle: GENESIS, eigene Berechnungen)

Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht die grundsätzlichen Unterschiede hinsichtlich der
wirtschaftlichen Strukturen: der Landkreis Wesermarsch stellt mit 48,5% der Arbeitsplätze im
sekundären Sektor (verarbeitendes Gewerbe, Energie, bau usw.) einen ungewöhnlich hohen
Anteil an industriellen Arbeitsplätzen zur Verfügung, der primäre Bereich (Land- und
Forstwirtschaft, Fischerei) spielt kaum eine Rolle der tertiäre Sektor (Handel, Dienstleistung,
Banken und Versicherungen, öffentlicher Dienst, Soziales usw.) dominiert im Landkreis
Cuxhaven und der Stadt Bremerhaven.
Diese starke industrielle Ausprägung führt zu einer hohen Bruttowertschöpfung pro
Erwerbstätigem (Werte von 2005) im Landkreis Wesermarsch und einem vergleichsweise
hohem Anteil Hochqualifizierter am Arbeitsort.

                                               Landkreis                Landkreis                    Stadt
                                               Cuxhaven                 Wesermarsch                  Bremerhaven
Beschäftigte im 1. Sektor (%)                                     3,2                          1,9                    0,4
Beschäftigte im 2. Sektor (%)                                   27,6                       48,5                      22,4
Beschäftigte im 3. Sektor (%)                                   69,3                       49,5                      77,1
Bedeutung als Arbeitsort                                          0,6                          0,8                    1,4
Hochqualifizierte am Arbeitsort                                   4,2                          5,9                    6,6
Bruttowertschöpfung
je Erwerbstätigem in €                                       43.470                     55.794                     51.981

                                 (Quelle: Bertelsmann-Stiftung und Focus-Money-Ranking 2007)
-24-

Im Wettstreit der Regionen, der vor dem Hintergrund des demografischen Wandels schon
lange begonnen hat, ist die Ausgangsbasis für die Unterweserregion nicht sehr günstig.
Wesentliche Entwicklungen finden in den Großstädten und Metropolen statt, dort konzentriert
sich Forschungs- und Entwicklung und diese besitzen eine hohe Attraktivität. Mit
Fernwanderungsgewinnen in nennenswerten Umfang kann also nicht gerechnet werden. Die
nachfolgende Folie des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung dokumentiert diese
Konzentration in den Metropolen.

    Grundtypen der Raumstruktur in Deutschland

                                                  Zentrenerreichbarkeit als Maß
                                                  für die Lagegunst von Regionen:
                                                   • Zentrale Orte bündeln
                                                     Beschäftigungsmöglichkeiten und
                                                     Versorgungseinrichtungen.
                                                   • Nähe zu Zentralen Orten vermittelt
                                                     räumliche Standortattraktivität.
                                                   • Zentrale und zentrennahe Räume sind
                                                     Räume mit hoher wirtschaftlicher Aktivität
                                                     und großen Kontaktpotenzialen.

                                                                                                                                  © BBR Bonn 2005

                                                  Dr. Horst Lutter, Alexander Schürt; BBR Bonn   Folie 9 Bonn, den 18. Mai 2005

Auch an der Zuwanderung aus dem Ausland partizipieren fast ausschließlich die großen
Zentren. Die nachfolgende Karte der Verteilung der Zuzüge aus dem Ausland dokumentiert
diese metropolenorientierte Sogkraft. Hinzu kommt, dass der Wanderungssaldo mit dem
Ausland mittlerweile gegen Null geht.
-25-
-26-

