Gesundheitsziele.de Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit zur Umsetzung der nationalen Gesundheitsziele - Bundesgesundheitsministerium

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gesundheitsziele.de
Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit
zur Umsetzung der nationalen Gesundheitsziele

                                                  www.bmg.bund.de
In Zusammenarbeit mit
der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
und dem Robert Koch-Institut
3

Inhaltsverzeichnis

          Einleitung    ................................................................................................................................................................................................................................................    5

          Diabetes mellitus Typ 2:

          Erkrankungsrisiko senken, Erkrankte früh erkennen und behandeln                                                                                                                                                           .....................................   7

          Brustkrebs:

          Mortalität vermindern, Lebensqualität erhöhen                                                                                                      ........................................................................................................   12

          Depressive Erkrankungen:

          verhindern, früh erkennen, nachhaltig behandeln                                                                                                           ................................................................................................    19

          Gesund aufwachsen:

          Ernährung, Bewegung, Stressbewältigung                                                                                          ..........................................................................................................................    27

          Tabakkonsum reduzieren                                             ......................................................................................................................................................................................     40

          Gesundheitliche Kompetenz erhöhen, Patientensouveränität stärken                                                                                                                                                               ..........................     55
4
Einleitung     5

Einleitung

Festlegung von Gesundheitszielen                               lungsorientierte Ziele auf der Grundlage gesicherter
                                                               Erkenntnisse erarbeitet. Die beteiligten Akteure haben
Auf der 72. Gesundheitsministerkonferenz (GMK) im Jahr         sich verpflichtet, in ihren jeweiligen Zuständigkeitsberei-
1999 hatten sich die Gesundheitsminister der Länder            chen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Ziele durchzu-
dafür ausgesprochen, dass Gesundheitspolitik auf allen         führen.
Ebenen zukünftig zielorientierter als bisher erfolgen solle,
und sie plädierten für die Verabschiedung von Gesund-          Vertreten sind mehr als 70 Organisationen. In einem wis-
heitszielen.                                                   sensbasierten, wissenschaftlich gestützten Prozess wur-
                                                               den von den Beteiligten seitdem einvernehmlich sechs
Das Bundesministerium für Gesundheit hat die Initiative        Gesundheitsziele zu folgenden Bereichen entwickelt:
ergriffen und im Jahr 2000 begonnen, das Projekt gesund-
heitsziele.de als Modellprojekt zu fördern. Es ging              Diabetes mellitus Typ 2: Erkrankungsrisiko senken,
zunächst um die Frage, ob es in einem föderalistisch orga-       Erkrankte früh erkennen und behandeln
nisierten Staat wie der Bundesrepublik Deutschland mit
einem auf dem Prinzip der Selbstverwaltung basierenden           Brustkrebs: Mortalität vermindern und Lebensqualität
Gesundheitssystem möglich ist, gemeinsame Gesund-                erhöhen
heitsziele zu entwickeln und umzusetzen. Gesundheits-
ziele werden hierbei verstanden als verbindliche Verein-         Depressive Erkrankungen: verhindern, früh erkennen,
barungen der verantwortlichen Akteure im Gesundheits-            nachhaltig behandeln
system.
                                                                 Tabakkonsum reduzieren
Gemeinsame Ziele in einem gegliederten Gesundheits-
system sind erforderlich, um neuen Herausforderungen             Gesund aufwachsen
und Gesundheitsgefahren mit abgestimmten Strategien
begegnen zu können. Die Orientierung an Gesundheits-             Patientensouveränität und -kompetenz stärken
zielen, die notwendige Vernetzung und die sektorüber-
greifende Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure             Themenspezifische Arbeitsgruppen haben Ziele, Teilziele
sind dabei von grundlegender Bedeutung.                        und Maßnahmen zu den Gesundheitszielen entwickelt.
                                                               Überdies haben die Arbeitsgruppen einige hierfür beson-
Immer deutlicher wird auch, dass gesundheitspolitische         ders geeignete Maßnahmen ausgewählt, die als Starter-
Herausforderungen vor Grenzen nicht Halt machen. For-          maßnahmen empfohlen werden. Bundesministerin Ulla
mulierte Gesundheitsziele erleichtern abgestimmtes             Schmidt hat in einem Empfehlungsschreiben an alle
Handeln nicht nur im Föderalismus; sie sind darüber hin-       Akteure die Wichtigkeit der Umsetzung der Maßnahmen
aus eine Voraussetzung für internationales gesundheits-        hervorgehoben und zur Beteiligung und Durchführung
politisches Agieren. Die Einbindung in übernationale           von Maßnahmen zur Umsetzung der Gesundheitsziele
– europäische und globale – Entwicklungen erfordert,           aufgerufen.
eigene, nationale Positionen und Interessen in einem Kon-
sens zu entwickeln, der aktives Handeln und Gestalten auf      Des Weiteren wurden Evaluationskonzepte für die Ziele
internationaler Ebene ermöglicht.                              „Tabakkonsum reduzieren“ und „Gesundheitliche Kom-
                                                               petenz erhöhen, Patientensouveränität stärken“ erarbei-
Im Juni 2006 sprach sich die GMK erneut für die Weiterent-     tet. Konzepte zur Evaluation weiterer Gesundheitsziele
wicklung von Gesundheitszielen und prioritären Hand-           befinden sich derzeit in der Entwicklung.
lungsfeldern als Grundlage einer zielgerichteten Gesund-
heitspolitik aus.                                              Umsetzung von Gesundheitszielen

Im Projekt gesundheitsziele.de haben Leistungserbrin-          Unterstützt durch seine Fachbehörden, das Robert Koch-
ger, Kostenträger, Patientinnen- und Patientenvertreter        Institut (RKI) und die Bundeszentrale für gesundheitliche
sowie Bund, Länder und Gemeinden gemeinsame hand-              Aufklärung (BZgA), hat das BMG den Prozess der
6     Einleitung

Zielfindung maßgeblich mitgestaltet. Im Rahmen der
Umsetzung engagiert sich die BZgA insbesondere bei
den Gesundheitszielen „Tabakkonsum reduzieren“ und
„Gesund aufwachsen: Ernährung, Bewegung, Stressbe-
wältigung“. Das RKI arbeitet intensiv an den Evaluations-
konzepten mit und bezieht die Ergebnisse in seine konkre-
te Arbeit ein. Dazu gehören nationale Gesundheitsbefra-
gungen und -untersuchungen mit entsprechenden the-
menspezifischen Modulen als ein Beitrag zur Evaluation
sowie die Präsentation von Ergebnissen im Rahmen konti-
nuierlicher Gesundheitsberichterstattung.

Im Jahr 2007 ist es gelungen, das Modellprojekt in ein von
den Akteuren getragenes Kooperationsprojekt umzu-
wandeln, um den Prozess von gesundheitsziele.de fortzu-
setzen, nachdem die Förderung des Bundesministeriums
für Gesundheit ausgelaufen ist. Damit haben alle beteilig-
ten Akteure erneut bekräftigt, dass sie Gesundheitsziele
für Deutschland für sinnvoll halten und sich an der Errei-
chung der Ziele beteiligen wollen.

Im Mittelpunkt der weiteren Aktivitäten der beteiligten
Akteure im Kooperationsverbund werden dabei die wirk-
same Vernetzung laufender Zieleprozesse, die Weiterent-
wicklung dezentraler Umsetzungsaktivitäten und kon-
kreter Maßnahmen, die Intensivierung der Öffentlich-
keitsarbeit, die Evaluation und die Weiterentwicklung der
Gesundheitsziele und des Gesamtprozesses sowie die
Festlegung und Überprüfung von Erfolgskriterien stehen.
Die bisherigen Erfahrungen mit dem Gesundheitsziele-
prozess machen deutlich, dass diese langfristig angelegt
werden müssen, um nachhaltige Ergebnisse zu erreichen.

