Der elektronische Medikationsplan - mehr Sicherheit in der Arzneimitteltherapie? - Wolf-Dieter Ludwig
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Der elektronische Medikationsplan – mehr Sicherheit in der Arzneimitteltherapie? Wolf-Dieter Ludwig Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft HELIOS Klinikum Berlin-Buch Klinik für Hämatologie, Onkologie, Tumorimmunologie und Palliativmedizin
Erklärung zu Interessenkonflikten • Beschäftigungsverhältnis: HELIOS • Aufwandsentschädigung: A.I.D. (BÄK/ KBV); wissenschaftlicher Beirat der Techniker Krankenkasse und Central KV • Honorare: keine • Drittmittel: keine ad personam (Drittmittelkonto Klinik) • sonstige Unterstützung: nein • Aktien, Patente, Geschäftsanteile: keine • Autorschaft (z.B. „Ghostwriter“): nein • Intellektuelle Interessenkonflikte: Vorstandsvorsitz AkdÄ Mitglied des Management Board der European Medicines Agency Mitherausgeber „DER ARZNEIMITTELBRIEF“; Mitglied der medizinisch-wissenschaftlichen Redaktion Dtsch. Ärztebl. Arzneiverordnungs-Report: Autor von 2 Kapiteln Mitglied in verschiedenen Editorial Boards von Fachzeitschriften Mitglied von MEZIS
Medikationsplan aus Sicht der AkdÄ Agenda Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) Multimedikation (Polypharmakotherapie, Polypharmazie, ….) einheitlicher Medikationsplan und Spezifikation Ausblick: E-Health Gesetz; Testregionen zum Medikationsmanagement/Medikationsplan
Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) Ziel: optimaler Medikationsprozess, Medikationsfehler↓ Verordnungs-, Übertragungs-, Distributions-, Applikationsphase Verbesserung suboptimaler Abläufe im Medikationsprozess vermeidbare unerwünschte Ereignisse (UAE) durch Medikationsfehler aufgrund: • falscher Dosierung • Nichtbeachtung von Kontraindikationen oder Warnhinweisen • Arzneimittelinteraktionen • keiner/falscher Indikation • falscher Verabreichung oder Einnahme Arzneimittel • Kommunikationsfehler • Verwechslungen • Übersehen von Allergien • .....................................
Was sind Medikationsfehler? • (unbeabsichtigtes) Abweichen vom optimalen Medikationsprozess • grundsätzlich vermeidbar • (potenzielle) Schädigung des Patienten • Jeder Schritt des Medikationsprozesses kann betroffen sein! • Jeder Beteiligte kann Medikationsfehler verursachen! Dtsch Arztebl 2014; 111(44): A-1892 / B-1618 / C-1550
World Alliance for Patient Safety „Etwa 10 % der Krankenhausaufenthalte sind bedingt durch unerwünschte Arzneimittelereignisse (ein hoher Anteil ist vermeidbar). Fehler bei der Verschreibung sind am häufigsten.“ „Vermeidbare Medikationsfehler führen zu etwa 500.000 Krankenhausnotaufnahmen jährlich (BfArM).“
Medikationsplan aus Sicht der AkdÄ Agenda Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) Multimedikation (Polypharmakotherapie, Polypharmazie) einheitlicher Medikationsplan und Spezifikation Ausblick: E-Health Gesetz; Testregionen zum Medikationsmanagement/Medikationsplan
Multimedikation (Polypharmakotherapie, Polypharmazie ….) keine einheitliche Definition: • gleichzeitige, andauernde Einnahme von ≥ 5 Medikamenten/Tag • zusätzliche Einnahme von „Over-The-Counter (OTC)“ Medikamenten bei älteren Personen sehr häufig • Multimedikation bei ca. 40% der Patienten ≥ 65 Jahre • GKV-Versicherte > 65 Jahre (27,2% der Bevölkerung): durchschnittlich 3,6 Tagesdosen als Dauertherapie (im Jahr 2010) • bei älteren (geriatrischen) Patienten häufig > 10 Medikamente
September 2015
• 4,5 Mio. Menschen (5,4% der Bevölkerung) sind 80 Jahre alt und älter – und ihre Zahl wächst!