V.    Prognosenvergleich

Für die Beurteilung der Situation und der Herausforderungen, die der demografische Wandel
für die Akteure in der Region mit sich bringt, ist eine Prognose der zukünftigen Entwicklungen
unerlässlich. Diese Prognose sollte weit genug in die Zukunft reichen, um vorausschauende
Entscheidungen zu ermöglichen, auf der anderen Seite darf sie nicht zu ungenau werden.
Rein theoretisch lässt sich der demografische Wandel recht genau vorhersagen, den die
wesentlichen Einflussfaktoren sind bekannt: Geburten, Lebenserwartung und Wanderungen.
Für den Zeitraum von etwa 25 Jahren könnten also mit den heute vorhandenen Daten der
bereits geborenen Kinder, die für eine spätere Elternschaft infrage kommen, aussagekräftige
Prognosen erstellt werden.
Für den Bereich Gesamtdeutschlands funktioniert dieser Ansatz recht gut, lediglich der
Faktor ‚Wanderungsbilanz mit dem Ausland’ bildet hier eine entscheidende Variable. Das
Statistische Bundesamt hat zuletzt Ende 2006 in seiner 11. Koordinierten
Bevölkerungsvorausberechnung anhand verschiedener Varianten langfristige Prognosen bis
zum Jahr 2050 erstellt, wonach die Bevölkerungszahl Deutschlands bei fast konstanter
Geburtenhäufigkeit, moderatem Anstieg der Lebenserwartung und einem positiven jährlichen
Wanderungssaldo von 100.000 um 14 Millionen sinken wird.
Je weiter man sich in der Analyse von dieser globalen Ebene löst und kleinräumigere
Prognosen entwickelt, desto stärker wirken regionale oder lokale Besonderheiten,
insbesondere die Auswirkungen von Wanderungsbewegungen.
Die klassische Form der Prognoseerstellung basiert auf der (zumeist linearen)
Fortschreibung der Entwicklungen der Vergangenheit. Problematisch wird dieser
methodische Ansatz, wenn innerhalb des für die Prognose genutzten Zeitraumes der
Vergangenheit gravierende Veränderungen eingetreten sind. Wie in den Abschnitten II. bis
IV. dieses Berichts erläutert, gab es im Verlauf der letzten Jahre im Untersuchungsgebiet
entscheidende Veränderungen in der Zahl der ‚potentiellen Mütter’, den Geburten, im
Suburbanisierungsprozess und auf der Ebene der globalen Zuwanderung.
Die Bertelsmann-Stiftung, die in Deutschland am bekanntesten auf dem Sektor der
Prognoseerstellung ist und die mit ihrem ‚Wegweiser’ ein für alle Kommunen (über 5.000
Einwohnern) wichtiges Instrument entwickelt hat, versucht auf diese Fehlerquelle durch
ergänzende Verlaufsübersichten seit 2003 (bis 2006) hinzuweisen. Leider findet sich dieser
entscheidende Hinweis nicht in allen Veröffentlichungen der Bertelsmann-Stiftung und kann
dadurch, wie zuletzt im ‚Regionalreport Niedersachsen’ falsche Schlussfolgerungen bei
kommunalen Akteuren auslösen.

Im Folgenden werden die Veränderungen einiger wichtiger von der Bertelsmann-Stiftung
genutzten Indikatoren im Verlauf der Jahre 2003-2006 dokumentiert::

           1. Bevölkerungsentwicklung der vorhergegangenen 7 Jahre in %

                   2003               2004               2005               2006
Landkreis          + 3,5              + 2,8              + 1,5              + 0,2
Cuxhaven
Landkreis          - 0,2              - 0,5              - 0,6              - 1,1
Wesermarsch
Stadt              -8 ,3              - 7,6              - 6,5              - 5,5
Bremerhaven
-27-

2. Fertilitätsindex (jeweils im Verlauf der 4 letzten Jahre gemittelte prozentuale Abweichung
                                  vom Bundesdurchschnitt)

                  2003               2004               2005               2006
Landkreis         10,9               11,4               11,4               9,8
Cuxhaven
Landkreis         20,0               22,0               20,5               18,7
Wesermarsch
Stadt             11,7               12,3               12,2               16,2
Bremerhaven