    Die Zusammenstellung der Projekte und Aktivitäten
    zur Umsetzung von gesundheitsziele.de gliedert
    sich wie folgt:

    Zu Anfang jeden Kapitels zu einem Gesundheitsziel
    findet sich eine Übersicht der von den Arbeitsgrup-
    pen entwickelten Ziele, Teilziele und Startermaß-
    nahmen. Daran schließen sich die Aktivitäten und
    Maßnahmen an, mit denen die empfohlenen Star-
    termaßnahmen und andere Teilziele umgesetzt
    werden. Zusätzlich wird jeweils angegeben, welche
    Teilziele die Maßnahme oder Aktivität umsetzt.
Diabetes mellitus Typ 2    7

Diabetes mellitus Typ 2: Erkrankungsrisiko senken,
Erkrankte früh erkennen und behandeln

Wie aus dem im Rahmen der Gesundheitberichterstat-            I Ziele, Teilziele und Startermaßnahmen
tung des Bundes erstellten Bericht „Gesundheit in
Deutschland“ vom Juli 2006 hervorgeht, leben in               Ziel 1 – Primärprävention
Deutschland schätzungsweise vier Millionen Menschen
mit einer diagnostizierten Zuckerkrankheit. Dies ent-         Das Auftreten des metabolischen Syndroms und die Inzi-
spricht 5 % der Bevölkerung. Es ist davon auszugehen, dass    denz des Diabetes mellitus Typ 2 sind reduziert.
es viele Fälle gibt, die nicht diagnostiziert werden; inso-
fern dürfte die „reale“ Prävalenz noch höher liegen.          Teilziel 1.1:
                                                              Das Bewusstsein der Bevölkerung, insbesondere in Risiko-
80 bis 90 % der Betroffenen sind an einem Diabetes melli-     gruppen, über ernährungs- und verhaltensbedingte Risi-
tus Typ 2 erkrankt. Dieser tritt in den meisten Fällen im     ken ist geschärft.
mittleren bis höheren Lebensalter ab 45 Jahren auf.
                                                              Teilziel 1.2:
Obwohl die vorhandenen Daten keine Hinweise darauf            Das Verhalten der Bevölkerung verringert das Risiko für
geben, dass in den vergangenen Jahren die altersadjus-        das Auftreten eines metabolischen Syndroms.
tierte Häufigkeit des Diabetes mellitus Typ 2 zugenom-
men hat, muss aufgrund der demographischen Entwick-           Teilziel 1.3:
lung von einem Anstieg der absoluten Zahl der Erkrankun-      Gesundheitsfördernde Strukturen und Rahmenbedin-
gen ausgegangen werden.                                       gungen für Ernährungs- und Bewegungsverhalten sind
                                                              vermehrt vorhanden, insbesondere im Lebensumfeld von
Die Entstehung des Typ-2-Diabetes wird durch Überge-          Risikogruppen.
wicht, Fehlernährung, Bewegungsmangel sowie eine
schlechte soziale Lage begünstigt. Insofern gibt es hier
große präventive Potenziale.                                    Startermaßnahmen:

Auch der Früherkennung kommt eine große Bedeutung               Bevölkerungsweite Motivation für eine gesunde
zu: Je früher mit der Behandlung begonnen wird, umso            Lebensweise im Rahmen einer allgemeinen lebens-
einfacher die Maßnahmen (Ernährungsumstellung,                  stilorientierten Präventionskampagne
moderates Bewegungstraining) und umso geringer die
Wahrscheinlichkeit für Folgeschäden.                            Programm zur Früherkennung und Intervention
                                                                bei gesunden Risikoträgern zur Prävention des
Darüber hinaus lässt sich die Lebensqualität von Men-           Diabetes: Implementation in Modellregionen
schen mit Typ-2-Diabetes durch eine adäquate medizini-
sche und psychosoziale Behandlung verbessern. Auch so
können Spätschäden vermieden werden.
                                                              Ziel 2 – Sekundärprävention/Früherkennung
Aufgrund der großen Zahl der Betroffenen und der
Möglichkeit, eine Erkrankung an Diabetes mellitus Typ 2       Der Diabetes mellitus Typ 2 wird häufiger in einem Krank-
durch präventive Maßnahmen zu verringern, wurde das           heitsstadium diagnostiziert, in dem noch keine Folge-
Gesundheitsziel „Diabetes mellitus Typ 2: Erkrankungsrisi-    schäden aufgetreten sind.
ko senken, Erkrankte früh erkennen und behandeln“ in die
Reihe der nationalen Gesundheitsziele aufgenommen             Teilziel 2.1:
und es wurden Ziele, Teilziele und Maßnahmen ent-             Die Strukturen und Rahmenbedingungen zur Früherken-
wickelt.                                                      nung von Menschen mit Typ-2-Diabetes sind verbessert.
8      Diabetes mellitus Typ 2

Teilziel 2.2:                                                          II Umsetzung der Startermaßnahmen
Das Bewusstsein der Bevölkerung zur Inanspruchnahme
vorhandener Maßnahmen zur Früherkennung ist verbes-
sert.                                                                    Startermaßnahmen:

Teilziel 2.3:                                                            Bevölkerungsweite Motivation für eine gesunde
Der Einsatz qualitätsgesicherter Früherkennung ist ge-                   Lebensweise im Rahmen einer allgemeinen lebens-
steigert.                                                                stilorientierten Präventionskampagne

                                                                         Programm zur Früherkennung und Intervention bei
    Startermaßnahmen:                                                    gesunden Risikoträgern zur Prävention des Diabe-
                                                                         tes: Implementation in Modellregionen
    Einsatz eines „Diabetes-Mobils“ zur Früherkennung
    des Diabetes mellitus Typ 2
                                                                       Nationales Aktionsforum Diabetes mellitus (NAFDM)
    Untersuchung von Patientinnen und Patienten                        seit Oktober 2004
    mit definierten Risikokonstellationen für Diabetes
    anlässlich anderweitig veranlasster ambulanter                     Bereits in seinem Gutachten 2000/2001 schrieb der Sach-
    Arztkontakte. Bevor eine mögliche Umsetzung                        verständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesund-
    dieser Maßnahme vorbereitet wird, soll das                         heitswesen (jetzt: Sachverständigenrat zur Begutach-
    Konzept einem Health Technology Assessment1)                       tung der Entwicklung im Gesundheitswesen), dass das
    zugeführt werden.                                                  Hauptproblem der Versorgungssituation von Patienten
                                                                       mit Diabetes mellitus Typ 2 darin besteht, dass die „vielen
                                                                       Einzelaktivitäten nicht zu einer flächendeckenden
                                                                       nationalen Aktion gebündelt werden, sondern regional
Ziel 3 – Behandlung und Rehabilitation                                 verkümmern. Medizinische Fortschritte für chronische
                                                                       Kranke bleiben Insel-Lösungen“.
Die Lebensqualität von Menschen, die an Diabetes melli-
tus Typ 2 erkrankt sind, ist erhöht. Folgeprobleme und                 Der Bundestag hat den Antrag „Ziele für die Qualitätsstei-
Komplikationen sind nachweislich verringert.                           gerung in der Diabetesversorgung vom 10.10.2000“ am
                                                                       21.6.2001 beschlossen. Die Bundesregierung wurde auf-
Teilziel 3.1:                                                          gefordert, die Verbesserung der Diabetesversorgung zu
Die Fähigkeit zum Krankheitsselbstmanagement und das                   einem vorrangigen gesundheitspolitischen Gesundheits-
Wissen über die Erkrankung ist bei allen an Typ-2-Diabetes             ziel zu erklären.
erkrankten Menschen verbessert.
                                                                       Aufgrund des hierdurch angestoßenen Prozesses
Teilziel 3.2:                                                          gesundheitsziele.de hatte das Bundesgesundheitsmini-
Eine umfassende angemessene Versorgung aller an Typ-2 -                sterium in einem ersten Schritt in prioritären Bereichen
Diabetes erkrankten Menschen ist wohnortnah und sek-                   bereits Teilziele definiert und niedergelegt:
torübergreifend gewährleistet.
                                                                       Früherkennung
Teilziel 3.3:                                                            Einsatz von Massenkommunikationsmitteln als Instru-
Die psychosoziale Ebene der Typ-2-Diabetes-Erkrankung                    mente zur Früherkennung
ist integrierter Bestandteil der Behandlung.
                                                                         Entwicklung und Erprobung von Instrumenten und
                                                                         Methoden zur Nutzung des Internets für die Krankheits-
                                                                         früherkennung