Arzneiverbrauch je Versicherter in der GKV 2014* DDD je Versicherter *Schaufler J & Telschow C: Arzneiverordnungs-Report 2015
Weitere Ursachen von Multimedikation • Ko-/Multimorbidität • Behandlung durch mehrere Ärztinnen/Ärzte und andere Heilberufe • krankheitsspezifische Leitlinien (LL)/ krankheitsspezifische Therapieziele • Therapieziele in LL ohne Berücksichtigung von Multimorbidität und Lebensalter • (zu) strikte Behandlungsziele, vor allem bei älteren Patienten (z.B. HbA1c; Blutdruck, s. SPRINT-Studie; Lipide) • Behandlung von Symptomen, Laborwerten und Befindlichkeitsstörungen • unkritische Übernahme von Empfehlungen aus dem Krankenhaus • Selbstmedikation (OTC Medikation) • Wünsche des Patienten
Medikation einer Patientin „Brown-Bag-Analyse“ Boyd CM et al., JAMA Aug. 2005 79-jährige Patientin mit arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus, Osteoporose, Osteoarthritis, COLD Therapie nach Leitlinien bedeutet: 12 verschiedene Medikamente täglich 19 Tabletten/Tag 5 verschiedene Einnahmezeitpunkte 406.00 US $ / Monat
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Konsequenzen der Multimedikation • Medikation unübersichtlich (Verwechslung), häufig bedenklich • ca. 20% der Arzneimittel bei Senioren potenziell inadäquat • Adhärenz beeinträchtigt (nicht korrekte o. keine Einnahme) • Risiko für arzneimittelbezogene Probleme▲/Medikationsfehler • Risikofaktor für Wechsel- und Nebenwirkungen • bei älteren Patienten verantwortlich für ca. 10% der Krankenhauseinweisungen (in NL: sogar ca. 20%) • Pharmakokinetik älterer Patienten nicht adäquat berücksichtigt zu hohe/niedrige Dosierung, falsche Einnahmefrequenz • Auftreten von „Verordnungskaskaden“ • Folgen: u.a. kognitive Einschränkungen, Inkontinenz, Stürze
Multimedikation (Polypharmakotherapie, Polypharmazie ….) keine einheitliche Definition: • gleichzeitige, andauernde Einnahme von ≥ 5 Medikamenten/Tag • zusätzliche Einnahme von „Over-The-Counter (OTC)“ Medikamenten bei älteren Personen sehr häufig • Multimedikation bei ca. 40% der Patienten ≥ 65 Jahre • GKV-Versicherte > 65 Jahre (27,2% der Bevölkerung): durchschnittlich 3,6 Tagesdosen als Dauertherapie (im Jahr 2010) • bei älteren (geriatrischen) Patienten häufig > 10 Medikamente • Evidenz von Interventionen (Arzt/Apotheker) auf „Outcomes“ (unerwünschte klinische Ereignisse) widersprüchlich/nicht vorhanden
Antidepressiva Benzodiazepine Antihypertensiva Warfarin/Phenprocoumon NSAIDs PPI orale Glukokortikosteroide Antiparkinson-Medikamente http://www.bpac.org.nz/BPJ/2010 /April/stopguide.aspx.