      3. Bildungswanderung (pro 1000 Einwohner in der Gruppe der 18 – 24jährigen)

                  2003               2004               2005               2006
Landkreis         - 17,0             - 18,6             - 23,1             - 26,6
Cuxhaven
Landkreis         - 17,3             - 18,6             - 21,9             - 24,6
Wesermarsch
Stadt             - 3,6              - 0,3              + 4,7              - 2,7
Bremerhaven

   4. Familienwanderung (Wanderungsgewinn oder –verlust pro 1000 Einwohner in der
                 Gruppe der unter 18jährigen und der 30 – 49jährigen)

                  2003               2004               2005               2006
Landkreis         + 8,5              + 6,2              +4,1               +2,6
Cuxhaven
Landkreis         + 5,6              + 5,4              +4,7               + 2,1
Wesermarsch
Stadt             - 6,4              - 6,8              -5,3               - 1,9
Bremerhaven

In allen vier für die Prognoseerstellung entscheidenden Indikatorenbereichen ist es in diesen
4 Jahren zu signifikanten Veränderungen gekommen, die sich ebenfalls in allen Bereichen
positiv für die Bremerhavener und negativ für die Prognosen der beiden Landkreise auswirkt!

Im Vergleich der vorliegenden Gutachten der Bertelsmann-Stiftung, des Bundesamt für
Bauwesen und Raumordnung (BBR) und der Landesämter wird im Folgenden zu überprüfen
sein, inwieweit solche Tendenzänderungen berücksichtigt worden sind. Zusätzlich werde ich
versuchen, auf der Grundlage meiner Analyse eine eigene Prognose zu erstellen.
-28-

   A.     Landkreis Cuxhaven

Zunächst einmal ist festzustellen, dass alle Gemeinden im Landkreis Cuxhaven und die Stadt
Cuxhaven z.T. schon seit Jahren, spätestens jedoch seit 2005, Einwohnerverluste zu
verzeichnen haben.

Stadt/Gemeinde/          Einwohnerverlust bis Ende 2007         entspricht Verlust in
Samtgemeinde:            seit Ende:                             Prozent und Jahr:

Am Dobrock               2003 = 274                             0,55
Bederkesa                2003 = 291                             0,58
Beverstedt               2003 = 418                             0,73
Börde Lamstedt           2005 = 46                              0,37
Hadeln                   2005 = 103                             0,50
Hagen                    2004 = 115                             0,34
Hemmoor                  2004 = 273                             0,63
Land Wursten             2004 = 91                              0,31
Langen                   2004 = 263                             0,47
Loxstedt                 2003 = 443                             0,67
Nordholz                 2005 = 68                              0,45
Schiffdorf               2004 = 215                             0,50
Sietland                 2004 = 127                             0,74
Cuxhaven                 2003 = 1.289                           0,61

                                        (Datenquelle: NLS)

Wie problematisch es ist, eine Prognose zu erstellen, wird an den Veröffentlichungen des
Niedersächsischen Landesamtes für Statistik(NLS) deutlich. Natürlich bietet das NLS
auch eine Bevölkerungsvorausschätzung an. Datengrundlage ist das Jahr 2004 und die
Prognose reicht bis 2021 (Tabelle K1010113). Danach würde der Landkreis bis zum Jahr
2020 lediglich 4.156 Einwohner verlieren, dies entspräche einem Bevölkerungsrückgang von
2,01 Prozent. Dabei ging das NLS zum Zeitpunkt der Prognoseerstellung davon aus, dass
die Bevölkerungszahl im Landkreis Cuxhaven noch bis zum Jahr 2008 wachsen wird.
Tatsächlich hat jedoch der Landkreis Cuxhaven in den drei Jahren seit 2004 bereits 3.375
Einwohner verloren, dies entspricht 1,64 % gegenüber dem Ausgangswert.
-29-

                               Reale Entwicklung und Prognose NLS

   208000

   207000

   206000

   205000

   204000

   203000

   202000

   201000

   200000
            2000      2001      2002        2003            2004           2005   2006   2007

                                        reale Entwicklung   Prognose NLS

Auch das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) hat entsprechende
Prognosen erarbeitet. Ausgehend vom Basisjahr 2002 prognostiziert das BBR für den
Landkreis Cuxhaven einen Bevölkerungsrückgang von lediglich 0,7 Prozent bis zum Jahr
2020. Leider haben weder das Bundesamt für Statistik, noch das BBR ihre Prognosen, die
natürlich längst überholt sind, den realen Entwicklungen angepasst.