                                                                       Management bei Diabetes mellitus
1) Der Begriff Health Technology Assessment (HTA) bezeichnet einen
   Prozess, mit dem medizinische Verfahren und Technologien systema-
                                                                        Informationen für Patienten und Leistungserbringer
   tisch ausgewertet werden.                                            über Disease-Management-Programme
Diabetes mellitus Typ 2     9

Schulung                                                       – generelle Prävention durch gesünderen Lebensstil in
  Entwicklung und Erprobung eines internetgestützten             der Bevölkerung
  Patientenschulungsangebots
                                                               – Identifizierung von Hochrisikopersonen und gezielte
Information                                                      Schulung zur Vermeidung einer ansonsten sehr wahr-
  Verlässliche (qualitätsgesicherte) Informationen für die       scheinlichen Entwicklung eines Typ-2-Diabetes
  Bevölkerung
                                                               – sachgemäße, qualifizierte Diabetes-Therapie bzw. -ver-
  Zielgruppenspezifische Informationen für Risikogrup-           sorgung
  pen
                                                               – sachgemäße Früherkennung und Therapie von diabe-
  Informationen für Betroffene und Patienten (Diabetike-         tesbedingten Komplikationen
  rinnen und Diabetiker)
                                                               – Versorgungsforschung, klinische Forschung und Grund-
Evaluation                                                       lagenforschung
  Möglichkeiten zur Nutzung des Internets für die Evalua-
  tion von Maßnahmen im Bereich der Prävention und             Durch das NAFDM wurden bereits diverse Projekt-
  gesundheitlichen Aufklärung                                  Strategien zur Prävention des Typ-2-Diabetes und
                                                               zur Steigerung der Versorgungsqualität angestoßen
Um jedoch im pluralistisch strukturierten und von weit-        (www.nafdm.de), u. a. ein Pilotprojekt zur Prävention von
gefächerten Zuständigkeiten geprägten Gesundheitswe-           Hochrisikopersonen in Sachsen.
sen Deutschlands zu nachhaltigen Verbesserungen in der
Früherkennung und Prävention zu gelangen, ist es erfor-        Das NAFDM trägt bisher zur Erfüllung folgender Teilziele
derlich, Initiativen zu bündeln und ein gemeinsames,           bei:
koordiniertes und zielorientiertes Handeln aller Akteure       1.1 Schärfung des Bewusstseins für Risiken
zu erreichen.                                                  1.2 Verhaltensänderung der Bevölkerung
                                                               2.2 Verbesserung des Bewusstseins zur Inanspruchnah-
Vor diesem Hintergrund hat das damalige Bundesministe-              me von Früherkennungsmaßnahmen
rium für Gesundheit und Soziale Sicherung gemeinsam            3.1 Verbesserung der Fähigkeiten zum Krankheitsselbst-
mit der Deutschen Diabetes-Union im Oktober 2004 das                management
Nationale Aktionsforum Diabetes mellitus (NAFDM) als
zentrale Kooperations- und Kommunikationsplattform
ins Leben gerufen, an der alle maßgeblichen Akteure            Parallel hierzu wurden folgende Maßnahmen initiiert:
beteiligt sind.
                                                               Internetgestützte Kommunikation zu
Ziel des NAFDM ist es, bis zum Jahr 2010 in Form eines Akti-   Diabetes mellitus Typ 2 und Typ 1
onsplans ein Diabetes-Programm zu konzipieren: Zum
einen soll die Öffentlichkeit den Typ-2-Diabetes als Volks-    Durch das BMG geförderte Modellprojekte :
krankheit deutlicher wahrnehmen und zu entsprechen-
der Vorsorge motiviert werden. Zum anderen soll in               Etablierung des Bürger- und Patienten-Informations-
der Fachwelt die Diabetesprävention, -versorgung und             portals www.diabetes-deutschland.de durch das Deut-
-forschung koordiniert und gefördert werden. Das                 sche Diabetes Zentrum (Förderung des BMG abge-
NAFDM wird von der Deutschen Diabetes-Union                      schlossen).
(www.diabetes-union.de) koordiniert und u. a. auch vom
Bundesministerium für Gesundheit gefördert.                      Modellprogramm zur Implementierung und Evaluation
                                                                 der Vorsorgeunterstützung und Kompetenzentwick-
Ein künftiges Diabetes-Programm soll sich im Rahmen              lung durch das Deutsche Diabetes Zentrum: Schwer-
eines vernetzten, interdisziplinären Aktionsplans ent-           punkte sind u. a. die Bereitstellung von expertenge-
wickeln. Das heißt, verschiedene Akteure befassen sich           steuerten und qualitätsgesicherten Diabetes-Informa-
auf nachfolgenden unterschiedlichen Ebenen mit der               tionen sowie von strukturierten Online-Kursen für ärztli-
Prävention und Versorgung von Typ-2-Diabetes:                    che Fortbildung zum Diabetes mellitus im Internet.
10   Diabetes mellitus Typ 2

Durch das große Angebot an für die Patientinnen und        III Weitere Maßnahmen zur Umsetzung des
Patienten relevanten Informationen (Informationen über         Gesundheitsziels
Entstehung, Verlauf und Interventions- und Behandlungs-
möglichkeiten der Krankheit, Kontaktadressen usw.) trägt   Disease-Management-Programme
der Bereich der internetgestützten Kommunikation
außerdem zur Erfüllung folgender Teilziele bei:            Es wurden bundesgesetzlich die Rahmenbedingungen
                                                           geschaffen, mit denen die Versorgungssituation der Dia-
1.1 Schärfung des Bewusstseins für Risiken                 betespatientinnen und -patienten in der Bundesrepublik
1.2 Verhaltensänderung der Bevölkerung                     Deutschland nachhaltig verbessert werden kann, wenn
2.2 Verbesserung des Bewusstseins zur Inanspruch-          sie durch weitere gezielte Interventionen ergänzt bzw.
    nahme von Früherkennungsmaßnahmen                      optimiert werden.
3.1 Verbesserung der Fähigkeiten zum Krankheitsselbst-
    management                                             In der gesetzlichen Krankenversicherung werden seit
                                                           dem Jahr 2002 spezielle strukturierte Behandlungspro-
                                                           gramme (auch Disease-Management-Programme, DMPs
                                                           genannt) gemäß § 137f Fünftes Buch Sozialgesetzbuch
                                                           (SGB V) entwickelt. Diese werden im Risikostrukturaus-
                                                           gleich der Krankenkassen finanziell gesondert berück-
                                                           sichtigt.

                                                           Strukturierte Behandlungsprogramme dienen einer qua-
                                                           litätsorientierten und sektorenübergreifenden Versor-
                                                           gung chronisch kranker Patientinnen und Patienten. Der
                                                           Zweck der strukturierten Behandlungsprogramme
                                                           besteht darin, den Behandlungsablauf und die Qualität
                                                           der medizinischen Versorgung zu verbessern. In diesen
                                                           Programmen werden Behandlungsmethoden einge-
                                                           setzt, die in wissenschaftlichen Studien auf Wirksamkeit,
                                                           Sicherheit und Nutzen überprüft worden sind. Die struk-
                                                           turierten Behandlungsprogramme beinhalten eine Ver-
                                                           sorgung, die das Risiko von Folgeschäden minimiert, aku-
                                                           te Verschlechterungen der Krankheit so weit wie möglich
                                                           verhindert und die Lebensqualität der Patientinnen und
                                                           Patienten verbessert. Die Anforderungen an die struktu-
                                                           rierten Behandlungsprogramme werden durch den
                                                           Gemeinsamen Bundesausschuss erarbeitet und dem BMG
                                                           zur Festlegung in einer Rechtsverordnung empfohlen.