Algorithmus zur Überprüfung der Medikation
Medikationsplan aus Sicht der AkdÄ Agenda Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) Multimedikation (Polypharmakotherapie, Polypharmazie) einheitlicher Medikationsplan und Spezifikation Ausblick: E-Health Gesetz; Testregionen zum Medikationsmanagement/Medikationsplan
2. Workshop Medikationsplan Spezifikation Medikationsplan 3. Kongress Patientensicherheit Leitfaden (MTX, NOAK, bei medikamentöser Therapie Vincristin) 2. Aktionsplan AMTS PRISCUS-Liste Bulletin Arzneimittelsicherheit 1. Aktionsplan AMTS 2013/ Embryotox-Datenbank (https://www.embryotox.de/) 2012 2014 2011 2011 2010 2. Kongress 2009 Patienten- sicherheit 1. Workshop Medikationsplan 2008 4. Kongress Forschungsmemorandum Patientensicherheit bei AMTS medikamentöser Patientenflyer Konzept zur Erfassung von Therapie 2007 UAW-Datenbank Medikationsfehlern 3. Aktionsplan AMTS (PEI) online 3. + 4. Workshop DIVI-Norm für Medikationsplan Spritzenpumpen (Softwarehersteller, CDA) UAW-Datenbank 2005 (BfArM) online 1. Kongress für Patientensicherheit bei medikamentöser Therapie Testphase Medikationsplan
Warum brauchen Patienten einen Medikationsplan? • Nur ca. 25% der Patienten, für die ein Überblick über ihre Arzneimitteltherapie notwendig wäre, haben einen Medikationsplan. • Häufig sind nur veraltete oder unvollständige Informationen zur Arzneimitteltherapie verfügbar. • Unterschiedliche Ärzte verordnen (verschiedene) Arzneimittel. • Informationsverlust/Hürden bestehen u.a. beim intersektoralen Übergang. • Genaue Arzneimittelanamnese ist zeitaufwendig, wird (viel) zu selten durchgeführt und eingenommene Arzneimittel werden nicht aktualisiert. Ziele u.a.: Missverständnisse vermeiden; Adhärenz verbessern; Doppelverordnungen, Interaktionen, Kontraindikationen erkennen
Medikationsplan einer älteren Patientin 1100
Medikationsplan – noch einer?
Was kann ein einheitlicher Medikationsplan leisten? • Orientierungshilfe für Patienten • Medium zur Koordinierung und Aktualisierung der Medikation zwischen den Ärzten, Apothekern, Pflegenden • Schaffung von strukturierten Daten ≠ Was leistet der Medikationsplan nicht : • keine Dauerdokumentation • kein Rezeptersatz, keine Verordnung • keine Krankenakte
Medikationsplan auf der Basis der Spezifikation 2.0 des Aktionsplans AMTS
E-Health-Gesetz
Pressemitteilung des BMG zum bundeseinheitlichen Medikationsplan Quelle: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/2016/3-quartal-2016/medikationsplan.html
Dreiseitige Vereinbarung
Informationen für Praxen zum Medikationsplan Quelle: http://www.kbv.de/media/sp/2016_09_29_Praxisinformation_Medikationsplan.pdf
Zeitplan für die Umsetzung 30.04.2016 31.03.2017 Dreiseitige Vereinbarung (KBV, BÄK, DAV) Ende Übergangsfrist Inhalt, Struktur und Vorgaben Erstellung / Verwendung anderer 31.12.2017 Aktualisierung MP MP (ab 01.04.2017 Nutzbarkeit Daten eMP (Gematik) nur noch bundesein- ermöglichen, ggf. Sanktionen 30.06.2016 heitlicher MP) Vereinbarung Vergütung 01.01.2018 im EBM (Voraussetzungen 30.04.2017 Speicherung Medikationsplan eGK (freiwillig) des Anspruchs im BMV-ÄP) 1. Fortschreibung der dreiseitigen Vereinbarung 01.10.2016 01.01.2019 Anspruch Speicherung und Aktualisierung eMP Versicherte 30.09.2017 (alle Vertragsärzte und Apotheken) auf MP Vereinbarung Vergütung (§ 291a SGB V) im BMV-Ä für elektronische Lösung 2016 2017 2018 2019 Papierlösung elektronische Lösung
Vorteile des Medikationsplans im Medikationsprozess Interaktionscheck Doppelverordnungen erkannt evtl. Hinweise im Medikationsplan Bessere Information / Compliance des Patienten Anwendungs- / Anwendungs- / Einnahmehinweise Einnahmehinweise Bessere Lesbarkeit, Barcode Übertragungsfehler reduziert Risiken der Selbstmedikation Informationsweitergabe an Arzt Interaktionscheck Doppelverordnungen erkannt
Ich bin gespannt auf die Diskussion
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