Die dritte Prognose stammt von der bereits mehrfach erwähnten Bertelsmann-Stiftung und
auch diese ist leider ebenfalls wenig hilfreich. Auf der eigentlich aktuelleren Grundlage des
Jahres 2006 wird bis zum Jahr 2020 ein Einwohnerrückgang von nur 0,4 Prozent ermittelt,
dies entspräche in 14 Jahren 817 Einwohnern. Tatsächlich ist aber bereits in dem einen Jahr
2007 ein Einwohnerverlust von 1.302 zu verzeichnen gewesen!

Eine weitere Prognose hat der Landkreis Cuxhaven durch sein Sozialplanungsreferat selber
erarbeiten lassen und Ende 2005 der Öffentlichkeit präsentiert. Danach würde der
Bevölkerungsrückgang gegenüber dem Jahr 2005 bis 2020 2,52 Prozent
(= 5.211 Einwohner) betragen. Allerdings ging auch der Landkreis Cuxhaven bei seinen
Berechnungen noch von einem Anstieg der Bevölkerung bis zum Jahr 2008 aus.

Zu welch unterschiedlichen Ergebnissen in der Prognose man kommt, wenn die aktuellen
Entwicklungen in die Berechnungen einfließen, wird durch die ‚NIW-Bevölkerungsprognose
2007’ des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung (NIW) im Auftrag der
Landestreuhandstelle für das Wohnungswesen in Niedersachsen (LTS) deutlich.
Der Autor, Prof. Jung, berücksichtigt die geschlechtsspezifischen jahrgangsweise
Bevölkerungsfortschreibung der Geborenen, die Sterbefälle sowie die Zu- und Fortzüge für
Niedersachsen bzw. seine Teilräume. Für die Projektion der Geborenenzahlen wurden die
alters- und geschlechtsspezifischen Geborenenraten des jeweiligen Stadt- bzw. Landkreises
im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2006 und für die Sterbefälle die mit einem leichten Trend
zur weiteren Erhöhung der Lebenserwartung fortgeschriebenen alters- und
-30-

geschlechtsspezifischen Sterbewahrscheinlichkeiten für den Durchschnitt der Jahre 2004 bis
2006 zu Grunde gelegt. Für die Vorausberechnung der Zu- und Fortzüge wurde
angenommen, dass auch zukünftig die alters- und geschlechtsspezifischen
Wanderungsintensitäten im Durchschnitt der letzten drei Jahre 2004 bis 2006 liegen.
Ausgehend vom Ausgangszeitpunkt 01.01.2007 wurden auf dieser Basis die natürliche
Entwicklung sowie die Wanderungen Jahr für Jahr bis zum Jahr 2025 ermittelt.
Abweichungen zu vorliegenden älteren Prognosen ergaben sich durch den aktuelleren
Startzeitpunkt, der die tatsächlich abgelaufene Entwicklung des Jahres 2006 bzw. weiter
zurückliegender Jahre voll einbezieht, sowie durch aktualisierte Annahmen zu den
zukünftigen Geborenenraten, Sterberaten und vor allem zu den alters und
geschlechtsspezifischen Zu- und Fortzugsraten, deren Niveau sich gerade in den letzten
Jahren stark verringert hat.
Durch diesen, aktuelle Entwicklungen berücksichtigenden Ansatz kommt Prof. Jung zu ganz
anderen Ergebnissen, als alle anderen Institute. Bis zum Jahr 2025 prognostiziert er einen
Bevölkerungsrückgang sowohl im Landkreis Cuxhaven als auch im Landkreis Wesermarsch
von etwa 13 %. Umgerechnet auf den Zeitraum bis 2020 entspricht dies für den Landkreis
Cuxhaven einem Rückgang von 9,6 Prozent bzw. 19.600 Einwohnern gegenüber dem
Jahr 2006. Diese Prognose mag zunächst erschrecken, fußt aber auf einer realistischen
Einschätzung, wie im Folgenden zu untersuchen ist.