                                                           Die Anforderungen an strukturierte Behandlungspro-
                                                           gramme für Diabetes mellitus Typ 2 wurden erstmals im
                                                           Juli 2002 festgelegt und im September 2005 aktualisiert
                                                           und an den aktuellen Erkenntnisstand angepasst. Im März
                                                           2004 wurden auch die Anforderungen an qualitätsgesi-
                                                           cherte strukturierte Behandlungsprogramme für Diabe-
                                                           tes mellitus Typ 1 festgelegt. Damit wurden die Vorausset-
                                                           zungen geschaffen, dass strukturierte Behandlungspro-
                                                           gramme für Patientinnen und Patienten mit Diabetes mel-
                                                           litus Typ 1 oder Typ 2 angeboten werden, damit sie von
                                                           einer fachübergreifenden Behandlung auf der Basis
                                                           des besten verfügbaren wissenschaftlich belegbaren
                                                           Erkenntnisstandes profitieren können.
Diabetes mellitus Typ 2     11

Die Umsetzung der Behandlungsprogramme ist bereits           IV Auswertung
weit fortgeschritten. Inzwischen ist ein flächendecken-
des DMP-Versorgungsangebot für Patientinnen und              Bei der Umsetzung des Gesundheitsziels Diabetes melli-
Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 vorhanden.   tus Typ 2 hat sich der Bund in seinen bisherigen Aktivitäten
Nach der Monatsstatistik der Krankenkassen sind insge-       im Wesentlichen auf die Bereiche Primärprävention
samt über 1,6 Millionen Versicherte in ein zugelassenes      (Ziel 1) sowie Behandlung und Rehabilitation (Ziel 3) kon-
DMP für Diabetes mellitus Typ 2 und über 17.000 Versi-       zentriert. Bessere Information und bessere Behandlungs-
cherte in ein zugelassenes DMP für Diabetes mellitus Typ 1   bedingungen standen mit insgesamt vier oft weitreichen-
eingeschrieben (Stand Oktober 2006).                         den Aktionen im Vordergrund der Bemühungen. Einige
                                                             Projekte zielen gleichzeitig auf die Verbesserung der
Gegenwärtig erfolgt die für die DMPs gesetzlich vorge-       Inanspruchnahme von Früherkennungsmaßnahmen ab
schriebene Evaluation der Struktur-, Prozess- und Ergeb-     (Teilziel 2.2).
nisqualität (der medizinischen Inhalte, der Lebensquali-
tät) und der Wirkungen auf die Kosten. Erste Ergebnisse      So wurde das Informationsangebot über Entstehung, Ver-
wurden bereits veröffentlicht (siehe www.aok-bv.de/          lauf, Interventions- und Behandlungsmöglichkeiten der
presse/infos/index_10323.html). Unabhängig davon ist         Krankheit weiter verbessert: Durch das im Oktober 2004
eine ständige begleitende Qualitätssicherung Bestand-        vom damaligen BMGS gemeinsam mit der Deutschen Dia-
teil der DMPs. Die veröffentlichten Qualitätsberichte für    betes-Union ins Leben gerufene Nationale Aktionsforum
strukturierte Behandlungsprogramme für Diabetes melli-       Diabetes mellitus (NAFDM) sind bereits diverse Projekt-
tus Typ 2 aus den verschiedenen Regionen zeigen z. B.,       Strategien zur Prävention des Diabetes mellitus Typ 2
dass die vereinbarten Qualitätsziele im Bereich der medi-    angestoßen worden. Unterstützend wirkt die internet-
zinischen Versorgung weitgehend erreicht wurden und          gestützte Kommunikation zu Diabetes mellitus mit den
die strukturierten Behandlungskonzepte den Patientin-        vom BMG geförderten Modellprojekten.
nen und Patienten nutzen.
                                                             Darüber hinaus hat der Bund im Bereich der Behandlung
Die Einführung und gesetzliche Verankerung der DMPs          von Diabetes mellitus durch Schaffung geeigneter Rah-
tragen zur Erfüllung der Teilziele 3.1 (Verbesserung des     menbedingungen wesentlich zur Verbesserung der Ver-
Krankheitsselbstmanagements), 3.2 (Gewährleistung an-        sorgungssituation beigetragen: Die Einführung und kon-
gemessener Versorgung) und 3.3 (Integration der psycho-      tinuierliche Anpassung von strukturierten Behandlungs-
sozialen Ebene) bei .                                        programmen (Disease-Management-Programme, DMPs)
                                                             für Diabetes mellitus schuf die Voraussetzungen dafür,
                                                             dass die Patientinnen und Patienten von einer fachüber-
                                                             greifenden Behandlung auf der Basis des besten verfüg-
                                                             baren wissenschaftlich belegbaren Erkenntnisstandes
                                                             profitieren können. Eine ständige begleitende Qualitäts-
                                                             sicherung ist Bestandteil des DMP. Eine Auswertung aus
                                                             verschiedenen Regionen zeigte, dass die vereinbarten
                                                             Qualitätsziele im Bereich der medizinischen Versorgung
                                                             weitgehend erreicht wurden und die strukturierten
                                                             Behandlungskonzepte den Patientinnen und Patienten
                                                             nutzen.
12   Brustkrebs

Brustkrebs:
Mortalität vermindern, Lebensqualität erhöhen

Brustkrebs ist sowohl in Deutschland als auch weltweit         I Ziele, Teilziele und Startermaßnahmen
die häufigste Krebserkrankung und die häufigste Krebsto-
desursache bei Frauen. Nach Schätzungen des Robert             Ziel 1 – Früherkennung/Sekundärprävention
Koch-Instituts sind im Jahr 2002 rund 55.000 Frauen neu
an Brustkrebs erkrankt (26,8 % aller Krebsneuerkrankun-        Brustkrebs wird in einem frühen und damit prognostisch
gen). Etwa jede elfte deutsche Frau erkrankt im Laufe          günstigeren Stadium erkannt.
ihres Lebens an Brustkrebs. Während die Erkrankungsra-
ten seit den 1980-er Jahren ansteigen, zeigt sich seit Mitte   Teilziel 1.1:
der 1990-er Jahre ein Rückgang der Sterblichkeit an Brust-     Ein flächendeckendes, an den EU-Leitlinien ausgerichte-
krebs. Im Jahr 2002 starben fast 18.000 Frauen in Deutsch-     tes Mammographie-Screening-Programm ist eingeführt.
land an der Krankheit, im Jahr 2005 waren es knapp 17.500      Hierfür sind die Voraussetzungen erfüllt.
Frauen. In der Europäischen Union steht Deutschland an
8. Stelle der Brustkrebssterberaten, nahezu gleichauf mit
Frankreich, Österreich und Estland.                            Ziel 2 – Versorgung

Der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im         Für Patientinnen ist eine qualitativ hochwertige und evi-
Gesundheitswesen (jetzt: Sachverständigenrat zur Be-           denzbasierte Versorgung flächendeckend und struktu-
gutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen) hat            riert gewährleistet (Diagnostik, Therapie, Nachsorge).
in seinem Gutachten 2000/2001 festgestellt, dass bei
Brustkrebs Verbesserungspotenziale zur Steigerung der          Teilziel 2.1:
Lebenserwartung und Lebensqualität in allen Versor-            Die Versorgung weist einen höheren Grad an Standardi-
gungsbereichen (Prävention, Früherkennung, Behand-             sierung als bisher auf. Dabei werden insbesondere aner-
lung, Rehabilitation und Schmerztherapie) existieren.          kannte Behandlungskonzepte und Erkenntnisse der evi-
                                                               denzbasierten Medizin in der Entwicklung, Umsetzung
Da dem Auftreten von Brustkrebs nur begrenzt vorge-            und Aktualisierung von Leitlinien und Therapiekonzepten
beugt werden kann, ist die frühzeitige Erkennung (Sekun-       berücksichtigt. Dies betrifft auch die Qualitätssicherung.
därprävention) und Therapie von besonderer Bedeutung.
Durch die verstärkte Einführung effektiver Früherken-          Teilziel 2.2:
nungsmaßnahmen (z. B. ein flächendeckendes Mammo-              Die Behandlung von Brustkrebspatientinnen erfolgt nur
graphie-Screening) soll die Brustkrebsmortalitätsrate in       in Einrichtungen, die bestimmten Qualitätsanforderun-
Zukunft weiter gesenkt werden. Gleichzeitig gilt es, die       gen genügen.
Patientinnen im Rahmen der Behandlung umfassend zu
informieren und in Entscheidungen einzubinden.                 Teilziel 2.3:
                                                               Die Versorgung erfolgt unter Einbeziehung der individu-
Mit der Auswahl des Gesundheitsziels „Brustkrebs: Morta-       ellen Bedürfnisse der Patientinnen.
lität vermindern, Lebensqualität erhöhen“ widmet sich
gesundheitsziele.de einer in epidemiologischer und             Teilziel 2.4:
gesundheitspolitischer Hinsicht bedeutsamen Erkran-            Zugang zu Selbsthilfegruppen und deren Aktivitäten als
kung.                                                          wichtige Möglichkeit der Auseinandersetzung und der
                                                               Krankheitsbewältigung werden von den Behandlerin-
                                                               nen/Behandlern aktiv unterstützt. Dies zieht sich durch
                                                               den gesamten Verlauf der Erkrankung parallel und zusätz-
                                                               lich zu allen medizinischen und psychosozial notwendi-
                                                               gen Maßnahmen.
Brustkrebs    13