Prognoseabschätzung und Bewertung:

Gemäß der Formel „Bevölkerung heute minus Geburtendefizit minus Wanderungsdefizit
ergibt die zu erwartende Bevölkerungszahl“ gilt es, die vorliegenden Prognosen im Hinblick
auf ihre Eintrittswahrscheinlichkeit zu bewerten.
Auch in der Vergangenheit, als die Geburtenraten im Landkreis noch relativ hoch lagen,
übertraf die Zahl der Sterbefälle regelmäßig die der Geburten. Bis zur Jahrtausendwende lag
das jährliche Geburtendefizit ziemlich gleichmäßig bei etwa 350. Wie die folgende Grafik
zeigt, stieg bei unveränderter Sterblichkeitsquote durch die sinkende Geburtenentwicklung
das Geburtendefizit und erreichte im Mittel der letzten drei Jahre jeweils 940.

                                 Geburten und Sterbefälle im Landkreis Cuxhaven
      3000

      2500

      2000

      1500

      1000

       500

        0
             1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

                                                   Geburten   Sterbefälle

                                                  (Quelle: NLS)
-31-

Durch die zunehmende Alterung der Bevölkerung, und diese lässt sich ziemlich genau
vorherberechnen da diese Bevölkerungsgruppe nur in einem sehr geringen Maß
Wanderungsbewegungen unterworfen ist, wird die Zahl der Sterbefälle in der Zukunft eher
zunehmen, allerdings geringfügig beeinflusst durch die Zunahme der Lebenserwartung von
derzeit etwa drei Monaten pro Jahrgang.

                         Lebenserwartung in Deutschland

                     Durchschnittliche weitere Lebenserwartung
                    Sterbetafel      2002/2004 2003/2005 2004/2006
                       Männer Jahre 75,89          76,21     76,64
              Alter 0
                       Frauen Jahre 81,55          81,78     82,08
                       Männer Jahre 56,55          56,85     57,24
              Alter 20
                       Frauen Jahre 62,07          62,28     62,56
                       Männer Jahre 37,37          37,63     37,98
              Alter 40
                       Frauen Jahre 42,46          42,66     42,92
                       Männer Jahre 20,05          20,27     20,58
              Alter 60
                       Frauen Jahre 24,08          24,25     24,49
                       Männer Jahre 16,26          16,47     16,77
              Alter 65
                       Frauen Jahre 19,77          19,94     20,18
                       Männer Jahre     7,24       7,35      7,51
              Alter 80
                       Frauen Jahre     8,64       8,72      8,87
                                  (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Der Anteil 60 – 79jähriger an der Bevölkerung des Landkreises Cuxhaven wird von 22,4 %
(in 2006) auf 25,9 % und der der über 80jährigen von 5,4 % (in 2006) auf 8,8 % im Jahr 2020
steigen.

Das folgende Alterungsprofil für den Landkreis Cuxhaven zeigt den Anstieg der Jahrgänge
unterhalb der durchschnittlichen Lebenserwartung (Männer etwa 74, Frauen etwa 80 Jahre).
-32-

                                           Alterungsprofil

  59-60

  61-62

  63-64

  65-66

  67-68

  69-70

  71-72

  73-74

  75-76

  77-78

  79-80

  81-82

  83-84

 über 85

           0    500       1000      1500           2000            2500   3000   3500   4000

                                              Männer      Frauen

                                            (Quelle: NLS)

Die voraussichtliche Geburtenentwicklung ist abhängig von der Zahl der infrage kommenden
‚potentiellen Mütter’ und deren Fertilität. Würden alle heute im Landkreis Cuxhaven lebenden
Mädchen und jungen Frauen bis zum Jahr 2020 wohnhaft bleiben, würde die Entwicklung der
relevanten Altersgruppe wie folgt verlaufen:
Ausgehend vom Stand Ende 2007 (= 9.320) würde die Zahl zunächst weiter absinken auf
9.071 im Jahr 2009, dann leicht ansteigen und 2013 erstmals wieder das Ausgangsniveau
erreicht haben. Danach steigt die Zahl deutlich an, denn hier wirkt sich der „Echoeffekt“ auf
die relativ starken Geburtenjahrgänge der 90er-Jahre aus, die dann zu ‚potentiellen Müttern’
werden, sinken aber nach 2020 auf ein noch niedrigeres Niveau als heute.
-33-

                               Vergleich der Entwicklung der 25-35jährigen Frauen

 11000

 10500

 10000

  9500

  9000

  8500

  8000
         2007   2008   2009   2010   2011   2012     2013    2014      2015        2016   2017   2018   2019   2020

                                             Frauen 25-35    wanderungsbereinigt

                                       (Quelle: NLS, eigene Berechnungen)

Zwei Faktoren müssen an dieser Stelle beachtet werden:

   •     Zunächst einmal sieht die Entwicklung – sogar statisch betrachtet – positiver aus, als
         sie wirklich ist. Im Vergleich zu den Kohortenstärken der 90er-Jahre liegen die Werte
         in den Jahren 2019/20 immer noch um fast 4.000 unter denen von 1995.
   •     Zum anderen wissen wir, dass durch die Abwanderung junger Menschen im Zuge von
         Ausbildung, Studium und Arbeitsaufnahme jährlich etwa 150 Frauen den Landkreis
         Cuxhaven verlassen, bevor sie das Alter von 25 Jahren erreichen. Insofern dürfte die
         reale Entwicklung im Prognosezeitraum eher dem unteren Kurvenverlauf entsprechen,
         der dieses Element (vorsichtig geschätzt mit 100, im Durchschnitt der letzten 5 Jahre
         waren es 173) berücksichtigt.

Hinsichtlich der Fertilität hat sich die durchschnittliche Zahl der Kinder pro Frau in den letzten
15 Jahren immer mehr dem Bundesdurchschnitt angenähert und liegt etwa bei 1,4. Da dieser
Mittelwert in Deutschland seit über 30 Jahren weitgehend unabhängig von wirtschaftlichen
Entwicklungen oder sozialpolitischen Maßnahmen erreicht wird, kann in der Prognose für
den Landkreis Cuxhaven davon ausgegangen werden, dass es hier keine gegenläufigen
Entwicklungen geben wird.
Aufgrund der zu erwartenden Entwicklung der Kohortenstärken wird die Zahl der Geburten
bis etwa 2011 weiter abnehmen und sich dann langsam wieder dem heutigen Niveau
anzunähern.
-34-

Größter Unsicherheitsfaktor bei einer Bevölkerungsprognose bleibt dann die
Wanderungsbilanz. Der Gesamttrend geht deutlich nach unten, im Jahr 2005 musste der
Landkreis Cuxhaven zum ersten Mal seit 1988 wieder ein Wanderungsdefizit verzeichnen.
Dieses stieg dann 2006 von 28 auf 109 und im letzten Jahr auf 418. Auf die Faktoren, die
dazu geführt haben, wurde bereits ausführlich eingegangen:

   •     Der Suburbanisierungsprozess ist praktisch zum Stillstand gekommen
   •     Die wirtschaftliche Entwicklung mit ihrer Zentrenorientierung führt zu einer weiteren
         Schwächung der ‚peripheren’ Räume, das eigene Potential in der Region reicht nicht
         für eine Schaffung neuer Arbeitsplätze
   •     Die Zuwanderung aus dem Ausland konzentriert sich ebenfalls weitgehend in den
         Metropolen.