Ziel 3 – Information                                          Ziel 4 – Patientenrechte

Das Wissen über die Erkrankung ist bei den Nichtbetroffe-     Die Patientinnen sind über vorhandene Therapieoptionen
nen und Patientinnen verbessert. Verständliche, evidenz-      informiert und Partnerinnen im medizinischen Entschei-
basierte, einheitliche, neutrale und umfassende Informa-      dungsprozess (shared decision making/Einbindung der
tionen sind für potenzielle und tatsächlich Betroffene        Patientinnen in die Therapieentscheidung bzw. Patientin-
sowie auch für deren Angehörige vorhanden (Information        nenrechte).
der Nichtbetroffenen und der Patientinnen).
                                                              Teilziel 4.1:
Teilziel 3.1:                                                 Die Patientinnen sind ermutigt und befähigt, ihre Mitwir-
Qualitativ hochwertige Informationen, die evidenzba-          kungsrechte in allen Teilschritten der Versorgungskette
siert, einheitlich und neutral sind, sind verfügbar. Disku-   aktiv wahrzunehmen.
tierte und tatsächliche Risiken für eine Brustkrebserkran-
kung sowie alternativtherapeutische Maßnahmen sind            Teilziel 4.2:
berücksichtigt.                                               Für alle Teilschritte der Versorgungskette sind Strategien
                                                              entwickelt und umgesetzt, die die Partizipation der
Teilziel 3.2:                                                 Patientinnen erleichtern.
Verständliche Informationen sind für die verschiedenen
Zielgruppen verfügbar. Die soziale Schicht, die Ethnizität,   Teilziel 4.3:
kognitive Fähigkeiten wie auch die entsprechenden             Die Aus- und Fortbildung der Ärztinnen/Ärzte und Pflege-
sprachlichen und kulturellen Anforderungen sind dabei         kräfte im Bereich der Kommunikation mit den Patientin-
berücksichtigt.                                               nen und ihre Einbeziehung in Therapieentscheidungen ist
                                                              verbessert.
Teilziel 3.3:
Die Informationen sind umfassend und den Bedürfnissen
der Betroffenen und Nichtbetroffenen angemessen.              Ziel 5 – Psychische Betreuung

Teilziel 3.4:                                                 Die Lebensqualität der Patientinnen ist durch eine
Öffentlich zugängliche Informationen zur Qualitätsbe-         bedarfsgerechte und qualitätsgesicherte psychosoziale
wertung der Versorgungseinrichtungen stehen den               Betreuung und ggf. psychoonkologische/psychothera-
Patientinnen zur Verfügung.                                   peutische Behandlung verbessert (psychosoziale und psy-
                                                              choonkologische Betreuung von Patientinnen).
Teilziel 3.5:
Patientinnen und Nichtbetroffene haben in jeder Situati-      Teilziel 5.1:
on Zugang zu Informationen.                                   Psychosoziale Aspekte sind von Beginn der Behandlung
                                                              an bis einschließlich Nachsorge und Rehabilitation
Teilziel 3.6:                                                 berücksichtigt.
Alle betroffenen Frauen sind über die Möglichkeiten von
Information und Beratung durch Selbsthilfegruppen             Teilziel 5.2:
zusätzlich zu den Informationen des medizinischen             Die psychosoziale und psychoonkologische Basiskompe-
Systems informiert und haben nach Möglichkeit Zugang          tenz der Behandlerinnen/Behandler ist erhöht (Onkolo-
zu einer Selbsthilfegruppe (vgl. auch Ziel „Einbindung der    gie, Gynäkologie, Allgemeinmedizin, Pflegekräfte etc.).
Patientinnen …“)
                                                              Teilziel 5.3:
                                                              Instrumente zur psychoonkologischen Diagnostik sind
  Startermaßnahmen:                                           den Behandlerinnen/Behandlern bekannt, stehen zur Ver-
                                                              fügung und werden flächendeckend eingesetzt.
  Als Startermaßnahmen werden von der Arbeits-
  gruppe alle dem Ziel 3 zugewiesenen Maßnamen                Teilziel 5.4:
  empfohlen                                                   Professionelle Angebote psychosozialer Betreuung sind
                                                              bundesweit vorhanden und den Frauen bekannt.
14    Brustkrebs

Teilziel 5.5:                                                    Teilziel 7.2:
Alle betroffenen Frauen sind über die Möglichkeiten von          Die Vollzähligkeit der Erfassung der Brustkrebsfälle in den
Beratung und Unterstützung durch Selbsthilfegruppen              bevölkerungsbezogenen Krebsregistern ist erreicht. Die
zusätzlich und parallel zu medizinischen und professio-          Daten werden für relevante Vorhaben gemäß den Anfor-
nell psychosozialen Maßnahmen informiert und haben               derungen des Datenschutzes zur Verfügung gestellt.
nach Möglichkeit Zugang zu einer Selbsthilfegruppe (vgl.
auch Ziele, Diagnostik, Therapie und Nachsorge).                 Teilziel 7.3:
                                                                 Die Meldung an die klinischen Krebsregister erfolgt nach
                                                                 einem einheitlichen, an der Qualitätssicherung orientier-
Ziel 6 – Rehabilitation                                          ten Inhalt und Format. Die für die bevölkerungsbezoge-
                                                                 nen Krebsregister erforderlichen Daten werden diesen
Wo immer indiziert, haben Patientinnen mit Mammakar-             gemäß den landesrechtlichen Bestimmungen zugeleitet.
zinom die Möglichkeit, an flexibilisierten Angeboten in
der Rehabilitation teilzunehmen.                                 Teilziel 7.4:
                                                                 Das Meldeverhalten aller Behandlerinnen und Behandler
Teilziel 6.1:                                                    an das jeweilige klinische Krebsregister ist so verbessert,
Wissenschaftlich gesicherte Versorgungsstandards und             dass eine weitgehend vollständige Dokumentation jeder
-konzepte sind in der stationären und ambulanten Reha-           Brustkrebserkrankung einschließlich ihres Verlaufs er-
bilitation eingeführt. Die Rehabilitation erfolgt qualitäts-     folgt. Die erfassten Daten werden zur Qualitätssicherung
gesichert.                                                       verwendet.

Teilziel 6.2:
Das bisherige gute Angebot an stationärer Rehabilitation         Ziel 8 – Forschung
besteht weiter. Es existieren jedoch zusätzlich flexibilisier-
te Angebote für Frauen, die eine stationäre Rehabilitation       Es bestehen verbesserte Erkenntnisse über die verursa-
nicht durchführen können.                                        chenden Faktoren für Brustkrebs und ihre Zusammenhän-
                                                                 ge (vgl. auch Ziel „Primärprävention/Risikofaktoren“). Die
Teilziel 6.3:                                                    Versorgungsforschung ist als kontinuierliche Begleitmaß-
Das Angebot an ambulanten Rehabilitationsmöglichkei-             nahme einer ständigen Qualitätssicherung und Weiter-
ten ist bedarfsgerecht erweitert.                                entwicklung der Diagnostik, Therapie und Nachsorge
                                                                 inklusive Rehabilitation etabliert. Therapiestudien wer-
Teilziel 6.4:                                                    den in adäquatem Umfang durchgeführt, finanziert und
Die Potenziale und Angebote der flexibilisierten Rehabili-       von den Patientinnen angenommen.
tation sind den behandelnden und überweisenden Ärztin-
nen/Ärzten bewusst.