Fazit:

In der Summe muss für den Landkreis Cuxhaven davon ausgegangen werden, dass
die natürliche Bevölkerungsentwicklung durch weiterhin sinkende Geburtenzahlen
und alterungsbedingten leichten Anstieg der Sterbefälle zu einem jährlichen Defizit
von bis zu 1.000 Einwohnern im Jahr führen wird. Würde es gelingen, die jährlichen
Wanderungsverluste stabil auf dem Niveau des Jahres 2007 zu halten, ergäbe sich für
den Landkreis Cuxhaven zusammengenommen bis Ende 2020 ein Einwohnerverlust
von 18.200, entsprechend also 8,97 Prozent ausgehend vom Stand Ende 2007. Zu
befürchten ist allerdings, dass sich die Entwicklung der letzten drei Jahre fortsetzt und
sich die Einwohnerverluste bis zum Jahr 2020 auf etwa 20.000 und damit ca.
10 Prozent summieren werden. Ausdrücklich muss an dieser Stelle darauf
hingewiesen werden, dass sich diese Aussage auf den Landkreis Cuxhaven in seiner
Gesamtheit bezieht, auf der kleinteiligen Ebene der kreisangehörigen Kommunen bzw.
der Stadt Cuxhaven können die Einzelergebnisse im Verlauf des Prognosezeitraumes
davon abweichen, ohne dass dies den Gesamttrend wesentlich beeinflusst.
-35-

   B.      Landkreis Wesermarsch

Auch im Landkreis Wesermarsch sind flächendeckend für alle Städte und Gemeinde
Bevölkerungsverluste festzustellen:

Stadt/Gemeinde              Einwohnerverlust bis Ende 2007                         entspricht Verlust in
                            seit Ende:                                             Prozent und Jahr:

Berne                       2003 = 197                                             0,68
Brake                       2003 = 210                                             0,32
Butjadingen                 2004 = 146                                             0,74
Elsfleth                    2005 = 127                                             0,68
Jade                        2005 = 71                                              0,60
Lemwerder                   2003 = 194                                             0,66
Nordenham                   2003 = 532                                             0,48
Ovelgönne                   2004 = 94                                              0,54
Stadtland                   2004 = 256                                             1,07

Die Prognose des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik (NLS) für den Landkreis
Wesermarsch auf der Grundlage der Daten des Jahres 2004 geht von einem
Bevölkerungsrückgang des Landkreises Wesermarsch von 3.225 Einwohnern bis zum Jahr
2020 aus. Dies entspräche einem Verlust von 3,42 Prozent. Wie die nachfolgende Grafik
verdeutlicht, weicht die Prognose bereits in den ersten Jahren deutlich von der realen
Entwicklung ab, denn die Hälfte des vorhergesagten Einwohnerverlustes wurde schon
innerhalb der ersten drei Jahre des Prognosezeitraumes erreicht, das entspricht bereits
einem Verlust von 1,72 Prozent gegenüber dem Ausgangswert .

                                Reale Entwicklung und Prognose NLS

   94500

   94000

   93500

   93000

   92500

   92000

   91500
              2000   2001        2002        2003            2004           2005          2006      2007

                                         reale Entwicklung   Prognose NLS
-36-

Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) geht von fast gleichen Werten
aus, hier wird für den Zeitraum von 2002 bis 2020 ein Einwohnerrückgang von 3,6 Prozent
vorausgesagt, demnach hätte der Landkreis Wesermarsch im Jahr 2020 noch 90.037
Einwohner, also 3.396 gegenüber dem Jahr 2002 verloren. Auch hier ist die reale
Entwicklung also deutlich schneller vorangeschritten, als vom BBR erwartet.

Die Bertelsmann-Stiftung liegt bei ihrer Einschätzung der Entwicklung im Landkreis
Wesermarsch mit einem prognostizierten Bevölkerungsrückgang von 4,6 Prozent im
Zeitraum 2006 bis 2020 ( = minus 4.282 Einwohner) schon deutlich höher als die anderen
beiden Institute.

Für zwei Gemeinden aus dem Landkreis Wesermarsch liegen seit kurzem auch detaillierte
Fallstudien zum demografischen Wandel vor. Die Oldenburger FORUM GmbH hat hier für
die Gemeinden Lemwerder und Berne umfassendes Material und Handlungsempfehlungen
erarbeitet. Ebenfalls von der Forum GmbH erstellt wurde im letzten Jahr eine Studie zum
demografischen Wandel in der Metropolregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten, in der für
allen Städte, Gemeinden und Samtgemeinden der Metropolregion anhand von diversen
Indikatoren Demografieprofile entnommen werden können. Ausdrücklich weisen die Autoren
dieser Studie darauf hin, dass ihre an den Daten der Bertelsmann-Stiftung orientierten
Aussagen angesichts der aktuellen Entwicklungen zu optimistisch erscheinen und relativiert
werden müssen. Während die Fallstudien keine in Zahlen gefasste Bevölkerungsprognose
für den Zeitraum bis 2020 beinhalten sondern ihren Schwerpunkt auf Analysen und
Handlungsempfehlungen setzen, finden sich im Bericht über die Metropolregion Hinweise auf
absehbare Schrumpfungstendenzen bis 2020 in den Städten Nordenham und Brake und der
Gemeinde Stadland (> = 10 %). Für die Gemeinden Burhave, Jade, Ovelgönne und Elsfleth
wurde ein Absinken um mehr als 5 %, für die Stadt Elsfleth Stagnation und für Berne noch
ein leichter Gewinn angenommen.

Das Niedersächsische Institut für Wirtschaftsforschung (NIW) geht in seiner
Bevölkerungsprognose 2007, wie bereits erwähnt, unter Zugrundelegen der aktuellsten
Entwicklungen von einem Bevölkerungsrückgang von 13 % bis 2025 aus, was real einem
Rückgang von 9,6 Prozent bzw. 8937 Einwohnern bis 2020 entspricht.

Prognoseabschätzung und Bewertung:

Im Gegensatz zum Landkreis Cuxhaven lag die Zahl der Geburten in der Wesermarsch
lange über der der Sterbefälle. Bis 1998 konnten durch diese „natürliche
Bevölkerungsentwicklung“ Einwohnerzuwächse verzeichnet werden. Seit dem Jahr 1999
stieg das Geburtendefizit jedoch stetig und erreichte 2007 den Wert von 399. Im Mittel der
letzten drei Jahre verlor der Landkreis Wesermarsch jährlich 339 Einwohner infolge dieser
Entwicklung.
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                            Geburten und Sterbefälle im Landkreis Wesermarsch

 1200

 1000

  800

  600

  400

  200

   0
          1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

                                                  Geburten       Sterbefälle

                                                 (Quelle: NLS)

Hinsichtlich der Anzahl der Sterbefälle ist davon auszugehen, dass diese mittelfristig infolge
der zunehmenden Alterung trotz steigender Lebenserwartung steigen wird. Der Anteil der 60
-79jährigen an der Bevölkerung wird von 21,2 % (in 2006) bis zum Jahr 2020 auf 23,7 und
der der über 80jährigen von 4,9 % auf 8,1 % im gleichen Zeitraum steigen. Diese Zahlen
können insofern als gesichert gelten, da die ältere Bevölkerung weniger ausgeprägt an
Wanderungsprozessen beteiligt ist. Auch hier zeigt das Alterungsprofil ein starkes
Anwachsen der Jahrgänge unterhalb der derzeitigen durchschnittlichen Lebenserwartung.
                                                 Alterungsprofil

         59-60

         61-62

         63-64

         65-66

         67-68

         69-70

         71-72

         73-74

         75-76

         77-78

         79-80

         81-82

         83-84

        über 85

                  0   200        400       600           800              1000   1200   1400   1600

                                                    Männer     Frauen
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