Teilziel 6.5:
Haushaltshilfen stehen Frauen auch in der ambulanten
Rehabilitation zur Verfügung.

Ziel 7 – Register

Klinische Krebsregister werden in ausreichender Zahl und
voll funktionsfähig geführt und genutzt. In den Ländern
werden flächendeckend bevölkerungsbezogene und
vollzählige Krebsregister geführt.

Teilziel 7.1:
Alle Länder haben eine flächendeckende bevölkerungs-
bezogene Krebsregistrierung gesetzlich eingeführt.
Brustkrebs    15

II Umsetzung der Startermaßnahmen                          desausschuss – G-BA), am 15.12.2003 beschlossen, ein qua-
                                                           litätsgesichertes, bundesweites und bevölkerungsbezo-
                                                           genes Mammographie-Screening einzuführen. Dieser
  Startermaßnahme:                                         Beschluss trat nach Prüfung und Freigabe durch das vor-
                                                           malige BMGS am 01.1.2004 in Kraft.
  Qualitativ hochwertige Informationen, die evidenz-
  basiert, einheitlich und neutral sind, sind verfügbar.   Zur Erprobung der Anwendung der „Europäischen Leitli-
  Diskutierte und tatsächliche Risiken für eine Brust-     nien für die Qualitätssicherung des Mammographie-
  krebserkrankung sowie alternativtherapeutische           Screenings“ unter den Bedingungen des deutschen
  Maßnahmen sind berücksichtigt.                           Gesundheitssystems wurden in den Jahren 2001 bis 2003
                                                           in drei Regionen Modellprojekte begonnen (Bremen,
                                                           Wiesbaden und Weser-Ems) und inzwischen abgeschlos-
Förderung der                                              sen.
WHC-Brustkrebsfrüherkennungsinitiative
                                                           Die im Jahr 2003 von den Spitzenverbänden der gesetzli-
2003 wurde die Brustkrebsfrüherkennungsinitiative          chen Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesver-
„Brust Check“ der Women's Health Coalition (WHC,           einigung gegründete „Kooperationsgemeinschaft Mam-
www.w-h-c.de) finanziell durch Übernahme der Druck-        mographie in der ambulanten vertragsärztlichen Versor-
kosten für die einzusetzenden Materialien gefördert.       gung GbR“ hat u. a. die Aufgabe, die Einführung des
Damit wurde zur Umsetzung des Teilziels 1.1 (Früherken-    Mammographie-Screening-Programms in Deutschland
nung) beigetragen.                                         zu koordinieren.

                                                           Mit dem Mammographie-Screening auf Grundlage der
  Startermaßnahme:                                         europäischen Leitlinien wird in Deutschland ein neuarti-
                                                           ges, sehr komplex strukturiertes Früherkennungspro-
  Patientinnen und Nichtbetroffene haben in jeder          gramm eingeführt, das sowohl einen Bevölkerungsbezug
  Situation Zugang zu Informationen                        herstellt als auch eine umfassende Kette von Qualitäts-
                                                           sicherungs- und Qualitätsmanagementinstrumenten
                                                           sowie eine kontinuierliche Evaluation beinhaltet. Zu den
Finanzielle Förderung eines Brustkrebstelefons             Qualitätsanforderungen gehört u. a., dass jede Mammo-
                                                           graphie-Aufnahme von zwei Ärztinnen/Ärzten beurteilt
In den Jahren 2002 und 2003 hat das damalige BMGS          wird, dass jede(r) Ärztin/Arzt jährlich die Mammographie-
zusätzlich zur Förderung des Krebsinformationsdienstes     Aufnahmen von mindestens 5.000 Frauen begutachtet
am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg ein         und dass, im Falle einer Auffälligkeit, ein Verdacht inner-
Brustkrebstelefon gefördert, das seither weitergeführt     halb des Programms abgeklärt wird.
wird. Zusätzlich bietet der Krebsinformationsdienst seit
Sommer 2005 eine Mammographie-Hotline an. Diese            Das Mammographie-Screening auf Basis der „Europä-
Maßnahme dient der Umsetzung der Teilziele 3.1 (Qualita-   ischen Leitlinien zur Qualitätssicherung bei Brustkrebs-
tiv hochwertige Informationen) und 3.4 (Öffentlich         früherkennung und -diagnostik“ befindet sich in der suk-
zugängliche Informationen).                                zessiven Einführungsphase. Diese wird voraussichtlich bis
                                                           Ende 2007 abgeschlossen sein.
In ihren Empfehlungen zu Startermaßnahmen benennt          Zur Zeit werden die Frauen zwischen 50 und 69 Jahren
die Arbeitsgruppe auch das Mammographie-Screening          bereits in 44 von insgesamt 94 bundesweit geplanten
und Disease-Management-Programme, die sich bereits in      Screening-Einheiten schriftlich zum Mammographie-
der Umsetzung befinden.                                    Screening (alle zwei Jahre) eingeladen. Das in der Anlage
                                                           der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie zum Mammogra-
Mammographie-Screening                                     phie-Screening des Gemeinsamen Bundesausschusses
                                                           aufgeführte Merkblatt enthält sowohl allgemeine Infor-
Nach Beschluss des Deutschen Bundestags vom                mationen als auch Informationen zu Vorteilen und Risiken
28.6.2002 hatte die gemeinsame Selbstverwaltung der        des Mammographie-Screenings. Das Merkblatt wird jeder
Ärzte und Krankenkassen, der damalige Bundesausschuss      anspruchsberechtigten Frau zusammen mit dem Ein-
der Ärzte und Krankenkassen (heute Gemeinsamer Bun-        ladungsschreiben übersandt.
16   Brustkrebs

Mit dem Betrieb der o. g. 44 Screening-Einheiten ist das    das Teilziel 2.2 (Qualitätsanforderungen für die Behand-
Screening somit bisher in neun Ländern bzw. in zehn KV-     lung) umgesetzt.
Gebieten angelaufen, und zwar in: Niedersachsen, Bre-
men, Nordrhein-Westfalen (zwei KV-Gebiete: Nordrhein        Durch die für die DMPs festgesetzten Anforderungen leis-
und Westfalen-Lippe), Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vor-      ten diese außerdem einen Beitrag zur Umsetzung folgen-
pommern, Berlin, Baden-Württemberg und im Saarland.         der Teilziele:
Im April 2007 werden voraussichtlich die ersten Scree-
ning-Einheiten in Thüringen, Schleswig-Holstein und         2.1 Standardisierte Versorgung
Rheinland-Pfalz ihre Tätigkeit aufnehmen. Brandenburg       2.3 Einbeziehung der individuellen Bedürfnisse der
wird ebenfalls noch im zweiten Quartal 2007 mit dem             Patientinnen
Screening beginnen. Sachsen und Hamburg werden aller        2.4 Zugang zu den Selbsthilfegruppen
Voraussicht nach im dritten Quartal und Sachsen-Anhalt      3.6 Information über Selbsthilfegruppen
im vierten Quartal 2007 starten (Stand: 9.2.2007).          4.1 Ermutigung und Befähigung der Patientinnen, ihre
                                                                Mitwirkungsrechte in allen Teilschritten der Versor-
Die Einführung des Mammographie-Screenings in das               gungskette aktiv wahrzunehmen
gesetzliche Krebsfrüherkennungsprogramm dient der           5.1 Berücksichtigung psychosozialer Aspekte
Umsetzung des Teilzieles 1.1 (Flächendeckende Einfüh-       6.1 Einführung wissenschaftlich gesicherter Versor-
rung und Ausrichtung an EU-Leitlinien).                         gungsstandards

Disease-Management-Programme

Die Anforderungen an strukturierte Behandlungspro-
gramme für Brustkrebs wurden erstmals im Juli 2002 als
Rechtsverordnung festgelegt. Damit wurden die Voraus-
setzungen geschaffen, dass DMPs für die Erkrankung
Brustkrebs von den Krankenkassen entwickelt und den
Patientinnen angeboten werden können. Die Behand-
lungsprogramme müssen die in der Rechtsverordnung
festgelegten Anforderungen erfüllen, damit sie durch das
Bundesversicherungsamt (BVA) zugelassen werden kön-
nen. Dies ist Voraussetzung für die besondere Berücksich-
tigung der teilnehmenden Versicherten im Risikostruktur-
ausgleich (RSA) der gesetzlichen Krankenkassen.
Die Anforderungen an strukturierte Behandlungspro-
gramme für Brustkrebs wurden im Februar 2006 aktuali-
siert. Dabei wurde durch inhaltliche Konkretisierungen
sichergestellt, dass die Behandlung der Patientinnen mit
Brustkrebs in den strukturierten Programmen dem aktuel-
len Stand der medizinischen Wissenschaft und evidenzba-
sierten Leitlinien entspricht.

Über 62.000 Patientinnen (Stand Oktober 2006) sind
bundesweit in eines der 2.605 vom BVA zugelassenen
strukturierten Behandlungsprogramme für Brustkrebs
eingeschrieben. Damit ist ein flächendeckendes DMP-
Versorgungsangebot für Brustkrebs in ganz Deutschland
vorhanden. Bundesweit beteiligen sich rund 400 Kran-
kenhäuser am DMP Brustkrebs.

Die o. a. Anforderungen für DMPs für Brustkrebs implizie-
ren, dass die Behandlung nur in Einrichtungen mit
bestimmten Qualitätsanforderungen erfolgt. Damit wird
Brustkrebs     17

III Weitere Maßnahmen zur Umsetzung des                      „Partizipative Entscheidungsfindung“ zwar als Schlag-
    Gesundheitsziels sind:                                   wort aufgegriffen, das Konzept aber nur ausnahmsweise
                                                             konsequent umgesetzt wird. Es verlangt von den Patien-
Projekt „Evaluation der von Arzt und Patientinnen            tinnen und der Ärztin oder dem Arzt ein ehrliches, offenes
gemeinsam getroffenen Therapieentscheidungen                 aber auch vielfach mühsames Annähern an eine umsetz-
beim Mammakarzinom“                                          bare Form.
                                                             Im Internet finden sich unter der Adresse www.patient-
Im Jahre 2001 wurde vom BMG ein Förderschwerpunkt            als-partner.de die Ergebnisse des Projektes, alle wissen-
„Die Patientin/der Patient als Partner im medizinischen      schaftlichen Präsentationen sowie die Pressetexte des
Entscheidungsprozess“ geschaffen mit dem Ziel, anwen-        BMG hierzu.
dungsorientierte Forschungsprojekte zu unterstützen,
die sich in unterschiedlichen Krankheitsbereichen auf die    Die für eine von Patientinnen und Ärztin/Arzt gemeinsam
verstärkte Einbeziehung von Patientinnen in den medi-        getroffene Entscheidung notwendige Information der
zinischen Entscheidungsprozess konzentrieren.                Patientinnen trägt zur Umsetzung folgender Teilziele bei:

Im o. g. Projekt der Ludwig-Maximilians-Universitätsklinik   3.1 Qualitativ hochwertige Informationen
München wurde in der Laufzeit von 2001 bis 2004 ein Kon-     3.2 Zielgruppenspezifische Informationen
zept entwickelt und erprobt, wie der medizinische Ent-       3.3 An die Bedürfnisse der Betroffenen angepasste
scheidungsprozess zwischen Patientinnen und den                  Informationen
behandelnden Ärztinnen/Ärzten verbessert werden kann.        4.1 Wahrnehmung der Mitwirkungsrechte
Dabei wurden in einer prospektiv randomisiert kontrol-       4.2 Erleichterung der Partizipation der Betroffenen
lierten Studie der Effekt von shared decision making mit
folgenden Zielvariablen überprüft:                           Kommunikation mit Patientinnen

– Entscheidungsinhalte der Patientinnen,                     Die Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten
                                                             ist grundsätzlich in der neuen Approbationsordnung für
– Zufriedenheit mit Aufklärung und ärztlicher Behand-        Ärzte berücksichtigt. Die Berücksichtigung der Kommuni-
  lung,                                                      kation mit Patientinnen und Patienten in der Approbati-
                                                             onsordnung für Ärzte betrifft das Teilziel 4.3 „Die Aus- und
– gesundheitsbezogene Lebensqualität,                        Fortbildung der Ärztinnen/Ärzte und Pflegekräfte im
                                                             Bereich der Kommunikation mit den Patientinnen und
– Angst- und Depressionssymptome,                            ihrer Einbeziehung in Therapieentscheidungen ist verbes-
                                                             sert.“
– gesundheitsbezogene Kontrollüberzeugungen und
                                                             Richtlinien zu Rehabilitationsleistungen
– Krankheitsbewältigungsstrategien.
                                                             Am 1. April 2004 sind neue Richtlinien über Leistungen zur
                                                             medizinischen Rehabilitation in Kraft getreten. Die vorlie-
Das Projekt zielte darauf ab, dass die Patientinnen besser   genden Rehabilitationsrichtlinien schaffen die Rahmen-
informiert in das Therapieplangespräch gehen und             bedingungen für eine strukturierte Kooperation von Ver-
dadurch in die Lage versetzt werden, sich an der Therapie-   tragsärztinnen/-ärzten und Krankenkassen bei der Bera-
entscheidung zu beteiligen.                                  tung und Einleitung von notwendigen Leistungen zur
                                                             medizinischen Rehabilitation im Einzelfall. Die wesentli-
Beteiligungswünsche, Umsetzung und Wirksamkeit einer         chen Elemente der vorliegenden Rehabilitationsricht-
gemeinsamen Therapieentscheidung bei Patientinnen            linien enthalten eine Definition der inhaltlichen Grundla-
mit neu diagnostiziertem Brustkrebs untersuchte eine         gen entsprechend dem Stand der medizinischen Erkennt-
Studie der Universitätsfrauenklinik München-Großha-          nis auf der Basis der Internationalen Klassifikation der
dern. Dafür wurden Patientinnen und Ärztinnen und Ärzte      Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF)
interviewt, ihre Gespräche wurden analysiert. In dem Pro-    der Weltgesundheitsorganisation sowie eine klare
jekt wurden Entscheidungshilfen für vergleichbare Be-        Arbeitsteilung und Kompetenzabgrenzung zwischen Ver-
handlungswege bei der Primärtherapie von Brustkrebs          tragsarzt und Krankenkasse. Auf der Ebene der Bundes-
entwickelt. Aus Sicht der Betroffenen zeigt sich, dass       arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation haben die betei-
18    Brustkrebs

ligten Spitzenverbände indikationsspezifische Rahmen-        Das Projekt hat eine Laufzeit von vier Jahren (2004–2007)
empfehlungen zur ambulanten medizinischen Rehabili-          und ein Finanzvolumen von sechs Mio. €.
tation erarbeitet, darunter auch die onkologische Rehabi-    Diese Maßnahmen betreffen die Umsetzung des Ziels 8
litation, die ebenfalls am 1. April 2004 in Kraft getreten   (Forschung).
sind.

In den Richtlinien kommen Überlegungen zur Umsetzung
folgender Teilziele vor:                                     IV Auswertung

6.1 Wissenschaftlich gesicherte Versorgungsstandards         Bei der Umsetzung des Gesundheitsziels Brustkrebs
    in der Rehabilitation                                    fächern sich die vom Bund initiierten neun Aktionsberei-
6.3 Bedarfsgerechte Erweiterung des Rehabilitations-         che breit auf. Inhaltliche Schwerpunkte liegen hier bei
    angebotes                                                Information, Früherkennung, Versorgung und Rehabilita-
                                                             tion.
                                                             Durch die Einführung des Mammographie-Screenings hat
Krebsregister                                                sich der Bund hier besonders bei der Verwirklichung des
                                                             Zieles 1 (Früherkennung) engagiert. Zur Zeit laden bereits
Mit den zuletzt 2005 bzw. 2006 erlassenen gesetzlichen       44 von insgesamt 94 bundesweit geplanten Screening-
Regelungen in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württem-            Einheiten die Frauen zwischen 50 und 69 Jahren schrift-
berg und Hessen haben jetzt alle Länder eine flächendek-     lich zum Mammographie-Screening ein. Weitere stehen
kende Krebsregistrierung eingeführt. Nach den Berech-        kurz vor dem Start.
nungen des RKI können hinsichtlich Brustkrebs inzwi-
schen alle Register mit Ausnahme von Berlin und Bayern       Im Bereich der Versorgung – Ziel 2 – nehmen die Disease-
als vollzählig erachtet werden, wobei Bayern den interna-    Management-Programme (DMPs) für Brustkrebs eine her-
tional geforderten Erfassungsgrad von mindestens 90 %        ausragende Stellung ein. Über 62.000 Patientinnen
nur knapp unterschreitet. Das BMG unterstützte verschie-     (Stand Oktober 2006) sind bereits bundesweit in eines der
dene Projekte zur Verbesserung der Krebsregistrierung        vom Bundesversicherungsamt zugelassenen DMPs für
und finanziert die Information der Öffentlichkeit über die   Brustkrebs eingeschrieben. Damit ist ein flächendecken-
von den Ländern erhobenen und vom RKI für Deutschland        des DMP-Versorgungsangebot für Brustkrebs in ganz
ausgewerteten Daten. Insgesamt ist man einem wesent-         Deutschland vorhanden.
lichen Anliegen, nämlich der umfassenden Krebsregistrie-
rung in ganz Deutschland, erheblich näher gekommen,          Bei Ziel 3 – Information – wurden fünf der sechs Teilziele
wodurch zur Umsetzung des Teilzieles 7.2 (Vollzähligkeit     bei der Umsetzung bedient. Neben der finanziellen För-
der Erfassung) beigetragen wird.                             derung des Brustkrebstelefons hat sich der Bund hier im
                                                             Bereich der Arzt-Patienten-Kommunikation besonders
Förderung von Forschungsmaßnahmen                            engagiert. So diente das vom BMG geförderte Projekt
                                                             „Evaluation der von Arzt und Patient gemeinsam getroffe-
Im Rahmen des gemeinsamen Gesundheitsforschungs-             nen Therapieentscheidungen beim Mammakarzinom“
programmes wurden vom BMBF entsprechende brust-              dazu, Entscheidungshilfen für vergleichbare Behand-
krebsspezifische Forschungsmaßnahmen eingeleitet: So         lungswege bei der Primärtherapie von Brustkrebs zu ent-
zielt das Projekt „Anwendungsorientierte Brustkrebsfor-      wickeln. Dabei zeigte sich, dass „Partizipative Entschei-
schung“ darauf ab, patientenorientierte und versor-          dungsfindung“ zwar als Schlagwort aufgegriffen, das
gungsrelevante Brustkrebsforschung zu unterstützen.          Konzept aber nur selten konsequent umgesetzt wird. In
Dies soll auf der Grundlage einer engen Vernetzung der zu    diesem Bereich wie auch bei der neuen Approbationsord-
beteiligenden Disziplinen und einer engen Verzahnung         nung für Ärzte ist die Kommunikation mit den Patientin-
von Forschung und Versorgung geschehen. Zu den rele-         nen und Patienten grundsätzlich berücksichtigt und dient
vanten Themen zählen die epidemiologische Ursachen-          damit der Umsetzung von Ziel 4 (Patientenrechte).
forschung und klinische Epidemiologie, die Validierung       Der Erreichung von Ziel 6 – Rehabilitation – wurde durch
und Verbesserung der Methoden zur Früherkennung und          die bedarfsgerechte Erweiterung des Angebotes an
Diagnostik, Therapieoptimierungs- und -vergleichsstudi-      ambulanten Rehabilitationsmöglichkeiten Rechnung
en und die Validierung von Verfahren der Nachsorge zur       getragen.
optimalen Betreuung und Begleitung von Patientinnen.
Depressive Erkrankungen        19

Depressive Erkrankungen:
verhindern, früh erkennen, nachhaltig behandeln

Depressive Erkrankungen müssen heute zu den großen             Störung leiden (und ihrer Angehörigen) sowie eine Stär-
Zivilisationskrankheiten gezählt werden. Nach Schätzun-        kung der Kompetenz der Betroffenen (und ihrer Angehö-
gen der WHO werden Depressionen im Jahr 2020 die               rigen) im Umgang mit ihrer Erkrankung.
zweithäufigste Krankheit weltweit (nach ischämischen
Herzerkrankungen) sein. In den sogenannten entwickel-          Daher wurden zu den Bereichen Aufklärung, Prävention,
ten Staaten sogar die häufigsten. Schon jetzt sind Depres-     Diagnostik und Therapie, Stärkung der Patient(inn)en,
sionen die häufigste Ursache für Lebensjahre, die mit          Rehabilitation und Versorgungsstruktur Ziele und Teil-
einer gesundheitlichen Beeinträchtigung verbracht wer-         ziele entwickelt.
den (YLDs – Years lost due to disability).

Neuere Erhebungen des Robert Koch-Institutes zeigen,
dass in Deutschland fast jede siebte Frau und jeder zwölf-     I Ziele, Teilziele und Maßnahmen
te Mann im Laufe eines Jahres eine depressive Phase
durchlebt. Auch wenn es sich in den meisten Fällen um          Ziel 1 – Umgang mit Erkrankung und Erkrankten
eine sogenannte „leichtere“ Störung handelt, bedeutet
dies nicht, dass sie nicht behandlungsbedürftig und ohne       Die Bevölkerung verfügt über einen ausreichenden Wis-
Folgen für die Lebensqualität des Betroffenen und die          sensstand über das Krankheitsbild Depression und seine
Gesellschaft ist. Inzwischen wissen wir, dass depressive       Folgen, um mit der Erkrankung und den Erkrankten ange-
Erkrankungen enorme Kosten im Gesundheitswesen ver-            messen umgehen zu können.
ursachen, da sie zu einer besonders hohen Inanspruch-
nahme medizinischer Einrichtungen führen. Nach Anga-           Teilziel 1.1:
ben des Statistischen Bundesamtes beliefen sich die            Allgemein verfügbares Wissen über depressive Erkrankun-
direkten Kosten für depressive Erkrankungen in Deutsch-        gen und Suizidalität, Rezidivgefahr und Chronifizierung
land im Jahr 2002 auf insgesamt vier Milliarden Euro. Die      sowie über Behandlungsmöglichkeiten und Hilfsangebo-
indirekten Kosten dürften die direkten Kosten noch             te ist vorhanden.
erheblich übersteigen. Depressionen sind auch ein rele-
vanter Risikofaktor für die Chronifizierung anderer Krank-     Teilziel 1.2:
heiten wie Koronare Herzkrankheit und Diabetes mellitus,       Eine unterstützende, verständnisvolle Haltung gegen-
und sie können Heilungs- oder Rehabilitationsprozesse          über Betroffenen und ihren Angehörigen ist vorhanden.
z. B. nach Schlaganfällen beeinträchtigen. Auch sind sie
häufig der Grund für Arbeitsunfähigkeit oder sogar Früh-
verrentungen.                                                    Startermaßnahmen:

Die Krankheitslast einer Depression für die Betroffenen ist      Verbreitung und Weiterentwicklung von evidenz-
erheblich und führt teilweise zum Suizidversuch bzw. Sui-        basierten, allgemeinverständlichen Informationen
zid. So suizidiert sich etwa einer von sieben schwer             über das Krankheitsbild Depression und die Behand-
depressiven Patient(inn)en. Auffällig ist, dass mehr Suizid-     lungsmöglichkeiten
versuche von Frauen unternommen werden, während
vollendete Suizide häufiger bei Männern vorkommen.               Anstoß, Ausbau und Koordinierung von regionalen
                                                                 Bündnissen gegen Depression
Depressive Erkrankungen bergen ein Verbesserungspo-
tenzial in allen Bereichen der gesundheitlichen Versor-
gung: bei der Prävention, der Früherkennung, der Be-
handlung und der Rehabilitation. Notwendig ist auch ein
Prozess der Sensibilisierung der gesamten Bevölkerung
für die Belange von Menschen, die an einer depressiven
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